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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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<strong>Jahresbericht</strong><br />

<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>


<strong>Jahresbericht</strong><br />

<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>


<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>, Dezember <strong>2002</strong><br />

Am Römerturm 3, 50667 Köln<br />

Telefon (02 21) 27 74 96-0, Telefax (02 21) 27 74 96-29<br />

Homepage: http://www.fritz-thyssen-stiftung.de<br />

E-mail: fts@fritz-thyssen-stiftung.de<br />

ISSN: 0930-4592<br />

Titelgestaltung: ESKOM Partner, Hamburg<br />

Gesamtherstellung: Druckhaus Locher GmbH, 50968 Köln


Inhalt<br />

Vorwort<br />

1 Aufgabe und Tätigkeit<br />

2 <strong>Stiftung</strong>sorgane<br />

5 Geschichte, Sprache und Kultur<br />

6 Philosophie<br />

21 Theologie und Religionswissenschaft<br />

37 Geschichtswissenschaften<br />

87 Archäologie; Altertumswissenschaft<br />

114 Kunstwissenschaften<br />

140 Sprach- und Literaturwissenschaften<br />

169 Querschnittbereich „Bild und Bildlichkeit“<br />

175 Staat, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

175 Wirtschaftswissenschaften<br />

184 Rechtswissenschaft<br />

193 Politikwissenschaft<br />

203 Soziologie<br />

215 Ethnologie<br />

216 Querschnittbereich „Internationale Beziehungen“<br />

238 Medizin und Naturwissenschaften<br />

238 Schwerpunkt „Molekulare Pathogenese und Modelle<br />

der Krankheitsentstehung“<br />

267 Internationale Stipendien- und Austauschprogramme<br />

277 Bibliotheksbeihilfen und Erwerb von Forschungsmaterial<br />

278 Kleinere wissenschaftliche Tagungen und Forschungsstipendien


310 Finanzübersicht<br />

310 Bilanz zum 31. Dezember <strong>2001</strong><br />

313 Ertrags- und Aufwandsrechnung <strong>2001</strong><br />

314 Bewilligte Mittel <strong>2001</strong> nach Förderungsbereichen und<br />

Förderungsarten<br />

Anhang<br />

317 Bibliographie der Publikationen der Jahre <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong><br />

363 Register<br />

384 Bildnachweis<br />

INHALT<br />

IV


Abbildungen<br />

29 Projekt „Katalogisierung der in Europa befindlichen<br />

hutterischen Handschriftenkodizes des 16.–18. Jahrhunderts“:<br />

Bearbeitung der Manuskriptbände im<br />

Batthyaneum, Karlsburg (Abb. 1)<br />

53 Projekt „Eliten-Bildung in Sachsen. Die Ausbildungsstrategien<br />

an den sächsischen Fürstenschulen im<br />

Kaiserreich und der Weimarer Republik“: Erinnerungskarte<br />

des Vereins ehemaliger Fürstenschüler (Abb. 2)<br />

67 Projekt „Der politische Lebensweg Hindenburgs<br />

(1914 bis 1934)“: Hindenburg mit seinem Enkel und<br />

Adolf Hitler (Abb. 3)<br />

69 Projekt „Erforschung des Verbleibs der in der Zeit von<br />

1933–1945 aus rassischen und politischen Gründen verfolgten<br />

Angehörigen der Friedrich-Wilhelms-Universität<br />

zu Berlin“: Gruppenbild (Abb. 4)<br />

89 Projekt „Die Aufnahme der Kryptoportikus in der Villa<br />

Domitians in Castel Gandolfo“: Kryptoportikus, südlicher<br />

Abschnitt (Abb. 5)<br />

93 Projekt „Stadtgenese und urbanistische Entwicklung in<br />

Etrurien“: Luftbildaufnahme (Abb. 6)<br />

95 Projekt „Mykale-Survey“: Landschaftsaufnahme (Abb. 7)<br />

101 Projekt „Die Urbanistik des hellenistischen Palmyra“:<br />

Tessera aus Ton (Abb. 8)<br />

111 Projekt „Die Verbreitung archäologischer Kenntnisse in<br />

deutscher Sprache im 18. Jahrhundert“: Doppelseite<br />

aus dem 1758 publizierten Werk „Les ruines … de la<br />

Grèce“ (Abb. 9)<br />

123 Projekt „Wissenschaftliche Katalogisierung der holländischen<br />

Gemälde des Barock (ca. 1550–1800) im<br />

Städelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main“:<br />

Gemälde von Rembrandt (Abb. 10)


125 Projekt „Kritisches Bestandsverzeichnis der spanischen<br />

Gemälde der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden“:<br />

Gemälde von Karl Louis Preusser (Abb. 11)<br />

129 Projekt „Französische Kunst im Nachkriegsdeutschland<br />

– Deutsche Moderne in Frankreich nach 1945“:<br />

Eröffnung der Ausstellung „Französische Malerei im<br />

19. Jahrhundert“ 1949 in der Kestner-Gesellschaft<br />

Hannover (Abb. 12)<br />

133 Projekt „August <strong>Thyssen</strong> und Schloss Landsberg. Ein<br />

Unternehmer und sein Haus“: August <strong>Thyssen</strong> auf<br />

Schloss Landsberg, Pfingsten 1911 (Abb. 13)<br />

137 Projekt „Geistliche Gesänge des deutschen Mittelalters“:<br />

Wochenpsalter (Abb. 14)<br />

146 Projekt „Edition und Kommentierung der Litauischen<br />

Postille von 1573“: Titelblatt und erste Seite (Abb. 15)<br />

161 Projekt „Sprachliche Strategien der Exklusion in politischer<br />

Gewalt: Der Herero-Nama-Aufstand 1904/07 in<br />

der zeitgenössischen deutschen Literatur“: Buchdeckel<br />

(Abb. 16)<br />

173 „Berliner <strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der<br />

Gegenwart“, Frau Prof. Barbara Stafford (Abb. 17)<br />

ABBILDUNGEN VI<br />

273 „Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel: Versuchsaufbau<br />

(Abb. 18)


VII Vorwort<br />

Mit dem <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> stellt die gemeinnützige <strong>Fritz</strong><br />

<strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> die Entwicklung ihrer Förderbereiche und Schwerpunkte<br />

in diesem Zeitraum vor und informiert über neu in die Förderung<br />

aufgenommene Forschungsprojekte. Über Ergebnisse früherer<br />

Förderungsmaßnahmen und eine Vielzahl geförderter Publikationen<br />

wird ebenfalls berichtet.<br />

Aufgabe der <strong>Stiftung</strong> ist die Wissenschaftsförderung an wissenschaftlichen<br />

Hochschulen und Forschungsstätten. Für diesen Zweck<br />

hat die <strong>Stiftung</strong> im Berichtszeitraum 13,8 Millionen Euro aufgewandt.<br />

✳<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> konzentriert ihre Fördertätigkeit im<br />

wesentlichen auf drei ausgewählte Bereiche: „Geschichte, Sprache<br />

und Kultur“, „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ sowie „Medizin<br />

und Naturwissenschaften“. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt<br />

dabei vor allem der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />

Inhaltlich weist die Fördertätigkeit ein breites Themenspektrum<br />

auf. Das Schwergewicht der Förderung liegt jedoch, entsprechend<br />

dem Willen der Stifterinnen, bei der Unterstützung von<br />

Forschungsvorhaben in den Geisteswissenschaften und in der Medizin.<br />

Als Instrumentarien stehen der <strong>Stiftung</strong> die Projektförderung,<br />

die Stipendienvergabe sowie die Förderung wissenschaftlicher<br />

Veranstaltungen zur Verfügung. Die <strong>Stiftung</strong> entwickelt jedoch<br />

auch eigene Initiativen und führt selbst Programme durch.<br />

Im Förderungsbereich „Geschichte, Sprache und Kultur“ will die<br />

<strong>Stiftung</strong> auf Wandlungsprozesse in den Geisteswissenschaften mit<br />

angemessener Offenheit reagieren. Hierbei unterstützt sie besonders<br />

Projekte mit interdisziplinären Ansätzen; aber auch die Kooperation<br />

mit anderen Wissenschaftsbereichen wie den Sozialwissenschaften<br />

oder auch den Naturwissenschaften erachtet sie als<br />

besonders förderungswürdig. Um einen besonderen Akzent zu setzen,<br />

hat die <strong>Stiftung</strong> einen Querschnittbereich „Bild und Bildlichkeit“<br />

eingerichtet. Es haben sich in der Medizin und in den<br />

Naturwissenschaften instrumentelle Bildwelten entwickelt, die<br />

neben der Bildkultur in den Künsten stehen. Sie sind aus dem<br />

Erkenntnisprozess dieser Disziplinen nicht mehr wegzudenken. Sie<br />

stellen jedoch auch Ansprüche an die Geisteswissenschaften, die<br />

sich mit diesen neuen Bildwelten auseinanderzusetzen haben.<br />

Im Förderungsbereich „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ unterstützt<br />

die <strong>Stiftung</strong> insbesondere Vorhaben, die Voraussetzungen


und Folgen der Wandlungsprozesse untersuchen, die die heutigen<br />

Gesellschaften kennzeichnen. Soweit diese Wandlungsprozesse im<br />

Rahmen der Globalisierung alle nationalen Grenzen überwunden<br />

haben und zunehmend die Gesellschaften bis in die Privatsphäre<br />

jedes Einzelnen hinein beeinflussen, sind sie auch eine Herausforderung<br />

an die Wissenschaften, sich mit diesem Phänomen zu befassen.<br />

Die hierbei festzustellenden, grenzüberschreitenden Abhängigkeiten<br />

sind ein Thema, das in dem Querschnittbereich „Internationale<br />

Beziehungen“ mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden<br />

soll. Krisenphänomene, das System der internationalen Sicherheit,<br />

aber auch nationale Sicherheitsprobleme sind Felder, denen<br />

sich die Wissenschaft verstärkt zuwenden muss. Politik-, Wirtschafts-,<br />

Rechts- und Sozialwissenschaften haben hierbei die<br />

Grundlagen zu erarbeiten, auf die konkrete Politikberatung aufbauen<br />

kann.<br />

Die medizinische Grundlagenforschung steht im Mittelpunkt der<br />

Förderung des Bereichs „Medizin und Naturwissenschaften“. Seit<br />

mehreren Jahren hat die <strong>Stiftung</strong> sich hier der Erforschung von<br />

Krankheiten gewidmet, deren Entstehung entscheidend auf Gendefekten<br />

beruht oder die mit Prädispositionsgenen assoziiert sind.<br />

Im Rahmen des Programms „Molekulare Pathogenese und Modelle<br />

der Krankheitsentstehung“ möchte die <strong>Stiftung</strong> Hilfestellung geben,<br />

wobei sie Forschungsvorhaben jüngerer Wissenschaftler bevorzugt<br />

fördert und auch die in den Kliniken arbeitenden Forscher zur<br />

Antragstellung ermutigen möchte. In den zurückliegenden Jahren<br />

hat die <strong>Stiftung</strong> in diesem Programm jeweils rund 2 Millionen Euro<br />

für Forschungsvorhaben bereitgestellt und damit wichtige Arbeiten<br />

zur Alzheimer-Krankheit, zum Diabetes und zu anderen Erkrankungen<br />

ermöglicht.<br />

✳<br />

VORWORT VIII<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> finanziert diese und andere Projekte aus<br />

den Erträgnissen ihres eigenen Vermögens. Wie auch andere <strong>Stiftung</strong>en<br />

hat die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> in den zurückliegenden Monaten<br />

spürbare Rückgänge bei den Einkünften aus ihrem Vermögen zu verzeichnen.<br />

Auch das Jahr 2003 wird von einer empfindlichen Reduktion<br />

der verfügbaren Fördergelder geprägt sein. Zeitgleich verzeichnet<br />

die <strong>Stiftung</strong> aufgrund der in den Hochschulen zu konstatierenden<br />

einschneidenden Sparmaßnahmen, auch bei Forschungsetats, einen<br />

stetigen Zuwachs an Förderanträgen. Wissenschaftler sehen sich<br />

immer mehr gezwungen, über die Einwerbung von Drittmitteln einen<br />

Qualitätsnachweis zu erbringen, der ihnen Zugang auch zu öffentlichen<br />

Fördermitteln ermöglicht. Das von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>,<br />

aber auch von anderen <strong>Stiftung</strong>en eingerichtete Begutachtungs-


IX<br />

VORWORT<br />

system muss hier nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ an<br />

seine Grenzen stoßen. Wir appellieren daher an die Verantwortlichen<br />

in den zuständigen Wissenschaftsministerien und in den Hochschulen<br />

– auch angesichts des Rückgangs der Fördermittel –, die Einwerbung<br />

von Forschungsgeldern bei <strong>Stiftung</strong>en in ihrer ursprünglichen Funktion<br />

zu sehen: Sie soll es besonders qualifizierten Wissenschaftlern<br />

ermöglichen, zusätzliche Mittel für ihre Forschungsarbeit zu erlangen,<br />

nicht jedoch Haushaltslücken schließen.<br />

✳<br />

Die <strong>Stiftung</strong> begrüßt die vom Gesetzgeber zum Ende der vergangenen<br />

Legislaturperiode beschlossene Neuregelung des <strong>Stiftung</strong>sprivatrechts.<br />

Wir sehen sie als Bestätigung und Anerkennung der<br />

Arbeit gemeinnütziger <strong>Stiftung</strong>en. Das Reformwerk schafft nicht nur<br />

bessere Rahmenbedingungen zur Gründung neuer <strong>Stiftung</strong>en, sondern<br />

stärkt auch die Arbeits- und Leistungsfähigkeit bestehender<br />

<strong>Stiftung</strong>en. Unabhängig davon ist jedoch auch eine Überarbeitung<br />

der bestehenden Landesstiftungsgesetze erforderlich. Neben der<br />

Aufsicht durch die Finanzbehörden ist die Aufsicht durch die<br />

Landesstiftungsbehörden ein wesentlicher Garant für die an den<br />

jeweiligen Zweck gebundene Arbeit der <strong>Stiftung</strong>en. Da den <strong>Stiftung</strong>en<br />

in den letzten Jahren jedoch neue Aufgaben zugewachsen sind,<br />

ist eine Modernisierung und ein an die gewandelten Bedürfnisse der<br />

<strong>Stiftung</strong>en angepasstes <strong>Stiftung</strong>saufsichtsrecht erforderlich. <strong>Stiftung</strong>en<br />

werden zunehmend als verläßliche Akteure in einer sich entwickelnden<br />

Zivilgesellschaft wahrgenommen, die ihre privaten Mittel<br />

wirkungsvoll für die Gemeinschaft einsetzen.<br />

✳<br />

Dass <strong>Stiftung</strong>en angemessen auch auf sehr kurzfristig entstehende<br />

Herausforderungen reagieren können, haben die zahlreichen Hilfsmaßnahmen<br />

nach der Flutkatastrophe in Ostdeutschland gezeigt.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> als spezifisch in der Wissenschaftsförderung<br />

tätige Einrichtung hat eine Soforthilfe für die Medizinische<br />

Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden<br />

bereitgestellt. Die Mittel waren innerhalb von zehn Tagen nach<br />

einer in Dresden durchgeführten Bestandsaufnahme verfügbar.<br />


VORWORT X<br />

Die Soforthilfe für die Technische Universität Dresden ist zugleich<br />

ein Baustein im Rahmen des großen Engagements der <strong>Stiftung</strong> zur<br />

Förderung der Wissenschaften in Ostdeutschland. In der gerade<br />

erschienenen Dokumentation „Zwischen Wende und Flut“ gibt die<br />

<strong>Stiftung</strong> einen Überblick über die Fördertätigkeit seit 1989. Die <strong>Stiftung</strong><br />

sah es als ihre besondere Verpflichtung an, einen Beitrag zur<br />

Behebung wesentlicher Engpässe an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

Ostdeutschlands zu leisten und unmittelbar<br />

Hilfestellung zu geben. Der Wiederaufbau einer einheitlichen, aber<br />

gleichzeitig auf Vielfalt basierenden Wissenschaftslandschaft in<br />

Deutschland bleibt ein Ziel, an dem staatliche und private Förderer<br />

weiter arbeiten müssen.<br />

✳<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> hatte im zurückliegenden Jahr den Tod<br />

ihres Beiratsmitglieds Professor Kurt Nowak zu beklagen. Herr<br />

Nowak hat sich in seinem Fach als Kirchenhistoriker große Verdienste<br />

erworben und bei der Entwicklung der Fördertätigkeit der <strong>Stiftung</strong><br />

im Bereich der Theologie und Religionswissenschaft wesentliche<br />

Impulse gesetzt. Als sein Nachfolger wurde Professor Christoph<br />

Markschies in den Wissenschaftlichen Beirat berufen. Ebenfalls in<br />

den Wissenschaftlichen Beirat berufen wurde Professor Peter Gruss,<br />

seit Sommer <strong>2002</strong> Präsident der Max-Planck-Gesellschaft.<br />

Den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats der <strong>Stiftung</strong> sind<br />

wir für ihre Arbeit bei der sachkundigen und umsichtigen Prüfung<br />

und Beratung der Anträge und Begleitung der von der <strong>Stiftung</strong><br />

geförderten Programme und Projekte sehr zu Dank verpflichtet. In<br />

diesen Dank schließen wir alle Gutachter und Kommissionsmitglieder<br />

ein, die die <strong>Stiftung</strong> zu Projekten und Förderungsschwerpunkten<br />

beraten haben.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> dankt vielen Persönlichkeiten, Institutionen und Ressorts<br />

für die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit im<br />

Berichtszeitraum. Neben wissenschaftsfördernden <strong>Stiftung</strong>en im Inund<br />

Ausland zählen dazu besonders die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

und die Max-Planck-Gesellschaft.<br />

Für das Kuratorium<br />

Klaus Liesen<br />

Manfred Schneider


1 Aufgabe und Tätigkeit<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> wurde am 7. Juli 1959 von Frau Amélie<br />

<strong>Thyssen</strong> und ihrer Tochter Anita Gräfin Zichy-<strong>Thyssen</strong> im<br />

Gedenken an August und <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> errichtet. Die <strong>Stiftung</strong> hat<br />

ihren Sitz in Köln. Sie ist die erste große private wissenschaftsfördernde<br />

Einzelstiftung, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik<br />

Deutschland errichtet wurde.<br />

Ausschließlicher Zweck der <strong>Stiftung</strong> ist nach ihrer Satzung die unmittelbare<br />

Förderung der Wissenschaft an wissenschaftlichen Hochschulen<br />

und Forschungsstätten, vornehmlich in Deutschland, unter<br />

besonderer Berücksichtigung des wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> hat hierzu ihre Tätigkeit auf die Förderung bestimmter<br />

und zeitlich übersehbarer Forschungsvorhaben im Rahmen ihres<br />

Förderungsprogramms und ihrer finanziellen Möglichkeiten konzentriert.<br />

Sie unterstützt dabei auch kleinere wissenschaftliche Tagungen,<br />

vergibt Stipendien an junge Wissenschaftler, die ihre Hochschulausbildung<br />

bereits mit der Promotion abgeschlossen haben, finanziert<br />

mehrere internationale Stipendien- und Austauschprogramme<br />

und fördert auch in begrenztem Umfang die Publikation der<br />

Resultate von ihr unterstützter Forschungsarbeiten.<br />

Über ihre Tätigkeit berichtet die <strong>Stiftung</strong> jährlich und versendet Hinweise<br />

für Antragsteller, die auch unter der Internet-Adresse<br />

http://www.fritz-thyssen-stiftung.de abrufbar sind. Sie nimmt Anregungen<br />

und Anträge entgegen, entfaltet jedoch auch Initiativen, definiert<br />

im Rahmen ihrer Förderungsbereiche besondere Schwerpunkte<br />

und regt thematisch interessierte und ausgewiesene Wissenschaftler<br />

zu Untersuchungen an. Dabei begrüßt sie es, wenn auch die<br />

Kapazität und die Ansätze ausländischer Wissenschaftler in ihre Förderungsarbeit<br />

einbezogen werden können.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> veranstaltet wissenschaftliche Symposien und Vorlesungsreihen,<br />

hat eine Reihe von Modellprogrammen zur Förderung<br />

besonders befähigter Nachwuchswissenschaftler geplant und organisiert.<br />

Eigene Forschungsinstitute oder Lehreinrichtungen unterhält die<br />

<strong>Stiftung</strong> nicht. Sie fördert grundsätzlich auch keine Projekte, die sich<br />

auf Bereiche beziehen, aus denen die Erträge der <strong>Stiftung</strong> stammen.


Kuratorium<br />

Wissenschaftlicher<br />

Beirat<br />

<strong>Stiftung</strong>sorgane<br />

Die Satzung der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> sieht drei Organe vor:<br />

Kuratorium<br />

Wissenschaftlicher Beirat<br />

Vorstand<br />

Das aus sieben Mitgliedern bestehende Kuratorium stellt nach Anhörung<br />

des Wissenschaftlichen Beirats die Richtlinien auf, nach denen<br />

der <strong>Stiftung</strong>szweck im einzelnen erreicht werden soll und entscheidet<br />

über die Verwendung der <strong>Stiftung</strong>smittel. Es beruft die Mitglieder<br />

des Wissenschaftlichen Beirats und den Vorstand, dessen Geschäftsführung<br />

es überwacht. Das Kuratorium ergänzt sich durch Kooptation.<br />

Dem Kuratorium gehören an (Stand 1.12.<strong>2002</strong>):<br />

Dr. Dr. h. c. Klaus Liesen, Vorsitzender<br />

Dr. Manfred Schneider, Stellvertretender Vorsitzender<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Frühwald<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hubert Markl<br />

Dr. Arend Oetker<br />

Dr. h. c. Alfred Freiherr von Oppenheim<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Horst Siebert<br />

Der Wissenschaftliche Beirat berät die <strong>Stiftung</strong> bei der Durchführung<br />

der <strong>Stiftung</strong>saufgaben, vor allem bei der Vergabe der Förderungsmittel.<br />

Mitglieder sind (Stand 1.12.<strong>2002</strong>):<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Wolf Lepenies, Vorsitzender<br />

Prof. Dr. Lothar Gall, Stellvertretender Vorsitzender<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Konrad Beyreuther<br />

Prof. Dr. Dres. h. c. Hubert E. Blum<br />

Prof. Dr. Gottfried Boehm<br />

Prof. Dr. Wolfgang Franz<br />

Prof. Dr. Peter Gruss<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Otfried Höffe<br />

Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus J. Hopt<br />

Prof. Dr. Andreas Kablitz<br />

Prof. Dr. Peter Graf Kielmansegg<br />

Prof. Dr. Dieter Langewiesche<br />

Prof. Dr. Christoph Markschies<br />

Prof. Dr. Stefan M. Maul<br />

Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier<br />

Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker<br />

Prof. Dr. Paul Zanker<br />

2


3<br />

STIFTUNGSORGANE<br />

Dem Vorstand obliegen die Durchführung der <strong>Stiftung</strong>saufgaben<br />

und die Verwaltung des Vermögens der <strong>Stiftung</strong>. Er führt die laufenden<br />

Geschäfte. Vorstand der <strong>Stiftung</strong> ist Jürgen Chr. Regge.<br />

Die <strong>Stiftung</strong>sgremien tagten gemeinsam am 17. Februar und am<br />

23. Juni <strong>2001</strong> sowie am 9. Februar und am 29. Juni <strong>2002</strong>.<br />

Vorstand


5<br />

Geschichte, Sprache und Kultur<br />

Ein Prozess zunehmender Spezialisierung ist für die Geschichte<br />

und Gegenwart aller Fächer und Wissensbereiche kennzeichnend.<br />

Er führt fachintern immer wieder zu einem Überdenken des Wissenskanons<br />

und der Methoden, die in einer Disziplin als verbindlich<br />

angesehen werden, und zur Neuordnung der Gegenstandsbereiche,<br />

mit denen sich ein Fach befasst. Fachextern wird dieser Prozess von<br />

einer Neubestimmung der Beziehungen zu anderen Fächern begleitet,<br />

die veränderte Disziplinkoalitionen und die Bildung neuer<br />

Fächer zur Folge haben kann. In den letzten Jahrzehnten haben<br />

sich diese Wandlungsprozesse in den Wissenschaften durch die<br />

zunehmende Globalisierung und das Vordringen der elektronischen<br />

Medien noch weiter beschleunigt und zugleich qualitativ verändert.<br />

Der Kulturenkontakt wird enger. Zugleich entwickeln sich Medien<br />

universaler Kommunikation, die Sprach- und Kulturgrenzen immer<br />

durchlässiger und Gleichzeitigkeit zu einem bestimmenden Merkmal<br />

des wissenschaftlichen Austauschs machen.<br />

Stärker noch als in der Vergangenheit versuchen einzelne Disziplinen,<br />

auf diese Wandlungsprozesse mit neuen Nomenklaturen und<br />

nicht zuletzt Umbenennungen des Fachnamens zu reagieren. Für die<br />

Geisteswissenschaften gilt dies in besonderem Maße – nicht nur in<br />

Deutschland, sondern auch dort, wo es um die „Humanities“ oder die<br />

„Sciences humaines“ geht. Im Förderungsbereich „Geschichte,<br />

Sprache und Kultur“ soll auf die eben genannten Wandlungsprozesse<br />

der Geisteswissenschaften mit angemessener Offenheit reagiert<br />

werden. Unstrittig ist, dass sich die klassischen Geisteswissenschaften<br />

deutschen Ursprungs nicht zuletzt unter dem Einfluss der<br />

angelsächsischen Forschung zu Kulturwissenschaften entwickelt haben.<br />

Sie haben ihre eurozentrische Perspektive abgelegt und nutzen<br />

seit langem Theorie- und Methodenangebote aus anderen Fachgruppen<br />

zu ihrem eigenen Vorteil. Sie sind nicht länger darauf konzentriert,<br />

ein erkenntnistheoretisches Paradigma in Absetzung von<br />

den Naturwissenschaften zu entwickeln, sondern sehen, um nur ein<br />

Beispiel zu nennen, die Fruchtbarkeit der Kooperation mit den kognitiven<br />

Neurowissenschaften. Nicht zuletzt der Querschnittbereich<br />

„Bild und Bildlichkeit“ soll Forschungen unterstützten, die nicht nur<br />

verschiedene Fächer, sondern Fach“kulturen“ in der Orientierung<br />

an einem neuen, „ikonischen Erkenntnismodell“ miteinander vernetzen.<br />

Gleichzeitig soll im Förderungsbereich „Geschichte, Sprache und<br />

Kultur“ das Erbe der traditionellen Geisteswissenschaften gewahrt<br />

und fruchtbar weiterentwickelt werden. Trotz aller fachlichen Neukombinationen<br />

bleibt der Rückbezug auf „traditionelle“ Fächer wie<br />

die Philosophie und die Theologie wichtig, die ebenfalls in Wandlungsprozessen<br />

begriffen sind, zugleich aber weiterhin erkenntnisleitende<br />

Orientierungen bieten, die allen Fächern im weiten Bereich<br />

der Geistes- und Kulturwissenschaften von Nutzen sein können.


Auf die Wandlungsprozesse in den Geisteswissenschaften will die<br />

<strong>Stiftung</strong> dabei mit angemessener Offenheit reagieren. Sie will auf<br />

der einen Seite Projekte fördern, die – nicht zuletzt unter dem Einfluss<br />

angelsächsischer Forschung – als „kulturwissenschaftlich“ bezeichnet<br />

werden können und insbesondere den interdisziplinären<br />

Kontakt mit den Sozialwissenschaften suchen. Sie will besonderes<br />

Augenmerk auf Forschungsvorhaben richten, die auf eine Kooperation<br />

mit den Naturwissenschaften – insbesondere den kognitiven<br />

Neurowissenschaften – abzielen. Zugleich will sie die Forschungstraditionen<br />

„klassischer“ geisteswissenschaftlicher Disziplinen – insbesondere<br />

der Philosophie und der Theologie – weiterhin fördern, die<br />

allen Fächern im weiten Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften<br />

zur Anregung dienen können.<br />

Philosophie<br />

PHILOSOPHIE 6<br />

Die Philosophie kann bei jedem Thema der Alltagserfahrung und<br />

der Wissenschaften ansetzen. Infolgedessen ist sie nicht bloß Teil<br />

oder Gesprächspartner der Geistes- und Sozialwissenschaften. Sie<br />

trägt ebenso zu Grundlagendebatten in der Mathematik und den<br />

Naturwissenschaften sowie der Medizin und Technik bei. Und vor<br />

allem lässt sie sich auch auf Fragen von Recht und Gerechtigkeit,<br />

von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, von Bewusstsein, Selbstbewusstsein<br />

und Sprache, von Bildung und Kunst unmittelbar ein.<br />

Im deutschen Sprachraum herrschte freilich nach einer langen Zeit<br />

systematischen Denkens die Philosophiegeschichte vor, teils die Geschichte<br />

früherer Epochen, teils die Rezeption jener Traditionen, die<br />

nach dem Exil der entsprechenden Vertreter als angloamerikanische<br />

oder auch als analytische Philosophie bekannt geworden sind. Heute<br />

drängt sich – unter anderem – zweierlei auf: einerseits die Vermittlung<br />

der analytischen Philosophie mit transzendentalem, hermeneutischem<br />

und dialektischem Denken, andererseits ein systematisches<br />

Philosophieren, das sich aber wieder vom Reichtum der Philosophiegeschichte<br />

inspirieren lässt. Da der Anspruch der Philosophie auf<br />

universal gültige Begriffe und Argumente unter Kritik geraten ist,<br />

stellt sich eine dritte Aufgabe: Entweder den Anspruch auf universale<br />

Gültigkeit und zugleich die Idee der einen allgemeinmenschlichen<br />

Vernunft aufzugeben oder aber ihren Anspruch, zumal in Zeiten<br />

der Globalisierung, in Form inter- und transkultureller Diskurse<br />

zu erneuern.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> fördert die Philosophie in ihrer ganzen historischen<br />

und systematischen Breite, dabei ausdrücklich auch Epochen<br />

und Gebiete, die nicht im Hauptstrom der gegenwärtigen Forschung<br />

liegen. In der Geschichte der Philosophie setzt sie einen gewissen<br />

Schwerpunkt bei den Klassikern: ihrer Interpretation und<br />

Kommentierung, hier sowohl innerhalb als auch außerhalb der griechischen<br />

und der deutschen Hoch-Zeit der Philosophie. In der syste-


7<br />

PHILOSOPHIE<br />

matischen Philosophie fördert sie die philosophieinterne Grundlagenforschung,<br />

beispielsweise die Erkenntnis- und die Gegenstandstheorie,<br />

die Moralbegründung und philosophische Ästhetik. Nicht<br />

weniger wichtig sind ihr Themen, die nach einer disziplinären Öffnung<br />

verlangen: in der theoretischen Philosophie, bei Themen wie<br />

Sprache, Bewusstsein und Geist, eine Öffnung zu den Neuro- und<br />

Kognitionswissenschaften; in der praktischen Philosophie, etwa bei<br />

Recht, Staat und Politik einschließlich ihrer globalen Perspektive,<br />

eine Öffnung zu den Rechts- und Sozialwissenschaften; und in der<br />

philosophischen Ästhetik nicht nur die Öffnung zur Literatur, sondern<br />

auch zu den bildenden Künsten, der Architektur und der Musik.<br />

Platons Ethik und ihr handlungsteleologischer Hintergrund ist Gegenstand<br />

eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />

von Prof. Chr. Horn, Philosophisches Seminar, Universität Bonn.<br />

Ziel des Projekts ist es, Platons zahlreiche Äußerungen zu den Problemen<br />

der Moralphilosophie von einem gemeinsamen Hintergrund<br />

aus zu interpretieren: aus dem Blickwinkel einer Handlungsteleologie.<br />

Bei näherem Hinsehen sind deren Elemente bei Platon in erheblichem<br />

Umfang präsent, besonders in den Dialogen der Früh- und<br />

der Mittelperiode. Mit dem Ausdruck „handlungsteleologisch“ ist<br />

dabei die Auffassung gemeint, dass sämtliche Einzelhandlungen eines<br />

Individuums auf eine objektiv angebbare Zielstruktur ausgerichtet<br />

sind.<br />

Platons Ethik lässt sich demnach nur dann angemessen verstehen,<br />

wenn man ihre Grundlage in einer Theorie nicht-arbiträrer Ziele,<br />

Wünsche und Intentionen herausarbeitet. Ein solches Modell ist<br />

nicht mit einer Naturteleologie zu verwechseln: Naturteleologien behaupten<br />

eine übergreifende Zielausrichtung von Naturabläufen;<br />

Handlungsteleologien beruhen dagegen auf der Überzeugung,<br />

menschliches Handeln unterliege einer übergeordneten Zielstruktur.<br />

Jedes c besitzt nach dieser Auffassung eine natürliche Tendenz, in<br />

vollem Umfang dasjenige zu werden, was es idealiter heißt, ein c zu<br />

sein. Platonisch ausgedrückt: Jedes c will seinem eidos, seiner paradigmatischen<br />

Form, möglichst gleich werden und damit sein telos,<br />

seinen Zweck oder seine Funktion, bestmöglich erfüllen. Das Irritierende<br />

an einer solchen Konzeption dürfte für moderne Hörer darin<br />

liegen, dass wir uns allenfalls bei Artefakten, vielleicht noch bei Naturgegenständen<br />

einen solchen Begriff des „objektiv Guten“ vorstellen<br />

können: Was ein gutes Haus oder ein guter Tisch ist, würden wir<br />

an funktionalen Kriterien bemessen; ein Baum oder ein Hund wären<br />

– von funktionalen Aspekten einmal abgesehen – vielleicht je nach<br />

Gesundheit, Größe und Entwicklungsstand als mehr oder minder gut<br />

zu beurteilen. Anzugeben, was ein „Mensch in vollem Umfang“ oder<br />

ein „guter Mensch“ sein könnte, scheint uns dagegen kaum möglich,<br />

weil unsere Vorstellungen von menschlichen Entwicklungszielen zu<br />

stark voneinander abweichen.<br />

Platon


Dionysios<br />

von Proklos<br />

PHILOSOPHIE 8<br />

Seit Projektbeginn wurden zunächst besonders die Dialoge Gorgias<br />

und Protagoras unter Berücksichtigung der modernen Platon-Forschung<br />

einer Interpretation im Licht der Leitthese unterzogen. Im<br />

Zentrum stand dabei das bekannte Problem, was Platons diskontinuierliche<br />

Haltung zur Frage des Hedonismus zu bedeuten hat. Im Anschluss<br />

daran wurde Platons Politeia kritisch untersucht und zwar im<br />

Hinblick auf das Verhältnis von Tugend und Glück. Hieraus ergab<br />

sich die klärungsbedürftige Frage, inwiefern die Tugend auch bei<br />

Platon als bloß hinreichende Bedingung des Glücks gilt, und der Text<br />

damit einer sokratischen Interpretation folgt. Mit Blick auf rezente<br />

Forschungsmeinungen steht nun zur Diskussion, wie sich die Tugend<br />

als integraler Bestandteil des teleologischen Strebens auf die<br />

Bestimmung des höchsten Gutes auswirkt.<br />

Priv.-Doz. Dr. C. Schäfer (Institut für Philosophie, Universität Regensburg)<br />

erhält für das Projekt „The Structure of the Treatise On Divine<br />

Names. A Reconstruction of Dionysius as a Christian Neoplatonist“<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gilt das Pseudonym des (vorgeblichen)<br />

Paulus-Schülers Dionysius (Apg 17,34) als offengelegt und<br />

der Nachweis erbracht, dass der Verfasser des Corpus Dionysiacum<br />

ins 5. Jahrhundert und in die neuplatonische Tradition nach Proklos<br />

Diadochos zu verweisen ist. Die Tatsache, dass Dionysius von Proklos<br />

bis in sprachliche Formulierungen hinein abhängig ist, seine<br />

Hauptquelle aber zugunsten einer Apostelschüler-Fiktion verschweigt,<br />

ließ ihn schnell als ideenlosen Plagiator und christlichen<br />

Verfälscher eines ursprünglich auf besserer Grundlage ausgearbeiteten<br />

neuplatonischen Systems erscheinen. Aufgrund der Plagiator-<br />

Wertung war für die philosophische Forschung von vornherein eine<br />

grundlegende Struktur auch der Schrift „De divinis nominibus“<br />

(„DN“) als theologisierendes Sammelsurium Proklischer Versatzstücke<br />

uninteressant. Sie sah in der Vielzahl der göttlichen Namen<br />

lediglich eine wahllose Anhäufung von biblischen Benennungen<br />

ohne erkennbaren inneren Zusammenhang.<br />

Entgegen dieser herrschenden Forschungsmeinung geht Dr. Schäfer<br />

davon aus, dass die Untersuchung der inneren Anlage von „DN“ einen<br />

deutlichen und originellen, nicht nur theologischen, sondern<br />

grundlegend philosophischen Plan hervortreten lässt, der die einzelnen<br />

Elemente interaktiv erklärt. Die Entwicklung des Hauptgedankens<br />

einer ontologischen Entfaltung und Erklärung der Gesamtwirklichkeit<br />

lässt sich anhand der nur auf den ersten Blick unzusammenhängenden<br />

biblischen Benennungen Gottes in einen Dreischritt von<br />

Hervorgang, Stillstand und Rückkehr herausarbeiten, der ein eigenständiges<br />

philosophisches, neuplatonisches System bei Dionysius zu<br />

erkennen gibt: Gott, der letztlich Unbegreifliche, tritt als der Schöpfer<br />

aus seiner Transzendentalität heraus, um das Sein in seinen verschiedenen<br />

Abstufungen zu schaffen und sich auf diese Weise<br />

„quoad nos“ erfahrbar und in geschöpflichen Kategorien (Gutes/<br />

Sein/Leben/Weisheit) benennbar zu machen. Ein zweiter Block von


9<br />

PHILOSOPHIE<br />

Gottesnamen schließt sich an, der das wirklichkeitskonstitutive Innewerden<br />

und Anhalten des ontologischen Flusses zum Thema hat<br />

(z. B. Gott als Kraft: in Gerechtigkeit, Heil, Erlösung; als Friede). Endlich<br />

folgt eine dritte Sequenz von Namen, die das Gesamtwerk mit<br />

Hinweisen auf die Henosis aller Dinge mit ihrem ersten und finalen<br />

Grund abschließt: Gott als Heiliger der Heiligen; als der Vollendete;<br />

als der Eine.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, eine Monographie über den literarischen<br />

Aufbau und die damit verwandte philosophische Strukturgebung<br />

der „pseudo-dionysischen“ Schrift „De divinis nominibus“<br />

zu erarbeiten. Im einzelnen soll die Analyse und Darstellung<br />

des Gesamtaufbaus des Traktats den Nachweis erbringen, dass<br />

„DN“ als bruchlos – nämlich in einem methodischen Dreischritt –<br />

durchkomponierte Schrift anzusehen und dass vor allem die Lehre<br />

des Bösen in „DN“, die bislang als Beweis für die teilweise ad verbum<br />

abhängige Verwertung des Proklos bei Dionysius dient, innerhalb<br />

des Strukturganzen der Schrift als überzeugende Umdeutung<br />

der Proklischen Vorgaben durch Dionysius zu erklären ist. Dieser<br />

Neuversuch einer Strukturinterpretation des Traktats wird darauf<br />

angelegt sein, über die formale Analyse der Schrift eine Rehabilitierung<br />

der philosophischen Eigenständigkeit und Originalität des<br />

Dionysius Areopagita gegenüber den Plagiatorvorwürfen der letzten<br />

gut hundert Jahre zu erreichen.<br />

Für das Projekt „Contemporary German Perspectives (Deutsche<br />

Klassiker der Philosophie in der zeitgenössischen deutschen Debatte)“<br />

erhielt Prof. O. Höffe, Philosophisches Seminar, Universität<br />

Tübingen, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Nach einer langen Zeit der Skepsis der anglo-amerikanischen Philosophie<br />

gegenüber der Philosophiegeschichte werden seit einigen<br />

Jahren gerade in den USA die großen deutschen Klassiker wie Kant,<br />

Hegel, Nietzsche, Husserl und andere wieder intensiv studiert. Aufgrund<br />

der veränderten Sprachanforderungen kann jedoch die Literatur<br />

zu diesen Klassikern von vielen englisch-sprachigen Dozenten<br />

und Studenten nicht mehr gelesen werden, so dass ein hohes forschungspolitisches<br />

Interesse besteht, die besten Beiträge deutscher<br />

Hochschullehrer zu den deutschen Klassikern der Philosophie ins<br />

Englische zu übertragen.<br />

Geplant ist die Herausgabe von 8 bis 12 themenspezifischen Bänden<br />

durch Prof. Höffe gemeinsam mit Prof. R. Pippin, University of Chicago.<br />

Der erste Band „Hegel, The Philosophy of Right“ ist im Erscheinen,<br />

der zweite „Kant, Critique of Pure Reason“ kurz vor der<br />

Fertigstellung. Für die folgenden Bände ist die Auswahl der Beiträge<br />

bereits getroffen und die Übersetzungen werden vorbereitet:<br />

– Immanuel Kant: Moral und Rechtsphilosophie<br />

- Die Philosophie Friedrich Nietzsches.<br />

Als weitere Bände sind zunächst vorgesehen:<br />

Deutsche<br />

Klassiker


Giordano<br />

Bruno<br />

– Die Philosophie Edmund Husserls<br />

– Die Philosophie Martin Heideggers.<br />

PHILOSOPHIE 10<br />

Die Bände sollen jeweils eine Einführung der Herausgeber, etwa 15<br />

wegweisende Texte aus den letzten zwei bis drei Jahrzehnten, eine<br />

kommentierte Bibliographie, ein Register und Hinweise zu den Autoren<br />

enthalten.<br />

Prof. T. Leinkauf (Philosophisches Seminar, Universität Münster) erarbeitet<br />

mit Unterstützung durch die <strong>Stiftung</strong> eine Neue kritische<br />

deutsche Giordano Bruno-Ausgabe.<br />

Gegenstand des Projekts ist die Edition, Kommentierung und Übersetzung<br />

der italienischen Schriften des Renaissance-Philosophen Giordano<br />

Bruno im Rahmen einer deutschen Gesamtausgabe.<br />

Giordano Bruno (um 1548 bis 1600) gilt als einer der bedeutendsten<br />

Philosophen und Dichter der frühen Neuzeit. In seinem philosophischen<br />

Konzept verbanden sich mystisch geprägter Neuplatonismus,<br />

humanistisch inspirierte Mnemonik, ,magische‘ Überzeugungen und<br />

Pantheismus. Er glaubte an die Unendlichkeit des Universums, an<br />

die ordnende Kraft Gottes als Weltseele und an die Existenz eines<br />

einzigen, unendlichen Prinzips, das sich in jedem Teil der Schöpfung<br />

widerspiegele. Noch vor Galileo Galilei bekannte er sich zur kopernikanischen<br />

Theorie und setzte – vor René Descartes – dem Glauben<br />

den Zweifel und die Freiheit der Philosophie entgegen.<br />

Seine zentralen philosophischen Überzeugungen entfaltet Giordano<br />

Bruno in dem Hauptwerk „De la causa, principio et uno“ (1584, „Von<br />

der Ursache, dem Anfang und dem Einen“). Die Schrift „De l’infinito,<br />

universo, et mondi“ (1584, „Vom Unendlichen, dem All und den<br />

Welten“) gilt als ideengeschichtliche Schnittstelle zwischen der atomistischen<br />

Naturphilosophie der Antike, der Zurückweisung des Aristotelismus<br />

und dem Beginn der quantifizierenden Physik der Neuzeit.<br />

Zwei weitere Werke Giordano Brunos in italienischer Sprache<br />

sind die „Cabala del cavalo pegaseo“ und die kirchenpolitisch hochbrisante<br />

Abhandlung „Lo spaccio della bestia trionfante“ (Die Vertreibung<br />

der triumphierenden Bestie“), die vermutlich das Heilige<br />

Offizium in Rom dazu bewogen hat, letztendlich auf einer Hinrichtung<br />

Giordano Brunos als Ketzer zu beharren.<br />

Die Werke Giordano Brunos haben in Deutschland seit ihrer Wiederentdeckung<br />

im 18. Jahrhundert vor allem im Kontext der Diskussion<br />

um Theismus-Pantheismus (bzw. Panentheismus) oder der Substanz<br />

der Materie immer wieder Beachtung gefunden. Seit dem Ende des<br />

19. Jahrhunderts kam es verstärkt auch zu Übersetzungen ins Deutsche,<br />

die ihren – heute allerdings überholten – Gipfelpunkt in der<br />

beim Eugen Diederichs Verlag zwischen 1904 und 1909 erschienenen<br />

Bruno-Ausgabe gefunden haben.<br />

Im September 1998 wurde die „Deutsche Bruno-Forschungsgruppe“<br />

(DBF) mit der Zielsetzung gegründet, in Zusammenarbeit mit dem


11<br />

PHILOSOPHIE<br />

„Istituto per gli studi bruniani“ (Neapel) sowie dem „Italienzentrum<br />

der Freien Universität Berlin“ eine deutsche Gesamtausgabe der<br />

Schriften des Renaissancephilosophen zu besorgen. Die Neuausgabe<br />

basiert auf dem von Giovanni Aquilechia besorgten kritischen italienischen<br />

Text der zur Zeit maßgeblichen französischen Bruno-Ausgabe,<br />

die bei „Les belles lettres“ (Paris) erscheint. Sie wird mit den<br />

italienischen Schriften beginnen und jeweils aus einer Einleitung mit<br />

kritischer Bibliographie und Werkgeschichte, dem Originaltext, einer<br />

Übersetzung und einem Kommentar bestehen, der den philosophischen,<br />

systematischen und historischen Kontext für die Leser<br />

transparent macht. In einem späteren Schritt soll sich die Ausgabe<br />

der lateinischen Schriften anschließen.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> stellte Prof. T. Buchheim (Philosophie-Department, Lehrstuhl<br />

III, Universität München) für das Projekt „Substanzendualismus<br />

und rationaler Wille in der cartesischen Ethik“ Fördermittel zur<br />

Verfügung.<br />

Der französische Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker<br />

René Descartes (1596 – 1650) gilt u. a. auch als Begründer der neuzeitlichen<br />

Philosophie, namentlich des Rationalismus.<br />

Während die Philosophie vor seiner Zeit von den Methoden der<br />

Scholastik beherrscht wurde, die sich ganz auf den Vergleich und die<br />

Gegenüberstellung von Lehrmeinungen stützten, beschloss Descartes,<br />

nichts für wahr anzuerkennen, bis er nicht die Gründe herausgefunden<br />

habe, die ihn dazu veranlassten, etwas als wahr anzusehen.<br />

Die einzig sichere Tatsache, von der er ausging, wird in seinem<br />

berühmt gewordenen Ausspruch ausgedrückt: „Cogito, ergo sum“.<br />

Descartes’ Philosophie, die auch Cartesianismus genannt wird, ersetzt<br />

die Theorien der meisten früheren Philosophen durch ein System<br />

von mechanischen Erklärungen der physikalischen Phänomene.<br />

Nur der Akt des Denkens beweist die eigene Existenz. Gott<br />

hat der kartesianischen Philosophie zufolge zwei Arten von Substanzen<br />

geschaffen, aus denen die gesamte Realität besteht. Die eine ist<br />

die denkende Substanz (Res cogitans) und die andere die ausgedehnte<br />

Substanz (Res extensa). Zu seinen bedeutendsten Werken<br />

gehören der „Discours de la méthode“ (Abhandlungen über die Methode),<br />

mit drei Anhängen über die Geometrie, die Meteorologie und<br />

die Dioptrik, die „Meditationes de Prima Philosophia“ (Meditationen<br />

über die Erste Philosophie), die „Passions de l’Ame“ und die „Principia<br />

Philosophiae“ (Die Prinzipien der Philosophie).<br />

Im Bereich der Praktischen Philosophie hat Descartes keine eigenständige<br />

Arbeit verfasst, sondern seine Gedanken zu ethischen Problemen<br />

über sein Gesamtwerk verteilt. Die in unterschiedlichen<br />

Werkkontexten verwendete Begrifflichkeit der cartesianischen Ethik<br />

ist nicht immer ganz eindeutig und weist eine gewisse Divergenz in<br />

den Zielbegriffen auf. Entsprechend allgemein und widersprüchlich<br />

sind die Forschungsmeinungen zu den ethischen Aussagen Descartes’.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Spannung zwischen<br />

Cartesische<br />

Ethik


Erich<br />

Weigel<br />

PHILOSOPHIE 12<br />

den Grundbegriffen der cartesischen Ethik aus einer dualistischen<br />

Anthropologie zu erklären und in einem neuen Selbstverständnis des<br />

Menschen und dem resultierenden Ideal des rationalen Willens zu<br />

überwinden.<br />

Der Edition von Erich Weigels Schrift „Analysis Aristotelica ex Euclide<br />

restituta“ dient die Bewilligung von Fördermitteln an Prof. W.<br />

Schmidt-Biggemann (Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin).<br />

Gegenstand des Projekts ist die Edition von Erhard Weigels Schrift<br />

„Analysis Aristotelica ex Euclide restituta“ im Rahmen einer geplanten<br />

kritisch-kommentierten Ausgabe seiner wichtigsten Werke.<br />

Erhard Weigel, Mathematiker, Astronom und Philosoph, lehrte von<br />

1653 bis 1699 an der Universität Jena. Zu seinen Schülern gehörten<br />

neben dem Staatsrechtler Samuel von Pufendorf der Jurist, Mathematiker<br />

und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz sowie der Gründer<br />

der ersten deutschen Realschule, Christian Semler, und der Theologe<br />

Caspar Neumann. Seine pädagogischen Bemühungen richteten sich<br />

auf eine Reform des Schulwesens. Er gilt als einer der geistigen Wegbereiter<br />

eines realiengestützten Schulunterrichts sowie des Akademiegedankens<br />

in Deutschland. Darüber hinaus zeigte er ein verstärktes<br />

Interesse am praktischen Nutzen der Wissenschaft durch<br />

ihre Anwendung in der Technik und tat sich selbst als Erfinder hervor.<br />

Weigels Intention war es, entsprechend dem rationalistischen Ideal<br />

eine „mathesis universalis“ die im Bereich der Mathematik praktizierten<br />

Methoden auf andere Wissensbereiche zu übertragen. Nach<br />

Weigel war in der „Analysis“, die Aristoteles aus der pythagoreischen<br />

Mathematik seiner Zeit in die Logik übernommen und als Beweis-<br />

und Wissenschaftslehre universell applizierbar gemacht habe,<br />

der Kern aller Philosophie und zugleich der einzig wahre Weg zu gesicherter<br />

Erkenntnis zu sehen. Er versuchte damit, aristotelische<br />

Schulphilosophie, Rationalismus und moderne Naturwissenschaft,<br />

Wissen und Glauben sowie das tradierte System der Wissenschaften<br />

und Künste in einer umfassenden Synthese zu vereinen. Der methodische<br />

Universalanspruch der „Analysis Aristotelica“, der auch vor<br />

der Theologie nicht haltmachte, brachte ihn allerdings in Konflikt mit<br />

seiner Fakultät. Das Werk wurde mit einem Publikationsverbot belegt<br />

und durfte erst 1671 erscheinen.<br />

Weigels Gesamtwerk umfasst über 100 größere und kleinere Schriften<br />

auf den Gebieten der Mathematik, Philosophie, Astronomie, Physik,<br />

Pädagogik, Baukunst, Geschichte, Geographie, Ethik, Mechanik<br />

und Technik. Einen ersten Schritt zu einer kritisch-kommentierten<br />

Ausgabe der wichtigsten Weigelschen Schriften hat Prof. Schmidt-<br />

Biggemann mit der Edition des „Universi Corporis Pansophici Caput<br />

Summum“ sowie der „Arithmetischen Beschreibung der Moral =<br />

Weisheit von Personen und Sachen“ unternommen.


13<br />

PHILOSOPHIE<br />

Prof. V. Gerhardt (Institut für Philosophie, Humboldt-Universität zu<br />

Berlin) arbeitet mit finanzieller Hilfe der <strong>Stiftung</strong> an der Edition und<br />

Kommentierung des philosophischen Nachlassmaterials von F. W. J.<br />

Schelling aus dem Berliner Archiv der Berlin-Brandenburgischen<br />

Akademie der Wissenschaften.<br />

Der Nachlass des Philosophen F. W. J. von Schelling befindet sich im<br />

Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften<br />

in Berlin. Die Bearbeitung des Nachlasses hat das Ziel, die Brieftexte<br />

sowie die philosophischen Manuskripttexte zu bearbeiten und zu publizieren.<br />

Hierbei erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit der Schelling-Kommission<br />

an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.<br />

Für das Projekt der Edition sind 3 Jahre geplant. Die Arbeit besteht<br />

in der Edition einer Briefausgabe für die Zeit von 1804–1854 sowie in<br />

der Edition der philosophischen Nachschrift einer Vorlesung aus<br />

dem Jahre 1830. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle in München<br />

und in Vorbereitung der Fortsetzung der Reihe der Akademie-<br />

Ausgabe der Schelling-Kommission an der Bayerischen Akademie<br />

der Wissenschaften (Reihe III, Briefe) wurde mit der Sichtung und Erfassung<br />

der Archivalien begonnen.<br />

Dr. P. Trawny (Philosophisches Seminar I, Universität Freiburg) erhält<br />

von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für die Edition eines<br />

Bandes der Martin-Heidegger-Gesamtausgabe: Band 90 „Zu Ernst<br />

Jünger ,Der Arbeiter‘“.<br />

Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die Herausgabe der Notizen<br />

und Anmerkungen, die Martin Heidegger zu Ernst Jünger, insbesondere<br />

zu dessen Buch „Der Arbeiter“ (1932) gemacht hat, im<br />

Rahmen der auf 102 Bände angelegten Martin-Heidegger-Gesamtausgabe.<br />

Martin Heidegger (1889–1976) war Schüler Edmund Husserls, des<br />

Begründers der Phänomenologie. Zwischen 1913 und 1916 studierte<br />

er katholische Theologie und Philosophie in Heidelberg. 1923 erhielt<br />

Heidegger eine Professur für Philosophie in Marburg. Nach 1928<br />

lehrte er als Nachfolger Husserls an der Universität Freiburg. In den<br />

zwanziger Jahren und in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg erreichte<br />

seine philosophische Wirksamkeit ihren Höhepunkt. Hauptwerke<br />

Heideggers sind „Sein und Zeit“ (1927) und „Einführung in die Metaphysik“<br />

(1953). Seit den sechziger Jahren nahm Heideggers Einfluss<br />

ständig zu. Bald wirkte seine Lehre über die Grenzen Deutschlands<br />

hinaus, insbesondere in Frankreich, den USA, Japan, Italien<br />

und Spanien.<br />

Während des Dritten Reichs sympathisierte Heidegger zunächst mit<br />

dem Nationalsozialismus; dabei ist sein Versuch einer philosophischpolitischen<br />

Situationsbestimmung in den Jahren nach 1934 wesentlich<br />

als Auseinandersetzung mit Ernst Jünger und Nietzsche zu verstehen.<br />

Auch über das nach 1934 nachlassende Engagement für den<br />

Nationalsozialismus, das mit einer immer stärkeren Kritik an Jünger<br />

und Nietzsche und einer Bevorzugung Hölderlins einherging, dürf-<br />

F. W. J.<br />

Schelling<br />

Martin<br />

Heidegger


W. Dilthey<br />

Russische<br />

Übersetzung<br />

ten die Quellen Aufschluss geben. Insofern Heideggers Technik-<br />

Analyse ebenfalls von maßgeblichen Wissenschaftlern wie z. B. Werner<br />

Heisenberg oder Carl-Friedrich von Weizsäcker und Dichtern<br />

und Denkern nach 1950 rezipiert wurde (Hannah Arendt, Paul Celan<br />

etc.), ist die Veröffentlichung der Keimzelle jener Technik-Analyse<br />

ein Desiderat, das die Grenzen der Fachphilosophie überschreitet.<br />

Die Martin-Heidegger-Gesamt-Ausgabe ist eine „Ausgabe letzter<br />

Hand“, die der Philosoph noch zu Beginn der siebziger Jahre selbst<br />

auf den Weg gebracht hat. Der Charakter dieser Edition richtet sich<br />

nach der Herausgabe der Schriften, die Heidegger selbst zu Lebzeiten<br />

veröffentlichte. Sie erscheinen ohne philologischen Apparat und<br />

ohne Register.<br />

Die Arbeit an der Herausgabe des Bandes, der die Auseinandersetzung<br />

Martin Heideggers mit Ernst Jünger dokumentiert, besteht<br />

zunächst im Transkribieren und Kollationieren der im Deutschen Literaturarchiv<br />

in Marbach lagernden handschriftlichen Texte des Philosophen.<br />

Dazu gehören ein größeres und zwei kleinere Manuskriptteile<br />

(„Zu Ernst Jünger 1934/40“ I–III), in denen Heidegger u.a zentrale<br />

Begriffe aus Ernst Jüngers „Arbeiter“ erläutert, die gedankliche<br />

Abhängigkeit Jüngers von Nietzsche aufzuzeigen versucht, und das<br />

Gesamtwerk einer ausführlichen und scharfen Kritik unterzieht. Das<br />

dritte Stück des Manuskripts ist eine Ansammlung von Notizen aus<br />

der nach 1945 einsetzenden Korrespondenz zwischen Heidegger<br />

und Jünger. Auch die zahlreichen handschriftlichen Randbemerkungen,<br />

mit denen Heidegger seine Handexemplare des „Arbeiters“<br />

und der Aufsatzsammlung „Blätter und Steine“ versehen hat, sollen<br />

in den Editionsband aufgenommen werden.<br />

In dem von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> geförderten Projekt „Vorbereitungsarbeiten<br />

zu einer russischen Übersetzung von ausgewählten<br />

Schriften Wilhelm Diltheys“ wird eine sechsbändige Ausgabe erarbeitet,<br />

die sich inhaltlich z. T. an der – gleichfalls von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> geförderten – amerikanischen Dilthey-Ausgabe orientiert.<br />

Eine Forschergruppe in Moskau (bis zu seinem Tod 1995 unter<br />

Leitung von Prof. Alexander Michailov, jetzt koordiniert von Dr. N.<br />

Plotnikov) wird fachlich begleitet von einem Beirat, dem die Proff. Eimermacher,<br />

Haardt, Lessing und Rodi (Dilthey-Forschungsstelle Bochum)<br />

und Prof. Anatoli Michailov, Minsk, angehören.<br />

Bisher erschienene Publikationen:<br />

PHILOSOPHIE 14<br />

Dilthey, Wilhelm: Sobranie Sočinenij v sˇesti tomach. Pod obsˇčej<br />

redakciej: A. V. Michajlova i N. S. Plotnikova. – Moskva: Dom<br />

intellektualnoj knigi.<br />

Tom 1. Vvedenie v nauki o duche ... . Perevod s nemeckogo pod<br />

redakciej: V. S. Malachova. 2000. 762 S.<br />

Tom 4. Germenevtika i teorija literatury. Perevod s nemeckogo<br />

pod redakciej: V. V. Bibichina i N. S. Plotnikova. <strong>2001</strong>. 531 S.


15<br />

PHILOSOPHIE<br />

Band 1 wurde inzwischen besprochen in: Philosophischer Literaturanzeiger.<br />

55. <strong>2002</strong>. S. 163–168 von Christian Möckel sowie in: Voprosy<br />

filosofii. 4. <strong>2002</strong>. S. 180/181.<br />

Dr. F. Hofmann (Philosophisches Seminar, Universität Tübingen) erhält<br />

für das Projekt „Die Metaphysik der Tatsachen“ Fördermittel der<br />

<strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Philosophie befasst sich mit dem Verständnis des erkenntnismäßigen<br />

Zugangs zur Welt (Erkenntnistheorie) sowie mit dem Begreifen<br />

der verschiedenen Grundarten von Gegenständen oder „Entitäten“,<br />

die sich in der Welt vorfinden lassen (Ontologie). Ziel des<br />

Forschungsvorhabens ist es, eine Tatsachenontologie in universalistischer<br />

Fassung systematisch und möglichst umfassend zu entwickeln,<br />

so dass in deren Licht schließlich auch die „metaphysische“<br />

Frage nach dem Sein, dem allem Seienden Gemeinsamen, aufgeworfen<br />

und untersucht werden kann. Als Ontologie soll die Tatsachenontologie<br />

eine umfassende Darstellung der Arten von Entitäten<br />

(Seienden) und ihrer Grundcharakteristika liefern.<br />

Beide Unterfangen – die Entwicklung einer ontologischen Theorie<br />

und die „metaphysische“ Frage – gehören zum thematischen Kernbestand<br />

der philosophischen Tradition seit ihren Anfängen und haben<br />

in den letzten beiden Jahrzehnten eine energische Wiederbelebung<br />

und Wiederaufnahme erlebt. Die systematische Entwicklung<br />

einer Tatsachenontologie hat ihre Ursprünge bei Aristoteles (z. B.<br />

Wahrmacherprinzip in der Kategorienschrift) und wurde in der Neuzeit<br />

vor allem durch Wittgenstein und Russell weitergeführt, die die<br />

(mehrstelligen) Relationen als neue und eigenständige Kategorie<br />

hinzufügten und die neueren formal-logischen Begriffe, wie vor allem<br />

den der Quantoren, in die Ontologie einführten. Die aktuelle ontologische<br />

Debatte greift viele traditionelle Fragen und Ansätze auf,<br />

erweitert sie aber auch durch neue Ideen. Dabei hat sich die Tatsachenontologie<br />

in der universalienrealistischen Fassung – neben der<br />

Theorie der Eigenschafts-Instanzen – als Hauptfavorit herauskristallisiert<br />

(u. a. David Armstrong, D.H. Mellor).<br />

Das Vorhaben wird anhand der verschiedenen Einzelprobleme die<br />

Ressourcen der Tatsachenontologie zu erkunden versuchen. Dazu<br />

gehören vor allem die Fragen der Konstituierung von Tatsachen, der<br />

zeitlichen Dimension von Tatsachen, der Veränderung von Tatsachen,<br />

der Kausalität und der Modalität. Erkenntnistheoretische Reflexionen<br />

sollen die einzelnen ontologischen Überlegungen begleiten<br />

und zu regulieren helfen. Schließlich wird die Frage nach dem Sein<br />

alles Seienden, die als „metaphysische“ Frage innerhalb der Ontologie<br />

angesehen werden kann, thematisiert. Dabei soll geprüft werden,<br />

ob – etwa im Stile der Analyseversuche von Frege und Russell – eine<br />

informative Analyse von Sein im Sinne von Existenz möglich ist.<br />

Mit „Johann Heinrich Lambert und die präexplikativen Methoden“<br />

befasst sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt von Prof. G.<br />

Siegwart (Institut für Philosophie, Universität Greifswald).<br />

Metaphysik<br />

der Tatsachen<br />

J. H. Lambert


PHILOSOPHIE 16<br />

Zu den zentralen Aufgaben der Philosophie gehört die Begriffsbildung,<br />

d. h. die Einführung von Ausdrücken und die Festsetzung der<br />

Bedeutung dieser Ausdrücke. Das Studium der Begriffe ist in jeder<br />

Epoche der Philosophie und bei fast jedem Autor nachweisbar und<br />

hat zu stabilen und breiten Überlieferungsströmen geführt.<br />

Man unterscheidet bei der Begriffsetablierung zwischen zwei Formen.<br />

Bei der ersten Art handelt es sich um die Bereitstellung gänzlich<br />

neuer Begriffe. Der zweite Typ hat demgegenüber mit der Wiedereinführung<br />

schon im Gebrauch befindlicher Konzepte zu tun: In<br />

geläufiger Terminologie ist in diesem Zusammenhang von der Explikation<br />

von Begriffen die Rede. Explikationen stellen ein „zweipoliges“<br />

Einführungsgeschehen dar. Zum einen existiert (wenigstens)<br />

eine „alte“ Bedeutung. Zum anderen wird durch den Explikationsakt<br />

(wenigstens) eine „neue“ Bedeutung gestaltet. Die alte Bedeutung<br />

ist einerseits so nicht oder nicht mehr in Ordnung: Sie genügt den<br />

nunmehr zu realisierenden Redezwecken nicht. Andererseits sieht<br />

man sich gehalten, die alte Bedeutung nicht oder doch nicht ganz<br />

aufzugeben, sondern sie in die neue Bedeutung über den Explikationsakt<br />

zu inkorporieren. Der Explikationsprozess zerfällt dabei in<br />

drei Phasen: Die Explikationsvorbereitung, den (eigentlichen) Explikationsakt<br />

und die Adäquatheitskontrolle.<br />

Obwohl damit heute eine umfassende und differenzierte Disziplin<br />

der Begriffsbildung zur Verfügung steht, wird im gegenwärtigen<br />

philosophischen Diskurs zur Wissens- und Willensbildung ein geeigneter<br />

Methodenkanon vermisst, der die Güte und Akzeptabilität von<br />

Explikationsvorschlägen absichert und garantiert. Das Sachproblem<br />

in diesem Kontext lautet: Nach welchen Regeln, Verfahren und Methoden<br />

soll man sich bei diesen Tätigkeiten richten? Wie soll man die<br />

Methoden gestalten, welche die präexplikativen Verrichtungen leiten?<br />

Um dieses Desiderat zu beheben, soll auf die Überlegungen des<br />

Aufklärungsphilosophen Johann Heinrich Lambert zurückgegriffen<br />

werden, der den Versuch unternommen hat, ein Regelwerk für die<br />

Ausführung explikationsvorbereitender Maßnahmen zu konstruieren.<br />

Johann Heinrich Lambert (1728–1777) ist als einer der letzten Universalgelehrten<br />

anzusehen: Sein Werk bezieht sich auf die meisten<br />

zu seiner Zeit bekannten Gegenstände des Wissens, wobei sich die<br />

Physik und die Mathematik einerseits, die Philosophie andererseits<br />

als bevorzugte Tätigkeitsfelder ausmachen lassen. Lamberts philosophische<br />

Hauptwerke sind das „Organon“ (1764), das in der Tradition<br />

der Vernunftlehren steht und als umfassende Erkenntnis- und Wissenschaftsphilosophie<br />

angesehen werden kann, sowie die „Anlage<br />

zur Architectonic, oder Theorie des Einfachen und Ersten in der philosophischen<br />

und mathematischen Erkenntniß“ (1771). Das zweite<br />

philosophische Kernwerk, die „Architectonic“, ist – zufolge der Deutung<br />

des Autors – „als eine durchaus aufs neue vorgenommene Untersuchung<br />

der metaphysischen Grundlehren“ einzustufen. Insbesondere<br />

zielt es dabei auf die Explikation der metaphysischen Be-


17<br />

PHILOSOPHIE<br />

griffe, wobei den präexplikativen Maßnahmen quantitativ und qualitativ<br />

ein überragender Stellenwert zukommt. Lambert gibt nicht nur<br />

Definitionen seiner Begriffe, sondern versucht auch die Frage nach<br />

Genese, Heuristik und Zweck von Begriffen zu beantworten. Darüber<br />

hinaus entwickelt er in seinem Werk eine ausführliche Zeichenund<br />

Sprachphilosophie, die sich sowohl mit normal- als auch mit<br />

idealsprachlichen Verhältnissen befasst.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, das Lambertsche Textcorpus,<br />

insbesondere seine „Architectonic“, auf mögliche Hilfen zur Ausbildung<br />

einer generellen Lehre von den präexplikativen Methoden zu<br />

untersuchen. Dabei sollen zunächst das tatsächliche Vorgehen in der<br />

„Architectonic“ beschrieben und die Reflexionen über diese Tätigkeit<br />

erörtert werden. Erkenntnisleitende Fragestellungen sind u. a.:<br />

Wie geht Lambert vor, wenn er beginnt, einen bestimmte Begriff zu<br />

untersuchen? Aus welchen Redeterritorien (der Fachwissenschaften<br />

und der Philosophie) wählt er seine Verwendungstraditionen? Nach<br />

welchen Kriterien wählt er die Verwendungstradition, die er dem Explikationsakt,<br />

also der Einfügung in sein Begriffssystem, zugrundelegt?<br />

Schließlich sollen die Resultate der historisch-kritischen Analyse<br />

des Vorgehens Lamberts für die Konstruktion einer präexplikativen<br />

Methodologie ausgewertet werden.<br />

Prof. T. Buchheim (Philosophie-Department, Universität München)<br />

erhält von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Freiheit auf Basis<br />

von Natur? – Modellierung eines qualitativen Freiheitsbegriffs<br />

jenseits von Determinismus und Indeterminismus“ Fördermittel.<br />

Die aktuelle Debatte um den Begriff der Freiheit wird beherrscht von<br />

einem Patt zwischen den sich ausschließenden Alternativen von Determinismus<br />

und Indeterminismus und – darauf aufbauend – zwischen<br />

Kompatibilismus und Inkompatibilismus. Beide Positionen<br />

können für sich plausible Argumente anführen, ohne die jeweils andere<br />

Seite zu überzeugen. Als Ursache für die auf bisherigem Geleise<br />

kaum mehr bewegliche Festgefahrenheit und zugleich Phänomen-Armut<br />

der Debatte lässt sich auf beiden Seiten ein verfehltes<br />

konnektionistisches Vorverständnis der Freiheit diagnostizieren, das<br />

– in der Tradition der Freiheitsantinomie Kants – den Inhalt der Freiheit<br />

in erster Linie durch die Art und Weise ihrer metaphysischen<br />

Unterbringung im Zusammenhang der übrigen Realität zu bestimmen<br />

sucht. Diese Verkettung oder Art der kausalen Anbindung der<br />

Freiheit an das übrige Weltgeschehen ist allerdings kein empirisches<br />

Datum, sondern entspringt den jeweiligen theoretischen Rahmenauffassungen<br />

der modernen Freiheitskonzepte und wird fast immer<br />

ohne unabhängige Rechtfertigung vorausgesetzt.<br />

Um diese unentscheidbare Diskussionssituation zu überwinden, soll<br />

– unter Rückgriff auf die klassische Philosophie und in Auseinandersetzung<br />

mit modernen Debattenbeiträgen – die Zweizügigkeit der<br />

Behandlung des Freiheitsproblems wieder hergestellt werden; d. h.<br />

zunächst soll eine phänomenale Sichtung und inhaltliche Charakte-<br />

Freiheitsbegriff


Jüdische und<br />

islamische<br />

Kulturkritik<br />

Philosophiedidaktik<br />

PHILOSOPHIE 18<br />

risierung freier Akte anhand von vier Kriterien (Aktivität, Intentionalität,<br />

überlegte Wahl zwischen Alternativen, Zurechnung) vorgenommen<br />

werden, um erst dann in einem zweiten Schritt die mögliche<br />

Unterbringung solcher Akte innerhalb der Welt insgesamt zu<br />

prüfen.<br />

Zur Präzisierung des Kriteriums der Aktivität werden Beiträge aus<br />

der Philosophie der Biologie und der Philosophie des Geistes herangezogen.<br />

Eine zentrale Fragestellung dabei ist, wie dieses Kriterium<br />

gegenüber physikalistischen metaphysischen Positionen einzuordnen<br />

ist. Die Lösung dieser Problematik wird auf dem Grundgedanken<br />

aufbauen, dass zur Identifizierung der Entitäten, um die es auf<br />

einer Ebene der Beschreibung geht, stets bereits die Begrifflichkeit<br />

und die ihr korrelierenden Gegenstandsstrukturen dieser Ebene vorausgesetzt<br />

werden muss. Der in der Philosophie der Biologie feststellbare<br />

Zug zu aristotelischen Positionen wird es ermöglichen, Aktivität<br />

als strukturschaffenden Prozess zu etablieren, ohne dadurch in<br />

Widerspruch zu modernen wissenschaftlichen Positionen zu kommen.<br />

Mit Hilfe dieser Überlegungen wird für das Projekt der nötige<br />

argumentative Freiraum zur phänomenalen Sichtung und inhaltlichen<br />

Charakterisierung freier Akte geschaffen.<br />

Für den Arbeitskreis Jüdische und islamische Hermeneutik als Kulturkritik<br />

stellte die <strong>Stiftung</strong> dem Wissenschaftskolleg zu Berlin (Prof.<br />

D. Grimm) Fördermittel zur Verfügung.<br />

Kulturkritisches Denken in der islamischen wie auch in der jüdischen<br />

Welt hat vor einigen Jahren begonnen, den Bezug zur je eigenen religiösen<br />

Tradition und damit das Verhältnis von Religion und Politik<br />

grundlegend neu zu bestimmen. Bei aller Unterschiedlichkeit des<br />

politischen und geistigen Umfelds lässt sich hier ein gemeinsames<br />

Interesse erkennen: das Interesse einer jüdischen und einer islamischen<br />

säkulären Selbstbestimmung, die eine Kritik an der politischen<br />

Instrumentalisierung der religiösen Quellen aus der Arbeit an der<br />

Hermeneutik religiöser und anderer kanonischer Texte ableitet. Das<br />

Besondere dieser Kulturkritik besteht darin, dass sie ihre Motive aus<br />

der religiösen Tradition selber gewinnt und nicht von aussen an<br />

diese heranträgt. Solche Tendenzen gibt es sowohl im zeitgenössischen<br />

jüdischen wie auch im muslimischen Denken, ohne dass sie<br />

bislang voneinander Kenntnis genommen haben. Anders als im Mittelalter<br />

ist heute die Kommunikation zwischen Islam und Judentum<br />

blockiert.<br />

Das Forschungsprojekt zur judeo-islamischen Hermeneutik soll Judaisten<br />

und Islamwissenschaftler, islamische und jüdische Intellektuelle<br />

zusammenführen, die ihre Arbeit an der je eigenen Tradition<br />

in den Rahmen eines miteinander geteilten hermeneutischen und<br />

kulturtheoretischen Interesses stellen.<br />

Mit Denkrichtungen und Methoden der Philosophie in didaktischer<br />

Perspektive beschäftigt sich ein von der <strong>Stiftung</strong> unterstütztes For-


19<br />

PHILOSOPHIE<br />

schungsprojekt des Instituts für Philosophie, Technische Universität<br />

Dresden (Prof. J. Rohbeck).<br />

Die didaktische Idee dieses Forschungsprojekts besteht darin, die<br />

Denkrichtungen der Philosophie in philosophische Methoden des<br />

Unterrichts zu transformieren. Transformation bedeutet die Übertragung<br />

und Umformung dieser Richtungen in philosophische Praktiken,<br />

die von Studenten und Schülern erlernt und selbständig angewendet<br />

werden können. Die Philosophie ist zwar nicht ihre eigene<br />

Didaktik, wohl aber enthält sie didaktische Potenzen, die eine separate<br />

Ausarbeitung lohnen. Das erfordert die Auswahl, Modifizierung<br />

und Ergänzung derjenigen Potentiale, die sich in der Unterrichtspraxis<br />

besonders gut realisieren lassen. Leitend dafür sind die philosophischen<br />

Kompetenzen, die den Lernenden vermittelt werden sollen.<br />

Prof. Rohbeck hat sich zunächst der Hermeneutik gewidmet, um daraus<br />

unterschiedliche Aufgaben der Interpretation zu entwickeln: den<br />

Inhalt wiedergeben, die Intention des Autors erschließen, den kulturellen<br />

Kontext berücksichtigen, durch „verzögertes Lesen“ das eigene<br />

Vorverständnis thematisieren (in: „Zehn Arten, einen Text zu<br />

lesen“). Zieht man noch die phänomenologische Leseforschung und<br />

die Rezeptionsästhetik hinzu, lassen sich die individuellen Lese-Erfahrungen<br />

reflektieren. Im Übergang zur Dekonstruktion bieten sich<br />

neue Möglichkeiten für kreative Schreibaufgaben an.<br />

Der wissenschaftliche Mitarbeiter, S. Kurpierz, hat damit begonnen,<br />

die didaktischen Potentiale der analytischen Philosophie und des<br />

Konstruktivismus herauszuarbeiten. Er betrachtet z. B. Metaphern<br />

nicht nur als weniger deutliche Begriffe, sondern als Möglichkeiten<br />

zum kreativen und phantasievollen Philosophieren. Auch die konstruktivistische<br />

Methode kann in eine produzierende Tätigkeit verwandelt<br />

werden, indem Theoriebausteine zu neuen Theorien oder<br />

Ideen rekombiniert werden.<br />

Inzwischen ist der zweite Band des Jahrbuchs für Didaktik der Philosophie<br />

und Ethik zum Thema „Philosophische Denkrichtungen“ erschienen,<br />

in dem der didaktische Ansatz weitergeführt wird (Einleitung)<br />

und in dem grundlegende Artikel zur analytischen Philosophie,<br />

Hermeneutik und Phänomenologie versammelt sind.<br />

Folgende Publikationen sind erschienen:<br />

Rentsch, Thomas, und Johannes Rohbeck: Essays schreiben –<br />

aber mit Methode. Hinweise. – In: Information Philosophie, Jg.<br />

30, H. 1. <strong>2002</strong>. S. 48–52.<br />

Rohbeck, Johannes: Denkrichtungen der Philosophie in didaktischer<br />

Perspektive. – In: Information Philosophie. Jg. 29, H. 5.<br />

<strong>2001</strong>. S. 66–71.<br />

Rohbeck, Johannes: Didaktische Potentiale philosophischer Denkrichtungen.<br />

– In: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und<br />

Ethik. 2000., H. 2. S. 82–93.


Quantenfeldtheorie<br />

PHILOSOPHIE 20<br />

Rohbeck, Johannes: Methoden des Philosophie- und Ethikunterrichts.<br />

– In: Methoden des Philosophierens. Hrsg.: Johannes Rohbeck.<br />

(Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik; 1). Dresden<br />

2000. S. 146–174.<br />

Rohbeck, Johannes [Hrsg.und Einl.]: Philosophische Denkrichtungen.<br />

– Dresden <strong>2001</strong>. (Jahrbuch für Didaktik der Philosophie<br />

und Ethik; 2)<br />

Rohbeck, Johannes: Philosophische Kompetenzen. – In: Zeitschrift<br />

für Didaktik der Philosophie und Ethik. <strong>2001</strong>, H. 2.<br />

S. 86–94.<br />

Rohbeck, Johannes: Zehn Arten einen Text zu lesen. – In: Philosophische<br />

Ethik. 23. <strong>2001</strong>. S. 186–292.<br />

Für die Ereignisontologische Interpretation der Quantenfeldtheorie<br />

erhält Prof. A. Bartels, Philosophisches Seminar, Lehr- und Forschungsbereich<br />

I (Universität Bonn), Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Quantenfeldtheorie (QFT) gilt als ein Meilenstein auf dem Weg<br />

zu einer fundamentalen Theorie der Materie. Als Synthese aus<br />

Quantenmechanik und spezieller Relativitätstheorie ist sie die erste<br />

physikalische Theorie, die in der Lage ist, drei der vier fundamentalen<br />

Wechselwirkungen (elektromagnetische, starke und schwache<br />

Wechselwirkung) zu beschreiben. Die einzige der vier fundamentalen<br />

Kräfte, die sich einer Behandlung im Rahmen der QFT entzieht,<br />

ist die Gravitation.<br />

Trotz der immensen Erfolge der QFT bei der Vorhersage von empirischen<br />

Phänomenen sind bisher zentrale Fragen bezüglich ihrer Interpretation<br />

unbeantwortet geblieben. So blieb z. B. ungeklärt, welchen<br />

ontologischen Kategorien (Substanzen, Ereignissen, Prozessen<br />

etc.) die Objekte angehören, über die die Theorie spricht, oder welche<br />

Art von Identitätskriterien die Objekte der Theorie erfüllen.<br />

Ebenso konnte bislang nicht überzeugend dargelegt werden, welche<br />

Annahmen über die Form der kausalen Verknüpfung zwischen den<br />

Objekten der Theorie mit dem Formalismus verträglich sind. Bisherige<br />

Vorschläge zur Lösung der Probleme (z. B. das Quanten-Konzept<br />

von Teller oder Auyangs Ausführungen zu Quantenfeldern bzw.<br />

Feldereignissen) stellen keine befriedigenden Konzepte für die Ontologie<br />

der QFT dar und können nur bedingt für das Projekt herangezogen<br />

werden, weil sie entweder von der Nicht-Lokalisierbarkeit<br />

der Objekte ausgingen, die Kausalitätstheorie vernachlässigten oder<br />

am mathematischen Formalismus scheiterten.<br />

Ziel des Vorhabens ist die Formulierung einer ontologischen Interpretation<br />

der Algebraischen Quantenfeldtheorie (AQFT), die auf Ereignissen<br />

und Prozessen als fundamentalen Entitäten aufbaut. Dabei<br />

soll auf die Prozessontologie A. N. Whiteheads zurückgegriffen werden,<br />

in der Ereignisse und die sie konstituierenden Prozesse die Rolle<br />

der fundamentalen Entitäten der Welt einnehmen. Whiteheads ontologische<br />

Konzeption scheint für eine Interpretation der AQFT des-


21<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

halb besonders geeignet, da in ihr zum einen die fundamentalen Entitäten<br />

(Prozesse und die aus diesen „bestehenden“ Ereignisse) beschränkten<br />

Raumzeitbereichen zugeordnet sind. Dies spiegelt direkt<br />

die mathematische Struktur der AQFT wider, in der die fundamentalen<br />

mathematischen Objekte (lineare Operatoren) ebenfalls beschränkten<br />

Raumzeitbereichen zugeordnet sind. Zum anderen enthält<br />

Whiteheads Prozessontologie eine innovative Konzeption der<br />

Übertragung kausaler Wirkungen zwischen Ereignissen, die ebenfalls<br />

direkt zu grundlegenden Strukturen im mathematischen Formalismus<br />

der AQFT passt. Whiteheads Prozessontologie scheint daher<br />

ein aussichtsreicherer Kandidat für eine Ontologie der QFT zu sein<br />

als die bisherigen Vorschläge von Teller und Auyang. Dies hat sich<br />

im bisherigen Verlauf des Projekts bestätigt. Allerdings müssen auch<br />

einige Aspekte von Whiteheads Ontologie den Gegebenheiten der<br />

QFT angepasst werden. Hier ist insbesondere der durch die Verletzung<br />

der Bellschen Ungleichungen zum Ausdruck kommende nichtlokale<br />

Charakter der QFT zu nennen, der nicht ohne Korrekturen mit<br />

Whiteheads lokal-kausaler Ontologie vereinbar ist.<br />

Theologie und Religionswissenschaft<br />

Im Fächerkanon der Wissenschaften werden Theologie und Religionswissenschaft<br />

meist gesondert aufgeführt. Theologie steht in<br />

aller Regel für christliche Theologie samt ihren historischen, exegetisch-philologischen,<br />

systematischen und praktisch-theologischen<br />

Verzweigungen. Das Fach Religionswissenschaft scheint demgegenüber<br />

in erster Linie für Religionen außerhalb des Christentums<br />

zuständig zu sein. Tatsächlich liegen die Verhältnisse komplizierter.<br />

Einerseits bearbeiten auch nichtchristliche Religionen ihre<br />

Geschichte und ihre Glaubensbestände theologisch, zum Beispiel<br />

das Judentum und der Islam. Andererseits erfährt die Selbstwahrnehmung<br />

und –deutung der Religionen durch die Religionswissenschaft<br />

inhaltliche und methodische Brechungen. Theologie und Religionswissenschaft<br />

– in ihrem jeweiligen soziokulturellen und wissenschaftlichen<br />

Milieu gesehen – markieren teils divergente, teils<br />

konvergente Felder der Arbeit an Phänomenen des Glaubens, der<br />

Geschichte, Institutionen und kulturellen wie politischen Wirkungen<br />

der Religionen. Die gegenwärtigen Debatten zum Status der Theologie<br />

und der „Religious Studies“ deuten auf neuartige Verhältnisbestimmungen<br />

und damit auch auf manche Veränderungen der wissenschaftlichen<br />

Matrix hin.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> nimmt Anträge aus allen Bereichen der<br />

Theologie und Religionswissenschaft entgegen. Sie trägt durch ihre<br />

Förderpolitik der Breite der thematischen Interessen, der Spezialisierung<br />

in den Subdisziplinen und der Vielfalt der Methoden Rechnung.<br />

Historische Projekte sind ebenso willkommen wie Studien zur<br />

gegenwärtigen Lebenswelt der Religionen. Besonderes Augenmerk


SAPERE<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 22<br />

gilt Projekten im Schnittbereich von Theologie und Religionswissenschaft.<br />

Der kulturelle Wandel verändert traditionale Wahrnehmungen<br />

des Menschen, der Natur und der Sozialwelt. Die Folgen für die<br />

Religionen und ihre Stellung in der Gesellschaft sind nicht unerheblich.<br />

Außerdem regt die <strong>Stiftung</strong> Projekte an, die ungeachtet der interdisziplinäre<br />

Strukturen, die bereits in der Theologie und Religionswissenschaft<br />

selber liegen, auf Synergieeffekte mit weiteren Wissenschaftsdisziplinen<br />

zielen.<br />

Prof. R. Feldmeier (Fachbereich Neues Testament, Universität Göttingen)<br />

und Prof. H.-G. Nesselrath (Fachbereich Klassische Philologie,<br />

Universität Göttingen) widmen sich dem von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> geförderten Projekt „SAPERE. Texte und Darstellungen zu<br />

Religion, Ethik und Philosophie der Kaiserzeit“. Weitere Herausgeber<br />

sind Prof. U. Berner (Fachbereich Religionswissenschaft, Universität<br />

Bayreuth), Prof. B. Heininger (Fachbereich Neues Testament,<br />

Universität Würzburg) und Dr. R. Hirsch-Luipold (Klassische Philologie<br />

und Theologie, Universität Bayreuth).<br />

Das Forschungs- und Editionsprojekt SAPERE (Scripta Antiquitatis<br />

Posterioris ad Ethicam REligionemque Pertinentia) hat zum Ziel, ausgewählte<br />

Schriften, die zu den Grundlagen des abendländischen<br />

Denkens über Mensch, Gesellschaft und Religion gehören, zu übersetzen<br />

und zu erschließen. Je nach Eigenart des Einzeltextes wird ein<br />

Team von Spezialisten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengestellt,<br />

das den Text im Austausch miteinander bearbeitet<br />

und kommentiert. SAPERE möchte dabei bewusst an alle Konnotationen<br />

des lateinischen ,sapere‘ anknüpfen: nicht nur an die Intellektuelle<br />

(die Kant in der Übersetzung von ,sapere aude‘, „Habe Mut,<br />

dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, zum Wahlspruch der<br />

Aufklärung gemacht hat), sondern auch an die des „Schmeckens“;<br />

SAPERE möchte Leserinnen und Leser nicht zuletzt auch „auf den<br />

Geschmack“ der behandelten Texte bringen.<br />

Im Berichtszeitraum sind folgende Bände erschienen:<br />

Plutarch: Ei kalo - s eire - tai to lathe biosas = Ist „Lebe im Verborgenen“<br />

eine gute Lebensregel? Eingel., übers. und mit interpretierenden<br />

Essays vers. von Ulrich Berner ... . 2. Aufl. – Darmstadt:<br />

Wiss. Buchges., <strong>2001</strong>. 176 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis<br />

Posterioris ad Ethicam REligionemque pertinentia; Bd. 1)<br />

Eine Auseinandersetzung des Platonikers Plutarch mit dem epikureischen<br />

Lebensideal. In schroffer Antithese zu Epikurs Maxime „Lebe<br />

im Verborgenen“ macht dieser die essentielle Bedeutung eines öffentlich<br />

verantworteten Lebens für Gesellschaft und Individuum<br />

deutlich.<br />

Dion von Prusa: Olymikos e - peri te - s pro - tes yops theoy ennoias =<br />

Olympische Rede oder über die erste Erkenntnis Gottes. Eingel.,<br />

übers. und interpretiert von Hans-Josef Klauck. Mit einem<br />

archäolog. Beitr. von Balbina Bäbler. 2. Aufl. – Darmstadt: Wiss.


23<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

Buchges., <strong>2002</strong>. 250 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris<br />

ad Ethicam REligionemque pertinentia; Bd. 2)<br />

Dion von Prusa, der wohl berühmteste Redner seiner Zeit, präsentiert<br />

mit diesem Werk – einer rhetorisch glänzenden Reflexion über die<br />

Ausformung menschlicher Gottesvorstellungen im Angesicht des<br />

Zeus von Olympia – einen Schlüsseltext antiker Redekunst, der weitreichende<br />

literarische und kunsttheoretische Implikationen enthält.<br />

Lukian: Philopseydeis ê apistôn. Die Lügenfreunde oder: der<br />

Ungläubige. Eingel., übers. und mit interpretierenden Essays<br />

vers. von Martin Ebner ... . – Darmstadt: Wiss. Buchges., <strong>2001</strong>. 214<br />

S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam REligionemque<br />

pertinentia; Bd. 3)<br />

Im umfangreichen Œuvre des griechischen Satirikers Lukian von Samosata<br />

(2. Jh. n. Chr.) nimmt der Dialog „Die Lügenfreunde“ eine<br />

hervorragende Stellung ein: Gewichtige Philosophen erzählen sich<br />

mit größtem Ernst Wunder- und Spukgeschichten, bis der einzig rational<br />

denkende Anwesende resigniert die Versammlung verlässt.<br />

Lebendige Gesprächsgestaltung und Erzählfreude verbinden sich<br />

hier mit humorvoller Kritik an typischen Vertretern der großen griechischen<br />

Philosophenschulen.<br />

Folgende Bände werden in Kürze erscheinen:<br />

Jamblich: Pythagoras. Legende – Lehre – Lebensgestaltung.<br />

(SAPERE; Bd. 4).<br />

Die Schrift des Neuplatonikers Jamblich ist keine konventionelle Pythagoras-Biographie,<br />

sondern der Entwurf einer neuplatonischen<br />

Heilslehre, die durch die Zuweisung an Pythagoras gewissermaßen<br />

geadelt werden und nicht zuletzt dem zu Jamblichs Zeit bereits starkem<br />

Christentum ernsthafte Konkurrenz bieten soll.<br />

Apuleius: Über die Magie. (SAPERE; Bd. 5)<br />

In seiner Verteidigung gegen die Verklagung wegen Zauberei, der<br />

einzigen erhaltenen kaiserzeitlichen Gerichtsrede, präsentiert sich<br />

Apuleius als umfassend gebildeter (also auch an Naturwissenschaften<br />

und Medizin interessierter und zugleich das traditionelle Bildungsgut<br />

beherrschender) Philosoph, ist dabei aber auch über Magie<br />

gut im Bilde und damit ganz Kind seiner von gegenläufigen Strömungen<br />

bestimmten Zeit.<br />

Folgende Bände sind geplant:<br />

Dion von Prusa: Über menschliches Zusammenleben und göttliche<br />

Weltordnung. Die Borysthenes-Rede. (SAPERE; Bd. 6)<br />

Lukian: Der Tod des Peregrinos. (SAPERE; Bd. 7)<br />

Kebes: Allegorie des Lebens. Die Bildtafel des Kebes. (SAPERE;<br />

Bd. 8)


Jacobusbrief<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 24<br />

Apuleius: Über den Gott des Sokrates. (SAPERE; Bd. 9)<br />

Platon: Über den Tod (Axiochos). – (SAPERE; Bd. 10).<br />

Prof. K.-W. Niebuhr (Lehrstuhl für Neues Testament, Theologische<br />

Fakultät, Universität Jena) erhält für die Erarbeitung des ersten Teilbandes<br />

des „Corpus Judaeo-Hellenisticum“ (Teilband zum Jakobusbrief)“<br />

Fördermittel durch die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>.<br />

Beim Corpus Judaeo-Hellenisticum (CJH) handelt es sich um ein längerfristig<br />

angelegtes Forschungsprojekt, durch das die ganze Breite<br />

der literarischen Zeugnisse des frühen Judentums für das Verständnis<br />

und die Interpretation des Neuen Testamentes erschlossen werden<br />

soll. Die Zeugnisse, die sich als durch die hellenistische Kultur<br />

und die politisch-ökonomischen Verhältnisse der helleninistisch-römischen<br />

Epoche beeinflusst zeigen, sollen nach der Reihenfolge der<br />

neutestamentlichen Schriften in einem mehrbändigen Werk auszugsweise<br />

in Originalsprache, Übersetzung und forschungsgeschichtlicher<br />

Einordnung publiziert werden.<br />

Das zu bearbeitende Corpus umfasst neben den literarischen Quellen<br />

auch nicht-literarische Papyri, Inschriften, Münzen, Bildzeugnisse,<br />

gottesdienstliche Texte und Gebete; darüber hinaus wird die<br />

Septuaginta umfassend als charakteristischer Ausdruck jüdischer<br />

Überlieferung und Katalysator der nachfolgenden griechischsprachigen<br />

jüdischen Literatur berücksichtigt. Es ist geplant, die ausgewählten<br />

Quellenauszüge jeweils mit kurzen Hinweisen zu Einleitungsfragen,<br />

Textausgaben und wichtigster Sekundärliteratur zu<br />

versehen. Daneben werden sie sowohl hinsichtlich ihres ursprünglichen<br />

Kontextes als auch im Hinblick auf ihre Bedeutung für die jeweilige<br />

neutestamentliche Textstelle erschlossen. Um über die gedruckte<br />

Fassung hinaus weiteres Quellenmaterial auch in größeren<br />

Zusammenhängen zur Verfügung stellen zu können, wird zusätzlich<br />

eine Datenbank aufgebaut, deren Nutzung in Kombination mit den<br />

gedruckten Bänden zugänglich gemacht werden soll.<br />

Als erster Teil des Gesamtwerkes entsteht derzeit der Band zum Jakobusbrief<br />

(Dr. R. Deines). Dieses neutestamentliche Schreiben gibt<br />

sich als Brief einer maßgeblichen Autorität des Urchristentums in Jerusalem<br />

zu erkennen und wendet sich an die „zwölf Stämme (Israels)<br />

in der Diaspora“. Sein theologisches und ethisches Profil wird durch<br />

die systematische und methodisch reflektierte Berücksichtigung der<br />

frühjüdischen Überlieferung deutlich, sowohl im Hinblick auf das<br />

gemeinsame Erbe wie hinsichtlich des unterscheidend Kennzeichnenden.<br />

Darüber hinaus veranstaltet die CJH-Arbeitsstelle in Jena Arbeitstagungen<br />

und Projektkonsultationen, die dem wissenschaftlichen Austausch<br />

der am Gesamtprojekt Beteiligten dienen (Juni <strong>2001</strong> in<br />

Schönburg zu den Psalmen Salomos; Juni <strong>2002</strong> in Leipzig zu Philo<br />

von Alexandrien; Januar 2003 in Wittenberg zu methodischen Fra-


25<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

gen; Mai 2003: Internationales Philo-Symposium „Philo und das<br />

Neue Testament/Das Neue Testament und Philo“).<br />

Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />

Niebuhr, K. W.: Hellenistisch-jüdisches Ethos im Spannungsfeld<br />

von Weisheit und Thora. – In: Ethos und Identität. Einheit und<br />

Vielfalt des Judentums in hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg.:<br />

Matthias Konradt; Ulrike Steinert. (Im Druck).<br />

Prof. H. Lichtenberger und PD Dr. G. S. Oegema (Institut für antikes<br />

Judentum und hellenistische Religionsgeschichte, Universität Tübingen)<br />

erarbeiten mit Fördermitteln der <strong>Stiftung</strong> einen Einführungsband<br />

zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit<br />

(JSHRZ).<br />

Der Einführungsband soll – zusammen mit dem Bibliographie- und<br />

Registerband – die seit 1973 im Gütersloher Verlag veröffentlichte<br />

und voraussichtlich bis 2003 vollständige Reihe „Jüdische Schriften<br />

aus hellenistisch-römischer Zeit“ abschließen. Das Gesamtwerk besteht<br />

aus fünf Bänden mit insgesamt fünfzig Schriften. Es gilt als die<br />

derzeit maßgebliche deutschsprachige Ausgabe der zwischentestamentlichen<br />

Literatur (ohne die Qumran-Schriften).<br />

Der auf fünf Lieferungen angelegte Einführungsband bietet eine literaturgeschichtliche<br />

Einleitung zu den Apokryphen und Pseudepigraphen<br />

des Alten Testaments. Diese ordnet die Texte literarisch und<br />

historisch ein und erfasst ihre Bedeutung für das antike Judentum<br />

und das frühe Christentum. Sie entfaltet die theologischen Hauptthemen<br />

(z. B. Gott und Mensch, Angelologie und Dämonologie, Eschatologie).<br />

Die Erschließung der theologischen Themen stellt einen ersten<br />

umfassenden Versuch dar, im Zusammenhang der literarischen<br />

Forschung die theologischen Grundkonzeptionen zu entfalten. Die<br />

hermeneutischen Prolegomena stellen diese Literatur in das Verhältnis<br />

zu AT, NT und der übrigen jüdischen Literatur der Antike. Der<br />

Einleitungsband hat auch die Aufgabe, die Einleitungsabschnitte bei<br />

den Einzelschriften zu verbinden und sie in den größeren Rahmen<br />

der gesamten Literatur der Apokryphen und Pseudepigraphen zu<br />

stellen und auf den neuesten Stand zu bringen.<br />

Folgende Publikationen sind im Berichtszeitraum erschienen:<br />

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg. von:<br />

Lichtenberger, Hermann ... . – Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.<br />

Bd. 6. Supplementa. Einführung zu den Jüdischen Schriften aus<br />

hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg. von Hermann Lichtenberger<br />

und Gerbern S. Oegema. Lfg. 1,5. Oegema., Gerbern S.: Apokalypsen.<br />

<strong>2001</strong>. IX, 209 S.<br />

Oegema, Gerbern S.: Einführung zu den Unterweisungen in<br />

erzählender Form. (JSHRZ, VI. 1.2.) (In Bearb.)<br />

JSHRZ<br />

Einführungsband


JSHRZ<br />

Registerband<br />

Bücherzensur<br />

16. Jh.<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 26<br />

Oegema, Gerbern S.: Einführung zu den Poetischen Schriften.<br />

(JSHRZ, VI. 1.4.) (Im Druck)<br />

Dochhorn, Jan: Einführung zu den Unterweisungen in lehrhafter<br />

Form. (JSHRZ, VI. 1.3) (In Vorbereitung)<br />

Für die Erstellung eines Registerbandes zu den Jüdischen Schriften<br />

aus hellenistisch-römischer Zeit (JSHRZ) erhält Prof. F. W. Horn,<br />

Lehrstuhl für Neues Testament, Fachbereich Ev. Theologie, Universität<br />

Mainz, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die 1973 von Werner Georg Kümmel begründete Reihe „Jüdische<br />

Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit“ (JSHRZ) bietet eine deutsche<br />

Übersetzung der frühjüdischen Pseudepigraphen und gilt sowohl<br />

im deutschsprachigen als auch im internationalen Raum als<br />

derzeit maßgebliche Übersetzung der Literatur des Zweiten Tempels.<br />

Bereits zu Beginn der Übersetzungsreihe war geplant, die Reihe<br />

durch eine Bibliographie, eine Einführung und ein Register zu ersetzen.<br />

Insbesondere vor dem Hintergrund des gesteigerten Interesses<br />

am Frühjudentum stellt eine umfassende Erschließung der sog. Pseudepigraphen<br />

des Alten Testaments nach wie vor ein Forschungsdesiderat<br />

dar.<br />

Das Register, bearbeitet in einer Forschungskooperation der Universitäten<br />

Mainz (Prof. F. W. Horn, Dr. H. Omerzu und C. Büllesbach)<br />

und Bonn (PD Dr. H. Löhr), erschließt die frühjüdischen Pseudepigraphen<br />

durch detaillierte Sach-, Namens-, Orts- und Stellenregister.<br />

Es stellt – insbesondere im deutschsprachigen Raum – den ersten<br />

Versuch dar, die Theologie, Literatur, Kultur und Lebenswelt<br />

des Frühjudentums umfassend und differenziert über Indizes zu erschließen<br />

und die Ergebnisse für weitere Forschungen zum Judentum<br />

in der Antike fruchtbar zu machen.<br />

Die Erforschung der Religion, Geschichte und Literatur des Judentums<br />

in hellenistisch-römischer Zeit ist ein zentraler Forschungsgegenstand<br />

in der Alten Geschichte, der Judaistik und der Theologie.<br />

Die Ergänzungsbände zu den JSHRZ wollen dazu beitragen, die<br />

Vielfalt und das Selbstverständnis des antiken Judentums zu dokumentieren<br />

und die Rolle der sog. Apokryphen und Pseudepigraphen<br />

des alten Testaments für die Bibelwissenschaften, das antike Judentum<br />

und den jüdischen Hintergrund des frühen Christentums deutlich<br />

zu machen. Das Projekt wird die Reihe JSHRZ vollständig abschließen,<br />

so dass der Forschung mit der Publikation aller 50 Schriften<br />

und den Ergänzungsbänden ein zentrales Hilfsmittel für die Beschäftigung<br />

mit den Pseudepigraphen zur Verfügung steht.<br />

Aufstieg und Niedergang der Indexkongregation. Römische Bücherzensur<br />

im ausgehenden 16. Jahrhundert ist Gegenstand einer von<br />

der <strong>Stiftung</strong> geförderten Untersuchung, die Prof. P. Godman am<br />

Deutschen Seminar (Universität Tübingen) durchführt.<br />

Vor dem Hintergrund von Reformation und Buchdruck formiert sich<br />

ab Mitte des 16. Jahrhunderts in der katholischen Kirche eine insti-


27<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

tutionell organisierte Praxis der „censura librorum“. Die entsprechenden<br />

Kompetenzen liegen innerhalb der römischen Kurie<br />

zunächst weitgehend bei der 1542 als Behörde begründeten Inquisition<br />

(„Heiliges Offizium“), die im Jahr 1559 einen „Index der verbotenen<br />

Bücher“ publizieren lässt, dem 1564 auf dem Konzil von Trient<br />

ein zweiter folgt. Zu dessen „Reformation“ wird im März 1571 eine<br />

neue Behörde ins Leben gerufen, die „Kongregation für den Index<br />

der verbotenen Bücher“, zu deren Aufgaben bald auch die Behandlung<br />

aktueller Zensurfälle gehört. Bedeutung und Autorität des neugegründeten<br />

Dikasteriums erleben in den folgenden Jahrzehnten<br />

eine sehr wechselhafte Geschichte, deren Ursachen zu ergründen<br />

sich dieses Forschungsprojekt zur Aufgabe gemacht hat. Bleibt die<br />

Tätigkeit der Indexkongregation in den ersten fünfzehn Jahren unregelmäßig<br />

und mehr oder weniger konzeptlos und ineffizient, so<br />

wachsen zensorische Aktivität und Autorität innerhalb der Hierarchie<br />

der Kurie unter Sixtus V. ab 1587 sprunghaft an, nach dessen<br />

Tod die Behörde jedoch wieder an Bedeutung verlieren und den Status<br />

der Jahre 1587–1590 niemals wieder erlangen wird.<br />

Der Schwerpunkt des Projekts lag zunächst darauf, die gesamte<br />

Überlieferung der Indexkongregation (zugänglich seit 1998 im Archiv<br />

der Glaubenskongregation im Vatikan) zu erschließen und ein<br />

vollständiges Arbeitsinventar der Akten der Indexkongregation (Serien<br />

„Protocolli“ und „Miscellanea“, 24 Bände, ca. 11.000 Folioseiten)<br />

zu erstellen; dazu wurden weitere Bestände wie Korrespondenz<br />

und diverse Register gesichtet und zahlreiche Dokumente transkribiert.<br />

In der Zusammenschau dieser Überlieferung mit den sogenannten<br />

„Diarii“, die im Rahmen des Projekts mit umfassendem<br />

Kommentar ediert werden (Band I: Sitzungsprotokolle von 1571 bis<br />

1606, 187 Folio-Seiten), ergibt sich ein nahezu vollständiges Bild der<br />

behördlichen Abläufe, der Inhalte und des beteiligten Personals, auf<br />

dessen Grundlage nun eine Untersuchung zur bislang nur spärlich<br />

erforschten Behördengeschichte der Indexkongregation vorgenommen<br />

wird.<br />

Diese Untersuchung bildet das Fundament für eine weiterführende<br />

Arbeit zur Rolle dieser Behörde im römischen Zensurapparat. In der<br />

erfassten Überlieferung findet sich umfassendes Material, das für das<br />

letzte Jahrzehnt des 16. Jh. zahlreiche und schwerwiegende Interventionen<br />

des Heiligen Offiziums in die Geschäfte der Indexkongregation<br />

belegt, die sich – in den ersten sechzehn Jahren durch die eigene<br />

Ineffizienz eher marginalisiert – unter Sixtus V. zu einem ernsten<br />

Rivalen in Sachen Bücherzensur entwickelt hatte, was die<br />

grundlegenden Unklarheiten hinsichtlich Kompetenzverteilung<br />

eklatant werden ließ. Im Abgleich mit den Sitzungsprotokollen (Aktenserie<br />

„Decreta“) und den überlieferten Papieren zur Bücherzensur<br />

der Inquisition (Aktenserie „Censura librorum“; ein Band) wird<br />

nun eine Untersuchung vorgenommen, die zunächst die Zensurtätigkeit<br />

der rivalisierenden Dikasterien inhaltlich wie quantitativ gegeneinander<br />

bestimmt und dann – ausgehend von einer Analyse jener


Hutterische<br />

Handschriften<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 28<br />

„Konkurrenzfälle“ – Ursachen und Ablauf des Niedergangs der Indexkongregation<br />

seit dem Pontifikat Klemens’ VIII. (1592–1605) zu<br />

erhellen bzw. nachzuzeichnen versucht.<br />

Der Katalogisierung der in Europa befindlichen hutterischen Handschriftenkodizes<br />

des 16.–18. Jahrhunderts dient ein von der <strong>Stiftung</strong><br />

gefördertes Projekt von Prof. G. Seebaß (Wissenschaftlich Theologisches<br />

Seminar, Universität Heidelberg).<br />

Die Hutterischen Brüder, die aus Mähren und Oberungarn vertrieben,<br />

über Südrußland schließlich in die Vereinigten Staaten und Kanada<br />

kamen und sich nur dort noch heute finden, sind eine der Gruppen<br />

des 16. Jahrhunderts, die eine intensive Christlichkeit der Gesamtgesellschaft<br />

erstrebten, dann aber dieses Ideal, da es sich schon<br />

damals nicht mehr verwirklichen ließ, auf die kleine Gruppe zurücknahmen.<br />

Weil sie im Begehren die Ursünde des Menschen sahen,<br />

verlangten sie über die Erfüllung der Bergpredigt hinaus ein strikt<br />

kommunitäres Leben ohne jedes Eigentum.<br />

In ihren ,goldenen Jahren‘ in Mähren während der zweiten Hälfte<br />

des 16. und der ersten des 17. Jahrhunderts, in denen sie als Landwirte<br />

und Handwerker, aber auch als Ärzte vom mährischen Adel<br />

geduldet und gefördert wurden, schufen sie – da ihnen der Druck<br />

selten möglich war – eine Fülle von Handschriften, die der persönlichen<br />

Erbauung und ihren Predigern dienen sollten. Dabei entwickelten<br />

sie nicht nur eine bedeutende kalligraphische Tradition, sondern<br />

auch eine charakteristische Buch- und Einbandkunst. Große, zusammenhängende<br />

Schriften wie Kommentare zu biblischen Büchern<br />

oder die Chroniken über die Entstehung der Hutterischen Brüder<br />

sind allerdings selten. Meist handelt es sich um umfangreiche Sammelhandschriften:<br />

In den Epistelbüchern findet sich eine reiche Briefüberlieferung,<br />

in den Liederhandschriften die Sammlung der bis<br />

heute in ihren Gottesdiensten gebrauchten Lieder. Daneben gibt es<br />

auch eine Fülle von Abschriften kleinerer Werke von Autoren der ersten<br />

Hälfte des 16. Jahrhunderts, die aus dem Umkreis der Täufer<br />

und mystischen Spiritualisten stammen. Mathematisch-technische<br />

und medizinisch-alchemistische Texte sind selten. Insgesamt stellen<br />

diese Handschriften einen in dieser Form einmaligen geschlossenen<br />

Bestand von Quellen zu einem ganz eigenen Teil europäischer Kulturgeschichte<br />

dar.<br />

Teilweise werden die Originalhandschriften des 16. und 17. Jahrhunderts<br />

oder deren spätere Abschriften heute noch auf den ,Bruderhöfen‘<br />

der Hutterer in den USA und Kanada benutzt, ohne dass es<br />

bisher eine konsequente Inventarisierung gäbe. In Europa finden<br />

sich vor allem die Handschriftenbände, die – bei immer wiederholten<br />

Konfiskationen nach dem Ende der Toleranz im 17. und 18. Jahrhundert<br />

eingezogen oder auf anderen Wegen – in die Archive und Bibliotheken<br />

gelangten. Sie erstmals vollständig zu erfassen, in einem<br />

Katalog zu beschreiben und der weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung<br />

bereitzustellen, ist Ziel des Projekts.


29<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

Abb. 1: Projekt „Katalogisierung der in Europa befindlichen hutterischen Handschriftenkodizes<br />

des 16. – 18. Jahrhunderts“: Dr. M. Rothkegel bei der Bearbeitung<br />

hutterischer Manuskriptbände im Batthyaneum, Karlsburg (Rumänische Nationalbibliothek,<br />

Filiale Alba Julia).


Lutherhalle<br />

Wittenberg<br />

J. Arndt<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 30<br />

Für das Projekt „Zur preußischen Rezeption der Wittenberger Reformation:<br />

Die Sammlungspolitik der Lutherhalle Wittenberg 1877 bis<br />

1918“ erhält Dr. S. Rhein, <strong>Stiftung</strong> Luthergedenkstätten in Sachsen-<br />

Anhalt, Wittenberg, Fördermittel der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Lutherhalle Wittenberg wurde 1996 von der UNESCO als herausragendes<br />

Beispiel deutscher Kultur in die Liste des Weltkulturerbes<br />

aufgenommen. In Wittenberg verdichten sich Luthers Spuren<br />

von der Schlosskirche (Thesentür und Grab) über die Stadtkirche<br />

(Predigtkirche) bis zum Lutherhaus mit dem Höhepunkt der die Jahrhunderte<br />

überdauernden Lutherstube in einmaliger Aussagekraft.<br />

Aufgabe des Projekts ist die Rekonstruktion der Sammlungs- und<br />

Ausstellungstätigkeit am authentischen Erinnerungsort „Lutherhalle“<br />

– als Gebäude ein „begehbares Lehrbuch“ und zugleich größtes<br />

Exponat – und des damit verbundenen kirchen-, theologie- und<br />

geschichtspolitischen Erinnerungsprogramms.<br />

Über das Vorhaben wurde zuletzt im <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong><br />

(S. 24 ff.) ausführlich berichtet.<br />

Unter Prof. H. Schneider (Fachbereich Evangelische Theologie, Universität<br />

Marburg) wird die von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> geförderte<br />

kritische Edition „Johann Arndt. Briefwechsel und biographische Dokumente“<br />

erarbeitet.<br />

Der evangelische Theologe Johann Arndt (1555–1621) gilt als die<br />

einflussreichste Gestalt der lutherischen Christenheit seit den Tagen<br />

der Reformation. Er steht – neben anderen – am Anfang einer neuen<br />

Frömmigkeitsbewegung im deutschen Protestantismus. Seine „Vier<br />

Bücher vom wahren Christentum“ und sein „Paradiesgärtlein“<br />

zählen zu den meistgedruckten und -gelesenen Werken des 17. und<br />

18. Jahrhunderts und zusammen mit der „Nachfolge Christi“ des<br />

Thomas a Kempis und John Bunyans „Pilgerreise“ zu den Bestsellern<br />

der christlichen Weltliteratur überhaupt. Durch seine Schriften hat<br />

Arndt einen bedeutenden Einfluss auf die deutsche Literatur- und<br />

Theologiegeschichte der frühen Neuzeit ausgeübt.<br />

Die Edition soll zwei Teile umfassen. Der erste gilt der chronologisch<br />

geordneten Korrespondenz (Briefe von und an Arndt). Neben den<br />

sich verstreut in gedruckten Werken des 16. bis 18. Jahrhunderts veröffentlichten<br />

Briefen sollen erstmalig auch die in verschiedenen Bibliotheken<br />

und Archiven befindlichen handschriftlichen Korrespondenzstücke<br />

ediert werden. Inzwischen konnten weitere bisher nicht<br />

bekannte Briefe ermittelt werden. Da einige der neu aufgefundenen<br />

Stücke durch Wasserschaden in ihrer Lesbarkeit stark beeinträchtigt<br />

sind, erfordert die Texterfassung die Hinzuziehung von Experten.<br />

Das Briefkorpus umfasst nach derzeitigem Stand 83 Briefe von und<br />

39 Briefe an Arndt sowie vier Stücke, bei denen Arndt in kirchlicher<br />

Funktion als Mitverfasser unterzeichnet hat. Hinzu kommen 33 zeitgenössische<br />

Dokumente, die für die Biographie Arndts von Bedeutung<br />

sind. U. a. gehören dazu Dokumente aus der Studienzeit, Kir-


31<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

chenbucheintragungen, Verpflichtungserklärungen auf die Bekenntnisschriften,<br />

Zeugnisse über Arndts Amtsführung, obrigkeitliche<br />

Korrespondenz im Zusammenhang mit der Berufung Arndts auf<br />

kirchliche Stellen, Visitationsprotokolle, Gedichte Arndts, Universitätsgutachten<br />

über seine Schriften und zeitgenössische Urteile. In<br />

Anlehnung an vergleichbare Projekte wurden Editionsrichtlinien erarbeitet<br />

und in Musterbearbeitungen erprobt.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> gewährte Prof. H. Hübner (Institut für Spezialforschungen,<br />

Abt. Biblische Theologie, Theologische Fakultät,<br />

Universität Göttingen) Fördermittel für das Projekt „Jesus, kontrovers<br />

gesehen von Rudolf Otto und Rudolf Bultmann. Zur Auseinandersetzung<br />

Rudolf Ottos mit Rudolf Bultmanns Entwertung des historischen<br />

Jesus für die christliche Religion im Ausklang der Religionsgeschichtlichen<br />

Schule“. Bearbeiterin ist Dr. G. Beyer.<br />

Im Zentrum dieses Forschungsvorhabens steht die Analyse der kontroversen<br />

Sicht und Bewertung der Person des irdischen Jesus für die<br />

christliche Religion durch die beiden evangelischen Theologen Rudolf<br />

Otto (1869–1937) und Rudolf Bultmann (1884–1976).<br />

Die Kontroverse über die Bedeutung des historischen Jesus für den<br />

christlichen Glauben brach an Rudolf Bultmanns Vortrag „Ethische<br />

oder mystische Religion im Urchristentum“ auf, den er 1920 vor den<br />

„Freunden der Christlichen Welt“ hielt, einer Vereinigung liberaler<br />

Theologen aus Kirche und Wissenschaft, die sich um die von Martin<br />

Rade herausgegebene Wochenschrift „Die Christliche Welt“ sammelte.<br />

Bultmanns „Geschichte der synoptischen Tradition“ (Erstauflage<br />

1921) verschärfte die Kontroverse, die auch den Lehrbetrieb an<br />

der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Marburg<br />

prägte. Dort hatte Rudolf Otto seit 1917 als Nachfolger von Wilhelm<br />

Herrmann (1844–1922) den systematisch-theologischen Lehrstuhl<br />

inne, Rudolf Bultmann seit 1921 als Nachfolger seines Lehrers Wilhelm<br />

Heitmüller (1869–1926) den Lehrstuhl für Neues Testament.<br />

Für die Frage nach dem Wesen der Religion – ein Grundthema der<br />

evangelischen Theologie im beginnenden 20. Jahrhundert – liegen<br />

die Anfänge der Kontroverse in einer brieflichen Kritik Bultmanns<br />

aus dem Jahre 1918 an Ottos Werk „Das Heilige“ (1917). Sie bilden<br />

den theologisch-erkenntnistheoretischen Widerpart zur exegetischen<br />

Kontroverse der 20er Jahre und der späteren Replik auf sie in<br />

Ottos Buch „Reich Gottes und Menschensohn“ (1934) und Bultmanns<br />

kritischer Rezension dieses Werkes im Jahre 1937. Wiewohl<br />

Ottos Ansatz innerhalb der deutschen evangelischen Theologie – im<br />

Unterschied zur englischsprachigen Welt – mit dem Aufkommen der<br />

Dialektischen Theologie und ihrer von Bultmann entwickelten Variante,<br />

der existentialen Interpretation biblischer Texte, an den Rand<br />

gedrängt wurde, kann an der Kontroverse paradigmatisch die Frage<br />

nach der Historizität von Religion und deren Verhältnis zu ihrem Wesen<br />

verhandelt werden.<br />

R. Otto und<br />

R. Bultmann


DDR<br />

Ökumenische<br />

Versammlung<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 32<br />

Für die politisch-systematische Analyse der Eingaben und Vorschläge<br />

an die ökumenische Versammlung der DDR (1987–1989)<br />

stellte die <strong>Stiftung</strong> Prof. P. Maser (Ostkirchen-Institut, Universität<br />

Münster) Mittel zur Verfügung.<br />

Das Forschungsvorhaben bezieht sich auf den Konziliaren Prozess in<br />

der DDR, der mit seinen Ökumenischen Versammlungen als eine der<br />

wichtigsten Stationen auf dem Wege zur friedlichen Revolution von<br />

1989 angesehen werden kann. Der Ökumenische Rat der Kirchen als<br />

internationaler Dachverband der Kirchen der Welt hatte 1984 auf Initiative<br />

des Erfurter Propstes Heino Falcke eine „Ökumenische Versammlung<br />

für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“<br />

für das Jahr 1990 beschlossen. Zum Organisator und Motor des<br />

Konziliaren Prozesses in der DDR wurde der Arbeitskreis Christlicher<br />

Kirchen, ein zwischen den Kirchen in der DDR koordinierendes Gremium.<br />

Im Herbst 1987 riefen die Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />

unter dem Slogan „Eine Hoffnung lernt gehen“ Gemeinden und<br />

Gruppen dazu auf, sich mit Anregungen, Hinweisen und Themenvorschlägen<br />

an das Sekretariat der Ökumenischen Versammlung zu<br />

wenden. Auf mehreren Vollversammlungen wurden diese mehr oder<br />

weniger ausgearbeiteten Entwürfe diskutiert und zu Texten zusammengefasst.<br />

Die angestrebte Rezeption der Endfassungen dieser<br />

Texte wurde durch die friedliche Revolution im Herbst 1989 zum<br />

großen Teil gegenstandslos.<br />

Die Eingaben und Anregungen an die „Ökumenische Versammlung<br />

für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“<br />

1987–1989 bilden eine für die DDR-Geschichte einzigartige Sammlung<br />

von Quellen über widerständiges Verhalten, Widerstand und<br />

Opposition. Hier wurden in verschiedenen Themenfeldern etwa<br />

11.000 Wortmeldungen gesammelt und überliefert, die einen breiten<br />

Einblick in die Stimmungslage der Bevölkerung geben. Während die<br />

offiziellen Ergebnistexte der Versammlung ihre Erwartungen oft<br />

sehr verhalten und nur in Frageform artikulierten, erhob die Basis<br />

bereits weitergehende Forderungen wie die nach der Trennung von<br />

SED und Staat, nach bürgerlichen Freiheiten wie Versammlungsund<br />

Meinungsfreiheit oder nach Zulassung von Parteien. Diese Wünsche<br />

nach Veränderungen in der DDR kristallisierten sich vor allem<br />

in den Eingaben an die Arbeitsgruppe 003 „Mehr Gerechtigkeit in<br />

der DDR – unsere Aufgaben und Erwartungen“.<br />

Ziel des Forschungsvorhaben ist es, den etwa 3.000 Schriftstücke<br />

umfassenden Quellenbestand in einer kommentierten Edition der<br />

weiteren Forschung zugänglich zu machen und in einem zweiten Arbeitsschritt<br />

aus politisch-systematischer Sicht zu analysieren. Dabei<br />

soll untersucht werden, welche gesellschaftspolitischen Leitbilder<br />

aus den Eingaben und Vorschlägen an die Ökumenische Versammlung<br />

erhebbar sind und inwieweit die unter dem Dach der Kirche initiierten<br />

Diskussionen eine Plattform boten, um die Forderungen der<br />

Herbstes 1989 fundiert zu formulieren.


33<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

Prof. F. W. Graf (Lehrstuhl für Systematische Theologie mit Schwerpunkt<br />

Ethik, Evangelisch-Theologische Fakultät, Universität München)<br />

wurden von der <strong>Stiftung</strong> für „Band 10: Ernst Troeltsch Kritische<br />

Gesamtausgabe“ Fördermittel bereitgestellt.<br />

Der Wahrnehmung des Werkes von Ernst Troeltsch (1865–1923) waren<br />

bisher enge Grenzen gesetzt. Der Präsenz Troeltschs in den einzelnen<br />

Kulturwissenschaften entsprach keine angemessene wissenschaftliche<br />

Präsenz der von ihm publizierten Texte. So bildete sich<br />

im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften ein<br />

Herausgebergremium (Professoren Friedrich Wilhelm Graf, Volker<br />

Drehsen, Gangolf Hübinger, Trutz Rendtorff) zur Erstellung der<br />

„Ernst Troeltsch Kritische Gesamtausgabe“ (KGA). Bei dem im Rahmen<br />

dieses Gesamtprojektes zu erstellenden Band 10 der KGA mit<br />

den Schriften von Troeltsch „Zur religiösen Lage, Religionsphilosophie<br />

und Ethik (1913)“ handelt es sich mit geplanten 1200 Seiten um<br />

einen umfangreichen Band, der in zwei Teilbänden erscheinen soll.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> gewährte Prof. K. Koschorke, Abteilung für Kirchengeschichte,<br />

Evang.-Theologische Fakultät, Universität München, Fördermittel<br />

für das Projekt „Quellenbuch zur Außereuropäischen Christentumsgeschichte<br />

(Asien, Afrika, Lateinamerika) 1450–1990“. Dieses<br />

Projekt wird in Zusammenarbeit mit PD Dr. Dr. F. Ludwig, Bayreuth,<br />

und Prof. M. Delgado, Fribourg/Schweiz, durchgeführt.<br />

Die Außereuropäische Christentumsgeschichte ist eine im Entstehen<br />

begriffene neue Disziplin, die im internationalen wissenschaftlichen<br />

Diskurs ständig an Bedeutung gewinnt. Sie gewinnt ihre Relevanz<br />

aus den veränderten ökumenischen Rahmenbedingungen und dem<br />

sprunghaft gewachsenen Gewicht der außereuropäischen Kirchen<br />

im Kontext der globalen Ökumene. Sie erweitert das Spektrum klassischer<br />

evangelischer und katholischer Kirchengeschichtsschreibung<br />

in Forschung und Lehre um die Dimension der Geschichte des Christentums<br />

in der nicht-westlichen Welt.<br />

Das Quellenbuchprojekt ist das erste seiner Art im deutschsprachigen<br />

und internationalen Raum. Es dokumentiert die Geschichte der<br />

Kirchen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas von 1450 – dem Beginn<br />

der iberischen Expansion – bis zum Jahr 1990. Während die Geschichte<br />

des außereuropäischen Christentums bislang v. a. aus westlichen<br />

missionarischer Perspektive wahrgenommen ist, werden in<br />

dem Quellenbuch zugleich die Vielzahl lokaler Initiativen und die<br />

unterschiedlichen Ausprägungen des Christentums im Kontext verschiedener<br />

außereuropäischer Kulturen dargestellt. Voten einheimischer<br />

Christen – etwa zur Frage der Sklaverei, des Verhältnisses zu<br />

anderen Religionen oder zu kirchlicher Eigenständigkeit – werden<br />

dokumentiert. Das Quellenbuch ist so angelegt, dass neben den unterschiedlichen<br />

regionalen Entwicklungen zugleich auch die übergreifenden<br />

Themen und Etappen der Außereuropäischen Christentumsgeschichte<br />

in den Blick kommen.<br />

Ernst Troeltsch<br />

Außereuropäisches<br />

Christentum


Tibetischer<br />

Buddhismus<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 34<br />

Prof. P. Schwieger, (Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens,<br />

Universität Bonn) arbeitet mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong><br />

an dem Projekt „Identitätsfindung, Identitätsstiftung und die Globalisierung<br />

des tibetischen Buddhismus. Zur Ausbreitung und Kohäsion<br />

eines transkulturellen Netzwerks“.<br />

Nachdem der tibetische Buddhismus lange neben dem Islam eine<br />

führende geistig-religiöse Kraft Zentralasiens gewesen war, wurden<br />

ihm im 20. Jahrhundert die Entstehung der Sowjetunion und der<br />

Volksrepublik China fast zum Verhängnis. Aus seinem angestammten<br />

Gebiet im tibetisch- und mongolischsprachigen Zentralasien virtuell<br />

ausgelöscht und unter den tibetischen Flüchtlingen in Indien<br />

und Nepal ein Exildasein fristend, galt er Anfang der sechziger Jahre<br />

als eine dem Untergang geweihte Religionsform. Doch nach der von<br />

Deng Xiaoping eingeleiteten Liberalisierungspolitik Chinas und der<br />

Perestroika Gorbatschows erlebt er nicht nur in weiten Teilen seines<br />

historischen Verbreitungsgebietes eine beachtliche Renaissance,<br />

sondern expandiert auch in andere Weltgegenden. Somit fasst er<br />

heute über ein globales Netzwerk von Klöstern, Lehr- und Meditationszentren<br />

eine Anhängerschaft breiter kultureller, zeitgeschichtlicher<br />

und lebensweltlicher Spannbreite zu einer Gemeinschaft zusammen,<br />

welche zudem stark ungleichen politischen, wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unterworfen ist.<br />

In seiner derzeitigen Ausdehnung lässt sich das globale Netzwerk<br />

des tibetischen Buddhismus auf der Grundlage politisch-territorialer<br />

sowie sozio-kultureller Gegebenheiten in verschiedene Bereiche<br />

strukturieren. Man kann zwischen den sog. Äußeren Provinzen, den<br />

euro-amerikanischen und fernöstlichen Regionen, und den sog. Inneren<br />

Provinzen, zu denen die zentralasiatisch-mongolischen und<br />

die tibetischen Bezirke gehören, unterscheiden. Während die Inneren<br />

Provinzen dem historischen Verbreitungsgebiet des tibetischen<br />

Buddhismus in seiner fast vollen Ausdehnung entsprechen, sind die<br />

Äußeren Provinzen rezente Zugewinne, durch die erst von einer Globalisierung<br />

des tibetischen Buddhismus die Rede sein kann. In den<br />

Inneren Provinzen stellt der tibetische Buddhismus ein sozialschichtenübergreifendes<br />

Massenphänomen dar und dient als wesentlicher<br />

Baustein nationaler und ethnischer Identifikation. In den Äußeren<br />

Provinzen ist er dagegen ein kultureller Import, ein Fremdkörper,<br />

dessen Annahme eine Abkehr von hergeleiteten geistig-religiösen<br />

Traditionen impliziert. Zudem ist er hier ein ausgesprochenes Oberschichtenphänomen<br />

urbaner Zentren. Bisweilen führen die lokalen<br />

Ausprägungen des tibetischen Buddhismus, welche seine Ausbreitung<br />

zu begünstigen scheinen, innerhalb des globalen Netzwerkes<br />

auch zu Gegensätzen, Abgrenzungstendenzen und Spannungen, die<br />

sich durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Normvorstellungen<br />

und Mentalitäten, aber auch an politischen Fragen entzünden.<br />

Trotz der zentrifugalen Tendenzen kann jedoch die Existenz einer<br />

gemeinsamen Identität des tibetischen Buddhismus nicht bezweifelt<br />

werden. Kommunikation, Solidarität und Interaktion


35<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

gehören zu den wesentlichen Merkmalen, die das globale Netzwerk<br />

des tibetischen Buddhismus prägen.<br />

Netzstrukturell bildeten Innere und Äußere Provinzen die Peripherie<br />

zur sog. Metropole im südasiatischen Raum (Indien, Nepal), von der<br />

aus die Lamas für das gesamte Netzwerk operieren. Hier befinden<br />

sich die prestigereichsten, besten und zahlenmäßig größten religiösen<br />

Ausbildungsstätten. Ferner verleiht ihr der Umstand, dass sie die<br />

Wirkungsstätte des historischen Buddha gewesen ist, eine symbolische<br />

Festigung.<br />

Das Forschungsvorhaben beabsichtigt weder eine Phänomenologie<br />

der Globalisierung des tibetischen Buddhismus zu erstellen, noch sie<br />

historisch nachzuzeichnen. Vielmehr soll es die Globalisierung des<br />

tibetischen Buddhismus über die Untersuchung von individuellen<br />

kognitiven Prozessen aufklären, welche die Hinwendung zu dieser<br />

Religion bewirkt haben. Dabei ist die Leitthese der Untersuchung,<br />

dass das Bekenntnis zum tibetischen Buddhismus überall im globalen<br />

Netzwerk mit den beiden Momenten der Identitätsfindung und<br />

Identitätsstiftung verknüpft ist. Bei der Identitätsfindung erfahren<br />

die Anhänger eine ersehnte Verortung in ihrem sozio-kulturellen<br />

Ausgangskontext sowie die Erfüllung und Befriedigung von spezifischen<br />

Erwartungen und Bedürfnissen. Identitätsstiftung erleben die<br />

Gläubigen durch die Begegnung mit besonderen Ausdrucksformen<br />

des tibetischen Buddhismus, also seinem ausgeprägten Ritual- und<br />

Symbolsystem, und vor allem durch die zentrale Figur des spirituellen<br />

Lehrers. Zusammen scheinen die Lehre, das Ritual und das Symbolinventar<br />

sowie der Lama ein Symbolsystem zu bilden, das auf intellektuell-diskursiver<br />

Ebene, auf der Ebene der religiösen und sozialen<br />

Praxis und sogar auf der affektiven Ebene alle Voraussetzungen<br />

zur Bildung einer integrativen Makro-Identität erfüllt.<br />

Die Untersuchung basiert im Wesentlichen auf Feldforschungen. In<br />

diesem Zusammenhang soll eine intensive Befragung von ausgewählten<br />

Aktivisten an den bedeutendsten Zentren im globalen Netzwerk<br />

des tibetischen Buddhismus durchgeführt werden. Eine diskursanalytische<br />

Betrachtung der Daten soll dann Motivationen und<br />

Zugangsweisen, Perzeptionen und Empfindungen offen legen, die<br />

an der Basis den Erfolg des tibetischen Buddhismus bedingt und die<br />

Ausformung seines heutigen Netzwerkes geprägt haben.<br />

Prof. K. Hoheisel (Religionswissenschaftliches Seminar, Universität<br />

Bonn) arbeitet mit Fördermitteln der <strong>Stiftung</strong> an dem Projekt „Gesellschaftliche<br />

und politische Praxis der Anthroposophie. Historische<br />

Grundlagen, kulturelle Kontexte und weltanschauliche Konzeption<br />

der Anwendungsfelder der Weltanschauung Rudolf Steiners“.<br />

Im Zentrum des Vorhabens stehen die historischen Grundlagen, die<br />

kulturellen Kontexte und die weltanschauliche Konzeption der Anwendungsfelder<br />

der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie.<br />

Rudolf<br />

Steiner


THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 36<br />

Rudolf Steiner (1861–1925), der Spiritus rector der „Anthroposophischen<br />

Gesellschaft“ kam im Jahre 1900 zur „Theosophischen Gesellschaft<br />

Adyar“, die 1875 von Helena Petrovna Blavatsky und Henry<br />

Steel Olcott gegründet worden war. Zwei Jahre später wurde er zum<br />

Leiter der deutschen Sektion gewählt und verfasste in dieser Funktion<br />

bis zum Ersten Weltkrieg seine weltanschaulichen Grundlagenwerke:<br />

Unter anderem entstanden eine Anthropologie („Theosophie“<br />

1904), ein „Schulungsweg“ („Wie erlangt man Erkenntnisse<br />

der höheren Welten?“ 1904/05 und eine Kosmologie („Die Geheimwissenschaft<br />

im Umriß“, 1904/09). Im Dezember 1912 trennte er sich<br />

durch die Gründung der „Anthroposophischen Gesellschaft“ von der<br />

theosophischen Mutterorganisation. Die entscheidenden weltanschaulichen<br />

Positionsbestimmungen – ein antimaterialistischer Spiritualismus<br />

des „Übersinnlichen“, eine Naturphilosophie im goetheschen<br />

Geist, eine von Ernst Haeckel geprägte Evolutionstheorie, eine<br />

kosmische Christologie – blieben aber über diesen Bruch hinaus<br />

Konstanten seines Denkens. Steiner gehört damit in den Kontext der<br />

religiösen („geistigen“) Lebensreform, deren Vertreter auf vermeintliche<br />

oder reale Krisen der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts<br />

mit spirituellen Reformprojekten reagierten.<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg startete Rudolf Steiner Versuche, nicht<br />

nur das individuelle Bewusstsein, sondern auch die gesellschaftliche<br />

Praxis zu verändern. Zwischen 1919 und 1924 entstanden diejenigen<br />

Segmente der Anthroposophie, die heute ihr Bild bestimmen und die<br />

im Zentrum des Forschungsprojekts stehen:<br />

– die „Dreigliederung“ als Gesellschaftstheorie (1919)<br />

– „Waldorf“pädagogik (ebenfalls 1919)<br />

– Medizin und Heilpädagogik (seit 1920)<br />

– Landwirtschaft (1924).<br />

Seit den siebziger Jahren ist die Anthroposophie aus ihrer Nischenexistenz<br />

herausgetreten und zu einer gesellschaftlich und politisch<br />

relevanten Größe geworden. So sind z. B. die Waldorfschulen in<br />

Deutschland zum zweitgrößten privaten Schulverband hinter den<br />

kirchlichen Schulen herangewachsen. Im medizinischen Bereich haben<br />

sich anthroposophische Arzneimittel etabliert; und auch Steiners<br />

gesellschaftliche Konzeption hat sich nachhaltig z. B. auf die Bewegungen<br />

für direkte Demokratie ausgewirkt. Aus einer esoterischen,<br />

sich selbst als „Geheimwissenschaft“ definierenden Gruppe ist somit<br />

in den letzten Jahrzehnten ein gesellschaftlich wirksames Netzwerk<br />

von beträchtlicher Relevanz entstanden.<br />

Das Forschungsvorhaben hat zum Ziel, die bisher von der deutschen<br />

Forschung weitgehend vernachlässigten Praxisfelder der Anthroposophie<br />

hinsichtlich der historischen Grundlagen, der Logik der Weltanschauungskonstruktion,<br />

aber auch im Blick auf die gesellschaftlichen<br />

Folgewirkungen zu analysieren. Auf dieser Basis soll ein Beitrag<br />

zur Erforschung der religiös fundierten Alternativbewegung in


37<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Deutschland geleistet werden. Dadurch ist zugleich angestrebt, die<br />

religiös-kulturelle Pluralisierung, die sich in den letzten Jahrzehnten<br />

in Deutschland entwickelt hat, hinsichtlich eines wichtigen Faktors<br />

besser zu verstehen. In dieser Perspektive soll auch die These überprüft<br />

werden, dass komplexe, spezifisch anthroposophische Organisationsstrukturen<br />

die Kontinuität der anthroposophischen Praxisarbeit<br />

in den mehrfachen Brüchen der deutschen Geschichte während<br />

des 20. Jahrhunderts erleichtert oder gar ermöglicht haben.<br />

Geschichtswissenschaften<br />

Die Geschichtswissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten national<br />

wie international eine außerordentliche Ausweitung erfahren,<br />

sachlich wie methodisch. An die Seite der politischen Geschichte,<br />

der Geistesgeschichte, der Wirtschafts- und Sozialgeschichte ist die<br />

Geschichte der materiellen Kultur des Alltags, der Mentalitäten und<br />

Medien getreten, an die Seite der Geschichte der Nationen, der<br />

Epochen, übergreifender Strukturen die der Regionen, der Städte,<br />

einzelner sozialer Gruppen, an die der Makro- die sogenannte<br />

Mikrogeschichte. Und dieser Ausweitungs- und Differenzierungsprozess<br />

bis hin zur disziplinären Verselbständigung – daher setzt<br />

man die Fachbezeichnung auch zunehmend in die Mehrzahl –<br />

wurde begleitet von einer Fülle methodischer Neuansätze und Perspektivenwechsel,<br />

die ihren ursprünglichen Gegenstand nicht selten<br />

überschritten, weiterreichende Geltungsansprüche erhoben.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> steht Förderungsanträgen aus allen Bereichen<br />

der Geschichtswissenschaften offen. Sie hat dabei in der Vergangenheit<br />

der Geschichte Mittel- und Osteuropas sowie der Wirtschafts-<br />

und Sozialgeschichte eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet<br />

und möchte dies auch weiterhin tun. Gleichzeitig ist die <strong>Stiftung</strong><br />

an einer neuen Schwerpunktbildung interessiert: Sie lädt zu<br />

Förderungsanträgen ein, deren Projekte sich mit dem Wandel der<br />

Lebensbedingungen im Übergang von der traditionalen zur modernen<br />

Gesellschaft, also vom 18. zum 20. Jahrhundert befassen und deren<br />

Auswirkungen auf unterschiedliche Lebensbereiche untersuchen,<br />

die von der Alltagswelt über die Gesellschaft und Politik bis<br />

hin zur Veränderung der Mentalitäten und der Weltbilder reichen.<br />

Dem Brandenburgischen Klosterbuch widmet sich ein von der <strong>Stiftung</strong><br />

gefördertes Projekt des Historischen Instituts, Universität Potsdam<br />

(Prof. H.-D. Heimann).<br />

Mit dem „Brandenburgischen Klosterbuch“ soll erstmalig ein auf<br />

wissenschaftlicher Grundlage stehendes Handbuch aller im historisch-geographischen<br />

Bereich der Mark Brandenburg seit dem Mittelalter<br />

bestehenden geistlichen Institutionen, Klöster, Dom- und<br />

Stiftskapitel sowie der religiösen Gemeinschaften erarbeitet werden.<br />

Dazu ist es notwendig, die vielförmigen Grundlagen und Ausprä-<br />

Brandenburgisches<br />

Klosterbuch


Fürstliche Höfe<br />

Spätmittelalter<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 38<br />

gungen der Klöster und ähnlicher monastischer Institute seit dem hohen<br />

und späten Mittelalter sowie deren Transformation in der Reformation<br />

zu erfassen und nach einer einheitlichen Systematik zu beschreiben.<br />

Das Handbuch soll also Sachauskünfte bereitstellen, die<br />

die interessierten Benutzer dazu befähigen, Klöster und verwandte<br />

Orte als landeskulturelle „Erinnerungsorte“ zu verstehen.<br />

Handbuchtypologisch gehört das Projekt in die Reihe bewährter regionaler<br />

Nachschlagewerke wie den „Historischen Stätten“ oder<br />

„Städtebüchern“, die hauptsächlich ein universitäres Publikum ansprechen<br />

sollen. Denn es korrespondiert mit sachlich-inhaltlich vergleichbaren<br />

Projekten zur statistisch-topographischen Darstellung<br />

kirchlich geprägter Landschaften, wie etwa dem „Westfälischen Klosterbuch“<br />

oder dem „Thüringischen Klosterbuch“ oder dem in Vorbereitung<br />

befindlichen Projekt „Stiftskirchen“. Das Handbuch ist so<br />

konzipiert, dass neben Sachtexten in angemessener Weise auch Baugrundrisse,<br />

Lagepläne, historische und topographische Karten, historische<br />

Abbildungen von Gebäuden, Personenlisten oder materielle<br />

Zeugnisse der Klosterkultur aufgenommen werden.<br />

Das Projekt versteht sich auch als wissenschaftliche Initiative, die<br />

Kultur der Klöster und verwandter Institutionen in die universitäre<br />

Forschung und Lehre am Wissenschaftsstandort Potsdam zu integrieren<br />

und langfristig als eine regional verankerte, über die Region Berlin-Brandenburg<br />

hinausweisende Komponente der europäischen<br />

Geistes-, Religions- und Kulturgeschichte zu etablieren.<br />

„Fürstliche Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein<br />

dynastisch-topographisches Handbuch“ ist Thema eines durch die<br />

<strong>Stiftung</strong> unterstützten Projekts von Prof. W. Paravicini, Deutsches Historisches<br />

Institut, Paris, und Prof. G. Fouquet, Lehrstuhl für Sozialund<br />

Wirtschaftsgeschichte, Universität Kiel.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mit Hilfe eines dynastisch-topographischen<br />

Handbuchs das Phänomen des fürstlichen Hofes im<br />

spätmittelalterlichen Deutschen Reich in seiner Funktion als Herrschaftsmittelpunkt<br />

und Herrschaftsmittel sowie die Darstellung von<br />

Macht in Architektur und städtebaulicher Gestaltung der fürstlichen<br />

Residenzen zu dokumentieren.<br />

Das geplante zweibändige Handbuch umfasst 39 Artikel zur Gruppe<br />

„Dynastie“, 136 Artikel zur Gruppe „Könige/Reichsfürstentümer“<br />

(Band I) und ca. 321 „Residenzartikel“ (Band II), die von 179 verschiedenen<br />

Autoren erstellt werden. Es wird durch ein Literaturverzeichnis<br />

sowie durch mehrere Register abgeschlossen. Darüber hinaus<br />

sind eine Datenbank mit Informationen und Literatur zu den<br />

Reichsfürsten, Dynastien und Residenzen sowie eine Karte der fürstlichen<br />

Residenzen und zentralen Orte im Reich um 1500 derzeit schon<br />

im Internet zugänglich (http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de). Die<br />

Karte soll zudem bei der Veröffentlichung des gedruckten Handbuchs<br />

auf den Innendeckeln des Einbandes eine bessere geographische<br />

Einordnung der dort behandelten Residenzorte ermöglichen.


39<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Die vorgesehenen Residenzartikel zeigen an, welcher Herrscher wie<br />

oft auf welchen Verwaltungsmittelpunkten residierte und welchen<br />

Einfluss er auf die jeweilige Residenz genommen hat. In den Artikeln<br />

zu den Reichsfürstentümern werden die Höfe der weltlichen und<br />

geistlichen Fürsten zusammenfassend beschrieben und im Hinblick<br />

auf die unterschiedliche Organisation des Hof- und Verwaltungsapparates<br />

verglichen. Die Artikel zu den verschiedenen Herrscherdynastien<br />

schließlich verdeutlichen die innere Verflechtung von Herrschaft<br />

und Geschlecht. Das Handbuch orientiert sich an der verfassungsgeschichtlichen<br />

Realität des Heiligen römischen Reiches deutscher<br />

Nation um 1500. Es beschreibt geographisch das Gebiet des<br />

spätmittelalterlichen Reiches (u. a. mit Trient, Brixen und Aquileja,<br />

Savoien und Genf, Lothringen, den Bistümern Metz, Toul und Verdun,<br />

den alten Niederlanden, den bömischen Ländern, Schlesien,<br />

dem Ordensstaat). Der Bearbeitungszeitraum reicht von der Mitte<br />

des 13. Jahrhunderts bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges.<br />

<strong>2002</strong> wurden von der <strong>Stiftung</strong> zusätzliche Mittel für eine Bilddokumentation<br />

der landesherrlichen Residenzen bewilligt. Der geplante<br />

Bildband soll die Architektur und Organisationen von Hof und Residenz<br />

zum ersten Mal nach funktionalen Gesichtspunkten gegliedert<br />

systematisch erfassen und darstellen. Es ist dabei sowohl an eine Illustration<br />

der im bereits erarbeiteten dynastisch-topographischen<br />

Handbuch erfassten fürstlichen Residenzen und Höfe als auch an<br />

eine nach chronologischen und funktionalen Gesichtspunkten gegliederte<br />

Darstellung von fürstlichem Herrschen und Wohnen im<br />

späten Mittelalter gedacht.<br />

Bislang noch nicht genannte Publikationen:<br />

Wettlaufer, Jörg; Jan Hirschbiegel: Fürstliche Höfe und Residenzen<br />

im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches<br />

Handbuch. – In: Mitteilungen der Residenzen-Kommission.<br />

11,2. 2000. S. 9–14.<br />

Hirschbiegel, Jan: Fürstliche Höfe im spätmittelalterlichen Reich<br />

– ein Projekt der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften<br />

in Göttingen. – In: Burgenbau im 13. Jahrhundert.<br />

Hrsg. von der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen<br />

und Schlössern in Verbindung mit dem Germanischen Nationalmuseum.<br />

Red.: G.U. Grossmann. München u. a. <strong>2002</strong>. S. 73–82.<br />

Aristokratische Polygynie im Hochmittelalter im europäischen Vergleich<br />

ist Thema eines Forschungsprojektes am Institut für Vergleichende<br />

Geschichte Europas im Mittelalter, Humboldt-Universität zu<br />

Berlin (Prof. M. Borgolte).<br />

Polygynie (Beziehungen eines Mannes zu mehreren Frauen, im Gegensatz<br />

zu Polygamie, der Vielehe) war für die Aristokraten des<br />

hochmittelalterlichen Europas ein aktuelles Thema – zumal, da gerade<br />

zwischen 1050 und 1250 das kirchliche Ehemodell, die prinzipiell<br />

alternativlose, definitive Bindung eines Mannes und einer Frau,<br />

Polygynie


G. Kölderer<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 40<br />

in Konkurrenz trat zu den vielfältigen Beziehungsformen, die die<br />

weltlichen Großen des Kontinents zu praktizieren gewohnt waren.<br />

Der dauerhafte Erfolg des kirchlichen Ehemodells, das im Hochmittelalter<br />

erstmals massiv propagiert und durchgesetzt wurde und das<br />

bis in unsere Tage der soziale (und moralische) Standard geblieben<br />

ist, lässt leicht übersehen, dass die diversen mittelalterlichen Alternativen,<br />

in der Begrifflichkeit der römischen Kirche unter dem Wort<br />

„Konkubinat“ subsumiert und diskreditiert, für die Mächtigen jener<br />

Zeit eine Vielzahl sozialer, politischer, strategischer Funktionen erfüllte.<br />

Diese Bedeutungsvielfalt wird im europäischen Vergleich untersucht:<br />

für Skandinavien, für die Länder französischer Kultur um<br />

den Ärmelkanal und für den nordwestlichen Mittelmeerraum. Mit<br />

der Untersuchung der aristokratischen Polygynie als eines europaweit<br />

verbreiteten sozialen Phänomens soll so eine Geschichte kontinentaler<br />

Vielfalt und Gemeinsamkeit in einer Zeit entstehen, da die<br />

„Komposition Europas“ in eine entscheidende Phase trat.<br />

Seit Beginn der Förderung wurde der räumlich erste, der nordeuropäische<br />

Teil erarbeitet. Deutlich ist dabei geworden, dass die sozialen<br />

Verwendungsmöglichkeiten von polygynen Verhältnissen im Norden<br />

erheblich breiter gefächert sind, als gemeinhin angenommen wird.<br />

Herausragend ist dabei, dass in den nordischen Königreichen bis ins<br />

13. Jahrhundert hinein die königliche Vaterschaft Grundbedingung<br />

für die Anwartschaft auf das Königtum war, was bedeutet, das jedes<br />

Verhältnis eines Königs zu einer Frau – gleich ob im weltlichen oder<br />

kirchlichen Sinne „ehelich“ oder nicht – große politische Konsequenzen<br />

haben konnte. Daneben hat sich gezeigt, dass der „Zeichencharakter“<br />

solcher Beziehungen (d. h. die sozialsemantischen Aussagemöglichkeiten,<br />

die in der Aufnahme oder Beendigung einer Beziehung<br />

lagen) auf mehreren Ebenen liegt. Die Bedeutung der Polygynie<br />

für die ausgeprägt agonale (d. h. auf Wettstreit beruhende) politische<br />

Kultur Skandinaviens, die in diesem Projekt als solche theoretisiert<br />

wird, ist als ein erstes Forschungsergebnis zu werten; als zweites ist<br />

festzuhalten, dass der „Symbolcharakter“ (im anthropologischen<br />

Sinne) solcher Beziehungen ein neues Licht auf die religiösen Vorstellungen<br />

in Nordeuropa einige Generationen nach der Christianisierung<br />

wirft.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. W. E. J. Weber (Institut für Europäische<br />

Kultur, Universität Augsburg) bei der Edition der Chronik des Georg<br />

Kölderer (Augsburg um 1600).<br />

Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die historisch-kritische<br />

Ausgabe der Chronik des Augsburger Handelsangestellten Georg<br />

Kölderer (1550?–1607).<br />

Zu den wichtigsten Arbeitsgebieten der frühneuzeitlichen europäischen<br />

Kulturgeschichte zählt die Erforschung der Voraussetzungen,<br />

Entstehung, Erscheinungsformen und Wirkungen kollektiver historischer<br />

Erinnerungen. Eine wesentliche Quellensorte dabei ist die vor<br />

allem städtische Chronistik.


41<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Die 2.400 Seiten umfassende Chronik des Augsburgers Georg Kölderer<br />

entstand an einer Nahtstelle europäischer, insbesondere südund<br />

mitteleuropäischer Kommunikation. Sie zeichnet sich durch eine<br />

überdurchschnittliche Breite der Wahrnehmung und Erfassung vielfältiger<br />

Themen aus. Ihr Autor arbeitete als Handelsdiener bzw.<br />

–schreiber bei einem großen Augsburger Handelshaus. Hier erfuhr<br />

er im Rahmen der Korrespondenz zahlreiche Neuigkeiten aus dem<br />

In- und Ausland. Er hatte Zugang zu den Fugger-Zeitungen, außerdem<br />

standen ihm Flugschriften, Flugblätter und Bücher zur Verfügung.<br />

Über zahlreiche, häufig nur unzulänglich identifizierbare Bekannte<br />

erhielt er mündliche Informationen zu vielen Entwicklungen<br />

im politischen wie kirchlichen Bereich seiner Heimatstadt.<br />

Darüber hinaus spiegeln sich in seiner Chronik die Vorgänge im Reich<br />

im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges wider (z. B. politische Veränderungen,<br />

dynastische Querelen, bewaffnete Auseinandersetzungen,<br />

Konfessionsstreitigkeiten). Ebenso kommt die europäische Staatenwelt<br />

in den Blick. Päpste und türkische Sultane, italienische Fürsten und<br />

spanische Könige finden genauso Eingang in Kölderers Chronik wie<br />

Thronstreitigkeiten in Polen und die Auseinandersetzung Maria Stuarts<br />

und Elisabeths I. Diese Notizen werden breit ergänzt durch kulturhistorisch<br />

äußerst interessante Kommentare zu Körper-, Krankheits- und Todeserfahrungen,<br />

dem Hexenglauben und der Wunderwahrnehmung.<br />

Kölderers Schrift ist aber nicht nur eine additive Aufstellung erfahrener<br />

oder erlebter Vergangenheiten, sondern eine durchdachte<br />

Quelle. Der Chronist versteht es, die ihm übermittelten Nachrichten<br />

jeweils zu kontextualisieren, zu analysieren und zu werten. Dadurch<br />

entsteht ein Gesamtwerk, das die greifbaren Zeitläufe zu ordnen und<br />

ein kohärentes Weltbild zu konstruieren versucht, um die Welt im<br />

wahrsten Sinne des Wortes „lesbar“ zu machen.<br />

Die beschriebenen Charakteristika der Chronik Kölderers begründen<br />

einen hohen interdisziplinären Quellenwert, so dass neben der<br />

Geschichtswissenschaft und der allgemeinen Kulturforschung auch<br />

die Kommunikationswissenschaft, die Volkskunde, die Kunstgeschichte,<br />

Rechtsgeschichte, Kirchengeschichte und die Philosophie<br />

von ihrer Edition profitieren.<br />

Prof. A. Schindling (Historisches Seminar, Universität Tübingen) betreut<br />

das von der <strong>Stiftung</strong> geförderte Projekt „Geschwinde Welt“.<br />

Krieg und öffentliche Kommunikation – zur Erfahrung beschleunigten<br />

historischen Wandels im Heiligen Römischen Reich deutscher<br />

Nation in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts (1542–1554).<br />

Das Interesse des Forschungsvorhabens richtet sich auf die Phase der<br />

Reformation in Deutschland (1542–1554), die von einem Kontinuum<br />

militärisch ausgetragener Interessengegensätze bestimmt war.<br />

Am Anfang der Entwicklung stand die große militärische Aufrüstung<br />

der schmalkaldischen Bündner im Kontext der Frankfurter Religionsvergleichsgespräche<br />

im Frühjahr 1539, der sog. „Rumor“. Das stei-<br />

Krieg und<br />

Kommunikation<br />

16. Jh.


GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 42<br />

gende Militärpotential des Schmalkaldischen Bundes führte von<br />

1542 bis 1545 zu mehreren Kriegen im niedersächsischen Raum um<br />

das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel. Den Auseinandersetzungen<br />

folgte 1546/47 der sog. Schmalkaldische Krieg, der als Achtexekutionskrieg<br />

Kaiser Karls V. gegen die Häupter des Schmalkaldischen<br />

Bundes – zuerst in Süddeutschland, dann in Sachsen – geführt<br />

wurde. Schließlich kam es zwischen 1550 und 1552 zu einem Kampf<br />

um die Ergebnisse des Schmalkaldischen Krieges, wie sie insbesondere<br />

im „Geharnischten Reichstag“ durch den Kaiser festgeschrieben<br />

worden sind. Die katholischen und protestantischen Fürsten opponierten<br />

gemeinsam und im Bündnis mit Heinrich II. von Frankreich<br />

gegen die Ausweitung der kaiserlichen Herrschaft und zwangen<br />

Karl V. letztendlich zu einer „freiwilligen“ Abdankung. Wiewohl<br />

auch die kriegerischen Auseinandersetzungen im sog. Markgrafenkrieg<br />

von 1553/54 in engem Zusammenhang mit den militärischen<br />

Konflikten der Vorjahre standen, bedeutete dieser gewaltsam ausgetragene<br />

Interessengegensatz im Reich einen bedeutsamen Einschnitt,<br />

da die Motive dieser Auseinandersetzung in der Publizistik<br />

als jenseits des durch den Glaubenszwiespalt aufgeworfenen Reichsfriedensproblems<br />

liegend vorgestellt wurden. Die Entwicklungen<br />

zwischen 1542 und 1554 zeigen, dass für den Gang der Reformationsgeschichte<br />

im Reich eine Konstellation gegeben war, die dann in der<br />

zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts in Westeuropa dazu<br />

führte, dass „Reformation, Revolt and Civil War“ einen unauflöslich<br />

verwobenen Geschehenszusammenhang darstellten.<br />

Die Zeitgenossen haben diese Jahre als eine Zeit der Friedlosigkeit<br />

wahrgenommen, wie deren Rede von den „unruhigen und geschwinden<br />

Läuften“ indiziert. Das gerade durch die Unruhe ihrer<br />

Zeit evozierte Krisenbewusstsein ließ die Nachfrage der damals lebenden<br />

Menschen nach Sinn- und Deutungsangeboten, die zwischen<br />

religiös-konfessioneller und säkular-politischer Weltdeutung<br />

oszillieren, wachsen. Ihren Niederschlag fanden diese Gedanken in<br />

vielfältigen Formen einer auf Öffentlichkeit zielenden Kommunikation<br />

über Krieg und Frieden.<br />

Anknüpfend an die von der Reformationsgeschichtsschreibung herausgearbeitete<br />

Vielschichtigkeit öffentlichen Kommunizierens wird<br />

das Arbeitsvorhaben den Fragen nach den Formen der öffentlichen<br />

Verarbeitung und Auseinandersetzung mit den kriegerischen Ereignissen<br />

in dieser Zeit dramatischer religiöser, gesellschaftlicher und<br />

politischer Umbrüche nachgehen. Dem Projekt liegt dabei ein Kommunikationsbegriff<br />

zugrunde, der Kommunikation als einen vielschichtigen<br />

Verständigungsprozess über Wirklichkeit versteht. Öffentliche<br />

Kommunikation meint dabei in Anlehnung an den zeitgenössischen<br />

Wortgebrauch den Teil kommunikativen Handelns,<br />

der darauf zielt, Informationen über die kriegerischen Auseinandersetzungen<br />

dieser Jahre „allgemein“ zugänglich zu machen und als<br />

erinnerte Kriegserfahrung präsent zu halten. Auf diese Weise soll<br />

nicht nur ein präziseres Bild von den Wissens- und Erfahrungshori-


43<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

zonten der Zeitgenossen entworfen, sondern auch ein Einblick in<br />

Strukturen und Funktionsweise einer Medienlandschaft gewonnen<br />

werden, deren Erscheinungsbild sich seit der Erfindung des Buchdrucks<br />

fundamental verändert hatte.<br />

„Das nasridische Granada als Teil des frühneuzeitlichen Europa. Untersuchungen<br />

zur Soziologie des islamischen Wissens“ ist Gegenstand<br />

eines Forschungsprojekts von Prof. T. Nagel (Seminar für Arabistik,<br />

Universität Göttingen).<br />

Ziel des Vorhabens ist es, die Bedeutung des nasridischen Granada<br />

im Spannungsfeld der christlich-spanischen und der arabisch-islamischen<br />

Kultur zu erhellen sowie die Wandlungen des Selbstverständnisses<br />

des nasridischen Staates aufzuweisen.<br />

In Afrika gab es seit der Eroberung durch die Araber und seit der Islamisierung<br />

drei politische Schwerpunkte: Marokko im Westen,<br />

Ägypten im Osten und Äthiopien im Süden. Südspanien und Nordafrika<br />

unterstanden seit dem Ende des 11. Jahrhunderts der Herrschaft<br />

der Berber, verschiedene Dynastien folgten einander: erst die<br />

Almoraviden, dann die Almohaden und nach 1250 die Mariniden. Im<br />

Zuge der Reconquista gelang es den Armeen der christlichen Königreiche<br />

in Spanien, in den Süden vorzustoßen; und Mitte des 13. Jahrhunderts<br />

hatten sie die Iberische Halbinsel nahezu zurückerobert<br />

und die Mauren nach Afrika zurückgedrängt. Nur die Nasriden-Dynastie<br />

in Granada hielt dem Ansturm der Christen noch bis 1492<br />

stand.<br />

Das nasridische Granada war seit dem 13. Jahrhundert in vielfältiger<br />

Hinsicht in den ökonomischen, politischen und militärischen Raum<br />

der iberischen Halbinsel und in das weitere Europa der frühen Neuzeit<br />

eingebunden. Mit der Etablierung des Almoravidenreiches –<br />

vom Senegal bis zum Ebro – wurden die Primärproduzenten des Goldes<br />

in Westafrika mit der sich verstärkenden Edelmetallnachfrage in<br />

Europa in Verbindung gebracht. Dieser Handel intensivierte sich, als<br />

im Zuge der Reconquista im 13. Jahrhundert christlich europäische<br />

Kaufleute an die Stelle der muslimischen und jüdischen Händlerschicht<br />

traten und die Exporte aus Südspanien auf ihre traditionellen<br />

europäischen Märkte reorientierten. Auch in kultureller Hinsicht gab<br />

es über die iberische Halbinsel einen regen geistigen Austausch mit<br />

dem frühneuzeitlichen Europa. Die Erkenntnisse, die die Araber auf<br />

den Gebieten der Philosophie, Mathematik, Astronomie, Medizin,<br />

Geographie und Alchimie gewonnen hatten, drangen über die<br />

Grenzgebiete in Spanien oder Sizilien immer mehr nach Westeuropa<br />

vor und beeinflussten das Denken an den dortigen Universitäten.<br />

Durch den erzwungenen Rückzug vom europäischen Festland kam<br />

es jedoch im geistigen Leben des nasridischen Kleinstaates zu Neuentwicklungen<br />

bzw. Umorientierungen, die bisher in der Forschung<br />

als Erscheinungen der „Dekadenz“ der Reste des islamischen Spaniens<br />

begriffen worden sind. Das Forschungsprojekt geht jedoch davon<br />

aus, dass das nasridische Granada als integraler, aktiver Be-<br />

Granada<br />

islamisches<br />

Wissen


Judenbücher<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 44<br />

standteil des frühneuzeitlichen Europas zu betrachten ist. Ihm liegt<br />

die Forschungshypothese zugrunde, dass die Entwicklungen im Bereich<br />

der Wissensproduktion nicht als Degenerationsphänomen zu<br />

interpretieren sind, sondern dass durch derartige Wandlungen eine<br />

geistige Neubegründung der Rolle des nasridischen Granada aus<br />

dem arabisch-islamischen Erbe erfolgte.<br />

Das Projekt konzentriert sich insbesondere auf zwei Bereiche des<br />

Geisteslebens in der Nasridenzeit:<br />

– auf die Wandlungen und Entwicklungen des islamischen Rechts<br />

– auf die Neuorientierung der Historiographie.<br />

Grundlegend für die Rekonstruktion der intellektuellen Produktion<br />

dabei ist die Analyse der personellen Beziehungen der an dieser Wissensproduktion<br />

beteiligten Gelehrten. Die in diesem Netzwerk in einem<br />

dynamischen Diskussionsprozess entwickelten intellektuellen<br />

Positionen sollen verortet werden und sich damit den Bedingungen<br />

der Produktion von Wissen in der Nasridenzeit annähern. Es gilt also,<br />

verschiedene Diskurse zu untersuchen und damit die Wissens-,<br />

Wirklichkeits- und Rationalitätsstrukturen der Nasridenzeit aufzudecken.<br />

Prof. A. Haverkamp, Arye-Maimon-Institut für Geschichte der Juden<br />

(Universität Trier), untersucht mit Unterstützung der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> die „,Judenbücher‘ als Quellen zur Sozialgeschichte des<br />

Spätmittelalters im europäischen Kontext“.<br />

Als „iuden puech“ bzw. „liber iudeorum“ werden im Spätmittelalter<br />

unterschiedliche Formen des Gebrauchsschriftguts bezeichnet. Darunter<br />

fallen hebräische Bücher (wie z. B. die Thora oder Geschäftsschriftgut<br />

jüdischer Bankiers), die im Rahmen des Projekts nicht<br />

berücksichtigt werden können, und herrschaftliche Verzeichnisse<br />

von „Judenbetreffen“ (u. a. Besitz-, Steuer- und Geleitregister sowie<br />

besonders die Aufzeichnung der von jüdischen Geldleihern abgeschlossenen<br />

Geschäfte). Diese Verzeichnisse stellen eine ergiebige<br />

und bisher weithin ungenutzte Basis nicht nur für eine wirtschaftshistorische<br />

Auswertung, sondern auch für die Personen- und Sozialgeschichte<br />

des Spätmittelalters dar. Sie erlauben allgemeine<br />

Schlüsse zur Wirtschafts- und Geldgeschichte und gewähren Einblicke<br />

in das jüdische Gemeindeleben und in die Beziehungen zwischen<br />

Juden und Christen am Ausgang des Mittelalters. Ferner dokumentieren<br />

sie die Geschichte der Beziehungen zwischen Stadt<br />

und Umland und die Personen- und Institutionengeschichte der spätmittelalterlichen<br />

Stadt.<br />

Das Forschungsprojekt nimmt eine umfassende Dokumentation von<br />

Judenbüchern vor, soweit sie in der Überlieferung fassbar werden.<br />

Sie werden in einer kleinen Anzahl aufeinander abgestimmter Fallstudien<br />

analysiert, die sich auf lokale bzw. regionale Kontexte beziehen<br />

(Bamberg, Erfurt, Rothenburg o. T., Znaim). Das Projekt konzentriert<br />

sich auf den süddeutschen Raum zwischen dem Rhein im Wes-


45<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

ten bis hin zu den Ländern der Böhmischen Krone. Dadurch wird ein<br />

Blick auf die Übergänge und Migrationsvorgänge von Juden vom<br />

Kerngebiet der „Germania“ in die Länder Ostmitteleuropas im Spätmittelalter<br />

eröffnet.<br />

Prof. M. Matheus (Historisches Seminar III, Universität Mainz) erhält<br />

von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für das Projekt „Juden in Kurmainz –<br />

Frühe Neuzeit: 1484–1673“. Bearbeiter ist Dr. W. Marzi.<br />

Das Forschungsvorhaben hat zum Ziel, die Geschichte der Juden im<br />

größten geistlichen Territorium des Reiches für die frühe Neuzeit zu<br />

untersuchen. Die Untersuchung beginnt mit dem Mainzer Kurfürsten<br />

Berthold von Henneberg (1484–1504) und endet mit der Regierungszeit<br />

Philipps von Schönborn (1647–1673). Arbeitsschwerpunkte bilden<br />

das Unterstift unter Einschluss von Oberlahnstein und die zum<br />

Domkapitel gehörenden Orte, das Oberstift und die hessischen Exklaven.<br />

Das Kurfürstentum Mainz stellte sich zu Beginn der Neuzeit als ein<br />

vielgestaltiges Gebilde weit voneinander entfernt liegender Landesteile<br />

mit unterschiedlichen rechtlichen, administrativen, sozialen,<br />

wirtschaftlichen und kulturellen Voraussetzungen dar. Es bestand<br />

aus dem Unterstift um Mainz und Bingen, dem Oberstift am unteren<br />

Main um Aschaffenburg und Tauberbischofsheim, an der Bergstraße<br />

und im Odenwald. Dazu kamen Besitzungen in Thüringen (Erfurt),<br />

im Eichsfeld und Streubesitz in Hessen. Die Mainzer Landesherren<br />

gehörten als Erzbischöfe und Reichserzkanzler zu den einflussreichsten<br />

Persönlichkeiten im Reich und in der Kirche, hatten jedoch im<br />

Inneren stets auch die konkurrierenden Herrschaftsansprüche (z. B.<br />

des regionalen Adels und des Mainzer Domkapitels) und die sich aus<br />

der geographischen Lage ergebenden interterritorialen Interdependenzen<br />

zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die protestantischen<br />

Nachbarn. Zu diesen gehörten u. a. die lutherische Landgrafschaft<br />

Hessen-Darmstadt, die lutherischen Reichsstädte Worms und<br />

Frankfurt und die calvinistische Kurpfalz.<br />

Im Mittelalter war das kurmainzische Territorium eine bevorzugte<br />

Siedlungslandschaft der Juden. In Kurmainz lebten im Spätmittelalter<br />

und zu Beginn der Neuzeit in 66 Orten einzelne Judenfamilien<br />

oder es bestanden jüdische Gemeinden. Ihre Geschichte war wie die<br />

Geschichte ihrer christlichen Umwelt geprägt von den zahlreichen<br />

kriegerischen Ereignissen zwischen Bauernkrieg und westfälischen<br />

Frieden, wechselnden Katastrophen (Hungerjahre, Seuchen, Hexenprozesse)<br />

und wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und religiösen<br />

Umbrüchen. Als Angehörige einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft<br />

hatten die Juden jedoch innerhalb der Gesellschaft einen<br />

besonderen Status. Die kaiserliche Oberherrschaft über die Juden<br />

verlagerte sich in der frühen Neuzeit auf die Schutzherrschaft der<br />

Territorialherren, die über ihre Aufnahme, ihren Aufenthalt und<br />

ihren Schutz zu bestimmen hatten. Der Judenschutz war an bestimmte<br />

Abgaben gebunden, vor allem an das Schutzgeld. Die Ju-<br />

Kurmainz<br />

Juden


Jüdische<br />

Oberschicht<br />

18. Jh.<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 46<br />

dentoleranz wurde durch das Judenrecht geregelt, dass sich vor allem<br />

in den Judenordnungen ausdrückte.<br />

Die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe ist am Ausgang des Mittelalters<br />

und zu Beginn der Frühen Neuzeit durch einen Wechsel von<br />

Vertreibung und Wiederaufnahme gekennzeichnet. Besonders widersprüchlich<br />

war die Judenpolitik des Kardinals Albrecht von Brandenburg<br />

(1514–1545). In seinem Namen wurde in den Jahren 1515<br />

und 1516 ein Projekt zur Vertreibung aus den vorderen Reichskreisen<br />

initiiert; fast zeitgleich mit seinen Vertreibungsplänen führte<br />

Kurfürst Albrecht Judenrezeptionen durch und stellte Schutzbriefe<br />

aus. Erste zusammenhängende Judenordnungen erließ Johann Philipp<br />

von Schönborn. Zu überprüfen ist, ob dem als „Deutscher Salomon“<br />

in die Annalen eingegangenen Kurfürsten auch hinsichtlich<br />

seiner Judentoleranz dieser Ehrentitel zukommt.<br />

Das Interesse konzentriert sich auf die Veränderungen der frühneuzeitlichen<br />

Siedlungsformen und ihre Auswirkungen auf das Leben<br />

der jüdischen Bevölkerung und die Formierung der Judenschaft.<br />

Gleichzeitig ist zu fragen, ob und wieweit sich Rechtsstellung und<br />

Rechtssicherheit der Juden gegenüber dem Mittelalter veränderten<br />

und ob sich die Juden als Rechtsbürger von ihren christlichen Nachbarn<br />

unterschieden. Neben normativen Sollbestimmungen und dem<br />

Diskurs der Juristen und Theologen ist vorrangig die Rechtswirklichkeit<br />

zu untersuchen und zu fragen: Wie wurden Juden im Rechtsalltag<br />

behandelt und wie sah der in den Schutzverträgen (kollektiven<br />

und individuellen Schutzbriefen) zugesagte Schutz in der Rechtswirklichkeit<br />

tatsächlich aus.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe<br />

und Kurfürsten. Zu fragen ist, ob sich deren exponierte Stellung<br />

im Reich auf ihre Politik hinsichtlich der Juden auswirkte und<br />

inwiefern diese von den konkurrierenden Herrschaftsansprüchen innerhalb<br />

und außerhalb des Erzstiftes mitbestimmt wurde. Im Hinblick<br />

auf die meist protestantischen Nachbarn von Kurmainz ist zu<br />

klären, ob Judenpolitik, Judentoleranz und Judendiskurs konfessionell<br />

bedingte Unterschiede aufwiesen. Schließlich ist auch die innere<br />

Geschichte der lokalen Judenschaften und ihre Stellung innerhalb<br />

des Kurterritoriums und der jüdischen „Landschaften“ sowie die alltäglichen<br />

Beziehungen zwischen den Juden und der christlichen<br />

Umwelt im Spannungsfeld von „Nachbarschaft und Konkurrenz“<br />

aufzuarbeiten.<br />

Prof. S. Rohrbacher (Fakultät 2 – Jüdische Studien, Universität Duisburg)<br />

erhält von der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsprojekt „Pragmatik<br />

oder Programm? Akkulturationsprozesse in der jüdischen Oberschicht<br />

im 18. Jahrhundert“ Fördermittel.<br />

In diesem Projekt soll der kulturelle Wandel innerhalb der jüdischen<br />

Oberschicht im Übergang von der traditionellen zur modernen Bürgergesellschaft<br />

unter Rekurs auf den Kulturbegriff von Gadi Algazi<br />

als Akkulturationsprozess untersucht werden.


47<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Emanzipation, Akkulturation bzw. Assimilation und Integration der<br />

Juden zählen zu den wichtigen Wandlungsprozessen in der Entstehungsphase<br />

der modernen Gesellschaft. Der Beginn dieses Wandels<br />

wird in der Regel auf die Zeit um 1780 datiert. Als Ausgangspunkte<br />

gelten das Erscheinen der Emanzipationsschrift Wilhelm von Dohms<br />

und die nahezu gleichzeitigen Josephinischen Toleranzedikte. Politik-<br />

und sozialgeschichtlich fassbare Veränderungen werden dann<br />

seit der napoleonischen oder der preußischen Emanzipationspolitik<br />

(1808/12) konstatiert. Die wichtige und in ihrer Qualität umstrittene<br />

„Inkubationsphase“ des Transformationsprozesses der jüdischen<br />

Gesellschaft reicht jedoch in die Frühe Neuzeit zurück. Sie fand in<br />

ihrer sozial- und kulturgeschichtlichen Ausprägung überwiegend in<br />

der jüdischen Oberschicht statt. Diese stand als gebildete ökonomische<br />

Elite an der Spitze einer auf Wohlstand und Ansehen gegründeten<br />

Hierarchie innerhalb der jüdischen Gesellschaft.<br />

Eine besondere Stellung innerhalb dieser Schicht nahm die Gruppe<br />

der „Hofjuden“ ein. „Hofjuden waren jüdische Kaufleute, deren Geschick,<br />

Durchsetzungsvermögen, Diensteifer und Risikobereitschaft,<br />

Herkunft und Beziehungen es ihnen ermöglichte, in ein auf Kontinuität<br />

angelegtes Dienstleistungsverhältnis zu einem höfisch strukturierten<br />

Herrschaftszentrum zu treten“ (Ries, Hofjuden als Vorreiter<br />

auf dem Weg in die Moderne?, <strong>2001</strong>). Ihr Wirken konzentrierte sich<br />

auf den mitteleuropäischen Raum zwischen etwa 1650 und 1820. Ihr<br />

Tätigkeitsspektrum reichte von einfachen Hoflieferungen und<br />

Dienstleistungen bis hin zur Finanzorganisation des absolutistischen<br />

Staates. Es eröffnete ihnen bedeutende Verdienstmöglichkeiten, politischen<br />

Handlungsspielraum und neue Kommunikationsformen. Einen<br />

Wandel der jüdischen Kultur bedeutete dies jedoch zunächst<br />

nicht. Erst in einer zweiten Phase zwischen 1730 und 1770 lockerten<br />

sich zeitweise die Bindungen der Hofjuden an die jüdische Tradition.<br />

Angesichts einer nicht mehr ausschließlichen jüdischen Sozialisation<br />

und durch eine Fülle ihnen zur Verfügung stehender Repertoires<br />

verunsichert, ließ sich die Generation der in dieser Zeit geborenen<br />

Nachkommen besonders bei ökonomischem Misserfolg häufig taufen.<br />

Die spät aufsteigenden Hofjuden seit 1770 dagegen fanden ein<br />

von der europäischen Aufklärung geprägtes Umfeld vor, in dem gehobener<br />

Lebensstil und erweiterte Kommunikationsmöglichkeiten<br />

neuen Handlungsspielraum für eine jüdische Politik eröffnete, die<br />

auch auf Emanzipation und Reform zielen konnte und dabei das traditionelle<br />

kulturelle Selbstverständnis sowie die gesammelten politischen<br />

Erfahrungen integrierte.<br />

Ziel der Untersuchung ist es, die Akkulturation der jüdischen Oberschicht<br />

und darin besonders der Hofjuden zu analysieren. Darüber<br />

hinaus soll mit der Frage nach dem Handlungsspektrum zwischen<br />

Tradition und kulturellem Wandel sowie mit der Frage nach dem Beginn<br />

der jüdischen Moderne ein Beitrag zu einer differenzierteren<br />

Sicht des Transformationsprozesses, seiner Akteure und seiner alltäglichen<br />

kulturellen Relevanz geleistet werden. Durch eine proso-


Ostpreußen<br />

Juden<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 48<br />

pographische, individual- und familienbiographische Herangehensweise<br />

sollen die sozialen und kulturellen Kontexte, Handlungen, Bedeutungen<br />

und Identitäten, die Auswirkungen der Stellung von Hofjuden<br />

auf Person, Familie und gesellschaftliches Umfeld exemplarisch<br />

beleuchtet werden. Lebensstil, Lebensführung, Erziehung der<br />

Kinder, verwandtschaftliche Vernetzung, Engagement für die jüdische<br />

Gemeinde etc. sind die relevanten Themen, die vor dem Hintergrund<br />

des Diskurses über gesellschaftliche Eliten behandelt werden<br />

sollen. Schließlich wird auch der vielfach als selbstverständlich vorausgesetzte<br />

Konnex zwischen Akkulturation und Modernisierung/<br />

Fortschritt/Gewinn und zwischen Akkulturation und Säkularisierung<br />

zu hinterfragen sein.<br />

Mit den „Erfahrungen von Grenze und Ausgrenzung. Juden in Ostpreußen“<br />

beschäftigt sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt,<br />

dem sich Prof. H. A. Winkler (Institut für Geschichtswissenschaften,<br />

Humboldt-Universität zu Berlin) widmet.<br />

Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht die Geschichte der jüdischen<br />

Landbevölkerung im ostpreußisch-litauischen Grenzgebiet<br />

zwischen 1812 und 1942.<br />

Die Geschichte des deutschen Judentums im 19. Jahrhundert ist vorwiegend<br />

durch Migrationsprozesse gekennzeichnet. Am Anfang<br />

stand häufig der Übertritt von einer Kultur in eine andere, dann folgen<br />

Wanderungen vom Dorf in die Stadt, vom Osten in den Westen.Dies<br />

gilt auch für das Grenzgebiet zwischen Ostpreußen und Litauen.<br />

Juden lebten in diesem Landstrich, der den Kreis Memel des<br />

Regierungsbezirkes Königsberg und die Kreise Heydekrug, Tilsit,<br />

Ragnit und Pilkallen des Regierungsbezirkes Gumbinnen umfasste,<br />

seit dem 16. Jahrhundert, aber nur in geringer Zahl, vor allem an<br />

wichtigen Handelsorten, wie Ruß an der Memelmündung, einem<br />

zentralen Ort für den Holzhandel. Im Gegensatz zu den litauischen<br />

Gebieten hinter der Grenze, in denen die Juden sich meistens in kleinen<br />

Städten konzentrierten, siedelten sie sich in Ostpreußen verstreut<br />

an, auch auf Dörfern, Einzelgehöften und Abbauten. Mit dem<br />

Grad ihres wirtschaftlichen Erfolges wanderten sie weiter in größere<br />

Ortschaften und Städte.<br />

Eine große Anzahl von Juden, die im 19. Jahrhundert naturalisiert<br />

wurden, stammte aus der direkten Grenzregion und verband mit<br />

dem Wechsel nach Preußen bzw. ins Deutsche Reich häufig die Hoffnung<br />

auf eine bessere wirtschaftliche Zukunft. Dafür waren die Zuwanderer<br />

bereit, komplexe und komplizierte Anpassungsleistungen<br />

zu erbringen, um die Bedingungen einer zweiten Sozialisation zu erfüllen.<br />

Dazu gehörten beispielsweise die Akzeptanz anderer Autoritätsprinzipien<br />

oder Instanzen sozialer Kontrolle.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, anhand der Geschichte verschiedener<br />

Einwandererfamilien die Dimensionen der jüdischen<br />

Emigration nach Ostpreußen darzustellen sowie jüdisches Leben im<br />

ländlichen Ostpreußen zu rekonstruieren. Im Rahmen der sozialge-


49<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

schichtlich orientierten Untersuchung sollen dabei zunächst ausgewählte<br />

Orte auf beiden Seiten der Grenze in ihren politischen, soziologischen<br />

und demographischen Komponenten für den gesamten<br />

Zeitraum beschrieben werden. Ferner ist vorgesehen, das Phänomen<br />

„Juden auf dem Lande“ auszuwerten, indem man die Kommunikationsstrukturen<br />

unter den Zuwanderern analysiert, die Lebenslaufperspektiven<br />

für die jüdische Landbevölkerung nachzeichnet und den<br />

Beitrag der Landjuden für den Ausbau der Infrastruktur dieser Region<br />

beurteilt. Das Interesse richtet sich darüber hinaus auf die verschiedenen<br />

Ausgrenzungsprozesse und deren Ausweitung in der nationalsozialistischen<br />

Zeit. Schließlich soll auch eruiert werden, wie<br />

jüdische Familien heute – sowohl aus der Erlebnisgeneration wie<br />

auch Nachkommen – die Migrationsentscheidungen ihrer Vorfahren<br />

tradieren und resümieren.<br />

Im Berichtszeitraum wurde die „Simon-Dubnow-Vorlesung in Kooperation<br />

mit der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>, 2000 bis 2004 an der Universität<br />

Leipzig“ eingerichtet. Verantwortlich für die Durchführung der Vorlesungsreihe<br />

ist Prof. D. Diner (Simon-Dubnow-Institut, Universität<br />

Leipzig). Die Vorträge finden einmal pro Jahr statt.<br />

In der Nachfolge der abgeschlossenen <strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen in Jerusalem<br />

(s. <strong>Jahresbericht</strong> 1997/98, S. 154 f.) widmet sich diese, gemeinsam<br />

mit dem Historischen Seminar der Universität Leipzig veranstaltete<br />

Vorlesungsreihe nicht ausschließlich dem Thema der deutschjüdischen<br />

Geschichte allein, sondern darüber hinaus auch der Erforschung<br />

der jüdischen Lebenswelten in Mittel- und Osteuropa. Das<br />

Interesse richtet sich dabei nicht nur auf die Bereiche jüdischer Geschichte<br />

und Kultur, sondern auch auf die der Migrations-, Wissenschafts-,<br />

Politik- und Geistesgeschichte. Die Vorlesungen sollen sowohl<br />

die akademische als auch die interessierte außerakademische<br />

Öffentlichkeit Leipzigs ansprechen und damit zur Entwicklung der<br />

intellektuellen Kultur der Stadt beitragen.<br />

Folgende Vorlesungen fanden bisher statt:<br />

– Prof. P. Pulzer (All Souls College, Oxford) zum Thema „Einheit<br />

und Differenz – Zum Verhältnis von jüdischer und deutscher<br />

Geschichte“<br />

– Prof. S. N. Eisenstadt (Hebräische Universität, Jerusalem) zum<br />

Thema „Jewish History in Universal-Comparative Perspective“.<br />

Prof. U. Pfister (Historisches Seminar, Universität Münster) erhält<br />

Fördermittel für das Forschungsvorhaben „Konfessionalisierung in<br />

Territorien mit schwacher Staatsentwicklung, 16./17. Jahrhundert“.<br />

Der Konfessionalisierungsbegriff bezieht sich auf mehrere eng miteinander<br />

verbundene kulturelle, gesellschaftliche und politische<br />

Entwicklungen im frühneuzeitlichen Europa. Konfessionalisierung<br />

bezeichnet dabei hauptsächlich zwei Vorgänge, die in den verschiedenen<br />

Konfessionen weitgehend parallel abliefen:<br />

Simon-Dubnow-<br />

Vorlesung<br />

Konfessionalisierung


GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 50<br />

Erstens erfolgte durch den Konfessionalisierungsprozess die Verlagerung<br />

des Glaubenswissen von einer magischen zu einer religiösen<br />

Struktur. Magisches Glaubenswissen hat eine handlungsorientierte<br />

Struktur. Es bezog sich auf die lokale Lebens- und Alltagswelt<br />

(Primärgruppe) und war eine Strategie zur Bewältigung ihrer Krisen<br />

und gleichzeitig eine Form von Sinnstiftung. Religiöses Glaubenswissen<br />

dagegen ist in erster Linie verbal ausgerichtet (Predigt, Katechese).<br />

Es bezog sich teils auf kosmische Zusammenhänge (Heilsgeschichte),<br />

teils auf ethisch begründete Handlungsansprüche (10 Gebote)<br />

und war ein anderes Sinnangebot. Deshalb veränderte das<br />

(neue) religiöse Glaubenswissen das gesellschaftliche Zusammenleben.<br />

Da Konfessionalisierung eine Menschen wie Gesellschaften<br />

strukturell prägende Entwicklung war, waren ihre Folgen ebenso bedeutend<br />

wie die Entwicklung des Territorialstaates und der Marktgesellschaft.<br />

Zweitens waren diese weitreichenden Folgen von Konfessionalisierung<br />

vom Aufbau einer flächendeckenden Kirchenorganisation abhängig.<br />

Zu dieser gehörten ausgebildete Rollenträger (studierte<br />

Geistliche), Einheitlichkeit in der Lehre und standardisierte Verfahren.<br />

Letztere dienten vor allem der vertikalen Kommunikation zwischen<br />

kirchlichen Oberbehörden und Kirchenvolk (z. B. Visitationen,<br />

Ehegerichte, Ritualpraxis). Dieses kommunikative Verhältnis unterstützte<br />

und kanalisierte die Vermittlung von religiösem Glaubenswissen.<br />

Klassische Formulierungen des Konfessionalisierungskonzeptes<br />

argumentierten, dass die institutionelle Entwicklung der Konfessionskirchen<br />

in enger Verbindung mit der Entwicklung frühneuzeitlicher<br />

Staatlichkeit stand. Territorialstaat und Konfessionskirchen<br />

hätten dadurch voneinander profitiert. Gleichzeitig seien damit erstens<br />

populäre Glaubenspraktiken verdrängt worden (z. B. durch die<br />

Stigmatisierung von magischen Glaubenswissen als ,Aberglauben‘).<br />

Zweitens wären die neuen Organe der Kirchenzucht ein Instrument<br />

der Sozialdisziplinierung gewesen, womit eine homogene (und dadurch<br />

kontrollierbare) Untertanengesellschaft entstanden wäre.<br />

Neuere Forschungen allerdings stellen den Bezug von Konfessionalisierung,<br />

Staat und Sozialdisziplinierung in Frage. Stattdessen betonen<br />

sie, dass die Dynamik des Konfessionalisierungsvorgangs vielmehr<br />

durch die Nachfrage der (ländlichen) Gesellschaft nach Verfahren<br />

der Sozialregulierung und Konfliktentschärfung zu erklären<br />

sei. Sie stützten dieses Argument damit, dass die Instrumente des<br />

frühmodernen Staates zur Durchsetzung von Herrschaft noch nicht<br />

entwickelt genug gewesen sei, um die lokale Ebene zu erreichen.<br />

Stattdessen hätten die Gemeinden ihr sittliches und religiöses Zusammenleben<br />

autonom geregelt.<br />

Vor dem Hintergrund dieser Forschungsfrage um staatlich oder kommunal<br />

getragene Konfessionalisierung untersucht dieses Projekt,<br />

welche Faktoren den Vorgang steuern. Zu fragen ist insbesondere,<br />

wie Wissensbestände, Werte und Formen ritueller Praxis verschiedener<br />

Gruppen (Kirchenvolk, Klerus, lokale wie territoriale Kirchen-


51<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

behörden) in Verfahren Eingang fanden und jene miteinander in Beziehung<br />

setzten. Geklärt werden soll auch, inwiefern es sich bei herrschaftlicher<br />

Praxis um eine für den Konfessionalisierungsprozess entscheidende<br />

Größe oder nur um einen als ideal formulierten Anspruch<br />

der Territorialfürsten handelte, der vielmehr von den lokalen Gesellschaften<br />

inspiriert und verwirklicht wurde.<br />

Prof. G. Wartenberg (Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde<br />

e.V., Dresden) erforscht mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> die<br />

„Eliten-Bildung in Sachsen. Die Ausbildungsstrategien an den sächsischen<br />

Fürstenschulen im Kaiserreich und der Weimarer Republik“.<br />

Im Zentrum des Forschungsvorhabens stehen die sächsischen Fürstenschulen,<br />

die für die Entwicklung des höheren Schulwesens in<br />

den deutschen Staaten prägend waren und eine große Zahl von Persönlichkeiten<br />

ausgebildet und erzogen haben, die später in die wissenschaftliche,<br />

politische und gesellschaftliche Elite aufstiegen – u. a.<br />

der sächsische Finanzminister Werner von Watzdorf, der Staatssekretär<br />

im Auswärtigen Amt Alfred von Kiderlen-Wächter, der Volkskundler<br />

Alexander Wilke, der Kunsthistoriker Paul Clemen sowie die<br />

Politiker Friedrich Naumann und Wilhelm Külz.<br />

Die Fürstenschulen gehörten zu den bedeutendsten evangelischen<br />

Bildungseinrichtungen, die im Verlauf der Reformation in den Klöstern<br />

St. Afra zu Meißen, St. Augustin zu Grimma und St. Maria zu<br />

Pforte eingerichtet wurden. Kurfürst Moritz von Sachsen griff damit<br />

die Idee auf, einen völlig neuen Schultyp zu gründen. Knaben ab<br />

dem elften Lebensjahr wurden dort erzogen und im Geiste der Wittenberger<br />

Theologie herangebildet. Das Ziel, die schulischen Bildungsfundamente<br />

für spätere Theologen, Verwaltungsbeamte und<br />

Lehrer zu legen, blieb bis ins 20. Jahrhundert bestehen. Von den 284<br />

Internatsplätzen konnten 13 Prozent durch adlige Familien, die<br />

Mehrzahl aber durch die Städte des Landes vergeben werden. Die<br />

Finanzierung der Internatsstellen, der sogenannten Freistellen, war<br />

durch das den Schulen übertragene Klostervermögen gesichert. Darüber<br />

hinaus gab es eine Reihe von sogenannten Koststellen, die<br />

gestaffelt nach den finanziellen Möglichkeiten der Eltern vergeben<br />

wurden. Mit diesem System wurde die Aufnahme und Ausbildung<br />

der Schüler von den finanziellen Verhältnissen der Eltern weitgehend<br />

unabhängig gemacht und damit die Idee der Auslese- und<br />

Leistungsschule etabliert.<br />

Der erste Teil der Forschungsarbeit bezieht sich auf die innere Entwicklung<br />

der Fürstenschulen. Hier werden die Methoden und Ziele<br />

der Ausbildung u. a. anhand von Lehrprogrammen, Stundenplänen<br />

und Unterrichtslektüren untersucht. Diese Normen sind mit den<br />

praktischen Ausbildungs- und Erziehungsergebnissen zu vergleichen,<br />

die u. a. aus Prüfungsarbeiten, Untersuchungsberichten über<br />

Schüler und Lehrer sowie Memoiren gewonnen werden. Hierbei<br />

wird auch die Auswahl der Fürstenschüler untersucht.<br />

Sachsen<br />

Elitenbildung


Sachsen<br />

Universitätsentwicklung<br />

18./19. Jh.<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 52<br />

Im zweiten Teil werden Karrieren der Absolventen der Fürstenschulen<br />

analysiert. Dazu kommt ein kombiniertes Verfahren aus historisch-statistischer<br />

Analyse und Prosopographie zur Anwendung. Die<br />

Materialgrundlage bilden die Würdigungsschriften für die verstorbenen<br />

Fürstenschüler – die sogenannten Ecce –, die der „Verein ehemaliger<br />

Fürstenschüler“ seit 1896 für die Fürstenschulen veröffentlicht.<br />

Mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> arbeiten Prof. U. von Hehl (Historisches<br />

Seminar, Universität Leipzig) und Prof. G. Wartenberg (Institut<br />

für Kirchengeschichte, Universität Leipzig) an dem Forschungsprojekt<br />

„Universitätsentwicklung in Sachsen im Spannungsfeld von einzelstaatlicher<br />

Wissenschaftspolitik und überregional-nationalen Leitbildern<br />

im 18. und 19. Jahrhundert“.<br />

Ziel des Projekts ist eine monographische Darstellung des Transformationsprozesses<br />

der sächsischen Universitäten Leipzig und Wittenberg<br />

im 18. und 19. Jahrhundert. Zeitlicher Ausgangspunkt soll die<br />

durch die brandenburg-preußische Universitätsgründung in Halle<br />

inaugurierte Wissenschaftsreform sein. Die Untersuchung endet im<br />

letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, als mit der 1898 erfolgten<br />

Einrichtung der Hochschulreferenten-Konferenzen der deutschen<br />

Einzelstaaten erstmals ein festes institutionalisiertes Instrument zur<br />

reichsweiten Koordinierung universitätspolitischer Maßnahmen im<br />

Sinne eines kooperativen Föderalismus geschaffen wurde.<br />

Wissenschaftsförderung und Hochschulpolitik gehören in Deutschland<br />

traditionell zu denjenigen Feldern politisch-gesellschaftlichen<br />

Handelns, die in besonders starkem Maße durch die föderative<br />

Struktur der Staatlichkeit geprägt waren und sind.<br />

Spätestens im Zuge der nach dem Ausgang des Dreißigjährigen Krieges<br />

forcierten Territorialisierung des Alten Reiches wurden die meisten<br />

Universitäten zu immanenten Bestandteilen der einzelnen Fürstentümer.<br />

Als Ausbildungsstätten der geistlichen und administrativen<br />

Funktionseliten fiel ihnen beim Ausbau und der Festigung der Landesherrschaft<br />

eine zentrale Aufgabe zu. Dieser enge Bezug der Institution<br />

Universität zu der auf territorial-regionaler Ebene ausgebildeten<br />

Staatlichkeit wurde noch dadurch verstärkt, dass manche Landesherren<br />

die Mobilität von Professoren und Studenten durch eine restriktive<br />

Gesetzgebung einschränkten, die ein Studium außerhalb der Landesgrenzen<br />

bzw. die Annahme eines „auswärtigen“ Rufes untersagte.<br />

Andererseits entstanden in der Aufklärungszeit sogenannte „Modelluniversitäten“,<br />

z. B. in Halle und Göttingen, die diesen Trend zur Territorialisierung<br />

zumindest partiell konterkarierten. Erfolgreich wie<br />

keine zweite deutsche Hochschule bemühte sich die kurhannoversche<br />

Universität um eine reichsweite und konfessionsübergreifende Anwerbung<br />

zahlungskräftiger Studierender. Diese Tendenz setzte sich<br />

im 19. Jahrhundert fort. Obwohl die Zuständigkeit für Hochschulen<br />

und Wissenschaftsförderung auch über alle politischen Systemumbrüche<br />

hinweg bei den Einzelstaaten des Deutschen Bundes bzw. ab


53<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Abb. 2: Projekt „Eliten-Bildung in Sachsen. Die Ausbildungsstrategien an den sächsischen<br />

Fürstenschulen im Kaiserreich und der Weimarer Republik“: Erinnerungskarte<br />

des Vereins ehemaliger Fürstenschüler (Kreismuseum Grimma).


Preußen<br />

Beamte und<br />

Kaufleute<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 54<br />

1871 des Deutsches Reiches blieb, hatten die Universitäten wie kaum<br />

eine andere Institution Anteil an der „Nationalisierung“ des politischen<br />

und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland. Daraus ergab<br />

sich insbesondere nach 1850 die paradoxe Situation, dass an den von<br />

den deutschen Staaten zum Zwecke der Förderung eines eigenen<br />

Staatsbewusstseins und der regional-partikularstaatlichen Identitätsfindung<br />

finanzierten Universitäten häufig ein gesamtnationales Bewusstsein<br />

dominierte. Auch um im inneruniversitären Wettbewerb<br />

konkurrenzfähig zu bleiben, mussten die einzelnen Hochschulen mit<br />

institutionellen und intellektuellen Innovationen umgehen, was wiederum<br />

zu einem gewissen Assimilationsdruck führte.<br />

In diesem Fragehorizont möchte das Projekt den Strukturwandel der<br />

sächsischen Hochschulen Leipzig und Wittenberg in der für die Entstehung<br />

und Etablierung eines modernen Bildungs- und Wissenschaftssystems<br />

entscheidenden Umbruchphase vom 18. zum 19.<br />

Jahrhundert beleuchten und die an diesem Modernisierungsprozess<br />

beteiligten Wirkkräfte dingfest machen, wobei das Hauptaugenmerk<br />

dem relativen Gewicht von regionenspezifischen Einflussgrößen und<br />

überregional wirksamen Faktoren gelten soll. Die Fragestellung soll<br />

nach mehreren Richtungen hin differenziert und präzisiert werden:<br />

Zunächst soll eine sozialgeschichtliche Komponente des universitätsgeschichtlichen<br />

Wandels in den Blick genommen werden: der durch<br />

veränderte Rekrutierungspraktiken für das Lehrpersonal bewirkte<br />

Wandel der Sozialgestalt der Universitäten, die sich im Laufe des 19.<br />

Jahrhunderts von vorwiegend regional geprägten Anstalten zu Einrichtungen<br />

entwickelten, die in einen den gesamten deutschen<br />

Sprachraum erfassenden Austausch von Professoren eingebunden<br />

waren. Die wichtigste Quelle hierfür sind zum einen die semesterweise<br />

veröffentlichten Vorlesungsverzeichnisse, zum anderen die<br />

staatlichen und universitären Akten zu Berufungsvorgängen.<br />

Auf einer zweiten Ebene soll dann die in das moderne System wissenschaftlicher<br />

Disziplinen mündende Ausdifferenzierung des akademischen<br />

Fächerkanons untersucht werden. Durch die Rekonstruktion<br />

des an den sächsischen Hochschulen vertretenen Fächerspektrums<br />

soll versucht werden, regionenspezifische Verlaufsmuster dieser Disziplinbildungsprozesse<br />

in ihrer Bedingtheit durch wissenschaftsimmanente<br />

Impulse und externe Faktoren wie etwa einzelstaatliche Wissenschaftspolitik<br />

zu ermitteln. Schließlich soll nach der Regionenspezifik<br />

universitärer Modernisierungsprozesse und den dahinter wirksamen<br />

Leitvorstellungen gefragt und die (initiierende oder eher reaktive)<br />

Rolle des Staates beim Umbau der Universitätsstrukturen untersucht<br />

werden. Quellen sind die publizierten Zeugnisse in Presse, Landtag<br />

und gebildeter Öffentlichkeit. Daneben werden auch die einschlägigen<br />

Aktenüberlieferungen, welche die universitären und staatlichen<br />

Reformmaßnahmen dokumentieren, auszuwerten sein.<br />

Dr. K. Neitmann (Leitender Archivdirektor Brandenburgisches Landeshauptarchiv,<br />

Potsdam) und Prof. W. Radtke (Institut für Geschichte<br />

und Kunstgeschichte, TU Berlin) widmen sich mit Förde-


55<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

rung durch die <strong>Stiftung</strong> dem Projekt „Zwischen monarchischer Autokratie<br />

und bürgerlichem Emanzipationsstreben. Beamte und Kaufleute<br />

als Träger handels- und gewerbepolitischer Veränderungen im<br />

friderizianischen Preußen (1740–1806)“.<br />

Das Forschungsvorhaben soll in einer Fallstudie zur Wirtschaftspolitik<br />

des preußischen Staates zwischen dem Regierungsantritt Friedrichs<br />

des Großen und der Niederlage bei Jena und Auerstedt einen<br />

Beitrag zur Genesis der modernen Wirtschaftsgesellschaft des 19./20.<br />

Jahrhunderts in Deutschland leisten. Es wird von der Einsicht ausgegangen,<br />

dass die Stein-Hardenbergschen Reformen zwar mit der<br />

Einführung der Gewerbefreiheit und anderen Maßnahmen eine<br />

Wirtschaftsverfassung mit weitreichenden gesellschaftlichen Folgen<br />

etablierten, aber auf einer vorausgegangenen ausgedehnten wirtschaftspolitischen<br />

Diskussion beruhten, die sich bis Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts zurückverfolgen lässt. In deren Mittelpunkt stand die<br />

Frage, wie die althergebrachte Wirtschaftsordnung umgestaltet werden<br />

muss, damit Preußen zu den wirtschaftlich führenden Staaten<br />

Europas aufschließen kann. Neuere Untersuchungsergebnisse haben<br />

berechtigte Zweifel an der Vorstellung geweckt, wonach der<br />

Transformationsprozess von Staat und Gesellschaft in Preußen allein<br />

vom aufgeklärten Beamtentum getragen worden ist. Vielmehr<br />

scheint es eine enge Kooperation von „Bildungs-“ und „Wirtschaftsbürgern“<br />

auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Modernisierung gegeben<br />

zu haben.<br />

Das Interesse richtet sich vor allem auf zwei Aspekte: Einerseits auf<br />

die wirtschafts- und steuerpolitischen Veränderungen (teilweise<br />

Aufhebung der Zunftverfassung, handelspolitische Erleichterungen,<br />

Modifikationen bei Akzise und Zöllen), welche den Boden für die Reformpolitik<br />

der Jahre nach 1806 bildeten; andererseits auf die von<br />

den Beamten und Wirtschaftsbürgern vorgelegten Veränderungskonzepte<br />

sowie die wechselseitige Beeinflussung und soziale Zusammensetzung<br />

beider Gruppen.<br />

Mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> arbeitet PD Dr. G. Kronenbitter (Lehrstuhl<br />

für Neuere und Neueste Geschichte, Universität Augsburg) an<br />

dem Projekt „Innovation und Beharren: Kriegsbild und Kriegsvorbereitung<br />

europäischer Heere 1850 bis 1890 im Vergleich“.<br />

Die Armeen der europäischen Kontinentalmächte Frankreich, Österreich<br />

und Preußen wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu direkten<br />

Konkurrenten und führten in wechselnder Konstellation 1859,<br />

1866 und 1870/71 Kriege gegeneinander. Die politischen Spannungen<br />

zwischen Deutschland und Frankreich sorgten in den Jahrzehnten<br />

nach 1871 dafür, dass die eigenen Kriegsvorbereitungen beider<br />

Armeen jeweils mit Blick auf den Rüstungsstand des Rivalen beurteilt<br />

wurden. Die Beobachtung potentieller Gegner oder Verbündeter<br />

war auch und gerade in Friedenszeiten ein unerlässlicher Maßstab<br />

der Kriegsvorbereitung. Sich vorzustellen, wie ein kommender<br />

Krieg geführt werden würde, gehörte zu den zentralen Aufgaben der<br />

Europäische<br />

Heere<br />

1850 – 1890


Parlamentarismus<br />

Deutschland<br />

Handbuch<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 56<br />

Militärelite, insbesondere in den Generalstäben. Aber auch die<br />

breite Öffentlichkeit beschäftigte sich mit solchen Szenarien.<br />

Das Projekt zielt weniger darauf ab, einzelne Neuerungen der Waffentechnik<br />

und Rüstungsproduktion oder Erfahrungen mit neuen Erscheinungsformen<br />

des Krieges darzustellen. Vielmehr sollen Aneignung<br />

und Verarbeitung der Informationen über neue Formen der<br />

Kriegsführung (Kampfverfahren, Gefechtsführung, Operationsleitung,<br />

Logistik und Strategie) innerhalb der Militärführungen Frankreichs,<br />

Österreichs und Preußens – am Rande auch Englands und<br />

Rußlands – zwischen 1850 und 1890 vergleichend untersucht werden.<br />

Angelpunkt der Analyse ist die Entwicklung des Kriegsbildes<br />

im Offizierkorps europäischer Landstreitkräfte im Hinblick auf waffentechnische,<br />

logistische und organisatorische Innovation und Folgen<br />

für die Kriegsplanung, den Übungsbetrieb und die Elitenrekrutierung.<br />

Besondere Berücksichtigung sollen dabei die Auswirkungen<br />

des Eisenbahntransports und der Telegraphie, der Infanteriebewaffnung<br />

und der Geschützausstattung auf die Kriegsführung finden.<br />

Mit dem Badischen Parlamentarismus 1819 bis 1870/71 (Teilband<br />

des Handbuchs der Geschichte des deutschen Parlamentarismus) ist<br />

ein Projekt befasst, für das Prof. W. Pyta (Historisches Institut, Universität<br />

Stuttgart) Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> erhält.<br />

Das Projekt zielt auf eine umfassende Gesamtdarstellung der Geschichte<br />

des Parlamentarismus im Großherzogtum Baden von den<br />

Anfängen im Jahre 1819 über die Zäsur von 1848/49 hinaus bis in die<br />

Reichsgründungszeit.<br />

Der badische Parlamentarismus zeichnete sich im 19. Jahrhundert<br />

durch eine beträchtliche Entwicklungsdynamik aus, zu der insbesondere<br />

die rasche Ausbildung von politischen Parteien und Fraktionen<br />

im engeren Sinne beitrug. Von Anfang an versuchte die Zweite Kammer<br />

des badischen Landesparlaments zielstrebig und vielfach auch<br />

mit Erfolg, die parlamentarischen Kompetenzen auf zentralen Gebieten<br />

zu erweitern. Richtungsweisende Reformerfolge, etwa die Einführung<br />

der Pressefreiheit (1832), die faktische Durchführung der<br />

budget-rechtlichen Ausgabenkontrolle (1843), die Aneignung des<br />

Initiativrechts und diverse strittige Errungenschaften wie die Ablösung<br />

der Feudallasten (1831 ff.) oder Justizreformen verliehen dem<br />

badischen Landesparlament damals schon einen besonderen Rang.<br />

Der badische Radikalismus der 1840er Jahre, die Revolutionsereignisse<br />

mit der kurzlebigen badischen Republik, die „Neue Ära“ der<br />

Jahre von 1859 bis 1866 mit dem badischen „Kulturkampf“ und dem<br />

in diesem Zusammenhang aufgebrachten Schlagwort vom badischen<br />

„liberalen Musterland“ markieren weitere Aspekte der Geschichte<br />

des badischen Parlamentarismus im 19. Jahrhundert.<br />

Gemäß der Gesamtkonzeption der Reihe „Handbuch des deutschen<br />

Parlamentarismus“ gliedert sich das Projekt in zwei Hauptteile, deren<br />

erster den Rahmenbedingungen der Parlamentstätigkeit gewidmet<br />

sein wird:


57<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

– Vorgeschichte und Entwicklung der Verfassungsordnung, verfassungsmäßiges<br />

und praktisches Verhältnis zwischen Erster und<br />

Zweiter Kammer, Wahlrecht und Wahlen, Sozialgeschichte des<br />

badischen Parlamentarismus, Entstehung und Entwicklung von<br />

Fraktionen und Parteien unter den spezifischen Bedingungen der<br />

konstitutionellen Monarchie.<br />

– Der zweite Teil wird chronologisch die Geschichte des badischen<br />

Parlamentarismus untersuchen. In sieben Hauptkapiteln, deren<br />

Abgrenzung sich aus den großen Zäsuren ergibt, wird es insbesondere<br />

um den Wandel im Verhältnis zwischen Parlament und<br />

Regierung, um die Veränderungen des Parlaments zwischen 1819<br />

und 1870 gehen. Damit wird eine auf die Institution „Ständeversammlung“<br />

zentrierte politische Geschichte Badens erstellt, die<br />

die wesentlichen sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen<br />

Aspekte einbezieht.<br />

Das von Prof. I. Nagelschmidt am Institut für Germanistik (Universität<br />

Leipzig) durchgeführte Projekt „Zwischen Revolution und Organisation.<br />

Louise Otto-Peters und die organisatorischen Anfänge der<br />

deutschen Frauenbewegung. Fallstudie und wissenschaftlich-kritische<br />

Edition ihrer Tagebücher und Briefe aus dieser Zeit“ wird von<br />

der <strong>Stiftung</strong> finanziell unterstützt.<br />

Das Projekt ist am Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung<br />

der Universität Leipzig angesiedelt. Es findet eine intensive Zusammenarbeit<br />

mit dem Louise-Otto-Peters-Archiv und der gleichnamigen<br />

Gesellschaft in Leipzig sowie anderen Zentren zur Frauenforschung<br />

in Berlin statt.<br />

Untersucht werden die organisatorischen Anfänge der deutschen<br />

Frauenbewegung in der Zeit zwischen der Revolution von 1848/49<br />

und der Gründung der ersten nationalen Frauenorganisation, des<br />

Allgemeinen deutschen Frauenvereins, im Jahre 1865 in Leipzig. Die<br />

Entwicklung der Frauenbewegung soll vor dem Hintergrund der politischen,<br />

wirtschaftlichen und sozialen Situation der 1850er und<br />

1860er Jahre analysiert und Parallelen sowie Unterschiede und Besonderheiten<br />

zum gleichzeitig verlaufenden Prozess der Organisierung<br />

der Bildungs- und Arbeiterbewegung aufgezeigt werden. Von<br />

besonderer Relevanz ist das Wirken jener Frauen, die bereits in den<br />

Jahren 1848–1850 aktiv tätig waren und sich nachweislich an der<br />

Gründung des Allgemeinen deutschen Frauenvereins beteiligten<br />

(u. a. Luise Büchner, Johanna Goldschmidt, Jenny Hirsch, Auguste<br />

Herz).<br />

Die Schlüsselfigur dieses Prozesses war Louise Otto-Peters<br />

(1819–1895). Als sozialkritische Dichterin, Schriftstellerin und Publizistin<br />

war sie seit Anfang der 1840er Jahre in der oppositionellen<br />

Vormärz-Szene verankert, gehörte zum Kreis der sächsischen Demokraten<br />

um Robert Blum. Als erste Frau formulierte sie 1843 öffentlich<br />

das Recht der Frauen auf aktive und gleichberechtigte Teilnahme am<br />

politischen Leben der Gesellschaft sowie auf Bildung und Erwerbs-<br />

Louise<br />

Otto-Peters


Bilãd<br />

al-Shãm<br />

arbeit. Während der 48er Revolution gründete sie die „Frauen-Zeitung“<br />

– bis 1853 Sprachrohr der Interessen der Frauen. 1865 gehörte<br />

Louise Otto-Peters zu den Initiatorinnen des Allgemeinen deutschen<br />

Frauenvereins, dem sie 30 Jahre lang, bis zu ihrem Tode, vorstand. In<br />

ihrem Nachlass, der im Archiv des Staatsbürgerinnen-Verbandes in<br />

Berlin aufbewahrt wird, befindet sich ein Teil ihres lebenslang geführten<br />

Tagebuches, der gerade die Jahre 1849 bis 1857 umfasst. Zusammen<br />

mit den im Nachlass und anderen Archiven überlieferten<br />

Briefen von und an Louise Otto-Peters aus dieser Zeit bilden sie einen<br />

Grundstein für die Untersuchung. Neben der Erstellung einer<br />

wissenschaftlich-kritischen und kommentierten Quellendokumentation<br />

des Tagebuchs und der Briefe ist auch die Erarbeitung einer<br />

Fallstudie zum Wirken Louise Otto-Peters für die gesamtnationale<br />

Organisation von Frauen vorgesehen. Die Veröffentlichung soll in<br />

Buchform (ca. 500 Seiten) und auf CD-ROM erfolgen. Bislang konnte<br />

die fast vollständige Entzifferung der Tagebücher von Louise Otto-<br />

Peters bewältigt werden. Für deren Kommentierung wurde ein geographisches<br />

sowie en Namensverzeichnis angelegt. Darüber hinaus<br />

erfolgte die systematische Auswertung der „Frauen-Zeitung“ im<br />

Zeitraum 1849–1852 sowie der „Neuen Bahnen“ 1866–1869 hinsichtlich<br />

der hier behandelten Themen und der an der Diskussion beteiligten<br />

Personen. Davon ausgehend wurde eine breite Recherche in<br />

Archiven und Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.<br />

Folgende Publikation sind bereits erschienen:<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 58<br />

Zwischen Tradition und Moderne. Frauenverbände in der<br />

geschichtlichen Kontinuität und im europäischen Diskurs heute.<br />

Hrsg. von Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />

– Berlin <strong>2002</strong>. 140 S.<br />

Hundt, Irina: Die Edition der Tagebücher von Louise Otto-Peters<br />

im Lichte der Publikationstraditonen des ADF/DStV. – In: Zwischen<br />

Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />

Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von<br />

Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />

Berlin <strong>2002</strong>. S. 85–93.<br />

Schötz, Susanne: Zur Entstehungsgeschichte des Allgemeinen<br />

deutschen Frauenvereins vor 135 Jahren in Leipzig. – In: Zwischen<br />

Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />

Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von<br />

Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />

Berlin <strong>2002</strong>. S. 11–33.<br />

Für die Studie von Prof. T. Philipp (Sektion Politik- und Zeitgeschichte<br />

des Nahen Ostens, Universität Erlangen) „Visionen einer<br />

neuen Gesellschaftsordnung in Bilãd al-Shãm“ stellte die <strong>Stiftung</strong><br />

Fördermittel zur Verfügung. Mitarbeiter ist Dr. J. Hanssen.


59<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens steht die arabische intellektuelle<br />

,Renaissance‘ des neunzehnten Jahrhunderts – al-nahda alarabiyya<br />

– wie sie sich unter den gesellschaftlichen, kulturellen und<br />

räumlichen Bedingungen in den syrischen Provinzen des osmanischen<br />

Reiches ausgebildet hat. Der Streifzug des Kolonialismus –<br />

zunächst auf den Schleichpfaden der jesuitischen und protestantischen<br />

Missionare, im späten neunzehnten Jahrhundert dann durch<br />

infrastrukturelle Großprojekte, hat die Intellektuellen in den syrischen<br />

Provinzen direkt zu Beginn ihrer gesellschaftlichen Ausbildung<br />

in einen Diskurs der kulturellen Selbstbehauptung gezwängt.<br />

Dabei bildeten sich früh unterschiedliche Trends, die heute noch<br />

grundlegend bestehen: Säkularismus, Konstitutionalismus, Gesellschaftsliberalismus,<br />

Nationalismus und Islamismus entwickelten sich<br />

auch im Kontext intensiver geistiger wie physischer Urbanisierung<br />

und Osmanisierung. Osmanischer Imperialismus und die zunehmende<br />

Verstädterung führten zunächst vor allem zu der Propagierung<br />

einer neuen öffentlichen Moral. Insbesondere nach den Unruhen<br />

in Aleppo und Nablus (1856) sowie den Bürgerkriegen in Damaskus<br />

und im Libanongebirge (1860) kristallisierten sich neue Identitäten<br />

und eine neue Individualität heraus, die intellektuelle Eliten<br />

wie Butrus al-Bustani versuchten, zu einem gesellschaftlichen<br />

Ganzen zu schmieden.<br />

Ein eng-gestricktes Netzwerk von Literaten, Journalisten und Erziehern<br />

zwischen Istanbul, Damaskus, Beirut und Kairo versuchte vor<br />

dem doppelten Hintergrund des europäisch-religiösen Missionarsund<br />

Wirtschaftskolonialismus und der eigenen „schmachvollen“ jüngeren<br />

Vergangenheit Entwürfe zu einer neuen, besseren Gesellschaftsordnung<br />

zu entwickeln. Dabei haben zunächst sowohl die<br />

muslimischen als auch die christlichen Intellektuellen dem osmanischen<br />

Staat das Vertrauen ausgesprochen, diese beiden Missstände<br />

zu überwinden.<br />

Erste Erkenntnisse dieses Forschungsprojekts haben gezeigt, dass<br />

ganz besondere Bedeutung in den Städten Bilad al-Shams der Jugenderziehung<br />

beigemessen wurde. So hat Butrus al-Bustani 1863 ein überkonfessionelles<br />

Kolleg gegründet, in dem im ersten Jahr gut 100<br />

Schülern aller noch drei Jahre zuvor verfeindeten Konfessionen religiöse<br />

Toleranz und arabisches Kulturgut unterrichtet wurde. Im Weiteren<br />

ist die Studie dabei, das intellektuelle und politische Schaffen<br />

der Lehrer und, in einer Reihe von Fällen, auch der Schüler zu untersuchen.<br />

Die Biographien dieser Menschen sollen in Beziehung zur allgemeinen<br />

arabischen Ideengeschichte gesetzt werden. Dies geschieht<br />

jedoch mit strengem Bezug auf die ursprünglich gestellten Fragen:<br />

– inwieweit der geistige Transformationsprozess während der<br />

Nahda als Reaktion auf die traumatischen Erlebnisse der Bürgerkriege<br />

zu beziehen ist,<br />

– in welchem Verhältnis die alternativen Visionen der Intellektuellen<br />

zu der osmanischen Gesellschafts- und Staatsordnung stehen,


Geschlecht<br />

und Macht<br />

Afrika<br />

– in welcher Weise die Stadtentwicklung in Bilad al-Sham von der<br />

Vorstellungskraft der kulturellen und literarischen Elite getragen<br />

wird,<br />

– in welchen Formen sich die Intellektuellen untereinander organisieren<br />

und inwieweit sie in ihre unmittelbare Umgebung integriert<br />

sind bzw. in der Lage sind, die nötige kritische Distanz zu<br />

erlangen.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 60<br />

Hanssen, Jens: „Public morality and marginality in fin de siècle<br />

Beirut“ in outside. – In: Shifting boundaries of marginality in the<br />

Muslim world. Ed. by E. Rogan. – London <strong>2002</strong>.<br />

Hanssen, Jens; Robert Blecher: Scatological dimensions of French<br />

imperialism in fin de siècle Beirut. – In: French Historical Studies.<br />

[Zur Veröff. eingereicht]<br />

Hanssen, Jens: From social status to intellectual activity. Some<br />

prosopographical observations on the Municipal Council in Beirut<br />

(1868–1908). – From the Syrian Land to the State of Syria. Hrsg.<br />

von Christoph Schumann und Thomas Philipp. [In Vorber.]<br />

Prof. A. Wirz, Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, Humboldt-Universität<br />

zu Berlin, wurden Fördermittel bewilligt für das<br />

Projekt „Das Alltägliche der Hohen Politik. Geschlecht und Macht im<br />

ländlichen Afrika im 19. und 20. Jahrhundert“.<br />

Ziel des Forschungsprojektes ist es, die politische Sphäre mit Hilfe eines<br />

geschlechtsspezifischen Ansatzes differenziert empirisch darzustellen<br />

sowie die theoretische Relevanz für die Machttheorie aufzuzeigen.<br />

Die Untersuchung konzentriert sich auf Tansania, ca.<br />

1850–1935.<br />

Das Projekt untersucht Geschlechterverhältnisse als Teil von Machtverhältnissen<br />

im ländlichen Afrika. Besonderes Augenmerk liegt auf<br />

dem prozessualen Charakter von Macht, so dass der Wandel in den<br />

sozialen Feldern Macht, Autorität und Identität im Vordergrund steht.<br />

Somit werden einige grundsätzliche Thesen der Historiographie Afrikas<br />

in Frage gestellt, insbesondere die Annahme, dass die öffentlich<br />

politische Sphäre in afrikanischen Gesellschaften männlich bestimmt<br />

ist, da Männer politische Rollen innehaben. Die Hauptfragen sind:<br />

Gibt es ein Geschlecht der Macht und wenn ja, wie hat es sich im Untersuchungszeitraum<br />

gewandelt? Wie kann die für Afrika immer noch<br />

angenommene Dichotomie zwischen der öffentlichen und privaten<br />

Sphäre aufgehoben werden? Diese Fragen werden an die späte vorkoloniale<br />

Zeit, die deutsche und die britische Kolonialzeit gestellt, um<br />

ein differenziertes Bild der Komplexität von Macht in geschlechtsspezifischer<br />

Perspektive aufzuzeigen. Es wird ein Beitrag zur Frauenund<br />

Geschlechtergeschichte, zur Geschichte von Macht und zur vergleichenden<br />

Kolonialismusforschung geleistet.


61<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Die großen historischen Brüche und komparativen Aspekte werden<br />

für ganz Tansania aufgezeigt. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem<br />

süd-westlichen Tansania und hier insbesondere auf den beiden vorkolonialen<br />

Ngoni Königreichen und ihren Nachfahren. Sowohl im<br />

kolonialen und im lokalen Wissen wurden und werden die Ngoni als<br />

eindeutiger Fall tribaler Identität, basierend auf Kriegertum und<br />

Maskulinität verstanden. Das Projekt zeigt wie dies Missverständnis<br />

entstand und welche Folgen es hatte.<br />

Während eines siebenmonatigen Forschungsaufenthaltes in Tansania<br />

in 2000–<strong>2001</strong> wurden nach einem Intensivkurs in Kiswahili drei<br />

Forschungslinien verfolgt. Im Songea Bezirk in Süd-West Tansania<br />

wurde das Archiv des Benediktiner Klosters Peramiho gründlich bearbeitet.<br />

Die Akten, die in Deutsch, Englisch, Französisch, Latein und<br />

Kiswahili verfasst sind, bieten einen detaillierten Einblick in lokale<br />

Verhältnisse von der Zeit der Gründung der Missionsstation 1898.<br />

Erste Interviews haben sich als wertvoll erwiesen, nicht nur als Ergänzung<br />

der schriftlichen Quellen, sondern insbesondere auch als<br />

Einblick, wie Kolonialismus und Sklavereiverhältnisse erinnert werden.<br />

Drittens wurde in Dar es Salaam im tansanischen Nationalarchiv<br />

der Aktenbestand zur deutschen Kolonialzeit aufgearbeitet,<br />

wobei für die britische Zeit noch Lücken bestehen. In der Afrikana<br />

Sammlung der Universitätsbibliothek Dar es Salaam wurden unveröffentlichte<br />

Dissertationen, Manuskripte sowie lokale Veröffentlichungen<br />

eingesehen.<br />

Prof. W. Schulze (Historische Kommission, Bayerische Akademie der<br />

Wissenschaften, München) und Prof. K. Hildebrand (Historisches Seminar,<br />

Universität Bonn) erhalten für die Gesamtausgabe des Briefwechsels<br />

von Leopold von Ranke Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Gegenstand des Vorhabens ist die kommentierte Edition des bisher<br />

vielerorts zerstreuten Briefwechsels des Historikers Leopold von<br />

Ranke (1795–1886).<br />

Leopold von Ranke, seit 1834 ordentlicher Professor der Geschichte in<br />

Berlin und seit 1859 Vorsitzender der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,<br />

wurde durch seine historisch-kritische Methode zum Begründer<br />

der objektiven Geschichtsschreibung, die, ohne zu richten,<br />

nur zeigen wollte, „wie es eigentlich gewesen ist“, und jede Epoche<br />

als „unmittelbar zu Gott“ verstand. Seine historischen Übungen bildeten<br />

den Ausgangspunkt der „Rankeschen Schule“, zu der sich eine<br />

Reihe der bedeutendsten Historiker des 19. Jahrhunderts bekannte.<br />

Werk und Nachlass des Nestors der deutschen Geschichtswissenschaft<br />

entbehren bisher weithin der historisch-kritischen Aufbereitung;<br />

selbst die wichtigsten historiographischen Darstellungen sind,<br />

von Ausnahmen abgesehen, weder im ganzen noch im einzelnen<br />

kommentiert und auch nur mit einer gewissen Systematik erfasst.<br />

Ranke war zwar kein geborener Briefschreiber; sein Bedürfnis, sich<br />

auf diese Weise mitzuteilen, hielt sich in Grenzen. Ein regelrechter<br />

Leopold<br />

von Ranke


Otto von<br />

Bismarck<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 62<br />

Briefwechsel über einen längeren Zeitraum hinweg kam kaum jemals<br />

zustande. Dennoch hat er viele private, dienstliche und geschäftliche<br />

Korrespondenzen geführt: mit Angehörigen, Kollegen,<br />

Verlegern, Ministern und Fürsten; über die verschiedensten Themen.<br />

Die Briefe sind, zusammen mit den an ihn gerichteten, reich an<br />

Informationen über seine Person, sein Werk, seine wissenschaftlichen<br />

und politischen Verbindungen. Ranke selbst hob jeden Zettel<br />

seiner Korrespondenz auf und plante eine posthume Veröffentlichung.<br />

Trotz vieler Teilpublikationen von Briefen Rankes (u. a.<br />

durch Herzfeld, Hoeft, Henz) herrscht bis heute ein Zustand der Zersplitterung.<br />

Die Ranke-Korrespondenz ist nur mühsam aus den vielen<br />

Einzelveröffentlichungen zu rekonstruieren.<br />

Die historisch-kritische Gesamtausgabe soll alle bisher gedruckten<br />

und bekannten Ranke-Briefe enthalten und ungekürzt sowie mit umfassendem<br />

Sachkommentar darbieten. Gegebenenfalls sollen spätere,<br />

durch die Neuausgabe vielleicht erst veranlasste, Neuentdeckungen<br />

in einen Nachtragsband aufgenommen werden. Für die<br />

Ausgabe werden (ohne Nachtragsband) zwei bis drei Bände veranschlagt.<br />

Für die Edition der Schriften des Reichskanzlers Otto von Bismarck<br />

1871–1890 bei der Otto-von-Bismarck-<strong>Stiftung</strong>, Friedrichsruh (Kuratoriumsvorsitzender:<br />

H. Matthöfer), wurden von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />

Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die Erstellung des Manuskripts<br />

des zweiten, die Zeit von 1874–1877 umfassenden Bandes der<br />

auf sechs Bände angelegten „Neuen Friedrichsruher Ausgabe“ der<br />

Schriften des Reichskanzlers Otto von Bismarck.<br />

Die bisher ausführlichste Ausgabe von Bismarcks Schriften, Reden<br />

und Gesprächen, die von namhaften Historikern in den Zwanziger<br />

und Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts als „Gesammelte<br />

Werke“ veröffentlicht wurde, ist nach dem heutigen Forschungsstand<br />

unvollständig. Der Schwerpunkt der Edition lag zudem auf<br />

dem Reichseinigungsprozess. Die Zeit nach 1871, d. h. jene Jahre, in<br />

denen Bismarck als Reichskanzler die Richtlinien der Außen-, Finanz-<br />

und Wirtschaftspolitik bestimmte, wurde dagegen nur vergleichsweise<br />

schmal dokumentiert. Auf die Dokumentation der<br />

Außenpolitik verzichtete man unter Hinweis auf die in den 1920er<br />

Jahren vom Außenministerium herausgegebene „Große Politik der<br />

Europäischen Kabinette 1871–1914“ völlig.<br />

Die geplante Neuedition der „Politischen Schriften Otto von Bismarcks,<br />

1871–1890“ soll dazu beitragen, dieses Defizit der bisherigen<br />

Bismarck-Forschung zu beheben. Es wird erwartet, dass durch<br />

die sich in den Archiven befindlichen Dokumente ein weit größeres<br />

Spektrum an innen- und außenpolitischen Themen abgedeckt und<br />

viele Aspekte der Politik Bismarcks nuancierter dargestellt werden<br />

können (z. B. die Wirtschafts- und Finanzpolitik, das Verhältnis zu<br />

den politischen Parteien).


63<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Grundlage des Editionsprojektes sind der private Bismarck-Nachlass<br />

– bestehend aus Briefen, Redeentwürfen und politischen Schriften -,<br />

Bismarcks amtliche Schriften, die in verschiedenen staatlichen Archiven<br />

der Bundesrepublik aufbewahrt werden, sowie die in Privatarchiven<br />

gelagerten Korrespondenzen.<br />

Der Briefwechsel zwischen Leo Frobenius und Wilhelm II ist Gegenstand<br />

einer Untersuchung, die mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> von<br />

Prof. M.-L. Recker (Historisches Seminar, Universität Frankfurt a.M.)<br />

durchgeführt wird.<br />

Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg und der damit verbundene<br />

Untergang des Kaiserreiches griffen auch das Selbstbild derjenigen<br />

an, die es gestützt und sich mit ihm identifiziert hatten. Erklärungen,<br />

die das deutsche „Schicksal“ in einen größeren Zusammenhang<br />

stellten und ihm einen Sinn zusprechen konnten, fanden<br />

enormen Zuspruch. Große Resonanz hatte daher auch die „Kulturmorphologie“<br />

des Ethnologen Leo Frobenius, die – in der Wissenschaftskrise<br />

der Jahrhundertwende aus der Ablehnung naturwissenschaftlich-positivistischer<br />

Ansätze in der Kulturwissenschaft entstanden<br />

– in ihrer Idealisierung des Primitiven und mit ihrer Dichotomie<br />

eines „äthiopischen“ (östlichen) und eines zwar grundsätzlich<br />

gleichberechtigten, aber doch deutlich geringer geschätzten „hamitischen“<br />

(westlichen) Kulturmodells, nicht nur zahlreiche Intellektuelle<br />

seiner Zeit begeisterte, sondern vor allem auch politischer Deutung<br />

zugänglich war.<br />

Dieser aktualisierende Bezug der Kulturmorphologie – deren gleichzeitig<br />

zukunftsweisende und rückwärtsgewandte Wissenschaftsauffassung<br />

selbst schon geistesgeschichtlich aufschlussreich ist –<br />

brachte ihren Schöpfer auch in eine enge Verbindung mit dem zentralen<br />

Repräsentanten des untergegangenen Systems, dem ehemaligen<br />

Kaiser. Ab 1923 besuchte ihn Frobenius regelmäßig in seinem<br />

Doorner Exil. Hieraus entwickelte sich die jährlich versammelte<br />

„Doorner Arbeits-Gemeinschaft“, ein Kreis deutscher und niederländischer<br />

Fachgelehrter aus Völkerkunde, Altphilologie, Vor- und<br />

Frühgeschichte, Religionswissenschaft und Theologie um Frobenius.<br />

Wilhelm dilettierte selbst und hielt bei diesen Tagungen Vorträge,<br />

für die ihm nicht selten der Frankfurter Forscher die Feder geführt<br />

hatte. Vor allem aber fand das enge Verhältnis zwischen Frobenius<br />

und seinem prominenten „Schüler“ Niederschlag in einem intensiven<br />

Briefwechsel, der ab dem Jahr 1924 überliefert ist und erst mit<br />

dem Tod des Ethnologen 1938 endet.<br />

Seinen Kern bilden 118 großenteils eigenhändige Schreiben Wilhelms,<br />

denen 89 Briefe Frobenius’ gegenüberstehen. In engem Zusammenhang<br />

mit ihnen stehen über 400 weitere Dokumente, deren<br />

Verfasser oder Adressaten ihre Ehefrauen bzw. Mitglieder des Exil-<br />

Hofstaats sind. Die Schriftstücke reichen von Telegrammen bis zu<br />

plastischen persönlichen Berichten, die Frobenius von seinen Expe-<br />

L. Frobenius<br />

und Wilhelm II


Gustav<br />

Stresemann<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 64<br />

ditionen sandte und die durch seine überschwengliche Entdeckerfreude<br />

auf einen Umfang von bis zu 70 Seiten anwachsen konnten.<br />

Die Briefe geben aufschlussreiche Einblicke in die Arbeitsweise des<br />

Forschungsreisenden und Kulturtheoretikers Frobenius, vor allem<br />

aber beleuchten sie die zwei Bereiche, die ihn mit Wilhelm am engsten<br />

verbanden: Zu einen erfreute sich der ehemalige Monarch seiner<br />

Wissenschaftspatronage und half Frobenius durch seine Verbindungen<br />

– nicht zuletzt in die preußische Kultusbürokratie. Die<br />

Grundlage dieser Unterstützung war aber ein für den sprunghaften<br />

Hohenzollern ungewöhnlich beständiges Interesse an den Forschungen<br />

des Frankfurter Gelehrten, eine zunehmende Faszination durch<br />

die kulturmorphologische Mythendeutung, besonders auch mit dem<br />

rituellen Königsmord, in der der gescheiterte Monarch Sinngebung<br />

für seinen eigenen Sturz fand. Durch den Briefwechsel ziehen sich<br />

daher Bezüge auf den Weltkrieg, die Revolution von 1818, die Republik<br />

und auch den Aufstieg der Nationalsozialisten.<br />

Eine Auswahl dieser Briefe soll daher mit einer kritischen Kommentierung<br />

und einer einführenden Darstellung zu den beiden Protagonisten<br />

sowie zu der „Doorner Arbeitsgemeinschaft“ publiziert werden.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> bewilligte Prof. K. H. Pohl (Historisches<br />

Seminar, Universität Kiel) für die Erstellung einer „Biographie Gustav<br />

Stresemanns (1878 bis 1929)“ Fördermittel.<br />

Das Leben keines Politikers in der Weimarer Republik ist bislang so<br />

intensiv und kontrovers erforscht worden, wie das von Gustav Stresemann.<br />

Unumstritten gilt er als der herausragende deutsche Politiker<br />

in der mittleren Phase der Weimarer Republik. Seine Außenpolitik<br />

wurde von den einen als europäische Friedenspolitik gelobt, von<br />

den anderen als verschleierte und aggressive nationale Machtpolitik<br />

verdammt. Seine Innen- und Sozialpolitik schien zwar im kaiserlichen<br />

Denken verhaftet zu sein, ging aber doch auch auf die Realitäten<br />

einer parlamentarischen und sozialen Demokratie ein. Nicht zuletzt<br />

hat die Entwicklung seiner Persönlichkeit vom alldeutschen Annexionisten<br />

zum „Vernunftrepublikaner“ und Friedensnobelpreisträger<br />

immer wieder die Fachwissenschaft fasziniert. Das schlug<br />

sich u. a. in mehr als zehn Biographien nach 1955 nieder. Stresemann<br />

scheint heute nicht nur bekannt, sondern auch unumstritten zu sein.<br />

Warum dann noch eine Biographie?<br />

Die neue Arbeit will zum einen die „Ungleichgewichtigkeit“ in der<br />

bisherigen Forschung überwinden. Bislang existierte Stresemann<br />

nämlich praktisch erst seit 1914. Die Zeit seines Wirkens in Sachsen<br />

diente fast allen Biographen nur als Vorbereitung für seine spätere<br />

Tätigkeit in der Weimarer Republik. Tatsächlich übte Stresemann jedoch<br />

schon in seiner „sächsischen Phase“ von 1902 bis 1914 (1918)<br />

einen erheblichen Einfluss auf die regionale sächsische, zugleich<br />

aber auch auf die deutsche Politik aus. Er führte in dieser Zeit die<br />

sächsischen Nationalliberalen in einer für den gesamten deutschen


65<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Liberalismus vorbildlichen Weise aus der Bedeutungslosigkeit ins<br />

Zentrum der politischen Macht. Als Syndikus des Verbandes Sächsischer<br />

Industrieller (VSI) machte er diesen fast im Alleingang zum bedeutendsten<br />

regionalen Wirtschaftsverband im Deutschen Reich und<br />

zum engsten Verbündeten der sächsischen Liberalen. Aus dieser Allianz<br />

entwickelte sich eine relativ „moderne“ Wirtschafts- und Sozialpolitik,<br />

die partiell bereits auf das gesamte Reich ausstrahlte. Eine<br />

neue Perspektive kann also die Chancen eines neuen, jungen Liberalismus<br />

im Kaiserreich verdeutlichen, kann die Innovationen von<br />

Wirtschafts- und Sozialpolitik und die bereits in der Vorkriegszeit intendierte<br />

Annäherung von Kapital und Arbeit herausarbeiten und<br />

vor allem die Ausstrahlung dieser Entwicklung auf die spätere Weimarer<br />

Republik verständlich machen.<br />

Aber auch auf einem scheinbar bekannten Terrain, der Außenpolitik<br />

in der Weimarer Republik, zeigt sich die Notwendigkeit einer modifizierten<br />

Sichtweise. Nach der deutschen Vereinigung 1989 stellt sich<br />

etwa die Frage der Bewertung der europäischen oder nationalen<br />

Tendenzen in den Zielen des deutschen Außenministers oder das<br />

Problem, inwieweit wirtschaftliche Interessen auf seine Politik Einfluss<br />

nehmen konnten, ganz neu. Aus der Perspektive einer Zeit der<br />

Entfesselung höchst unverantwortlicher wirtschaftlicher Macht über<br />

Ländergrenzen hinweg und angesichts einer anhaltenden Wirtschaftskrise<br />

scheint das Ziel Stresemanns, die Macht „der“ Wirtschaft<br />

zu stärken, zugleich aber auch zu kanalisieren und ihren nationalen<br />

und internationalen Einfluss für seine innen- und außenpolitischen<br />

Ziele zu instrumentalisieren, weitgehender erreicht worden<br />

zu sein als man noch vor wenigen Jahrzehnten gedacht hat.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

Pohl, Karl Heinrich: Gustav Stresemann (1878–1929) – Überlegungen<br />

zu seiner Biographie. – In: Jahrbuch zur Liberalismus-<br />

Forschung. 12. 2000. S. 203–213.<br />

Pohl, Karl Heinrich (Hrsg.): Politiker und Bürger. Gustav Stresemann<br />

und seine Zeit. Göttingen <strong>2002</strong>. [Im Druck]<br />

„Der politische Lebensweg Hindenburgs (1914–1934)“ ist Gegenstand<br />

eines von Prof. W. Pyta am Historischen Institut der Universität<br />

Stuttgart durchgeführten und von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />

Projekts.<br />

Paul von Hindenburg (1847–1934) hat die deutsche Geschichte im ersten<br />

Drittel des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst. Er diente<br />

nicht nur drei politischen Systemen (dem Kaiserreich, der Weimarer<br />

Republik sowie dem „Dritten Reich“), sondern bekleidete überdies in<br />

diesen drei so unterschiedlich verfassten Ordnungen durchweg Spitzenpositionen.<br />

Unter Wilhelm II. stieg er im Ersten Weltkrieg zum<br />

Chef des Generalstabs des Feldheeres und damit zum Befehlshaber<br />

der heimlichen Nebenregierung der III. Obersten Heeresleitung auf.<br />

Die Kriegsniederlage unbeschadet überstehend, wurde er 1925 in das<br />

Paul von<br />

Hindenburg


NS-Diktatur<br />

Industrielle<br />

Investitionen<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 66<br />

Amt des höchsten Repräsentanten des republikanischen Staatswesens<br />

von Weimar, des Reichspräsidenten, vom Volk gewählt, um 1933<br />

mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler eine entscheidende<br />

Voraussetzung für den Weg in die NS-Diktatur zu schaffen. In der<br />

Zeit seines politischen Wirkens bewies von Hindenburg im Alter eine<br />

erstaunliche Anpassungsfähigkeit an die politischen Umstände. Sie<br />

hat ihn zu höchsten Staatsämtern geführt und eine ungewöhnliche,<br />

teilweise bis heute andauernde Popularität eingebracht.<br />

Hauptanliegen des Forschungsvorhabens ist es, die politische Schaffensperiode<br />

Hindenburgs auf der Basis archivalischen Materials zu<br />

durchleuchten und den Ursachen und Folgen seiner politischen Karriere<br />

vor dem Hintergrund der jeweiligen politischen und gesellschaftlich-kulturellen<br />

Umstände nachzuspüren. Die zentrale Fragestellung<br />

richtet sich darauf, welche gesellschaftlichen Strukturen<br />

des Kaiserreiches den Hindenburg-Mythos einerseits ermöglichten<br />

und auf welche Weise Hindenburg selbst andererseits sein öffentliches<br />

Ansehen politisch zu instrumentalisieren wusste, das er nicht<br />

zuletzt durch eine geschichtsmediale Inszenierung vermehrt hatte.<br />

Hindenburg erscheint damit als ein genuin politischer Herrscher, der<br />

schon 1914 mit den Mitteln symbolischer Politik den Nerv einer nach<br />

Integration dürstenden Gesellschaft traf. Die hervorstechende Konstante<br />

seines Handelns ist die politische Ausbeutung und Pflege seines<br />

Mythos, welche auch den Schlüssel für die Ernennung Hitlers<br />

zum Reichskanzler zu liefern vermag.<br />

Industrielle Investitionen unter den Bedingungen der NS-Diktatur<br />

1933–1939 ist Thema eines von der <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />

von Prof. C. Buchheim (Seminar für Wirtschaftsund<br />

Sozialgeschichte, Universität Mannheim).<br />

Unter der NS-Diktatur kam es zwischen 1933 und 1939 zu einem<br />

staatlich induzierten Aufschwung der deutschen Wirtschaft. Um zusätzliche<br />

Investitionsanreize für Rüstungs- und Autarkiebranchen<br />

bereitzustellen, bediente sich der Staat unterschiedlicher Instrumente,<br />

wie etwa der Wirtschaftlichkeitsgarantieverträge, der Leihe<br />

staatlicher Anlagen oder staatlich verbürgter Kredite. Wonach aber<br />

richtete sich in den einzelnen Fällen die Wahl des konkreten Förderinstruments?<br />

Die verschiedenen Verfahren unterschieden sich durch die Höhe des<br />

Amortisationsrisikos, das der Staat zu tragen hatte. Je größer dieses<br />

war, desto stärker wurden die Verfügungsrechte der Unternehmen<br />

bezüglich des Investitionsobjekts eingeschränkt. Eine zentrale Hypothese<br />

ist, dass die Präferenzen der Unternehmen für ein bestimmtes<br />

Instrument mit ihren Erwartungen bezüglich der Weltmarktfähigkeit<br />

der Produkte, die mit den neuen Anlagen hergestellt werden<br />

konnten, korrelierten.<br />

Diese Hypothese wurde anhand der Investitionsentscheidungen und<br />

Vertragsverhandlungen zwischen Staat und Unternehmen in der


67<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Abb. 3: Projekt „Der politische Lebensweg Hindenburgs (1914 bis 1934)“: Hindenburg<br />

mit seinem Enkel und Adolf Hitler. Die original Bildunterschrift lautete: „Der<br />

Jugend eine bessere Zukunft schaffen! Bei einem Besuch des Führers in Neudeck<br />

wurde dieses Bild aufgenommen: der Enkel Hindenburgs verbindet die beiden Führer<br />

des deutschen Geschicks“.


Vertriebene<br />

jüdische<br />

Wissenschaftler<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 68<br />

Zellwolleindustrie überprüft. Dabei hat sich herausgestellt, dass der<br />

Kapazitätsausbau in dieser Branche nur zu einem kleinen Teil durch<br />

staatlich verbürgte Kredite gefördert wurde. Das Amortisationsrisiko<br />

wurde überwiegend von den Unternehmen getragen – bei entsprechend<br />

geringen Mitspracherechten des Staates. Der Grund dafür<br />

war, dass die Unternehmen ohnehin erheblich in dieser Branche investieren<br />

wollten. Dabei orientierten sie sich an der Absatzentwicklung<br />

in solchen Ländern, in denen, wie etwa in den USA, im Unterschied<br />

zum Deutschen Reich, keine Autarkiepolitik betrieben wurde<br />

und in denen dennoch während der dreißiger Jahre eine erhebliche<br />

Ausdehnung des Chemiefaserkonsums zu beobachten war. Zugleich<br />

zeigte sich, dass die Verhandlungen zwischen den etablierten Chemiefaserproduzenten<br />

und dem Staat dem Bild normaler Vertragsverhandlungen<br />

entsprachen. In manchen Fällen kam es zu keinem Vertragsabschluss,<br />

weil Staat und Unternehmen sich nicht einigen konnten.<br />

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse lassen sich erste Aussagen<br />

über eine weitere wichtige Fragestellung des Projekts machen, nämlich<br />

inwieweit die NS-Wirtschaftspolitik zu einer langfristigen Modernisierung<br />

der deutschen Industrie beigetragen hat. Für die Chemiefaserbranche<br />

kann demnach aus dem Umstand, dass die Produkte<br />

unter marktwirtschaftlichen Bedingungen nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg wettbewerbsfähig waren, nicht geschlossen werden, dass<br />

dies hauptsächlich eine, wenn auch nicht intendierte, Folge der Industriepolitik<br />

des NS-Regimes war. Diese, auf vergleichende Überlegungen<br />

gestützte, Methode der Rekonstruktion unternehmerischer<br />

Erwartungen empfiehlt sich grundsätzlich ebenfalls für die Betrachtung<br />

anderer industrieller Branchen im Dritten Reich. Nicht jede Änderung<br />

zwischen 1933 und 1939 muss nämlich, selbst wenn sie mit<br />

den Zielen des NS-Regimes konform ging, notwendigerweise von<br />

der NS-Wirtschaftspolitik angestoßen worden sein.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> stellte PD Dr. L. Mertens (Fakultät für Sozialwissenschaften,<br />

Universität Bochum) für das Projekt „Vertriebene jüdische<br />

Wissenschaftler“ Fördermittel zur Verfügung.<br />

In der Forschungsliteratur zur Emigration nach 1933 fehlt bislang ein<br />

Überblick darüber, wer an deutschen Hochschulen im Jahre 1933<br />

gelehrt hat. Von einzelnen Hochschulen gibt es zwar Verzeichnisse<br />

über die vertriebenen Ordinarien. Diese berücksichtigen jedoch selten<br />

Privatdozenten, Honorarprofessoren und Assistenten. Diese<br />

Lücke dürfte die systematische Auswertung eines 1998 von Dr. Mertens<br />

in den Hoover Institution Archives (Stanford University) aufgefundenen,<br />

archivalisch kaum erschlossenen, 221 Manuskriptkartons<br />

umfassenden Propagandabestandes mit dem Titel „Gesamtverband<br />

deutscher antikommunistischer Vereinigungen“ füllen. Diese Akten<br />

sind von den amerikanischen Besatzungstruppen in den Jahren<br />

1945/46 beschlagnahmt und in den 50er Jahren der auf die Erforschung<br />

des Dritten Reiches spezialisierten Hoover Institution of War,<br />

Revolution and Peace übergeben worden. Sie enthalten Übersichten


69<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Abb. 4: Projekt „Erforschung des Verbleibs der in der Zeit von 1933–1945 aus rassischen<br />

und politischen Gründen verfolgten Angehörigen der Friedrich-Wilhelms-Universität<br />

zu Berlin“: Mehr als 60 Jahre nach dem Exodus der jüdischen akademischen<br />

Gemeinschaft lädt Prof. J. Mlynek, Präsident der Humboldt Universität zu Berlin, die<br />

„Kommilitonen von 1933“ für die Woche vom 15. – 20. 10. <strong>2001</strong> an ihre alte Alma<br />

mater ein. Die Schirmherrschaft übernahm Bundespräsident Wolfgang Thierse.


Friedrich-<br />

Wilhelms<br />

Universität<br />

Berlin<br />

Schwarzhandel<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 70<br />

aller 900 jüdischer Hochschullehrer und Assistenten, die am 1.4.1933<br />

an den Universitäten und Hochschulen gelehrt haben.<br />

Das Ergebnis umfangreicher Archivrecherchen in Deutschland und<br />

im Ausland wird die Rekonstruktion ihrer weiteren Lebensschicksale<br />

bzw. der wissenschaftlichen Karrierewege in den Zufluchtsstaaten<br />

sein. Die dabei ermittelten Angaben sollen in einer Datenbank erfasst<br />

und in einer Monographie publiziert werden.<br />

Prof. R. Schröder (Philosophische Fakultät) und Prof. R. vom Bruch<br />

(Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität, Berlin)<br />

erhalten für die „Erforschung des Verbleibs der in der Zeit von<br />

1933–1945 aus rassischen und politischen Gründen verfolgten Angehörigen<br />

der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin“ Fördermittel.<br />

Im Jahre 1933 haben sich etwa 2500 Studenten und Doktoranden jüdischer<br />

Herkunft an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin in<br />

der Ausbildung befunden. 2.300 davon sind datenmässig erfasst<br />

(Name, Geburtsdatum, -ort, Studienfach, Studienzeit, z.T. Promotionsdaten).<br />

Die Auflistung basiert auf Archivalien der Humboldt-<br />

Universität (Studentenkartei 1933, jüdische Studentenverbindungen,<br />

Stammrolle reichsdeutscher Juden, studentische Fragebögen, Promotionsakten,<br />

Relegierungen, Aberkennungsschreiben) sowie auf<br />

Auskünften von Zeitzeugen. 115 ehemalige Studenten sowie 3 Doktoranden,<br />

denen ihr Titel aberkannt wurde, konnten aufgefunden<br />

und Kontakt mit ihnen aufgenommen werden. Die Anzahl der medizinischen<br />

Doktoren, denen die Approbation verweigert wurde, beträgt<br />

derzeit 115. In der Schweiz haben 160 Studenten ihr in Berlin<br />

abgebrochenes Studium mit der Promotion beendet. Von insgesamt<br />

über 320 Personen liegen mehr oder weniger detaillierte Angaben<br />

über ihren Lebenslauf vor (Briefliche Mitteilungen, Telefonate, Interviews).<br />

Hinzu kommen 35 vage Angaben sowie 200 Angaben über<br />

Todesdatum und -ort (nur USA). Mit 45 Verwandten ehemaliger Studenten<br />

bestehen Kontakte nach Israel, Großbritannien, Australien,<br />

Brasilien, Argentinien, Uruguay, Schweiz, Österreich, USA, Deutschland<br />

und Dänemark.<br />

Die „Woche der Kommilitonen von 1933“ fand im Oktober <strong>2001</strong> unter<br />

großer Resonanz der Medien statt. Der Präsident der Universität,<br />

Prof. J. Mlynek, hatte 50 ehemalige Studenten und Absolventen der<br />

Friedrich-Wilhelms-Universität, die während der Naziherrschaft von<br />

der Universität und aus Deutschland vertrieben wurden, an ihre alte<br />

Alma mater eingeladen. Die Schirmherrschaft übernahm Bundestagspräsident<br />

Wolfgang Thierse, ebenfalls ehemaliger Student der<br />

Humboldt-Universität.<br />

Von Schiebern und Schwarzen Märkten. Zur Geschichte des Berliner<br />

Schwarzhandels im Übergang vom Zweiten Weltkrieg zur Nachkriegszeit<br />

handelt ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt, das Prof.<br />

H.-P. Ullmann am Historischen Seminar, Universität Köln, durchführt.


71<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Mit dem Schwarzmarkt untersucht es eines der wichtigsten Phänomene<br />

der Kriegs- und Nachkriegszeit, das bisher weitgehend unerforscht<br />

geblieben ist. Die Analyse konzentriert sich auf die unterschiedlichen<br />

Märkte und das Marktgeschehen des Berliner Schwarzhandels<br />

im Übergang von der nationalsozialistischen Diktatur zur<br />

Besatzungszeit und zu den Anfängen der beiden deutschen Staaten.<br />

Das, was nicht zuletzt in den Berichten der Zeitgenossen als<br />

„Schwarzmarkt“ bezeichnet wird, beschränkte sich nicht auf die<br />

Transaktion von Waren gegen Geld, sondern war ein überaus komplexes<br />

Tauschgeschehen. Während die ersten „verdeckten“<br />

Schwarzhandelsformen bereits mit dem Beginn der einschneidenden<br />

Lebensmittelrationierung auftraten, begann der räumlich bestimmbare<br />

öffentliche Schwarzmarkt in Berlin spätestens im Oktober 1944.<br />

Zu einem Phänomen, welches das Stadtbild wie die Lebenswirklichkeit<br />

der Menschen prägte, wurde er in der Zeit zwischen Anfang<br />

1945 und der Währungsreform im Sommer 1948. Einzelne Schwarzhandelspraktiken<br />

hielten sich – wenigstens im Ostteil der Stadt – bis<br />

in die fünfziger Jahre.<br />

Das Projekt begreift den Schwarzhandel erstens als einen Hohlspiegel,<br />

der gesellschaftliche Phänomene der Zeit wie die Neuorientierung<br />

im Angesicht von Zusammenbruch und beginnendem Wiederaufbau<br />

bündelt. Am Schwarzmarkt lassen sich mehrere Entwicklungslinien<br />

der Kriegs- und Nachkriegszeit studieren: die wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen im Übergang von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft,<br />

die Frage nach dem Verhältnis von Konsum und<br />

staatlicher Obrigkeit sowie die Veränderung der sozialen Ordnung<br />

einer sich wandelnden Gesellschaft. Zweitens wird die Organisation<br />

der Berliner Schwarzmärkte systematisch beschrieben. Ins Blickfeld<br />

rücken die räumliche Dimension und der Teilnehmerkreis, die Praktiken<br />

der Akteure und nicht zuletzt die Tauschwaren und Dienstleistungen.<br />

Deshalb gehört zur Geschichte der Berliner Schwarzmärkte<br />

mit dem Zusammenspiel von Schwarzhandel und Prostitution<br />

eine geschlechtergeschichtliche Perspektive. Betrachtet man den<br />

Schwarzmarkt in diesem Sinn auch als Kontaktbörse und Ort sozialer<br />

Interaktion, kommt ein weiterer Themenkomplex ins Spiel. Denn<br />

Schwarzmarktplätze waren häufig jene Orte, an denen Deutsche<br />

zum ersten Mal mit „Fremden“, ab 1945 also mit alliierten Besatzungssoldaten<br />

in Kontakt kamen, mit ihnen handelten oder in Konflikt<br />

gerieten, wenn die Soldaten als Ordnungsmacht etwa bei Razzien<br />

auftraten.<br />

Mit der Thematik „Jugend 1945 – Jugend im Umbruch“ ist ein von<br />

der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt befasst, das Dr. M. Rüther (NS-Dokumentationszentrum,<br />

EL-DE-Haus, Köln) betreut.<br />

Das Vorhaben gilt als Pilotprojekt für eine umfassende Erforschung<br />

der Mentalitätsgeschichte der frühen Bundesrepublik sowie einer wissenschaftlichen<br />

Annäherung an die Frage der Beeinflussung von Jugendlichen<br />

durch Politik und Schule. Ziel des Projektes ist – demonstriert<br />

am Beispiel des traditionsreichen Kölner Dreikönigsgymnasi-<br />

Jugend<br />

1945


Theodor<br />

Heuss<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 72<br />

ums (DKG) – die Erfassung, Erschließung und digitale Aufarbeitung<br />

einer zentralen seriellen Quelle. Die Lebensläufe der Abiturienten, die<br />

ergänzenden Beurteilungen durch die Lehrer sowie ausgewählte<br />

Deutschaufsätze werden Aufschlüsse über Einstellungen und Verhaltensweisen<br />

von Jugendlichen in den Jahren 1931 bis 1952 sowie deren<br />

Veränderungen geben. Herangezogen werden hierzu die Abiturjahrgänge<br />

1931–1933, 1937/38, 1941–1944 sowie 1946–1952. Durch die<br />

Einbeziehung der Endphase der Weimarer Republik und der Zeit des<br />

Nationalsozialismus dürften Beeinflussungen von Jugendlichen hinsichtlich<br />

von Mechanismen in Erziehung, Propaganda und weiterer<br />

Manipulationsformen besonders greifbar werden.<br />

Mittlerweile sind sämtliche Dokumente digital erfasst, die Grundprogrammierung<br />

fertiggestellt, die Bearbeitung und Kategorisierung<br />

der einzelnen Dokumente in Arbeit. Die Forschungsergebnisse werden<br />

in einer Internetversion zugänglich gemacht sowie im Rahmen<br />

einer Tagung und/oder Publikation präsentiert werden.<br />

Prof. H. Möller (Institut für Zeitgeschichte, München) erhält für das<br />

Forschungsprojekt „Theodor Heuss – eine Biographie“ Fördermittel<br />

der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>. Bearbeiter ist PD Dr. G. Müller.<br />

Gegenstand des Vorhabens ist die Erarbeitung einer wissenschaftlichen<br />

Biographie des ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik<br />

Deutschland, Theodor Heuss (1884–1963).<br />

Theodor Heuss gilt als eine der zentralen Persönlichkeiten des deutschen<br />

Liberalismus und der Geschichte und politischen Kultur der<br />

Bundesrepublik Deutschland überhaupt. Er repräsentierte das deutsche<br />

Bildungsbürgertum und zugleich den liberalen Intellektuellen.<br />

Auf verständliche Weise vermochte Heuss die Felder von Kultur, Politik<br />

und Wirtschaft, von Wissenschaft und Technik, von Bildung und<br />

Kunst zu verbinden und öffentlich darzustellen. Dies verschaffte ihm<br />

große und wachsende Resonanz bei der Mehrheit der bundesdeutschen<br />

Bevölkerung und seine Anerkennung als Repräsentant des<br />

„besseren“ Deutschland im Ausland während der fünfziger Jahre.<br />

Bereits zu Lebzeiten ist der große Liberale als beispielhafter bürgerlicher<br />

Demokrat und gebildeter Humanist zur Legende geworden.<br />

Das Projekt will ein neues Gesamtbild der Persönlichkeit, seiner öffentlichen<br />

Wirksamkeit und der sozialen Repräsentanz von Theodor<br />

Heuss entwerfen, das auch die Herausforderungen für seine Identität<br />

durch die epochalen Wandlungen und Umbrüche aufzeigt. Die unterschiedlichen<br />

Wirkungszusammenhänge der Biographie bilden die<br />

vier Epochen vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und das<br />

Dritte Reich bis zur Vorgeschichte und Entwicklung der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Ferner liegt eine wichtige Zielsetzung des Projekts<br />

darin, den selbststilisierten bürgerlichen Lebensentwurf von<br />

Theodor Heuss in der Auswahl, in der Kontinuität und im Wandel der<br />

Vorbilder, Muster und Motive zu rekonstruieren und zu seiner indi-


73<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

viduellen kulturellen und sozialen Repräsentanz in der deutschen<br />

Gesellschaft in Beziehung zu setzen.<br />

Dr. C. Goschler (Lehrstuhl für Zeitgeschichte, Humboldt-Universität<br />

Berlin) widmet sich mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> dem Projekt „Die<br />

Politik der Wiedergutmachung. Der Umgang mit den Verfolgten des<br />

Nationalsozialismus in Deutschland, 1945 bis <strong>2001</strong>“.<br />

Die Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts rückte<br />

in den vergangenen Jahren verstärkt in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit<br />

wie der Zeitgeschichte. Dafür waren vor allem die in den<br />

neunziger Jahren vorgebrachten Entschädigungsforderungen aus<br />

den USA und Osteuropa verantwortlich. Die politische Auseinandersetzung<br />

um die Wiedergutmachung reicht allerdings weiter in die<br />

Geschichte der beiden deutschen Staaten zurück. Sie scheint dabei<br />

bestimmten Zyklen zu folgen, die von veränderten innen- wie<br />

außenpolitischen Rahmenbedingungen ebenso wie von der Abfolge<br />

der Generationen und damit verbundenen Veränderungen der Perspektiven<br />

auf die Verbrechen des Nationalsozialismus bestimmt<br />

sind. Die zeitgeschichtliche Forschung hat die Geschichte der Wiedergutmachung<br />

bisher – abgesehen von der Frühzeit und dem Abkommen<br />

mit Israel und der Jewish Claims Conference von 1952 – lediglich<br />

punktuell erforscht.<br />

Die Studie zielt darauf, in einer Gesamtdarstellung die Politik der<br />

Wiedergutmachung in der alten und neuen Bundesrepublik sowie in<br />

der DDR vom Kriegsende bis in die jüngste Vergangenheit als einen<br />

zentralen Aspekt der „Vergangenheitspolitik“ der beiden deutschen<br />

Nachkriegsstaaten zu analysieren. Das Thema der Entschädigung<br />

für NS-Verfolgte bietet dabei eine Vergleichsperspektive, die einen<br />

wesentlichen Aspekt des Selbstverständnisses der beiden deutschen<br />

Staaten betrifft. Sowohl die Bundesrepublik als auch die DDR beanspruchten<br />

im Systemwettstreit, die bessere Antwort auf die nationalsozialistische<br />

Vergangenheit zu verkörpern. Dazu gehörte vor allem<br />

die Frage des Umgangs mit seinen früheren Opfern. Darüber hinaus<br />

lässt sich am Thema der Wiedergutmachung paradigmatisch die<br />

Frage der Folgen des deutschen Vereinigungsprozesses für die politische<br />

Kultur bzw. das Selbstverständnis der erweiterten Bundesrepublik<br />

erörtern.<br />

Für den Abschluss der „Erschließung und Sicherung von Quellen zur<br />

sowjetischen Deutschlandpolitik der Jahre 1941 bis 1949 aus dem Archiv<br />

für Außenpolitik des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten<br />

der Russischen Föderation“ stellte die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

dem Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam (Prof. Chr.<br />

Kleßmann) erneut Fördermittel zur Verfügung.<br />

Im Ergebnis einer umfangreichen Auswahl aus den relevanten Beständen<br />

des Archivs wurden mehr als tausend Dokumente vollständig<br />

kopiert und in dieser Form in Deutschland deponiert (über deren<br />

inhaltliche Schwerpunkte wurde in den vergangenen Jahren mehrfach<br />

berichtet, zuletzt im <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong>, S. 58–60). Um die<br />

Wiedergutmachung<br />

NS-Verfolgte<br />

Sowjetische<br />

Deutschlandpolitik


Verfassung<br />

SBZ/DDR<br />

1947 – 1949<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 74<br />

Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Erforschung<br />

der sowjetischen Außenpolitik speziell gegenüber Deutschland<br />

zu vertiefen, wird durch G. P. Kynin (Moskau) und J. P. Laufer<br />

(Potsdam) eine dreibändige (russische) Auswahledition vorbereitet.<br />

Band 1 und 2 sind bereits in russischer Sprache erschienen:<br />

SSSR i germanskij vopros 1941–49 = Die UdSSR und die deutsche<br />

Frage 1941–1949. Dokumente aus dem Archiv für Außenpolitik<br />

der Russischen Föderation. Hrsg.: Historisch-Dokumentarisches<br />

Department des MID Rußlands; Zentrum für Zeithistorische Forschung<br />

Potsdam. – Moskau: Verl. Internat. Beziehungen.<br />

T. 1. 22. 6. 1941 – 8. 5. 1945. 1996. 782 S.<br />

T. 2. 9. 5. 1945 – 3. 10. 1946. 2000. 878 S.<br />

Der etwa 800 Seiten umfassende Band 3 (6. 10. 1946–15. 6. 1948) befindet<br />

sich in der Drucklegung.<br />

Durch die deutsch-russische Historikerkommission wird die vollständige<br />

deutsche Übersetzung finanziert, die für die ersten beiden<br />

Bände bereits abgeschlossen ist. Die Veröffentlichung der im Dokumententeil<br />

unveränderten, aber im Kommentarteil verbesserten<br />

deutschen Ausgabe der gesamten Edition ist für 2003 geplant.<br />

Das Zentrum für Zeithistorische Forschung und das Historisch-Dokumentarische<br />

Departement beabsichtigen, vorbehaltlich der Unterstützung<br />

durch die Deutsch-Russische Historikerkommission, die<br />

Edition bis zum Ende der Stalin-Ära (1948–1953) fortzusetzen.<br />

Prof. R. Morsey und Prof. S. Fisch (Forschungsinstitut für öffentliche<br />

Verwaltung, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften,<br />

Speyer) erhalten für das Projekt „Die Entstehung der Verfassung in<br />

der Sowjetischen Besatzungszone/DDR 1947 bis 1949. Darstellung<br />

und Dokumentation“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Nach der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen<br />

Deutschlands beschlossen die Siegermächte in allen Besatzungszonen<br />

im Sommer 1945 (Potsdamer Konferenz) die Wiederherstellung<br />

demokratischer Zustände. In der Sowjetischen Besatzungszone<br />

(SBZ) wurden im Oktober 1946 in den fünf neu gebildeten Ländern<br />

Landtage konstituiert, die in einem relativ kurzen Prozess bis<br />

Februar 1947 Landesverfassungen verabschiedeten. Die Verfassungsberatungen<br />

der ostdeutschen Länder verliefen ausgesprochen<br />

turbulent. Nicht wenige der schließlich verabschiedeten Konstitutionen<br />

gingen auf die Initiative der bürgerlichen Parteien zurück. Letztlich<br />

jedoch setzte die SED ihre zentralen Verfassungsvorstellungen –<br />

u. a. Gewalteneinheit, unbegrenzte Souveränität des Landtags als<br />

des „höchsten demokratischen Organs“, planwirtschaftliche Prinzipien<br />

– durch.<br />

Die Verfassungsgenese in den fünf ostdeutschen Ländern unterschied<br />

sich deutlich von der auf zonaler Ebene 1948/49. Der unmit-


75<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

telbare Prozess der Verfassungsgebung begann mit der Volkskongreßbewegung<br />

im März 1948 und der Einsetzung eines Deutschen<br />

Volksrates, der zunächst mit dem Anspruch einer gesamtdeutschen<br />

Repräsentation konstituiert worden war, tatsächlich aber zur Bildung<br />

der Provisorischen Volkskammer und zur Verabschiedung einer separaten<br />

DDR-Verfassung am 7. Oktober 1949 führte. Die Teilnehmer<br />

des Volkskongresses waren nicht von der Bevölkerung gewählt, sondern<br />

von Parteien und Massenorganisationen delegiert worden.<br />

Volkskongreß und Volksrat wurden somit von der SED dominiert.<br />

Auch bei den Beratungen in dem vom Deutschen Volksrat am 19.<br />

März 1948 eingesetzten Verfassungsausschuss waren die Verfassungsexperten<br />

der SED federführend.<br />

Die im Verfassungsausschuss erarbeiteten Entwürfe einer Verfassung<br />

wurden nicht nur im Volksrat, sondern auch in Betrieben, staatlichen<br />

Institutionen und kulturellen Einrichtungen öffentlich diskutiert.<br />

Bis Februar 1949 sollen tausende Versammlungen stattgefunden<br />

haben, tausende Resolutionen verfasst und ca. 500 Änderungsvorschläge<br />

publik gemacht worden sein. Damit wollte die SED-<br />

Spitze mit Blick auf die parallelen Bonner Beratungen zum Grundgesetz<br />

den Eindruck einer mustergültig gründlichen und demokratischen<br />

Beratungsprozedur erzeugen. Die endgültige Form der Verfassung<br />

wurde nach einer weiteren Plenardebatte des Deutschen<br />

Volksrates am 19. März 1949 einstimmig verabschiedet. Am 7. Oktober<br />

1949 erklärte sich der Deutsche Volksrat zur „Provisorischen<br />

Volkskammer“ und setzte die Verfassung der Deutschen Demokratischen<br />

Republik in Kraft.<br />

Ziel des Projekts ist es, den historischen Prozess der Verfassungsgebung<br />

auf zonaler Ebene in der SBZ von Ende 1947 bis zur Annahme<br />

der DDR-Verfassung am 7. Oktober 1949 darzustellen, zu analysieren<br />

und zu bewerten.<br />

„Die Krise der DDR-Intelligenz 1956/57“ ist das Thema eines durch<br />

die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsprojekts von Prof. V. Gerhardt,<br />

Institut für Philosophie, Humboldt-Universität Berlin, erarbeitet von<br />

Dr. G. Herzberg.<br />

Im Zentrum des Vorhabens steht die Auseinandersetzung zwischen<br />

den Intellektuellen der DDR und der SED-Führung in den Jahren<br />

1956 und 1957, der Zeit des sogen. „Tauwetters“. Dabei geht es nicht<br />

so sehr um eine traditionell konzipierte Darstellung der Ideologiegeschichte<br />

jener Jahre, sondern um die Wissenschaftspolitik der SED,<br />

das differenzierte Verhältnis der Intelligenz zu ihrem Staat und zur<br />

Partei, um ihr Selbstverständnis, um die Kultur des Argumentierens<br />

und um den Umgang des Staates mit zweifelnden oder nachdenklichen<br />

Wissenschaftlern.<br />

Der von Chruschtschow in einer „Geheimrede“ auf dem XX. Parteitag<br />

der KPdSU im Februar 1956 angekündigte vorsichtige Abbau des<br />

Stalinismus weckte im gesamten Ostblock große Hoffnungen auf<br />

eine Lockerung des politischen Systems. In der DDR sind die Monate<br />

DDR-<br />

Intelligenz


DDR<br />

Polit-<br />

Emigranten<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 76<br />

nach dem sowjetischen Parteitag durch eine Fülle von Diskussionen,<br />

Veröffentlichungen und Auseinandersetzungen mit der Politik und<br />

Ideologie der SED charakterisiert – als „Kampf gegen den Dogmatismus“<br />

–, ohne dass die politischen und ideologischen Grundlagen des<br />

Sozialismus in Frage gestellt wurden. An den Hochschulen und Universitäten,<br />

in den Redaktionen und Verlagen, bei Künstlern und<br />

Schriftstellern wurden der Führungsstil der SED, die Person des Ersten<br />

Sekretärs Walter Ulbricht und das allzu enge ideologische Korsett<br />

der Wissenschaften und Künste kritisiert und Vorschläge für eine<br />

Demokratisierung des Sozialismus unterbreitet. Diese Diskussionen<br />

führten schließlich – forciert durch Veränderungen im Nachbarland<br />

Polen (Aufstand in Poznan) und den ungarischen Volksaufstand – zu<br />

einer erneuten (nach 1953) schweren Krise an der Spitze der SED.<br />

Nach anfänglichen Schwankungen ging die Führung im Herbst 1956<br />

in die Offensive – als „Kampf gegen den Revisionismus“ – und begann,<br />

die missliebigen Kritiker durch Repressionen (Parteiausschluss,<br />

Entlassungen, Haft etc.) zumindest mundtot zu machen.<br />

Die Untersuchung zielt darauf, die wissenschaftspolitischen und<br />

ideologischen (darunter auch die philosophischen) Ereignisse seit<br />

der sogen. „Freiheitskonferenz“ (März 1956) bis zur III. Hochschulkonferenz<br />

der SED, dem V. Parteitag der SED und den Verhaftungen<br />

des Jahres 1958 nicht nur am Beispiel der bekanntesten „Fälle“ (Harich,<br />

Bloch, Havemann, Behrens, Kuczynski usw.), sondern in seiner<br />

ganzen Breite an den Universitäten und Hochschulen der DDR zu rekonstruieren<br />

sowie Inhalte, Mittel und Formen der Auseinandersetzungen<br />

zu analysieren. Ferner werden die verschiedenen Verhaltensweisen<br />

der Kritiker und Opfer im Kontext der neueren Diskussionen<br />

über „widerständiges Verhalten – Dissidenz – Opposition –<br />

Widerstand“ beurteilt. Schließlich sollen die Auswirkung der Disziplinierung<br />

der Intelligenz durch die SED auf Lehre und Forschung,<br />

die wissenschaftliche Literatur und die Anpassungsstrategien der<br />

Wissenschaftler, wie sie für die sechziger und siebziger Jahre prägend<br />

wurden, skizzenhaft dargestellt werden.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. Chr. Kleßmann (Zentrum für Zeithistorische<br />

Forschung, Potsdam) bei dem Projekt „Die Polit-Emigranten“.<br />

Eine sozialhistorische Studie zu Fremde und Fremd-Sein in der DDR.<br />

Im Kalten Krieg bemühte sich die DDR-Regierung, durch die Aufnahme<br />

politisch Verfolgter – sog. Politischer Emigranten – aus den<br />

Diktaturen Südeuropas (Griechenland, Spanien), später Befreiungsbewegungen<br />

der zerfallenden Kolonialreiche und ab 1973 durch<br />

Flüchtlinge und politisch Verfolgte aus der Militärdiktatur Chile –<br />

außenpolitisches Profil und innenpolitische Legitimation als „Auswanderungsland<br />

DDR“ zu gewinnen. Diese Bedeutung konstrastierte<br />

scharf mit der individuellen Rechtlosigkeit von Ausländern in<br />

der DDR und deren Abhängigkeit von den außenpolitischen Interessen<br />

der SED-Führung, da kein einklagbarer Rechtsanspruch auf Asyl<br />

in der DDR existierte. Der ostdeutschen Bevölkerung wurden die Politemigranten<br />

als Freiheitskämpfer und „Objekte ihrer Solidarität“


77<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

präsentiert, die in der DDR eine neue Lebensperspektive gewonnen<br />

hatten. Doch erschienen sie in den Augen der DDR-Bevölkerung<br />

durch ihren politischen Status, staatliche Zuwendungen und die häufig<br />

aufrechterhaltene ausländische Staatsangehörigkeit privilegiert.<br />

Hiervon ausgehend sollen in diesem Projekt die rechtlich ungeregelte<br />

Aufnahmepraxis von Politemigranten in der DDR sowie deren<br />

Integrationsanstrengungen untersucht werden. Darüber hinaus soll<br />

die Behandlung der Ausländer- und Fremdenproblematik in der<br />

DDR in einen langfristigen Zusammenhang gestellt werden.<br />

„Zensur und Parteigeschichte. Die ,Heilige Schrift‘ der SED“ ist Gegenstand<br />

eines von der <strong>Stiftung</strong> geförderten Projektes des Zentrums<br />

für Zeithistorische Forschung Potsdam e.V., Potsdam (Prof. Chr. Kleßmann).<br />

Bearbeiter ist Dr. S. Lokatis.<br />

„Der rote Faden. Kommunistische Parteigeschichte und Zensur unter<br />

Walter Ulbricht“ lautet der Titel einer <strong>2001</strong> fertig gestellten Untersuchung<br />

von Siegfried Lokatis, die sich dem „Hochofen der SED-Zensurpolitik“<br />

gewidmet hat. In der SED waren Parteigeschichte und<br />

Zensur zwei Seiten derselben Medaille. Infolge des zentralen Stellenwerts<br />

von Parteigeschichte im Marxismus-Leninismus, die als<br />

Kern aller Revolutionstheorie verstanden wurde, ergibt sich aus der<br />

Thematisierung der Differenz zwischen internem Selbstverständnis<br />

und offizieller Selbstdarstellung in ihrem Wandel eine konkrete<br />

Ideologiegeschichte der SED unter Ulbricht.<br />

Es geht zunächst um den höchst selektiven editorischen Umgang mit<br />

der ideologisch sensibelsten Materie, mit den Texten der Parteiführer<br />

Lenin, Stalin, Thälmann, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg,<br />

Clara Zetkin usw. im Institut für Marxismus-Leninismus (IML) beim<br />

ZK der SED. Im Mittelpunkt steht jedoch der langjährige Forschungs-<br />

und Diskussionsprozess, der zur Fertigstellung der „Heiligen<br />

Schrift“ der SED führte, der achtbändigen „Geschichte der deutschen<br />

Arbeiterbewegung“ von 1966. Die Entstalinisierung von 1956<br />

wird als Orientierungskrise der SED und Ausgangspunkt einer geschichtlichen<br />

Selbstreflexion der Partei von gigantischem Ausmaß<br />

gefasst, die über Ulbrichts „Thesen zum Charakter der Novemberrevolution“<br />

von 1958 zur „Nationalen Grundkonzeption“, der „Theorie<br />

zum Mauerbau“ führte und dabei hunderte von Historikern und<br />

mehrere Institute in die Arbeit einbezog. Die konstitutive Rolle von<br />

Zensur für die Parteigeschichtsschreibung ergibt sich daraus, dass<br />

die selbstkritische Analysefunktion von parteigeschichtlicher Forschung<br />

sich mit deren Propaganda- und Erziehungsfunktion nur vereinbaren<br />

ließ, wenn ihr interner Charakter gewahrt werden konnte.<br />

Die entsprechenden Geheimhaltungsstrategien des Zentralen Parteiarchivs<br />

rücken genauso in den Blick wie die Arkana einer keineswegs<br />

reibungsfreien internationalen Rückkoppelung des IML zum<br />

Bruderinstitut in Moskau oder die Bestrebungen, die örtliche Parteigeschichtsforschung<br />

in den Bezirken zensurpolitisch zu disziplinieren.<br />

SED<br />

Zensur


BRD<br />

Ost-West-<br />

Konflikt<br />

1968 – 1972<br />

Im Ergebnis wird deutlich, dass die redaktionellen Zensurpraktiken<br />

zwar methodisch betrachtet kontinuierlich evolutionierten und verfeinert<br />

wurden, dass es aber immer wieder auch Rückgriffe auf die<br />

brachialen Methoden der Stalin-Zeit gab. Vor allem wenn es um die<br />

Geheimnisse des GULAG ging, nahm man offensichtliche Widersprüche<br />

und peinliche Eklats in Kauf. So konnte erstmals nachgezeichnet<br />

werden, wie in Verhandlungen mit Moskau im Vorfeld des<br />

„Kahlschlagplenums“ von 1965 Sprachregelungen und editorische<br />

Standards festgeschrieben wurden, die bis 1985 einen restriktiven<br />

Umgang mit der Stalin-Zeit determinierten.<br />

Die Durchsetzung solcher Tabumechanismen und Sprachregelungen<br />

war dabei nicht nur Angelegenheit der Zensurstellen, sondern erfolgte<br />

über autorisierte parteigeschichtliche Leittexte wie vor allem<br />

die achtbändige „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“.<br />

Deshalb werden nicht nur die Diskurse und Zensureingriffe geschildert,<br />

die der Entstehung des Leittextes vorausgingen, sondern auch<br />

dessen parteiöffentliche Durchsetzung, Kanonisierung und Breitenwirkung.<br />

Die Auflagenhöhe des Achtbänders betrug z. B. über eine<br />

Million und jedes SED-Mitglied wurde vier Jahre lang im Parteilehrjahr<br />

damit geschult. Die Texte der Hochschullehrbücher, die Lehrpläne<br />

der Schulen, das Fernsehprogramm und die Gestaltung der<br />

Museen wurden entsprechend dem „Achtbänder“ umgemodelt, die<br />

DDR gleichsam in ein großes Freilichtmuseum zur Geschichte der<br />

Arbeiterbewegung ausgebaut.<br />

Nach dem Sturz Walter Ulbrichts wurde auch dessen „Heilige<br />

Schrift“ in ihren deutschlandpolitischen Kernthesen außer Kraft gesetzt.<br />

Deshalb endet der Text mit der Reflexion des mit dieser Selbstdemontage<br />

verbundenen Verlustes an Glaubwürdigkeit bei der eigenen<br />

Mitgliederbasis. Honeckers Nachfolgeprojekt einer ähnlich<br />

voluminösen „Geschichte der SED“ gelangte nicht mehr über den<br />

kurz vor der „Wende“ erschienenen ersten Band und das Jahr 1917<br />

(!) hinaus.<br />

Prof. G. Niedhart (Seminar für Neuere Geschichte, Universität<br />

Mannheim) wurden <strong>Stiftung</strong>smittel für das Forschungsvorhaben<br />

„Die Bundesrepublik Deutschland im Ost-West-Konflikt 1968–1972;<br />

ihre Rolle im Westen und ihre ostpolitischen Ziele“ bereitgestellt.<br />

Nach dem mit der Überwindung der Kuba-Krise 1962 einsetzenden<br />

Vorlauf trat der Ost-West-Konflikt Ende der sechziger Jahre in eine<br />

Phase der Entspannung ein. Alte Formen der Konfrontation standen<br />

von nun an neben Bemühungen, in Verhandlungen zu einer Entspannung<br />

zwischen den Blöcken zu kommen. Von 1968 bis 1972 erfolgte<br />

der Übergang von der konzeptionellen Verdichtung der Entspannungspolitik<br />

zu einzelnen operativen Schritten und ersten Ergebnissen<br />

dieser Politik:<br />

– Moskauer und Warschauer Vertrag,<br />

– Grundlagenvertrag mit der DDR, SALT I,<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 78


79<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

– Vorgespräche für die KSZE.<br />

An Fortschritten in dieser Richtung war insbesondere der Bundesrepublik<br />

gelegen. Sie versprach sich davon eine Abschwächung der<br />

Teilung Deutschlands und Europas, die Herstellung einer europäischen<br />

Sicherheitsstruktur unter Einbeziehung der Sowjetunion sowie<br />

letztlich die politische Überwindung des Status Quo durch einen<br />

friedlichen Wandel im Warschauer Pakt. Mit den Veränderungen,<br />

welche die Entspannungspolitik für den Ost-West-Konflikt mit sich<br />

brachte, wandelte sich auch die Stellung der Bundesrepublik im internationalen<br />

System. Die Bundesrepublik als das Deutschland im<br />

Westen nutzte eine international günstige Konstellation, West- und<br />

Ostpolitik nicht mehr ausschließlich als Gegensätze erscheinen zu<br />

lassen.<br />

Das Projekt verfolgt das Ziel, die „neue“ Ostpolitik der Regierung<br />

Brandt/Scheel vor dem Hintergrund deutschlandpolitischer, ostpolitischer,<br />

europapolitischer und transatlantischer Problemstellungen<br />

zu analysieren und die Verzahnung von westdeutscher Außenpolitik<br />

und internationalen Beziehungen sowohl im Westen als auch nach<br />

Osten herauszuarbeiten.<br />

Die Untersuchung gliedert sich in drei Teilbereiche:<br />

– Die Einfügung der Bundesrepublik in die amerikanisch-sowjetischen<br />

Entspannungstendenzen und die Einwirkung der Bundesrepublik<br />

auf diesen Prozess. Hier ist herauszuarbeiten, welche<br />

Auswirkungen die Vorreiterrolle der Bundesrepbulik im Entspannungsprozess<br />

auf die deutsch-sowjetischen und deutsch-amerikanischen<br />

Beziehungen und darüber hinaus auf das Verhältnis<br />

der Bundesrepublik zu ihren westeuropäischen Partnern hatte.<br />

Insbesondere wird darauf abzuheben sein, dass die Entscheidungsträger<br />

im Bonner Regierungsapparat vermehrt die Kategorie<br />

des nationalen Interesses in den außenpolitischen Diskurs einbrachten<br />

und einen größeren Handlungsspielraum im Westen<br />

und gegenüber dem Osten reklamierten. Großes Gewicht wird<br />

auch der Frage der wechselseitigen Perzeptionen zugemessen<br />

werden, insbesondere der Wahrnehmung der neuen Ostpolitik<br />

seitens der westlichen Verbündeten.<br />

– Der europäische Rahmen: westeuropäische Integration und<br />

europäisches Sicherheitssystem. In diesem Zusammenhang ist<br />

der Beitrag der Bundesregierung zur Vorbereitung der Konferenz<br />

für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu bestimmen.<br />

Ebenso gilt es, die Doppelfunktion der Bundesrepublik als Motor<br />

der Ost-West-Entspannung und der Fortführung der europäischen<br />

Union zu analysieren.<br />

– Deutschlandpolitik und friedlicher Wandel in den Staaten des<br />

Warschauer Paktes. Hier soll gezeigt werden, dass die sozialliberale<br />

Bundesregierung trotz der Anerkennung des Status Quo<br />

unter Einbeziehung der DDR die Option auf Wiederherstellung


Wahlkampf<br />

1949 – 1976<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 80<br />

eines deutschen Nationalstaates offen zu halten versuchte und<br />

sich durch die Intensivierung wirtschaftlicher Kontakte – in langfristiger<br />

Perspektive – eine fortschreitende Liberalisierung im<br />

Ostblock und, damit verbunden, einen Prozess des friedlichen<br />

Wandels in Europa erhoffte.<br />

Mit der Kulturgeschichte des Wahlkampfs in der Bundesrepublik<br />

1949–1976 zwischen Amerikanisierung und Demokratisierung befasst<br />

sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt, das von PD Dr. T.<br />

Mergel (Fakultät für Geschichtswissenschaft, Universität Bochum)<br />

durchgeführt wird.<br />

Das Projekt untersucht die Bundeswahlkämpfe zwischen 1949 und<br />

1976 als Selbstbeschreibung des politischen Systems und als Ausdruck<br />

des Wandels politischer Mentalitäten. Von besonderem Interesse<br />

sind, wie sich Darstellung und Wahrnehmung von Politik änderten<br />

und wie eine Kultur der politischen Werbung entstand, in der Politik<br />

als ein Markt begriffen werden konnte. Dabei wird Wahlkampf<br />

als Form der Interaktion des Politischen Systems mit seiner Umwelt<br />

und sich selbst verstanden. Der Wahlkampf dient mithin der Selbstvergewisserung<br />

der Akteure über den Stand des Gemeinwesens und<br />

ihre Rolle darin. In seinem Wandel zeigt sich nicht nur die Reaktion<br />

der Politik auf die Entwicklung hin zur Mediengesellschaft, sondern<br />

auch der Wandel der politischen Mentalitäten.<br />

Im Zentrum des Vorhabens steht der Zusammenhang von Amerikanisierung<br />

des Wahlkampfs und Demokratisierung der Gesellschaft.<br />

Unter „Amerikanisierung“ wird hier eine Veränderung der Kommunikationsstrategien<br />

des politischen Systems verstanden, die auf geplante,<br />

symbolisch konstituierte Identifikation zur Vermittlung des<br />

„Produkts“ setzen; darunter kann man die drei Prozesse der Professionalisierung,<br />

Personalisierung und Medialisierung verstehen.<br />

Im Rahmen des Projekts soll der These nachgegangen werden, dass<br />

die Amerikanisierung des Wahlkampfes im Grunde die innere Demokratisierung<br />

der bundesrepublikanischen Gesellschaft befördert<br />

hat: In dem Maße, in dem der Wahlkampf auf das Paradigma der<br />

Volkserziehung verzichtete, verlor die Politik ihr autoritäres Selbstbild<br />

und wuchs in eine dienende Rolle hinein. Diese Annahme gilt es<br />

im Sinne des Leitbegriffs der „Politischen Kommunikation“ sowohl<br />

im Hinblick auf die „Anbieter“, also die Politiker und Parteien, die<br />

um Unterstützung für ihre Politikkonzepte werben, als auch im Hinblick<br />

auf die „Nachfrager“, die Wähler, welche die Wahlkämpfe rezipieren<br />

und ihrerseits ihre Vorstellung einer „guten“ Politik artikulieren,<br />

zu überprüfen. Dabei knüpft das Forschungsvorhaben an ein<br />

Verständnis von „Symbolischer Politik“ an, wie es in der neueren Politikwissenschaft<br />

und modernen Kommunikationswissenschaft vertreten<br />

wird. Politische Kommunikation transportiert nach diesem<br />

Verständnis eine solche Vielzahl von Botschaften, dass diese ohne<br />

symbolische Verdichtung und Identitätskonstruktion durch Metaphern,<br />

Assoziationen und Bilder unverständlich, weil überkomplex


81<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

blieben. Darüber hinaus sind moderne Gesellschaften so vielfältig<br />

differenziert, dass nur die Vergemeinschaftung über Symbole und<br />

Inszenierungen Loyalität herstellen kann. Insofern ist die Geschichte<br />

des Strukturwandels der Öffentlichkeit im 20. Jahrhundert keine Geschichte<br />

des Verfalls, sondern die eines neuen Verhältnisses von Medien<br />

und Gesellschaft. In besonderem Maße konzentriert sich das<br />

Projekt deshalb auf die Darstellung der Wahlkämpfe in den Medien,<br />

sowohl auf die Berichte über die einzelnen Aktivitäten, als auch auf<br />

die Diskussion darüber, wie sie von den Wählern in ihren Leserbriefen<br />

geführt wurde. In diesen Reaktionen auf das „Angebot“ des<br />

Wahlkampfs wird die Legitimität der politischen Kommunikationsstrategien<br />

deutlich, wie auch der Wahlkampf selbst zur Nachricht<br />

wird.<br />

Prof. K. H. Pohl (Historisches Seminar, Universität Kiel) erhält Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Vom Wohltätigkeitsinstitut<br />

zum Eckpfeiler des modernen Sozialstaates. Zur Geschichte der Arbeitsverwaltung<br />

in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert“.<br />

Das Projekt soll die Geschichte der öffentlichen Arbeitsverwaltung in<br />

Deutschland von den ersten kommunalen Arbeitsnachweisen im<br />

Kaiserreich bis hin zu dem die gesamte Bundesrepublik Deutschland<br />

mit einem engmaschigen Netzwerk überspannenden System der<br />

staatlichen Arbeitsämter (mit der Bundesanstalt für Arbeit an der<br />

Spitze) nachzeichnen und – über eine reine Institutionengeschichte<br />

hinausgehend – in den Kontext der Geschichte des modernen Sozialstaats<br />

einbetten. Die Peripetien staatlicher Arbeitsverwaltung in der<br />

Endphase der Weimarer Republik, unter dem nationalsozialistischen<br />

Regime, in der Zusammenbruchgesellschaft nach 1945, im Zeichen<br />

des Wirtschaftswunders und der strukturellen Arbeitslosigkeit seit<br />

den 1970er Jahren sowie im vereinten Deutschland werden breit dargestellt.<br />

Aspekten wie der Kontroll-, Selektions- und Sanktionsfunktion<br />

der Arbeitsverwaltung an den Rändern der Arbeitsgesellschaft,<br />

dem Verhältnis von Selbstverwaltung und staalicher Kontrolle, der<br />

Entwicklung der Frauenerwerbstätigkeit und Ausländerbeschäftigung<br />

gilt das besondere Augenmerk. Damit soll ein bislang vernachlässigter<br />

Bereich der Gesellschaftsgeschichte in den Vordergrund<br />

gerückt und zugleich das 50jährige Bestehen der Bundesanstalt für<br />

Arbeit im Jahre <strong>2002</strong> gewürdigt werden. Ergebnis des Projekts ist<br />

eine Monographie, die kurz vor dem Abschluss steht und in der<br />

Schriftenreihe des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

der Bundesanstalt für Arbeit erscheinen wird.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> stellte Prof. R. Spree (Seminar für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte,<br />

Universität München) für das Projekt „Ein Human<br />

Development Index für Deutschland. Die Entwicklung des Lebensstandards<br />

von 1920 bis 1960“ Fördermittel zur Verfügung.<br />

Ziel des Forschungsprojekts ist es, die Entwicklung des Lebensstandards<br />

breiter Bevölkerungsschichten in Deutschland zwischen 1920<br />

und 1960, vor allem während der NS-Zeit, und die Ursachen für<br />

Arbeitsverwaltung<br />

19./20. Jh.<br />

Human<br />

Development<br />

Index


GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 82<br />

Trends und regionale sowie soziale, speziell geschlechtsspezifische<br />

Unterschiede zu analysieren.<br />

Als Referenzmaß wird der Human Development Index (HDI) verwendet,<br />

der sich aus den drei Wohlfahrtskomponenten Gesundheit,<br />

Bildung und Zugang zu Ressourcen zusammensetzt. Neben dem HDI<br />

wird der sogenannte GDI (Gender-related Development Index) eingesetzt,<br />

der die HDI-Werte um das Ausmaß der Ungleichheit zwischen<br />

Männern und Frauen korrigiert. Zudem wird ein erweiterter<br />

Development Index konstruiert, der sowohl eine vollständigere Erfassung<br />

des Lebensstandards gewährleistet als auch die regional differenzierte<br />

Analyse ermöglicht. Dieser Index setzt sich aus folgenden<br />

Indikatoren zusammen: Bruttoschulbesuchsraten im primären und<br />

sekundären Bildungssektor, Säuglings-, Kinder- und Müttersterblichkeit,<br />

Lebenserwartung ab dem fünften Lebensjahr, Morbiditätsraten,<br />

Einkommen und Arbeitslosigkeit.<br />

Ein weiterer zentraler Aspekt des Projektes ist die Erforschung der<br />

Ursachen für die während der Weltwirtschaftskrise und in der frühen<br />

Phase des NS-Regimes aufgetretenen Divergenzen zwischen der gesundheitlichen<br />

und der ökonomischen Entwicklung. Darüber hinaus<br />

soll ein Vergleich Deutschlands mit anderen westeuropäischen Ländern<br />

die deutsche Wohlfahrtsentwicklung im europäischen Kontext<br />

einzuschätzen helfen.<br />

Als wichtigste Quellen für das Projekt dienen die Angaben in den<br />

Publikationen der Statistischen Ämter. Die quantitativen Ergebnisse<br />

sollen in einer Datenbank aufbereitet und im Internet präsentiert<br />

werden.<br />

Schwerpunktmäßig konzentriert sich die Arbeit bislang auf die Erfassung<br />

der einschlägigen Daten aus den Veröffentlichungsreihen<br />

des Statistischen Reichsamtes und des Statistischen Bundesamtes sowie<br />

aus verschiedenen zeitgenössischen Periodika wie z. B. Reichsarbeits-<br />

und Reichsgesundheitsblatt. Ergänzend dazu wurden die relevanten<br />

Bestände des Bundesarchivs (Berlin, Koblenz) ausgewertet.<br />

Auf nationaler Ebene ist die Erfassung und Berechnung der zur Konstruktion<br />

der verschiedenen Indizes vorgesehenen Indikatoren und<br />

deren Aufbereitung zu Zeitreihen beendet. Für weitere acht westeuropäische<br />

Staaten ist die Ermittlung des HDI für mehrere Stichjahre<br />

abgeschlossen. Erste Ergebnisse der bisherigen Auswertungen wurden<br />

in einem Aufsatz mit dem Titel „Ein Human Development Index<br />

für Deutschland: Die Entwicklung des Lebensstandards von 1920 bis<br />

1960“ zusammengefasst (zur Veröffentlichung eingereicht beim<br />

Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte).<br />

Der Akzent der gegenwärtigen Phase der Untersuchung liegt auf der<br />

Durchführung der Regionalanalyse. Regionale Unterschiede in der<br />

Wohlfahrtsentwicklung sollen dabei auf Länderebene des Deutschen<br />

Reichs und der Bundesrepublik sowie anhand ausgewählter Regierungsbezirke<br />

und größerer Städte Westdeutschlands in den Volkszählungsjahren<br />

diskutiert werden. Im Moment werden deshalb die


83<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Auswertung der Publikationen der Statistischen Ämter der Länder/Städte<br />

sowie die Dateneingabe und Berechnung der Lebensstandardindikatoren<br />

für die ausgewählten Gebiete durchgeführt.<br />

Mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> arbeitet Prof. H. G. Hockerts (Historisches<br />

Seminar, Universität München) an dem Projekt „Die Entstehung<br />

der ,aktiven Arbeitsmarktpolitik‘ in der Reformära der Bundesrepublik.<br />

Genese, Kontext und Wirkung des Arbeitsförderungsgesetzes<br />

von 1969“.<br />

Bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nimmt in der Bundesrepublik<br />

die staatliche Arbeitsmarktpolitik eine herausragende Rolle ein.<br />

Deren grundlegende Neuordnung durch das Arbeitsförderungsgesetz<br />

von 1969 (AFG) war ein zentrales Reformwerk der Großen Koalition,<br />

das bis heute erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen hat.<br />

War Arbeitsmarktpolitik zuvor weitgehend reaktiv angelegt und vor<br />

allem auf die Linderung der Folgen von Arbeitslosigkeit durch Leistungsgewährung<br />

aus der Arbeitslosenversicherung gerichtet, so<br />

zielte die neue „aktive“ Arbeitsmarktpolitik nach 1969 darauf, Arbeitslosigkeit<br />

erst gar nicht entstehen zu lassen. Dabei verbanden<br />

sich sozialpolitische Motive mit dem Ziel der ökonomischen Wachstumsvorsorge:<br />

Mit den Mitteln einer dem Strukturwandel der Wirtschaft<br />

angepassten Qualifizierung des Arbeitskräftepotentials sollte<br />

sektorale Arbeitskräfteknappheit vermieden werden, die – durch<br />

den technischen Wandel bedingt – das Wachstum gefährden konnte.<br />

Die Arbeitsmarktpolitik sollte „vorausschauend“, „aktiv“ und „langfristig<br />

angelegt“ werden; dazu wurden neue Instrumente geschaffen<br />

und mit der Gründung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

die wissenschaftsbasierten Informations- und Prognosekapazitäten<br />

deutlich erhöht. Das Arbeitsförderungsgesetz wurde daher<br />

als „Grundgesetz moderner Arbeitsmarktpolitik“ 1969 ebenso begeistert<br />

aufgenommen wie zwei Jahre zuvor das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz,<br />

welches das stetige Wachstum der Nachkriegszeit auf<br />

Dauer sichern sollte.<br />

Als das Arbeitsförderungsgesetz 1969 verabschiedet wurde, erschien<br />

die Kombination von wirtschaftlicher Stagnation und Massenarbeitslosigkeit<br />

unvorstellbar, die sich nach 1973 herausbildete und als<br />

„Krise der Arbeitsgesellschaft“ die gesellschaftlichen Grundmauern<br />

erschütterte. Bei der Regelung von 1969 war man von einer Situation<br />

der Vollbeschäftigung ausgegangen. Einen großen exogenen<br />

Schock wie den der ersten Ölkrise 1973 und den Zusammenbruch<br />

des Bretton-Woods-Systems hatte damals kaum jemand für möglich<br />

gehalten.<br />

Sechs Fragenbereiche stehen im Mittelpunkt der Untersuchung: Sie<br />

soll erstens die Entstehungsgeschichte der Reform empirisch klären.<br />

Zweitens wird am Beispiel der Reform die Neubesinnung des Verhältnisses<br />

von Wirtschafts- und Sozialpolitik und in diesem Zusammenhang<br />

auch die Relevanz ökonomischer Theorieansätze (z. B. des<br />

Keynesianismus) für sozialpolitische Innovationen in den Blick ge-<br />

BRD<br />

Arbeitsmarkt


Ezra Pound<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 84<br />

nommen werden. Bei der weiteren Einordnung in übergreifende Zusammenhänge<br />

wird drittens nach der neuen institutionellen Rolle<br />

des Staates als „aktivem“ Gestalter gesellschaftlicher Zusammenhänge<br />

und viertens nach der Wirkungsmacht gefragt, die allgemeine<br />

Reformtendenzen der Reformära der Bundesrepublik (1966–1974)<br />

auf dem speziellen Feld der Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik<br />

hatten (u. a. Planung, Verwissenschaftlichung, Zukunftsantizipation,<br />

politikfeldübergreifende Koordinierung). Fünftens sollen am Beispiel<br />

der Arbeitsmarktpolitik Grad und Reichweite der Internationalisierung<br />

des sozial- und wirtschaftspolitischen Handelns untersucht<br />

werden (u. a. Einflüsse internationaler Organisationen wie OECD<br />

und ILO, mögliche Vorbildfunktion Schwedens). Sechstens wird<br />

nach der Wirkungsgeschichte der Reform im Übergang von der Vollbeschäftigungsperiode<br />

zur „Krise der Arbeitsgesellschaft“ gefragt.<br />

Dabei soll ein spezifisch auf das AFG und seine Wirkungsgeschichte<br />

zugeschnittener Analyseansatz entwickelt werden, der ein historisches<br />

Urteil über die Adäquanz der zeitgenössischen Problemformulierung<br />

erlaubt und das Problem zu klären versucht, inwiefern das<br />

AFG Veränderungen der Struktur der Arbeitsgesellschaft wahrnehmen<br />

und auf sie reagieren konnte. Darüber hinaus wird gefragt, inwieweit<br />

die Instrumente des AFG im Rahmen des mit diesen Instrumenten<br />

Erreichbaren effizient eingesetzt wurden.<br />

Prof. C.-L. Holtfrerich und Prof. H. Ickstadt (John F. Kennedy-Institut<br />

für Nordamerikastudien, FU Berlin) erhalten von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel<br />

für das Projekt „Ezra Pounds ökonomische Korrespondenz<br />

(1933 bis 1945). Kommentierte Ausgabe“.<br />

Das Forschungsprojekt befasst sich mit Ezra Pounds ökonomischen<br />

Briefwechsel. Diese erste Phase der Arbeit wurde in erster Linie der<br />

Findung, Sammlung, Auswertung, Auswahl, Transkription und Zusammenstellung<br />

der Briefe Pounds in einem Buchentwurf gewidmet.<br />

Als Resultat einer Vorprüfung des Pound-Nachlasses im Archiv der<br />

Beinecke Library der Yale University wurden Kopien der verschiedenen<br />

Briefwechsel Pounds von dort erworben. Diese Briefe diskutieren<br />

die Arten und Natur des Geldes, Banken und Finanzen, Politik<br />

und Krieg in Amerika, England, Italien und Frankreich der dreißiger<br />

Jahre. 19 Briefwechsel, die auf Mikrofilm vorliegen, wurden inzwischen<br />

ausgewertet, transkribiert und in chronologischer Reihenfolge<br />

geordnet. Ein Forschungsaufenthalt im Archiv der Beinecke Library<br />

und im Harry Ransom Center der University of Texas at Austin ist geplant.<br />

Erstens soll dort Pounds gesamte allgemeine Korrespondenz<br />

der dreißiger Jahre durchsucht werden mit dem Ziel, ob die Zahl der<br />

relevanten Briefpartner vollständig ist. Zweitens sollen die bereits<br />

ausgewählten Texte mit Originalen verglichen und editorisch geprüft<br />

werden. Drittens sollen die Publikationen (Bücher und Artikel)<br />

von Pound und seinen Briefpartnern über Wirtschaftsfragen eingesehen<br />

werden, um sie für den wissenschaftlichen Apparat nutzbar zu<br />

machen. Nach Zusammenstellung der relevanten Briefe wird die


85<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

Kommentierung der Edition im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.<br />

Die Briefe Pounds nehmen auf eine Vielzahl von Persönlichkeiten<br />

aus der Politik, Wissenschaft, Literatur und Zeitgeschichte Bezug<br />

und erwähnen viele aktuelle Ereignisse der dreißiger Jahre. Inzwischen<br />

ist eine umfangreiche Datenbank mit Informationen darüber<br />

entstanden. Zusammen mit den Briefen von Pounds Korrespondenzpartnern<br />

ist sie die wichtigste Grundlage für den wissenschaftlichen<br />

Apparat. Die Datenbank enthält biographische Daten, Erklärungen<br />

von Begriffen, z. B. des Sozialkredits, Angaben zu historischen Ereignissen<br />

und ähnliches.<br />

Prof. S. Breuer (Fachbereich Soziologie, Hamburger Universität für<br />

Wirtschaft und Politik) erhält von der <strong>Stiftung</strong> Finanzmittel für die<br />

Edition des Briefwechsels zwischen Ernst Jünger und Friedrich Hielscher.<br />

In der umfangreichen Korrespondenz, die Ernst Jünger (1895–1998)<br />

während seines langen Lebens führte, nimmt der erst kürzlich entdeckte<br />

Briefwechsel mit Friedrich Hielscher (1902–1990) eine Sonderstellung<br />

ein. Schon rein quantitativ gehört diese Korrespondenz<br />

Jüngers mit ca. 220 Briefen und Karten, die zwischen 1927 und 1985<br />

gewechselt wurden, zu den bedeutendsten, die nur von denjenigen<br />

mit Carl Schmitt, Hugo Fischer und Georg Jünger übertroffen wird.<br />

Angesichts der Tatsache, dass Jünger nach der nationalsozialistischen<br />

Machtübernahme aus Sicherheitsgründen erhebliche Teile<br />

seiner Korrespondenz vernichtet hat, stellt sein Briefwechsel mit<br />

Hielscher eine einzigartige Quelle dar, die wichtige Hintergrundinformationen<br />

zu den Essays und Aufsätzen Jüngers aus den 20er und<br />

30er Jahren enthält.<br />

In der Beziehung zwischen Jünger und Hielscher verschränken sich<br />

zwei Lebenswege von sehr unterschiedlichem Bekanntheitsgrad.<br />

Während Ernst Jünger zu den prominentesten und umstrittensten<br />

deutschen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts zählt, ist der Name<br />

Friedrich Hielscher nur Wenigen vertraut. Seine Karriere als politischer<br />

Publizist begann Hielscher 1926 bei der von Ernst Jünger und<br />

Helmut Franke herausgegebenen neonationalistischen Zeitschrift<br />

„Arminius“. 1931 erschien sein wichtigstes Werk „Das Reich“ im<br />

Verlag des Stahlhelm. Buch und Zeitschrift waren die geistige<br />

Grundlage für einen Kreis von politisch rechtsstehenden Intellektuellen,<br />

der sich zu dieser Zeit um Hielscher konstituierte. Neben seiner<br />

publizistischen Tätigkeit führte Hielscher häufig Gespräche mit<br />

verschiedenen Gruppen der Rechten. Zahlreiche Anhänger für seine<br />

neue Reichslehre konnte er auch aus Kreisen der bündischen Jugend<br />

rekrutieren. Während des Dritten Reiches arbeitet er im „SS-Ahnenerbe“,<br />

dass sich mit germanischer Brauchtums- und Vorgeschichtsforschung<br />

befasste. Hielscher, der von Anfang an gegen den Nationalsozialismus<br />

eingestellt war, organisierte die Widerstandsarbeit<br />

seines Kreises auf mehreren Ebenen. Er überzeugte einige seiner<br />

Ernst Jünger<br />

Friedrich<br />

Hielscher


Historia<br />

Scientiarum<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 86<br />

Anhänger, in NS-Organisationen einzutreten, um von innen heraus<br />

gegen die Partei zu arbeiten. An mehreren Fluchthilfeaktionen für<br />

Juden und andere Verfolgte des NS-Regimes war er beteiligt. Nach<br />

dem Kriegsende lebte Hielscher unter kärglichen Bedingungen auf<br />

einem hochgelegenen Einödhof im Schwarzwald. Der Schwerpunkt<br />

seines Engagements lag zuletzt hauptsächlich im religiösen Bereich.<br />

Der Briefwechsel Hielschers mit Jünger weist ein breites Themenspektrum<br />

auf, das von banalen Alltäglichkeiten bis ins Religiös-Metaphysische<br />

reicht. Am intensivsten scheint die Beziehung zwischen beiden<br />

zwischen 1927 und 1933 gewesen zu sein, als sie an diversen nationalrevolutionären<br />

Blättern zusammenarbeiteten, gemeinsam in<br />

Sammelbänden wie Jüngers „Krieg und Krieger“ (1930), „Mondstein<br />

– Magische Geschichten“ (1930), „Aufstand – Querschnitt durch den<br />

revolutionären Nationalismus“ (1931) und in einem „grünen Heft“ der<br />

NS-Briefe schrieben und sich gegenseitig besuchten. Als Jünger 1933<br />

Berlin verließ, lockerte sich der Kontakt. Hielscher besuchte ihn nur<br />

noch selten, u. a. 1943 in Paris, wo er ihn auch über die Ghettos im<br />

Osten und über die nationalsozialistische Vernichtungspolitik informierte.<br />

Nach dem Krieg rückten die Überlebenden zunächst wieder<br />

enger zusammen. Später kühlte sich ihre Beziehung jedoch wieder ab.<br />

Jüngers Tagebücher weisen nur noch wenige Eintragungen zu Hielscher<br />

auf.<br />

Der Briefwechsel zwischen Hielscher und Jünger gibt Aufschluss<br />

über das personelle Netzwerk des sog. „Neuen Nationalismus“, über<br />

die Ideologieentwicklung, insbesondere das Verhältnis von Politik<br />

und Religion, über die publizistischen Strategien und Querverbindungen<br />

zu einflussreichen Akteuren wie etwa zu Kapitän Ehrhardt<br />

oder zur nationalsozialistischen Führungsspitze. Die Briefe zeigen<br />

zugleich, wie seit Ende der 20er Jahre die Distanz Jüngers zum Nationalsozialismus<br />

zunimmt, um 1933 in eine oppositionelle Haltung<br />

überzugehen. Auch die nach dem Krieg gewechselten Briefe sind<br />

aufschlussreich über die dem NS-Regime entgegengebrachte Ablehnung,<br />

über konkrete Hilfeleistungen für verfolgte Juden und nicht<br />

zuletzt hinsichtlich der Selbstkritik an früheren nationalistischen Positionen.<br />

Die Briefe sind insofern eine notwendige Ergänzung zu den<br />

bereits bekannten politischen und literarischen Schriften Jüngers.<br />

Sie ermöglichen ferner neue Einblicke in die Entwicklung seiner politischen<br />

und religiösen Einstellungen, die zu einem nicht unerheblichen<br />

Teil durch Friedrich Hielscher beeinflusst wurden.<br />

Von vielen Autoren des 17., 18. und 19. Jahrhunderts, die für die historisch<br />

orientierten Geisteswissenschaften eine Quellengrundlage<br />

darstellen, fehlen Gesamtausgaben oder größere Teilsammlungen.<br />

Bei der bekannten Bestandsstreuung im deutschen Bibliothekswesen<br />

ist die Benutzung des Œuvres eines solchen Autors in seiner Gesamtheit<br />

praktisch kaum möglich.<br />

Das Editionsprogramm der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> macht wichtige<br />

Werke der deutschen Wissenschaftsgeschichte neu zugänglich. Es


87<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

erstreckt sich ebenso auf die Geisteswissenschaften wie auf die Naturwissenschaften.<br />

Es umfasst Werke, von denen es – trotz ihrer historischen<br />

Bedeutung und ihrer fortdauernden Wirkung – bislang weder<br />

moderne Ausgaben noch Nachdrucke gibt.<br />

Das gesamte Editionsprogramm wird Bibliotheken in Mittel- und<br />

Osteuropa in Form einer Bibliotheksbeihilfe zur Verfügung gestellt.<br />

Die Bände erscheinen seit Herbst 1996 in der Reihe „Historia Scientiarum<br />

– ein Editionsprogramm zur Geschichte der Wissenschaften in<br />

Deutschland“ (Hrsg. von Bernhard Fabian und Olaf Breidbach, Johannes<br />

Burkhardt, Knut Wolfgang Nörr, Bertram Schefold, Hans-<br />

Werner Schütt und Walter Sparn) im Olms Verlag Hildesheim.<br />

Archäologie; Altertumswissenschaft<br />

Die Erforschung alter, meist prähistorischer Kulturen hat weltweit zu<br />

einer dramatischen Expansion der Ausgrabungswissenschaften und zu<br />

einer Fülle neuer, oft hochspezialisierter Archäologien geführt. Dabei<br />

spielt die Zusammenarbeit zwischen Archäologen und Naturwissenschaftlern<br />

eine immer größere Rolle. Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> muss<br />

sich angesichts dieser Ausweitung der Forschungen auf bestimmte<br />

Bereiche konzentrieren. Im Zentrum ihrer Förderung steht traditionsgemäß<br />

der Mittelmeerraum, wobei der Schwerpunkt bei den griechischen<br />

und italienischen Kulturen und deren Beziehungen zu den<br />

Nachbarn liegt. Archäologie wird dabei als eine historische Disziplin<br />

im Rahmen der klassischen Altertumswissenschaft verstanden.<br />

Es können alle Formen der archäologischen Forschung, seien sie<br />

mehr theoretischer oder praktischer Art, gefördert werden. Das Interesse<br />

der <strong>Stiftung</strong> ist jedoch weniger auf reine Materialvorlagen<br />

und Katalogarbeiten als vielmehr auf Projekte gerichtet, die klar definierte<br />

historische Fragestellung verfolgen, sich durch methodisch<br />

interessante Ansätze auszeichnen oder neue Techniken im Bereich<br />

der Ausgrabungen oder der Datenverarbeitung anwenden.<br />

Einen Vorrang genießen Arbeiten, die spezifische Eigenarten und<br />

Veränderungen einer Kultur in konkreten historischen Kontexten<br />

beschreiben und analysieren. Als besonders vielversprechend wird<br />

z. B. die Erforschung antiker Städte unter Beteiligung von Forschern<br />

unterschiedlicher Spezialkompetenz angesehen. Auch die traditionellen<br />

kunsthistorischen Ansätze können im Rahmen einer solchen<br />

integrierten Betrachtungsweise neue Bedeutung gewinnen: Als Projektion<br />

der Werte und Ideale einer Gesellschaft steht die Bilderwelt<br />

in einem ständigen Spannungsverhältnis zur Alltagswelt. Als besonders<br />

fruchtbar haben sich in letzter Zeit Studien erwiesen, die kulturvergleichend<br />

arbeiten und Phänomene der Akkulturation oder des<br />

Kulturverfalls thematisieren.


Villa des<br />

Domitian<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 88<br />

Im Bereich der Alten Geschichte und der Klassischen Philologie werden<br />

insbesondere Vorhaben gefördert, die methodisch oder sachlich<br />

interdisziplinären Charakter haben und sich gegebenenfalls mit den<br />

Fragestellungen der Archäologie verbinden lassen. Für die Geschichtswissenschaft<br />

sind dies vornehmlich Projekte aus den Bereichen<br />

der Religions-, Wirtschafts-, Sozial- und Mentalitätsgeschichte,<br />

für die Philologie Untersuchungen von Texten im gleichen Fragehorizont.<br />

Beachtung verdient dabei der Dialog der altertumswissenschaftlichen<br />

Disziplinen und Teildisziplinen untereinander mit dem Ziel, die<br />

Erfahrung ausdifferenzierter Methoden der Einzelfächer in integrative<br />

Ansätze einzubringen. Analoges gilt für die alte Geschichte als<br />

Teil einer umfassenden Geschichtswissenschaft und für die Klassische<br />

Philologie als Sprach- und Literaturwissenschaft und in Relation<br />

zur Philosophie und zur antiken Wissenschaft.<br />

Schließlich sind Forschungsansätze zu begrüßen, die die Altertumswissenschaft<br />

insgesamt mit den anderen Kulturwissenschaften in Beziehung<br />

setzen.<br />

Prof. H. v. Hesberg (Archäologisches Institut, Universität Köln) erhält<br />

für Die Aufnahme der Kryptoportikus in der Villa Domitians in Castel<br />

Gandolfo Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Villa Domitians – zwischen den Ortschaften Albano und Castel<br />

Gandolfo und fast mit dem Areal der heutigen Papstvilla identisch<br />

gelegen – war der wichtigste, z.T. als Sommerresidenz genutzte<br />

Landsitz des Kaisers. Den noch verbliebenen Baumkomplexen nach<br />

handelt es sich – nach der Villa Hadrians bei Tivoli – um die größte<br />

unter den bislang bekannten Kaiservillen. Die Bedeutung der Anlage<br />

liegt in ihrer Monumentalität und prachtvollen Ausstattung. In<br />

ihr manifestierte sich ein neues Konzept von Herrschaft, in dem der<br />

„Palast“ des Kaisers zugleich auch ein öffentlicher Ort von zentraler<br />

Bedeutung zu sein hatte. In Rom fand es seinen Ausdruck in den<br />

Bauten des Palatin.<br />

Die Kryptoportikus bildete in der Villa eine Art Rückgrat. Bei einer<br />

Länge von 300 m, 7,50 m Breite und 10 m Höhe stellt diese die größte,<br />

bisher fassbare unterirdische Hallenanlage der Antike dar. Die Interpretation<br />

dieser Anlage schwankt zwischen einem Verständnis als<br />

vestibülartigem Zugang, in dem Besucher auf die Salutatio oder Audienz<br />

warteten und als Locus Amoenus für den Villenbesucher.<br />

Trotz der seit der Renaissance stattfindenden vereinzelten Grabungen<br />

fehlen systematische Untersuchungen modernen Standards. Aus<br />

diesem Grunde sollen nun sorgfältige Vermessungen und fotogrammetrische<br />

Aufnahmen durchgeführt werden mit dem Ziel, den Befund<br />

zu dokumentieren, die Bauphasen zu rekonstruieren und die<br />

Anlage selbst im Kontext der Villa darzustellen.<br />

In einer zweiwöchigen Kampagne im Oktober <strong>2001</strong> wurde der noch<br />

stehende Teil der Kryptoportikus durch Mitglieder des Instituts für


89<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Abb. 5: Projekt „Die Aufnahme der Kryptoportikus in der Villa Domitians in Castel<br />

Gandolfo“: Die langgestreckte Kryptoportikus ist in ihrem südlichen Abschnitt weitgehend<br />

erhalten. Für ihre Anlage wurde der dort anstehende Felsen ausgeschnitten<br />

und die Bogenkonstruktion darüber errichtet. Dieser Teil der Kryptoportikus erhielt<br />

ihr Licht aus einer Serie von Fenstern im Gewölbeansatz, im nördlichen, heute weitgehend<br />

zerstörten Teil hingegen von seitlich in der Wand sitzenden großflächigen<br />

Fenstern. Die Wände waren mit rotem Putz verkleidet. Dem heutigen Garten muss in<br />

der Antike eine ähnliche Anlage auf etwas höherem Niveau entsprochen haben,<br />

deren Entwässerungskanäle während der Arbeiten entdeckt wurden.


Römische<br />

Städte<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 90<br />

Photogrammetrie und Fernerkundung der Universität Karlsruhe<br />

photogrammetrisch aufgenommen und der übrige Abschnitt mit geodätischen<br />

Methoden. Eine einwöchige Überprüfung des Befundes<br />

im März <strong>2002</strong> kam hinzu, da zu diesem Zeitpunkt wichtige Abschnitte<br />

des Baus noch nicht wieder überwachsen waren. Auf diese<br />

Weise war es möglich, den Bauvorgang zu klären, die Datierung<br />

durch eine ganze Reihe von Ziegelstempeln zu sichern, eine Rekonstruktion<br />

der Gesamtanlage zu erarbeiten und auch Details wie z. B.<br />

den Dektor der Außen- und Innenwände zu klären.<br />

Dr. M. Heinzelmann (Kommission zur Erforschung des antiken Städtewesens,<br />

Bayerische Akademie der Wissenschaften, München) erhielt<br />

für das Projekt „Stadtbild und kulturelle Identität – Urbanistische<br />

Studien zur regionalen Vielfalt römischer Städte in der Kaiserzeit“<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Kultur des römischen Reiches ist vor allem eine städtische Kultur.<br />

Daher verwundert es nicht, dass die Erforschung der römischen<br />

Städte auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Während die<br />

Althistoriker sowohl die staatsrechtliche Organisation als auch die<br />

wirtschaftliche bzw. soziologische Entwicklung untersucht haben,<br />

ging es den Archäologen vor allem um zivilisatorische Aspekte<br />

(Fließwasserversorgung, Basiliken, Unterhaltungsbauten etc.). Erst<br />

in jüngerer Zeit wurde ein gesamtheitlicher Ansatz entwickelt, dem<br />

es um eine möglichst umfassende Rekonstruktion und Analyse des<br />

städtischen Lebens geht, wobei die optische Erscheinung der Stadt<br />

mit den Handlungs- und Kommunikationsstrategien der Bewohner<br />

und des Staates in Korrelation gebracht wird.<br />

Während sich diese neuere Stadtforschung vorwiegend auf Parallelentwicklungen<br />

innerhalb des Reichsgebiets konzentrierte, sollen in<br />

diesem Projekt die bislang wenig thematisierten charakteristischen<br />

Eigenheiten der Städte in den verschiedenen Regionen, die sich trotz<br />

einer einheitlichen Gesamtentwicklung bewahrt haben, herausgearbeitet<br />

werden. Das Ziel dieser überregionalen Vergleichsstudie ist,<br />

die Ursachen für die Ausprägung der unterschiedlichen urbanistischen<br />

Entwicklungsprozesse zu klären, wobei jeweils zwischen lokalen<br />

Besonderheiten, regionalen Traditionen und reichsweiten Einflüssen<br />

zu differenzieren ist. Am Beispiel der Unterschiede zwischen<br />

den Städten Perge, Thugga und Ostia kann die Vorgehensweise erläutert<br />

werden: Während sich in den griechisch geprägten und damit<br />

einer langen Polis-Tradition verpflichteten Städte im Osten des römischen<br />

Reiches (z. B. Perge) immer wieder Bürgerschaften zusammenschlossen,<br />

um Großbauprojekte zu realisieren (monumentale Säulenstraßen),<br />

mit denen sie ihrer Gemeinschaft im Konkurrenzkampf mit<br />

der Nachbarstadt Ausdruck verliehen, wurden die Neubaumaßnahmen<br />

im nordafrikanischen Thugga – meist unzusammenhängende<br />

Prachtbauten und Tempelanlagen – ausschließlich von Einzelpersonen<br />

oder Familien der Oberschicht getragen. Ausschlaggebend<br />

dafür war nicht der Wettbewerb der Städte untereinander, sondern<br />

die Konkurrenzsituation innerhalb der städtischen Führungsschicht.


91<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Ostia bietet mit seinen urbanistischen Defiziten wiederum eine andere<br />

Situation. Infolge der wirtschaftlichen Umbruchphase, die die<br />

Hafenstadt Roms zu einer auf privaten Gewinn ausgerichteten Großstadtgesellschaft<br />

mit ständiger Ab- und Zuwanderung werden ließ,<br />

entstanden zahlreiche kleinere identitätsstiftende Gruppierungen<br />

(Korporationen oder Kultgemeinschaften), denen nur wenig daran<br />

gelegen sein konnte, das unregelmäßig gewordene Straßensystem<br />

und die springenden Fahrbahnbreiten – verursacht durch die unterschiedlichen<br />

Grundstücksgrenzen – auf eigene Kosten zu erneuern.<br />

Die vergleichende urbanistische Studie ausgewählter Regionen des<br />

Römischen Reiches soll die zu untersuchenden Stadtveränderungen<br />

im Verlauf der frühen und mittleren Kaiserzeit (über dreißig Städte<br />

aus neun Regionen sind vorgesehen) in bezug auf die jeweiligen<br />

Identitäts- und Verhaltensmuster sowie die lokalen Traditionen und<br />

Wertvorstellungen analysieren. Dazu müssen Straßensysteme, Platzanlagen,<br />

die Ausgestaltung des öffentlichen Raumes genauso untersucht<br />

werden wie die wirtschaftliche Struktur der Stadt und das jeweilige<br />

Engagement der Bürger. Darüber hinaus muss u. a. nach den<br />

Trägern der städtebaulichen Entwicklung und den Motiven ihres<br />

<strong>Stiftung</strong>sverhaltens gefragt, die Rolle des Kaisers und der Kommunen<br />

sowie die Reaktionen der Öffentlichkeit geklärt werden.<br />

Prof. T. Hölscher (Archäologisches Institut, Universität Heidelberg)<br />

und HD Dr. B. Borg (Lehrstuhl für Klassische Archäologie, Universität<br />

Heidelberg) erhalten Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsvorhaben<br />

„Raum und Ritual im römischen Triumph“.<br />

In dem Vorhaben soll der Wegverlauf des römischen Triumphzuges<br />

als Selbstinszenierung des römischen Staates untersucht und das<br />

Wechselverhältnis zwischen topographischer bzw. architektonischer<br />

Gestaltung und ritueller Handlung verstehbar gemacht werden.<br />

Gestalt und Ausstattung des sakralen Raumes, die Form der Tempel<br />

und ihre Lage zu anderen Kultbauten haben sich nicht zufällig ergeben,<br />

sondern sind Ergebnis bewusster, religiös wie politisch motivierter<br />

Entscheidungen. Die Möglichkeit, den öffentlichen Raum im<br />

Zeichen des Kultes und der Macht zu formen, implizierte einen ständigen<br />

Wandel im Ritual (Kultvarianz) und in der Vorführung (Performanz),<br />

wobei der Festzug die Gestalt der umgebenden Architektur<br />

nach und nach beeinflusste und die Monumente umgekehrt Einfluss<br />

auf das kultische Handeln nahmen. In Verbindung mit zeichenhaften<br />

Symbolen und erzählerischen Bildelementen etc. konnten dabei<br />

Sinnzusammenhänge und Assoziationsfelder im Hinblick auf innenund<br />

außenpolitische Zielsetzungen gestiftet werden.<br />

Während die politische und religionshistorische Entwicklung derartiger<br />

Festakte bereits gut erschlossen, der Triumphbogen als prominentestes<br />

Monument des Prozessionsweges ausführlich erforscht<br />

worden ist, fand in der Forschung das Verhältnis zwischen kultischem<br />

Handeln und den urbanen Voraussetzungen nur am Rande<br />

Beachtung. Anhand literarischer, numismatischer und epigraphi-<br />

Römischer<br />

Triumph


Etrurien<br />

Stadtgenese<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 92<br />

scher Quellen sowie mit Hilfe der archäologischen Befunde soll am<br />

Beispiel eines bestimmten Triumphweges, nämlich vom südlichen<br />

Marsfeld vor der Porta Triumphalis durch das Stadtzentrum bis zum<br />

zentralen Heiligtum des Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol,<br />

der rituelle Handlungsraum rekonstruiert werden. In diesem Zusammenhang<br />

sollen Bilderschmuck, Inschriften und Architekturen in ihrer<br />

funktionalen, ikonographischen und religionshistorischen Beziehung<br />

zum Festzug untersucht werden, um die wechselseitige Durchdringung<br />

von religiöser Kommunikation, öffentlichem Raum und politischer<br />

Macht interpretieren zu können.<br />

„Stadtgenese und urabanistische Entwicklung in Etrurien (mit<br />

Schwerpunkt auf dem Zeitraum vom 8. bis zur 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts<br />

v.Chr.)“ ist Thema einer von der <strong>Stiftung</strong> geförderten Untersuchung<br />

von Prof. S. Steingräber (Deutsches Archäologisches Institut,<br />

Rom).<br />

In diesem Forschungsvorhaben soll die entscheidende Phase des<br />

Stadtwerdungsprozesses und der urbanistischen Entwicklung in<br />

Etrurien (Toskana, Nordlatium, Westumbrien) und den zeitweilig<br />

etruskisierten Zonen Italiens (Emilia-Romagna, Südlatium, Campanien)<br />

über etwa drei Jahrhunderte nachgezeichnet und in einer Publikation<br />

dargestellt werden. Die Zusammenarbeit mit italienischen<br />

und anderen Fachkollegen sowie die Anbindung an das DAI in Rom<br />

stellen die Voraussetzung dafür dar, auch Ergebnisse aus laufenden<br />

Siedlungsgrabungen, geophysikalischen, paläoanthropologischen,<br />

-zoologischen und -botanischen Untersuchungen sowie die Auswertung<br />

von Luftaufnahmen in die Recherchen miteinzubeziehen und<br />

im Kontext des eigenen Ansatzes zu analysieren. Dabei geht es vor<br />

allem um die Entstehung und Differenzierung von öffentlich-politischen<br />

sakralen und privaten Bereichen und Gebäuden, die im Verhältnis<br />

zum Vorderen Orient, zur griechischen Welt (vor allem: Ionien,<br />

Unteritalien und Sizilien) und zu Rom zu bewerten sind.<br />

Dem Einführungsteil, in dem es um Forschungsgeschichte sowie um<br />

Zielsetzung und Methoden des Forschungsvorhabens geht, soll sich<br />

ein sämtliche relevanten etruskischen Siedlungsreste erfassender<br />

Katalog anschließen. Die dort gewonnenen Einzelergebnisse werden<br />

im folgenden systematischen Teil vor allem unter der Fragestellung<br />

zu bewerten sein, wann und wo sich unterschiedliche Bereiche gemeinschaftlichen<br />

Zusammenlebens (öffentliche, sakrale und private<br />

Zonen, Gebäude und Räume) herausgebildet haben und wie sie sich<br />

innerhalb der Siedlungsstruktur darstellen. Von Bedeutung sind dabei<br />

Fragen der Siedlungsfläche, der Siedlungsdauer und -kontinuität,<br />

des Stadtplans, des Verhältnisses von bebauten zu unbebauten<br />

Zonen, möglicher Gesetzmäßigkeiten in der Anordnung öffentlicher,<br />

sakraler und privater Bauten, funktionaler, architektonischer<br />

und sozialer Unterschiede zwischen einzelnen Stadtquartieren, von<br />

Monumentalisierung und Innovation der Architektur und von Nekropolen<br />

als partielle Widerspiegelungen neuer urbanistischer Tendenzen.<br />

Im dritten Teil geht es um die kulturhistorische Einbindung der


93<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Abb. 6: Projekt „Stadtgenese und urbanistische Entwicklung in Etrurien“: Luftbildaufnahme<br />

aus ferngesteuertem Minihubschrauber der Felsgräbernekropole vom Pian<br />

del Vescovo bei Blera in Südetrurien.


Mykale-Survey<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 94<br />

urbanistischen Entwicklung Etruriens im italienischen und mediterranen<br />

Kontext. Dabei sollen die Rezeption (aus dem orientalischen<br />

und griechischen Bereich) und die Einflüsse (auf andere Teile Italiens)<br />

der etruskischen Kultur, das dynamische Beziehungsgeflecht<br />

zwischen „Stadt“, „Nekropole“ und „Territorium“ sowie politische<br />

und sozioökonomische Veränderungen untersucht werden. Im vierten<br />

Teil soll ein Ausblick auf die Entwicklung in nacharchaischer<br />

Zeit bis zur Romanisierung Etruriens gegeben werden. Auf der<br />

Grundlage der vorherigen Ergebnisse soll schließlich eine Definition<br />

erarbeitet werden, was „Stadt“ in Etrurien bedeutet und ab wann<br />

und in welchen Fällen man davon sprechen kann.<br />

Eine ausführliche Darstellung des Projekts ist derzeit im Druck in:<br />

Annali della Fondazione per il Museo „Claudio Faina“, Orvieto<br />

<strong>2001</strong>.<br />

Ein Artikel mit ersten Ergebnissen zur Thematik ist in Vorbereitung<br />

für: Etruscan Studies 8, <strong>2001</strong>.<br />

Prof. H. Lohmann (Institut für Archäologie, Universität Bochum) wurden<br />

von der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsprojekt „Mykale-Survey“<br />

Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />

Die historische Topographie des antiken Ionien und die Lage der<br />

Hauptorte der ionischen Amphiktyonie sind seit dem Ende des 19.<br />

Jhs. in großen Zügen bekannt. Dennoch hat über Jahrzehnte hinweg<br />

die Erforschung der Landschaft Ioniens nicht mit der seiner Metropolen<br />

Schritt gehalten. In besonderem Maße defizitär ist die Erforschung<br />

des Mykale-Gebirges, heute Dilek Dagˇlari, im südlichen Ionien,<br />

das trotz zahlreicher antiker Nachrichten zu seiner historischen<br />

Topographie und einer frühen archäologischen Karte von Karl<br />

Lyncker bis heute eine archäologische terra incognita blieb.<br />

Die Mykale ist ein westkleinasiatischer Gebirgszug, der den westlichen<br />

Abschnitt des Mäandergrabens im Norden begrenzt. Ihr Kamm<br />

»Mykales luftiger Scheitel« (Hom. Il. 2, 869), verläuft zwischen Söke<br />

im Osten und dem antiken Kap Trogilion im Westen in einem leicht<br />

nach Süden ausschwingenden Bogen, so dass die Nordhänge flacher<br />

ansteigen als die Südhänge. Das aus Gneis, Marmor, Kalkstein,<br />

Schiefer und Quarzit bestehende Gestein wechselt rasch. Die niederschlagsreicheren<br />

Nordhänge sind dicht bewaldet, ein verheerender<br />

Waldbrand hat 1996 den Waldbestand auf der Südseite westlich Tuzburgazi<br />

bis über Spilia hinaus vernichtet. An der Südflanke des Gebirges<br />

liegen von Ost nach West das jüngere Priene, ferner das bisher<br />

nicht sicher lokalisierte Naulochos und ganz im Westen Thebai<br />

an der Mykale. Auf der Nordflanke bei Güzelçamli wird das Panionion<br />

lokalisiert, die Stadt Melia vermutet man in einem karischen<br />

Ringwall auf dem Kale Tepe westlich dieses Ortes. Heute finden sich<br />

keine Dauersiedlungen im Gebirge, dessen Nordseite westlich Güzelçamli<br />

zum Nationalpark erklärt wurde.


95<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Abb. 7: Projekt „Mykale-Survey“: Ein Schwerpunkt der Kampagne bildete die<br />

Untersuchung und detaillierte Neuvermessung des antiken Thebai, das oberhalb des<br />

heutigen Korine auf einem langgestreckten wasserlosen Höhenrücken mit steilen<br />

Flanken in ca. 200 müM liegt.


Thugga<br />

Tunesien<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 96<br />

Mehr als hundert Jahre nach den ersten Ausgrabungen in Priene<br />

konnte ein Survey in der Mykale begonnen werden, der sich zum<br />

Ziel gesetzt hat, die menschliche Siedlungstätigkeit in diesem Gebirgsraum<br />

von ihren Anfängen bis in osmanische Zeit möglichst umfassend<br />

zu erforschen. Im Vorfeld der Geländearbeiten wurden aus<br />

Karten – namentlich der von Lyncker – und der Fachliteratur ca. 140<br />

presumtive Fundstellen ermittelt und eine neue Grundlage für eine<br />

archäologische Karte 1 : 50 000 geschaffen. Die ersten Untersuchungen<br />

betrafen das Gebiet von Thebai in der westlichen Mykale.<br />

Für die Archäologische Untersuchung zur frühen Siedlungsgeschichte<br />

von Thugga/Tunesien stellte die <strong>Stiftung</strong> PD Dr. S. Ritter<br />

(Archäologisches Institut, Universität Freiburg) Fördermittel bereit.<br />

Die im Hinterland von Karthago gelegene Stadt Thugga entwickelte<br />

sich im 2. Jh. v. Chr. zu einem bedeutenden urbanen Zentrum des<br />

Numiderreiches, bevor sie 46 v. Chr. dem römischen Imperium einverleibt<br />

wurde. Die heute sichtbaren Bauten entstanden größtenteils<br />

erst im 2. und 3. Jh. n. Chr., als das Stadtbild eine monumentalisierende<br />

Neugestaltung erfuhr. Bei den im Jahre 1891 einsetzenden<br />

Ausgrabungen ging es vor allem um die möglichst rasche und<br />

großflächige Freilegung dieser imposanten kaiserzeitlichen Ruinen,<br />

wogegen man sich weder für die früheren noch die späteren Perioden<br />

der Stadtentwicklung interessierte. Aufgrund des Fehlens dokumentierter<br />

Schichtengrabungen ist bis heute unklar, wie die Stadt,<br />

ihre Viertel und Häuser in den Jahrhunderten vor dem im 2. Jh. n.<br />

Chr. einsetzenden Bauboom aussahen und organisiert waren. Die<br />

Zeugnisse früherer Epochen liegen unter der heutigen Ruinenlandschaft<br />

versiegelt.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mittels der Ausgrabung eines<br />

größeren Areals im Süden Thuggas die Siedlungskontinuität der<br />

Stadt exemplarisch zu untersuchen. In diesem Areal lässt sich eine<br />

die gesamte Stadtgeschichte umfassende, von numidischer Zeit bis<br />

in die Spätantike reichende Siedlungsstratigraphie fassen. Die älteste<br />

Besiedlung ist bislang in zwei Bauten greifbar, die den Keramikbefunden<br />

zufolge in numidischer Zeit errichtet wurden. Bald nach<br />

dem Beginn der römischen Herrschaft wurde das Gebiet großflächig<br />

neustrukturiert: Die Vorgängerbebauung wurde abgerissen und einplaniert,<br />

und an der hier verlaufenden Durchgangsstraße errichtete<br />

man einen stattlichen Baukomplex, in dem sehr wahrscheinlich Keramikgefäße<br />

produziert wurden. Bereits im späteren 1. Jh. n. Chr.<br />

wurde dieser Handwerksbetrieb wieder aufgegeben; und im Zuge<br />

der Umgestaltung des Stadtviertels zu einem gehobenen Wohnbezirk<br />

wurde der Baukomplex durch verschiedene Einbauten umfunktioniert.<br />

In der Spätantike wurde das mittlerweile aufgelassene<br />

Gelände schließlich, wie einige Steinkistengräber zeigen, für Bestattungen<br />

genutzt.<br />

Zu fragen ist, wie sich diese strukturellen und funktionalen Veränderungen<br />

im Kontext der politischen, ökonomischen und kulturellen


97<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Wandlungen verstehen lassen, denen Thugga im Laufe seiner langen<br />

Geschichte unterworfen war. Die weiteren Grabungen sollen genaueren<br />

Aufschluss über die Struktur, Funktion und Zeitstellung der<br />

angetroffenen Bauten sowie über ihre Einbindung in die städtische<br />

Infrastruktur erbringen, um einen Einblick in die Organisation dieses<br />

Stadtbezirkes in den verschiedenen Phasen zu gewinnen. Da über<br />

das Wirtschaftsleben in Thugga bislang so gut wie nichts bekannt ist,<br />

kommt dabei dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass hier in<br />

der frühen Kaiserzeit ein größerer Handwerksbetrieb installiert<br />

wurde. Die Auswertung der zahlreichen Kleinfunde, insbesondere<br />

der Fundkeramik ist zugleich von überregionalem Interesse: denn<br />

aus dem Vergleich mit Befunden einerseits aus dem näheren Umland<br />

von Thugga, andererseits aus der Metropole Karthago sind weiterführende<br />

Ergebnisse zur Reichweite und Intensität von Handelsbeziehungen<br />

im vorrömischen und römischen Nordafrika zu erwarten.<br />

Dahinter steht die zentrale Frage, was der Prozess der ,Romanisierung‘<br />

für die Organisation alter städtischer Siedlungsräume in Nordafrika<br />

bedeutete.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt seit 1999 das Forschungsprojekt<br />

„Archäologische Untersuchung von vier römischen Landvillen<br />

und ihrer Territorien in Südportugal (Algarve)“ von Prof. H.-M. von<br />

Kaenel (Seminar für Griechische und Römische Geschichte, Universität<br />

Frankfurt a. M.).<br />

Innerhalb der römischen Provinz Lusitania (in etwa heutiges Portugal<br />

und spanische Extremadura) ist die ländliche Erschließung und Besiedlung<br />

derzeit nur punktuell bekannt. Im Rahmen des Forschungsprojektes<br />

sollen die bisherigen Ergebnisse der portugiesischen Bauund<br />

Bodendenkmalpflege zu vier römischen Villenplätzen nach einem<br />

einheitlichen System dokumentiert, durch kleine Geländearbeiten<br />

ergänzt und abschließend zusammengefasst werden.<br />

Über die bereits in den Vorjahren gepflegte Kooperation mit Kollegen<br />

der Universitäten Dublin, Galway und Budapest hinaus wurde in<br />

jüngster Zeit eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Bearbeitern<br />

des Corpus der römischen Mosaiken in Lusitanien (Prof. J. Lancha,<br />

Paris, und Prof. A. Alarcão, Coimbra) aufgenommen.<br />

Bei dem angestrebten Vergleich zwischen drei künstennahen Villen<br />

(Algarve) und einer binnenländischen Anlage (Alentejo) liegt ein besonderer<br />

Schwerpunkt auf der Erforschung der wirtschaftlichen<br />

Grundlagen jener Anwesen. So konnten im Berichtszeitraum die Untersuchungen<br />

in der römischen Villenanlage von Milreu abgeschlossen<br />

werden. Hier ist es gelungen, die bislang größte Olivenölpressenanlage<br />

auf dem Gebiet des heutigen Portugal systematisch zu untersuchen.<br />

Neben drei großen Kellerräumen mit noch 40 gut erhaltenen<br />

Vorratsgefäßen konnten die Presstenne mit insgesamt mindestens<br />

5 Pressen sowie den zugehörigen Gewichtssteinen aufgedeckt<br />

werden. Das keramische und numismatische Fundmaterial belegt<br />

eine ungewöhnlich lange Nutzung dieser landwirtschaftlichen Be-<br />

Portugal<br />

Römische Villen


Horvat<br />

Mazad<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 98<br />

triebsanlage von dem Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. bis weit in<br />

die Spätantike hinein. Nach Abschluss der Geländearbeiten wurde<br />

in Zusammenarbeit mit der örtlichen Denkmalpflege eine Teilrekonstruktion<br />

mit antiker Überdeckung der Anlage projektiert.<br />

Parallel zu diesen Arbeiten konnte die noch ausstehende Erfassung<br />

des Baubestandes in der Villenanlage auf dem Cerro da Vila (Vilamoura)<br />

vorangetrieben werden. Hier soll zur Abrundung des Gesamtprojektes<br />

eine künstennahe Siedlungsstelle mit ihren vermuteten<br />

Hafenanlagen und fischverarbeitenden Produktionsanlagen in<br />

ihrer zeitlichen Entwicklung untersucht werden. Dazu wurden neben<br />

kleinere Sondagen vor allen Dingen großflächige geophysikalische<br />

Geländeprospektionen durchgeführt. Aufgrund der zeitgleich<br />

begonnenen geomorphologischen Untersuchungen des Instituts für<br />

physikalische Geographie der Universität Jena ließen sich Fragen<br />

des antiken Küstenverlaufes und der das Landschaftsbild verändernden<br />

Erosionsprozesse klären.<br />

Alle Ergebnisse sollen zu einer Synthese zusammengefasst werden,<br />

nach der die Landschaftsentwicklung von der vorrömischen Eisenzeit<br />

über die Antike bis in das Frühe Mittelalter zu erkennen ist.<br />

Im Berichtszeitraum sind folgende Vorberichte erschienen:<br />

Hauschild, Th.; F. Teichner: Die römische Villa von Milreu. – In:<br />

Roteiros da Arqueologia Portuguesa. 7. Lissabon <strong>2002</strong>.<br />

Teichner, F.: From latifundium to monastery. – In: UCD Studies in<br />

the History of Art. 2. (Im Druck).<br />

Prof. M. Fischer (The Lester and Sally Entin Faculty of Humanities,<br />

Department of Classics, Tel Aviv University) erhält Fördergelder der<br />

<strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Horvat Mazad: Archaeology and history of a<br />

Jewish site before and after the First War against the Romans“.<br />

Die Stätte Horvat Mazad lag auf einer ca. 530 m hohen Bergkuppe<br />

und zwar an der bedeutenden antiken Verbindungsstraße zwischen<br />

Jaffa und Jerusalem. Hier haben sich in hellenistischer und<br />

hauptsächlich in römischer Zeit zahlreiche historisch und sozialgeschichtlich<br />

wichtige Ereignisse abgespielt. Seit Beginn der archäologischen<br />

Forschungen in Palästina ist dieses Areal von großem wissenschaftlichem<br />

Interesse, zumal sich hier die hellenistisch-römische<br />

Kultur inmitten einer jüdisch-geprägten Umgebung behaupten musste.<br />

Aber auch die Frage nach der jüdischen Besiedlung vor dem<br />

Krieg gegen die Römer soll geklärt werden. Hier dürften sich besonders<br />

eindrucksvoll die wechselnden Besiedlungsmuster nachweisen<br />

lassen, wie sie für die Randgebiete der hellenistischen und römischen<br />

Welt vom 2. Jahrhundert v. Chr. bis zum 6. Jahrhundert n. Chr.<br />

charakteristisch sind. Das Projekt basiert auf bereits geleisteten Grabungen<br />

und deren archäologisch-historischer Auswertung in den<br />

Jahren 1977–1995 durch das Department of Classical Studies, Tel<br />

Aviv University. Untersucht und dokumentiert werden sollen der<br />

geographisch-historische Hintergrund des Areals, seine Hauptarchi-


99<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

tekturkomplexe, klassifiziert nach ihrer Chronologie und ihrer Verwendung,<br />

sowie das übrige Kulturmaterial.<br />

Während <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> hat sich die Arbeit an diesem Projekt unter anderem<br />

auf die Untersuchung des geographisch-historischen Hintergrundes<br />

der Entwicklung des Areals konzentriert. Dabei wurden vor<br />

allem die wichtigsten Perioden hervorgehoben, die auch archäologisch<br />

nachweisbar sind. Es handelt sich vor allem um die intensivierte<br />

Neubesiedlung des Areals während der Makkabäerzeit<br />

(zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr.), um die Verbindung zwischen<br />

Jerusalem und dem Mittelmeer sicherzustellen, sowie um die<br />

frührömische Periode, als unter der Herrschaft von Herodes dem<br />

Großen und seinen Nachfolgern (Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr.<br />

bis etwa zum Jahr 66 n.Chr.) ein alljährlich dreimaliges jüdisches Pilgerwesen<br />

nach Jerusalem zu einem regelrechten Sicherheitsprojekt<br />

wurde.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte Prof. I. Roll (Department of Classics, Tel Aviv<br />

University) für die Erstellung des Ausgrabungsberichts „A Roman<br />

villa maritima at Apollonia – Arsuf: The material aspects of a coastal<br />

dwelling in the Land of Israel“ Fördermittel.<br />

Bei diesem in Apollonia-Arsuf (zwischen Jaffa und Caesarea, Israel)<br />

ausgegrabenen, auf einer mittelmeerischen Sandsteinklippe gelegenem<br />

Bau handelt es sich um ein römisches Landhaus. Den 1999 publizierten<br />

Untersuchungsergebnissen nach war diese Gegend bereits<br />

in vorgeschichtlicher, biblischer, persischer und hellenistischer Zeit<br />

kontinuierlich besiedelt. Die archäologischen Befunde ergaben, dass<br />

diese Villa in einer ersten Bauphase dem im römischen Westen gebräuchlichen<br />

Baustil (Peristyltypus) und Baumaterial (opus quadratum<br />

mit caementum) verpflichtet war. Ihr Besitzer muss entweder ein<br />

wohlhabender römischer Kaufmann oder eine lokale, dem römischen<br />

Einfluss gegenüber offene Persönlichkeit gewesen sein. Eine zweite<br />

Bauphase führte zu erheblichen Veränderungen von Struktur und<br />

Funktion, die auf eine Nutzung als Speicheranlage schließen lassen.<br />

Eine gewaltsame Einwirkung – möglicherweise das große Erdbeben<br />

von 113/114 oder 127/128 n. Chr. – führte zur Zerstörung des Komplexes,<br />

der nicht wieder instandgesetzt wurde. Das gesamte Areal<br />

diente ausschließlich als Abfallhalde.<br />

Anhand detaillierter Beschreibungen und der systematischen Analyse<br />

von Funden und Befunden sollen folgende, für diese Region bislang<br />

noch nicht gestellte Fragen beantwortet werden:<br />

– Architektur und Ausstattung der Villa, im Vergleich mit ähnlichen<br />

Anlagen<br />

– Analyse und vergleichende Studien der geborgenen Funde (Tongefäße,<br />

Öllampen, Glas, Metall, Knochen); Rekonstruktion des<br />

täglichen Lebens vom ersten bis zum dritten nachchristlichen<br />

Jahrhundert<br />

Apollonia-<br />

Arsuf


Palmyra<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 100<br />

– Rückschlüsse auf die kulturelle, wirtschaftliche, soziale und ethnische<br />

Situation in dieser Region, unter Berücksichtigung der<br />

historischen Quellenlage.<br />

Die Untersuchungsergebnisse zur vorrömischen Zeit dieser Gegend<br />

finden sich in:<br />

Roll, I.; O. Tal: Apollonia Arsuf. Final Report of excavations. Vol.<br />

1: The Persian and Hellenistic periods (with appendices on the<br />

Chalcolithic and Iron Age II remains). – Tel Aviv 1999. (Tel Aviv<br />

University, Monograph Series of the Institute for Archaeology;<br />

16).<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt das Forschungsprojekt „Die<br />

Urbanistik des hellenistischen Palmyra“ (Prof. A. Schmidt-Colinet,<br />

Institut für Klassische Archäologie, Universität Wien).<br />

Während man über die Geschichte und Kultur der syrischen Oasenstadt<br />

Palmyra in römischer Zeit durch literarische und archäologische<br />

Quellen gut informiert ist, ist das vorrömisch-hellenistische Palmyra<br />

bisher nur aus literarischen Quellen bekannt. Im Rahmen eines interdisziplinären<br />

Kooperationsprojektes des Deutschen Archäologischen<br />

Instituts und der Generaldirektion der Altertümer und Museen<br />

Syriens sollen daher die vorrömisch-hellenistische Siedlung von Palmyra<br />

lokalisiert und die urbanistischen Strukturen dieser frühen<br />

Stadt erforscht werden.<br />

Aus verschiedenen Gründen wurde die Lage der vorrömischen Siedlung<br />

von Palmyra außerhalb der späteren römischen Stadt südlich<br />

des großen Wadi vermutet. Dieses Areal von ca. 20 ha zeigt heute nur<br />

wenige oberirdische Bebauungen und ist in spätantiker und nachantiker<br />

Zeit nicht mehr überbaut worden. Durch eine geophysikalische<br />

Prospektion des betreffenden Geländes wurden im Magnetogramm<br />

auf der gesamten Fläche unterirdische Bebauungsstrukturen sichtbar:<br />

Haupt- und Nebenstraßen, kleinere und größere Wohneinheiten,<br />

Großbauten, Plätze und freie Flächen. Ausgehend von einer vorläufigen<br />

Interpretation des Magnetogrammes sollen durch Testgrabungen<br />

exemplarisch Ausschnitte der urbanistischen Strukturen dieser<br />

Siedlung erfasst werden. Stratigraphische Untersuchungen sollen<br />

darüber hinaus feste Anhaltspunkte für eine relative und absolute<br />

Datierung der entsprechenden Baustrukturen liefern.<br />

Erste 1999 und 2000 durchgeführte Sondagen erbrachten folgende<br />

Ergebnisse: Es wurde eine der Hauptstraßen mit angrenzender<br />

Wohnbebauung angeschnitten. Massive Kanalkonstruktionen belegen<br />

eine reiche Wasserversorgung des Quartiers. Die aufgehende<br />

Architektur besteht aus zwei Lagen Kalksteinquadern; darüber<br />

schließt eine mit Stuck verkleidete Lehmziegelarchitektur an. Öfen,<br />

große Pithoi mit inwendigen Resten von Färbematerial sowie zahlreiche<br />

Webgewichte lassen auf eine wirtschaftliche Nutzung, möglicherweise<br />

im Zusammenhang mit Textilproduktion, schließen. Relativ<br />

chronologisch lassen sich mehrere Bauphasen nachweisen, die


101<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Abb. 8: Projekt „Die Urbanistik des hellenistischen Palmyra“: Tessera aus Ton mit<br />

Darstellung der Stadtgöttin von Palmyra und Personifikation der Efqa-Quelle zu ihren<br />

Füßen.


Zafar/<br />

Jemen<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 102<br />

vom 3. Jahrhundert vor Chr. bis in das 2. Jahrhundert nach Chr. reichen.<br />

Im Keramikbefund auffällig und für Palmyra bisher erstmalig<br />

ist der hohe Anteil an hellenistischer Ware des 3. und 2. Jahrhunderts<br />

v. Chr.: u. a. Fischteller, Megarische Becher, rhodische Amphorenstempel.<br />

Insgesamt ergibt sich daraus zum ersten Mal für Palmyra<br />

eine gesicherte Keramik- und Siedlungsabfolge vom Hellenismus bis<br />

in die römische Kaiserzeit. Darüber hinaus lassen die Kleinfunde (neben<br />

der Keramik u. a. Gegenstände aus Bronze, Glas, Stuck und<br />

Münzen) die weitreichenden Handelsbeziehungen Palmyras schon<br />

in hellenistischer Zeit in neuem Licht erscheinen.<br />

Mit dem Nachweis der Existenz der hellenistischen Siedlung von<br />

Palmyra in dem betreffenden Areal eröffnet sich hier für den Vorderen<br />

Orient zum ersten Mal die Möglichkeit, vorrömisch-hellenistische<br />

Siedlungsstrukturen kontinuierlich über einen längeren Zeitraum<br />

sowie auf einer größeren Fläche zu untersuchen. Angesichts<br />

der Größe der Fläche kann dies nur exemplarisch in einzelnen Sondagen<br />

und Testgrabungen geschehen. Dabei erhalten die Befunde<br />

aus Palmyra gerade im Vergleich mit jüngst ergrabenen hellenistischen<br />

Befunden in benachbarten Regionen des syrischen Raumes (u.<br />

a. in Nisa, Dura Europos, Hierapolis, Apamea, Bosra, Gadara) besondere<br />

Bedeutung.<br />

Folgende Kurzberichte sind während des Berichtszeitraums erschienen:<br />

Schmidt-Colinet, Andreas; Kh. al-As’ad: Zur Urbanistik des hellenistischen<br />

Palmyra. Ein Vorbericht. – In: Damaszener Mitteilungen.<br />

12. 2000. S. 61–93; Taf. 7–16.<br />

Schmidt-Colinet, Andreas; G. Plattner: Geophysical survey and<br />

excavation in the „Hellenistic Town“ of Palmyra. – In: Archaeological<br />

Prospection. 4th International Conference on Archaeological<br />

Prospection, Vienna, 19. 13.9.<strong>2001</strong>. Ed.: M. Doneus et al. <strong>2001</strong>. S.<br />

175–177.<br />

Palmyra/Syrien: Kooperationsprojekt der Außenstelle Damaskus<br />

und der Orientabteilung des DAI, der Generaldirektion der Altertümer<br />

und Museen Syriens und des Instituts für Klassische<br />

Archäologie der Universität Wien. – In: Stadtforschung. Projekte<br />

des DAI. Berlin/Bonn/Rom <strong>2001</strong>/02. Hrsg.: Astrid Dostert. <strong>2002</strong>. S.<br />

76/77.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. W. Arnold (Seminar für Semitistik, Universität<br />

Heidelberg) bei der Ausgrabung bedrohter Denkmäler in Zafar<br />

(Hauptstadt der Himyaren) – spätvorislamische Frühgeschichte<br />

im Jemen.<br />

Nachdem die Himyaren im Jahre 280 n. Chr. als Sieger über Saba<br />

hervorgegangen waren und sich der Geltungsbereich ihrer neuen<br />

Hauptstadt Zafar bis Nordarabien ausgedehnt hatte, entbrannte ein<br />

lang andauernder Bürgerkrieg zwischen Juden und Christen.<br />

Zunächst entmachtete der jüdische König den christlichen Adel und


103<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Klerus, bevor er seinerseits von den Christen – unter Mithilfe von<br />

Axum (Äthiopien) und Byzanz – gestützt wurde. Im Jahre 570 beendeten<br />

die Sassaniden (iranisches Herrscherhaus) wiederum die<br />

christliche Herrschaft Axums und bestimmten die Geschicke der<br />

Stadt, bis ihr letzter Statthalter 632 zum Islam übertrat; fortan verlor<br />

Zafar an Bedeutung und verfiel.<br />

Die in der Forschung bislang nur unzureichend diskutierte Ruinenstadt<br />

Zafar erweist sich bei eingehender Betrachtung als unerwartet<br />

reiche Informationsquelle für die Zeit bis zur Ankunft des Islam. Im<br />

Zuge der vorgesehenen Grabungen sollen die vom Projektleiter, Dr.<br />

P. Yule, bereits lokalisierten Paläste von Sawhatan und Hrgm sowie<br />

ausgewählte kleinere Bauten untersucht und im Zusammenhang mit<br />

Inschriften und Plastiken interpretiert werden. Dabei sollen Aussagen<br />

über Stadtbefestigungen, Reichsbauten und die materielle Kultur<br />

der jüdisch-himyarischen Könige getroffen und mit Funden der<br />

nachfolgenden christlichen Kultur Himyars verglichen werden, um<br />

die Wechselwirkung zwischen Judentum und Christentum im frühen<br />

Mittelalter zu erhellen. Hierbei sollen vor allem Erkenntnisse über<br />

die religionsgeschichtliche Gemengelage von polytheistischen, jüdischen,<br />

christlichen und zaroastrisch vorislamischen Religionen getroffen<br />

und im Kontext der jeweiligen künstlerischen Manifestation<br />

untersucht werden.<br />

Die Gemmensammlung Heinrich Dressel in der Antikensammlung<br />

Berlin (Dr. G. Platz, Stellvertr. Direktorin der Antikensammlung,<br />

Staatliche Museen zu Berlin) wird mit Fördermitteln der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> wissenschaftlich bearbeitet und publiziert von Dr. C.<br />

Weiß, Würzburg.<br />

Von den 743 Gemmen, Glasgemmen und Kameen der Sammlung<br />

Heinrich Dressel sind bislang die Steingemmen (530 Stück) bearbeitet<br />

und für den Katalog erfasst worden. Dabei stieß die Bearbeiterin<br />

immer wieder auf hervorragende Einzelstücke, die hinsichtlich der<br />

Qualität ihres Schnittes oder der singulären Darstellung überraschten.<br />

Gemmen des augusteischen Klassizismus sind reich vertreten,<br />

ebenso zeitgeschichtliche Dokumente wie z. B. die Porträts des Octavian/Augustus<br />

oder seines Gegenspielers Marc Anton.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den für eine alte Sammlung ungewöhnlich<br />

häufigen Inschriftgemmen, deren Reichhaltigkeit sich<br />

aus den epigraphischen Arbeiten des Sammlers erklären. Dressel<br />

hatte in seinen Jahren am Deutschen Archäologischen Institut in<br />

Rom (1877–1885) für das Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL) gearbeitet,<br />

das Theodor Mommsen ins Leben gerufen und für die Preußische<br />

Akademie der Wissenschaften geleitet hatte. Er war nicht nur in<br />

vielen, oft sehr beschwerliche Reisen für die Autopsie und Aufnahme<br />

der Inschriften im Königreich Neapel (östlich und südöstlich von<br />

Rom) verantwortlich, sondern gab selbst den XV. Band heraus, der<br />

die Kleininschriften Roms, das Instrumentum domesticum, beinhaltete<br />

(1891, 1899). Zu den dort erfassten Inschriften auf Gegenständen<br />

Berlin<br />

Antike Gemmen


Winckelmann<br />

Nachlass<br />

Athribis<br />

Ägypten<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 104<br />

des täglichen Gebrauchs gehören neben Ziegel- und Amphorenstempeln<br />

auch die Gemmen. Dressel konnte dieses Werk nicht abschließen;<br />

die Gemmeninschriften blieben unpubliziert.<br />

Parallel zum Katalog arbeitet die Autorin an der Vita des Sammlers.<br />

Grundlegend dazu, aber auch eine reiche Quelle für die Geschichte<br />

der Archäologie, sind seine bislang unpublizierten Briefe im Archiv<br />

des Deutschen Archäologischen Instituts Rom, die gesichtet, transkribiert<br />

und ausgewertet wurden. Die Briefe stammen aus den römischen<br />

Jahren Dressels als Wissenschaftler am dortigen Institut, in denen<br />

er auch während der Sommermonate jeweils den Direktor offiziell<br />

zu vertreten hatte. Sie zeichnen ein lebendiges Bild der Arbeit der<br />

deutschen Archäologen auf dem Kapitol.<br />

PD Dr. M. Kunze, Präsident der Winckelmann-Gesellschaft e.V.,<br />

Stendal, erhält von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> für die „Erschließung<br />

des handschriftlichen Nachlasses von Johann Joachim Winckelmann<br />

und Einbindung der digitalisierten Manuskripte in die Winckelmann-<br />

Bilddatenbank“ Fördermittel.<br />

Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) gilt als Begründer der<br />

wissenschaftlichen Archäologie und der modernen Kunstwissenschaft.<br />

Seine Werke hatten bedeutende Wirkung auf das europäische<br />

Geistesleben. Sein ca. 10.000 Seiten umfassender und auf acht Bibliotheken<br />

in Europa verteilter Nachlass ist weitgehend unbekannt<br />

geblieben.<br />

Der Schwerpunkt der Arbeiten lag im Berichtszeitraum auf den bisher<br />

völlig unerschlossenen Nachlassbänden in Montpellier, Bibliothèque<br />

de la Faculté de Médecine, Bd. H 356 (Umfang 223 Seiten),<br />

Bd. 433 (92 Seiten), und dem Bd. in Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek,<br />

IV/82 (258 Seiten). Zusätzlich wurde das Manuskript<br />

in Savignano entsprechend bearbeitet.<br />

Für die Archäologische und philologische Erforschung der spätptolemäischen<br />

Stadt Athribis im 9. oberägyptischen Gau (Panopolites)<br />

stellt die <strong>Stiftung</strong> Prof. C. Leitz (Seminar für Ägyptologie, Universität<br />

Köln) Fördermittel zur Verfügung.<br />

Die Stadt Athribis in Mittelägypten ist trotz ihrer guten Erhaltung<br />

weitgehend unerforscht. Vom Tempel der Repit sind Einzelheiten<br />

bekannt, allerdings nur bruchstückhaft und falsch interpretiert. Darüber<br />

hinaus sind das Areal der Stadt sowie einzelne Grabanlagen<br />

bekannt. Neuere Sondagen des ägyptischen Antikendienstes eröffnen<br />

vielversprechende Möglichkeiten einer präziseren Erforschung.<br />

Besonderes Interesse gilt der Konstellation dieser Stadt, die ein Ensemble<br />

von Bauten der späten Ptolemäerzeit darstellt, und die später<br />

bei der Errichtung des sogenannten weißen Klosters, einem der zentralen<br />

koptischen Zentren, benutzt wurden.<br />

Geplant ist eine zweijährige Bauaufnahme der Tempelruine und der<br />

bisher freigelegten, von Zerstörung bedrohten Baublöcke, verbunden<br />

mit einer surveygestützten topographischen Erfassung des


105<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Stadtareals einschließlich der verschiedenen Grabanlagen. Daneben<br />

sollen die Inschriften fotografisch und zeichnerisch erfasst und ausgewertet<br />

werden. Die Untersuchungen sollen einerseits Kult und Eigenart<br />

der wenig bekannten Göttin Repit verdeutlichen und den Typus<br />

der Tempelanlage klären. Angesichts der bisherigen Daten und<br />

der Zeitstellung erwartet man eine Mischform zwischen ägyptischtraditionellen<br />

Elemente und griechisch-mediterranen Eigenheiten.<br />

Ferner sollen die Gräber erfasst werden, die ebenfalls aufschlussreiche<br />

Verbindungen von Vorstellungen und Bildmustern und Kulturen<br />

bezeugen.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt das von Prof. E. Blumenthal (Ägyptologisches<br />

Institut, Universität Leipzig) initiierte Forschungsprojekt<br />

„Staatsreligion und Volksfrömmigkeit unter Ramses II. Eine Studie<br />

zu Stifter, Kuhgöttin und Gottkönig auf der Stele Leipzig Ägyptisches<br />

Museum 5141“. Mitarbeiter sind: Dr. G. Meurer (Berlin) und G. Marohn,<br />

M.A. (Heidelberg).<br />

Gegenstand der Untersuchung ist eine Kalksteinstele des Ägyptischen<br />

Museums Leipzig, deren Vorderseite ein Relief mit der kuhgestaltigen<br />

Göttin Hathor und dem ihr beigegebenen Pharao Ramses II.<br />

(1279 – 1213 v. Chr.) zeigt, denen der kniende Stifter Penbui huldigt.<br />

In langjähriger Arbeit hat Prof. Blumenthal bereits umfangreiches<br />

Material gesammelt. Mit Unterstützung von zwei Absolventen des<br />

archäologischen Seminars sollen die Ergebnisse in einer ausführlichen<br />

Monographie zusammengefasst werden. Die Studie geht von<br />

unterschiedlichen methodischen Ansätzen aus:<br />

– Dokumentation der Stele mit Beschreibung, Datierung (Zeit Ramses’<br />

II.: 13. Jh. v. Chr.), Lokalisierung (Handwerkersiedlung Deir<br />

el-Medine in West-Theben/Luxor) und stilistische und inhaltliche<br />

Bestimmung des Bildteils (Göttin Hathor in Kuhgestalt, unter<br />

ihrem Kopf König Ramses II. kniend; Stifter kniend) und des<br />

Textteils (Hymnus an Hathor und Selbstvorstellung des Stifters).<br />

– Prosopographie des Stifters anhand von etwa 30 weiteren, vorwiegend<br />

religiösen Zeugnissen zu seiner Person, seiner Familie,<br />

seinem sozialen Status.<br />

– Kulttopographische und ikonographische Recherche zur<br />

Geschichte des Bildtypus von Hathorkuh und Königsgestalt in<br />

den Tempel- und Grabkulturen von West-Theben.<br />

– Religionspolitische und ikonographische Recherche zu Vergottungsbestrebungen<br />

Ramses’ II. in Staatskult (anhand des Bildtypus<br />

der sog. Schutzstatue) und Volksfrömmigkeit (Übernahme<br />

des Bildtypus in den Tempelkult von Deir el-Medine).<br />

Im Anhang dieser systematisch angelegten Untersuchung werden<br />

die Kataloge zweier Mitarbeiter die gesamte Dokumentation zur Person<br />

des Stifters sowie das Vorkommen des Bildtypus der Hathorkuh<br />

als Totengöttin in den Gräbern von Theben-West darbieten.<br />

Ramses II<br />

Staatsreligion


Altägyptisches<br />

Wörterbuch<br />

Altägyptische<br />

Literatur<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 106<br />

An PD Dr. St. J. Seidlmayer (Arbeitsstelle Altägyptisches Wörterbuch,<br />

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin)<br />

gewährte Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> dienen der Erarbeitung einer<br />

englischen Version des lexikalischen Thesaurus des Akademievorhabens<br />

,Altägyptisches Wörterbuch’ im Hinblick auf die Publikation des<br />

computergestützten Wörterbuchs und der Textdatenbank dieses Projekts<br />

im Internet.<br />

Das Vorhaben erarbeitet computergestützt ein umfassendes Corpus<br />

altägyptischer Texte. Dabei ist mit einem Umfang von etwa 10 Millionen<br />

Textwörtern zu rechnen. Dieses Textmaterial wird durch eine<br />

lexikalische Datenbank detailliert erschlossen, ihr Kernstück ist ein<br />

lexikalischer Thesaurus, eine Liste, die sämtliche Wörter der ägyptischen<br />

Sprache einschließlich aller Namen, Titel, Götterbezeichnungen<br />

usf. – derzeit insgesamt ca. 35.000 Einträge – mit Angaben zu<br />

Lautbestand, Bedeutung und grammatischen Eigenschaften umfasst.<br />

Das Textcorpus und die lexikalische Datenbank werden zusammen<br />

als „virtuelles“ Wörterbuch den längst nötigen, aktuellen Ersatz für<br />

das „Wörterbuch der ägyptischen Sprache“ (123 Bände, 1926–1963)<br />

schaffen, das seit 1897 an der Preußischen Akademie der Wissenschaften,<br />

der „Vorgängerin“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie<br />

der Wissenschaften, erarbeitet worden war. Über die Nutzung<br />

als Wörterbuch hinaus wird dieses Informationssystem Antworten<br />

auf eine Vielzahl philologisch-linguistischer Fragestellungen geben,<br />

und da bei der Materialerfassung auch unterstützende Information<br />

beigegeben wird (z. B. eine Übersetzung zu jedem Text), wird das digitale<br />

Textcorpus auch einem interdisziplinären Interessentenkreis<br />

einen ausgewogenen und vielfältigen Einblick in das Textgut des Alten<br />

Ägypten gewähren.<br />

Prof. E. Blumenthal (Sächsische Akademie der Wissenschaften, Leipzig)<br />

erhält für die Erstellung einer bibliographischen Datenbank zur<br />

altägyptischen Literatur Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Das Projekt gilt der Erstellung einer Datenbank der wissenschaftlichen<br />

Sekundärliteratur zu den literarischen Texten des alten Ägypten. Es ist<br />

der Arbeitsstelle Leipzig des Forschungsvorhabens Altägyptisches<br />

Wörterbuch der deutschen Wissenschaftsakademien angeschlossen,<br />

in dessen Rahmen eine relationale Datenbank der gesamten ägyptischsprachigen<br />

schriftlichen Überlieferung des pharaonischen und<br />

ptolemäisch-römischen Ägypten mit vorrangig lexikalischer Zielsetzung<br />

erarbeitet wird. In Abgrenzung von den Arbeitsfeldern der Arbeitsstellen<br />

der Akademien Berlin und Mainz (Standort Würzburg) ist<br />

der Arbeitsstelle der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu<br />

Leipzig die Schöne Literatur (mit Ausnahme der demotischen) zugeordnet.<br />

Dabei handelt es sich um ein Textcorpus unterschiedlicher<br />

Gattungen (Hymnen, Lyrik, Dialoge, Lebenslehren, Erzählungen) aus<br />

dem 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. mit etwa 95.000 Textwörtern. Entsprechend<br />

der großen Bedeutung dieser Texte für die ägyptische Kultur-<br />

und Literaturgeschichte und ihre antike und neuzeitliche Aus-


107<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

strahlung in die europäische Geistesgeschichte ist die Fachliteratur<br />

heute nur noch schwer überschaubar. Das ursprüngliche Ziel des Projekts,<br />

eine Gesamtbibliographie zu den Einzeltexten zu erstellen, musste<br />

daher zugunsten einer spezialisierten Version reduziert werden. Sie<br />

ist unmittelbar auf die Texteingabe und -erschließung in der Leipziger<br />

Arbeitsstelle bezogen und erfasst die relevanten Äußerungen zum<br />

grammatikalischen und lexikalischen Verständnis von Einzelstellen<br />

der Texte. Dabei werden nicht nur die bibliographischen Daten aufgeführt,<br />

sondern auch Argumentation und Resultat annotiert. Da es sich<br />

nicht als praktikabel erwies, parallel zur Texteingabe die gesamte<br />

Sekundärliteratur zu dem jeweiligen Literaturwerk durchzusehen, werden<br />

in einem Arbeitsgang die Äußerungen zu den philologischen Einzelproblemen<br />

aller literarischen Texte in Zeitschriften, Sammelschriften<br />

und wichtigen Monographien erfasst, wobei wegen der Materialfülle,<br />

aber auch mit Rücksicht auf die gebotene Aktualität der Untersuchungszeitraum<br />

auf die Zeit nach 1970 eingeschränkt wurde.<br />

„Typologie und Gebrauch der ägyptischen Hieroglyphenschrift“ ist<br />

der Gegenstand eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />

von Prof. O. Goldwasser (Department of Near Eastern Studies,<br />

The Hebrew University of Jerusalem) sowie Prof. F. Junge und<br />

PD Dr. F. Kammerzell (Seminar für Ägyptologie und Koptologie, Universität<br />

Göttingen).<br />

Ziel des Projektes ist, eine detaillierte Zeichenliste für das Altägyptische<br />

der Pyramidentexte vorzulegen. Sie soll als Grundlage dienen,<br />

die spezifischen Verwendungsweisen und die Interaktion der Vertreter<br />

aller hieroglyphischen Zeichenfunktionsklassen (Logogramme,<br />

mit einem oder mehreren Konsonanten korrespondierende Phonogramme<br />

und Klassifikatoren) in geschriebensprachlichen Äußerungen<br />

zu erfassen, für typologische Vergleiche aufzubereiten und in ihrer<br />

historischen Entwicklung zu beschreiben. In einem ersten Schritt<br />

wurden alle in der klassischen Edition von Kurth Sethe (Die altägyptischen<br />

Pyramidentexte, Leipzig 1908–22) zusammengetragenen<br />

Textzeugen aus der Zeit der Fünften und Sechsten Dynastie (ca.<br />

2500–2150 v.Chr.) im Kodierungsformat des einzigen derzeit verwendbaren<br />

stehenden Hieroglyphen-Textsatz-Programms als Teilkorpora<br />

erfasst. Infolge paläographischer Unzulänglichkeiten des<br />

von dem Programm zur Verfügung gestellte Zeicheninventars (im<br />

Hinblick auf das untersuchte Textkorpus) mussten mit Hilfe einer<br />

Programmerweiterung zahlreiche zusätzliche Zeichen konstruiert<br />

werden, um der Eigenheit des Textkorpus Rechnung zu tragen. In einem<br />

zweiten Schritt sind die Rohtexte nach den jüngeren Texteditionen<br />

Gustave Jéquiers (Les pyramides des reines Neit et Apouit, Kairo<br />

1933, Le monument funéaire de Pepi II, Kairo 1936), Raymond Faulkners<br />

(The Ancient Egyptian Pyramid Texts translated into English,<br />

Oxford 1969) und Jean Leclants (Les textes de la pyramide de Pépy<br />

I er , Kairo <strong>2001</strong>) ergänzt und gegebenenfalls korrigiert worden.<br />

Zur Auswertung des Datenmaterials sind von D. Werning zwei Computerprogramme<br />

entwickelt worden. Das eine dient dazu, die in den<br />

Hieroglyphenschrift


ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 108<br />

fertig kodierten Texten enthaltenen Grapheminstanzen maschinell<br />

auszuzählen, und liefert Informationen über die absolute und relative<br />

Frequenz eines jeden Zeichens im Gesamtkorpus oder in den einzelnen<br />

Teilkorpora. Anschließend wurde das Ergebnis der maschinellen<br />

Auszählung aufgrund einiger Kodierungsspezifikationen des Textsatz-Programms,<br />

die nicht automatisch beherrscht werden können,<br />

in Teilen manuell überarbeitet. Das zweite Programm stellt sämtliche<br />

Belegstellen eines jeden Graphems unter Ausgabe eines definierten<br />

vorausgehenden und nachfolgenden Kotextes zusammen und ermöglicht<br />

es, einen Gesamtüberblick über spezifische Verwendungskontexte<br />

zu gewinnen. Als Nebenprodukt dieses Projektteils können<br />

mit geringem Aufwand elektronisch abfragbare Glossare, die sämtliche<br />

Graphievarianzen berücksichtigen, erstellt werden.<br />

Das für einen an allgemeiner Schriftgeschichte interessierten Adressatenkreis<br />

wohl spannendste Ergebnis der bisherigen Untersuchungen<br />

ist der Umstand, dass im geschriebenen Altägyptisch des 3. vorschriftlichen<br />

Jahrtausends dem „alphabetischen Prinzip“ (d. h. Graphem-Phonem-Beziehungen<br />

auf der Ebene der jeweils elementaren<br />

Entitäten der beiden Repräsentationsformen) eine bei weitem prominentere<br />

Rolle zukommt als es alle bisherigen Darstellungen der<br />

ägyptischen Hieroglyphenschrift vermuten lassen. Ziemlich genau<br />

zwei Drittel aller vorkommenden Zeicheninstanzen sind Repräsentanten<br />

von „einkonsonantigen“ Phonogrammen. Wenn man dann<br />

noch in Rechnung stellt, dass ein erheblicher Anteil der Logogramme<br />

und der „mehrkonsonantigen“ Phonogramme durch Elementargrapheme<br />

(teilweise oder vollständig) interpretiert werden, so wird<br />

deutlich, dass von der sprichwörtlichen Kompliziertheit der Hieroglyphenschrift<br />

– zumindest was die Leserperspektive angeht – nicht die<br />

Rede sein kann.<br />

Im Umfeld des Zentralunternehmens sind darüber hinaus mehrere<br />

Untersuchungen zum Klassifikatorengebrauch sowie zur Entstehung<br />

des ägyptischen Schriftsystems durchgeführt worden.<br />

An Veröffentlichungen in Buchform, die zum Teil auf ein älteres Projekt<br />

der Kooperationspartner zurückgehen, sind im Berichtszeitraum<br />

erschienen oder abgeschlossen worden:<br />

David, Arlette: De l’infériorité à la pertubation. L’oiseau du „mal“<br />

et la catégorisation en Egypte ancienne. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />

2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/1)<br />

(Classification and Categorizsation in Ancient Egypt; 1)<br />

Shalomi-Hen, Racheli: Classifying the divine. Determinatives and<br />

categorisation in CET 335 and BD 17. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />

2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/2)<br />

(Classification and Categorization in Ancient Egypt; 2)<br />

Goldwasser, Orly: Prophets, lovers, and giraffes. – Wiesbaden.<br />

Harrassowitz. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten,


109<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

38/3) (Classification and Categorization in Ancient Egypt; 3) (Im<br />

Druck).<br />

„Kunst und Technik in antiker Tradition“ ist ein von der <strong>Stiftung</strong> unterstütztes<br />

Forschungsvorhaben, das Prof. M. Bergmann und ihre<br />

Mitarbeiterin Dr. R. Amedick (Archäologisches Institut, Universität<br />

Göttingen) durchführen.<br />

Antike Autoren berichten von Wunderwerken der Technik: Automaten<br />

in Menschengestalt, Flugmaschinen, Kunstuhren, Orgeln, künstlichen<br />

Singvögel, Brunnen, aus denen Wasser, Wein, Milch und Honig<br />

strömte, und anderes mehr. Viele dieser Geschichten sind märchenhaft<br />

übertrieben, denn nur wenige Menschen verstanden die<br />

Funktionsweise der bewunderten Geräte. Sie zeigen aber, welch<br />

großen Eindruck die Meisterleistungen antiker Techniker hinterließen<br />

und was man von der technischen Entwicklung noch erwartete<br />

– Erwartungen, die zum Teil erst in der Neuzeit eingelöst wurden.<br />

Doch lassen sich die Möglichkeiten antiker Technik auch realistischer<br />

einschätzen, denn Handbücher mit Konstruktionsanleitungen<br />

für hydropneumatische Kunstwerke sind erhalten. Wichtig sind vor<br />

allem die Werke der alexandrinischen Autoren Philon und Heron aus<br />

hellenistischer bzw. römischer Zeit. Sie beschreiben detailliert den<br />

Bau von Pumpen, Orgeln, Wasseruhren und Trickgefässen. Sie arbeiten<br />

mit unterschiedlichem Druck von Wasser und Luft; Dampfkraft<br />

wird ebenfalls eingesetzt. Dabei erläutern sie die physikalischen<br />

Theorien, die ihre Erfindungen erst ermöglichten.<br />

Die Mechanismen Philons und Herons lassen verschiedene Flüssigkeiten<br />

fließen, künstliche Vögel zwitschern und Figuren setzen sich<br />

in Bewegung. Bei der Lektüre entsteht das Bild einer bukolisch lieblichen<br />

Gartenwelt, die von künstlichen Tierfiguren, Hirten und mythologischen<br />

Wesen bevölkert ist, in der scheinbar Überfluss herrscht<br />

und Arbeit von Automaten verrichtet wird. Die Gestaltung mechanischer<br />

Kunstwerke lässt sich mit archäologischen Funden verbinden,<br />

denn antike Brunnenfiguren und Gartenbilder griffen diese Motive<br />

auf. Hinzu kommen Funde von Teilen mechanischer Geräte.<br />

Diese Überlieferungslage erlaubt es, die Rekonstruktion antiker<br />

Wunder der Technik in Angriff zu nehmen. Die Glaubwürdigkeit der<br />

antiken Bauanleitungen ist am besten an Modellen nachzuprüfen,<br />

deren Gestaltung sich an antiken Vorbildern orientieren kann. Das<br />

Projekt „Kunst und Technik in antiker Tradition“ hat sich dies an<br />

ausgewählten Beispielen zum Ziel gesetzt. Wesentlich für den Eindruck<br />

dieser Geräte auf die Betrachter sind Bewegung und Klang.<br />

Das traditionelle Medium Buch kann dies nicht vermitteln. Für die<br />

Präsentation der gewonnenen Ergebnisse bietet sich vielmehr die<br />

Nutzung der multimedialen Möglichkeiten des Computers an: Videoaufnahmen<br />

von Modellen und Computer-Simulationen schaffen<br />

mit bewegten, vertonten Bildern ein unmittelbares Erlebnis, hinzu<br />

kommen antike Texte und Bilder, sowie Erläuterungen, die sich der<br />

Antike<br />

Technik


Archäologische<br />

Schriften<br />

18. Jh.<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 110<br />

Anwender am Computer zu seiner Information interaktiv hinzuholen<br />

kann.<br />

Als Ergebnis von Forschungen und experimenteller Archäologie soll<br />

eine CD-ROM publiziert werden, die interdisziplinär ein breiteres<br />

Publikum anspricht, um Meisterleistungen antiker Technik in ihrer<br />

Bedeutung für Kunst-, Kultur- Technikgeschichte zu erschließen.<br />

Prof. V. Kockel (Klassische Archäologie, Universität Augsburg) erhält<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsprojekt „Die Verbreitung<br />

archäologischer Kenntnisse in deutscher Sprache im 18. Jahrhundert.“<br />

Mit dem Ende des Latein als lingua franca und dem zunehmenden<br />

Gebrauch von Nationalsprachen für wissenschaftliche Werke, entstand<br />

im 18. Jahrhundert ein zunehmender Bedarf an Übersetzungen,<br />

um italienische, französische oder englische Publikationen einer<br />

deutschen Leserschaft zugänglich zu machen. Das trifft auch für jene<br />

Schriften zu, die archäologisches Wissen vermitteln sollten (Reiseberichte,<br />

Grabungspublikationen oder theoretische Arbeiten). Ihr Ziel<br />

war es, in Reisenden Erinnerungen wachzurufen, jenen aber, die die<br />

Reise nach Italien oder gar in den Orient nicht unternehmen konnten,<br />

eine möglichst genaue Vorstellung von den antiken Stätten und<br />

Kunstwerken zu vermitteln. Nicht nur die vielfältigen Sprachbarrieren,<br />

auch der hohe Preis der oft prächtigen Stichwerke führte zum<br />

Wunsch nach preisgünstigen Versionen in deutscher Sprache.<br />

Bisher hatte die Forschung nur Originalausgaben in den Blick genommen,<br />

wenn es um den Wissensstand der antikenbegeisterten<br />

Gesellschaft des späteren 18. Jahrhunderts ging. Das Forschungsvorhaben<br />

hat jedoch gezeigt, dass in dem untersuchten Zeitraum mehr<br />

als 80 nicht-deutsche Schriften vornehmlich archäologischen Inhalts<br />

übersetzt wurden und zum Teil in mehreren Auflagen erschienen<br />

sind. Der Übertragungsvorgang konnte dabei auf verschiedenem Niveau<br />

erfolgen. Viele Werke wurden wörtlich übersetzt und mit Nachstichen<br />

illustriert, die in Format und Qualität jenen der Vorlagen<br />

weitgehend zu entsprechen versuchten. Andere, wie die große<br />

Voyage pittoresque durch das Königreich beider Sizilien (1781 ff.),<br />

musste von groß-folio auf octavo reduziert werden. Statt hunderter<br />

von Ansichten und Plänen finden sich nur noch ein paar kleine Veduten,<br />

die dem Anspruch des Originals in keiner Weise gerecht werden.<br />

Aus Sparsamkeit verschmolz man sogar jeweils zwei Veduten<br />

aus dem Athen-Werk Le Roys (1758) zu einer, so dass für den ahnungslosen<br />

Betrachter die Akropolis plötzlich am Meer lag. In anderen<br />

Übertragungen nahmen die Übersetzer im Vorwort oder in Fußnoten<br />

ausführlich Stellung und ergänzten teilweise mit deutscher<br />

Gründlichkeit den originalen Text um gelehrte Verweisungen. Besonders<br />

interessant ist die deutsche Edition der Antichità di Ercolano,<br />

in denen die sensationellen Funde aus den Vesuvstädten vorgelegt<br />

und kommentiert wurden. Diese waren zunächst nur als Geschenk<br />

des Königs von Neapel zu erhalten. Der Augsburger Verleger und


111<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Abb. 9: Projekt „Die Verbreitung archäologischer Kenntnisse in<br />

deutscher Sprache im 18. Jahrhundert“: Das von Julien-David Le<br />

Roy 1758 publizierte Werk „Les ruines ... de la Grèce“ wurde 1759<br />

in London von Robert Sayer ohne Nennung der Urheberschaft plagiiert.<br />

Um Platz zu sparen, stellte Sayer je zwei Veduten der Vorlage<br />

zu einer Phantasieansicht zusammen. Diese Fassung erschien<br />

dann schon 1764 mit viersprachigen Unterschriften als Nachdruck<br />

bei Georg Christoph Kilian in Augsburg. Das Bild zeigt das Lysikratesmonument,<br />

das von seinem Standort am Fuß der Akropolis an das<br />

Meer bei Phaleron verrückt wurde.<br />

Stecher Georg Christoph Kilian kopierte auf billigem Papier und verkleinert<br />

– in einem Verfahren, das wohl dem heutigen print on demand<br />

entsprach – alle Bände jeweils nach Erscheinen. Während anfangs<br />

die Bilder noch eigenständig erläutert wurden, reduzierte sich<br />

die Ausgabe später allein auf die Abbildungen, die offenbar vor allem<br />

als Bildvorlagen für Künstler gedacht waren.<br />

Mit der Analyse der slawischen Körpergräber Mecklenburgs, Pommerns<br />

und Brandenburgs für die Rekonstruktion des Wandels von<br />

Sozialstrukturen und Glaubensvorstellungen zwischen dem 10. und<br />

13. Jahrhundert beschäftigt sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt,<br />

das von Prof. J. H. C. Callmer (Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte,<br />

Humboldt-Universität zu Berlin) und Dr. F. Lüth (Direktor<br />

des Archäologischen Landesmuseums – Landesamt für Bodendenkmalpflege<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Lübstorf) betreut wird.<br />

Slawische<br />

Körpergräber


ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 112<br />

Im Zentrum der Untersuchung steht der Wandel der slawischen Gesellschaften<br />

von der Aufgabe der Brandbestattung bis hin zur Durchsetzung<br />

christlicher Begräbnissitten – von den slawischen Gesellschaften<br />

zu den mittelalterlichen Neustämmen der Pommern, Brandenburger<br />

und Mecklenburger. Warum verändern sich die Grabsitten,<br />

welche Faktoren wirken darauf ein und wie lässt sich vor dieser<br />

Folie der einschneidende soziokulturelle Wandel im südlichen Ostseeraum<br />

beurteilen.<br />

Im Rahmen des Projektes werden alle slawischen Körpergräber dieses<br />

Raumes datentechnisch erfasst und analysiert. Für das Verständnis<br />

der sozialen Gliederung ist es fundamental, die strukturierende<br />

Wirkung der Verwandtschaftsverhältnisse zu berücksichtigen. Ein<br />

Teilbereich des Vorhabens beschäftigt sich daher mit der molekulargenetischen<br />

Analyse der Verwandtschaftsstrukturen eines besonders<br />

geeigneten spätslawischen Gräberfeldes (Penkun 28), die den<br />

archäologischen Methodenkanon entscheidend ausweitet.<br />

Mit großem Erfolg wurden die Ausgrabungen auf einem weiteren<br />

Fundplatz bei Penkun durchgeführt. Es wurden Bereiche des Kirchhofes<br />

eines bereits im Mittelalter aufgegebenen Dorfes ergraben.<br />

Wurde mit dem Bestattungsplatz Penkun 28 das Endstadium der autonomen<br />

slawischen Besiedlung dokumentiert, so hat man hier (Luftlinie<br />

4 km) exemplarisch die Initialphase der Umstrukturierung erfasst,<br />

die mit der Einwanderung westlicher Siedler begann und in der<br />

Bildung der sogenannten Neustämme mündet. Die Grabungen werden<br />

fortgesetzt.<br />

Bereits während der Untersuchung konnte eine spürbare „slawische“<br />

Komponente auf dem neuen Platz festgestellt werden. Eine<br />

molekulargenetische Analyse der Bestatteten des neuen Fundplatzes<br />

würde ein weiteres Instrument bereitstellen, das eine umfassende<br />

Analyse des Wandlungsprozesses von der slawischen zur „deutschen“<br />

Bevölkerung im Mittelalter ermöglichen könnte. Es gibt bislang<br />

kaum Erfahrungen auf diesem Gebiet.<br />

Aufgrund von Begehungen und geophysikalischen Prospektionen<br />

konnten zwei weitere slawische Gräberfelder in Penkun lokalisiert<br />

werden, von denen eines in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zentralort<br />

dieser slawischen Kleinlandschaft liegt.<br />

Das Projekt wird in zwei Richtungen vorangetrieben, der extensiven,<br />

systematischen Analyse aller slawischen Körpergräber der genannten<br />

Landschaften hinsichtlich des Wandels von Sozialstrukturen und<br />

Glaubensvorstellungen sowie der intensiven, fachübergreifenden<br />

Erforschung einer Mikroregion mit modernsten Methoden. Die Verzahnung<br />

beider Stränge wird die Kenntnis dieses einschneidenden<br />

soziokulturellen Wandlungsprozesses entscheidend erweitern.<br />

Folgende Publikationen zur Analyse slawischer Gräber und zu Penkun<br />

28 sind erschienen:


113<br />

ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />

Pollex, Axel: Betrachtungen zu jungslawischen Mehrfachbestattungen.<br />

2 Abb. – In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 41. 2000.<br />

S. 407–422.<br />

Pollex, Axel: Die frühen pommerschen Denare aus dem slawischen<br />

Gräberfeld Penkun 28, Lkr. Uecker-Randow. – In: Bodendenkmalpflege<br />

in Mecklenburg-Vorpommern – Jahrbuch. 47.<br />

1999. Lübstorf 2000. S. 247–277.<br />

Pollex, Axel: Grabtiefen als Indikator gesellschaftlicher Strukturen?<br />

– In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 42. <strong>2001</strong>. S. 109–121.<br />

Prof. G. Bosinski, Forschungsinstitut für Ur- und Frühgeschichte,<br />

Universität Köln, und Leiter des Forschungsbereiches Altsteinzeit<br />

des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Schloss Monrepos,<br />

Neuwied, erhält von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für das Projekt „Der<br />

altpaläolithische Fundplatz Dmanisi im Kontext der frühen Menschheitsentwicklung“.<br />

Der rund 1,77 Mio. Jahre alte Fundplatz Dmanisi in Südost-Georgien,<br />

unweit der Grenze zu Armenien, wurde von 1991 bis 1999 in enger<br />

Zusammenarbeit des Forschungsbereiches Altsteinzeit des Römisch-<br />

Germanischen Zentralmuseums und des Archäologischen Zentrums<br />

der Georgischen Akademie der Wissenschaften untersucht.<br />

Dieser Platz belegt den ersten sicher nachgewiesenen Aufenthalt des<br />

Menschen im südlichen Eurasien. Damit wird die These, die menschliche<br />

Geschichte begänne allein in Afrika, relativiert. Dies macht<br />

wahrscheinlich, dass die Wurzeln der Gattung Homo auf einem<br />

größeren Terrain zu suchen sind, als bisher angenommen wurde.<br />

Wenige hunderttausend Jahre später mehren sich die außerafrikanischen<br />

Belege für eine frühmenschliche Anwesenheit (Ubeidiya, Israel).<br />

Bis zur Besiedlung weiter nördlich gelegener Gebiete verstreichen<br />

erneut mehrere Jahrhunderttausende. So gilt es zu untersuchen,<br />

warum der Süden Eurasiens so früh besiedelt wurde und welche<br />

Faktoren die Ausbreitung des Menschen in die Zone nördlich der<br />

eurasischen Hochgebirge zunächst verhinderten.<br />

Der Fundplatz Dmanisi im Vulkangebiet des Trans-Kaukasus liefert<br />

wegen der ausgezeichneten Erhaltungsbedingungen und der komplexen<br />

Fundsituation einen wichtigen Schlüssel zu diesen Fragen.<br />

Die Genese des Fundplatzes und seiner Ablagerungen fällt in einen<br />

vergleichsweise kurzen, nur wenige Jahrzehntausende währenden,<br />

wenn nicht sogar entschieden kürzeren Zeitabschnitt, während dessen<br />

es zu einem drastischen Klimawechsel von warm-gemäßigten<br />

subtropischen zu extrem trockenen kaltzeitlichen Klimabedingungen<br />

mit starken saisonalen Schwankungen kam.<br />

Dmanisi lag am Ufer eines großen Sees, der durch einen von der<br />

Dzˇavacheti-Kette ausgehenden und durch das Mazˇavera-Tal fließenden<br />

Lavastrom, der den Flusslauf des Pinezaouris blockierte, entstanden<br />

war. In der sich ausbreitenden Trockenheit zog dieser See<br />

das Wild an. Der See bot ausreichend Trinkwasser für Mensch und<br />

Dmanisi<br />

Georgien


Tier, doch in der Umgebung verdörrte die savannenartige Vegetation.<br />

Es scheint, als seien die Pflanzenfresser verhungert und so zu einer<br />

leichten Beute der Carnivoren geworden. Die große Zahl der in<br />

Dmanisi vertretenen Carnivoren bezeugt den Kollaps dieses Ökosystems.<br />

Letztlich fehlte aber auch den Raubtieren die Nahrung.<br />

Unter all den Tierknochen finden sich auch die fossilen Reste früher<br />

Menschen, und so scheint es auch, dass selbst die Menschen, deren<br />

Knochen in Dmanisi ungewöhnlich zahlreich gefunden wurden,<br />

letztlich an Hunger starben.<br />

Trotz der engen räumlichen Vergesellschaftung von Tier- und Menschenresten<br />

sowie der Steinartefakte ist bislang noch nicht geklärt,<br />

wozu die von den Menschen hergestellten Steinartefakte dienten.<br />

Auf den Tierknochen konnten bislang keine Schnittspuren von<br />

Steinmessern erkannt werden. Auch fehlen regelmäßige Zerschlagungsmuster<br />

der Knochen, wie sie etwa bei einer systematischen<br />

Gewinnung von Knochenmark zu erwarten wären. Vielmehr weist<br />

die Fragmentation des Knochenmaterials deutlich auf die Tätigkeit<br />

der Carnivoren, nicht aber auf eine menschliche Einflussnahme.<br />

Dieser Negativbefund der Nutzung tierischer Ressourcen in Dmanisi<br />

verwundert um so mehr, werden schließlich die steinernen Gerätschaften<br />

allgemein mit einem zu dieser Zeit bereits gesteigerten Bedarf<br />

der frühen Menschen an fleischlicher Nahrung in Verbindung<br />

gebracht. Dies machte den Menschen zum Nahrungskonkurrenten<br />

der großen Carnivoren. So interessiert in diesem Zusammenhang,<br />

welchem Zweck die ersten Steingeräte dienten. Waren es Geräte der<br />

Fleischgewinnung oder dienten sie vornehmlich etwa der Nutzung<br />

pflanzlicher Nahrung oder gar der Holzbearbeitung?<br />

Eine umfassende, monographische Vorlage der Bearbeitung des<br />

Fundplatzes Dmanisi wie auch weitere kürzere Artikel sind zu Anfang<br />

2003 vorgesehen. Die Monographie soll in der Reihe „Monographien<br />

des Römisch-Germanischen Zentralmuseums“ erscheinen.<br />

Kunstwissenschaften<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 114<br />

Die mit den Künsten befassten Disziplinen, insbesondere Kunstgeschichte<br />

und Musikwissenschaft, sowie Theater- und Medienwissenschaft<br />

sehen sich dank der Dynamik des kulturellen und sozialen<br />

Wandels in vielfacher Weise herausgefordert. Es geht heute weniger<br />

um neue Avantgarden oder künstlerische Fortschritte, vielmehr um<br />

eine dramatische Verschiebung der Kontexte, in denen diese Künste<br />

gedeihen. Ein verändertes Gegenwartsbewusstsein stellt sie vielfach<br />

in Frage, es ermöglicht aber auch eine Neuaneignung ihrer Inhalte<br />

und eine Erweiterung des wissenschaftlichen Problemkanons.<br />

Das lässt sich am Beispiel des Bildes, das auch Thema eines eigenen<br />

Projektbereichs der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ist, illustrieren. Waren Bil-


115<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

der bis vor kurzem vor allem der Gegenstand der Kunstgeschichte,<br />

haben sie durch die elektronische Revolution einen ganz anderen<br />

Status gewonnen. Das Bild ist zu einem universellen Medium der Information,<br />

der Verständigung und der Erkenntnis geworden, das<br />

sich einer einzelnen Disziplin kaum mehr zuordnen lässt. Es besitzt<br />

jetzt auch instrumentelle Funktionen.<br />

Dieses Beispiel verdeutlicht, das die Fortsetzung des „normalen Wissenschaftsprozesses“<br />

aktuelle Probleme ausblenden würde, die gebotenen<br />

Chancen und Herausforderungen nicht zu nutzen vermöchte.<br />

Eine Diskussion der im Gange befindlichen Veränderung ist<br />

gefordert, mehr noch: der daraus resultierenden Verschiebung der<br />

gültigen wissenschaftlichen Leitvorstellungen. Die Kunstwissenschaften<br />

insgesamt sind gehalten, ihre genuinen Beiträge im vielstimmigen<br />

Konzert der Disziplinen, die ihnen zukommende Rolle im<br />

kulturellen Kontext zu präzisieren.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> fördert Vorhaben aus dem gesamten Bereich<br />

der Kunstwissenschaften und ihrer Nachbargebiete, insbesondere<br />

aber solche Projekte, die sich mit Grundlagen und Quellen befassen,<br />

mit methodischen Fragen, der Erörterung von Leitkategorien,<br />

mit interdisziplinären Recherchen, insgesamt mit solchen wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen, die sich durch Problembewusstsein<br />

und hohes Reflexionsniveau auszeichnen. Die Finanzierung reiner<br />

Katalogisierungs- und Editionsprojekte zählt nicht zu den prioritären<br />

Förderanliegen der <strong>Stiftung</strong>.<br />

„REQUIEM – Die römischen Papst- und Kardinalsgrabmäler“, ein<br />

durch die <strong>Stiftung</strong> gefördertes, historisch-kunsthistorisches Kooperationsprojekt<br />

der Humboldt-Universität zu Berlin (Prof. H. Bredekamp,<br />

Kunstgeschichtliches Seminar) und der Universität Fribourg/<br />

Schweiz (Prof. V. Reinhardt, Lehrstuhl für Allgemeine und Schweizer<br />

Geschichte) ist der Erforschung der römischen Grabkultur in der<br />

frühen Neuzeit gewidmet.<br />

Zu allen Zeiten haben gesellschaftliche Eliten ihre Stellung durch die<br />

künstlerisch-visuelle Inszenierung der Vergangenheit zu legitimieren<br />

und ihre Zukunft zu sichern gesucht. Selten jedoch spielte die<br />

aufwendige Erinnerung an die Vorfahren eine so große Rolle wie in<br />

Rom der Renaissance und des Barock, wovon sich noch heute überzeugen<br />

kann, wer die zahlreichen römischen Kirchen betritt. Von der<br />

einfachen Marmorplatte bis zu kostspieligen skulpturalen Meisterwerken<br />

reicht die Bandbreite der Produktion und wirft die Frage<br />

nach dem warum dieser in Quantität wie Qualität einmaligen Grabkultur<br />

auf.<br />

Ein gewichtiger Grund liegt sicherlich in der einzigartigen politischen<br />

Verfassung des Kirchenstaates als einer kirchlichen Wahlmonarchie.<br />

Denn in raschem Rhythmus wechselten in Rom die<br />

Herrscher und zugleich mit ihnen die Herrscherfamilien und ihre<br />

Anhängerschaft. Daraus resultierte eine ungewöhnlich intensive<br />

Konkurrenz um den sozialen Aufstieg. Man ist versucht, von einer<br />

Papst- und<br />

Kardinalsgrabmäler


KUNSTWISSENSCHAFTEN 116<br />

„Hyperkonkurrenz“ zu sprechen, die den idealen Nährboden für<br />

eine intensive, bis heute bestaunte künstlerische Produktivität auf<br />

allen Gebieten schuf. Im Medium der Grabkunst galt es für die Angehörigen<br />

der römischen Oberschicht immer wieder auf herausragende<br />

Familienangehörige zu verweisen, um damit die gesellschaftliche<br />

Position in der Gegenwart und für die Zukunft zu stabilisieren<br />

und nach Möglichkeit zu dynamisieren. Diese Verweisung<br />

musste – eine Folge der intensiven Konkurrenzsituation – in möglichst<br />

neuen, aufsehenerregenden Formen erfolgen. Wer auf sich<br />

hielt, verfügte nicht nur über eine Grab- und Familienkapelle, sondern<br />

stattete diese nach unterschiedlichen Gesichtspunkten aus.<br />

Die scheinbar für die Ewigkeit bestimmte marmorne Erinnerung an<br />

die Vorfahren gewinnt aus der „Vogelperspektive“ über die Jahrhunderte<br />

hinweg eine erstaunliche Lebendigkeit; ältere Grabmäler<br />

werden immer wieder umgebaut oder verschwinden ganz, um Platz<br />

für jüngere Generationen zu machen – auch der Tod hat eine Halbwertzeit.<br />

Diese ist um so kürzer, je intensiver das Medium „Grabmal“ für propagandistische<br />

Zwecke genutzt wurde. Dabei musste es durchaus<br />

nicht immer nur um die Selbstdarstellung der Auftraggeberfamilie<br />

gehen. Vielmehr ergab sich eine Vielzahl von stets im Einzelfall zu<br />

untersuchenden Verwendungsmöglichkeiten. Ein Grabmal konnte<br />

als aggressives politisches Manifest dienen, wie im Falle des Monumentes<br />

für Papst Leo XI. de’Medici († 1605) oder zur Rechtfertigung<br />

eines in politischen Schwierigkeiten steckenden Ordens genutzt<br />

werden, wie sich am Beispiel der Grablege Papst Gregors XV.<br />

(† 1623) zeigen lässt. Darüber hinaus deutet sich nach den bisherigen<br />

Ergebnissen des Forschungsprojektes ein Mechanismus der Stil- und<br />

Formentwicklungen an, die in zahlreichen Fällen vom sozialen Stand<br />

des Toten und dessen Familie abhängen. Dabei geht es nicht um arm<br />

oder reich, sondern vielmehr um die hierarchische Stellung an der<br />

Kurie. Viele Faktoren deuten darauf hin, dass Künstlerwahl und<br />

Grabmalsform häufig von kommunal-, national- oder europapolitischen<br />

Situationen abhängen. Nach dem bisherigen Stand der Untersuchungen<br />

ist zu vermuten, dass Form und propagandistische Funktion<br />

in keiner Kunstgattung so eng verknüpft waren, wie im Falle der<br />

römischen Grabmalskultur. Die Papst- und Kardinalsgrabmäler sind<br />

dabei nur die Spitze des Eisberges, die aufgrund der guten Quellenlage<br />

ein ergebnisreiches Betätigungsfeld sind. Die Entstehungszusammenhänge,<br />

die Form und Funktion der Grabmonumente so deutlich<br />

prägen, veranschaulichen, in welchem Maße die Analyse der römischen<br />

Grabkultur zwischen 1420 und 1800 geeignet ist, nicht nur<br />

die Geschichte der Ewigen Stadt zu verstehen, sondern auch Rückschlüsse<br />

auf die Entwicklung von Kunst und Gesellschaft sowie deren<br />

Wechselverhältnis gestattet.<br />

Informationen zu Fragestellungen, Ergebnissen und Publikationen<br />

des Projektes sind unter www.requiem-project.de zu erhalten.


117<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Folgende Publikationen sind im Berichtszeitraum hervorgegangen:<br />

Bredekamp, Horst, et al.: Vom Nutzen des Todes für Zeit und<br />

Ewigkeit. Anmerkungen zu den römischen Papst- und Kardinalsgrabmälern<br />

der frühen Neuzeit. – In: Kritische Berichte – Zeitschrift<br />

für Kunst- und Kulturwissenschaft. 29,2. <strong>2001</strong>. S. 7–20.<br />

Karsten, Arne, und Philipp Zitzlsperger: Bilderkrieg in Neu-St.<br />

Peter. Alessandro Algardis Grabmal für Papst Leo XI. de’Medici<br />

und die „Borgia-Krise“ der Jahre 1632/34. – In: Städel Jahrbuch.<br />

N.F. Bd. 18. <strong>2001</strong>. S. 195–212.<br />

Behrmann, C., et al.: The Roman tombs for popes and cardinals of<br />

the Early Modern Age – form and demand. – In: Anlacta Romana<br />

Istituti Danimarci. 31. <strong>2002</strong>. [Im Druck]<br />

Büchel, D., u. a.: Mit Kunst aus der Krise? Das Grabmal Pierre Legros’<br />

für Papst Gregor XV. Ludovisi in der römischen Kirche Sant’Ignazio.<br />

In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft. <strong>2002</strong>. [Im Druck].<br />

Prof. A. Beyer (Institut für Kunstgeschichte, RWTH Aachen) widmet<br />

sich mit Unterstützung der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> dem Projekt „Die<br />

Papstgrabmäler – Strategien apostolischen Gedächtnisses. Zu Geschichte<br />

und Formen der päpstlichen Sepulkralkunst“.<br />

Das Forschungsprojekt wendet sich unter genuin kunsthistorischen<br />

Gesichtspunkten ausgewählten Papstgrabmälern zu, deren Analyse<br />

im Wesentlichen vier Fragekomplexe umfasst.<br />

Graborte: Beschloss ein Papst, sein Grabmal an einem individuellen Ort<br />

oder als Teil einer kollektiven Grablege errichten zu lassen, so war diese<br />

Entscheidung durch unterschiedliche Motive bestimmt, vornehmlich<br />

durch persönliche Anlässe und Bindungen, aber auch durch überpersönliche,<br />

kontinuitätsstiftende Bewusstseinshaltungen und möglicherweise<br />

auch durch eine gewollte Teilhabe am Ruhm bedeutender Vorgänger<br />

oder durch eine Wertschätzung von Orten und Räumen, die<br />

durch die Nähe zu bestimmten Bildern oder Reliquien auratisiert waren.<br />

Wenngleich die Klärung dieser Motivationen der Einzelanalyse vorbehalten<br />

bleiben muss, entscheidet der Ort des Papstgrabmals darüber<br />

hinaus häufig über die mit der Papstmemoria befassten Personen und<br />

Personengruppen. Unabhängig davon, ob diese durch die römische Gemeinde,<br />

den Bischof von Rom oder eigens eingerichtete klerikale wie<br />

monastische Memorialgemeinschaften verrichtet wurde, so zeigt doch<br />

die räumliche Kontextualisierung der Papstgrabmäler in den jeweiligen<br />

Grabkirchen, dass die Ortswahl stets der Möglichkeit der maximalen<br />

Gebetsmemoria durch den Rompilger Rechnung trug.<br />

Auftraggeber: Da Päpste in der Regel ihre eigenen Grabmäler stifteten,<br />

deren Fertigstellung jedoch selbst nicht erlebten, sind Papstgrabmäler<br />

oft Denkmäler der Hinterbliebenen, die weniger die Erinnerung<br />

an den Papst als die an das eigene Geschlecht sichern sollten.<br />

Bedingt durch die Wahlmonarchie des Papsttums gilt dies um so<br />

mehr, weil sie sich mit jedem Pontifikatswechsel neu formierenden<br />

Papstgrabmäler


KUNSTWISSENSCHAFTEN 118<br />

Eliten bestrebt waren, sich zunächst im gesellschaftlichen Gefüge<br />

Roms zu positionieren und ihren neu gewonnenen Status künstlerisch<br />

angemessen auszudrücken, um daraus – gerade im Hinblick<br />

auf die familiären Ambitionen im nächsten Konklave – zukünftige<br />

Ansprüche abzuleiten. Neben Palästen und Villen, Kunstsammlungen<br />

und Kapellen dürften somit auch Grabmäler probates Mittel familiärer<br />

Selbstdarstellung und Selbsterhaltung gewesen sein. Demnach<br />

ist vor allem der Frage nachzugehen, inwieweit testamentarische<br />

Vorgaben eines Pontifex berücksichtigt, modifiziert, ja sogar<br />

verworfen wurden, oder die Erinnerung an den Pontifex von den persönlichen<br />

Interessen der Auftraggeber seines Grabmals überlagert<br />

bzw. dominiert wurde.<br />

Künstler: War der Künstler bestrebt, sich über die gängigen Ausdrucksformen<br />

künstlerischen Selbstbewusstseins hinaus im Papstgrabmal<br />

ein Denkmal zu setzen, so darf davon ausgegangen werden,<br />

dass das einzigartige Prestige, das mit einem solchen Auftrag verbunden<br />

war, in besonderem Maße zu künstlerischen Höchstleistungen<br />

anspornte. Ein Künstler, der mit der Ausführung eines Papstgrabmals<br />

betraut war, wird jedenfalls in dem Bewusstsein gearbeitet haben,<br />

dass angesichts des mit dem Tod eines Papstes stets neu formulierten<br />

Auftrags sein Entwurf vornehmlich der Kritik künftiger Bildhauer im<br />

Dienste des Pontifex standzuhalten hatte. Dieses Bemühen um Individualität<br />

drückt sich nicht selten in einer kombinatorisch verfahrenden<br />

Entwurfspraxis aus, die sich zwar deutlich erkennbar mit den Bezugsgrößen<br />

päpstlicher Sepulkralkunst auseinandersetzte, jedoch gerade<br />

in der Kombinatorik und Modifizierung von Mustergültigem und<br />

Meisterhaftem durch Akzentverschiebungen Meisterhaftes zu überbieten<br />

oder neu zu definieren suchte. Diese Tendenzen sind vor allem<br />

für St. Peter als einem Ort zu belegen, an dem nicht nur verschiedene<br />

Bildhauer, sondern Skluptur, Malerei und Architektur in einen<br />

grundsätzlichen, alle Gattungen umfassenden Wettstreit involviert<br />

sind und gegeneinander „antreten“.<br />

Ikonographie: Obwohl Papstgrabmäler immer auch ein Spiegel der<br />

Interessen von Auftraggebern und Künstlern sind, dienen sie doch in<br />

erster Linie der apostolischen Memoria, deren Träger vor allem die<br />

Skulptur ist. Während die Assistenzfiguren eines Grabmals der Charakterisierung<br />

von Amt und Amtsträger dienen und ein spezifisch<br />

christliches Tugendkonzept zu reflektieren scheinen, treten die narrativen<br />

Reliefs, die meist in historisch fokussierenden Blicken ein bestimmtes<br />

politisches Ereignis aus dem Leben des Pontifex darstellen,<br />

in den Dienst einer retrospektiven Memoria. Mit diesem in die Vergangenheit<br />

gerichteten Blick korrespondiert mit der vollplastischen,<br />

thronenden Papststatue ein Darstellungsmodus, der oftmals im<br />

Dienst einer überpersönlichen Ikonographie und prospektiven Memoria<br />

steht. An der Inszenierung dieses in die Zukunft gewandten<br />

Blicks scheint wiederum gerade die Architektur maßgeblichen Anteil<br />

zu haben, weil sie – über das leitmotivisch verwendete Triumphbogenmotiv<br />

hinaus – pointiert eingesetztes Mittel ist, den Vicarius


119<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Christi als einen unverzichtbaren Bestandteil des determinierten<br />

göttlichen Heilplanes auszuweisen.<br />

„Kunst aus Metall. Designer und Hersteller von Luxus- und Gebrauchsgütern<br />

aus edlen und unedlen Metallen in Deutschland<br />

1871–1945. Ein Referenzhandbuch“ ist Thema eines von der <strong>Stiftung</strong><br />

erneut geförderten Projektes des Badischen Landesmuseums, Karlsruhe<br />

(Dr. R. Sänger).<br />

Im Zuge des ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt sich fortsetzenden<br />

Bevölkerungswachstums und der Verstädterung verlief parallel<br />

dazu ein allgemeiner Industrialisierungsprozess, der die zünftig organisierten<br />

Handwerke durch neue und arbeitsteilige Herstellungsmethoden<br />

zum großen Teil ersetzte. Dieses Phänomen betraf in besonderer<br />

Weise jene Berufszweige, die sich seit alters her der Herstellung<br />

von Gold- und Silberschmiedewaren (Prunk- und Tafelgeräte,<br />

Bestecke und Schmuck) sowie von Zinn- und Messingwaren für den<br />

Luxus- und Alltagsgebrauch widmeten. Vor allem mit dem Wegfall<br />

der Zoll- und Handelsschranken (bis 1868), der Reichsgründung von<br />

1871 sowie mit dem Sinken der Silberpreise expandierte diese Branche,<br />

so dass sich in jeder größeren Stadt des Deutschen Reiches Goldund<br />

Silberschmiede und Juweliere etablierten; in bestimmten Zentren<br />

(Berlin, Bremen, Düsseldorf, Hanau, Heilbronn, Schwäbisch<br />

Gmünd, Pforzheim) entstanden darüber hinaus Silberwaren- und Metallwarenfabriken<br />

von zum Teil internationaler Bedeutung.<br />

In den zwanziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich<br />

die wissenschaftliche Forschung fast ausschließlich der Erfassung<br />

der noch zünftig arbeitenden Kunsthandwerkern auf diesen Gebieten<br />

gewidmet. Sie endet spätestens mit der Phase der Auflösung der<br />

Zünfte, d. h. um die Mitte des 19. Jahrhunderts.<br />

Im Rahmen des Forschungsprojekts ist beabsichtigt, diese Standardwerke<br />

mit der inzwischen erfolgten Akzeptanz der kunst- und kulturgeschichtlichen<br />

„Epochen“ des Historismus, des Jugendstils und<br />

der Bauhausära fortzuschreiben und eine Forschungslücke für den<br />

Zeitraum 1860–1945 zu erschließen.<br />

In der inhaltlichen Konzeption soll sich das Arbeitsvorhaben insofern<br />

von den früheren Standardwerken unterscheiden, als es den völlig<br />

geänderten wirtschafts- und kunsthistorischen Rahmenbedingungen<br />

Rechnung tragen muss. Denn neben den „klassischen“ Gold- und<br />

Silberschmieden müssen nun auch die Manufakturen und Fabriken<br />

der Luxus- und Gebrauchsgüterindustrie berücksichtigt werden, da<br />

in bzw. für deren Firmenateliers namentlich bekannte Musterzeichner<br />

und Künstler als Entwerfer und „Designer“ arbeiteten, die, ihrem<br />

Individualstil folgend, moderne und zeittypische Modelle für die Fabrik<br />

lieferten. Somit soll gewährleistet sein, dass das gesamte Spektrum<br />

der am Zustandekommen eines Objekts Beteiligten erschlossen<br />

und dargestellt werden kann: der freie Künstler als Entwerfer, der<br />

ausführende bzw. individuell arbeitende Kunsthandwerker und der<br />

für die serielle Produktion notwendige Fabrikant.<br />

Kunst aus<br />

Metall


Möbelbaukunst<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 120<br />

Als Ergebnis sollen Einzeldarstellungen vorgelegt werden, die jeweils<br />

eine Biographie bzw. Firmengeschichte (Lebens-/Gründungsdaten,<br />

künstlerischer Werdegang, Hinweise auf Hauptwerke oder<br />

Produktionsschwerpunkte, kunsthistorische Würdigung etc.) und die<br />

Wiedergabe der von Künstler bzw. Hersteller verwendeten Signaturen<br />

(Wortmarken, Monogramme, Bildmarken) beinhalten.<br />

Bislang sind ca. 70 Künstlerbiographien und 48 Markenbilder publiziert<br />

worden. Bildmaterial von heute meist verschollenen Kunstwerken<br />

sind gesammelt und in das Referenzhandbuch übernommen<br />

worden.<br />

Dr. W. Savelsberg (Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, Dessau) wurden<br />

für das Projekt „Aneignung und Neuschöpfung in der Dessau-Wörlitzer<br />

Möbelkunst vor 1800“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> bewilligt.<br />

Die Möbelbaukunst in Anhalt-Dessau, die während der Regierungszeit<br />

Fürst Leopolds III. entstanden ist, soll erstmals Thema einer breit<br />

angelegten Studie werden. Die 502 z. T. noch am originalen Standort<br />

verbliebenen Stücke verteilen sich auf die vom Fürsten errichteten<br />

Häuser, dem Schloss Wörlitz, dem Luisium, dem Gotischen Haus, der<br />

Villa Hamilton, dem umgestalteten Barockschloss Oranienbaum sowie<br />

dem dortigen Chinesischen Teehaus. Dass sich die ursprünglich<br />

intendierte Ensemblewirkung von Architektur und Mobiliar hier<br />

noch größtenteils erhalten hat, ist ein außerordentlicher Glücksfall,<br />

denn im Gegensatz zu jedem anderen, im besten Sinne zusammengetragenen<br />

Museumsbestand, lassen sich hier noch praktisch-funktionale<br />

Zusammenhänge von der Dekoration bis hin zu höfischen Repräsentationsmechanismen<br />

erkennen.<br />

Im Jahre 1771 formulierte Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorf, Architekturfreund<br />

und künstlerischer Berater des Fürsten Leopold III.,<br />

seine „Gedanken über eine allgemein vorbereitende Unterrichtsanstalt<br />

zu mechanischen Gewerben und zu bildender Kunst für Dessau“<br />

und entwickelte dabei ästhetische und wirtschaftliche Überlegungen,<br />

die heimische Handwerker in die Lage versetzen sollten,<br />

Gegenstände von vorzüglicher Qualität für den europaweiten Export<br />

herzustellen. Auch wenn diese Anstalt nie gegründet wurde, konnten<br />

Fürst und Berater auf gemeinsamen Reisen durch England,<br />

Frankreich und Italien Eindrücke sammeln, die für die lokale Möbelproduktion<br />

vorbildlich wurden. So ist z. B. der in dreistelliger Stückzahl<br />

produzierte „Fürst-Franz-Stuhl“, der sich sowohl in Goethes<br />

Wohnhaus als auch im Mobiliar des Markgrafen von Baden und der<br />

Preußischen Könige findet, an englischen Vorbildern orientiert.<br />

Die Ausbildung eines guten Geschmacks und die beabsichtigte Wirtschaftlichkeit<br />

der Produktion – man fertigte z. B. in Birne statt in Mahagoni<br />

– sind genauso zu erforschen wie die Funktion der Möbel im<br />

architektonischen Kontext und die Wirkungsgeschichte der anhaltdessauischen<br />

Werkstatt. Inwieweit hatte die Produktion Auswirkung<br />

auf berühmte Möbelwerkstätten in Deutschland und benachbarte<br />

Herrscherhäuser (es bestanden gute Kontakte nach Berlin und Wei-


121<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

mar)? Grundlage für die wissenschaftliche Betrachtung soll ein Katalog<br />

sein, in dem die Einzelstücke beschrieben, analysiert und zugeschrieben<br />

werden sollen.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte J. Penndorf (Direktorin des Lindenau-Museums,<br />

Altenburg) für die Erarbeitung des Bestandskataloges der<br />

umbrischen Gemälde des 15. und 16. Jahrhunderts im Lindenau-Museum<br />

Fördermittel.<br />

Das Lindenau-Museum besitzt die größte Sammlung früher italienischer<br />

Gemälde nördlich der Alpen (180 Gemälde). Zwar wurde dieser<br />

Bestand in dem 1961 erstellten Katalog des Hauses erfasst, doch<br />

wird der allgemeine Charakter dieses verdienstvollen Werkverzeichnisses<br />

dem spezifischen Italienschwerpunkt nicht gerecht. Darüber<br />

hinaus ist der Stand der Italienforschung seit Erscheinen des Museumskatalogs<br />

erheblich angewachsen, so dass die wissenschaftliche<br />

Bearbeitung des Bestandes einen deutlichen Erkenntnisgewinn erwarten<br />

lässt. Zudem ist eine neuerliche Bearbeitung eine wichtige<br />

Grundlage für die breitere Vermittlung der oft nur in Fachkreisen bekannten<br />

Sammlung.<br />

An der Hamburger Kunsthalle (Direktor Prof. U. M. Schneede) wird<br />

mit der Förderung durch die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ein Bestandskatalog<br />

der flämischen und holländischen Zeichnungen des 16. und 18.<br />

Jahrhunderts im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle erarbeitet.<br />

Die Zeichnungen der holländischen und flämischen Schule bilden<br />

neben den Zeichnungen der italienischen Schule, der deutschen Romantik<br />

(Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge) und der klassischen<br />

Moderne einen Schwerpunkt des Hamburger Kupferstichkabinetts.<br />

Ein Katalog, der diesen Teilbestand der Sammlung erfasst<br />

und einer interessierten Öffentlichkeit sowie der kunsthistorischen<br />

Forschung zugänglich macht, existiert nicht. Der Bestandskatalog<br />

der flämischen und holländischen Zeichnungen soll den Auftakt einer<br />

Reihe weiterer Kataloge zum Bestand des Kupferstichkabinetts<br />

bilden.<br />

Die 1200 Zeichnungen der flämischen und holländischen Schule vom<br />

16. bis 18. Jahrhundert bilden eine der bedeutendsten Zeichnungssammlungen<br />

im In- und Ausland. Den Schwerpunkt bilden die<br />

Zeichnungen der holländischen Schule des 17. Jahrhunderts, sowohl<br />

die Qualität der Blätter als auch deren Anzahl betreffend.<br />

Der größte Teil der holländischen Zeichnungen geht auf die Sammlung<br />

des Ernst G. Harzen (1790–1863) zurück, der diese 1863 zusammen<br />

mit einem großen Graphik-Konvolut der Hamburger Kunsthalle<br />

vermachte. Harzen war einer der wichtigsten Kunstsammler und -<br />

händler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kontakte zum internationalen<br />

Kunsthandel, vor allem nach England, sowie zu den<br />

Museumssammlungen (u. a. war Harzen für die Kabinette in Berlin<br />

Altenburg<br />

Umbrische<br />

Gemälde<br />

Hamburg<br />

Flämische und<br />

holländische<br />

Zeichnungen


Frankfurt a. M.<br />

Holländische<br />

Gemälde<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 122<br />

und Dresden tätig) schufen die Voraussetzung für seine umfangreiche<br />

Sammlungstätigkeit.<br />

Ihren internationalen Rang erhält die Sammlung u. a. durch den umfangreichen<br />

Bestand der holländischen Landschaftszeichnungen des<br />

17. Jahrhunderts sowie durch die Zeichnungen Rembrandts und seiner<br />

Schule. So ist Jacob Ruisdael mit 17 Blättern, Pieter de Molijn mit<br />

11, Hendrik Averkamp mit 11 und Herman Saftleven mit 14 Blättern<br />

vertreten. Von Rembrandt besitzt das Kufperstichkabinett mehr als<br />

10 Zeichnungen sowie 30 von seinen Schülern oder Nachfolgern. Die<br />

Genredarstellung ist vor allem durch Adriaen van Ostade mit 40 Blättern<br />

vertreten. Hinzu kommt eine repräsentative Auswahl von frühen<br />

niederländischen Zeichnungen des 16. Jahrhunderts (Gerard David,<br />

Pieter Coecke van Aelst, Marten van Heemskerk mit 5 Blättern, Herri<br />

Bles, David Vinckboons) sowie die kleine Sammlung von flämischen<br />

Zeichnungen, darunter Blätter von Peter Paul Rubens, Anton van<br />

Dyck, Jacob Jordaens oder David Teniers, die nicht durch ihren Umfang,<br />

wohl aber durch ihre Qualität von Bedeutung ist. Auch das 18.<br />

Jahrhundert ist mit einer umfangreichen Sammlung von Blättern<br />

holländischer Künstler repräsentativ vertreten.<br />

Der Bearbeitung des ersten Bandes des wissenschaftlichen Bestandskataloges<br />

in drei Bänden zu den holländischen Gemälden des Barock<br />

(ca. 1550–1800) im Städelschen Kunstinstitut dienen Fördermittel für<br />

Prof. H. Beck, Direktor des Städelschen Kunstinstitutes und der Städtischen<br />

Galerie, Frankfurt a. M. Bearbeiterin ist Dr. M. Neumeister.<br />

Von dem ursprünglich 65 Gemälde umfassenden Bestand, der im ersten<br />

Band des insgesamt dreibändigen Bestandskataloges zu den<br />

holländischen Gemälden des Barock bearbeitet wird, wurden drei<br />

Werke aufgrund der Zuschreibung oder auf neueren Erkenntnissen<br />

beruhenden Lebensdaten in den zeitgleich erarbeiteten und vom<br />

Abb. 10: Projekt „Wissenschaftliche Katalogisierung der holländischen<br />

Gemälde des Barock (ca. 1550–1800) im Städelschen Kunstinstitut<br />

Frankfurt am Main“: Die Eigenhändigkeit des Gemäldes<br />

„David vor Saul“ von Rembrandt wurde wiederholt bestritten. Eingehende<br />

Untersuchungen im Rahmen der Katalogisierung bestätigen<br />

jedoch, dass es sich um ein frühes Werk des Meisters handelt.<br />

Unter Infrarotlicht wurden feine Kompositionslinien sichtbar, und<br />

die Betrachtung mit dem Mikroskop belegt die für Rembrandt charakteristische<br />

Behandlung der Farbmaterie sowie sein Bemühen um<br />

eine illusionistische Bildwirkung: Pastos aufgetragene Farbe<br />

bewirkt Lichtreflexe, die das Funkeln kostbarer Geschmeide glaubhaft<br />

machen. Rembrandts bevorzugtes Thema, die Darstellung des<br />

Affektes, kulminiert in dem zornig starrenden Blick von Saul. Sein<br />

im Schatten liegendes Auge erhält durch einen in die feuchte Farbe<br />

gekratzten Ring um die Iris ein geradezu magisches Glühen. Die<br />

Reproduktion zeigt den Zustand des Gemäldes nach der <strong>2001</strong><br />

erfolgten Restaurierung.


123<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN


Dessau<br />

Flämische<br />

Gemälde<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 124<br />

Städelschen Museums-Verein finanzierten zweiten Band aufgenommen.<br />

Bei weiteren drei Werken ist die Zuschreibung und damit die<br />

zeitliche Einordnung noch fraglich.<br />

Eine Sichtung der Gemäldedokumentation und Archivalien ergab –<br />

unter Zuhilfenahme des Getty Provenance Index – Erkenntnisse über<br />

Provenienzen und Kopien aller zu bearbeitenden Gemälde. Da ältere<br />

Berichte wie die Ersttaxation des von dem Stifter Johann Friedrich<br />

Städel hinterlassenen Bestandes von 1817 und Restaurierungsprotokolle<br />

aus dem 19. Jahrhundert die Restaurierungsgeschichte überliefern,<br />

konnten viele Beobachtungen, die sich aus den Untersuchungen<br />

des materiellen Bestandes ergaben, datiert werden. 20 von 55<br />

Gemälden wurden in einer ersten Kampagne dendrochronologisch<br />

untersucht, weitere Untersuchungstermine stehen noch an.<br />

Die für 24 Werke erfolgte Untersuchung des materiellen Bestandes<br />

mit UV-Licht, dem für holländische Gemälde des 17. Jahrhunderts<br />

bislang selten angewendeten Infrarotlicht und fallweise mit Röntgenstrahlen<br />

ergab wichtige neue Erkenntnisse. So ließen sich in<br />

mehreren Fällen Unterzeichnungen nachweisen, die Änderungen in<br />

der Bildkonzeption dokumentieren und häufig auch die Verteilung<br />

von Licht- und Schattenzonen festlegten. Der Befund, das den<br />

scheinbar leichthändig gemalten Werken ein kalkulierter Farbauftrag<br />

zugrunde lag, wird auch durch die mit dem Infrarotlicht sichtbar<br />

gemachte Unterlegung bestätigt, die oftmals Schattenpartien markiert.<br />

Später im Gemälde hell wirkende Partien wurden hingegen<br />

bewusst von der Unterlegung frei gehalten. Diese Beobachtungen<br />

wurden durch das Symposium „Art history and technical investigation“<br />

(29./30. 10. <strong>2001</strong>) im RKD in Den Haag bestätigt. Das negative<br />

Bild einer rasch und spontan angefertigten Massenproduktion für<br />

den freien Markt, beispielsweise bei den Landschaften von Jan van<br />

Goyen, kann so relativiert werden. Der überaus kalkulierte Bildaufbau<br />

zeigt, dass sich die Maler über die ästhetische Wirkung ihrer<br />

Schöpfungen genau im klaren waren. Dies belegt auch die Untersuchung<br />

mit dem Mikroskop. Hier wurde eine prononciert eigene<br />

Handschrift der Maler ersichtlich, die ihre Werke zu unverwechselbaren<br />

Markenprodukten machte. Dies wurde insbesondere deutlich<br />

bei einem in der Forschung häufig umstrittenen Frühwerk von Rembrandt:<br />

„David vor Saul“ konnte aufgrund der überaus differenzierten<br />

Farbbehandlung und typischer stilistischer Merkmale als authentisches<br />

Werk dem Meister zugeschrieben werden.<br />

Dr. N. Michels (Anhaltinische Gemäldegalerie Dessau) erhält für den<br />

Bestandskatalog der flämischen Gemälde aus dem Besitz der Anhaltinischen<br />

Gemäldegalerie Dessau Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Gemäldegalerie stellt mit ihrem Bestand von ca. 2.000 Gemälden<br />

des 16. bis 20. Jahrhunderts die größte Sammlung alter Meister in<br />

Sachsen-Anhalt dar. Die Provenienz einiger herausragender Stücke<br />

lässt sich lückenlos bis auf die prominenten Sammlungen der Amalia<br />

von Solms (1602–1675) und ihrer Tochter Henriette Catharina van


125<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Abb. 11: Projekt „Kritisches Bestandsverzeichnis der spanischen Gemälde der Gemäldegalerie<br />

Alte Meister Dresden“: Karl Louis Preusser, „In der Dresdner Galerie“,<br />

1881: Als einziges deutsches Museum hat sich die Dresdner Gemäldegalerie im 19.<br />

Jahrhundert gezielt um den Aufbau einer Spaniersammlung bemüht. Nach Eröffnung<br />

des Semperbaus wurden ihr besondere Ehrenräume zugewiesen.


Dresden<br />

Spanische<br />

Gemälde<br />

Verona<br />

Sammlung<br />

Maffei<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 126<br />

Oranje-Nassau (1637–1708), verheiratet mit Fürst Johann Georg II.<br />

von Anhalt-Dessau, zurückverfolgen. Um zahlreiche interessante<br />

Stücke ergänzt wurde die Sammlung durch die Erwerbungen des<br />

Fürstenhauses Anhalt-Dessau, vor allem der in Bockenheim bei<br />

Frankfurt/Main residierenden, hochgebildeten Prinzessin Henriette-<br />

Amalie von Anhalt-Dessau (1720–93). Diese schätzte neben Frankfurter<br />

Malern des 18. Jahrhunderts in erster Linie die niederländischen<br />

Künstler des 17. Jahrhunderts. Ihr als „Amalienstiftung“ bezeichneter<br />

Nachlass umfasste u. a. knapp 700 Gemälde, die 1927 neben<br />

Werken aus dem Beitz des Fürstenhauses den Grundstock der<br />

anhaltinischen Gemäldegalerie bildeten.<br />

Prof. H. Marx (Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen<br />

Dresden) wurden von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für ein Kritisches<br />

Bestandsverzeichnis der spanischen Gemälde der Gemäldegalerie<br />

Alte Meister bewilligt.<br />

Die Gemäldegalerie Alte Meister verfügt nach Anzahl und Bedeutung<br />

der Stücke über eine Sammlung von spanischen Gemälden von<br />

einzigartigem Rang in Deutschland. Es handelt sich um 31 erhaltene<br />

(und 2 verlorene) Gemälde, für die bisher noch kein Katalog vorliegt.<br />

Grundlage der Bearbeitung sollen neben den traditionellen kunsthistorischen<br />

Schwerpunkten Stilkritik und Ikonographie die neuen naturwissenschaftlichen<br />

Analysemöglichkeiten sowie die Darstellung<br />

der Sammlungsgeschichte sein.<br />

Inzwischen konnte nicht nur das Wissen über die Dresdner Bilder<br />

selbst erheblich vertieft werden. Aus ihrer Untersuchung abgeleitete<br />

Fragestellungen weisen weit über Dresden hinaus. Wenn etwa in der<br />

Gruppe von Gemälden des Jusepe Ribera, welche fast ein Drittel des<br />

Komplexes ausmacht, mehrere Werke aus dem eigenhändigen Œuvre<br />

ausgeschieden werden müssen, umgekehrt aber eine als vermeintliche<br />

Kopie im Depot schlummernde Arbeit sich den als Original<br />

geltenden Fassungen gegenüber als überlegen erwies, so ergeben<br />

sich hieraus neue Erkenntnisse für die frühe Ribera-Rezeption,<br />

über die von den Sammlern des 17. Jahrhunderts bevorzugten Themen<br />

und Stilmodi oder über die Struktur der Künstlerwerkstätten in<br />

Neapel, woher auch die nicht von Ribera selbst geschaffenen Bilder<br />

stammen. Allgemein haben die Untersuchungen nicht nur den herausragenden<br />

Rang der Dresdner Arbeiten von El Greco, Carducho,<br />

Pereyra, Velázquez, Murillo oder Zurbarán hervortreten lassen, sie<br />

erlauben zudem die Besonderheiten dieser Maler allgemein noch<br />

schärfer zu fassen. Auf gutem Wege ist zugleich die Suche nach den<br />

Urhebern mehrerer bislang noch anonymer Werke.<br />

Mit finanzieller Unterstützung durch die <strong>Stiftung</strong> wird im Archäologischen<br />

Institut, Forschungsarchiv für antike Plastik, Universität zu<br />

Köln (Prof. R. Förtsch) ein Wissenschaftlicher Katalog der Skulpturensammlung<br />

des Scipione Maffei in Verona erstellt. Bearbeiterin ist<br />

Dr. A. M. Pastorino.


127<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Das Museo Maffeiano wurde von Scipione Maffei 1744 in Verona gegründet.<br />

Seine nach didaktischen Gesichtspunkten, öffentlich zugängliche<br />

und damit nach völlig neuen Kriterien konzipierte Sammlung<br />

wurde für die Museen des 19. Jahrhunderts vorbildlich. Ein<br />

1749 erstellter Stichwerkkatalog bildete sowohl die vorhandenen als<br />

interessanterweise auch die noch zu erwerbenden Stücke ab und erläuterte<br />

sie. Bis jetzt wurden folgende Ergebnisse erreicht:<br />

Ein Grundkatalog der Skulpturensammlung ist in Form einer Datenbank<br />

entstanden. Primär wurden die Stücke erfasst, die sich in dem<br />

aus dem Jahr 1749 stammenden Stichwerk Maffeis befinden; die<br />

Auswahl wurde dann auf Stücke erweitert, die sich nicht im Katalog<br />

befinden, aber größtenteils zur ursprünglichen Sammlung Maffeis<br />

gehörten. Die Datenbank beinhaltet nunmehr etwa 220 Datensätze<br />

zu diesen Reliefs und Skulpturen. Die Auswahl der Stücke wurde<br />

nach bibliographischen Forschungen und verschiedenen Studienreisen<br />

nach Verona getroffen.<br />

Jeder Datensatz enthält neben den Eckdaten jedes Stücks wie Größe<br />

und Erhaltungszustand eingehende Beschreibungen und umfangreiche<br />

Literaturangaben. Katalogbegleitende Texte befassen sich mit<br />

dem Konzept des Museo Maffeiano, seiner Sammlungs- und Ausstellungsgeschichte<br />

und der von Scipione Maffei vorgenommenen Eingliederung<br />

älterer Sammlungen in seinen Bestand.<br />

Die fotographische Bestandsaufnahme wird vor Ort durch den Fotographen<br />

des Museums, U. Tomba, vorgenommen. Bis jetzt liegen Fotos<br />

von etwa einem Viertel der Stücke vor; im Forschungsarchiv gibt<br />

es jedoch zu vielen Stücken bereits einen umfangreichen Fotobestand,<br />

der bereits digitalisiert und in die Datenbank eingebunden<br />

wurde.<br />

Im Rahmen des Kolloquiums „Sammlungen antiker Skulpturen im<br />

19. Jahrhundert“, das im Wintersemester 2000/<strong>2001</strong> vom Archäologischen<br />

Institut der Universität zu Köln veranstaltet wurde, hielt Dr. A.<br />

M. Pastorino einen Vortrag zum Thema „Das Museum Maffeiano<br />

und die Sammlungen des 19. Jahrhunderts in Norditalien“. Ein Kolloquiumsband<br />

(Herausgegeben von Prof. D. Boschung Prof. R.<br />

Förtsch) ist in Vorbereitung.<br />

Dr. U. Pietsch (Porzellansammlung, Staatliche Kunstsammlungen<br />

Dresden) widmet sich mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> den Forschungsarbeiten<br />

zur ehemaligen königlichen Porzellansammlung<br />

Augusts des Starken und Augusts III. zu Dresden.<br />

Die im Dresdener Zwinger befindliche ehemalige königliche Porzellansammlung,<br />

die auf den sächsischen Kurfürsten-König August II.<br />

(August der Starke) und seinen Sohn August III. zurückgeht, zählt<br />

mit rund 18.000 Stücken weltweit zu den bedeutendsten Porzellansammlungen.<br />

Sie repräsentiert in exemplarischer Weise die Produktionen<br />

der japanischen, chinesischen Werkstätten und der Meißner<br />

Porzellanmanufaktur.<br />

Dresden<br />

Porzellansammlung


Deutschland/<br />

Frankreich<br />

Kunst nach 1945<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 128<br />

Vor allem im 19. Jahrhundert musste diese Sammlung aufgrund von<br />

Verkäufen umfangreiche Verluste hinnehmen; auch nach den beiden<br />

Weltkriegen gingen zahlreiche Stücke verloren.<br />

Das Projekt verfolgt, neben einer noch ausstehenden Katalogisierung<br />

der zentralen Bestände, auch die Behandlung einer Reihe von Problemen<br />

und Fragen zur Geschichte des Sammlungsbestandes und seiner<br />

kunst- und kulturgeschichtlichen Einordnung und Bewertung.<br />

Dabei stehen Fragen nach der Ostasienrezeption im Zeichen der sogenannten<br />

China-Mode und die Materialisierung der Begegnung<br />

der fernöstlichen mit der westlichen Kultur im Vordergrund des Interesses.<br />

Inzwischen wurde schwerpunktmäßig die Erfassung des<br />

Bestandes durch eine Datenbank sowie eine Identifikation, Abgleichung<br />

und Auswertung der entsprechenden Eintragungen in den alten<br />

Inventaren von 1721 und 1779 durchgeführt. Dabei wurden bereits<br />

geschlossene Sammlungsbestandteile wie das chinesische Yixing-Steinzeug<br />

und die Dehua-Porzellane, Teile der chinesischen<br />

Blau-Weiß-Porzellane sowie Meißener Porzellane aus den Anfängen<br />

der Manufakturgeschichte erfasst (insgesamt ca. 2.400 Stücke).<br />

Schwerpunkt der Recherchen sind die Sichtung und Auswertung der<br />

Archivalien, welche weitere Aufschlüsse über die urspünglichen<br />

Konzeptionen und Präsentationen der Porzellansammlung im<br />

Holländischen und Japanischen Palais geben werden. Von besonderer<br />

Bedeutung ist dabei die Untersuchung des Stellenwertes der Porzellansammlunng<br />

innerhalb der königlichen Kunstsammlungen;<br />

auch sollen die Intentionen und Vorstellungen der Sammlerpersönlichkeiten<br />

August des Starken und August III. geklärt werden.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. T. W. Gaethgens (Deutsches Forum für<br />

Kunstgeschichte, Paris) bei dem Vorhaben „Französische Kunst im<br />

Nachkriegsdeutschland – Deutsche Moderne in Frankreich nach<br />

1945. Deutsch-französisches Forschungsprojekt zum Kunst- und Kulturtransfer<br />

im 20. Jahrhundert“.<br />

Im Oktober 1948 erhielt der Direktor der Karlsruher Kunsthalle, Kurt<br />

Martin, von der französischen Militärregierung in der Zone d’Occupation<br />

80 Graphiken der französischen Moderne, darunter Blätter<br />

von Chagall, Braque, Matisse und Picasso, zum Geschenk. Als Gegengabe<br />

wurde der Militärregierung das Gemälde Jour heureux von<br />

Willi Baumeister überreicht, das man nach Paris ins Musée de l’Art<br />

Moderne überführte. Dieser symbolische Kunsttausch bildete gewissermassen<br />

den offiziellen Auftakt der deutsch-französischen Kunstund<br />

Kulturbeziehungen nach 1945. Sehr schnell versuchten die ehemaligen<br />

Kriegsgegner, auf politischer, künstlerischer wie kunstkritischer<br />

Ebene die durch Krieg und Diktatur unterbrochenen Kontakte<br />

mit unterschiedlichen Mitteln und Intentionen wiederherzustellen<br />

und zu fördern.<br />

Diese intensiven und vielfältigen Beziehungen zwischen den beiden<br />

Nachbarländern von 1945 bis zur documenta II (1959), nach der die


129<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Abb. 12: Projekt „Französische Kunst im Nachkriegsdeutschland – Deutsche Moderne<br />

in Frankreich nach 1945“: Eröffnung der Ausstellung „Französische Malerei im 19.<br />

Jahrhundert“ 1949 in der Kestner-Gesellschaft Hannover.


Schloss<br />

Landsberg<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 130<br />

amerikanische Kunst die französische als Modell ablöste, stehen im<br />

Mittelpunkt des Projekts. Seine Aufgabe ist es, den bisher erst in Ansätzen<br />

erforschten deutsch-französischen Kunst- und Kulturtransfer<br />

zu rekonstruieren, die vielfältigen grenzüberschreitenden Kontakte<br />

in ihrem historischen Kontext zu beschreiben sowie nach den Trägern<br />

und unterschiedlichen Motivationen dieser bilateralen Beziehungen<br />

zu fragen. So soll untersucht werden, in welchem Verhältnis<br />

das deutsche Interesse, durch die Neuorientierung an der französischen<br />

Moderne wieder Anschluss an die internationale Kunstszene<br />

zu finden und sich zur westlichen Wertegemeinschaft zu bekennen,<br />

mit den kulturpolitischen Zielen der französischen Militärregierung<br />

stand, die Überlegenheit der französischen Kunst zu demonstrieren.<br />

Dem gegenüber stehen die Pionierleistungen einzelner Persönlichkeiten<br />

– Künstler, Sammler, Galeristen sowie Kunsthistoriker und -<br />

kritiker – als Kulturvermittler zwischen den zwei Nationen (u. a. Willi<br />

Baumeister, Ottomar Domnick, Will Grohmann, Édouard Jaguer,<br />

Michel Tapié).<br />

In einer Datenbank werden die wichtigsten kunstkritischen und -historischen<br />

Schriften (v. a. Zeitschriften), aber auch unbekanntes Archivmaterial<br />

erfasst und analysiert, eine Dokumentation der deutschfranzösischen<br />

Ausstellungen erstellt sowie durch die systematische<br />

Rekonstruktion der Künstlerkontakte der hohe Stellenwert der réconciliation<br />

franco-allemand für die Entwicklung der Nachkriegsmoderne<br />

und ihrer kunsttheoretischen Debatten über Abstraktion/Figuration<br />

in beiden Ländern aufgezeigt.<br />

Das deutsch-französische Forschungsunternehmen versteht sich als<br />

Beitrag zur europäischen Geschichte der Nachkriegsmoderne sowie<br />

als Möglichkeit der gezielten wissenschaftlichen Nachwuchsförderung.<br />

Seine bilaterale Grundlagenforschung erfolgt in enger Zusammenarbeit<br />

mit dem Kunsthistorischen Institut der Freien Universität<br />

Berlin sowie mit Kollegen und Institutionen beider Länder und unterschiedlicher<br />

Disziplinen.<br />

Seit Frühjahr 2000 fördert die <strong>Stiftung</strong> das interdisziplinäre Forschungsprojekt<br />

„August <strong>Thyssen</strong> und Schloss Landsberg. Ein Unternehmer<br />

und sein Haus“. Das Projekt verfolgt das Ziel, die bisher wenig<br />

beachtete Frage nach den Wohn- und Lebensformen wirtschaftlicher<br />

Führungsschichten im Ruhrgebiet um 1900 interdisziplinär zu erforschen.<br />

Zentraler Untersuchungsgegenstand ist der Alterswohnsitz von<br />

August <strong>Thyssen</strong> (1842–1926), Schloss Landsberg bei Essen-Kettwig, in<br />

der Verknüpfung mit seinem prominenten Bauherrn, einem der maßgeblichen<br />

Repräsentanten der industriellen Elite des rheinisch-westfälischen<br />

Wirtschaftsraumes, und dessen Wohn- und Repräsentationsbedürfnissen.<br />

Die beteiligten Lehrstühle und Institute sind die Universität<br />

zu Köln, Kunsthistorisches Institut/Abteilung Architekturgeschichte<br />

(Prof. N. Nußbaum/Projektleitung bau- und kunsthistorisches Teilprojekt),<br />

die Universität Dortmund, Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauforschung<br />

(Prof. U. Hassler), die Universität Frankfurt am Main, Lehrstuhl<br />

für Wirtschafts- und Sozialgeschichte (Prof. W. Plumpe/Projekt-


131<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

leitung wirtschafts- und sozialhistorisches Teilprojekt) sowie das Zentrum<br />

für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung ZEFIR der Ruhruniversität<br />

Bochum (R. Himmelmann, M.A.).<br />

Neben der Fortsetzung der Quellenrecherche und Literaturarbeit lag<br />

ein Schwerpunkt der Arbeit des bau- und kunsthistorischen Teilprojektes<br />

innerhalb des Berichtszeitraumes auf der vertieften Auseinandersetzung<br />

mit der materiellen Substanz von Schloss Landsberg.<br />

Hierbei wurden mit Unterstützung externer Fachleute durch Methoden<br />

der historischen Bauforschung einzelne Bereiche des Palas und<br />

des Bergfrieds eingehender untersucht und exemplarisch dokumentiert.<br />

Neben einer präzisen Vermessung der Außenkubatur, die u. a.<br />

zur Überlagerung der erhaltenen Planunterlagen genutzt werden<br />

soll, wurden bestimmte Bereiche des Hauses verformungsgerecht<br />

aufgemessen, um in die so entstehenden Pläne u. a. die exemplarisch<br />

erhobenen Befunde zu kartieren. Wesentliche Fragen betrafen dabei<br />

sowohl den Originalzustand um 1903 als auch die dokumentierbaren<br />

Veränderungen späterer Maßnahmen.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt des Teilprojektes lag auf einer breit angelegten<br />

Komparatistik zum Thema Wohn- und Repräsentationsformen<br />

um 1900. Mit Hilfe der vergleichenden Analyse soll Schloss Landsberg<br />

als Beispiel großbürgerlichen Bauens zwischen Späthistorismus<br />

und den Reformprogrammen der beginnenden Moderne adäquat<br />

eingeordnet und profiliert werden. Dabei werden insbesondere die<br />

Rahmenbedingungen in den Blick genommen, unter denen Schloss<br />

Landsberg als Projekt eines Industriellenwohnsitzes Gestalt annahm.<br />

Die Einordnung stützt sich vorwiegend auf die vorhandene Primärund<br />

Sekundärliteratur, soweit erforderlich aber auch auf Archivarbeit<br />

und Beobachtungen vor Ort. Die Auswahl der Vergleichsobjekte<br />

gliedert sich in verschiedene Bereiche: die Wohnsitze der Familienmitglieder,<br />

Wohnformen im rheinisch-westfälischen Wirtschaftsraum<br />

sowie überregional und international bedeutende Maßnahmen des<br />

Villen- und Landhausbaus und der Burgenrestaurierungen.<br />

Bezogen auf Schloss Landsberg zeichnen sich zwei Thesen ab, die<br />

auf den ersten Blick widersprüchlich und sich gegenseitig auszuschließen<br />

scheinen; bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich,<br />

dass hier zwei dem <strong>Thyssen</strong>schen Wohnsitz immanente Dimensionen<br />

aufscheinen:<br />

Die erste These bewertet den Umbau von Schloss Landsberg durch<br />

August <strong>Thyssen</strong> als bewusste Anknüpfung an das Vorgefundene sowie<br />

als dessen bauliche und künstlerische ,Fortschreibung’. Dabei<br />

steht der Industriellenwohnsitz im reichsweiten Vergleich als ein<br />

Beispiel von vielen für die bürgerliche Aneignung von Schlössern<br />

und Burgen, den Insignien der traditionellen Elite. Die um 1830 vom<br />

preußischen Königshaus begründete Tradition der Inbesitznahme<br />

der Höhenburgen im Rheintal verdeutlicht, dass auch der Umgang<br />

des Adels mit seinen Häusern bereits in der ersten Hälfte des 19.<br />

Jahrhunderts einem Wandel unterlag.


KUNSTWISSENSCHAFTEN 132<br />

Dem Bestreben des Bauherrn August <strong>Thyssen</strong>, sich der Tradition des<br />

Ortes und der Geschichte des Hauses zu vergewissern, liegt der Anspruch<br />

zugrunde, sich in Ermangelung einer eigenen Geschichte,<br />

diejenige des Hauses zu eigen zu machen und damit seine gesellschaftliche<br />

Stellung zu legitimieren. Dem Erwerb von Schloss Landsberg<br />

scheinen darüber hinaus Überlegungen zur Ausbildung eines<br />

Familienstammsitzes vorangegangen zu sein. Die Entscheidung der<br />

Familie für das nach dem Tode August <strong>Thyssen</strong>s auf Landsberg eingerichtete<br />

Mausoleum belegt die Rezeption dieser Vorstellung und<br />

ihre Verstärkung im Sinne einer Dynastiebildung.<br />

Die zweite These bewertet den Umbau von Schloss Landsberg als<br />

eine moderne, spezifisch bürgerliche Lösung. Seit der Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts werden Elemente des Burgenbaus in die bürgerliche<br />

Baukunst integriert, was um 1900 zu einer Transformation der Burgen<br />

zu Villen und Landhäusern führte. Dieses Phänomen manifestiert<br />

sich deutlich auf Schloss Landsberg. Die Planer des Anwesens<br />

bewegen sich mit ihren Konzepten in einem reformhistorischen Kontext,<br />

der damals einen ersten Ansatz zur Überwindung des Historismus<br />

darstellte. Das Eindringen internationaler Einflüsse, vorwiegend<br />

aus England und den USA, offenbart frühe Ansätze eines ,Internationalen<br />

Stils’. Hierbei zeichnet sich ab, dass gerade in dem der Avantgarde<br />

offenen Habitus des Wirtschaftsbürgers eine augenscheinliche<br />

Divergenz zu den zeitgleichen Maßnahmen und Repräsentationsformen<br />

der alten Elite, des Adels besteht. In diesem Zusammenhang<br />

stellt sich Schloss Landsberg – über die symbolhafte Aneignung von<br />

Bildern einer adeligen Lebenswelt hinausgehend – als eine spezifisch<br />

bürgerliche Kulturleistung dar.<br />

Beide Thesen reflektieren den Niederschlag der in den Jahren um<br />

1900 virulenten (bau)künstlerischen Konzepte und Programme im<br />

Spannungsfeld zwischen Konvention und Reform, Tradition und Modernität<br />

sowie die kulturellen Handlungsmaximen und Verhaltensweisen<br />

in einer von vielfältigen Auf- und Umbrüchen in Kultur und<br />

Gesellschaft geprägten Zeit.<br />

Der Schwerpunkt im sozialhistorischen Teilprojekt lag u. a. auf einer<br />

vergleichenden Betrachtung der Geselligkeitsformen in großbürgerlichen<br />

Haushalten. Die Besonderheiten in der Lebensführung August<br />

<strong>Thyssen</strong>s erschließen sich, wenn man die wirtschaftsbürgerlichen<br />

Alltagspraktiken in einer ,klassischen Bürgermetropole’ wie Frankfurt<br />

am Main vergleichend heranzieht.<br />

Auf Schloss Landsberg, das sich für August <strong>Thyssen</strong> zu einem Lebensmittelpunkt<br />

und zu einem Zentrum wirtschaftsbürgerlicher<br />

Kommunikationsprozesse entwickelte, lassen sich idealtypisch vier<br />

Geselligkeitsformen voneinander unterscheiden: Familientreffen,<br />

,Arbeitsessen’, Besuche, die der informellen ,Netzwerkbildung’ dienten<br />

(etwa die Einladung regionaler Verwaltungseliten), der Empfang<br />

größerer ,bürgerlicher’ Gesellschaften, die zum einen entweder einen<br />

eher offiziellen Charakter (u. a. Überreichung des Ehrenbürger-


133<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Abb. 13: Projekt „August <strong>Thyssen</strong> und Schloss Landsberg. Ein<br />

Unternehmer und sein Haus“: August <strong>Thyssen</strong> auf Schloss Landsberg,<br />

Pfingsten 1911, Fotograf: August <strong>Thyssen</strong>s Neffe Kurt Ernst.<br />

briefes der Stadt Mühlheim an der Ruhr am 22. Mai 1912) oder zum<br />

anderen einen eher privaten Anstrich besaßen und dazu beitrugen,<br />

freundschaftliche Beziehungen zu pflegen. Gewisse Rituale wurden<br />

offenbar bei jeder geselligen Zusammenkunft gepflegt. Nach dem<br />

Essen gehörte der gemeinsame ,Kaffeetrunk’ und die Besichtigung<br />

der Marmorplastiken Rodins im Wintergarten zum Pflichtprogramm,<br />

wie der obligatorische Spaziergang durch die Wald- und Parkanlagen.<br />

Zumindest einigen Gästen (z. B. Cläre Stinnes, Jules Huret)<br />

eröffnete <strong>Thyssen</strong> auch Einblicke in seine Privatgemächer. Die Nei-


Ottobeuren<br />

Abtei<br />

gung bei festlichen Anlässen einen eher luxuriösen Konsumstil zu<br />

pflegen, der ,feudal-üppige’ Anstrich mancher Geselligkeit und der<br />

unverkennbare Stolz auf ,sein’ Schloss Landsberg lassen sich möglicherweise<br />

mit den Eigenarten des bürgerlichen Leistungsethos erklären.<br />

Landsberg und seine Geselligkeitsformen symbolisierten den<br />

wohlverdienten Lohn für die zeitraubende und kräfteverzehrende<br />

Existenz des Eigentümer-Unternehmers.<br />

Auch wenn es auf Schloss Landsberg Zusammenkünfte mit ,privatbürgerlichem’<br />

Charakter gegeben und August <strong>Thyssen</strong> die grundlegenden<br />

Spielregeln bürgerlicher Geselligkeitsformen akzeptiert hat:<br />

Die Festlichkeiten und Einladungen bewegten sich – übrigens nicht<br />

erst in Landsberg, sondern bereits in seiner um 1872 errichteten Villa<br />

„Froschenteich“ – in ihrer großen Mehrheit im Fahrwasser unternehmerischer<br />

Interessen oder trugen familiären Charakter. Im Spiegel<br />

der Geselligkeitsformen werden zwei grundlegende Züge des ,<strong>Thyssen</strong>’schen<br />

Habitus’ greifbar: für den Ruhrindustriellen war – erstens –<br />

das eigene Unternehmen zentraler Orientierungspunkt individuellen<br />

Handelns. Das gesellige Leben blieb auf die Unternehmerrolle und<br />

die eigentliche Erfolgsgeschichte August <strong>Thyssen</strong>s bezogen.<br />

Ganz im Gegensatz zu den wirtschaftsbürgerlichen Wohnsitzen in<br />

Frankfurt am Main war Schloss Landsberg kaum ein Ort der ständigen<br />

bürgerlichen Selbstvergewisserung, an dem sich die regionale<br />

Elite an der Ruhr über die ,richtige’ bürgerliche Lebensführung verständigte<br />

und durch ihr Alltagshandeln immer wieder bestätigte.<br />

Zwar gehörten auch führende Repräsentanten der regionalen Industriekapitäne<br />

zu den Besuchern auf Landsberg (wie etwa Hugo Stinnes).<br />

Insgesamt erschienen die Namen herausragender Ruhrindustrieller<br />

allerdings sehr selten auf den Gästelisten. Hinzu kommt: Die<br />

Art und Weise der Geselligkeitsformen lassen auch auf Unsicherheiten<br />

im Umgang mit den bürgerlichen Verhaltensstandards schließen.<br />

Folgende Publikationen sind erschienen:<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 134<br />

Euskirchen, Claudia, u. a.: Hausforschung bei August <strong>Thyssen</strong>.<br />

Schloss Landsberg wird untersucht. – In: Denkmalpflege im<br />

Rheinland. 18. <strong>2001</strong>. S. 184–186.<br />

Lesczenski, Jörg; Birgit Wörner: „Ich werde mir Mühe geben ...<br />

den entzückten, liebenden Ehemann zu markieren ... .“ Moritz<br />

von Metzler und August <strong>Thyssen</strong>. Ideale und Alltagspraktiken<br />

wirtschaftsbürgerlicher Lebensführung zwischen Kaiserreich und<br />

Weltwirtschaftskrise. – In: Die deutsche Wirtschaftselite im 20.<br />

Jahrhundert. Kontinuität und Mentalität. Hrsg. : Klaus Tenfelde<br />

u. a. [Im Druck]<br />

Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte Prof. em. K. Schwager (Fakultät für Kulturwissenschaften,<br />

Universität Tübingen) für das Projekt „Die Benediktiner-Abtei<br />

Ottobeuren (1672–1803). Materialien zu Programm, Planung,<br />

Bau und Ausstattung“ Fördermittel.


135<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Ziel des Projektes ist es, für eine der geschichtlich und architektonisch-künstlerisch<br />

wichtigsten Klosterresidenzen des 17. und 18.<br />

Jahrhunderts in Süddeutschland eine Gesamtdokumentation der<br />

ihre Entstehung bestimmenden Konzepte und Fakten zu erstellen:<br />

von den ersten Planungsgedanken bis hin zum nahezu unverändert<br />

erhaltenen Bau. Bislang sind trotz vorhandener schriftlicher und bildlicher<br />

Quellen ältere und jüngere Untersuchungen unvollständig<br />

und oberflächlich geblieben. Die Quellen sollen im Rahmen des Projektes<br />

systematisch ausgewertet werden, um alle hier wirksamen<br />

Faktoren ökonomischer, politischer, spiritueller und künstlerischer<br />

Art zu erfassen und zu dokumentieren. Die vorgesehene Veröffentlichung<br />

soll zwei Teilbände umfassen (Teil I die Jahre 1672–1740, Teil<br />

II die Jahre 1740–1803).<br />

Bisher ist der folgende Aufsatz erschienen:<br />

Schwager, Klaus; Gabriele Dischinger: „Gelt, Gedult und Verstandt“.<br />

Programm und Realisierung der Ottobeurer Klosteranlage.<br />

In: Himmel auf Erden oder Teufelsbauwurm? Wirtschaftliche<br />

und soziale Bedingungen des süddeutschen Klosterbarock. Hrsg.:<br />

Markwart Herzog u. a. Konstanz <strong>2002</strong>. S. 289–319.<br />

Prof. R. Schumacher (Institut für hymnologische und musikethnologische<br />

Studien e.V., Köln) und Prof. M. Lütolf (Musikwissenschaftliches<br />

Institut, Universität Zürich) erhalten für das Projekt „Geistliche Gesänge<br />

des deutschen Mittelalters“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die „Geistlichen Gesänge des deutschen Mittelalters“ bilden die Abteilung<br />

II der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Edition des deutschen<br />

Kirchenlieds. In acht Bänden soll das weitgehend unerforschte<br />

und zahlreiche Überraschungen bergende Repertoire volkssprachiger<br />

geistlicher Gesänge der weiterführenden Forschung verschiedenster<br />

Fachrichtungen bereitgestellt werden. Die Bände 1, 2 und 6<br />

befinden sich beim Verlag, der Band 5, der im folgenden vorgestellt<br />

werden soll, im fortgeschrittenen Stadium der Bearbeitung.<br />

Es darf als Glücksfall betrachtet werden, das neben der offiziellen lateinischen<br />

Liturgie drei volkssprachige Zyklen überlebt haben. Der<br />

erste betrifft die sogenannten „Geisslerlieder“, eine Sammlung von<br />

acht Gesängen, die nach der Chronik Hugos von Reutlingen bei den<br />

1349 in Strassburg beobachteten, von der Bruderschaft der Flagellanten<br />

bei ihren Prozessionen und dem folgenden Ritual vorgetragen<br />

wurden. Dieser öffentliche Bussakt war der Ausdruck einer Massenbewegung,<br />

die in kurzer Zeit fast ganz Europa erfasste, dann aber<br />

bald wieder verschwand.<br />

Dem Umfang nach gewichtiger sind die beiden anderen Zeugen<br />

spätmittelalterlicher Geistesgeschichte. Wer den Versuchen der<br />

volkssprachigen Liturgie nachspürt, wird überrascht sein, schon im<br />

15. Jahrhundert auf zwei umfangreiche, in einer Wiener und einer<br />

Münchener Handschrift überlieferte Zyklen zu stossen, deren erstem<br />

der Psalter, dem zweiten die Formulare des Stundengebets zu acht<br />

Geistliche<br />

Gesänge


Jiddische<br />

Musik<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 136<br />

Hochfesten des Kirchenjahres (das Fragment eines Fronleichnahmformulars<br />

ist noch in einer dritten Quelle überliefert) zugrundeliegen.<br />

Der „Wochenpsalter“ beinhaltete die auf die sieben Wochentage<br />

verteilten 150 Psalmen mit den sie umgebenden Gesängen. Das<br />

„Festtagsantiphonar“ enthält ebenfalls alle für den Vollzug des Stundengebets<br />

erforderlichen Gesänge, der zweite Teil der Handschrift,<br />

das Brevier, die Gebete und Lektionen. In der Edition werden beide<br />

Teile der Handschrift in zwei Spalten synoptisch dargestellt.<br />

Die Umstände der Entstehung sind durch verschiedene Einträge ein<br />

Stück weit benennbar. Die Rubriken – beispielsweise die Anmerkung:<br />

„So hebt die Singerin an ...“ – verraten als Bestimmungsort beider<br />

Handschriften zweifelsfrei einen Nonnenkonvent. Als Schreiber<br />

der Wiener Handschrift gibt sich ein Erasmus Werbener von Delitzsch<br />

zu erkennen. Er dürfte im Auftrag von Kaiser Friedrich III. von Österreich,<br />

dessen Devise in der Vokalfolge A.E.I.O.V. zusammen mit der<br />

Jahreszahl 1477 auf der ersten Seite des Codex erscheint, gearbeitet<br />

haben. Der Kaiser hatte sich kurz zuvor für das Bistum Wien eingesetzt,<br />

und es scheint, dass ihm die Einführung deutschsprachiger<br />

Stundengebetsbücher, zumindest in Frauenstiften, ein Anliegen war.<br />

Die Frage, für welchen Nonnenkonvent die neuen Bücher bestimmt<br />

waren, kann nur hypothetisch beantwortet werden. Vieles spricht für<br />

den Augustinerinnen-Konvent Maria Magdalena vor dem Wiener<br />

Schottentor, der just zur Zeit der Entstehung der Stundengebetsbücher<br />

in ein Chorfrauenstift umgewandelt wurde. Auch die Münchener<br />

Quelle dürfte im Zusammenhang mit den in jenen Jahren<br />

durchgeführten Reformen zu tun haben. Was den beiden Quellen ihre<br />

Bedeutung verleiht, ist die Tatsache, dass hier – nach dem heutigen<br />

Kenntnisstand einmalig – ein dem lateinischen Modell nachgebildetes<br />

Stundengebet vorliegt, das einen Nonnenkonvent den Psalter, die<br />

Gesänge, Gebete und Lesungen vollständig in deutscher Übersetzung<br />

und mit den notwendigen Anpassungen der Melodien anbot.<br />

Für das Archivierungs- und Katalogisierungsprojekt „Jiddische Lieder<br />

und Klezsmermusik“ stellte die <strong>Stiftung</strong> Prof. K. E.Grözinger (Jüdische<br />

Studien, Universität Potsdam) Fördermittel zur Verfügung.<br />

Gegenstand des Projektes ist das von dem Jiddisten, Chasan (Vorbeter)<br />

und Musikwissenschaftler David Kohan in Berlin von 1945 bis ca.<br />

1990 angelegte Archiv von 325 Tonbändern und Audiocasetten.<br />

Die Sammlung wurde nach seinem Tod durch Mittel des Berliner Senats<br />

und der Universität Bamberg angekauft und anschließend von<br />

dem Musikethnologen Prof. Max Peter Baumann (Bamberg) der Universität<br />

Potsdam überlassen. Hervorzuheben ist vor allem die Bandbreite<br />

und Vollständigkeit der Sammlung Kohans. Neben seltenen<br />

ethnografischen Feldaufnahmen und selbst in osteuropäischen Archiven<br />

kaum zu findenden frühen Schallplattenaufnahmen enthält<br />

sie auch zahlreiche Rundfunksendungen zu jiddischer Musik aus aller<br />

Welt. Sie bildet damit nicht nur den Kern einer in Potsdam aufzubauenden<br />

Fonothek jiddischer Musik, sondern dient gleichzeitig als


137<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

Abb. 14: Projekt „Geistliche Gesänge des deutschen Mittelalters“:<br />

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3079, f. 1, „Wochenpsalter“:<br />

Stiftervermerk Kaiser Friedrichs III. und Anfang der Sonntagsmatutin.<br />

Vergleichsmaterial für ein Projekt mit historischen Aufnahmen von<br />

jiddischen Liedern, Kleszmermusik und Purimspielen aus den<br />

Sammlungen Moishe Beregowskis und Sofia Magids aus Kiew und<br />

St. Petersburg, das ebenfalls in der Religionswissenschaft der Universität<br />

Potsdam beheimatet ist.


Hymnen<br />

„Beutekunst“<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN 138<br />

Die Bestände werden archiviert, katalogisiert, klangtechnisch bearbeitet<br />

und auf digitale Tonträger überspielt, bevor sie wissenschaftlich<br />

kommentiert und in eine Multimediadatei eingearbeitet werden.<br />

Das Projekt wird im Internet vorgestellt sowie in folgenden Zeitschriften:<br />

Jiddische Lieder und Kleszmermusik. Das Tonarchiv David<br />

Kohans in der Potsdamer Religionswissenschaft. – In: Portal. Die<br />

Potsdamer Universitätszeitung. 3/4. <strong>2002</strong>. S. 30.<br />

Eckstaedt, Aaron: Potsdam/Universität, Kollegium für Jüdische<br />

Studien: Das Tonarchiv David Kohans in der Potsdamer Religionswissenschaft.<br />

– In: Jiddistik Mitteilungen. 27. <strong>2002</strong>. S. 31–32.<br />

Für die Erstellung eines vollständigen Incipitariums liturgischer<br />

Hymnen der Russen vom 11. bis zum 13. Jahrhundert wurden Prof.<br />

em. H. Rothe, Arbeitsstelle Bonn der Patristischen Kommission der<br />

Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, Fördermittel<br />

bewilligt.<br />

Bei den liturgischen Hymnen handelt es sich um Gesänge, die in der<br />

griechisch-orthodoxen Welt an jedem Tag im Gottesdienst gesungen<br />

werden. Sie sind in mehreren Büchern erfasst und auch aufgrund der<br />

früheren gesellschaftspolitischen Verhältnisse in der ehemaligen<br />

UdSSR nur unzureichend ediert. Das Vorhaben wird in Kooperation<br />

mit Wissenschaftlern in Moskau und St. Petersburg durchgeführt.<br />

Seit Beginn des Projektes wurden von den 14 auszuwertenden Quellen<br />

(Menäen von September bis August; Triodion; Pentekostar) die<br />

Menäen für Dezember und April bis September nach 30 Handschriften<br />

und fünf Druckausgaben ausgewertet. Von den zu erwartenden<br />

ca. 23.000 Einheiten sind 19.500 erfasst. Für jede Hymne wird vermerkt:<br />

Incipit, Angaben zur Gattung, Tonart, Musterstrophe, zum<br />

Heiligen bzw. Fest mit Datum sowie, nach Möglichkeit das Incipit<br />

des griechischen Originals.<br />

Es steht aus Festtagsmenäen sowie Triodion und Pentekostar, danach<br />

erneute und besondere Suche nach griechischen Vorlagen<br />

durch Rückübersetzung und Zuhilfenahme des Incipitariums von E.<br />

Follieri. Es ist damit zu rechnen, dass für etwa 10 Prozent slavischer<br />

Hymnen eine Vorlage derzeit nicht zu finden ist. Weiter sind geplant<br />

Register zu Handschriften, Musterstrophen, Gattungen, Tonarten,<br />

Heiligen.<br />

Das Kolloquium „Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik 1933–1945“<br />

fand am 11. und 12. Dezember <strong>2001</strong> im Wallraf-Richartz-Museum/Fondation<br />

Corboud (Dr. R. Budde) mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> statt.<br />

Das Kolloquium ermöglichte über 200 internationalen Fachleuten,<br />

die Ankaufspolitik der Museen während der Zeit des Nationalsozialismus<br />

näher zu beleuchten. Das komplexe Thema „Raubkunst“<br />

wurde aus unterschiedlichen Perspektiven erstmals von Vertretern


139<br />

KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />

der Museen, Archive, dem Kunsthandel sowie Provenienzforschern<br />

und Juristen präsentiert und öffentlich diskutiert.<br />

Ausgehend von Rheinischen Museen in Köln und Bonn konnte die<br />

Problematik und das Ausmass von Kunsterwerbungen während der<br />

Zeit zwischen 1933 und 1945 deutlich gemacht werden. Die Darlegung<br />

von Netzwerken kunsthistorischer Forschung und Politik im<br />

Kontext des Kunst- und Kulturgutraubs in Westeuropa lassen das<br />

Ausmaß organisierter Strukturen dieser Zeit erst erahnen. Zum<br />

blühenden Kunsthandel dieser Jahre zählt auch die Beschlagnahmung<br />

und Verwertung sogenannter „entarteter kunst“ und die<br />

Ankäufe für das von Hitler initiierte „Führermuseum Linz“.<br />

Während der Kriegsjahre ist besonders der niederländische und<br />

französische Kunstmarkt in den Handel mit NS-verfolgungsbedingt<br />

entzogenen Kunst- und Kulturgütern verwickelt. Eine Schweizer<br />

Studie zum Kunsthandel während der NS-Zeit prägte neben den<br />

bislang bekannten Begriffen von „Beutekunst“ und „Raubkunst“<br />

den neuen Begriff „Fluchtgut“. Auch im Bundesvermögen befindet<br />

sich ein Restbestand von etwa 2.200 damals in deutschen Reichsbesitz<br />

gelangten Kunst- und Kulturgütern mit ungeklärter Herkunft.<br />

Vertreter amerikanischer und deutscher Museen legten erste Ergebnisse<br />

der häufig langwierigen Nachforschungen zu ehemaligen<br />

Besitzverhältnissen von Kunstwerken dar. Auch im internationalen<br />

Kunsthandel sind zunehmend Provenienzforscher mit der Klärung<br />

von ehemaligen Besitzverhältnissen beauftragt. Die Suche nach<br />

Kunstwerken erleichtern inzwischen Datenbanken, die überwiegend<br />

über das Internet zugänglich sind. Das Kolloquium hat, nicht<br />

zuletzt auch durch die große Medienresonanz, zur Sensibilität im<br />

Umgang mit ungeklärten Besitzverhältnissen bei Kunstwerken wesentlich<br />

beigetragen und eine wichtige Grundlage für die zukünftigen<br />

Erforschungen von Provenienzen während der Jahre 1933–1945<br />

gelegt.<br />

Folgende Publikationen sind im Berichtszeitraum hervorgegangen:<br />

Beckmann, Eva-Maria: Ankaufspolitik der Museen zwischen<br />

1933 und 1945: nicht länger ein weißer Fleck. – In: Museen im<br />

Rheinland. <strong>2002</strong>, 1. S. 7–9.<br />

Kropmanns, Peter: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik<br />

1933–1945. Kolloquium im Wallraf-Richartz-Museum – Fondation<br />

Corboud, Köln, 11./12.12.<strong>2001</strong>. – In: Kunstchronik. 55. <strong>2002</strong>.<br />

S. 166–169.<br />

Terlau, Katja: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik 1933–1945. –<br />

In: Bulletin/Deutscher Museumsbund. <strong>2002</strong>, 1. S. 9/190. – In: Mitteilungen/ICOM-Deutschland.<br />

<strong>2002</strong>, 1. S. 21–23.<br />

Diese Beiträge erscheinen in Kürze zusammen mit denen der Hamburger<br />

Tagung vom Februar <strong>2002</strong> „Die eigene Geschichte“ in einer<br />

Publikation, die von der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste<br />

Magdeburg herausgegeben wird.


Deutscher<br />

Humanismus<br />

1480 – 1520<br />

Sprach- und Literaturwissenschaften<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 140<br />

Die Sprach- und Literaturwissenschaften haben – wie die meisten<br />

anderen Geisteswissenschaften – seit den 60er Jahren erhebliche<br />

Veränderungen erfahren. Dieser Wandel betrifft ebenso die Methodik<br />

dieser Fächer wie die Neubestimmung ihrer Gegenstände. Zu den<br />

Konsequenzen dieser Veränderung zählt nicht zuletzt die zunehmende<br />

Autonomie von Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft, die<br />

sich inzwischen zu weitgehend selbständigen und sehr ausdifferenzierten<br />

Fächern entwickelt haben. Maßgeblich für den skizzierten<br />

Veränderungsprozess war eine deutliche Theoretisierung, die für die<br />

Linguistik ein vorrangiges Interesse an synchronen Fragestellungen<br />

bewirkt hat. Für die Literaturwissenschaft ist spätestens seit den 70er<br />

Jahren eine intensive Debatte über die Möglichkeiten und Varianten<br />

einer Wissenschaft von der Literatur entstanden. Diese Bemühungen<br />

um eine fortschreitende Disziplinierung des Fachs haben eine Reihe<br />

von Paradigmen neben der traditionell dominanten Literaturgeschichte<br />

wie „Rezeptionsästhetik“, „Literatursoziologie“, „Literatursemiotik“<br />

oder „Dekonstruktion“ hervorgebracht. Mit der theoretischen<br />

Revision der Sprach- und Literaturwissenschaften ging die Veränderung<br />

ihres Gegenstandsbereichs einher. Nicht nur die vor allem<br />

schriftlich fixierten Hochsprachen oder ein überkommener Kanon von<br />

Texten bilden heute die Objekte der Forschung, zunehmend ist die<br />

Pluralität von sprachlichen wie literarischen Ausdrucksformen in den<br />

Blick dieser Disziplinen getreten. Zumal für die Literaturwissenschaft<br />

hat die in jüngerer Zeit geführte Diskussion um Eigenheiten und<br />

Funktionen der Medien noch einmal eine erhebliche Revision ihres<br />

Objektbereichs mit sich gebracht. Zunehmend treten die Beziehungen<br />

zwischen Literatur, Film, neuen Medien etc. in das Zentrum des<br />

Interesses. Zum Profil dieser Disziplinen gehört auch die aktuelle<br />

Debatte um ihren Status als Kulturwissenschaften.<br />

In Anbetracht der skizzierten Ausdifferenzierung der Sprach- und Literaturwissenschaften<br />

fördert die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> vorrangig<br />

Projekte, die grundlegende Fragen der Sprach- und Literaturwissenschaften<br />

zum Gegenstand haben. Vor allem ist sie an Forschungsvorhaben<br />

interessiert, bei denen die Untersuchung von Sprache und<br />

Text selbst im Zentrum steht. Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt ebenso Projekte,<br />

denen historische Fragestellungen zugrunde liegen, wie solche,<br />

die den theoretischen Grundlagen dieser Disziplinen gewidmet<br />

sind. Ein besonderes Augenmerk gilt Projekten, die Beziehungen zu<br />

anderen Fächern herstellen. Dabei ist vor allem an Disziplinen gedacht,<br />

die ebenfalls sprachliche Gegenstände erforschen, wie die<br />

Philosophie oder die Theologie.<br />

Für das Projekt „Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon“<br />

erhält Prof. F. J. Worstbrock (Institut für Deutsche Philologie,<br />

Universität München) Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Das Projekt soll ein Lexikon erbringen, das die zentrale Epoche des<br />

deutschen Humanismus durch Artikel über alle Autoren, die am li-


141<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

terarischen und wissenschaftlichen Leben der Zeit beteiligt waren,<br />

erstmals vollständig, gleichmässig und – strikt auf der Grundlage dokumentierter<br />

Quellen – zugänglich macht. Mit ca. 170 Einträgen und<br />

entsprechenden Registern soll das Lexikon das gesamte Netz des humanistischen<br />

Denkens in Deutschland erfassen und auch die bestehende<br />

Forschung zu diesem Zeitraum zusammenführen. Es will damit<br />

sowohl ein Defizit der deutschen Literaturwissenschaft ausgleichen,<br />

als auch ein Referenzwerk für die anderen an der Humanismusforschung<br />

beteiligten Disziplinen (einschließlich der Geschichte<br />

von Mathematik und Naturwissenschaften) bilden. Der disziplinären<br />

Vielfalt des Humanismus Rechnung tragend, soll es zudem einem<br />

verengten Humanismusbegriff entgegenwirken.<br />

Methodisches Muster für das Projekt soll das 1978–2000 in 10 Bänden<br />

erschienene (und demnächst durch einen Nachtragsband ergänzte)<br />

Verfasserlexikon der deutschen Literatur des Mittelalters<br />

(VL) sein.<br />

Mit der „frühen Literaturgeschichtsschreibung in der frühen Neuzeit.<br />

Petrus Crinitus’ De poetis Latinis (1505)“ ist ein von der <strong>Stiftung</strong><br />

gefördertes Projekt befasst, das Prof. G. Vogt-Spira am Institut für Altertumswissenschaften<br />

(Universität Greifswald) durchführt.<br />

Ziel des Projekts ist die Erschließung der Schrift von Petrus Crinitus<br />

„De poetis Latinis“, die ungeachtet ihrer hohen Bedeutung nur in alten,<br />

schwer zu benutzenden Drucken vorliegt, im kategorialen Horizont<br />

frühneuzeitlicher Literaturgeschichtsschreibung.<br />

Petrus Crinitus’ Schrift „De poetis Latinis Libri V“ (zuerst Florenz<br />

1505) ist die erste gedruckte lateinische Literaturgeschichte der Neuzeit.<br />

Crinitus’ Werk, das in 95 Kapiteln jeweils einen Autor behandelt<br />

und dabei eine Sammlung und Systematisierung der Überlieferung<br />

bietet, schließt an die antiquarische Literaturforschung an – explizit<br />

genanntes Modell bildet Suetons im 15. Jahrhundert wiederentdeckte<br />

Schrift „De grammaticis et rhetoribus“. Die Schrift bleibt für<br />

das gesamte 16. Jahrhundert maßgeblich und wird bis ins 18. Jahrhundert<br />

viel benutzt. Allein bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts erfährt<br />

sie neun weitere Auflagen und mindestens zehn Teilabdrucke.<br />

Sie ist damit ein Schlüsselwerk der Literaturgeschichtsschreibung<br />

und erfüllt eine Scharnierfunktion in der Vorstellungsbildung über<br />

die antike lateinische Dichtung; denn die „moderne“ Literaturgeschichtsschreibung<br />

der klassischen Philologie in den letzten beiden<br />

Jahrhunderten ist ihrerseits von den Weichenstellungen der Renaissance<br />

abhängig.<br />

Crinitus’ Schrift soll durch eine zweisprachige kritische Edition wieder<br />

zugänglich gemacht und in der Eigenart seiner literaturhistorischen<br />

Vorgehensweise sowohl für die Literaturgeschichte als auch<br />

als Paradigma frühneuzeitlicher Literaturgeschichtsschreibung im<br />

zeitgenössischen Umfeld erschlossen werden. Damit soll auch die in<br />

der Literaturgeschichtsschreibungsforschung bis in die 80er Jahre<br />

des 20. Jahrhunderts hinein als kanonisch geltende Anschauung kor-<br />

De poetis<br />

Latinis


Documenta<br />

Orthographica<br />

rigiert werden, dass von historischer Forschung auf dem Gebiet der<br />

römischen Literaturgeschichte vor der Begründung der philologischhistorischen<br />

Wissenschaften Anfang des 19. Jahrhunderts nicht die<br />

Rede sein kann. Das paradigmatische Verfolgen des wirkungsgeschichtlichen<br />

Aspekts verspricht außerdem, Fortschreibung und<br />

Transformation des Wissens sowie methodischen Wandel deutlich<br />

werden zu lassen – im Kontext der Frage, wie man zu verschiedenen<br />

Zeiten unterschiedlich mit Literatur umgegangen ist.<br />

Prof. R. Bergmann (Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaft und<br />

ältere deutsche Literatur, Universität Bamberg), Prof. F. Debus (Germanistisches<br />

Seminar, Universität Kiel) und Prof. D. Nerius (Institut<br />

für Germanistik, Universität Rostock) erhalten Fördermittel für das<br />

Projekt „Documenta Orthographica. Quellen zur Geschichte der<br />

deutschen Orthographie vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart“.<br />

Das Projekt beabsichtigt, bisher nicht oder seit langem nicht wieder<br />

veröffentlichte Arbeiten aus der Geschichte der deutschen Orthographie<br />

und der orthographischen Theorie sowie bisher unpublizierte<br />

oder weitgehend unzugängliche Dokumente zur Reform der deutschen<br />

Orthographie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.<br />

Die auf ca. 30 Bände angelegte Reihe „Documenta orthographica“<br />

soll sich in eine ältere und eine neuere Abteilung gliedern und nur<br />

schwer erreichbare oder unbekannte Arbeiten und Dokumente in<br />

kommentierter Fassung enthalten.<br />

In der älteren Abteilung A werden Quellenschriften zur Geschichte<br />

der deutschen Orthographie und zu den um die Orthographie geführten<br />

zeitgenössischen Auseinandersetzungen aus dem 16. bis 18.<br />

Jahrhundert ediert (u. a. Schriyfftspiegel, Köln o.J. [1527], Hager:<br />

Teütsche Orthographia. [Hamburg 1639], Die Bemühungen um die<br />

deutsche Orthographie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

[Fulda/Nast/Hemmer/Klopstock u. a.]).<br />

Bereits publiziert wurden:<br />

Abt. A, 16.–18. Jahrhundert, Bd. 6: Freyer, H.: Anweisung zur<br />

Teutschen Orthographie. Hrsg. von Petra Ewald. – Hildesheim<br />

usw.: Olms, 1999.<br />

In Kürze werden erscheinen:<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 142<br />

Abt. A. 16.–18. Jahrhundert, Bd. 3: Lambeck, H.: Düedsche<br />

Orthographie, Hamburg 1633, und Chr. A. Hager: Teütsche<br />

Orthographia. Hamburg 1639. Hrsg. von Rolf Bergmann und<br />

Ursula Götz.<br />

Abt. A, 16.–18. Jahrhundert, Bd. 4: Gueintz, Chr.: Die deutsche<br />

Rechtschreibung. Halle 1645. Hrsg. von Claudine Moulin-Frankhänel.


143<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

Abt. A, 16.–18. Jahrhundert, Bd. 8, 1.2.: Die Bemühungen um die<br />

deutsche Orthographie in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.<br />

Hrsg. von Petra Ewald.<br />

In der neueren Abteilung B liegt der Schwerpunkt auf der Neuerschließung<br />

von z. T. weit verstreuten Arbeiten von Sprachwissenschaftlern<br />

des 19. und 20. Jahrhunderts, die die Einheitsorthographie<br />

maßgeblich beeinflusst haben (u. a. Schriften von J. Grimm, D. Sanders,<br />

W. Wilmanns, K. Duden) sowie auf der Publikation von Dokumenten<br />

zu den Bemühungen um eine Reform der deutschen Orthographie.<br />

Bereits erschienen sind:<br />

Dokumente zur neueren Geschichte einer Reform der deutschen<br />

Orthographie: die Stuttgarter und Wiesbadener Empfehlungen.<br />

Hrsg. von Hiltraud Strunk. – Hildesheim usw.: Olms, 1998.<br />

(Documenta Orthographica: Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert; Bd.<br />

10, 1.2) – Bd. 1. Stuttgarter Empfehlungen (1954). – Bd. 2. Wiesbadener<br />

Empfehlungen (1959)<br />

Dokumentation zur neueren Geschichte der deutschen Orthographie<br />

in der Schweiz. Hrsg. von Roman Looser. – Hildesheim usw.:<br />

Olms, 1998. (Documenta Orthographica: Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert;<br />

Bd. 9)<br />

Dokumentation zur neueren Geschichte der deutschen Orthographie<br />

in Österreich. Hrsg. von Richard Schrodt. – Hildesheim usw.<br />

Olms, 2000. (Documenta Orthographica: Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert;<br />

Bd. 8)<br />

Die orthographischen Konferenzen von 1876 und 1901. Hrsg. von<br />

Dieter Nerius. – Hildesheim usw.: Olms, <strong>2002</strong>. XVIII, 332 S.<br />

(Documenta orthographica; Abt. B, Bd. 5).<br />

Demnächst werden erscheinen:<br />

Die orthographischen Schriften von Daniel Sanders. Hrsg. von<br />

Ilse Rahnenführer. Abt. B, 19 und 20. Jahrhundert, Bd. 3<br />

Wilhelm Wilmanns: Die Orthographie in den Schulen Deutschlands.<br />

Hrsg. von F. Debus. Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 6<br />

Konrad Dudens Schriften zur deutschen Orthographie. Hrsg. von<br />

Dieter Nerius. Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 4.<br />

Der Band ,Heiligenleben’ des ,Katalogs der deutschsprachigen illustrierten<br />

Handschriften des Mittelalters’ wird mit Unterstützung der<br />

<strong>Stiftung</strong> unter Leitung von Prof. J.-D. Müller (Kommission für Deutsche<br />

Literatur des Mittelalters, Bayerische Akademie der Wissenschaften,<br />

München) erarbeitet. Bearbeiterin ist Dr. U. Bodemann-Kornhaas.<br />

Der Katalog erfasst sämtliche illustrierten oder zur Illustration bestimmten<br />

mittelalterlichen Handschriften deutscher Sprache bzw.<br />

mit deutschen Sprachanteilen. Ausgehend von literarischen Stoffen,<br />

Mittelalter<br />

Heiligenleben


Wartburgkrieg<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 144<br />

nach deren alphabetischer Anordnung der Katalog in 147 Sachgruppen<br />

gegliedert ist, versteht er sich als ein transdisziplinär angelegtes<br />

Arbeitsinstrument, das zur Erhellung der Wechselbeziehungen zwischen<br />

Literatur und Bildkunst beiträgt.<br />

Im Band ,Heiligenleben’ wird die bebilderte handschriftliche Überlieferung<br />

deutschsprachiger Lebensbeschreibungen einzelner Heiliger<br />

dokumentiert und erforscht. Diese Stoffgruppe ist abzugrenzen<br />

von derjenigen der ,Legendare’, in denen zahlreiche Heiligenleben<br />

sich zu umfangreichen, meist kalendarisch angeordneten Sammlungen<br />

zusammenfinden. Einzelviten dagegen sind an die lokale, ordensspezifische<br />

oder auch ganz private Verehrung bestimmter Heiliger<br />

gebunden. Häufig bebildert sind die Viten beliebter Heiliger wie<br />

Franz von Assisi oder Katharina von Siena, doch auch zu überregional<br />

unbekannteren Heiligen (Sebaldus, Wiborada) gibt es vereinzelte<br />

Bildüberlieferungen in Handschriften. Das Spektrum der Illustrationstypen<br />

reicht von umfangreichen Bildzyklen (z. B. 240 Federzeichnungen<br />

zu einem Franziskusleben in einer Pariser Handschrift)<br />

bis hin zu singulären Bildinitialen oder auch in den handschriftlichen<br />

Text eingeklebten Heiligenbildchen. Entsprechend der Befunde ist<br />

der Band ,Heiligenleben’ gegliedert in 34 Untergruppen (zu 34 Heiligen<br />

von Afra bis Wiborada). Er wird ca. 75 Katalogartikel zu illustrierten<br />

Heiligenlebenhandschriften enthalten; hinzu treten ca. 25<br />

Artikel zu illustrierten Frühdrucken, welche die handschriftliche<br />

Überlieferung seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts fortführen,<br />

ergänzen, z. T. auch neu anregen, sowie 34 in die Untergruppen<br />

einführende Übersichtsartikel, die über Grundzüge der jeweiligen<br />

Ikonographie, Zusammenhänge mit der lateinischen Text-Bild-<br />

Überlieferung u. ä. informieren.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> stellte PD Dr. B. Kellner (Seminar für Deutsche Philologie,<br />

Universität Göttingen) und Prof. P. Strohschneider (Institut für<br />

Deutsche Philologie, Ludwig-Maximilians-Universität München) für<br />

das Forschungsvorhaben „Kommentare zum Wartburgkrieg“ Fördermittel<br />

zur Verfügung.<br />

So prominent der ,Sängerkrieg auf der Wartburg’ in Deutschland als<br />

Mythos ist, so sehr bedarf das unter dem Sammeltitel „Wartburgkrieg“<br />

geführte komplexe Geflecht mittelhochdeutscher Sangspruch-<br />

und meisterlicher Dichtungen bis heute der systematischen<br />

editorischen, interpretatorischen sowie literarhistorischen und wissensgeschichtlichen<br />

Erschließung.<br />

Diese mangelnde Aufarbeitung ergibt sich zum einen aus der Komplexität<br />

der Überlieferungslage. Das Textkonglomerat liegt – unter<br />

verschiedenen Autorennamen – in 30 verschiedenen Codices und<br />

Fragmenten vor, die nicht nur nach Graphie und Wortlaut, sondern<br />

auch nach Strophenbestand und -anordnung so stark divergieren,<br />

dass alle Versuche einer systematischen oder editorisch plausiblen<br />

Sortierung bislang scheiterten. Zum anderen wird der Zugang erschwert<br />

durch die historische Fremdheit der hier begegnenden Text-


145<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

formen sowie durch deren vielfältige Verrätselungsverfahren auf allen<br />

Ebenen, die zu starken Verständnisschwierigkeiten führen.<br />

Um diese Forschungssituation zu ändern, soll das Projekt zunächst<br />

für den Kernbereich der „Wartburgkrieg“-Gedichte, nämlich „Fürstenlob“,<br />

„Rätselspiel“ und „Zabulons Buch“, eine Edition mit bereinigten<br />

Abdrucken der von den drei Haupthandschriften überlieferten<br />

Textfassungen bereitstellen. In einem zweiten Schritt soll für<br />

diese Texte eine ausführliche Kommentierung erarbeitet werden.<br />

Diese wird von der Annahme getragen sein, dass das Textfeld „Wartburgkrieg“<br />

in seiner ungewöhnlichen Problemdichte und Differenziertheit<br />

einen Literaturzusammenhang erhellt, dem paradigmatische<br />

Bedeutung für viele Aspekte der hoch- und spätmittelalterlichen<br />

höfischen Literatur zukommt. Diese Texte können als eine<br />

Selbstbeschreibung höfischer Literatur verstanden werden, ihrer<br />

Tradition und Geltungsansprüche, ihrer kommunikativen Kontexte<br />

und deren ritueller Strukturierung, ihrer poetischen Strategien und<br />

ästhetischen Theorien sowie ihrer Wissensansprüche.<br />

Um diese komplexen Zusammenhänge zu erhellen, sollen die Kommentare<br />

mehrschichtig angelegt werden: Erstens sollen sie konkrete<br />

Probleme der Wortbedeutung, Grammatik, der Textüberlieferung<br />

und zeitgenössischer Anspielungen klären; zweitens werden sie die<br />

Frage der Verschriftlichung von Mündlichkeit fokussieren, drittens<br />

die Verfahren der textuellen Kohärenzbildung (in Argumentationsmustern,<br />

Metaphorik etc.), viertens Methoden und Strategien der Popularisierung<br />

gelehrten Wissens in der Volkssprache; fünftens sollen<br />

sie die Forschung zu diesen Bereichen dokumentieren. Ausgespart<br />

wird dagegen das (einer eigenen Erschließung bedürftige) Feld der<br />

Rezeption des ,Sängerkrieges’ vom 19. Jahrhundert bis zur Frankfurter<br />

Schule.<br />

Mit der Edition und Kommentierung der Litauischen Postille von 1573<br />

sind Prof. H. Schmidt-Glintzer (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel)<br />

und Prof. J. Gippert (Institut für vergleichende Sprachwissenschaft,<br />

Phonetik und Slavische Philologie, Universität Frankfurt a. M.)<br />

befasst, finanziell unterstützt von der <strong>Stiftung</strong>. Bearbeiterin des Projekts<br />

ist Dr. J. Gelumbeckait . e.<br />

Die Handschrift der evangelischen Postille von 1573, auch Wolfenbütteler<br />

Postille genannt (das Unikat wird seit 1648–49 in der Herzog<br />

August Bibliothek aufbewahrt, Sign.: Cod. Guelf. 11.2. Aug. 2o ) ist<br />

die erste bisher bekannte litausche Predigtensammlung. Die Postille<br />

Abb. 15: Projekt „Edition und Kommentierung der Litauischen Postille<br />

von 1573“: Linke Seite: Titelblatt der Litauischen Postille von 1573<br />

(Sign. HAB: Cod. Guelf. 11. 2 Aug. 2º). Rechte Seite: Seite 1r der Litauischen<br />

Postille von 1573. Anfang der ersten Predigt Advents, die aus der<br />

lateinischen Postille (1561) des dänischen Theologen Niels Hemmingsen<br />

(Predigt „Dominica prima Adventus, Matth. 21.“) übersetzt wurde.<br />

Litauische<br />

Postille


SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 146


147<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN


SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 148<br />

besteht aus 295 Folioblättern und stellt einen der umfangreichesten<br />

litauischen Texte des 16. Jhs. dar, zugleich den ersten zusammenhängenden<br />

handschriftlichen Text. Damit ist das Manuskript eine<br />

der wichtigsten Quellen der litauischen Sprache, Kultur- und Kirchengeschichte.<br />

Das einmalige Sprachdenkmal birgt wichtige Informationen<br />

über den litauischsprachigen Teil des Herzogtums Preußen<br />

im 16. Jh. Bis jetzt gibt es weder eine kritische Edition der Handschrift<br />

noch eine ausführliche Monographie über die Postille.<br />

Die Edition und Kommentierung der Postille soll das Werk als<br />

sprach-, literatur- und kulturhistorisches Dokument erschliessen, so<br />

dass weitere Forschung daran anschliessen kann. Aufgaben der Edition<br />

sind folgende:<br />

– Beschreibung der Handschrift (Geschichte, Feststellung der<br />

Quellen);<br />

– diplomatisch-dokumentarische Wiedergabe des Textes;<br />

– kritischer Apparat (Dokumentation der Textgenese);<br />

– Kommentare: sprachliche und fachliche Erläuterungen und<br />

Ergänzungen des Textes (Besonderheiten der Übersetzung; synoptischer<br />

Vergleich der vorkommenden Bibel- und Autorenzitate<br />

mit den Quellen, im Fall der Bibel mit den späteren Übersetzungen<br />

des 16. Jhs.);<br />

– Register: Erklärung der Abkürzungen, Personen-, Ortsnamen,<br />

Zitate;<br />

– Wortformenkonkordanz (Eingliederung in die Digitalisierte Konkordanz<br />

sämtlicher litauischer Manuskripte und Drucke des 16.-<br />

17. Jhs. und in das Litauische Sprachhistorische Wörterbuch).<br />

Die Postille besteht aus zwei Teilen: 29 Predigten Advent-Ostern und<br />

43 Predigten Ostern-Advent. Der Verfasser des Textes ist nicht bekannt.<br />

Die Identifikation der drei im Text und in Marginalien vorkommenden<br />

Handschriften erschließt nicht den Autor, weil die Postille<br />

eine Abschrift ist. Dafür zeugen z. B. Kommentare, einzelne<br />

Verschreibungen und Übersetzungsfehler. Laut Titelblatt wurden lateinische<br />

Originaltexte von mehr als neun Autoren übersetzt (Hemingsen,<br />

Corvinus, J. Spangenberg, Luther, Melanchthon, Brenz,<br />

Seehofer, Culmann, Willich); nur hinter 33 Predigten stehen Autorennamen.<br />

Die Quellen der anderen Predigten müssen noch gefunden<br />

werden. Die Postille scheint bis 1890 völlig vergessen worden zu<br />

sein. Ihre Entstehung, Geschichte und ihr Weg nach Wolfenbüttel<br />

lässt sich bis jetzt noch nicht nachvollziehen.<br />

Die Handschrift wurde zunächst graphisch digitalisiert. Der Text der<br />

Handschrift wird diplomatisch-getreu abgeschrieben. Um den Text<br />

möglichst exakt wiederzugeben, wurden spezielle Fonts entwickelt.<br />

Orthographie und Interpunktion werden konsequent beibehalten.<br />

Im Ergebnis soll der edierte Text die Entstehung des Manuskripts in<br />

allen Stufen nachvollziehen.<br />

j


149<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

Folgende Publikation sind aus dem Projekt hervorgegangen:<br />

Gelumbeckait . e, Jolanta: Wolfenbüttelio postil . e. Parenge ir vada<br />

parasˇ . e hum. m. dr. Juozas Karaciejus.– In: Archivum Lithuanicum.<br />

2. 2000. S. 173–194.<br />

Gelumbeckait . e, Jolanta: Bibliotheca Augusta, jos istorija ir lietuvisˇkos<br />

knygos. – In: Archivum Lithuanicum. 2. 2000. S. 75–98.<br />

Gelumbeckait . e, Jolanta: „In sensum barbaries gentium corrigatur“.<br />

Das Rätsel der litauischen Postille von 1573. – In: Wolfenbütteler<br />

Barock-Nachrichten. 27, 2. 2000. S. 85–107.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> fördert das Projekt „Rekonstruktion der Königsberger<br />

Bibliothekslandschaft um 1750 – Erstellung eines virtuellen Gesamtkatalogs<br />

und eines Handbuchs der Königsberger Bibliotheken“, das<br />

von Prof. K. Garber und Dr. A. E. Walter (Interdisziplinäres Institut<br />

für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit, Universität Osnabrück)<br />

durchgeführt wird.<br />

In Königsberg war seit der Säkularisierung eine Bibliothekslandschaft<br />

gewachsen, die aufgrund ihrer exponierten Lage – im engen Kontakt<br />

mit dem polnischen, baltischen und russischen Kulturraum – über<br />

Jahrhunderte hinweg ein spezifisches Profil ausgebildet hatte. Deshalb<br />

kam den Königsberger Bibliotheken der Rang einer herausragenden<br />

Memorialstätte zu. Sie bargen weit über eine Million Bände,<br />

darunter tausende von Handschriften, rund 1.000 Inkunabeln und<br />

weit mehr als 100.000 Altdrucke. Im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges<br />

ist diese Bibliothekslandschaft samt ihren Katalogen zerstört<br />

worden. Um so bemerkenswerter war der Fund des Kaliningrader<br />

Mathematikers und Universitätshistorikers Prof. Kazimir Lavrinovitch,<br />

der im russischen Staatsarchiv auf die handschriftlichen Kataloge<br />

verschiedener Königsberger Bibliotheken von ca. 1758 stieß.<br />

Mit diesen Katalogen, die auf mehr als 3.000 Seiten über 26.000 Titel<br />

aus fünf großen Königsberger Bibliotheken verzeichnen (und die für<br />

die Bibliothek des Osnabrücker Interdisziplinären Instituts für Kulturgeschichte<br />

verfilmt wurden), ist es erstmals möglich, einen nahezu<br />

vollständigen Überblick über den wertvollsten Buchbestand in Königsberg<br />

bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts zu gewinnen und damit –<br />

in einem bislang einzigartigen Versuch – unter Einsatz moderner Medien<br />

eine untergegangene Bibliothekslandschaft zu rekonstruieren.<br />

Ziel des Projektes ist es, einen über www.gateway allgemein zugänglich<br />

virtuellen Gesamtkatalog der Altdruckbestände der Königsberger<br />

Bibliotheken zu erstellen, der die Werke mit knappen bibliographischen<br />

Hinweisen identifizierbar macht und auf andere<br />

noch in osteuropäischen Bibliotheken verfügbare Exemplare verweist.<br />

Zudem soll ein Handbuch der Königberger Bibliotheken im 18.<br />

Jahrhundert erarbeitet werden. Der erste Teil des Handbuches soll in<br />

die Kulturgeschichte Königsbergs – insbesondere in deren ,Grosses<br />

(18.) Jahrhundert’ – einführen, der zweite Teil soll die Geschichte der<br />

Bibliotheken und ihrer Bestände (systematisch seit 1750) darstellen.<br />

Königsberg<br />

Bibliotheken


F. Schiller<br />

J. W. Goethe<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 150<br />

Im ersten Projektjahr sind die Kataloge der Geheimen Etats-Kanzlei<br />

(833 Katalognummern) und der Universitätsbibliothek (4.492 Nummern)<br />

komplett in eine Datenbank überführt worden. Zur Zeit wird der<br />

Katalog der Wallenrodtschen Bibliothek übertragen. In einem zweiten<br />

Arbeitsschritt werden die Daten aus den Katalogen, die in der Regel<br />

nicht mehr als einen Kurztitel aus zwei bis drei Worten, den Druckort<br />

und das Druckjahr verzeichnen, systematisch ergänzt, um sie bibliographisch<br />

identifizier- und recherchierbar zu machen. Dabei werden<br />

Exemplarnachweise aus internationalen Bibliotheken hinzugefügt.<br />

Soweit bislang Drucke, die ehemals in den Königsberger Bibliotheken<br />

standen, inzwischen wieder nachweisbar sind, werden diese an erster<br />

Stelle mit ihrer alten Signatur und ihrem heutigen Standort angegeben.<br />

Dieser zweite Arbeitsschritt ist inzwischen für die Bibliothek der<br />

Geheimen Etats-Kanzlei sowie für die Inkunabeln und Drucke des 16.<br />

Jahrhunderts aus der Universitätsbibliothek abgeschlossen.<br />

Der Kommentierung der Historischen Schriften von Friedrich Schiller<br />

innerhalb der Schiller-Nationalausgabe, die im Deutschen Literaturarchiv,<br />

Marbach (Prof. U. Ott) erarbeitet wird, dienen Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die sogenannte Schiller-Nationalausgabe, d. h. die Historisch-Kritische<br />

Edition samt Kommentar von Friedrich Schillers sämtlichen<br />

Werken und Briefen sowie der erhalten gebliebenen an ihn gerichteten<br />

Briefe, wurde 1940 von Julius Petersen begründet und wird seither<br />

im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar bzw. heute<br />

der „<strong>Stiftung</strong> Weimarer Klassik“ und des Schiller-Nationalmuseums<br />

in Marbach herausgegeben. Die Grundkosten der Ausgabe werden<br />

von den Ländern Baden-Württemberg und Thüringen getragen. Die<br />

vollständige Ausgabe wird 42 Bände in insgesamt 57 Teilbänden<br />

umfassen und soll bis zum Schiller-Jahr 2005 (dem 200. Todesjahr)<br />

abgeschlossen vorliegen. <strong>2001</strong> erschien der Kommentar zum letzten<br />

Band der Briefe an Schiller, zwei Bände mit Lebenszeugnissen stehen<br />

kurz vor dem Abschluss. Abgesehen vom Gesamtregister stehen<br />

die Bände 19 I und 19 II (Nachträge und der Kommentar zu den Historischen<br />

Schriften) noch aus.<br />

Im Anschluss an eine durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützte Tagung in Marbach/Steinbach<br />

wurde beschlossen, die Historischen Schriften, die in<br />

den Bänden 17 (1970) und 18 (1976) der Nationalausgabe ohne Apparat<br />

und Kommentar ediert worden waren, in zwei weiteren Bänden<br />

mit Ergänzungen, dem philologischen Apparat und einem geschichtswissenschaftlichen<br />

Kommentar zu versehen.<br />

Für die beiden Registerbände der bereits mehrfach von der <strong>Stiftung</strong><br />

geförderten Studienausgabe von Goethes Werken nach Epochen seines<br />

Schaffens (Münchner Ausgabe) stellte die <strong>Stiftung</strong> Prof. K. Richter<br />

(Fachrichtung Germanistik/Universität des Saarlandes, Saarbrücken)<br />

weitere Fördermittel bereit.<br />

Die Ausgabe „J. W. Goethe: Sämtliche Werke nach Epochen seines<br />

Schaffens“ (Münchner Ausgabe), hrsg. von Karl Richter in Zusam-


151<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

menarbeit mit Herbert G. Göpfert, Norbert Miller, Gerhard Sauder<br />

und Edith Zehm, München 1985 ff., stellt in neuer Weise zusammen,<br />

was den epochalen Konstellationen in Leben und Schaffen Goethes<br />

nach zusammengehört. Sie verläßt die bisher übliche bandweise Zusammenordnung<br />

nach Gattungen. Die neuartige Präsentation des<br />

viele tausende Titel umfassenden Goethe-Werkes machen gute Registerbände<br />

zu einem wichtigen ergänzenden Instrument der Orientierung.<br />

Der erste Band mit dem Namens- und Ortsregister ist weitgehend<br />

fertiggestellt. Der zweite Band mit dem Werk- und Sachregister ist<br />

bereits in Arbeit.<br />

Prof. F. Vollhardt (Institut für Neuere deutsche Literatur, Universität<br />

Gießen) wurden Fördermittel für das Projekt „Georg Büchner und<br />

die Wissenschaften. Ein Beitrag zur Methodologie der Kulturwissenschaften“<br />

bewilligt.<br />

Das Projekt hat eine doppelte, theoretisch-methodologische und<br />

praktisch-analytische Zielsetzung. Im Theoriebereich soll es sich mit<br />

dem Verhältnis der Literaturwissenschaft zu den Kulturwissenschaften<br />

auseinandersetzen, über das in den letzten Jahren in allen<br />

großen Philologien intensiv diskutiert wird.<br />

Das Forschungsvorhaben soll ermitteln, ob und wie eine kulturwissenschaftliche<br />

Erweiterung der traditionellen Philologie deren Leistungen<br />

steigern kann. Es soll eine Begründungstheorie des neuen<br />

Analysevorgehens entwickelt werden, die über die traditionelle Literaturwissenschaft<br />

hinausreicht. Diese soll reglementieren, welches<br />

die spezifischen Erkenntnisobjekte des dann „kulturwissenschaftlichen“<br />

Ansatzes sind, eine spezifische Terminologie entwickeln und<br />

die zugehörigen Erkenntnisverfahren sowie deren spezielle Darstellungsformen<br />

festlegen.<br />

Die Tauglichkeit des solcherart theoretisch entwickelten Analysevorgehens<br />

soll sich darin erweisen, wie effizient es zunächst eine bestimmte<br />

Forschungslücke zu schließen erlaubt, nämlich in bezug auf<br />

das wissenschafts- und philosophiegeschichtliche Œuvre von Georg<br />

Büchner. Büchner eignet sich für eine derartige Untersuchung ganz<br />

besonders, weil er in verschiedenen Wissens- und Handlungsfeldern<br />

tätig war, deren Verknüpfung in einer Studie ein Desiderat darstellt.<br />

Als vergleichender Anatom und Philosophiehistoriker schlug er gegen<br />

Ende seines kurzen Lebens eine wissenschaftlich-akademische<br />

Laufbahn ein und kam in seinen Naturforschungen zu Ergebnissen,<br />

die in dieser Fachdisziplin von weitreichender Bedeutung waren.<br />

Diese Tatsachen werden in der Büchner-Biographik zwar gesehen,<br />

sind aber nicht für den Entwurf eines Gesamtzusammenhangs innerhalb<br />

des Œuvres fruchtbar gemacht worden.<br />

So wurden erstens die in den letzten Jahren erlangten differenzierten<br />

Forschungserkenntnisse zu Unterschieden und Verbindungen zwischen<br />

der romantisch-naturphilosophischen und der neu entstehen-<br />

G. Büchner


Deutschjüdische<br />

Periodika<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 152<br />

den empirisch-wissenschaftlichen Denkweise nicht auf Büchner<br />

übertragen, weshalb seine Rolle in der szientistisch-philosophischen<br />

Revolution der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute noch zu<br />

erschließen bleibt.<br />

Zweitens wurde der innere Zusammenhang von Büchners sowohl<br />

philosophiegeschichtlichem wie naturwissenschaftlichem Schreiben<br />

mit seinem literarischen Werk nicht hinreichend erläutert. Im Zentrum<br />

von Büchners naturphilosophischer Begründungstheorie, die er<br />

seinen Studien voranstellte, steht ein „Gesetz der Schönheit“ als fundamentales<br />

„Urgesetz“ aller Naturphänomene, das ein Scharnier<br />

zwischen Ästhetik und Naturwissenschaft bildet.<br />

Diese beiden Forschungsdefizite soll ein kulturwissenschaftlicher<br />

Ansatz schließen: Büchners naturwissenschaftlichen wie philosophiegeschichtlichen<br />

Texte werden zunächst innerhalb ihrer eigenen<br />

Diskurstraditionen interpretiert und in einem „genetischen“ Zusammenhang<br />

gesehen. Vor diesem Hintergrund werden dann die Besonderheit<br />

von Büchners Dichtung und deren Bedeutung im Kontext des<br />

19. Jahrhunderts fassbar, die nicht zuletzt darin besteht, dass der Autor<br />

ihr Erkenntnisse eigener wie auch fremder naturwissenschaftlicher<br />

Studien einschrieb (die z.T. bis in dramaturgische oder narrative<br />

Strukturen hinein nachweisbar sind). Ziel des Projekts ist also eine<br />

differenzierte Analyse und Interpretation der Büchnerschen Texte,<br />

die zugleich eine textauslegende Fundierung kulturwissenschaftlicher<br />

Verfahren vor Augen führt.<br />

Für das von Prof. H. O. Horch (Germanistisches Institut, RWTH<br />

Aachen) initiierte Projekt „Von der Kritik zur Kulturzeitschrift: Die<br />

Kunstkritik deutsch-jüdischer Periodika 1837–1922“ wurden Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong> bewilligt. Bearbeiterin ist Dr. S. Rohde.<br />

Gibt es eine jüdische Kunstkritik? Zumindest gibt es seit 1837 kritische<br />

Beiträge über Kunst, Künstler und ihre Beziehung zum Judentum<br />

in deutsch-jüdischen Periodika. Sie berichten über Ausstellungen<br />

im In- und Ausland, reflektieren die Aufgaben einer »jüdischen«<br />

Kunst oder die Verantwortung jüdischer Künstler gegenüber dem<br />

Judentum. Sie erörtern Sinn und Ziele jüdischer Museen, skizzieren<br />

mögliche Wege einer Kunsterziehung in Europa und in Palästina. Sie<br />

bieten biographische Notizen zu zeitgenössischen Malern und Bildhauern,<br />

behandeln aber auch die künstlerische Darstellung einzelner<br />

Sujets. Keines der Genres in Malerei und Plastik wird ausgespart,<br />

jegliche Technik interessiert. Weitaus seltener werden Architektur<br />

und Kunstgewerbe in den Blick genommen.<br />

Bis Ende des 19. Jahrhunderts schreiben in den Periodika durchwegs<br />

Laien. Später kommen mit Karl Schwarz, Lothar Brieger, Rachel<br />

Wischnitzer-Bernstein, Paul Zucker oder Max Osborn zumeist professionelle<br />

Kunsthistoriker zu Wort, die gleichermaßen auf dem Gebiet<br />

der »jüdischen« wie der allgemeinen Kunstgeschichte forschen<br />

und dementsprechend auch in einem breiten medialen Spektrum publizieren.


153<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

»Jüdisch« ist diese Kunstkritik insofern sie von Juden für Periodika<br />

geschrieben wurde, die sich an ein vorwiegend jüdisches Publikum<br />

richten. Sie greift alle allgemein diskutierten Themen auf – die Auseinandersetzung<br />

um Impressionisten und Avantgardekünstler nicht<br />

minder wie die über Nationalkunst. Was sie von der allgemeinen Kritik<br />

unterscheidet, ist eine spezifische Perspektive: die Autoren stellen<br />

das Œuvre jüdischer Künstler ins Zentrum und vermitteln damit<br />

gleichzeitig deren Stellenwert im Kunstbetrieb. Langbehns »Rembrandtdeutscher»<br />

wird weniger unter dem Aspekt der »Nationalkunst«<br />

als unter dem Stichwort »Antisemitismus« diskutiert; Nationalkunst<br />

meint nicht nur deutsche oder französische Kunst, sondern<br />

fragt auch nach einer national-jüdischen Kunst; die Museumsfrage<br />

ist zugespitzt auf jüdische Museen.<br />

Erklärtes Ziel der Herausgeber und Kritiker jüdischer Periodika ist<br />

die Nutzung von Kunst als Erziehungsinstrument, zur Vermittlung<br />

von Bildung sowie als Spiegel der eigenen Geschichte und der Welthistorie.<br />

Im Forscher wecken ihre Berichte eine besondere Aufmerksamkeit<br />

für die Wahrnehmung der jüdischen wie der nichtjüdischen<br />

Welt, für Formen der Aneignung und Abgrenzung des Anderen innerhalb<br />

und außerhalb des Judentums durch die jüdischen Künstler<br />

und ihre Kritiker. Diesen Blick auf jüdische Augen auf die innerjüdische<br />

und die nichtjüdische Umwelt festzuhalten, ist Ziel des Projekts.<br />

Es werden ca. 25 einflussreiche Periodika unterschiedlicher religiöser<br />

und politischer Tendenz untersucht. Die eruierten Texte werden<br />

in einer Datenbank verwaltet, die nach Abschluss des Projekts auch<br />

dem allgemeinen Publikum im Internet zugänglich sein wird.<br />

Prof. Z. Shavit (School of Cultural Studies, Culture Research Unit, Tel<br />

Aviv University) arbeitet – unterstützt von der <strong>Stiftung</strong> – an dem<br />

Projekt „Im Angesicht der Katastrophe: Jüdische Kindheit und jüdische<br />

Kinderliteratur in Deutschland während des Dritten Reiches,<br />

1933–1941“.<br />

Zu Beginn der Jahres erfolgten zwischen den beteiligten Projektmitarbeiterinnen<br />

G. von Glasenapp (Frankfurt a. M.), O. Selinger, C.<br />

Livnat (beide Tel Aviv) in Absprache mit der Projektleiterin mehrere<br />

Koordinierungsgespräche, bei denen der genaue Charakter der Veröffentlichung<br />

der Forschungsergebnisse in zwei Bänden zusammengefasst<br />

wurde.<br />

Der erste Band soll folgende Beiträge enthalten:<br />

– Vorwort (von Z. Shavit und G. von Glasenapp)<br />

– Erstes Kapitel: „,Ich gehöre hier nicht mehr her’. Die Situation<br />

jüdischer Kinder und Jugendlicher in Deutschland zwischen 1933<br />

und 1941“<br />

– Zweites Kapitel: „Bücher und Zeitungen für jüdische Kinder und<br />

Jugendliche während des Dritten Reiches“<br />

Jüdische<br />

Kinderliteratur


Jüdische<br />

Literatur<br />

Lateinamerika<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 154<br />

– Drittes Kapitel: „Doppelte Identität. Die Spannung zwischen jüdischer<br />

und deutscher Identität jüdischer Kinder und Jugendlicher<br />

nach 1933 – die zionistische Bewegung und der Centralverein“<br />

– Viertes Kapitel: „,Ich will notieren, was ich weiß’. Jüdische Kindheit<br />

und Jugend während des Dritten Reiches in autobiographischen<br />

Texten“<br />

– Fünftes Kapitel: „Der private Lebensbereich jüdischer Kinder und<br />

Jugendlicher in Deutschland nach 1933“<br />

– Schlusswort/Zusammenfassung (von G. von Glasenapp und Z.<br />

Shavit)<br />

– Bibliographie der Quellen und der Primärtexte<br />

– Bibliographie der Sekundärliteratur.<br />

Der zweite Band sollte in einer ursprünglichen Planung Zeugnisse<br />

der Betroffenen selbst enthalten und zwar sowohl bereits veröffentlichte,<br />

autobiographische Zeugnisse als auch aussagekräftige Ausschnitte<br />

aus den noch unveröffentlichten Tagebüchern und Briefen<br />

sowie unbekannte Ausschnitte, die in Kinderzeitschriften und<br />

-büchern veröffentlicht wurden. Es zeigt sich jedoch, dass nur der<br />

zweite Teil dieses Vorhabens realisierbar war, da für den Ankauf der<br />

notwendigen Rechte von den betroffenen Verlagen keine finanziellen<br />

Mittel zur Verfügung standen. Außerdem sind genug (bislang<br />

unbekannte) Quellen vorhanden, um einen eigenen Quellenband zu<br />

edieren.<br />

„Das Vermächtnis von Sefarad. Die jüdisch-sephardischen Traditionen<br />

im Identitätsdiskurs der jüdischen Literatur Lateinamerikas im<br />

20. Jahrhundert“ ist Gegenstand eines von der <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />

Forschungsprojektes am Institut für Romanistik, Technische Universität<br />

Dresden (Prof. N. Rehrmann).<br />

Südamerika erlebte zwei große jüdische Einwanderungswellen. Die<br />

erste setzte bald nach 1492 ein, als sephardische Juden – auf der<br />

Flucht vor der Inquisitation – in großer Anzahl die ersten spanischen<br />

Kolonien bevölkerten. Da sich während des 16. Jahrhunderts auch<br />

die Inquisition in Lateinamerika etablierte und die jüdische Bevölkerung<br />

(u. a. mit Zwangskonversionen) verfolgte, war deren kultureller<br />

Einfluss im 19. Jahrhundert nahezu verschwunden.<br />

Ein zweiter – nun mehrheitlich von Aschkenasen gebildeter – Zustrom<br />

im 19. und 20. Jahrhundert ließ das jüdische Leben zu einem<br />

wichtigen Faktor in der lateinamerikanischen Gesellschaft und Kultur<br />

werden, v.a. in Brasilien und Argentinien. Diese Immigranten trafen<br />

auf einen Identitätsdiskurs der kreolischen Eliten, der sich seinerseits<br />

intensiv mit dem spanischen Mutterland auseinandersetzte.<br />

Das „Vermächtnis von Sefarad“, d. h. der kulturellen Traditionen des<br />

spanisch „jüdischen Goldzeitalters“ (Heine), wurde so für die aschkenasischen<br />

Einwanderer zum Medium ihrer Selbstdefiniton: Indem<br />

sie sich als Erben der sephardisch-spanischen Traditionen begriffen,


155<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

legitimierten sie sich als integraler Bestandteil der lateinamerikanischen<br />

Kultur. Zeitgleich erlebte die sephardische Tradition bei den<br />

Intellektuellen auch der alten Welt eine markante Aufwertung (u. a.<br />

wegen der Synthese von Glauben und Vernunft, an der Sepharden-<br />

Philosophen wie Maimonides gearbeitet hatten). Im kollektiven Gedächtnis<br />

aller Juden wurde Sefarad sogar ansatzweise mythisiert,<br />

nämlich als jene singuläre Gegebenheit in der europäischen Geschichte,<br />

die Juden, Mauren und Christen in einem friedlichen und<br />

kulturell äußerst fruchtbaren Zusammenleben jahrhundertelang vereinte.<br />

Diesen Tatsachen zufolge kam es in Lateinamerika im 19. Jahrhundert<br />

zu einer – von der Forschung bereits festgestellten – „Resephardisierung“<br />

bzw. einem „Neosephardismus“. Bis heute ist die Orientierung<br />

an der sephardischen Tradition ein zentraler Topos des Identitätsdiskurses<br />

der jüdischen Literatur, insbesondere in Argentinien.<br />

Sefarad fungiert dabei heute als historisches Leitbild für ein multikulturelles<br />

Zusammenleben in den heutigen Gesellschaften Lateinamerikas,<br />

als historische Folie zur Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen<br />

Antisemitismus, als thematisches Forum für eine<br />

grundsätzliche Auseinandersetzung mit jüdischer Identität in der<br />

Gegenwart. Eine entscheidende Erweiterung erfährt die Sepharad-<br />

Thematik im 20. Jahrhundert, als jüdisch-lateinamerikanische Autoren<br />

vor Antisemitismus oder argentinischer Diktatur nach Spanien<br />

ins Exil fliehen und dort dem Erbe der sephardischen Kultur unmittelbar<br />

begegnen.<br />

Das Projekt wird die Bedeutung und Funktion der sephardischen<br />

Traditionen im Identitätskurs der jüdischen Literatur Lateinamerikas<br />

erhellen und damit einen Beitrag zur Erforschung der kulturellen<br />

Identität Lateinamerikas insgesamt leisten. Materialbasis wird eine<br />

große Bandbreite von bislang weitgehend unerschlossenen Quellen<br />

sein: fiktionale und nichtfiktionale Literatur der „Gründerväter“ des<br />

sephardischen Identitätsdiskurses in Lateinamerika, argentinische<br />

Zeitschriften; Werke repräsentativer nichtjüdischer Autoren Argentiniens/Lateinamerikas,<br />

die sich mit der sephardisch-spanischen Thematik<br />

auseinandersetzten; der Neosephardismus im Œuvre neuerer<br />

und neuester aschkenasischer und sephardischer Autoren/innen,<br />

auch derjenigen, die seit den 70er Jahren nach Spanien auswanderten.<br />

Für die Erstellung einer kommentierten, wissenschaftlichen Ausgabe<br />

aller Briefe von und an Franz Kafka erhält Prof. G. Neumann, Institut<br />

für deutsche Philologie, Universität München, erneut Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, durch die Edition aller Briefe<br />

von und an Franz Kafka die Arbeit an der Kritischen Kafka-Ausgabe<br />

zum Abschluss zu bringen. Bisher konnten die Abteilungen „Schriften“<br />

und „Tagebücher“ im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

geförderten Projekts beendet werden.<br />

F. Kafka


Briefwechsel<br />

G. Bermann<br />

Fischer und<br />

C. Zuckmayer<br />

Die angestrebte fünfbändige Briefausgabe beinhaltet – nach derzeitigem<br />

Stand – 1.533 Briefe, von denen die meisten bereits durch vorangegangene<br />

Ausgaben (u. a. in den Editionen der „Gesammelten<br />

Werke“ Franz Kafkas durch seinen Freund Max Brod, 1937 bzw.<br />

1958; die größeren Konvolute der „Briefe an Felice“,1967, und der<br />

„Briefe an die Eltern“, 1990) bekannt sind. Von den Dokumenten liegen<br />

ca. zwei Drittel als Mikrofilmaufnahmen und Photokopien vor,<br />

lediglich ein Drittel ist heute im Original zugänglich.<br />

Die einzelnen Bände der Kritischen Edition der Briefe gliedern sich<br />

jeweils in einen Textteil, in dem die Briefe an Kafka in chronologischer<br />

Folge dargeboten werden, einen Kommentarteil mit den Erläuterungen<br />

und einen Anhang, der die an Kafka gerichteten Briefe und<br />

Widmungen enthält. Die Edition wird durch ein Register, das alle<br />

Briefe und Briefempfänger sowie die Werke des Autors verzeichnet,<br />

und einen Apparatteil, der die überlieferungsgeschichtlichen Darstellungen<br />

sowie die textkritischen Anmerkungen umfasst, abgeschlossen.<br />

Erschienen sind bislang:<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 156<br />

Kafka, Franz: Briefe 1900–1912. Hrsg. von Hans-Gerd Koch. –<br />

Frankfurt a. M.: S. Fischer, 1999, 909 S. (Kafka, Franz: Schriften,<br />

Tagebücher, Briefe; Kritische Ausgabe)<br />

Kafka, Franz: Briefe 1913–März 1914. Hrsg. von Hans-Gerd Koch.<br />

– Frankfurt a. M.: S. Fischer, <strong>2001</strong>. 833 S. (Kafka, Franz: Schriften,<br />

Tagebücher, Briefe; Kritische Ausgabe).<br />

Der dritte Band – Briefe April 1914–1917 – soll im Herbst 2003 erscheinen.<br />

Prof. U. Ott (Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv,<br />

Marbach am Neckar) wurden von der <strong>Stiftung</strong> für die Kommentierte<br />

Edition des Briefwechsels zwischen Gottfried Bermann Fischer und<br />

Carl Zuckmayer Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />

Carl Zuckmayer war neben Bertolt Brecht und Gerhart Hauptmann<br />

einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Theaterautoren des 20.<br />

Jahrhunderts. Obwohl wegen seines Hangs zur Volkstümlichkeit oft<br />

scharf attackiert, gehörte er zeitlebens zu den renommierten Autoren<br />

und hatte Verbindung zu vielen namhaften Persönlichkeiten des<br />

Kulturlebens seiner Zeit. Dies schlug sich in seiner umfangreichen<br />

Korrespondenz nieder: u. a. mit T. Bernhard, E. Block, B. Brecht, C.J.<br />

Burckhard, T. Dorst, F. Dürrenmatt, G. von Einem, G. Grass, G.<br />

Gründgens, G. Hauptmann, P. Hindemith, Ö. von Horváth, E. Jünger,<br />

G. von le Fort, I. Seidel, K. Lorenz, Th. Mann, M. Ophüls, P.<br />

Suhrkamp und A. Suhrkamp-Seidel. In Zuckmayers Briefen spiegelt<br />

sich also das deutschsprachige Kulturleben vom ersten Weltkrieg<br />

über die Zeit seines zunächst österreichischen, dann schweizerischen<br />

und US-amerikanischen Exils bis hin zur Studentenbewegung.


157<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

Von dieser Korrespondenz veröffentlichten diverse Ausgaben des<br />

Zuckmayer-Jahrbuches bisher die Briefwechsel mit Paul Hindemith,<br />

Annemarie Suhrkamp-Seidel, Ernst Jünger, Carl Jacob Buckhard<br />

und Max Frisch. Für den Band 6 dieses Jahrbuchs (2003) ist die Edition<br />

des Briefwechsels zwischen Zuckmayer und Gottfried Bermann<br />

Fischer vorgesehen.<br />

Zuckmayer war 1934, nachdem der arisierte Ullstein-Verlag die bestehenden<br />

Verträge gelöst hatte, ein Autor des Fischer Verlages geworden.<br />

Sein Briefwechsel mit Bermann Fischer umfasst mehr als<br />

500 Briefe, von denen bislang 47 veröffentlicht sind, und deckt mit einer<br />

bei Zuckmayer sonst nicht vorfindlichen Geschlossenheit einen<br />

Zeitraum von über 40 Jahren ab. Das Korpus dokumentiert chronologisch<br />

zunächst die Auseinandersetzung von Autor und Verleger mit<br />

der NS-Kulturpolitik, dann Probleme des Exils, in das beide gezwungen<br />

wurden, und nach 1945 die Schwierigkeiten der Rückkehr auf<br />

den deutschen Buchmarkt (zentral ist hier etwa die Auseinandersetzung<br />

zwischen Bermann Fischer und Peter Suhrkamp, die 1950 zum<br />

Eklat führte; Zuckmayer war mit beiden Verlegern befreundet).<br />

Nach 1950 reflektiert der Briefwechsel die rapide Konsolidierung des<br />

S. Fischer Verlages und bricht auch nach dessen Verkauf an den<br />

Holzbrinck-Konzern nicht ab. Damit reicht Bermann Fischers Austausch<br />

mit Zuckmayer historisch weit über seine 1955 endende Korrespondenz<br />

mit Thomas Mann hinaus, den einzigen Briefwechsel des<br />

Verlegers, der bis heute vollständig publiziert wurde. In seinem<br />

Schriftverkehr mit Zuckmayer werden zudem vielfältigere Themen<br />

angesprochen als zwischen ihm und Mann, etwa Fragen der Intermedialität:<br />

Zuckmayer war sehr an der Verfilmung seiner Werke interessiert<br />

und erweist sich in diesem Briefwechsel als ,Medienarbeiter’<br />

(Harro Segeberg). Daneben macht die Korrespondenz divergierende<br />

Urteile über gemeinsame Bekannte und Freunde sichtbar,<br />

etwa über das Verhalten Gerhart Hauptmanns während des NS-Regimes,<br />

und erhellt damit kulturhistorisch aufschlussreiche Konflikte.<br />

Der Projektplan sieht vor, alle Briefe abzudrucken. Der Kommentar<br />

enthält biographische Informationen zu allen darin genannten Personen,<br />

bibliographische Angaben aller erwähnten Werke sowie Sacherläuterungen<br />

und Erklärungen des historischen Kontextes, soweit<br />

dieser zum Verständnis der Briefe notwendig und nicht voraussetzbar<br />

ist. Der Band wird durch ein Personen- und ein Werkregister erschlossen.<br />

Die Rhetorische Begriffsbildung als Adaptions- und Übersetzungsprozess<br />

im ostslavischen Raum des 17. und 18. Jahrhunderts ist Gegenstand<br />

eines von der <strong>Stiftung</strong> geförderten Projekts von Prof. R.<br />

Lachmann (Fachgruppe Literaturwissenschaft / Slavistik, Universität<br />

Konstanz). Bearbeiter ist Dr. K. Bogdanov (Zentralinstitut für Russische<br />

Literatur, Sankt Petersburg).<br />

Mit Beginn des 17. Jahrhunderts lässt sich im ostslavischen Raum<br />

(Ukraine und Russland) ein Paradigmenwechsel in der literarischen<br />

Ukraine/<br />

Russland<br />

Rhetorische<br />

Begriffsbildung


Exklusionsstrategien<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 158<br />

Kultur beobachten. Vor allem durch die Aneignung der Rhetorik als<br />

beschreibende und normative Instanz eines einheitlichen (literatur-)<br />

sprachlichen Regelsystems begann die russische Kultur, sich der Entwicklung<br />

der westeuropäischen anzuschließen. Damit trat sie aus<br />

ihrem nach dem Zusammenbruch der byzantinischen Kultur besonders<br />

ausgeprägten Isolationismus heraus. Im Zuge dessen wurde an<br />

entsprechenden Bildungsstätten, die nach dem Vorbild der polnischen<br />

jesuitischen Kollegien konstruiert waren, eine rhetorische<br />

Lehrtradition begründet, welche entscheidend zur Ausformung einer<br />

einheitlichen Textpraxis betrugt.<br />

Rhetorik und Poetik als normative Instanzen waren der russischen<br />

Kultur vor dem 17. Jahrhundert weitgehend fremd gewesen, da die<br />

altrussische Kultur sich an paradigmatischen Texten orientierte und<br />

nicht – wie die westeuropäische, byzantinische oder westslavische<br />

Kultur – an Regelinventaren, die deren Generierung vorschrieben.<br />

Der Import der abendländischen Rhetorik-Tradition implizierte und<br />

bewirkte eine neue Einstellung zur Regel, die das bestehende Kommunikationsgefüge<br />

veränderte. Dabei sind zwei Aneignungsmodelle<br />

zu unterscheiden: zum einen die Fortführung der konventionellen lateinischen<br />

Terminologie, zum anderen der Versuch, durch Übersetzung,<br />

zunächst ins Kirchenslavische (die überlieferte sakrale und<br />

theoretische Sprache), hernach ins Russische, das Latein als Begriffssprache<br />

abzulösen – wobei dessen exemplarische Funktion erhalten<br />

blieb.<br />

Ziel des Projektes ist es, diesen interkulturellen Vorgang systematisch<br />

zu untersuchen und zwar anhand von handschriftlich überlieferten<br />

und edierten Abhandlungen zur Poetik und Rhetorik, die vom<br />

Anfang des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in der Ukraine und<br />

Russland entstanden sind. Beabsichtigt ist die Erstellung eines thematisch<br />

gegliederten Wörterbuchs rhetorischer Termini, das den Prozess<br />

rhetorischer Begriffbildung systematisch analysiert und aufschlüsselt.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Dr. M. Dabag (Institut für Diaspora- und Genozidforschung,<br />

Universität Bochum), Prof. H. Gründer (Historisches<br />

Seminar, Universität Münster) und Prof. U.-K. Ketelsen (Germanistisches<br />

Institut, Universität Bochum) bei dem am Institut für Diasporaund<br />

Genozidforschung durchgeführten Forschungsprojekt „Sprachliche<br />

Strategien der Exklusion in politischer Gewalt: Der Herero-<br />

Nama-Aufstand 1904/07 in der zeitgenössischen deutschen Literatur“.<br />

Ziel des Projektes ist es, anhand zeigenössischer Texte über die Vernichtung<br />

der Herero in Deutsch-Südwestafrika sprachliche Strategien<br />

der Exklusion und Legitimation aufzuarbeiten. Damit soll ein<br />

Beitrag zur Erforschung der vorbereitenden und bedingenden Segregationsprozesse<br />

in kollektiver Gewalt und Genozid geleistet werden.<br />

Die Projektarbeiten schließen an Ergebnisse der komparativen Genozidforschung<br />

an, die nachweisen konnte, dass sprachlichen Strategien<br />

der Definition und Stigmatisierung der Opfergruppen eine zen-


159<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

trale Funktion in der Vorbereitung und Durchführung institutionalisierter<br />

Gewaltakte zukommt. In den Definitions- und Exklusionsstrategien<br />

der modernen Genozidpolitik werden dabei ebenso neu geschaffene<br />

wie generational überlieferte sprachliche Muster vermutet,<br />

die als vorgegebenes Wissen Gültigkeit beanspruchen.<br />

Grundlage der Forschungsarbeiten ist eine umfassende Analyse zeitgenössischer<br />

belletristischer Texte, Presseberichte, Reiseberichte,<br />

autobiographischer, populärwissenschaftlicher, kolonialwissenschaftlicher<br />

und historiographischer Veröffentlichungen sowie amtlichen<br />

Quellenmaterials. Im Rahmen der Projektarbeiten wurden bisher<br />

mehr als 650 Publikationen, die direkt oder mittelbar den Herero-<br />

Aufstand thematisieren oder als Folie seiner Codierung fungieren,<br />

zusammengetragen und mittels EDV erfasst. Für die Herausarbeitung<br />

und Charakterisierung einzelner sprachlicher Muster werden<br />

Methoden der historischen und semiotischen Diskursanalyse nutzbar<br />

gemacht. Codierungen des Völkermordes an den Herero in der ehemaligen<br />

deutschen Kolonie Südwestafrika vor dem Hintergrund eines<br />

kulturellen Wissens um 1900 wurden untersucht. In synchroner<br />

Perspektive werden argumentative Legitimationsstrategien und ihre<br />

rhetorische Organisation auf der Textoberfläche de-konstruiert; in<br />

diachroner Perspektive werden die diskursiven Dispositive jener<br />

Texte rekonstruiert, die bis in die Philosophie der Aufklärung<br />

zurückverfolgt werden können.<br />

Die Untersuchungen zeigen, dass der Genozid als ein legitimes<br />

Werkzeug im Kampf zwischen »Kultur« und »Wildnis« projiziert<br />

wird. In den literarischen Codierungen des Geschehens findet sich<br />

selten die Frage nach Ursache und Wirkung, nach Zahlen und Verantwortlichkeiten,<br />

es findet sich niemals der Versuch, die Vernichtung<br />

der Herero zu bestreiten oder allein als militärstrategische Notwendigkeit<br />

zu rechtfertigen, sondern sie wird als legitimer Beitrag<br />

zum Vollzug eines allgemeinen Prinzips entworfen, das mit Entschlossenheit<br />

beschleunigt werden müsse. Der sich bald in der Rede<br />

abzeichnende Übergang von der »Vernichtungspolitik« zur »Inwertsetzung«<br />

der verbliebenen »Eingeborenen« ist nicht als zeitgenössischer<br />

Bruch mit Vorstellungen von einer Legitimität der »Vernichtung«,<br />

sondern als deren »logische« Fortsetzung zu verstehen; als<br />

eine bald konsensuell allgemeine Gültigkeit beanspruchende Aktualisierung<br />

sprachlicher Muster bezüglich des vielschichtigen Konstrukts<br />

»Eingeborener«, zur Identifizierung des Widerständigen und<br />

zur Normalisierung des Geschehenen unter den politsch-wissenschaftlichen<br />

Vorzeichen projektierter Entwicklungserfordernisse.<br />

Die Legitimität der »Vernichtung« wird in den Texten nicht angezweifelt.<br />

Da es letztlich um einen Beitrag zur Reorganisation der kolonialen<br />

Zukunft geht, erweist sich der Einsatz der mit »Eingeborenen«<br />

befassten kolonialwissenschaftlichen Disziplinen als Bestandteil<br />

einer diskursiven Zivilisierung der »Vernichtung« und der Legitimierung<br />

eines auf der vorangegangenen »Vernichtung« aufbauenden<br />

ökonomischen Standpunktes. Die Verbreitung der Texte, ihre


Literarische<br />

Heterotopien<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 160<br />

Dispositive und die Rückbindung an ein kulturelles Wissen, lassen<br />

die gesellschaftliche Anschließbarkeit ihrer Argumentation folgern.<br />

Folgende Veröffentlichungen sind im Berichtszeitraum erschienen:<br />

Böttger, Jan Henning: Zivilisierung der „Vernichtung“. „Hereorokrieg“,<br />

„Eingeborene“ und „Eingeborenenrecht“ im Kolonialdiskurs.<br />

– In: Zeitschrift für Genozidforschung. 4, 1. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />

Ketelsen Uwe-K.: Ein Blick von der Cheopspyramide. Hans Paasches<br />

Bild vom kolonialen Afrika. – In: Literatur im Zeugenstand.<br />

Beiträge zur deutschsprachigen Literatur- und Kulturgeschichte.<br />

Festschrift zum 65. Geburtstag von Hubert Orlowski. Hrsg. von<br />

Edward Bialek u. a. Frankfurt/M. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />

Literarische Heterotopien untersucht ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes<br />

Projekt, das von Prof. R. Warning (Institut für Romanische Philologie,<br />

Universität München) durchgeführt wird.<br />

Michel Foucault bezeichnet als ,Heterotopien’ real existierende Orte<br />

innerhalb einer Gesellschaft, die deren Struktur ganz oder zum Teil<br />

in sich abbilden und sie zugleich – auf eine in ihrer Umgebung nicht<br />

gebräuchliche Weise – neu konfigurieren, so dass das Ergebnis diese<br />

Umgebung in Frage stellt. Heterotopien sind damit gleichsam kleine<br />

realisierte Utopien und Gegenbilder der Gesellschaft. Foucaults Auflistung<br />

von Heterotopien ist ein Katalog ohne systematischen An-<br />

Abb. 16: Projekt „Sprachliche Strategien der Exklusion in politischer<br />

Gewalt: Der Herero-Nama-Aufstand 1904/07 in der zeitgenössischen<br />

deutschen Literatur“: Buchdeckel von Meister, Friedrich:<br />

Muhérero riKárera! (Nimm dich in acht, Herero!) oder: Die Schiffsfähnriche.<br />

Ein Jugend- und Familienbuch, Leipzig: Abel & Müller<br />

1904. Friedrich Meister (1841–1918) gehörte zu den erfolgreichsten<br />

Jugendbuchautoren des wilhelminischen Kaiserreichs. Neben zahlreichen<br />

Reise- und Seefahrerromanen schrieb er Jugendbuchfassungen<br />

von Klassikern der „Abenteuerliteratur“ wie Coopers<br />

,Lederstrumpf‘ oder Defoes ,Robinson Crusoe‘. Der Buchdeckel dieses<br />

1904 erschienenen „Jugend- und Familienbuches“, den der um<br />

die Jahrhundertwende populäre Marinemaler Willy Stöwer<br />

(1864–1931) gestaltete, visualisiert dem Kolonialdiskurs inhärente,<br />

binär strukturierte Muster kolonialistischer Identitätskonstruktionen:<br />

Schwarz vs. Weiß, Natur vs. Kultur, Wildnis vs. Zivilisation,<br />

Chaos vs. Ordnung. Die Darstellung des „Herero“ in diesem Bild<br />

zitiert die von Walter Sintenis 1901 als „Wächter“ vor dem Afrikahaus<br />

der Woermann-Linie in Hamburg gestaltete Bronzestatue, eine<br />

stilisierte „afrikanische Kriegerfigur“. Durch das Einrücken dieser<br />

bekannten Krieger-Ikone in den Kontext des Krieges in Deutsch-<br />

Südwestafrika wird ein konventionalisiertes, abstraktes Bild des<br />

„wilden Eingeborenen“ und der ihm zugeschriebenen „Disposition<br />

zum Krieg“ auf die im Text geschilderten Ereignisse übertragen.


161<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN


Trauma<br />

Diskurs<br />

Literatur<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 162<br />

spruch: Sterbehospiz, Klinik, Gefängnis, Friedhof, Theater, Garten,<br />

Museum, Bibliothek, Jahrmarkt, Feriendorf, Bordell, Kolonie, Schiff.<br />

Das Forschungsvorhaben will das bei Foucault (wissens-)soziologisch<br />

verstandene Konzept der Heterotopie für die Literaturwissenschaft<br />

fruchtbar machen. Mit diesem Ansatz situiert sich das Projekt<br />

im Kontext des sog. „topographical turn“, d. h. der Ablösung der bis<br />

etwa 1900 vorherrschenden Beschäftigung mit Zeit und Geschichte<br />

durch ein dominantes Interesse an Räumen und Raumbeziehungen<br />

im 20. Jahrhundert, das mit der kulturwissenschaftlichen Öffnung<br />

der Literaturwissenschaft einhergeht. Dabei sollen die Begriffe ,Kulturwissenschaft’,<br />

,Literaturwissenschaft’ und die ihnen zugeordnete<br />

,Wende’ in der Untersuchung selbst erstens kritisch mitreflektiert<br />

werden, zweitens wird das Projekt zeigen, dass und inwiefern dieses<br />

Zeitdenken nicht völlig getilgt und ersetzt wird, sondern integraler<br />

Bestandteil auch der raumorientierten literarischen Entwürfe bleibt.<br />

Um diese Gegebenheiten mittels des Heterotopie-Konzepts fassbar<br />

zu machen, soll dieses zunächst in einem theoretischen Bezugsrahmen<br />

verortet werden, an dem sich die Literaturwissenschaft schon<br />

seit den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts vielfach<br />

orientiert: nämlich an der auf Raumkonzepten beruhenden Kultursemiotik<br />

J. Lotmans und einem literarischen Kulturmodell von M.<br />

Bachtin, das Raum und Zeit in dem Begriff des ,Chronotopos’ korreliert.<br />

Hinzugenommen werden sollen außerdem Theorien des Imaginären,<br />

v.a. die von C. Castoriadis. Castoriadis geht davon aus, dass<br />

sich soziale Institutionen letztlich einer ihnen zugeschriebenen imaginären<br />

Bedeutung verdanken, was gerade an literarischen Heterotopien<br />

nachweisbar ist. Da zudem schon Foucault selbst sein Hetertopie-Konzept<br />

mit dem der Heterochronie, d. h. einer Durchbrechung<br />

des linearen Zeitablaufs, verknüpft und sich laut Castoriadis das<br />

Imaginäre wesentlich entlang der Zeitachse, als Umgestaltung und<br />

Umschaffen, manifestiert, bietet sich diese Theorieverbindung an,<br />

um das spezifische Verhältnis von Raum und Zeit in literarischer Heterotopien<br />

zu beschreiben.<br />

Prof. H. Pfeiffer (Institut für Romanistik, Humboldt-Universität Berlin)<br />

bearbeitet mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> das Projekt „Traumatische<br />

Texte. Trauma – Diskurs – Literatur“.<br />

Die Fragestellung des Projekts profiliert den Zusammenhang zwischen<br />

Trauma und Diskurs, Geschichte, Erfahrung und Narration.<br />

Sie erarbeitet einerseits die historischen Voraussetzungen und Artikulationsspielräume<br />

einer diskursiven Figur, andererseits die ästhetischen<br />

Inszenierungen, in denen traumatische Erfahrungen zur Geltung<br />

gebracht werden. Im Mittelpunkt steht dabei die literarische<br />

Fiktion.<br />

Der Begriff des Traumas hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts<br />

zunächst im Kontext der Neurosenlehre als Fachterminus der Psychiatrie<br />

und der Freudschen Psychoanalyse herausgebildet. Die<br />

Übernahme des Begriffs aus der chirurgischen Medizin durch die


163<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

Psychoanalyse fasste traumatische Ereignisse als Schock, als Einbruch<br />

in die psychische Organisation und deren dauerhafte Schädigung.<br />

Im Verhältnis von Erfahrung und Erinnerung gehören die<br />

Feststellung der konstitutiven Nachträglichkeit und des Modus der<br />

Wiederholung sowie der kryptischen Faktur der sprachlichen Realien<br />

des Traumas zu den grundlegenden theoretischen Entdeckungen<br />

der Psychoanalyse.<br />

In der Folgezeit hat es sich eingebürgert, die historischen Katastrophen<br />

des 20. Jahrhunderts, insbesondere die beiden Weltkriege und<br />

den Holocaust, in ihrer Erfahrungsdimension mit dem Begriff des<br />

Traumas zu verbinden. Individuen und Gemeinschaften erscheinen<br />

als Opfer von Verwüstungen, deren Wirklichkeit ihnen immer nur<br />

schattenhaft und partiell zugänglich ist. Was als Ereignis eine tiefgehende<br />

Verletzung darstellt, manifestiert sich erst mit zeitlicher Verzögerung<br />

in traumatischen Wiederholungen, Phantasmen und<br />

nachträglichen Verarbeitungsbemühungen. Diese Struktur des<br />

Traumas impliziert seine Angewiesenheit auf Modalitäten der Inszenierung<br />

und der Fiktion. Was nicht gewusst oder erkannt werden<br />

kann, muss durchgespielt und durchgearbeitet werden, ohne allerdings<br />

an ein Ende zu kommen.<br />

Diese Inszenierung und Verarbeitung kollektiver und individueller<br />

Traumata ist sowohl in der Literatur des 20. Jahrhunderts als auch in<br />

den darstellenden Künsten und kommunikativen Medien auf vielfältige<br />

Weise geschehen. Dabei modellieren literarische Texte im Unterschied<br />

zu ästhetischen Medien den Verlust identitätsstiftender Erinnerung<br />

und identitätssichernden Gedächtnisses durch Erzählen in<br />

Fragmenten, Variationen, Wiederholungen und palimpsestartigen<br />

Überschreibungen, die sich als Inszenierungen von Biographie und<br />

Geschichte lesen lassen.<br />

Das Forschungsvorhaben umfasst zwei Arbeitsbereiche:<br />

– Die Rekonstruktion diskursiver Konzepte von Trauma, die im<br />

Umkreis medizinischer, psychiatrischer und psychoanalytischer<br />

Untersuchungen entwickelt worden sind (P. Janet, J. M. Charcot,<br />

S. Freud).<br />

Zum einen ist zu klären, welchen theoretischen Status Trauma in den<br />

methodischen Umbrüchen der Psychoanalyse hat. Dabei geht es u. a.<br />

darum die Ambivalenzen des Begriffs in den Relationen von Realität,<br />

Imagination und symbolischer Ordnung in den entsprechenden diskursiven<br />

und narrativen Figurationen zu untersuchen (J. Lacan, J.<br />

Laplanche, J.-B. Pontalis, N. Abraham, M. Torok).<br />

In diesem Kontext stellt sich auch die Frage nach den epochespezifischen<br />

Indikationen, die von den unterschiedlichen Traumakonzepten<br />

im Spannungsfeld von Metapsychologie und Philosophie ausgehen.<br />

Neben den Arbeiten des späten Freud geraten in diesem Zusammenhang<br />

Nietzsches Darlegungen zu den Verarbeitungsformen<br />

des menschlichen Gedächtnisses in den Blick, deren Konzeption des


Ästhetische<br />

Moderne<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 164<br />

Verhältnisses von Individualität und Geschichte als Konzeptualisierung<br />

von Trauma gelesen werden kann.<br />

– Die Verarbeitung und Inszenierung traumatischer Ereignisse in<br />

literarischen – zumeist fiktionalen und autobiographischen – Texten<br />

(u. a. von C. Baudelaire, M. Proust, L.-F. Céline, M. Blanchot,<br />

C. Simon, N. Sarraute, M. Duras, S. Kofman, G.Perec, R. Antelme,<br />

P. Levi, M. Leiris, R. Char).<br />

In diesem Zusammenhang wird das Verhältnis von Schock, Melancholie,<br />

Zeugnis und Trauma in literarischen Texten und ästhetischer<br />

Theorie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bestimmt.<br />

Daneben werden literarische Vermittlungen von Erfahrungen historischer<br />

Traumata wie Krieg, Verfolgung und Shoa im Verhältnis von<br />

Geschichte, Gewalt und Fiktion untersucht. Das Forschungsinteresse<br />

erstreckt sich auch auf Texte der frühen Neuzeit (Tasso, Motaigne,<br />

Agrippa d’Aubigné) und richtet sich u. a. auf die Frage nach strukturellen<br />

Mustern von traumarepräsentierenden bzw. -modellierenden<br />

Verfahren der Vermittlung zwischen traumatischer historischer Erfahrung<br />

und Narration.<br />

Bisher sind folgende Ergebnisse publiziert:<br />

Pfeiffer, Helmut: Traumatisches Gedächtnis. Claude Simons<br />

Route des Flandres. – In: Domänen der Literaturwissenschaft.<br />

Hrsg. Herbert Jaumann ... . Tübingen <strong>2001</strong>. S. 315–338.<br />

Pfeiffer, Helmut: Der Garten der Kultur und die Gewalt der<br />

Geschichte. Claude Simons Jardins des Plantes. – In: Poetologische<br />

Umbrüche. München <strong>2002</strong>. S. 156–176.<br />

Heymann, Brigitte: Inszenierungen der Unsterblichkeit – Figuren,<br />

Interpretationen und Verwandlungen der Gerusalemme liberata.<br />

– In: Spielwelten. Performanz und Inszenierung in der Renaissance.<br />

Hrsg.: K. W. Hempfer; H. Pfeiffer. Stuttgart <strong>2002</strong>. (Im<br />

Druck).<br />

Prof. G. Braungart (Institut für Germanistik, Universität Regensburg)<br />

erhält für das Projekt „Spiritismus und ästhetische Moderne. Berlin<br />

und München als Zentren“ <strong>Stiftung</strong>smittel.<br />

Die interdisziplinäre und kulturwissenschaftlich orientierte Forschung<br />

der letzten Jahre befasst sich zunehmend mit dem Okkultismus<br />

und verwandten Bewegungen, die insbesondere in den Jahrzehnten<br />

um 1900 das Profil der Epoche prägten. Dabei handelt es<br />

sich bei diesen spiritistischen Strömungen um ein Symptom, das im<br />

Kernbereich der Modernität anzusiedeln ist. Denn der Spiritismus<br />

macht sich zum einen die damals neuesten medial-technischen Errungenschaften<br />

zunutze (etwa Methoden der Spezialphotographie)<br />

und bildet zum anderen eine Subjektphilosophie aus, welche die<br />

Verabschiedung des autonomen Subjekts betreibt, wie es seit der<br />

Aufklärung und dem Idealismus bis ins 19. Jahrhundert modelliert<br />

war. Darin liegen entscheidende Berührungspunkte mit der moder-


165<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

nen (und sogar noch postmodernen) Poetik und Ästhetik: etwa versteht<br />

der späte Rilke – wie im Spiritismus – seine Texte als ,Diktat’,<br />

das des Autors nicht bedarf bzw. ihn zu einem bloßen Medium instrumentalisiert.<br />

Die spiritistische Annahme, dass ein Diskurs durch<br />

das Subjekt hindurchgeht, das solcherart nicht mehr Herr seines<br />

Textes’ ist, entspricht auch einer in der Postmoderne gängigen Vorstellung.<br />

Der bedeutende Beitrag, den der Spiritismus für die Ausbildung einer<br />

spezifisch modernen Ästhetik leistete, wurde zwar in der bisherigen<br />

Forschung punktuell angesprochen (v.a. in bezug auf Malerei<br />

und bildende Kunst oder die Sondergattung der phantastischen Literatur),<br />

aber nicht systematisch erforscht. Erstens fehlen dezidiert<br />

theoriegeschichtlich ausgerichtete Untersuchungen, die von einer<br />

ausgearbeiteten Theorie der ästhetischen Moderne her an die philosophischen<br />

Prämissen und kulturellen Praktiken des Spiritismus herangehen.<br />

Zweitens besteht bis heute keine Aufarbeitung der Quellengrundlage,<br />

denn die Zeugnisse der spiritistischen Bewegung (v.a.<br />

in fachspezifischen Schriften, Zeitschriften oder Briefen veröffentlicht)<br />

zählen nicht zum literaturwissenschaftlichen Kanon.<br />

Ziel des Projekts ist es, die vielfältigen Bezüge und Querverbindungen<br />

zwischen Spritismus und moderner Poetik und Ästhetik aufzuarbeiten,<br />

und zwar am Beispiel der großen Zentren sowohl des Spiritismus<br />

als auch der Moderne: München und Berlin. Primar geplant ist<br />

eine umfassende Dokumentation der für die Leitthese relevanten<br />

Quellen und von bis heute weitgehend unerschlossenen Textzeugnissen,<br />

die aus Archiven und entlegenen Zeitschriften zusammengetragen<br />

und mit entsprechenden Kommentaren und einer monographischen<br />

Einführung der Forschung zugänglich gemacht werden<br />

sollen.<br />

Auf der Basis dieser Materials soll erforscht werden, in welchen<br />

Aspekten der Spiritismus für die Herausbildung der ästhetischen<br />

Moderne von Bedeutung war. Ins Auge gefasst werden hier insbesondere<br />

drei Punkte: die poetologische Entwicklung neuer Verfahrensweisen,<br />

die Fragen des dichterischen Selbstverständnisses und<br />

die Problematik der Autorschaft. In einem zweiten Schwerpunkt soll<br />

das Projekt die institutionellen Konstellationen aufzeigen, innerhalb<br />

derer sich diese Bezüge von Literatur und Spiritismus herstellten,<br />

und den Personenkreis beschreiben, von dem diese getragen wurden.<br />

Prof. W. Oesterreicher (Institut für Romanische Philologie, Universität<br />

München) wurden für das Projekt „Nationalphilologische Traditionen<br />

der romanistischen Sprachgeschichtsschreibung – Aspekte<br />

der diskursiven Konstruktion nationaler Identität“ Fördermittel der<br />

<strong>Stiftung</strong> zur Verfügung gestellt.<br />

Nach der Konstituierung der Philologien als wissenschaftliche Disziplinen<br />

wurde im 19. Jahrhundert die Arbeit im sprachwisssenschaftlichen<br />

Bereich zunächst in engem Kontakt mit textphilologischen<br />

Romanistische<br />

Sprachgeschichtsschreibung


Semantisches<br />

Wissen<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 166<br />

und literaturwissenschaftlichen Fragestellungen vorangetrieben. Die<br />

paradigmatische Ausrichtung des Faches wurde dabei von der historisch-vergleichenden<br />

Sprachwissenschaft dominiert, welche die historische<br />

Grammatik (Lautlehre, Morphologie und Syntax) und Etymologie<br />

(historische Wortforschung) in den Vordergrund stellte. Die<br />

Sprachgeschichte für die romanischen Sprachen blieb zunächst ausgeblendet.<br />

Erst um die Jahrhundertwende erschienen in den romanischen<br />

Ländern Sprachgeschichten, die dann für einen mehr oder weniger<br />

langen Zeitraum kanonische Gültigkeit besaßen. Hier sind vor<br />

allem die Arbeiten von Ramón Menéndez Pidal oder von Ferdinand<br />

Eugène Brunot zu nennen, die in Spanien bzw. Frankreich den Wissenschaftsdiskurs<br />

bestimmen. Als Matrix für Folgediskurse waren<br />

diese Sprachgeschichten im wissenschaftlichen Kontext fundierend<br />

geworden und haben noch lange im letzten Jahrhundert Sprachbilder<br />

und Sprachbewertungen, den Sprachunterricht sowie das<br />

Sprachbewusstsein der jeweiligen Sprachgemeinschaft geprägt.<br />

Das Projekt setzt sich zum Ziel, die durch diese Sprachgeschichten<br />

hervorgerufene Veränderung von Disziplinstrukturen und Disziplingrenzen<br />

in den romanischen Philologien Spaniens und Frankreichs<br />

zu beschreiben. Dazu sollen die ideologischen Voraussetzungen und<br />

interesseorientierten Optionen der „Erweiterung“ der Disziplin<br />

durch neue Formen wissenschaftlicher Kommunikation analysiert<br />

und die Entstehung dieser traditionsbildenden Sprachgeschichten<br />

für die großen romanischen Sprachen nachgezeichnet werden.<br />

Außerdem muss für die vergleichende Analyse der sprachgeschichtlichen<br />

Gesamtdarstellungen eine Rastrierung entwickelt werden, die<br />

sich durch eine Reihe von Kategorien und thematischen Zentrierungen<br />

definiert. Derartige Kriterien können z. B. sein: die jeweils zugrundeliegende<br />

sprachtheoretische Grundanschauung, die Einschätzung<br />

des Verhältnisses von Sprache und Nation, die Gewichtung<br />

externer und interner sprachgeschichtlicher Fakten, die<br />

Berücksichtigung von Sprachvarietäten.<br />

Prof. J. Rolshoven (Institut für sprachliche Informations-Verarbeitung,<br />

Universität Köln) erhält für das Forschungsvorhaben „Selbstorganisierendes<br />

semantisches Wissen“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Der Umfang textbasierender Informationen hat in den letzten Jahren<br />

– maßgeblich aufgrund des Internets – stark zugenommen. Doch entziehen<br />

sich diese riesigen, unstrukturierten und nicht komprimierten<br />

Datenmengen weitgehend einer inhaltsorientierten Nutzung. Zugriffe<br />

auf diese Daten erfolgen meist ohne Einbeziehung der semantischen<br />

Dimension – durch bloßen Mustervergleich der verwendeten<br />

Zeichen oder, in komplizierteren Fällen, unter Auswertung der Verweise,<br />

die auf eine Website gerichtet sind. Mit keiner der beiden<br />

Möglichkeiten ist eine Bedeutungsanalyse verbunden.<br />

Die Ansätze zur Bedeutungsanalyse, welche die derzeitige Sprachwissenschaft<br />

anbieten kann, erweisen sich als unfähig, mit dieser Situation<br />

analytisch umzugehen: z.T. weil sie mit einer letztlich arbiträr


167<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

festgelegten Metasprache operieren, die zu nah am Beschriebenen<br />

liegt und es so nur umschreibend reproduzieren kann, vor allem aber<br />

weil diese Ansätze den dynamischen kognitiven Prozess, in dem<br />

sprachliche Bedeutung angeeignet und erweitert wird, nicht beschreiben,<br />

geschweige denn reproduzieren können. Dieser Situation<br />

will das Projekt abhelfen, indem es den Prozess der Lern-Rückkoppelung<br />

sprachlicher Bedeutungsaufnahme bzw. die selbstorganisierende<br />

Semantik von natürlichen Sprachen analysieren und automatisch<br />

nachbilden will.<br />

Dafür wird davon ausgegangen, dass sprachliche Bedeutungsaufnahme<br />

in einem beständigen Prozess der Kategorisierung entsteht.<br />

Er dient dem Lernen, welches seinerseits als Redundanzaufbau, d. h.<br />

Steigerung der Möglichkeiten des Wieder-Erkennens, im lernenden<br />

System definiert wird. Ein solcher Redundanzaufbau vollzieht sich<br />

vermutlich mittels einer multiplen Kategorienbildung, die durch ein<br />

vierfaches Raummodell beschrieben werden soll. Es wird unterschieden<br />

nach dem Diskursraum, der Texte in ihrer sprach-zeitlichen Erstreckung<br />

umfasst, dem Ereignisraum, in dem diese Texte auf ihre<br />

Informationshaltigkeit ausgewertet und in ihrem Bedeutungsgehalt<br />

erfasst werden, dem Wissensraum, in dem diese Informationen auf<br />

außersprachliche Sachverhalte bezogen werden, und dem Systemraum,<br />

in dem sie auf Strukturen abstrakten Denkens transparent gemacht,<br />

d. h. weitestgehend paradigmatisiert, werden.<br />

Um diese Kategorien und deren Interagieren im Lernprozess zu ermitteln,<br />

werden drei Informationsquellen herangezogen: die Gebrauchsbedingungen<br />

sprachlicher Zeichen, wie sie sich in maschinenlesbaren<br />

Texten zeigen (etwa sprach-statistische Untersuchungen;<br />

wissenschaftstheoretische Annahmen; sprachwissenschaftliche<br />

Annahmen über universale Eigenschaften von Sprachen, v. a. deren<br />

Darstellbarkeit in Baumstrukturen). Damit werden bekannte, bislang<br />

aber nicht verbundene Einzeldisziplinen der Sprachwissenschaft,<br />

Lerntheorie und Informatik zu einem kognitionswissenschaftlichen<br />

Ansatz verbunden.<br />

Der Ertrag des Projekts soll ein dreifacher sein: kognitionswissenschaftlich<br />

soll es ein Modell für den Erwerb semantischen Wissens<br />

und damit semantischen Lernens erbringen; sprachwissenschaftlich<br />

würde dies eine Theorie semantischer Erzeugung implizieren; computerlinguistisch<br />

und anwendungsorientiert soll das System eine Basis<br />

für die Effizienzsteigerung und Verbesserung maschineller<br />

Sprachverarbeitung (Zugriff auf Daten des Internet, elektronische<br />

Übersetzung) bilden.<br />

Für die Erststellung eines Online-Index zur chinesischen Tageszeitung<br />

„Shenbao“ 1872–1898 erhält Prof. R. Wagner (Sinologisches Seminar,<br />

Universität Heidelberg) Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Shenbao wurde 1872 in Shanghai gegründet und war eine der<br />

frühesten und erfolgreichsten chinesischen Tageszeitungen. Ihr<br />

Gründer, der Brite Ernest Major, verstand es, seine Zeitung zu einer<br />

Shenbao


Japanischdeutsches<br />

Wörterbuch<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 168<br />

Institution in einer neuen in den internationalen Konzessionen<br />

Shanghais entstehenden chinesischen Öffentlichkeit zu machen. Der<br />

Shenbao-Verlag war der erste Verlag in China, der ein landesweites<br />

Vertriebsnetz aufbaute und dadurch auch eine nationale Ausstrahlung<br />

entfalten konnte. Die Leser kamen in erster Linie aus den Reihen<br />

der chinesischen wirtschaftlichen und politischen Eliten der weiteren<br />

Umgebung Shanghais und der Küstenprovinzen, aber auch Diplomaten<br />

und einflussreiche Regierungsbeamte zählten dazu. Damit<br />

übte die Shenbao in einer Zeit, als der chinesische Staat nicht zuletzt<br />

durch die westliche Expansion unter erheblichen Erneuerungsdruck<br />

geriet, eine Schlüsselfunktion für die Herausbildung eines chinesischen<br />

Modernisierungsdiskurses aus. In ihren Leitartikeln kommentierte<br />

sie aktuelle Entwicklungen und gab innovative Impulse für politische<br />

Entscheidungsprozesse, sie war das Medium par excellence<br />

für die Auseinandersetzung mit „dem Westen“, und durch ihr tägliches<br />

Erscheinen dokumentierte sie Diskussionen in einer unmittelbaren<br />

und nicht durch spätere Editionsprozesse manipulierten Form.<br />

Der thematische Rahmen war dabei denkbar umfassend: von der Misere<br />

von nach Übersee verschifften chinesischen Kulis und gekidnappten<br />

Mädchen und Frauen über das soziale Engagement lokaler<br />

Eliten bis hin zur Steuerpolitik und dem Zustand der Staatsfinanzen,<br />

von der Notwendigkeit der Einführung der Eisenbahn über Fragen<br />

der nationalen Verteidigung und der Militärreform bis hin zu Strategien<br />

für den Umgang mit dem Opiumhandel und -konsum wurde alles<br />

diskutiert. Gerade als eine ausländische chinesischsprachige Zeitung,<br />

die in diesen sensiblen Debatten, die letztlich alle von nationaler<br />

Bedeutung waren, weithin hörbar ihre Stimme erhob, ermöglichte<br />

es die Shenbao, die üblichen Kolonialismus/Imperialismus-Erklärungsmodelle<br />

zu hinterfragen und anhand sehr spezifischer Testfälle<br />

differenziertere Deutungsmuster zu entwickeln.<br />

Ziel des Projekts ist die systematische inhaltliche Erfassung der Leitartikel<br />

der Shenbao von ihrer Gründung im Jahr 1872 bis 1898, dem<br />

Jahr der Hunderttagereform. Damit wird der Zugang zu diesem reichen<br />

Quellenschatz ungeheuer erleichtert. Die Veröffentlichung im<br />

Internet wird derzeit vorbereitet, eine kontinuierliche Weiterarbeit<br />

an den Inhalten und die Integration von Kommentaren der Benutzer<br />

ist vorgesehen.<br />

Die Erstellung eines „Großen japanisch-deutschen Wörterbuches“ ist<br />

Gegenstand eines durch die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> mitfinanzierten<br />

Vorhabens von Prof. I. Hijiya-Kirschnereit, Deutsches Institut für Japanstudien,<br />

Tokyo.<br />

Das japanisch-deutsche Wörterbuch soll als verlässliche Grundlage<br />

für zukünftige Generationen von Japanforschern dienen und die<br />

deutsch-japanischen Beziehungen auf allen Ebenen (Politik, Gesellschaft,<br />

Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur) unterstützen. Das Wörterbuch<br />

ist als bilingual-lexikographische Dokumentation in erster Linie<br />

der japanischen Gegenwartssprache (seit dem Zweiten Weltkrieg)<br />

gedacht, schließt darüber hinaus aber auch die wissenschaftssprach-


169<br />

QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“<br />

lich prägende zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts (Anfang Meiji) ein.<br />

Es soll alles das aufnehmen, was in japanischen Tageszeitungen und<br />

nicht-fachspezifischen Periodika erklärungsfrei Verwendung findet,<br />

ferner das moderne Technik- und Wissenschaftsvokabular und Wendungen<br />

aus Sondersprachen wie Kinder- und Jugendsprache oder<br />

Slang. Insgesamt werden ca. 100.000 Stichwörter Aufnahme finden.<br />

Die Lemmata werden alphabetisch in Lateinumschrift und der üblichen<br />

japanischen Schreibweise gegeben; sie enthalten Angaben zu<br />

Wortklasse, Flexion etc. und eine am semantischen Netz des Deutschen<br />

orientierte Definitionsstruktur; ferner sollen sie durch möglichst<br />

lebendige und aktuelle Verwendungsbeispiele und Satzbelege<br />

illustriert werden.<br />

Querschnittbereich „Bild und Bildlichkeit“<br />

Die Entwicklung der Informationstechnologien zeitigt unabsehbare<br />

soziale, politische und kulturelle Nachwirkungen. Insbesondere<br />

die sogenannten Neuen Medien (Video, Internet, Cyberspace u. a.)<br />

lösten lebhafte Debatten aus, die sehr oft in spekulative Einschätzungen<br />

und historische Prognosen mündeten. Der Zeitpunkt ist<br />

mittlerweile gekommen, die veränderte Rolle des Bildes kritisch und<br />

wissenschaftlich zu untersuchen. Es zeigt sich sehr schnell, dass sich<br />

neben der Bildkultur in den Künsten instrumentelle Bildwelten in<br />

den Wissenschaften ausgeformt haben. Seitdem Bilder technisch<br />

erzeugbar sind, verstärkte und verfeinerte sich die Möglichkeit, sie<br />

im Erkenntnisprozess einzusetzen. Die fortschreitende Bildtechnologie<br />

fungiert immer öfter als ein Auge von genuiner Leistungskraft,<br />

welches aus Theorie und Praxis der Natur- und der Biowissenschaften,<br />

einschließlich der Medizin, nicht mehr wegzudenken ist. Mehr<br />

als ein bloßes Hilfsmittel, für das es lange gegolten hat, wirkt das<br />

Bild auf den Charakter dessen ein, was es zu erkennen gibt. Es ist<br />

deswegen angemessen, von einem ikonischen Erkenntnismodell<br />

oder Paradigma zu sprechen, das neben dasjenige der Sprache und<br />

der Mathematik tritt, als eines Mediums der Generierung, der Mitteilung,<br />

der Veranschaulichung von Wissen. Um so mehr, als es<br />

über eine eigene Logik zu verfügen scheint, deren Beschaffenheit<br />

und Tragweite einer genaueren Untersuchung harren. Die fortschreitende<br />

technische Verfeinerung des ikonischen Instrumentariums,<br />

seine Effizienz und Nutzbarkeit sind geeignet, den Blick auf<br />

seine erkenntnisleitende Rolle zu verstellen. Um so wichtiger ist die<br />

in Gang befindliche Ausbildung eines reflexiven Wissens, auch in<br />

den Naturwissenschaften bzw. der Wissenschaftsgeschichte.<br />

Der Aufstieg der Bilder, ihre veränderte Funktion im Haushalt des<br />

Wissens, setzt sie instand, das überkommene Gefüge der Disziplinen<br />

und Methoden neu zu erschließen. Die alte Teilung der zwei (oder<br />

auch drei) Kulturen beginnt sich zu verändern angesichts investigativer<br />

Bilder, die im Repräsentationsprozess der Naturwissenschaften


Porträt und<br />

Roman<br />

QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“ 170<br />

von der subatomaren Welt bis zu derjenigen der Astronomie, in der Erforschung<br />

und Therapie des menschlichen Körpers, aber auch in der<br />

Kunst oder Historie entwickelt bzw. eingesetzt werden. Eine neue<br />

Plausibilität gewinnen Kooperationen, z. B. zwischen Physik, Biowissenschaften,<br />

Neurologie, Psychologie, Wissenschaftsgeschichte,<br />

Kunstgeschichte, Medienwissenschaft, Geschichte, Kulturwissenschaft<br />

u. a. Der erweiterte Gebrauch der Bilder erfordert zugleich auch<br />

eine Kritik, die imstande ist, die Grenzen der Wirksamkeit, die damit<br />

verbundenen Verzerrungen und Verkennungen, zu durchschauen.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ist bestrebt, Forschungen im Bereich des<br />

ikonischen Erkenntnismodells anzuregen und zu unterstützen. Im<br />

Zentrum stehen dabei Analysen von bildlichen Erkenntnisvorgängen<br />

und Repräsentationsformen, was aber Projekte zu ihrer neuen<br />

oder veränderten Nutzung keineswegs ausschließt. Eine besondere<br />

Chance besitzen dabei jene Disziplinen, die – wie die Kunst- und<br />

Kulturgeschichte oder auch die Philosophie – über einen differenzierten<br />

Bildbegriff verfügen, dann, wenn sie sich den erweiterten<br />

transdisziplinären Aufgaben stellen. Willkommen sind insbesondere<br />

solche Projekte, welche die eingefahrenen Bahnen verlassen, zwischen<br />

den getrennten Wissensfeldern Verbindungen und Zusammenhänge<br />

herstellen, interfakultäre Problemstellungen als Anfang<br />

einer veränderten Wissenskultur nutzen. Gefördert werden u. a.<br />

auch solche Unternehmen, die sich mit der Logik der Bilder, der Bildanthropologie,<br />

Problemen der Bildwissenschaft, der Bildkultur und<br />

Bildgeschichte, dem Verhältnis ästhetischer und kognitiver Leistungen<br />

oder der instrumentellen Rolle des Bildes im Repräsentationsprozess<br />

der Wissenschaften befassen.<br />

Prof. R. Galle (Fachrichtung Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft,<br />

Universität Essen) erhält für das Forschungsvorhaben<br />

„Porträt und Roman. Personengestaltung und deren Interferenz<br />

mit der Darstellung bildhafter Porträts im Roman“ Fördermittel der<br />

<strong>Stiftung</strong>.<br />

Der seit der Antike tradierte Topos, in dem Malerei als stumme Poesie<br />

und Poesie als redende Malerei bezeichnet wird, steht für eine<br />

wechselseitige Befruchtung von Sprach- und Bildkunst. In dieser<br />

Funktion wirkt er auch ungeachtet der kategorialen Trennung, die<br />

Lessing im Laokoon zwischen beiden Kunstformen vorgenommen<br />

hat, bis in die Gegenwart hinein. Das Projekt setzt bei dieser Wechselbeziehung<br />

der Künste ein und stellt im weiteren eine sehr spezifische<br />

Konstellation des Romans, die Personengestaltung, in das Zentrum<br />

der Untersuchung.<br />

Grundlegend ist dabei eine berühmte These Benjamins, der zufolge<br />

„das Individuum in seiner Einsamkeit“ als die „Geburtskammer des<br />

modernen Romans“ anzusehen ist. Die für das Epos geltende Dominanz<br />

der Ereignisse wird durch die Abenteuer der Seele’ als Strukturprinzip<br />

des Romans abgelöst. Rückt mittels dieser These ein breites<br />

Spektrum von Formen der Individualisierung und De-Individuali-


171<br />

QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“<br />

sierung in den Vordergrund des Romans, wie er sich seit dem 17./18.<br />

Jahrhundert entwickelt hat, so avanciert die Personengestaltung wie<br />

selbstverständlich zum Herzstück dieser Gattung und gewinnt für<br />

deren weitere Aufarbeitung eine Schlüsselfunktion.<br />

Leitgedanke der Untersuchung ist, dass diese Personengestaltung<br />

durch die Tradition der bildenden Künste mitgeprägt wird und häufig<br />

als ein Zusammenspiel beider Kunstformen in Szene gesetzt wird.<br />

Dieser Ansatzpunkt wird nicht zuletzt gestützt durch die Beobachtung,<br />

dass annähernd parallel zum Primat der Individualitätsthematik<br />

und ihrer Formgebung im Roman die Porträtmalerei ihrerseits die<br />

sukzessive Herausbildung, Vervollkommnung und auch entschiedene<br />

Infragestellung von Individualiltät als zumindest latenten<br />

Fluchtpunkt ihrer Entwicklung kennt.<br />

Vor diesem kulturgeschichtlich markierten Hintergrund ist der gleichermaßen<br />

eingeschränkte und zentrale Gegenstand des Projekts<br />

folgendermaßen zu bestimmen: Es geht darum, die in Romanen rekurrente<br />

erzählerische Vergegenwärtigung von (gemalten) Porträts<br />

in ihrer Eigenschaft als sekundäre Personengestaltung zu analysieren<br />

(erstens), in Bezug zu setzen zur primären Personendarstellung<br />

der Protagonisten (zweitens) und die solchermaßen gewonnene Relationierung<br />

fruchtbar zu machen für eine am Individualitätsbegriff<br />

orientierte Funktionsbestimmung des Romans (drittens).<br />

Arbeitshypothese ist dabei, dass die Relation von primärer und sekundärer<br />

Personendarstellung als mise en abîme des Romans zu fungieren<br />

vermag. Für die Entfaltung der These bieten sich insbesondere<br />

drei historische Schwerpunktbildungen an:<br />

– der Roman des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts,<br />

der – nicht nur bezüglich der Personendarstellung – als Reaktion<br />

auf die Physiognomik-Debatte und im Kontext der kunsttheoretischen<br />

Porträt-Diskussion des 18. Jahrhunderts zu lesen ist.<br />

– Der Roman des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts,<br />

in dem die Krise des bürgerlichen Individuums und die<br />

darauf antwortende Krise des überkommenen Porträts in der bildenden<br />

Kunst zahlreiche Entsprechungen und Gegenreaktionen<br />

in der Literatur hervorruft.<br />

– Der Roman der Nachkriegszeit, der unter der doppelten Voraussetzung<br />

von Identitätsdiffusion und medialer Beschleunigung<br />

steht und hierauf mit spezifischen Veränderungen in der Personendarstellung<br />

reagiert.<br />

Folgende Publikation ist im Berichtszeitraum erschienen:<br />

Galle, Roland: „Das Porträt war ohne Kopf“. Über den Entzug der<br />

Ähnlichkeit in der Kunst der Jahrhundertwende. – In: Fin de<br />

siècle. Hrsg.: Rainer Warning; Winfried Wehle. München <strong>2002</strong>.<br />

[Im Druck]


<strong>Thyssen</strong>-<br />

Vorlesungen<br />

Ikonologie der<br />

Gegenwart<br />

QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“ 172<br />

Nach dem Modell angelsächsischer „Lectures“ richtete die <strong>Fritz</strong><br />

<strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> bereits 1979 eine Serie von <strong>Thyssen</strong>-Vorträgen ein.<br />

Gerade für Wissenschaftler in benachbarten Fachgebieten sind solche<br />

Vorträge wertvoll, da sie oft Zusammenfassungen neuer Forschungen<br />

darstellen, von denen viele Anregungen ausgehen können.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> betrachtet die Einführung solcher Vortragsreihen<br />

als ein von ihr besonders zu förderndes Anliegen.<br />

Bisher wurden fünf Vortragsfolgen abgeschlossen.<br />

– „Preußen – seine Wirkung auf die deutsche Geschichte“ in Berlin,<br />

– „Auseinandersetzungen mit der Antike“ in München,<br />

– „1945 und die Folgen – Kunstgeschichte eines Wiederbeginns“ in<br />

Köln,<br />

– „Das künftige Mitteleuropa – Tradition und Perspektiven“ in<br />

Prag,<br />

– „The Impact of German Tradition on the Humanitites and Sciences“<br />

in Tel Aviv und Jerusalem.<br />

Gemeinsam mit dem Präsidenten der Humboldt-Universität (Prof. J.<br />

Mlynek) eröffnete der Vorsitzende des Kuratoriums der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> (Dr. K. Liesen) im Dezember <strong>2001</strong> in Berlin eine neue<br />

Vorlesungsreihe unter dem Titel „Berliner <strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen zur<br />

Ikonologie der Gegenwart“. Verantwortlich für die wissenschaftliche<br />

Organisation und Durchführung sind Prof. G. Boehm, (Kunsthistorisches<br />

Seminar, Universität Basel) und Prof. H. Bredekamp (Kunstgeschichtliches<br />

Seminar, Humboldt-Universität Berlin).<br />

Visuelle Kompetenz gehört zu den Grundanforderungen so gut wie<br />

jeder wissenschaftlichen Disziplin und jeder Technik; sie verbindet<br />

gleichermaßen Kultur- wie Naturwissenschaften. Der ubiquitären<br />

Nutzung steht jedoch die Unsicherheit gegenüber, was Bilder den<br />

jeweiligen Anlass hinaus zu leisten vermögen und wie sie erkenntnistheoretisch<br />

zu beurteilen sind. So aufwendig auch vor allem<br />

technische Bilder gestaltet werden, so unbefriedigend erscheint es,<br />

dass bis heute eine weitgehend abbildhafte Theorie vorherrscht,<br />

welche die Bilder in ihrem eigenen Medium entwertet und entschärft.<br />

Aus diesem Grund steht die Vorlesungsreihe unter dem Generaltitel<br />

„Ikonologie der Gegenwart“. Mit dem Hinweis auf die vor etwa hundert<br />

Jahren gegründete, mit dem Namen Aby Warburg verbundene<br />

Ikonologie soll betont werden, dass Bilder eine unübertragbare Autonomie<br />

besitzen, gegenüber der eine umso höhere Anstrengung<br />

aufzuwenden ist, um sie historisch und begrifflich zu bestimmen.<br />

„Ikonologie der Gegenwart“ bedeutet in diesem Sinn die Begründung<br />

einer „Logik der Bilder“.


173<br />

QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“<br />

Abb. 17: „Berliner <strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der Gegenwart“, Frau Prof.<br />

Barbara Stafford am 26. Juni <strong>2002</strong> zum Thema „Image in the Middle: Analogy as<br />

Media Theory“.


QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“ 174<br />

Für die Auftaktveranstaltung am 4. 12. <strong>2001</strong> im Audimax der Humboldt-Universität<br />

zu Berlin konnte der Leiter der Documenta 11,<br />

Okwui Enwezor, gewonnen werden. Der Vortrag wurde im Frühjahr<br />

<strong>2002</strong> publiziert:<br />

Enwezor, Okwui: Großausstellungen und die Antinomien einer<br />

transnationalen globalen Form. – München: Fink, <strong>2002</strong>. 59 S. (Berliner<br />

<strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der Gegenwart; Bd. 1)<br />

Am 26. 6. <strong>2002</strong> hielt Frau Prof. Barbara Stafford (Universität Chicago/<br />

Arnheim-Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin) einen<br />

Vortrag zum Thema „Image in the Middle: Analogy as Media<br />

Theory“.<br />

Am 14. 11. <strong>2002</strong> sprach Prof. Karl Kardinal Lehmann (Vorsitzender<br />

der Deutschen Bischofskonferenz) zum Thema „Das Bild zwischen<br />

Glauben und Sehen“.


175<br />

Staat, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

Für die Moderne ist die zunehmende Beschleunigung des gesellschaftlichen<br />

Wandels von zentraler Bedeutung. Im Zeitalter der Globalisierung<br />

hat dieser Beschleunigungsprozess zu Veränderungen<br />

der sozialen Lebenswelt geführt, die die Grundlagen nationaler<br />

Rechts- und Wirtschaftsordnungen erschüttern, den Anspruch des<br />

demokratischen Verfassungsstaates, das einzig legitime Modell<br />

politischer Ordnung in der modernen Welt zu sein, in Frage stellen,<br />

traditionale Institutionen menschlichen Zusammenlebens verändern<br />

und bis in die Alltagswelt des einzelnen hinein Chancen für neue<br />

Kulturkontakte eröffnen, damit zugleich aber auch die Gefahren<br />

neuer Kulturkonflikte erhöhen. Diese Wandlungsprozesse stellen<br />

auch Selbstverständlichkeiten in Frage, die bisher in vielen Disziplinen<br />

erkenntnisleitend waren: wenn beispielsweise Nationalökonomien<br />

zunehmend in der Weltwirtschaft aufgehen, internationale<br />

Rechtsordnungen nationale Rechtsregime in die Schranken weisen<br />

und Nationalstaaten sich zu größeren Einheiten zusammenschließen<br />

und sich damit ihrer Souveränität begeben, können davon Wissenschaften<br />

nicht unberührt bleiben, deren Gegenstände die Wirtschaft,<br />

das Recht und der Staat sind.<br />

Im Förderungsbereich „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ will die<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> insbesondere Forschungsvorhaben unterstützen,<br />

die die Voraussetzungen und die Folgen der Wandlungsprozesse<br />

untersuchen, die die heutigen Gesellschaften kennzeichnen. Sie konzentriert<br />

sich dabei auf Projekte, die sich den Wirtschaftswissenschaften,<br />

den Rechtswissenschaften, der Politikwissenschaft, der Soziologie<br />

und der Ethnologie zuordnen lassen. Sie schließt damit Forschungen<br />

in anderen Bereichen der Sozialwissenschaften nicht aus. Sie fördert<br />

Projekte, die die Methodenvielfalt produktiv befördern und komparativ<br />

orientiert sind – sowohl, was den europäischen Raum als auch<br />

europaübergreifende Fragestellungen angeht. Sie legt besonderen<br />

Wert auf die Förderung von Projekten, die an der Schnittstelle mehrerer<br />

Disziplinen angesiedelt sind. Nicht zuletzt werden solche interdisziplinären<br />

Projekte im Querschnittbereich der „Internationalen Beziehungen“<br />

unterstützt, welchen die <strong>Stiftung</strong> traditionell fördert.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> will sowohl Projekte exemplarischen Zuschnitts mit<br />

deutlich empirischem Charakter fördern als auch Arbeitsvorhaben,<br />

die vorrangig von theoretischen Interessen geleitet werden.<br />

Wirtschaftswissenschaften<br />

Gravierende Arbeitsmarktprobleme im Hinblick auf die erschreckend<br />

hohe und persistente Arbeitslosigkeit, Veränderungen<br />

der Verlaufsmuster von Wachstum und Konjunktur, ein tiefgreifender<br />

Wandel des institutionellen Gefüges der nationalen Wirtschaften und<br />

der internationalen Wirtschaftsbeziehungen im Rahmen des internationalen<br />

Standortwettbewerbs sowie globale Verteilungsfragen for-


Arbeitsmarktqualifikation<br />

Deutschland/<br />

Frankreich<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 176<br />

dern insbesondere die Wirtschaftswissenschaften heraus. Viele dieser<br />

Erscheinungen sind im Rahmen zuvor herrschender Erklärungssysteme<br />

nicht zutreffend analysiert worden. Der Bedarf an theoretisch<br />

abgestützten und empirisch sorgfältig überprüften Diagnosen und Erklärungen<br />

ist deshalb groß. Beiträge zur Erforschung noch nicht ausreichend<br />

verstandener wirtschaftlicher Erscheinungen und ihrer Konsequenzen<br />

für Wirtschaft, Gesellschaft und das politische System zu<br />

fördern, ist ein Ziel der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>. Die folgenden Stichworte<br />

mögen Hinweise auf Prioritäten geben. Doch sollen sie nicht<br />

davon abhalten, auch andere innovative Projekte zu unterbreiten.<br />

Im Mittelpunkt der Förderung sollen interdisziplinär und empirisch<br />

angelegte Projekte stehen. Dies betrifft zum einen die Teilgebiete<br />

der Wirtschaftswissenschaft wie beispielsweise Volkswirtschaftslehre,<br />

Betriebswirtschaftslehre, Ökonometrie, Wirtschaftsgeschichte,<br />

zum anderen die Nachbardisziplinen wie etwa Soziologie, Rechtswissenschaft<br />

und Politische Wissenschaften. Vorzug genießen Studien<br />

mit einer soliden theoretischen Grundlage, einer überzeugenden<br />

Überprüfung mit Hilfe anspruchsvoller Verfahren der empirischen<br />

Wirtschaftsforschung und wirtschaftspolitisch gehaltvollen, innovativen<br />

Schlussfolgerungen. International vergleichende Forschungen<br />

sind besonders willkommen.<br />

Themen für gesamtwirtschaftliche Analysen können sich beispielsweise<br />

auf die EU-Erweiterung, die internationale Migration, die institutionellen<br />

Regelwerke etwa auf dem Arbeitsmarkt und die Herausforderungen<br />

an die Systeme der sozialen Sicherung beziehen. Einzelwirtschaftliche,<br />

insbesondere betriebswirtschaftliche Studien können<br />

unter anderem Finanzmarktanalyse oder Aspekte aus dem Bereich der<br />

„Corporate Governance“ zum Inhalt haben, wohingegen die üblichen<br />

Befragungen von Unternehmen nur ausnahmsweise gefördert werden.<br />

Enge Bezüge zu den Wirtschaftswissenschaften weisen etwa das<br />

Arbeitsrecht und das Wettbewerbsrecht auf, die Soziologie kann wichtige<br />

Beiträge zu Erwerbsbiographien und die Politischen Wissenschaften<br />

zur Erklärung und Überwindung institutioneller Starrheiten liefern,<br />

um jeweils nur eines unter zahlreichen Beispielen aufzuführen.<br />

Prof. W. Franz und Dr. V. Steiner, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />

(ZEW), Mannheim, erhalten Fördermittel für das<br />

Projekt „Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg in Deutschland und<br />

Frankreich – Der Einfluss von bildungs- und familienpolitischen Maßnahmen<br />

im Vergleich“.<br />

In einer vergleichenden Analyse zwischen Deutschland und Frankreich<br />

wird der Zusammenhang zwischen individueller Qualifikation<br />

und dem daraus auf dem Arbeitsmarkt resultierenden Erfolg für<br />

Frauen und Männer untersucht. Da zum einen die nationalen Bildungssysteme<br />

erheblich voneinander abweichen, zum anderen Unterschiede<br />

in den Rahmenbedingungen bezüglich der Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf in beiden Ländern bestehen, sind unterschiedliche<br />

Auswirkungen auf die Ausbildungsentscheidung und


177<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />

das Erwerbsverhalten von Frauen und Männern zu erwarten. Eine<br />

mikroökonometrische Analyse des Bildungs- und Erwerbsverhaltens<br />

auf Basis von deutschen und französischen Individualdaten soll deshalb<br />

ermöglichen, Ansatzpunkte für eine effizientere Gestaltung der<br />

Bildungs- und Familienpolitik in Deutschland zu identifizieren.<br />

Zunächst wurden das deutsche und französische Bildungssystem<br />

miteinander verglichen, um eine Grundlage für das Verständnis beider<br />

Systeme in ihren institutionellen sowie kulturellen Merkmalen zu<br />

schaffen. Anschließend wurde eine Analyse der Bildungsstrukturen<br />

mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für Deutschland<br />

und der Enquête Emploi für Frankreich durchgeführt. In einem nächsten<br />

Schritt wurden die Einflussfaktoren des höchsten erreichten Bildungsniveaus<br />

in beiden Ländern untersucht und ein methodischer<br />

Rahmen für eine solche Analyse entwickelt. Die durchgeführten Untersuchungen<br />

zeigten, dass sich, trotz wesentlicher Unterschiede in<br />

der Gestaltung der Bildungssysteme und in der Verteilung der Bildungsabschlüsse,<br />

beide Länder in Bezug auf den Einfluss des familiären<br />

Hintergrunds erstaunlich ähnlich sind. Daran anknüpfend soll<br />

in einer weiteren Analyse die Auswirkung der Ausbildung auf die<br />

Arbeitsmarktaussichten in Deutschland und Frankreich verglichen<br />

werden. Ziel ist es, Erkenntnis über die relative Bewertung von Bildungsabschlüssen<br />

auf dem Arbeitsmarkt zu gewinnen.<br />

Um die Bewertung der im Laufe der Erwerbskarriere erworbenen<br />

Berufserfahrung in Deutschland zu ermitteln, wurde gefragt, inwieweit<br />

unterschiedliche Lohnprofile von Frauen und Männern durch<br />

zurückliegende Erwerbsunterbrechungen erklärt werden können. In<br />

einem weiteren Schritt wurde bei der Untersuchung diskontinuierlicher<br />

Erwerbsverläufe nach der Art der Unterbrechung unterschieden.<br />

Auf diese Weise konnten die jeweiligen Effekte auf den Lohn<br />

aufgrund von formalem Erziehungsurlaub, darüber hinausgehenden<br />

Erziehungsphasen, Arbeitslosigkeit und anderen Gründen identifiziert<br />

werden. Weiterhin wurde untersucht, welche Frauen ihre Erwerbstätigkeit<br />

nach der Geburt eines Kindes unterbrechen und welches<br />

die Einflussfaktoren für eine Unterbrechung in Deutschland<br />

sind. Im Anschluss an die Untersuchung der Determinanten der Inanspruchnahme<br />

von Erziehungsurlaub in Deutschland ist eine Analyse<br />

der entsprechenden Einflussfaktoren in Frankreich geplant. Zusätzlich<br />

soll untersucht werden, ob die steuerliche Behandlung des<br />

Einkommens im Ehegattensplitting oder Familiensplitting als negativer<br />

Anreiz auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen wirkt. Zu diesem<br />

Zweck sollen die Effekte einer Einführung des französischen Systems<br />

des Familiensplittings auf das Erwerbsverhalten in Deutschland,<br />

insbesondere von Frauen, simuliert werden.<br />

Im Berichtszeitraum sind folgende Publikationen erschienen:<br />

Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Erwerbspause kann teuer kommen.<br />

Einkommensverlust für Frauen. – In: EU magazin. 3/<strong>2001</strong>.<br />

S. 31/32.


Sozialtransfersysteme<br />

in<br />

Europa<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 178<br />

Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Die Folgekosten von Erwerbsunterbrechungen.<br />

– In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 71.<br />

<strong>2002</strong>. S. 83–94.<br />

Beblo, Miriam, und Elke Wolf: The wage penalities of heterogeneous<br />

employment biographies. An empirical analysis for Germany.<br />

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim:<br />

ZEW, <strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW working paper)<br />

Lauer, Charlotte: Educational attainment A French–German comparison.<br />

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim:<br />

ZEW, <strong>2001</strong>. 65 S. (ZEW Dokumentation; 01–02)<br />

Lauer, Charlotte: Family background, cohort and education. A<br />

French-German comparison. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />

– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 34 S. (ZEW discussion<br />

paper; 02–12)<br />

Lauer, Charlotte: A model of educational attainment. Application<br />

to the German case. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />

– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 31 S. (ZEW discussion paper;<br />

02–06)<br />

Weber, Andrea M.: Bestimmungsgründe der Inanspruchnahme<br />

von Erziehungsurlaub. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />

– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW mimeo).<br />

PD Dr. R. Schwager, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />

(ZEW), Mannheim, und Prof. G. Wagenhals, Institut für Volkswirtschaftslehre,<br />

Universität Hohenheim, erhielten für das Projekt „Sozialtransfersysteme<br />

in Europa: Ausgestaltung, Umverteilungseffekte<br />

und politökonomische Erklärungsansätze“ Fördermittel.<br />

Durch die ständig steigenden Sozialausgaben sowie die adversen Effekte<br />

von Sozialleistungen auf Arbeitsangebot und Wachstum geraten<br />

die europäischen Sozialsysteme zunehmend unter Druck. Entscheidend<br />

für die Sozialpolitik wird sein, ob die sozialen Sicherungssysteme<br />

ihr eigentliches Ziel, die Verminderung von Ungleichheit<br />

und Armut, erreichen. Es ist zu erwarten, dass die unterschiedlichen<br />

Ansätze zur sozialen Sicherung in Europa zu unterschiedlichen Ergebnissen<br />

im Hinblick auf die Umverteilung führen. Vor diesem Hintergrund<br />

sollen die Eigenschaften und die Verteilungswirkungen sozialer<br />

Sicherungssysteme in Europa untersucht und eine Basis für<br />

eine politökonomische Erklärung dieser Unterschiede erarbeitet<br />

werden. Das Projekt besteht aus drei Teilschritten:<br />

– Im ersten Teil des Projekts wurde eine Bestandsaufnahme und<br />

Klassifizierung der europäischen Sozialsysteme vorgenommen.<br />

Hinsichtlich der Einkommensersatzleistungen ist ein Trend weg<br />

von rein beitrags- bzw. einkommensabhängigen Leistungen zu einem<br />

Kombi-System aus beitrags- bzw. einkommensabhängigen<br />

Leistungen mit einer pauschalen Untergrenze festzustellen. Im<br />

Hinblick auf den Deckungsgrad ist eine Tendenz zur Ausweitung


179<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />

der Systeme auf Erfassung aller Arbeitnehmer und eines Teils der<br />

Selbständigen zu konstatieren. Die erstellten Klassifikationen sind<br />

hauptsächlich durch die Unterschiede in den Einkommensersatzsystemen<br />

determiniert. Die vielerorts befürchtete Konvergenz<br />

nach unten ist bisher nicht eindeutig festzustellen.<br />

– Im zweiten Teil wurde eine Analyse der Umverteilungseffekte<br />

durchgeführt. Dabei konnten sowohl für die Gesamtsysteme als<br />

auch für verschiedene Sozialversicherungszweige in den untersuchten<br />

europäischen Ländern unterschiedliche Wirkungen beobachtet<br />

werden. Die Analyse der distributiven Effizienz soll weiterhin<br />

Aufschluss darüber geben, wie sich die Berücksichtigung der<br />

für die Sozialleistungen aufgewandten Mittel bei den Berechnungen<br />

auswirkt. Diese Ergebnisse sollen mit den Resultaten des ersten<br />

Projektteiles verknüpft werden.<br />

– Im dritten Teil des Projektes schließlich sollen auf der Basis politökonomischer<br />

Modelle Hinweise darauf gewonnen werden, wie<br />

bestehende Unterschiede in den gewählten Sicherungsstrategien<br />

zu erklären sind.<br />

Zum Abschluss sollen Schlussfolgerungen für die politische Diskussion<br />

um die Vorteile und Schwächen verschiedener Sicherungsstrategien<br />

im Hinblick auf verteilungspolitische Ziele erarbeitet werden.<br />

Darüber hinaus sollen die Implikationen der Ausgestaltungsunterschiede<br />

für das Ziel einer harmonisierten europäischen Sozialpolitik<br />

diskutiert werden.<br />

PD Dr. A. Freytag, Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu<br />

Köln, wurden <strong>2001</strong> Mittel bewilligt für das Projekt „Technologieschocks,<br />

Konjunkturzyklus und Wachstumstrend: Implikationen für<br />

die Geldpolitik“.<br />

Die Konjunkturabschwächung in den USA und großen Teilen Europas<br />

hat, verbunden mit der Aktienbaisse, die Hoffnung zerstört, dass<br />

die „New Economy“ den Konjunkturzyklus abschaffen kann. Der<br />

Konjunkturabschwung in den USA Anfang <strong>2001</strong> zeichnete sich dadurch<br />

aus, dass am Ende des Aufschwungs keine steigenden Inflationsraten<br />

festgestellt werden konnten. Dies ist typisch für einen „investment-boom-and-bust-cycle“,<br />

wie er auch zu Ende des 19. und zu<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts aufgetreten ist. Die „Überinvestitionstheorien“<br />

(Hayek, Röpke, Wicksell, Cassel) erklären solche Konjunkturzyklen<br />

mit Schwankungen der Investitionen. Die Rolle des Geldes<br />

wird in diesem Prozess unterschiedlich betrachtet. Während Vertreter<br />

der monetären Überinvestitionstheorie Änderungen der Geldmenge<br />

als aktiv treibende Faktoren im Zyklus ansehen, geht die<br />

Schule der nichtmonetären Überinvestitionstheoretiker von einer<br />

eher passiven Rolle des Geldes aus. Insgesamt gehört die Rolle des<br />

Geldes im Konjunkturzyklus bis heute zu den umstrittensten Fragen<br />

der Makroökonomie.<br />

Technologieschocks<br />

und<br />

Geldpolitik


Gesundheit und<br />

Humankapital<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 180<br />

In den USA haben in den letzten Jahren zu hohe Erwartungen und<br />

ein übermäßiger Optimismus zu einer spekulativen Blase an den Finanzmärkten<br />

und zu „Überinvestitionen“ im realwirtschaftlichen<br />

Sektor geführt. Parallelentwicklungen sind bei der Entwicklung anderer<br />

bahnbrechender technologischer Neuerungen (Eisenbahn,<br />

Auto, Elektrizität) aufgetreten. Technologische Revolutionen bewirkten<br />

anscheinend eine überaus optimistische Erwartungshaltung<br />

gegenüber der Entwicklung der Unternehmensgewinne und Aktienkurse,<br />

die wiederum zu einer überhöhten Kreditgewährung, zu<br />

Überinvestitionen und einem ausgesprochenen Konsumoptimismus<br />

führten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt verringerten sich dann jedoch<br />

die Renditen der Investoren und die Unternehmen reduzierten<br />

ihre Investitionen, Konsumenten erhöhten ihre Ersparnisse und ein<br />

vorherrschender Optimismus wandele sich in einen dominierenden<br />

Pessimismus.<br />

Während einer solchen Entwicklung steht die Geldpolitik vor einer<br />

schwierigen Aufgabe. Sie muss die Frage beantworten, ob die Zentralbank<br />

eine Spekulationsblase identifizieren kann und wie sie darauf<br />

reagieren soll. Ist es der Zentralbank möglich, zu diagnostizieren,<br />

ob ein Technologieschock die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts<br />

dauerhaft erhöht und folglich der gleichgewichtige Realzins<br />

dauerhaft steigt? Ziel des Projektes ist es, diese Fragen näher zu untersuchen<br />

und zu analysieren, welches geldpolitische Konzept geeignet<br />

ist, um auf diese Herausforderung optimal zu reagieren.<br />

Prof. V. Ulrich, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität<br />

Greifswald, wurden <strong>2001</strong> Mittel für das Projekt „Gesundheitsnachfrage,<br />

Humankapitalakkumulation und endogenes Wachstum“<br />

bewilligt.<br />

Die Bedeutung der Gesundheit für die Bildung von Humankapital<br />

und damit für das ökonomische Wachstum soll untersucht werden.<br />

Damit sind sowohl ökonomische als auch medizinische und sozialpolitische<br />

Implikationen verknüpft.<br />

Der Zusammenhang zwischen Humankapital, dessen Akkumulation<br />

in der endogenen Wachstumstheorie eine zentrale Rolle für dauerhaftes<br />

Wachstum zukommt, und Gesundheit wurde bereits von Grossmann<br />

(1972) beschrieben. Das Wissen, über das ein Individuum verfügt,<br />

beeinflusst nach Grossmann seine Produktivität; der Gesundheitszustand<br />

beeinflusst hingegen die Zeit, die das Individuum auf<br />

Arbeits- sowie Freizeit und damit für die Produktion von Einkommen<br />

bzw. Erholung verwenden kann.<br />

Für das Forschungsprojekt sind die beiden Forschungsäste der Gesundheitsökonomie<br />

von besonderer Bedeutung: die Bedeutung medizinischer<br />

Leistungen als Produktionsfaktor im Gesundheitswesen<br />

und das Individuum als Produzent seiner Gesundheit. Beide Forschungsgebiete<br />

beschäftigen sich mit der Art und Weise wie Gesundheit<br />

„produziert“ wird. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge<br />

erscheint von unmittelbarer gesundheitspolitischer Relevanz, da die


181<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />

Gesundheitsproduktion die Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen<br />

determiniert. Aus der Überlegung, wie die eigene Gesundheit<br />

beeinflusst wird, ergibt sich die Frage, welchen Einfluss der individuelle<br />

Gesundheitszustand auf das Humankapital hat und durch<br />

welche Faktoren die Akkumulation des Humankapitals darüber hinaus<br />

bestimmt wird. Daraus folgt die weitere Frage, ob eine Verbesserung<br />

des Gesundheitszustandes und eine Erhöhung des Humankapitals<br />

die Produktivität des Produktionsfaktors Arbeit steigert.<br />

Der Zusammenhang zwischen Gesundheit, Länge und Qualität des<br />

Lebens sowie der endogenen Wachstumstheorie ist bis heute unzureichend<br />

erforscht. Ziel des Projektes ist, die theoretische Modellierung<br />

dieses Zusammenhangs weiterzuentwickeln und dazu Analysen<br />

mit Hilfe multivariater statistischer Verfahren durchzuführen.<br />

Für das Projekt „Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung USamerikanischer<br />

Konzepte des Corporate Restructuring auf Deutschland“<br />

erhielt Prof. A.-K. Achleitner, TU München, Fördermittel.<br />

In den letzten Jahrzehnten haben mehrere „Mergerwellen“ zur<br />

Schaffung von Konglomeraten geführt, deren Marktkapitalisierung<br />

zum Teil erheblich unter der aggregierten Summe der potenziellen<br />

Börsenwerte der einzelnen Unternehmensteile liegt. Man spricht in<br />

diesem Zusammenhang auch von einem „Holdingabschlag“ stark<br />

diversifizierter Unternehmen. Die konsequente Ausrichtung auf den<br />

Shareholder Value führt heute dazu, dass Unternehmensteile abgespalten<br />

und veräußert werden und sich nach Vollzug der Transaktion<br />

je nach Restrukturierungsmaßnahme in unterschiedlichem Maße frei<br />

am Markt für Eigenkapital bewegen können.<br />

In dem Forschungsvorhaben sollen Instrumente der Restrukturierung<br />

von „Ownership Relationships“ untersucht werden, die in der<br />

Vergangenheit in den USA zur Anwendung kamen und in Deutschland<br />

zunehmend auf Interesse stoßen. Es sind in erster Linie die folgenden<br />

Instrumente, die bei der unternehmenswertsteigernden<br />

Neustrukturierung von Eigentumsverhältnissen in Unternehmen mit<br />

konglomeraten Strukturen Anwendung finden:<br />

– Bei einem Sell-off werden Teile eines Unternehmens veräußert.<br />

– Im Zuge eines Equity Carve-outs werden Anteile an einer Tochtergesellschaft<br />

im Zuge einer Neuemission an die Börse gebracht.<br />

– Ein Spin-off bezeichnet ein Restrukturierungsinstrument, bei welchem<br />

die Aktien des abzuspaltenden Unternehmensteils ohne Gegenleistung<br />

an die bisherigen Aktionäre des Mutterunternehmens<br />

pro rata ausgegeben werden.<br />

– Bei einem Split-off wird den bisherigen Aktionären das Angebot<br />

gemacht, ihre Anteile am Mutterunternehmen im Zuge eines Aktientausches<br />

gegen Aktien der abgespaltenen Einheit einzutauschen.<br />

Corporate<br />

Restructuring


Wachstum in<br />

Transformationsländern<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 182<br />

– Ein Split-up stellt eine Aufspaltung des gesamten Unternehmens<br />

dar, bei der mindestens zwei selbständige Unternehmen entstehen,<br />

an denen die bisherigen Aktionäre Anteile erhalten.<br />

– Die Aktiengattung Tracking Stocks bildet die Performance einer<br />

bestimmten Geschäftseinheit im Unternehmen nach, wobei die<br />

Tracking-Stocks-Aktionäre ein auf diesen Teilbereich des Gesamtunternehmens<br />

beschränktes Anrecht auf Gewinnausschüttung<br />

haben, jedoch keinerlei Eigentumsrechte an der Teileinheit<br />

oder dem Gesamtunternehmen besitzen.<br />

Im Zuge der Überprüfung der US-amerikanischen Restrukturierungskonzepte<br />

auf Deutschland hat sich herausgestellt, dass insbesondere<br />

die Einstellung der Unternehmensführung zum Shareholder<br />

Value sowie die ökonomischen Umfeldbedingungen eines Unternehmens<br />

einen entscheidenden Einfluss auf die Anwendung und<br />

Anwendbarkeit der einzelnen Restrukturierungskonzepte haben.<br />

Hierbei sind insbesondere sozio-kulturelle, (kapital-)marktliche und<br />

politisch-rechtliche Umweltfaktoren von Bedeutung, die einer Anwendbarkeit<br />

eines Restrukturierungsinstruments förderlich sind<br />

bzw. entgegen stehen.<br />

Das vorläufige Ergebnis der Untersuchung ist, dass die ökonomischen<br />

Umfeldbedingungen in Deutschland tendenziell für die<br />

Durchführung von Sell-offs und Equity-Carve-outs förderlich sind,<br />

während Spin-offs, Split-offs und Split-ups sowie Tracking Stocks in<br />

Deutschland nur in komplizierten, mehrstufigen Transaktionen oder<br />

mit hohen Kosten durchgeführt werden können bzw. durch gesetzliche<br />

Regelungen nahezu unmöglich sind.<br />

Für das Projekt „Determinanten des Wachstums und der Wohlfahrt<br />

in Transformationsländern“ wurden Prof. S. Klasen, Universität München,<br />

und Prof. H.-W. Sinn, ifo-Institut für Wirtschaftsforschung,<br />

München, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> bewilligt.<br />

Die Transformationsländer sind nach dem Transformationsschock zu<br />

Beginn der 90er Jahre auf dem Weg zu modernen Industriestaaten.<br />

Nach Selowsky und Martin (1997) würde man erwarten, dass anfangs<br />

die verbesserte Reallokation von Ressourcen die primäre<br />

Wachstumsdeterminante ist. In der zweiten Transformationsphase<br />

wäre zu erwarten, dass als Hauptgründe für das Wachstum allmählich<br />

die Kapitalakkumulation und der technische Fortschritt an ihre<br />

Stelle treten. Ziel des Projektes ist es, die Determinanten des Wirtschaftswachstums,<br />

der Ungleichheit und des Wohlstandes in Transformationsländern<br />

empirisch zu untersuchen.<br />

Das Projekt besteht aus zwei Teilprojekten:<br />

Das Teilprojekt 1 soll die Wachstumsdynamik in Transformationsländern<br />

behandeln. Es soll untersucht werden, ob eine langfristige<br />

Wachstumsdynamik zu beobachten ist, die das Potential hat, die<br />

Wohlstandskluft zu den EU-Staaten einzuebnen. Darüber hinaus soll<br />

analysiert werden, ob sich bereits ein Wachstumsmuster eingestellt


183<br />

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />

hat, welches mit der neoklassischen Wachstumstheorie in Einklang<br />

steht, und welche Faktoren bisher das Wachstum getragen haben.<br />

Der zweite Teil des Projekts beschäftigt sich mit den Themen Ungleichgewicht,<br />

Wachstum und Wohlfahrt in den Transformationsländern.<br />

Bisher war im Transformationsprozess eine deutliche Vergrößerung<br />

der Ungleichgewichte zu beobachten, die erhebliche negative<br />

Einflüsse auf die Entwicklung der Wohlfahrt hat. In diesem<br />

Zusammenhang sollen zwei Fragen untersucht werden:<br />

– Wie hat sich Wachstum, Einkommensverteilung und Wohlfahrt in<br />

den Transformationsländern seit Mitte der 90er Jahre entwickelt?<br />

– Inwiefern fördert die sehr geringe anfängliche und jetzt noch immer<br />

moderate Ungleichheit (im Einkommen und auch geschlechtsspezifisch)<br />

das Wachstum in den Transformationsländern?<br />

Prof. W. Smolny, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Universität<br />

Bochum, erhielt Fördermittel für das Projekt „Wirkungen der Wirtschaftsförderung<br />

in Ostdeutschland auf die Produktivitätsanpassung<br />

nach der deutschen Vereinigung“.<br />

In den wirtschaftlichen Aufbau in Ostdeutschland sind seit der Wiedervereinigung<br />

jährlich 75 bis 100 Mrd. € geflossen. In Bezug auf die<br />

Angleichung der Lebensverhältnisse und die Förderung der Investitionen<br />

sind auch beachtliche Ergebnisse erzielt worden. Mehr als<br />

enttäuschend sind hingegen die Ergebnisse hinsichtlich Beschäftigung,<br />

Produktion und Produktivität. Diese Entwicklung ist wirtschaftspolitisch<br />

höchst brisant, denn auf Basis der Extrapolation der<br />

jetzigen Verhältnisse kann nicht mit der Konvergenz der ostdeutschen<br />

Wirtschaft gerechnet werden. Vielmehr ist zu befürchten, dass<br />

ein dauerhafter Bedarf für Transfers in Milliardenhöhe bestehen<br />

bleibt.<br />

Ziel des Projekts ist die Untersuchung der Gründe für die langsame<br />

Anpassung der Produktivität. Ausgangspunkt der theoretischen<br />

Analyse ist ein mikroökonomisches Modell des Investitions- und Innovationsverhaltens<br />

der Unternehmen. Auf der Basis des Modells<br />

werden Implikationen für die regionale und sektorale Entwicklung<br />

abgeleitet. Zentrale Themenbereiche sind die Produktivität der Investitionen,<br />

die Bedeutung der Qualifikationen von Arbeitskräften,<br />

die Folgen der Sektorstruktur und die Analyse der Standortwahl der<br />

Unternehmen.<br />

Im ersten Schritt wurde eine theoretische und empirische Analyse der<br />

ostdeutschen Produktivitätsanpassung vorgenommen. Diese erfolgte<br />

mit Hilfe eines Basisdatensatzes für Produktivität, Preise und Löhne,<br />

welcher auf Länder- und Sektorenebene zusammengetragen und für<br />

die EDV aufbereitet wurde. Anhand der Bundesländerdaten wurden<br />

empirische Untersuchungen vorgenommen, die eine Aufteilung der<br />

ostdeutschen Produktivitätsentwicklung auf Kapital-Arbeits-Substitution,<br />

Preisanpassung, zyklische Effekte und Konvergenz der Tota-<br />

Wirtschaftsförderung<br />

Ostdeutschland


len Faktorproduktivität ermöglichten. Dabei stellte sich heraus, dass<br />

nur ein kleiner Teil der ostdeutschen Produktivitätskonvergenz auf<br />

die Totale Faktorproduktivität zurückzuführen ist. Dies kann eine<br />

Verlangsamung des Produktivitätsanstiegs ab der Mitte der Neunziger<br />

Jahre erklären. Die Ergebnisse sind in einem ersten Arbeitspapier<br />

zusammengefasst, das im Mai <strong>2002</strong> auf der Tagung der DEGIT VII in<br />

Köln vorgestellt wurde, im Internet einzusehen unter http://<br />

www.ruhr-uni-bochum.de/agvwp1/forschung/forschungindex.htm.<br />

Im nächsten Schritt der Untersuchung stellt sich die Frage, ob die<br />

Produktivitätsanpassung bereits einen Gleichgewichtszustand erreicht<br />

hat. Später soll untersucht werden, welche wirtschaftspolitischen<br />

Instrumente am besten für die Verbesserung der wirtschaftlichen<br />

Lage in Ostdeutschland geeignet sind. Schließlich sollen die<br />

Implikationen der Ereignisse für das Vorgehen bei der Integration<br />

der osteuropäischen Länder im Rahmen der EU-Osterweiterung erarbeitet<br />

werden.<br />

Rechtswissenschaft<br />

RECHTSWISSENSCHAFT 184<br />

Die Rechtswissenschaft steht heute vor nur schwer miteinander zu<br />

vereinbarenden Aufgaben. Die klassische, systematisch-dogmatische<br />

Arbeit am Gesetzestext hat angesichts der Gesetzesflut und der<br />

Überfülle von Judikaten in einem Rechts- und Rechtswegestaat<br />

große praktische, aber auch wissenschaftliche Bedeutung. Die moderne<br />

Industriegesellschaft lässt die Konzentration allein auf Rechtsanwendung<br />

jedoch nicht mehr zu. Rechtspolitische Fragen drängen –<br />

etwa: Wie kann der Gesetzgeber seine Zwecke erreichen? Wo besteht<br />

überhaupt Regulierungsbedarf? Inwieweit tut Deregulierung<br />

(und damit verbunden Reregulierung) Not? Wie sollte das Zusammenspiel<br />

der Rechtssetzer, zu denen de facto längst auch das Bundesverfassungsgericht<br />

und die letztinstanzlichen Gerichte gehören,<br />

der verschiedenen Rechtsanwender und der Rechtswissenschaft ablaufen?<br />

Welche Sanktionen, rechtliche und außerrechtliche, versprechen<br />

Erfolg? Wie könnten Staatsaufsicht und self-regulation zusammenspielen?<br />

Dabei stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der<br />

Rechtswissenschaft zu anderen Disziplinen, namentlich zu den Wirtschaftswissenschaften,<br />

zur Politikwissenschaft, Rechts- und Staatsphilosophie<br />

und zur Soziologie. Bei alledem greift der klassische nationalstaatliche<br />

Rahmen für die Rechtsordnung und die Rechtswissenschaft<br />

heute allenthalben zu kurz. Kaum eine Rechtsmaterie ist<br />

mehr ohne Europarecht denkbar, das vorrangig ist und, wo es eingreift,<br />

auf nationale, systematisch-dogmatische Besonderheiten<br />

keine Rücksicht nehmen kann. Allerdings bietet das Europarecht<br />

keine flächendeckende Rechtsordnung, sondern ist schon nach dem<br />

Subsidiaritätsgrundsatz auf das Zusammenwirken mit den nationalen<br />

Rechtsordnungen und Rechtswissenschaft(en) angewiesen. Die<br />

Frage, wo die richtige Grenze zwischen europäischer und nationaler<br />

Regelung verläuft bzw. gezogen werden sollte, ist politisch, praktisch<br />

und wissenschaftlich ungelöst. Neben dem Europarecht ist das ei-


185<br />

RECHTSWISSENSCHAFT<br />

gentlich internationale und transnationale Recht, zumal in der Form<br />

zahlreicher Abkommen und angesichts internationaler Organisationen,<br />

denen Deutschland zugehört, wichtiger denn je. Das belegt zuletzt<br />

die WTO, die einen wichtigen Schritt hin zu einer Weltwirtschaftsordnung<br />

darstellt. Rechtsvergleichung ist längst zu einem<br />

Kerngebiet der Rechtswissenschaft geworden. Rechtsangleichung,<br />

etwa die Frage nach einem europäischen Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht,<br />

wird immer wichtiger.<br />

Institutioneller Wandel und Transformation vollziehen sich nicht nur<br />

in mittel- und osteuropäischen Ländern, sondern auch in Deutschland<br />

und den westlichen Industriestaaten, allen voran den USA, und<br />

stellen auch die Rechtswissenschaft vor ganz neue Herausforderungen.<br />

Gerichtliche, schiedsgerichtliche und andere Mechanismen für<br />

Streitbeilegung und Streitvermeidung sind gefordert.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> räumt solchen Projekten Priorität ein, die<br />

über klassische, innerdeutsche, systematisch-dogmatische Arbeit<br />

hinausgehen, also einzelne Gesetze, Rechtsgebiete, Disziplinen oder<br />

Staatsgrenzen überschreiten. Ob solche Untersuchungen eher privat-<br />

oder öffentlichrechtlich, eher materiell- oder verfahrensrechtlich<br />

oder z. B. dem Handels- und Wirtschaftsrecht, dem Umweltrecht<br />

oder anderen Rechtsgebieten zugehören, ist ohne Belang. Das heißt<br />

nicht, dass nur europarechtlich ausgreifende, rechtsvergleichende<br />

und interdisziplinäre Arbeiten gefördert würden. Aber Projekte, die<br />

Recht funktional untersuchen, genießen Vorrang: Die <strong>Stiftung</strong><br />

möchte einen Beitrag leisten zur Untersuchung von Recht in einer<br />

modernen, vielfältig international eingebundenen Industriegesellschaft.<br />

Für das Projekt „Informationsgesetzbuch“ von Prof. H. Garstka (Berlin),<br />

Prof. M. Kloepfer (Berlin, federführend seit Mitte <strong>2001</strong>) und Prof.<br />

F. Schoch (Freiburg) wurden weitere Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />

Das Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, die derzeitige Informationsordnung<br />

der Bundesrepublik Deutschland neu zu strukturieren, um<br />

sie an die bestehende technologische und gesellschaftliche Realität<br />

beim allgegenwärtigen Umgang mit Informationen anzupassen und<br />

einheitliche Maßstäbe für den rechtlichen Umgang mit neuen Entwicklungen<br />

des Informationsgeschehens zu schaffen. Es werden allgemeingültige<br />

Regeln und Prinzipien entwickelt, welche die Balance<br />

zwischen Informationsrestriktionsinteressen (Datenschutz) und Informationsfreiheitsinteressen<br />

(Informationszugang) herzustellen geeignet<br />

sind, und die den Vorgaben des Europa- und Völkerrechts<br />

entsprechen. Ziel der Arbeiten im Rahmen des Projekts ist es, einen<br />

ausformulierten wissenschaftlich begründeten Gesetzentwurf zur<br />

umfassenden Kodifikation des Informationsrechts zu schaffen.<br />

Das Projekt widmet sich zunächst dem Entwurf eines Allgemeinen<br />

Teils zum Informationsgesetzbuch. Grundlage ist die Analyse informationsbezogener<br />

Freiheitschancen und -risiken anhand empiri-<br />

Datenschutz


Grundrechte<br />

RECHTSWISSENSCHAFT 186<br />

scher Beobachtungen der technischen Entwicklungen und ihrer Einsatzmöglichkeiten<br />

im Verhältnis zu den bisherigen rechtlichen Gegebenheiten.<br />

Dabei wird im technischen Bereich beispielsweise die<br />

allgegenwärtige Nutzung von Chipkarten ebenso berücksichtigt wie<br />

etwa die Möglichkeiten der Kryptographie, im gesellschaftlichen Bereich<br />

die Reformdiskussion zum Datenschutzrecht, die Vorhaben eines<br />

Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes und eines Verbraucherinformationsgesetzes<br />

ebenso wie die Orientierung auf Selbstregulierung<br />

und Selbstschutz. Die weitverzweigten informationsbezogenen<br />

Einzelregelungen des Landes-, Bundes-, Europa- und Völkerrechts<br />

zum Datenschutz-, Medien-, Rundfunk-, Presse-, Post- und<br />

Telekommunikationsrecht und vieler weiterer Rechtsgebiete werden<br />

auf ihnen zugrundeliegende verallgemeinerbare Grundsätze untersucht,<br />

die Eingang in den Allgemeinen Teil finden.<br />

Bereits fertiggestellt ist der Abschnitt „Zugang zu staatlichen Informationen“<br />

mit einer systematischen Einführung, ausformulierten Paragraphen<br />

und einer Begründung, der als eigenständiger Entwurf eines<br />

Informationsfreiheitsgesetzes einen Beitrag zum aktuellen Gesetzgebungsverfahren<br />

leisten kann, als Publikation vorliegend unter:<br />

Schoch, Friedrich; Michael Kloepfer; unter Mitw. von Hansjürgen<br />

Garstka. Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE). Entwurf eines<br />

Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland.<br />

– Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 342 S. (Beiträge zum Informationsrecht;<br />

Bd. 1).<br />

Ebenfalls fertiggestellt sind einzelne Abschnitte des Datenrechts, so<br />

„Rechte der betroffenen Personen“, „Datenschutzstellen“, „Selbstregulierung“,<br />

„Datensicherheit“.<br />

In der Bearbeitung finden sich Abschnitte zum allgemeinen Datenverkehr,<br />

zum staatlichen Informationsverhalten, zu Statistiken und<br />

Registern des Bundes, zum Geheimnisschutz, zum technischen<br />

Selbstschutz und zum grenzüberschreitenden Datenverkehr.<br />

An der Finanzierung des Projekts ist auch der Stifterverband für die<br />

Deutsche Wissenschaft beteiligt.<br />

Prof. D. Merten, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

Speyer, und Prof. H.-J. Papier, Universität München, Präsident<br />

des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe, erhalten von der <strong>Stiftung</strong><br />

Fördermittel für das Projekt „Handbuch der Grundrechte in Deutschland<br />

und Europa“.<br />

Das Handbuch wird den Grundrechtsbestand ausgewählter europäischer<br />

Staaten wie auch der Europäischen Gemeinschaft unter besonderer<br />

Berücksichtigung der deutschen Grundrechte aufbereiten und<br />

wechselseitige Einflüsse im Interesse eines „Jus Commune Europaeum“<br />

aufhellen. Die letzte Gesamtdarstellung der Grundrechte in<br />

Deutschland und Europa – von Bettermann, Neumann, Nipperdey<br />

u. a. herausgegeben – ist in den Jahren 1954 bis 1966 erschienen.


187<br />

RECHTSWISSENSCHAFT<br />

Das Handbuch soll den Lesern aus Wissenschaft und Praxis eine verlässliche<br />

Bestandsaufnahme der Grundrechte in Deutschland und<br />

Europa zur Verfügung stellen. Es soll Ursprung, Inhalt und Entwicklung<br />

der geltenden Grundrechte wiedergeben, dadurch die wissenschaftliche<br />

Diskussion anregen sowie die für die Rechtsanwendung<br />

benötigten Grundlagen bieten.<br />

Gegliedert ist in das Handbuch sechzehn Hauptteile: Auf die geschichtliche<br />

Entwicklung und die Grundlagen folgen die Allgemeinen<br />

Lehren deutscher Grundrechte sowie deren Einzeldarstellungen.<br />

Sodann werden die europäischen und internationalen Grundrechte<br />

behandelt. Hieran schließt sich die Darstellung der Grundrechte<br />

in den europäischen Staaten an.<br />

Das Handbuch ist auf ca. 7.500 Seiten in neun Bänden angelegt.<br />

Band I soll im Spätsommer 2003 erscheinen. Die Herausgeber werden<br />

durch einen wissenschaftlichen Beirat unterstützt, dem sechs<br />

deutsche und fünf ausländische Staatsrechtslehrer angehören. In der<br />

Vorbereitungsphase wurde ein Forschungskolloquium über „Aktuelle<br />

Probleme der Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland und<br />

Österreich“ gefördert, das auch Grundrechtsdogmatik und Grundrechtsschutz<br />

behandelte.<br />

Prof. H.-W. Rengeling, Institut für Europarecht, Universität Osnabrück,<br />

erhält weitere Mittel für das Projekt „Schutz der Grundrechte<br />

als allgemeine Rechtsgrundsätze in der Europäischen Union“.<br />

Das Projekt basiert auf Vorarbeiten von Prof. Rengeling im Rahmen<br />

eines von ihm erstellten Rechtsgutachtens im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft mit dem Titel „Grundrechtsschutz in der<br />

Europäischen Gemeinschaft. Bestandsaufnahme und Analyse der<br />

Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Schutz der<br />

Grundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze“.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass der Grundrechtsschutz durch den<br />

Europäischen Gerichtshof nach wie vor ein brisantes Thema ist. Es<br />

bestehen große Unsicherheiten, wie die Gewährleistungsinhalte von<br />

Grundrechten in der Europäischen Union aussehen bzw. aussehen<br />

könnten. Bei fortschreitender Integration verdichten sich die Probleme,<br />

nicht zuletzt im Hinblick auf die geplante Osterweiterung der<br />

Gemeinschaft. Der Grundrechtsschutz wird nach zutreffender Einschätzung<br />

von Karlsruhe nach Luxemburg verlagert, und zwar auch<br />

im Hinblick auf die außerordentlich umfangreiche Richtliniengesetzgebung<br />

der Gemeinschaft.<br />

Ziele des Projektes sind:<br />

– Ermittlung der Gewährleistungsinhalte von Grundrechten, die<br />

vom Europäischen Gerichtshof als allgemeine Rechtsgrundsätze<br />

geschützt werden<br />

Grundrechtsschutz


Staatsrecht<br />

RECHTSWISSENSCHAFT 188<br />

– Ermittlung der Gewährleistungsinhalte einzelner Grundrechte in<br />

der Europäischen Union im Verhältnis zu den Grundfreiheiten des<br />

EG-Vertrages<br />

– Überprüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit bisher „faktisch“<br />

die Inhalte von Grundrechten durch Normen geschützt werden,<br />

die die Gemeinschaft erlassen hat (Sekundärrecht)<br />

– Verhältnis der Grundrechte innerhalb der Europäischen Union zu<br />

den Grundrechten der Europäischen Menschenrechtskonventionen<br />

– Vertiefung der „allgemeinen Grundrechtslehren“ (Funktionen der<br />

Grundrechte) auf Gemeinschaftsebene.<br />

Angesichts der Entwicklungen durch den Amsterdamer Vertrag und<br />

vor allem durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union<br />

haben sich erhebliche Veränderungen ergeben, so dass die Basis<br />

durch die Ausgangsstudie von 1993 nur sehr eingeschränkt verwendbar<br />

ist. Insbesondere ist auch die Literatur im Hinblick auf die<br />

Grundrechtscharta einzuarbeiten. Ein weiteres wichtiges Feld sind<br />

auch die Fragen zur Abgrenzung von Zuständigkeiten von<br />

EuGH/EuGHMR sowie zu den Zuständigkeiten des Bundesverfassungsgerichts.<br />

Prof. em. K. Stern, Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre,<br />

Universität zu Köln, wurden Fördermittel bewilligt für den Abschluss<br />

des von ihm verfassten Handbuchs „Staatsrecht der Bundesrepublik<br />

Deutschland, Band IV“.<br />

Im Rahmen dieses Werkes von Prof. Stern erschienen bisher die<br />

Bände I und II, welche die staatsrechtlichen Grundlagen und den organisatorischen<br />

Teil der Verfassung behandeln, die Bände III/1 und<br />

III/2 mit den allgemeinen Grundrechtslehren und Band V, der die<br />

historischen Grundlagen und die Wiedervereinigung Deutschlands<br />

umfasst. Band IV wird die einzelnen Grundrechte behandeln und soll<br />

das Gesamtwerk damit als in sich geschlossene Darstellung aus einem<br />

Konzept vollenden.<br />

Bisher gibt es zwar nicht wenige Staatsrechtslehrbücher, welche sich<br />

den einzelnen Grundrechten widmen, diese sind jedoch Werke kürzeren<br />

oder mittleren Umfangs. Neben den großen Grundrechtskommentaren<br />

existiert bisher kein umfassendes Werk nach den Ideen<br />

und der Grundkonzeption eines Verfassers.<br />

Es ist hier nicht beabsichtigt, den vielen Einzeldarstellungen der<br />

Grundrechte in Monographien, Lehrbüchern oder Kommentaren<br />

eine neue hinzuzufügen, vielmehr soll die Darstellung sich konzentrieren<br />

auf die jeweiligen Grundaussagen der Grundrechte und ihre<br />

Interpretation in der Gesamtrechtsordnung.<br />

Dabei wird eine Begrenzung des Umfangs des Bandes IV auf 1000<br />

bis 1200 Buchseiten mittels einer neuartigen Konzeption angestrebt,<br />

welche stärker auf Querschnittsdarstellungen als auf die Behand-


189<br />

RECHTSWISSENSCHAFT<br />

lung der einzelnen Grundrechtsartikel in jeweils einem Paragraphen<br />

abzielt. So sollen beispielsweise im Unterabschnitt „Schutz der<br />

Rechtsstellung des Individuums“ wesentliche Fragen zum Status des<br />

Menschen wie Staatsangehörigkeit, Wehrpflicht und Zivildienst zusammengefasst<br />

werden, die gemeinhin getrennt erklärt werden. Unter<br />

„Schutz der Persönlichkeit und Privatsphäre“ sollen wichtige<br />

Aspekte aus Art. 1 und 2 sowie Art. 10 und 13 GG unter einem Oberthema<br />

dargestellt werden.<br />

In allen Paragraphen wird überdies das Europäische Grundrechtssystem<br />

einbezogen, und es lassen sich gegebenenfalls rechtsvergleichende<br />

Grundrechtsaspekte der Verfassungen anderer Länder<br />

berücksichtigen.<br />

Prof. J.-M. Jehle, Juristisches Seminar, Universität Göttingen, wurden<br />

Mittel bewilligt für das Projekt „Die Funktion der Staatsanwaltschaft<br />

im Kriminaljustizsystem – ein europäischer Vergleich“.<br />

Ziel des Projektes ist es, durch vergleichende Untersuchung der<br />

Staatsanwaltschaften verschiedener europäischer Länder ihre nationale<br />

Rolle und Funktion innerhalb des Kriminaljustizsystems zu verstehen<br />

sowie Gemeinsamkeiten und wichtige Unterschiede herauszuarbeiten.<br />

Dadurch sollen Möglichkeiten aber auch Probleme der<br />

zum Teil bereits angebahnten europäischen Entwicklung ausgelotet<br />

werden sowohl in Bezug auf Harmonisierung als auch auf die geplante<br />

supranationale Staatsanwaltschaft (Eurojust).<br />

Um diese Ziele zu erreichen, wird das Projekt die Staatsanwaltschaften<br />

aus zwei Perspektiven untersuchen:<br />

– Aus kriminologischer Sicht. Hierbei wird die Staatsanwaltschaft als<br />

Teil des Kriminaljustizsystems als Ganzes betrachtet – ein System,<br />

das unter erheblichem Druck steht, mit ständig ansteigenden Fallzahlen<br />

fertig zu werden und in dem die staatsanwaltschaftliche<br />

Ebene immer mehr zum entscheidenden (ent)kriminalisierenden<br />

Stadium wird. Dies umfasst auch die organisations-soziologische<br />

Fragestellung, wie die Staatsanwaltschaften mit steigenden Fallund<br />

Verfahrenszahlen umgehen, indem sie ihre Arbeitsbelastung<br />

durch vereinfachte Methoden und Verfahren reduzieren.<br />

– Aus rechtswissenschaftlicher Sicht wird die Verlagerung der Kompetenzen<br />

auf die staatsanwaltschaftliche Ebene kritisch untersucht<br />

– unter den Aspekten des Legalitäts- und Opportunitätsprinzips,<br />

der Verfahrensgarantien und des Schutzes der Menschenrechte<br />

des Angeklagten.<br />

Die Studie wird durch ein Netzwerk von Experten aus unterschiedlichen<br />

europäischen Ländern (einschließlich Beitrittskandidaten der<br />

EU) unterstützt. Die Göttinger Projektbearbeiter werden mit Partnerinstitutionen<br />

in England und Wales, Frankreich, den Niederlanden,<br />

Polen und Schweden zusammenarbeiten, um die nötigen landesspezifischen<br />

Informationen zu erhalten. Auf diese Weise erarbeitet die<br />

Untersuchung eine Basis für die Entwicklung von Harmonisierungs-<br />

Staatsanwaltschaften<br />

in Europa


Strafjustiz<br />

und Medien<br />

RECHTSWISSENSCHAFT 190<br />

vorschlägen, aber auch für supra-nationale Lösungen der Zukunft,<br />

wo sie für erforderlich gehalten werden. Gleichzeitig wendet sich die<br />

Studie einem viel zu wenig erforschten Gebiet zu, das indes immer<br />

mehr zur zentralen Entscheidungsebene des sich wandelnden Justizsystems<br />

wird – mit weitreichenden Konsequenzen für die Gesellschaft<br />

und die grundlegenden Prinzipen eines Rechtsstaats.<br />

Für das Projekt „Strafjustiz und Medien“ wurden Prof. B.-D. Meier,<br />

Fachbereich Rechtswissenschaften, Universität Hannover, Fördermittel<br />

bewilligt.<br />

Die Möglichkeiten und Grenzen gesetzlicher Regelungen im Überschneidungsbereich<br />

von Strafjustiz und Medien sollen ausgelotet<br />

werden. Innerhalb des vorhandenen Systems von Straf- und Strafprozessrecht<br />

sollen hierzu anhand von ausgewählten Einzelproblemen<br />

Strukturen möglicher Lösungsansätze aufgezeigt werden.<br />

Zunächst werden zentrale Bestimmungsmerkmale des Verhältnisses<br />

zwischen Justiz und Medien betrachtet. Trotz unterschiedlicher Zielsetzungen<br />

und Öffentlichkeitsfunktionen beider Sphären ergeben<br />

sich erhebliche Berührungspunkte, welche eine Klärung des wechselseitigen<br />

Verhältnisses geboten erscheinen lassen.<br />

Auch Medien erfüllen eine öffentliche Aufgabe, die durch verfassungsrechtliche<br />

und gesetzliche Regelungen abgesichert ist. Daneben<br />

übt ihre Berichterstattung in vielfältiger Weise erheblichen faktischen<br />

Einfluss auf strafrechtliche Ermittlungen und Verfahren aus.<br />

Umgekehrt sind Fälle der Nutzung von Medien durch Angehörige<br />

der Strafjustiz oder zu Fahndungszwecken zu beobachten.<br />

Aus dem wechselseitigen Bezugsverhältnis von Medien und Strafjustiz<br />

erwachsen allerdings auch sensible Konfliktfelder. Dem justiziellen<br />

Anliegen nach Klärung eines Sachverhaltes und dem Schutz<br />

von Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten steht häufig<br />

das mediale Interesse an öffentlichkeitswirksamer Präsentation und<br />

weitreichender Berichterstattung entgegen. Lösungsansätze für eine<br />

Klärung sind bislang primär durch das Handeln der beteiligten Akteure<br />

bestimmt, bedürfen aber eines verbindlichen rechtlichen Rahmens.<br />

Folgende rechtliche Regelungen sind in diesem Bereich bereits vorhanden:<br />

der verfassungsrechtliche Rahmen; gesetzliche Grundlagen,<br />

die aber oft unspezifisch bleiben; Regelungen unterhalb der gesetzlichen<br />

Ebene, insbesondere Richtlinien für Straf- und Bußgeldverfahren<br />

sowie für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, die Rechtsprechung<br />

der Zivilgerichte sowie eigenverantwortliche Richtlinien der Medien<br />

(wie beispielsweise der „Pressekodex“).<br />

Insgesamt zeichnet sich die aktuelle rechtliche Situation aber dadurch<br />

aus, dass verbindliche und zugleich spezifische rechtliche<br />

Maßstäbe weitgehend fehlen. Insbesondere ist eine gesetzliche<br />

Grundlage für die Zusammenarbeit von Strafverfolgungsorganen<br />

und Medienvertretern nicht vorhanden.


191<br />

RECHTSWISSENSCHAFT<br />

Klärungsbedürftig sind vor allem folgende Themen:<br />

– die Rolle der Öffentlichkeit in einzelnen Verfahrensstadien,<br />

– die Bedeutung von Verfahrensbeteiligten als Personen der Zeitgeschichte,<br />

– Auskunftserteilung gegenüber den Medien,<br />

– Verletzungen der Unschuldsvermutung durch Medien,<br />

– Fernseh- und Filmaufnahmen aus der Hauptverhandlung sowie<br />

ihrem Umfeld,<br />

– Mitteilung von personenbezogenen Informationen aus Strafakten,<br />

– Strategien zur Verhinderung von Fehlverhalten,<br />

– Aspekte des Verletztenschutzes sowie<br />

– die Überwachung von Medienvertretern durch die Strafjustiz.<br />

Ziel ist die Erstellung eines Entwurfes, der – soweit möglich – in Form<br />

von Gesetzen oder Leitsätzen ausformuliert ist.<br />

Für das Forschungsvorhaben „Gesamtkodifikation eines einfachen<br />

und gerechten Steuergesetzbuches“ von Prof. P. Kirchhof, Institut für<br />

Finanz- und Steuerrecht, Universität Heidelberg, wurden Fördermittel<br />

bewilligt.<br />

Das Projekt setzt sich zur Aufgabe, die gegenwärtige Vielfalt und<br />

Widersprüchlichkeit des geltenden Steuerrechts durch eine einheitliche<br />

Kodifikation zu ersetzen. Es ist vorgesehen, die Fülle von mehr<br />

als 100 Einzelgesetzen in einem Gesetzbuch zusammenzufassen, die<br />

36 Bundessteuern auf vier zurückzusetzen und die ausufernde Vielfalt<br />

der Steuerprinzipien in der Systematik eines Allgemeinen Teils<br />

zusammenzufassen.<br />

Das Steuerrecht in Deutschland muss als nicht mehr verständlich und<br />

einsichtig bezeichnet werden. Eine Vielzahl von Interventionstatbeständen,<br />

Steuersubventionen und gesetzlichen Formulierungsmängeln<br />

hat die sachgerechten Prinzipien der Besteuerung – insbesondere<br />

des Einkommens- und Körperschaftssteuerrechts – so verfremdet,<br />

dass der steuerliche Belastungsgrund wenig ersichtlich, für den<br />

Zahlungspflichtigen nicht mehr berechenbar, für die Planer kaum<br />

noch voraussehbar ist.<br />

So hindert etwa ein unverständliches und widersprüchliches Einkommenssteuergesetz<br />

den Steuerpflichtigen daran, seine Steuererklärungspflichten<br />

ordnungsgemäß zu erfüllen, obwohl er seine Erklärung<br />

strafbewehrt zu vertreten hat. Einzelne Steuern haben überdies<br />

ihre Belastungs- und Finanzfunktion nahezu eingebüßt; so ist<br />

etwa die Gewerbesteuer fast zu einem bloßen Instrument des Finanzausgleichs<br />

geworden.<br />

Steuerrecht


Umwelt und<br />

Bauleitplanung<br />

RECHTSWISSENSCHAFT 192<br />

Auch die Einbettung des deutschen Staates und der Wirtschaftssubjekte<br />

in Deutschland in einem weltoffenen Markt begründet einen<br />

dringenden Reformbedarf. So wird etwa die Abstimmung der jeweiligen<br />

Besteuerungshoheit unter den Staaten mittels bilateraler Abkommen<br />

zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) durch die<br />

gegenwärtige Entwicklung mit grundsätzlich neuen Fragen konfrontiert,<br />

da beispielsweise die internationale Zuordnung von Einkünften<br />

aus elektronischen Dienstleistungen im Bereich des e-business bislang<br />

kaum gelöst sei.<br />

Möglicherweise ließen sich hier durch sachgerechte Besteuerung<br />

grenzüberschreitender Sachverhalte nach nationalem Gesetz die<br />

Doppelbesteuerungsabkommen zurückdrängen.<br />

Im Hinblick auf Vereinheitlichungstendenzen auf europäischer<br />

Ebene besteht zur Bewahrung deutscher Besteuerungsprinzipien die<br />

Notwendigkeit, die einsichtigen und verallgemeinerungsfähigen<br />

Grundgedanken im geltenden Recht von Verfremdungen und Überwucherungen<br />

durch Lenkungs- und Interventionsbestände wieder<br />

zu befreien und sie so für den Export nach Europa tauglich zu machen.<br />

Deshalb wird die zu entwickelnde reformierte Kodifikation die 105<br />

Bundesgesetze in einem Steuergesetz zusammenfassen und 36 Bundessteuern<br />

auf vier reduzieren:<br />

– eine Einkommensteuer (einschließlich Körperschaftsteuer)<br />

– eine Umsatzsteuer<br />

– eine Erbschaftsteuer (einschließlich Schenkungsteuer)<br />

– eine Sonderverbrauchsteuer auf verschiedene Verbrauchsteuervorgänge.<br />

Diese sind sodann auf der Grundlage eines vorangestellten Allgemeinen<br />

Teils, der Belastungsprinzipien und –verfahren regelt, so in<br />

der Gesamtkodifikation zusammenzufügen, dass Widersprüche ausgeräumt,<br />

Einzelbelastungen in einer Gesamtsteuerlast aufeinander<br />

abgestimmt, Formulierungsmängel in einer einheitlichen Terminologie<br />

behoben und die steuerlichen Belastungsgründe einsichtig und<br />

planbar vermittelt werden.<br />

Gesondert zu regeln sind dabei die Ober- und Untergrenzen der<br />

Steuerbelastung, das Zusammenwirken verschiedener Steuern in einer<br />

Steuerkonkurrenz- und Steuerkollisionsregel, die Inpflichtnahme<br />

Privater für die Steuerverwaltung und das Zusammenwirken<br />

der Steuerrechtsordnung mit dem Europarecht und den Doppelbesteuerungsabkommen.<br />

Prof. W. Erbguth, Ostseeinstitut für Seerecht und Umweltrecht, Universität<br />

Rostock, arbeitet mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> an dem Projekt<br />

„Möglichkeiten und Grenzen der Harmonisierung und Vernetzung<br />

der umweltrechtlichen Anforderungen in der Bauleitplanung“.


193<br />

POLITIKWISSENSCHAFT<br />

Das Recht der Europäischen Gemeinschaften erlangt zunehmende<br />

Bedeutung für die Bauleitplanung und erzwingt insbesondere im Bereich<br />

der umweltbezogenen Anforderungen vielfältige Änderungen<br />

des nationalen Rechts. Das Vorhaben soll die in der Bauleitplanung<br />

zu berücksichtigenden umweltbezogenen Aspekte aufzeigen, Möglichkeiten<br />

der Vernetzung der verschiedenen umweltrelevanten Gesichtspunkte<br />

herausarbeiten und diesbezüglich Vorschläge unterbreiten<br />

sowie untersuchen, wo die dergestalt zu systematisierenden<br />

und harmonisierenden umweltrechtlichen Anforderungen an die<br />

Bauleitplanung am sinnvollsten zu integrieren sind.<br />

Das Recht der Bauleitplanung wird in zunehmendem Maße durch<br />

das europäische Umweltrecht beeinflusst. Dies gilt insbesondere für<br />

Rechtsakte des gebietsbezogenen Umweltschutzes, aber auch für<br />

Regelungen des flächenbezogenen Umweltschutzes. Schließlich<br />

werden von der am 27.06.<strong>2001</strong> erlassenen Richtlinie des Europäischen<br />

Parlamentes und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen<br />

bestimmter Pläne und Programme gewichtige Wirkungen<br />

für das Recht der Bauleitplanung ausgehen.<br />

Ansatzpunkte für die Untersuchung sind folgende Themenbereiche:<br />

– Harmonisierung und Abschichtung der UVP für Projekte mit der<br />

Umweltprüfung für Pläne und Programme<br />

– Integration der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sowie<br />

der Verträglichkeitsprüfung nach §§ 34, 35 BNatSchG in das Verfahren<br />

der UVP bzw. Umweltprüfung.<br />

Ziel des Projektes ist es, Vorschläge für eine bessere Handhabbarkeit<br />

des Planungsrechts zu entwickeln. Hierbei können drei Lösungen in<br />

Betracht kommen:<br />

– Regelung im Rahmen des in der Diskussion befindlichen Umweltgesetzbuches,<br />

in das umweltplanungsrechtliche Materien einbezogen<br />

werden können<br />

– Verankerung der umweltrelevanten Aspekte im BauGB<br />

– stärkere Systematisierung und Harmonisierung der Materie in<br />

den vorhandenen Rechtsquellen.<br />

Politikwissenschaft<br />

Unter den Fragen, denen sich die Politikwissenschaft im Übergang<br />

vom 20. in das 21. Jahrhundert gegenübersieht, hat die nach der Zukunft<br />

des demokratischen Verfassungsstaates besonderen Rang.<br />

Sein Anspruch, auf die Dauer das einzig legitime Modell politischer<br />

Ordnung in der modernen Welt zu sein, ist durch das zu Ende gehende<br />

Jahrhundert bekräftigt worden. Aber die Gegenfrage, ob er<br />

nicht doch das voraussetzungsreiche Produkt einer spezifischen Kultur<br />

sei, ist noch keineswegs definitiv beantwortet. Es könnte sein,<br />

dass der weltweite Prozess der Erosion der Bestandsbedingungen


Bürgerengagement<br />

POLITIKWISSENSCHAFT 194<br />

nicht-demokratisch organisierter Herrschaft und der Prozess des<br />

Aufbaus der Voraussetzungen für den demokratisch-verfassungsstaatlichen<br />

Modus der Politik zwei ganz verschiedene Dinge sind.<br />

Auch ist die Frage offen, wie sich der demokratische Verfassungsstaat<br />

gegenüber den neuartigen Herausforderungen bewähren wird,<br />

vor denen er schon steht oder demnächst stehen wird. Welche Möglichkeiten<br />

wenn nicht der Steuerung gesellschaftlicher Entwicklungen<br />

so doch der Einflussnahme auf gesellschaftliche Entwicklungen<br />

hat Politik der demokratisch-verfassungsstaatlichen Spielart in der<br />

Welt des 21. Jahrhunderts? Wie wird sie umgehen mit dem wachsenden<br />

Problemdruck beispielsweise der Umweltkrise? Wie wird sie fertig<br />

mit der außerordentlichen Beschleunigung, auch der Intensität,<br />

mit der Prozesse des sozialen Wandels ablaufen, von denen dramatischen<br />

demographischen Entwicklungen bis zum „Wertewandel“?<br />

Und wie verändern diese Prozesse die Rahmenbedingungen, die<br />

Handlungsmöglichkeiten der Politik? Ebenso dringlich ist die Frage,<br />

wie die Politik, die gerade als demokratisch verfasste Politik an umgrenzte<br />

Räume gebunden bleibt, mit der zunehmenden Erosion der<br />

Bedeutung territorialer Grenzen zurecht kommt. Einfacher gefragt:<br />

Wie lässt sich in entgrenzten Räumen noch regieren?<br />

Es ist denkbar, dass unterschiedliche Ausprägungen des demokratischen<br />

Verfassungsstaates unterschiedlich gut mit den Herausforderungen<br />

umzugehen vermögen, die zu bestehen sind. Das ist eine<br />

Frage, die das besondere Interesse der vergleichenden Forschung<br />

verdient. In jedem Fall ist es wahrscheinlich, dass das Ensemble von<br />

Institutionen und Regeln, das den demokratischen Verfassungsstaat<br />

ausmacht, einem gesteigerten Entwicklungsdruck ausgesetzt sein<br />

wird. Die Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit dieses Typus von<br />

politischer Ordnung ist deshalb ein Thema, auf das viele Fragestellungen<br />

hinführen. Dabei kommt über die empirische Forschung hinaus<br />

auch die politische Philosophie ins Spiel, insofern es nämlich notwendig<br />

zu jeder Weiterentwicklung des demokratischen Verfassungsstaates<br />

gehört, sich stetig der Legitimitätsbedingungen demokratischer<br />

Politik zu vergewissern.<br />

Es ist dieser Gesamtkomplex von Fragen, dessen Bearbeitung durch<br />

die Politikwissenschaft die <strong>Stiftung</strong> insbesondere unterstützen möchte.<br />

Mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> arbeiten Prof. O. W. Gabriel und A. Vetter,<br />

Abteilung für politische Systeme und politische Soziologie, Institut<br />

für Sozialwissenschaften, Universität Stuttgart, an einem Forschungsvorhaben<br />

zum Thema „Bürgerschaftliches Engagement, soziales<br />

Kapital und Demokratie. Ein deutsches und internationales<br />

Forschungsprojekt“.<br />

Gegenwärtig bestimmen die Konzepte „Bürgerschaftliches Engagement“<br />

und „Sozialkapital“ die Diskussion über die Zukunft der Demokratie<br />

in der westlichen Welt. In Wissenschaft und politischer Praxis<br />

werden vor allem zwei Gründe für die Aufwertung des bürgerschaftlichen<br />

Engagements als Handlungsressource moderner Gesell-


195<br />

POLITIKWISSENSCHAFT<br />

schaften genannt: Zum einen stehen die westlichen Wohlfahrtsstaaten<br />

vor neuen Anforderungen (durch veränderte Altersstrukturen,<br />

Zunahme grenzüberschreitender Migration, veränderte Arbeitsmarktstruktur),<br />

vor deren Hintergrund sich ehrenamtliche soziale<br />

Tätigkeit in Freiwilligenorganisationen zu einem wichtigen Faktor<br />

des gesellschaftlichen Zusammenlebens in ökonomischer und sozialer<br />

Hinsicht entwickeln kann. Zum anderen wird die Integrationskapazität<br />

von sozialem Kapital hervorgehoben. Mit Hilfe eines lebendigen<br />

Vereinslebens lernen die Bürger, einander zu vertrauen und erfolgreich<br />

zu kooperieren.<br />

In der empirischen Forschung wurden jedoch die in der Sozialkapital-Debatte<br />

vorgetragenen Argumente bisher noch nicht überzeugend<br />

belegt. Lediglich eine der theoretischen Annahmen scheint bislang<br />

unumstritten: Die erwarteten positiven Folgen des Sozialkapitals<br />

für eine Demokratie entwickeln sich vorzugsweise in denjenigen<br />

Handlungskontexten, in denen die meisten sozialen Interaktionen<br />

stattfinden: auf der lokalen Ebene.<br />

Das Projekt ist Teil eines seit 1999 von der European Science Foundation<br />

(ESF) finanzierten internationalen Forschungsprojektes zum<br />

Thema „Citizenship, Involvement, Democracy“ (CID). Das Ziel des<br />

Projektes besteht darin, das Entstehen, die Verteilung und die politischen<br />

Effekte von sozialem Kapital (verstanden als bürgerschaftliches<br />

Engagement, soziales Vertrauen und gemeinschaftsbezogene<br />

Werte und Normen) im Rahmen einer international vergleichenden<br />

Studie empirisch zu untersuchen. Eine deutsche Repräsentativbefragung<br />

zu diesem Thema, von Jan van Deth und Sigrid Roßteutscher<br />

(Universität Mannheim) durchgeführt und finanziell von der DFG<br />

unterstützt, wurde im Februar <strong>2001</strong> abgeschlossen. Eine solche Repräsentativbefragung<br />

kann aber nicht auf alle Aspekte des Problemkomplexes<br />

eingehen. Sie liefert keine hinreichend detaillierten Informationen<br />

über den theoretisch wichtigen organisatorischen Kontext,<br />

innerhalb dessen sich die soziale Beteiligung vollzieht.<br />

Zur Erhebung dieser Kontextdaten werden im Rahmen des hier geförderten<br />

Teilprojektes Organisations- und Mitgliederstudien durchgeführt,<br />

die Aufschlüsse darüber geben sollen, ob und unter welchen<br />

Umständen bestimmte Organisationsgruppen tatsächlich Einfluss<br />

auf die Einstellungen und Verhaltensweisen ihrer Mitglieder ausüben<br />

und welcher Art diese Einflüsse sind. Sie ermöglichen außerdem<br />

Rückschlüsse darauf, wie sich Einstellungs- und Verhaltensmuster<br />

durch den Kontext erklären lassen, in denen Freiwilligenorganisationen<br />

tätig werden. Dazu dienen Gemeindestudien in fünf<br />

Städten und Gemeinden Ost- und Westdeutschlands. Entsprechende<br />

Studien wurden bereits in Mannheim (und Aberdeen) von einer ESF-<br />

Forschergruppe durchgeführt, ebenso in der Schweiz, Großbritannien<br />

und Spanien. Dasselbe Design kommt nun in einer weiteren<br />

Großstadt in den neuen Bundesländern (Chemnitz, als Vergleichsstadt<br />

zu Mannheim) sowie in jeweils einer Mittelstadt und einer<br />

Landgemeinde in den alten und neuen Bundesländern zum Einsatz.


Parteien in<br />

Mittel- und<br />

Osteuropa<br />

POLITIKWISSENSCHAFT 196<br />

Die Auswahl der Gemeinden erfolgte nach dem most-similar-case-<br />

Design. In der Organisationsstudie werden sämtliche Freiwilligenorganisationen<br />

in den ausgewählten Städten und Gemeinden erfasst.<br />

Auf der Basis dieser Totalerhebung werden anschließend aktive Mitglieder<br />

jeweils typischer Organisationen über ihre Einstellungen und<br />

ihr Verhalten befragt. Im Einzelnen sollen die folgenden Probleme<br />

untersucht werden:<br />

– Welche Typen von gesellschaftlichen Organisationen und welche<br />

Beziehungsgeflechte zwischen ihnen finden sich in den untersuchten<br />

Städten und Gemeinden?<br />

– Wie beeinflussen unterschiedliche Typen von Organisationen und<br />

deren organisatorische Merkmale die Produktion von Sozialkapital<br />

im Sinne von Vertrauen, Bürgertugenden, Solidarität, usw.?<br />

– Welche Rolle spielt die Größe des Ortes bei der Produktion von<br />

Sozialkapital bzw. bei der Integration gesellschaftlicher Gruppen<br />

und Organisationen in den politischen Prozess?<br />

– Führen unterschiedliche historisch-kulturelle Eigenschaften des<br />

Umfeldes, in dem die Organisationen operieren, wie sie sich z. B.<br />

in den alten und neuen Bundesländern manifestieren, in dieser<br />

Hinsicht zu signifikanten Unterschieden?<br />

Seit 1999 fördert die <strong>Stiftung</strong> das Projekt „Parteienwettbewerb, freie<br />

Wahlen und die Entwicklung neuer Parteiensysteme in Mittel- und<br />

Osteuropa II“ von Prof. H.-D. Klingemann, Wissenschaftszentrum<br />

Berlin für Sozialforschung.<br />

Das Projekt betrachtet die Entstehung und Konsolidierung der Parteiensysteme<br />

in den neuen Demokratien Mittel- und Osteuropas.<br />

Dazu werden von ausgewiesenen Wissenschaftlern dieser Länder<br />

die nationalen Parlamentswahlen nach einem vergleichbaren Leitfaden<br />

analysiert. Die Ergebnisse werden in der Reihe „Founding Elections<br />

in Eastern Europe“ publiziert. Im Anhang der Bände werden<br />

das Parteien- und das Wahlgesetz in einer englischen Fassung dokumentiert<br />

und auf repräsentative Wahlumfragen hingewiesen, die der<br />

akademischen Öffentlichkeit für Sekundäranalysen zur Verfügung<br />

stehen. Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt die hierzu erforderlichen<br />

Fachkonferenzen und Publikationsvorbereitungen.<br />

Im Berichtszeitraum wurde an den folgenden Einzelprojekten gearbeitet:<br />

– Die Arbeiten an dem Band zu den Wahlen in der Tschechischen<br />

Republik, herausgegeben von Zdenka Mansfeldová, wurden abgeschlossen.<br />

– Die Editierung des Manuskripts für den Band „Elections in Macedonia“<br />

(Svetomir Skaric) ist abgeschossen.<br />

– Das Manuskript zu den Wahlen in Albanien (Kosta Barjaba) wird<br />

ediert.


197<br />

POLITIKWISSENSCHAFT<br />

– Die Kapitel des Bandes „Elections in Latvia“, herausgegeben von<br />

Andris Runcis, werden von den Autoren überarbeitet.<br />

– Vom 21.– 23. Juni <strong>2002</strong> fand an der European University, Sankt<br />

Petersburg, Russland, eine Konferenz der Autoren des zweiten<br />

Bandes über Wahlen in Russland statt. Die Reihenherausgeber beginnen<br />

mit der Editierung des bereits vorliegenden Manuskripts.<br />

Die bisher mit Hilfe der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> veröffentlichte Reihe<br />

zu den Wahlen in Mittel- und Osteuropa ist damit auf neun Bände<br />

angewachsen. Informationen zu den Bänden sind unter http://www.<br />

wz-berlin.de/siv/iw/founding_elections.de.htm zugänglich.<br />

Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />

Slovenia between continuity and change, 1990–1997. Analyses,<br />

documents and data. Niko Tosˇ, Miheljak Vlado [eds.]; Wissenschaftszentrum<br />

Berlin für Sozialforschung. – Berlin: Ed. Sigma,<br />

<strong>2002</strong>. – 242 S. (Founding elections in Eastern Europe).<br />

Für das Projekt „Parteien in Indien: formelle und institutionelle<br />

Aspekte ihrer gesellschaftlichen Verankerung“ wurden Prof. J. Betz,<br />

Deutsches Übersee-Institut, Hamburg, Mittel bewilligt.<br />

Das Vorhaben untersucht am Beispiel Indiens die Frage, ob sich Parteien<br />

in Entwicklungsländern mit demokratischen Traditionen denen<br />

in westlichen Industriestaaten angleichen oder ob sie unterschiedliche<br />

Funktionsweisen entwickeln. Im besonderen soll dabei geprüft<br />

werden, ob Parteien die ihnen üblicherweise zugeschriebenen Funktionen<br />

in einer anderen Zusammensetzung und Intensität wahrnehmen<br />

und in welcher Weise ihre Anbindung an die Gesellschaft geleistet<br />

wird. Insgesamt soll damit das westeuropäische Referenzmodell<br />

der Parteienforschung kritisch hinterfragt und durch einen möglicherweise<br />

besser geeigneten Ansatz ersetzt werden.<br />

Zwei übergreifende Forschungsperspektiven stehen im Zentrum:<br />

– die parteipolitische Durchdringung der indischen Gesellschaft sowie<br />

– der parteipolitische Einfluss auf das Regierungshandeln.<br />

Konkreter betrachtet werden sollen in Bezug auf den erstgenannten<br />

Komplex der Rückhalt der Parteien in der Bevölkerung, die Stärke<br />

und der Wandel der institutionellen Strukturen, die Widerspiegelung<br />

gesellschaftlicher Konfliktlinien, die Interessenaggregation durch<br />

Parteien sowie der sozioökonomische Hintergrund von Parteiführern,<br />

Amtsträgern und Mitgliedern und die Ausprägung der innerparteilichen<br />

Demokratie.<br />

Der zweitgenannte Komplex umfasst im Einzelnen den Grad der Entscheidungsfindung<br />

durch gewählte Politiker, das Ausmaß des Einflusses<br />

von Parteien auf Inhalte des Regierungshandelns und die Rekrutierung<br />

von Entscheidungsträgern, den Umfang der Kompensa-<br />

Parteien<br />

in Indien


Demokratische<br />

Verfassungsstaaten<br />

POLITIKWISSENSCHAFT 198<br />

tion formaler Schwächen durch informelle Praktiken sowie die Abhängigkeit<br />

des „Mix“ aus formalen und informellen Elementen von<br />

der sozioökonomischen Entwicklung.<br />

Die Umsetzung des Vorhabens wird sich auf drei indische Distrikte<br />

und drei Unionsstaaten konzentrieren, in denen durch teilnehmende<br />

Beobachtung, Erfassung von Dokumenten und intensive Befragung<br />

die forschungsleitenden Themen behandelt werden. Insbesondere<br />

durch Teilnahme an Parteiversammlungen sowie durch Interviews<br />

und Gespräche mit Funktionären und Mitgliedern sollen Struktur,<br />

Entscheidungsverfahren, Kandidatenrekrutierung, innerparteiliche<br />

Demokratie, programmatische Ausrichtung und der Einfluss auf die<br />

Regierung erfasst werden. Kernpunkt ist die Beschreibung der organisatorischen<br />

Realität indischer Parteien auf lokaler, Distrikts-, Landes-<br />

und nationaler Ebene. Als Untersuchungsobjekte werden die<br />

Kongresspartei, die BJP und die kommunistische CPI-M (Communist<br />

Party of India – Marxist) ausgewählt, da diese Gruppierungen über<br />

eine nationale Verbreitung und eine relativ straffe Struktur verfügen.<br />

Prof. E. Jesse, Fachgebiet Politikwissenschaft, Technische Universität<br />

Chemnitz, wurden <strong>2002</strong> Fördermittel bewilligt für das Projekt „Demokratische<br />

Verfassungsstaaten. Institutionelle Grundform und Policy-Leistungen“.<br />

Das Projekt setzt sich ein zweifaches Ziel. Zum einen sollen vergleichend<br />

die Strukturen, Funktionen und spezifischen Probleme von<br />

sechs institutionellen Grundformen der Demokratie analysiert werden;<br />

zum zweiten soll die Frage geklärt werden, ob ein empirischer<br />

Zusammenhang zwischen diesen Grundformen und den Leistungen<br />

einer Demokratie in den Feldern Freiheit, (innere) Sicherheit und<br />

(wirtschaftliche) Wohlfahrt besteht.<br />

Die institutionellen Grundformen ergeben sich zunächst aus dem<br />

Unterschied zwischen parlamentarischen, präsidentiellen sowie präsidentiell-parlamentarischen<br />

Regierungssystemen.<br />

Diese Kategorisierung soll mit verschiedenen Ausprägungen des<br />

Wahlsystems in Bezug gesetzt werden. Hierzu wird ein Mehrheitsbzw.<br />

Majorzsystem, in dem alle Mandate eines Wahlkreises an die<br />

siegreiche Partei/Kandidaten gehen, von einem Verhältnis- bzw.<br />

Proporzsystem unterschieden, in dem die Mandate anteilig nach dem<br />

Stimmenerfolg verteilt werden.<br />

Durch die Kombination der Demokratieformen und der Wahlsysteme<br />

entstehen sechs institutionelle Grundformen: die parlamentarische,<br />

die präsidentielle sowie die parlamentarisch-präsidentielle Variante<br />

der Mehrheits- und der Proporzdemokratie. Diese sind zunächst auf<br />

Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin zu untersuchen; zudem soll<br />

analysiert werden, ob sich in der Regierungspraxis Tendenzen zur<br />

Annäherung oder Entfernung der einzelnen Grundformen erkennen<br />

lassen.


199<br />

POLITIKWISSENSCHAFT<br />

In einem zweiten Schritt soll versucht werden, einen Zusammenhang<br />

zwischen diesen Grundformen und den Leistungen politischer Systeme<br />

in den Bereichen Freiheit, Wohlfahrt und (innere) Sicherheit zu<br />

ergründen und damit einen Beitrag zur Frage nach der „besten“<br />

Form der Demokratie zu offerieren.<br />

Zur Operationalisierung der Politikfelder sollen zunächst verschiedene<br />

internationale Datensammlungen mit empirischen Indikatoren<br />

herangezogen werden. So werden im Bereich der Freiheit Bürgerund<br />

politische Rechte identifiziert. Im Hinblick auf die Wohlfahrt<br />

sind das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf sowie die Arbeitslosenquote<br />

und Inflationsrate zentrale Messgrößen. Die Dimension der Sicherheit<br />

kann daran abgelesen werden, dass politisch motivierte Gewalt<br />

und Aufstände fehlen, dass die Zahl der Gewaltdelikte Mord- und<br />

Totschlag sowie die des Eigentumsdeliktes Einbruch gering ist.<br />

Im Anschluss sollen 40 Länder nach den einzelnen institutionellen<br />

Grundformen kategorisiert und dann auf die erstellten Indikatoren<br />

hin überprüft werden. Die Auswahl bezieht Länder von mindestens<br />

500.000 Einwohnern ein, die zwischen 1945 und 2000 eine mehr als<br />

25jährige demokratische Praxis aufweisen können.<br />

Dr. M. Brzoska, Bonn International Center for Conversion (BICC),<br />

Bonn, erhielt im Bewilligungszeitraum Fördermittel für das Projekt<br />

„The implementation of arms embargoes – analytical foundations for<br />

improving their effectiveness (Die Umsetzung von Waffenembargos<br />

– analytische Grundlagen zur Verbesserung ihrer Wirksamkeit)“.<br />

Zur Frage der Wirksamkeit von Waffenembargos sollen systematische<br />

Grundlagen erarbeitet werden. Dafür soll ein analytischer Rahmen<br />

erstellt und empirisch getestet werden, der verschiedene Elemente<br />

in Bezug auf eine effektive Durchsetzung von Embargos enthält.<br />

Hierzu gehören:<br />

– die aktuellen Beziehungsgeflechte des Waffentransfers,<br />

– der Typ und die Art des sanktionierten Verhaltens,<br />

– die Entscheidungsfindung innerhalb des (vom Embargo) betroffenen<br />

Landes oder der betroffenen Ländergruppe,<br />

– die Identifizierung innenpolitischer Akteure, die Gewinne oder<br />

Verluste von Embargos zu erwarten haben und<br />

– die Umsetzung von Embargos durch waffenliefernde Staaten.<br />

Insgesamt wird in pragmatischer Absicht versucht, eine Verbesserung<br />

der Durchführung gezielter Sanktionen, speziell von Waffenembargos,<br />

zu erreichen, um damit zu einer Verhinderung oder einer<br />

Beendigung von gewalttätigen Konflikten und von Kriegen beizutragen.<br />

Die erkenntnisleitende Hypothese lautet, dass wirksame Sanktionsmechanismen<br />

in hohem Maße von der Fähigkeit abhängen, Anreize<br />

Waffenembargos


Informationstechnologien<br />

in Tansania<br />

POLITIKWISSENSCHAFT 200<br />

und Hemmnisse zu schaffen, die sowohl in den Zielländern (von Embargos)<br />

als auch in den Versorgerländern (mit Waffen) greifen. Davon<br />

ausgehend wird versucht, in Form eines analytischen Rahmens<br />

Bedingungen zu formulieren, unter denen Embargos gelingen können.<br />

Der Rahmen soll in der empirischen Beobachtung durch Fallstudien<br />

auf seine Relevanz hinsichtlich folgender Elemente überprüft werden:<br />

– den Instrumenten von Waffenembargos: hier sollen die Diskussionen<br />

über die Wirkungsebenen von Waffenembargos und die Logistik<br />

des Waffennachschubs untersucht werden;<br />

– den Zielstaaten (von Embargos): in diesem Feld sind die Ökonomie<br />

der Schwarzmärkte, der Wandel im militärischen Verhalten<br />

und die inländische Waffenproduktion zu analysieren;<br />

– den Waffen liefernden Staaten: hier stehen die Beteiligung dieser<br />

Staaten an einem Embargo, die ökonomischen und politischen Kosten<br />

dieser Staaten sowie ihre rechtlichen Instrumente zur Durchsetzung<br />

eines Embargos im Zentrum des Interesses.<br />

Das Vorhaben wird durch ein kleines Forschungsteam von jüngeren<br />

Wissenschaftlern und erfahrenen Experten am Bonn International<br />

Center for Conversion (BICC) in Bonn in Zusammenarbeit mit Prof.<br />

George Lopez, Kroc Institute an der University of Notre Dame, durchgeführt.<br />

Am Partnerinstitut in den USA wird parallel zu anderen Formen<br />

von Embargos (Wirtschaftsembargos, Reisebeschränkungen)<br />

geforscht.<br />

Für das Projekt „Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

(IKTs) in Afrika. Die Bedeutung von IKTs im Entwicklungsprozess<br />

Tansanias“ wurden Prof. C. Jakobeit, Institut für Afrika-Kunde, Hamburg,<br />

Fördermittel bewilligt.<br />

Die Bedeutung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

(IKTs) für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Tansania soll<br />

untersucht werden. Dabei stehen enormen Entwicklungschancen,<br />

die durch technologische Errungenschaften geboten werden, erhebliche<br />

Risiken gegenüber, die sich in einer zunehmenden digitalen<br />

Kluft zwischen Nord und Süd äußern.<br />

Es sollen wesentliche Probleme einer breiteren Nutzung von IKTs,<br />

Strategien zu deren Überwindung sowie Bedingungen einer nachhaltigen<br />

Informationsinfrastruktur herausgearbeitet werden. Diese<br />

Aufgabe stellt zwar nur eine Komponente innerhalb der gesamten<br />

Entwicklungsproblematik dar, zugleich wird ihr aber eine zentrale<br />

Rolle zur Lösung umfassender Probleme zugeschrieben.<br />

Tansania bietet für eine derartige Untersuchung günstige Voraussetzungen,<br />

die sich insbesondere in politischer und gesellschaftlicher<br />

Stabilität, anhaltender wirtschaftlicher Neuorientierung sowie in einsetzenden<br />

Reformen innerhalb des Telekommunikationssektors


201<br />

POLITIKWISSENSCHAFT<br />

äußern. Die Erarbeitung einer Einzelfallstudien wird einem komparativen<br />

Vorgehen vorgezogen; allerdings sollen den gewonnenen Erkenntnissen<br />

Referenzentwicklungen gegenübergestellt werden. Damit<br />

will sich das Projekt von den bislang dominierenden theorielastigen,<br />

spekulativen und einseitig makroökonomisch geprägten Studien<br />

absetzen.<br />

Bisher fehlen empirische, länderspezifische und kontextabhängige<br />

Analysen sowie Fakten zu Anwendungsmöglichkeiten, Nutzeranalysen<br />

und Folgewirkungen der Technologie. Zudem ist bislang trotz<br />

allgemeiner Maßnahmenkataloge und unverbundener Politikempfehlungen<br />

keine kohärente Strategie generiert worden.<br />

Für das Projekt ist ein Zugang auf vier Ebenen vorgesehen:<br />

– den globalen und regionalen – afrikaspezifischen – Strukturen<br />

und Charakteristika,<br />

– den Leitbildern einer Sektorstrategie der tansanischen Regierung,<br />

– den Akteuren und Entscheidungsprozessen innerhalb der tansanischen<br />

Sektorpolitik,<br />

– den Anwendungsmöglichkeiten und Nutzergruppen und deren<br />

Auswirkungen auf die Entwicklungsbilanz.<br />

Insgesamt sollen damit die Entstehungs- und Gestaltungsprozesse<br />

tansanischer IKT-Politik durch einen akteurs- und handlungsbezogenen<br />

Analyserahmen untersucht werden. Hierzu wird ein dreiteiliger<br />

Forschungsansatz gewählt, welcher die Elemente internationales<br />

Umfeld, nationale Sektorpolitik sowie Entwicklungen und Perspektiven<br />

der IKT-Nutzung enthält.<br />

Prof. G. Göhler, Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, FU<br />

Berlin, und Prof. H. Buchstein, Institut für Politikwissenschaft, Universität<br />

Greifswald, wurden Mittel bewilligt für das Projekt „Ernst<br />

Fraenkel – eine politische Biographie“.<br />

Projektziel ist die Erstellung einer politischen Biographie Ernst Fraenkels,<br />

eines führenden Vertreters der deutschen Politikwissenschaft<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg. Hierzu sollen auf der Grundlage zusammengetragener<br />

Materialien und gezielter Recherchen die Zusammenhänge<br />

zwischen lebensgeschichtlichen Ereignissen und dem<br />

Werk herausgearbeitet werden. Insbesondere soll untersucht werden,<br />

wie inhaltliche Positionen mit unmittelbaren Lebenserfahrungen<br />

korrespondierten. Dabei wird davon ausgegangen, dass Fraenkel<br />

als Grundbeispiel eines deutschen Intellektuellen jüdischer Herkunft<br />

gelten kann.<br />

Eine geschlossene Darstellung seines Lebens fehlt jedoch bislang.<br />

Bis auf einzelne Versatzstücke liegt auch keine Autobiographie vor.<br />

Forschungslücken bestehen bei wesentlichen Stationen des Lebens<br />

von Fraenkel. Da die Vita Fraenkels von heftigen Brüchen geprägt<br />

Ernst Fraenkel


Ernst Fraenkel<br />

Lecture Series<br />

POLITIKWISSENSCHAFT 202<br />

war, ist es zudem wichtig, sich eingehender mit zentralen Wendepunkten<br />

zu befassen.<br />

Ungeklärt ist insbesondere die Bedeutung seiner religiösen und kulturellen<br />

Prägung in der Kindheit und Jugend, die Rolle seiner<br />

Schwester, seine Erfahrungen während der Kriegszeit und der Novemberrevolution,<br />

seine anwaltliche Tätigkeit in enger Verbindung<br />

mit der Gewerkschaftsbewegung und die Mitgliedschaft in der Sozialdemokratie<br />

sowie die Verfolgung und der Widerstand im Dritten<br />

Reich. Diese lebensgeschichtlichen Zusammenhänge sind in enger<br />

Verknüpfung mit seinem politischen Denken zu betrachten, das zu<br />

jener Zeit noch deutlich marxistisch beeinflusst gewesen ist.<br />

Die sich anschließende Zeit der Emigration in die USA und die dort<br />

auf ihn einwirkenden Einflüsse bedürfen ebenfalls einer vertieften<br />

Beschäftigung. Schließlich ist über die unmittelbar nach dem Kriege<br />

erfolgte Tätigkeit für die US-Regierung in Korea und die dortigen<br />

Versuche einer Demokratisierung zu forschen.<br />

Die Rückkehr nach Deutschland und die hierfür maßgeblichen Motive<br />

sowie die dann erfolgende Hinwendung zur Politischen Wissenschaft<br />

bilden einen weiteren wesentlichen Teil der Forschungsarbeit.<br />

Die Tätigkeit Fraenkels an der Berliner Deutschen Hochschule für<br />

Politik bzw. später an der Freien Universität, seine Rolle und Status<br />

im inneruniversitären Leben sowie sein wissenschaftliches wie persönliches<br />

Umfeld bedürfen schließlich einer detaillierteren Klärung.<br />

Im Sinne einer politischen Biographie sollen weiterführende Fragen<br />

zum Verständnis des Wirkens und Denkens Fraenkels, insbesondere<br />

nach den identitätsstiftenden Momenten, behandelt werden. Seine<br />

politischen wie auch fachlichen Umorientierungen bilden hierfür einen<br />

wesentlichen Hintergrund. Es ist darauf hinzuweisen, dass Fraenkel<br />

selbst versucht hat, dabei sein persönliches Schicksal auszublenden<br />

und allein durch seine Arbeiten politischen Wandel zu bewirken.<br />

Das Vorhaben folgt insgesamt einer historisch-chronologischen Linie.<br />

Parallel zu einzelnen Lebensphasen sollen theoretische Arbeiten<br />

Fraenkels gegengeblendet werden; zudem sollen Erinnerungen<br />

und/oder Biographien anderer Personen mit einem ähnlichen<br />

Schicksal einbezogen werden.<br />

Das Projekt wird sich vor allem auf die Edition der Gesammelten<br />

Schriften Fraenkels stützen, die unter Leitung der Projektleiter erstellt<br />

wurde.<br />

Studenten, Wissenschaftler und eine USA-interessierte Öffentlichkeit<br />

will die Ernst Fraenkel Lecture Series ansprechen, die unter der<br />

Leitung von Prof. C.-L. Holtfrerich am John F. Kennedy-Institut für<br />

Nordamerikastudien (Freie Universität Berlin) mit zwei bis vier Vorträgen<br />

je Semester stattfindet.<br />

Für diese sowohl vom Präsidium der Freien Universität Berlin als<br />

auch von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> geförderte Vorlesungsreihe


203<br />

SOZIOLOGIE<br />

konnten international renommierte Wissenschaftler gewonnen werden.<br />

Die Palette der Themen ist breit gefächert: neben den Schwerpunkten<br />

Politik-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften auch solche<br />

aus Kultur-, Literatur- und Geschichtswissenschaften.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

Novick, Peter: Is the Holocaust an American memory? – In: Ernst<br />

Fraenkel Vorträge zur amerikanischen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft,<br />

Geschichte und Kultur. 8. <strong>2002</strong>. S. 1–19.<br />

Suleiman, Susan Rubin: History, memory, and moral judgement in<br />

documentary film. On Marcel Ophul’s hotel terminus: The life and<br />

times of Klaus Barbie. – In: Ernst Fraenkel Vorträge zur amerikanischen<br />

Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte und Kultur. 8.<br />

<strong>2002</strong>. S. 21–61.<br />

Soziologie<br />

Seit ihrer Entstehung versteht sich die Soziologie als Schlüsseldisziplin<br />

der modernen Industriegesellschaft. Der Wandel der Industriegesellschaft<br />

stellt die Soziologie daher vor besondere Herausforderungen.<br />

Der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> möchte in dieser Umbruchperiode<br />

insbesondere sozialwissenschaftliche Forschungsvorhaben fördern,<br />

die den Wandel von der Arbeits- zur Wissenschaftsgesellschaft zum<br />

Thema haben und Ausblicke auf künftige Entwicklungen der Industriegesellschaft<br />

eröffnen. Dieser Wandel soll in all seinen Auswirkungen<br />

untersucht werden, die nicht nur die Arbeitswelt, sondern beispielsweise<br />

auch biographische Karrieren, Veränderungen familialer<br />

Strukturen und Umbrüche der Mentalitäten sowie Innovationen der<br />

Lebensstile und der Lebensführung betreffen. Dazu gehören Untersuchungen<br />

zu neuen Formen der Erwerbsarbeit und der Berufswege<br />

ebenso wie Wandlungen traditioneller Biographiemuster und des<br />

Freizeitverhaltens. Von Bedeutung wären Analysen zum Wandel der<br />

Geschlechterbeziehungen, die sich durch den Wertzuwachs bestimmter<br />

Tätigkeitsfelder ergeben (Kindererziehung, Altenpflege,<br />

Betreuungsaktivitäten) sowie Untersuchungen zur Veränderung der<br />

Generationenbeziehungen, die sich heute aufgrund dramatischer<br />

demographischer Umbrüche unübersehbar wandeln. Erwünscht<br />

wären Studien, die sich dem Umbau der traditionalen Arbeitsgesellschaft<br />

zur Wissensgesellschaft widmen, in der die Schaffung neuen<br />

Wissens, dessen intelligente Nutzung und schnelle Anwendung von<br />

vorrangiger Bedeutung sind. Aufmerksamkeit sollte neuen Prozessen<br />

des Lehrens und Lernens gewidmet werden, die traditionale Sozialisationsagenturen<br />

von der Schule bis zur Universität verändern;<br />

wir stehen vor entscheidenden Revisionen der Didaktik und der Curricula.<br />

Im Bereich der Soziologie räumt die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> Projekten<br />

eine hohe Priorität ein, die unser Verständnis des sozialen Wandels


Europa<br />

Wohlfahrtsentwicklung<br />

SOZIOLOGIE 204<br />

in der Gegenwart mit Blick auf die Gesellschaft der Zukunft befördern<br />

könnten.<br />

Prof. W. Zapf und Dr. R. Habich, Abteilung Sozialstruktur und Sozialberichterstattung,<br />

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung<br />

(WZB), Berlin, erhalten Mittel für das Projekt „Wohlfahrtsentwicklung<br />

in Beitrittsländern zur Europäischen Union“.<br />

Die Sozialberichterstattung hat sich lange Zeit auf die eigene Bevölkerung<br />

konzentriert. Mit dem politischen und wirtschaftlichen Zusammenwachsen<br />

Europas stellt sich die Frage, ob Europa auch sozial<br />

zusammenwächst. Im Projekt wird deshalb die Wohlfahrtsentwicklung<br />

zweier Beitrittsländer zur Europäischen Union, Sloweniens und<br />

Ungarns, im Vergleich zu Deutschland, Schweden und Spanien als<br />

EU-Referenzländern mit unterschiedlichem Modernisierungsgrad<br />

untersucht. Unter Wohlfahrt werden objektive Lebensbedingungen,<br />

subjektives Wohlbefinden und Aspekte der Qualität der Gesellschaft<br />

verstanden. Die Hauptdatenbasis ist das Euromodul, eine Umfrage,<br />

die speziell für europäische Wohlfahrtsvergleiche entwickelt wurde.<br />

Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, wie groß der Wohlfahrtsrückstand<br />

der Erweiterungsländer zur EU ist (im Sinne einer Nullmessung)<br />

und welche Schwerpunkte beim sozialen Integrationsprozess<br />

zu setzen sind. Das Projekt versteht sich als ein Beitrag zu einer<br />

sozialen Evaluierungsforschung der EU-Erweiterung, der mit den Ergebnissen<br />

politischer und wirtschaftlichen Evaluationsstudien verbunden<br />

werden soll.<br />

In einem ersten Schritt wurde die Osterweiterung der EU aus dem<br />

Blickwinkel der Modernisierung mit früheren Erweiterungen verglichen.<br />

Mit der Aufnahme von bis zu 13 neuen Mitgliedern aus Ostmitteleuropa<br />

und dem Mittelmeerraum erhöht sich die Heterogenität<br />

der Gemeinschaft stärker als in früheren Erweiterungsrunden. Folgen<br />

hat dies u. a. für die Verteilung der EU-Fördermittel.<br />

Im Rahmen des Projekts wurde ein Analysemodell entwickelt, wie<br />

sich die EU-Mitgliedschaft auf die Lebensqualität in geringer modernisierten<br />

Ländern auswirkt. Die überwiegend positive Wirkung eines<br />

EU-Beitritts wurde anhand der Wohlfahrtsentwicklung Irlands, Griechenlands,<br />

Portugals und Spaniens analysiert. In den Bereichen Einkommen,<br />

soziale Absicherung und Lebenszufriedenheit konnten<br />

diese sog. „Kohäsionsländer“ nach ihrem Beitritt gegenüber den reicheren<br />

Kernländern der EU überwiegend aufholen. Eine alles in allem<br />

positive Entwicklung ist auch für die kommenden Beitrittsländer<br />

zu erwarten.<br />

Das West-Ost-Gefälle der sozialen Entwicklung wird viel zitiert.<br />

Doch ist Beitrittskandidat nicht gleich Beitrittskandidat. Das zeigen<br />

die Umfragen für Slowenien und Ungarn. Deutlich schlechtere Lebensbedingungen<br />

als in den EU-Staaten, die sich auch in geringen<br />

Zufriedenheiten niederschlagen, sind in Ungarn vorherrschend. Zugleich<br />

sind die Unterschiede im Wohlbefinden zwischen „Oben“ und


205<br />

SOZIOLOGIE<br />

„Unten“ innerhalb der ungarischen Gesellschaft stark ausgeprägt.<br />

Den Slowenen geht es ungleich besser. Ihr Lebensstandard und<br />

Wohlbefinden erreicht zwar nicht das deutsche und schwedische Niveau,<br />

wohl aber das spanische.<br />

Untersuchungen zum sozialen Zusammenhalt untermauern dieses<br />

Bild. Darunter versteht man z. B., wie stark eine Gesellschaft durch<br />

Konflikte oder Kriminalität belastet ist. Ungarn ist in dieser Hinsicht<br />

am stärksten problembelastet. Die slowenische Gesellschaft verfügt<br />

über einen stärkeren Zusammenhalt, vergleichbar der deutschen<br />

und spanischen Gesellschaft. Ein im europäischen Vergleich sehr hoher<br />

Zusammenhalt kennzeichnet die schwedische Gesellschaft. Das<br />

Beispiel Ungarn zeigt, dass es bei der Integration in die EU nicht nur<br />

um ökonomische und materielle Modernisierung geht, sondern auch<br />

um die Bekämpfung gravierender Anomietendenzen.<br />

Im Berichtszeitraum sind folgende Publikationen erschienen:<br />

Delhey, Jan: Die Entwicklung der Lebensqualität nach dem EU-<br />

Beitritt. Lehren für die Beitrittskandidaten aus früheren Erweiterungen.<br />

– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 1–2. <strong>2002</strong>. S. 31–38.<br />

Delhey, Jan, et al.: The Euromodule. A new instrument for comparative<br />

welfare research. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin<br />

für Sozialforschung/WZB: Arbeitspapier; FS III 01–401).<br />

Delhey, Jan: Korruption in Bewerberländern zur Europäischen<br />

Union. Institutionenqualität und Korruption in vergleichender<br />

Perspektive. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. –<br />

Berlin: WZB, <strong>2002</strong>. 32 S. (WZB Forschungsschwerpunkt Sozialer<br />

Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse; FS III 02–401).<br />

Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />

Lessons for the accession countries to the European Union from<br />

previous enlargements. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin<br />

für Sozialforschung (WZB): Arbeitspapier; FS III 01–403).<br />

Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />

Lessons for the accession countries to the European Union from<br />

previous enlargements. – In: Social Indicators Research. 56. <strong>2001</strong>.<br />

S. 205–231.<br />

Delhey, Jan, et al.: Quality of life in a European perspective. The<br />

Euromodule as a new instrument for comparative welfare research.<br />

– In: Social Indicators Research. 58, 1. <strong>2002</strong>. S. 161–176.<br />

Zapf, Wolfgang; Jan Delhey: Deutschland und die vierte EU-Erweiterung.<br />

– In: Lebenszeiten. Erkundigungen zur Soziologie der<br />

Generationen. Hrsg.: Günter Burkart; Jürgen Wolf. Opladen <strong>2002</strong>.<br />

S. 359–371.<br />

Delhey, Jan: Lebensbedingungen und Wohlbefinden in Europa. –<br />

In: Datenreport <strong>2002</strong>. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik<br />

Deutschland. Hrsg.: Statistisches Bundesamt Bonn. (Im Druck)


Öffentlicher<br />

Dienst<br />

in Europa<br />

SOZIOLOGIE 206<br />

Delhey, Jan: Sozialer Zusammenhalt in europäischen Gesellschaften.<br />

– In: Datenreport <strong>2002</strong>. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik<br />

Deutschland. Hrsg.: Statistisches Bundesamt Bonn. (Im<br />

Druck)<br />

Für das Projekt „Sozialstruktur, soziale Sicherung und soziale Lage<br />

des öffentlichen Dienstes: Europäische Muster und nationale Fallstudien“<br />

erhielt Dr. F. Rothenbacher, Mannheimer Zentrum für Europäische<br />

Sozialforschung (MZES), Universität Mannheim, Mittel der<br />

<strong>Stiftung</strong>.<br />

Im Jahre <strong>2001</strong> wurde die Arbeit an einer Monographie über den öffentlichen<br />

Sektor in Europa in einer soziologischen Perspektive intensiviert.<br />

Für drei große europäische Länder, Großbritannien,<br />

Frankreich und Deutschland, wurden erste Versionen von Länderstudien<br />

verfasst. Weiterhin gab es Fortschritte an den vergleichenden<br />

Teilen des Projekts: diese Teile untersuchen die drei Länder<br />

Großbritannien, Frankreich und Deutschland in Hinblick auf alle<br />

drei Forschungsdimensionen. Die Monographie rekonstruiert für<br />

diese drei Länder die historische Entwicklung der Alterssicherungssysteme<br />

der Beamten und ihrer Abhängigen seit ihrem frühen Beginn<br />

in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ihre sukzessive<br />

Ausdehnung von den Staatsbeamten auf andere Berufsgruppen des<br />

öffentlichen Dienstleistungsbereichs.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass in allen drei Ländern die Regelungen<br />

über die soziale Sicherheit für Beamte eine der ersten Systeme der<br />

Alterssicherung waren und vor der allgemeinen Altersversorgung für<br />

Industriearbeiter bestanden. Außerdem war seit ihrem Beginn die<br />

Altersversorgung für Beamte erheblich günstiger als andere Systeme<br />

der Alterssicherung. Die bessere Altersversorgung der Beamten in<br />

allen drei Ländern führt zu überdurchschnittlich hohen Alterseinkommen<br />

wie auch zu überdurchschnittlich guten sozio-ökonomischen<br />

Bedingungen der Gesundheits- und Wohnverhältnisse.<br />

Obgleich dieses Muster in allen drei Ländern vorhanden ist, bestehen<br />

dennoch bemerkenswerte institutionelle Unterschiede und Unterschiede<br />

in den Wohlfahrtserträgen. Frankreich und Deutschland<br />

besitzen „kontinentale“ Beamtensysteme mit einer großen Zahl von<br />

Beamten und speziellen Systemen der Altersversorgung für Beamte,<br />

welche eine erste und eine zweite Säule in einer einzigen Alterspension<br />

kombinieren. In Großbritannien – mit einem Beveridge-Typus<br />

der sozialen Sicherheit – ist der Civil Service klein und die meisten<br />

Beschäftigten in den öffentlichen Dienstleistungen sind öffentliche<br />

Angestellte. Alterspensionen in den öffentlichen Dienstleistungen<br />

sind typischerweise Berufsrenten (occupational pensions). Alterspensionsbezieher<br />

in den öffentlichen Dienstleistungen beziehen die<br />

staatliche Grundrente (basic state pension) und zusätzlich die Alterspension<br />

aus der zweiten Säule, die Berufsrente aus ihrem Beschäftigungsverhältnis<br />

(occupational pension).


207<br />

SOZIOLOGIE<br />

Es wurde die Hypothese formuliert, und diese soll in der weiteren Arbeit<br />

geprüft werden, dass „kontinentale“ Beamtensysteme für die<br />

Lebenschancen der Beamten vorteilhafter sind als die angelsächsischen<br />

Beamtensysteme, obgleich eine Beschäftigung in den öffentlichen<br />

Dienstleistungen generell bessere Lebenschancen für alle öffentlichen<br />

Beschäftigten bietet.<br />

Seit Januar <strong>2002</strong> wird die Fragestellung des Projektes in komparativer<br />

Perspektive auch für die Schweiz und die Niederlande bearbeitet.<br />

Im Berichtszeitraum ist folgende Publikation erschienen:<br />

Rothenbacher, Franz: The public service and social protection in<br />

Europe. A comparative research project. – In: EURODATA Newsletter.<br />

14/15. Autumn/Spring. <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>. S. 1–9.<br />

Prof. M. Diewald, Fachbereich 1 / Soziologie, Universität Duisburg,<br />

wurden Fördermittel bewilligt für das Projekt „Die Destandardisierung<br />

und Flexibilisierung der Erwerbsarbeit und ihre Folgen für soziale<br />

Ungleichheiten und soziale Integration“.<br />

Umfang und Formen der Erwerbsarbeit sind nach allgemeiner Einschätzung<br />

im Wandel begriffen, in Deutschland wie in anderen westlichen<br />

Gesellschaften: Muster der Erwerbsarbeit sind heterogener,<br />

unstetiger und risikoreicher geworden. Zunehmen wird außerdem, im<br />

Zuge von Deregulierungs- und Flexibilisierungstendenzen, auf der<br />

Ebene von Kontraktformen das „Normalarbeitsverhältnis“ (Mückenberger<br />

1985) durch von vornherein befristete bzw. temporäre Arbeitsverhältnisse,<br />

Teilzeitarbeit, Scheinselbständigkeit sowie komplexere,<br />

heterogene Gratifikationsmuster ersetzt. Diese Tendenzen sind zwar<br />

vielfach beschrieben worden. Es gibt jedoch zwei Defizite in der bisherigen<br />

Forschung, auf die das beantragte Projekt zielt:<br />

– Unklar ist, welche Reichweite dieser Wandel hat und welche Konsequenzen<br />

sich daraus auf die Verteilung sozialer Ungleichheiten<br />

ergeben, d. h., wie sind Destandardisierungen eingebettet in die<br />

Gesamtheit der Beschäftigungsmerkmale wie Einkommen und<br />

Arbeitsbedingungen; wie hängen Destandardisierungen zusammen<br />

mit individuellen Ressourcen in Form von Ausbildungsabschlüssen<br />

aber auch allgemeinen Kompetenzen; wie sind Destandardisierungen<br />

in die Lebensführung von Partnerschaften und Familien<br />

eingebettet?<br />

– Kaum Informationen gibt es hinsichtlich der Konsequenzen der<br />

Ausbreitung neuer Beschäftigungsformen für die Mechanismen<br />

und die Qualität der sozialen Integration. Hoffnungen auf eine Erweiterung<br />

der Optionen der Lebensgestaltung stehen mehrheitlich<br />

jedoch Befürchtungen von gesellschaftlicher Desintegration<br />

und wachsenden Risiken gegenüber – jeweils ohne empirische<br />

Absicherung der Thesen.<br />

Diese Fragestellungen sollen im vorliegenden Projekt mit bereits<br />

vorhandenen, aber komplexen und in der Aufbereitung sehr arbeits-<br />

Flexibilisierung<br />

der Arbeit


Wirtschaftsverbände<br />

SOZIOLOGIE 208<br />

intensiven quantitativen Datensätzen bearbeitet werden. Dabei handelt<br />

es sich um das Sozio-ökonomische Panel (bisher verfügbar SOEP<br />

1984–1999), die Familiensurveys 1988, 1994 und 2000 des Deutschen<br />

Jugendinstituts (DJI), sowie die verfügbaren Mikrozensen (derzeit<br />

1989, 1991, 1993, 1995, 1996, 1997). Die Verwendung verschiedener<br />

Datensätze hat den Vorteil, dass die Ergebnisse weniger abhängig<br />

sind von bestimmten Operationalisierungen (der Erwerbsformen wie<br />

ihrer Auswirkungen) und dass eine größere Breite und Detailliertheit<br />

der Information möglich wird, gerade durch ihre komplementären<br />

Stärken bei der Abbildung sozialer Ungleichheiten, Wohlfahrtslagen<br />

und subjektiver Lebensqualität sowie der Abbildung der verschiedenen<br />

Dimensionen sozialer Integration.<br />

Die Auswertung der Daten soll, soweit möglich, auf der Basis von<br />

Längsschnittanalysen erfolgen, um die Abstimmungsprozesse zwischen<br />

verschiedenen Lebensbereichen sowie innerhalb von Partnerschaften<br />

und Haushalten in ihrer zeitlichen Ordnung abbilden zu<br />

können. Besser als in Querschnittanalysen können damit auch die<br />

wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Prozessen untersucht<br />

werden, die parallel verlaufen: Prozesse der Erwerbstätigkeit, der<br />

Genese sozialer Ungleichheiten und der Grade und Mechanismen<br />

der sozialen Integration. Dabei sollen die Besonderheiten neuer im<br />

Vergleich mit traditionelleren Beschäftigungsformen herausgearbeitet<br />

werden. Außerdem soll die Wahrscheinlichkeit des Eintritts in solche<br />

neuen Beschäftigungsformen sowohl mit der Wahrscheinlichkeit<br />

für reguläre Beschäftigungsverhältnisse als auch für Arbeitslosigkeit<br />

vor dem Hintergrund unterschiedlicher individueller Ressourcen verglichen<br />

werden.<br />

Ausgangsthese ist, dass sowohl die Verbreitung atypischer Beschäftigungsformen<br />

und –verläufe als auch deren Konsequenzen für die<br />

soziale Integration und die soziale Lage wesentlich von der Integration<br />

in verschiedene Muster der individuellen Lebensführung (einschl.<br />

Verpflichtungen in anderen Bereichen wie Freizeit, Familie, informelle<br />

Netzwerke, ehrenamtlicher Bereich) sowie der Moderation<br />

im Rahmen von partnerschaftlichen und familiären Abstimmungsprozessen<br />

und Lebensführungsstrategien abhängen.<br />

Prof. B. Kohler-Koch, Lehrstuhl für Politische Wissenschaft II, Universität<br />

Mannheim, erhielt Mittel für das Projekt „Die Europäisierung<br />

der Interessenvermittlung: französische Wirtschaftsverbände in<br />

vergleichender Perspektive“.<br />

Europäisierung ist in aller Munde, doch 40 Jahre Wirtschaftsgemeinschaft<br />

und 15 Jahre Binnenmarkt haben kein „europäisches Modell“<br />

der Interessenvermittlung entstehen lassen. Insbesondere Frankreich<br />

scheint europäische Politik nach eigenen Regeln zu spielen.<br />

Die in einer vergleichenden Befragung aufgetretenen Unterschiede<br />

in der Interessenvertretung französischer, deutscher, britischer und<br />

europäischer Wirtschaftsverbände waren der Ausgangspunkt für<br />

eine vertiefte Studie Frankreichs. Anliegen war, die Varianz in der


209<br />

SOZIOLOGIE<br />

Erscheinungsform europäischer Interessenvermittlung zu überprüfen<br />

und zu erklären.<br />

Basis des Projektes war eine als Vollerhebung der Dach-, Branchenund<br />

Fachverbände durchgeführte schriftliche Befragung von Wirtschaftsverbänden.<br />

Ergänzend wurden mehr als 50 qualitative Interviews<br />

mit französischen Verbänden und Ministerien sowie mit Vertretern<br />

der Europäischen Kommission geführt.<br />

Die Studie zeigt zum einen deutliche Gemeinsamkeiten: Französische<br />

Wirtschaftsverbände haben sich nachhaltig auf die EU eingestellt.<br />

Sie haben ihre Aktivitäten auf die europäische Ebene ausgeweitet,<br />

ohne dadurch ihre Kontakte zu den nationalen Akteuren zu<br />

vernachlässigen. Französische Verbände haben, wie ihre Partnerorganisationen<br />

in anderen EU-Staaten, auf die zunehmende Kompetenzverlagerung<br />

nach Brüssel mit einer Mehrebenenstrategie geantwortet.<br />

Gleichwohl bestehen zwischen französischen und deutschen Wirtschaftsverbänden<br />

noch immer Unterschiede. Dabei konnte nachgewiesen<br />

werden, dass die erkennbaren Verhaltensvariationen nicht<br />

auf Unterschiede in den Wirtschafts- oder Organisationsstrukturen<br />

zurückzuführen sind. Mit Ausnahme der schwächeren Ressourcenausstattung<br />

gibt es keine charakteristischen Organisationseigenschaften,<br />

die eine Verhaltensabweichung der französischen Verbände<br />

plausibel machen. Vielmehr sind es die politischen Kontextbedingungen,<br />

die immer noch spürbar sind. Der französische „Etatismus“,<br />

der sich in der Autonomie der politischen Führung ebenso<br />

ausdrückt wie in der Selbstbezogenheit der französischen Ministerialbürokratie<br />

und dem erheblichen Entscheidungsspielraum der Verwaltung<br />

im Gesetzesvollzug, spielt dabei eine ebenso große Rolle<br />

wie die höhere Konfliktbereitschaft der Kontrahenten in der politischen<br />

Auseinandersetzung.<br />

Darüber hinaus erbrachte die Analyse, dass „Lobbying à la française“<br />

nicht zwangsläufig hinderlich für die Interessendurchsetzung<br />

in der EU ist. Die französische Vorliebe für schriftliche Festlegungen,<br />

juristisch ausgefeilte Vorlagen und die wissenschaftliche Absicherung<br />

der eigenen Argumentation fügt sich reibungslos in den europäischen<br />

Politikprozess ein. Anpassungsprobleme treten dort auf, wo<br />

deutliche Divergenzen im Politikstil bestehen und die Verbände gezwungen<br />

sind, sich auf zwei unterschiedliche Einflusslogiken einzustellen.<br />

Die vergleichsweise geringen Kontakte zur Arbeitsebene der<br />

Kommission und die relativ späte Intervention im Politikprozess sind<br />

Indiz dafür, dass französische Verbände Schwierigkeiten haben, ihre<br />

Praxis an die Anforderungen eines erfolgreichen EU-Lobbyings anzupassen.<br />

Ein Grund ist, dass für französische Verbände traditionell<br />

weniger die politische Interessenvertretung als die Dienstleistung für<br />

ihre Mitglieder, Mitwirkung an Normgebung und Standardisierung<br />

und Aktivitäten zur Marktkoordinierung im Vordergrund stehen.<br />

Anders als in Deutschland vertrauen die französischen Fachver-


Migration<br />

Integration<br />

SOZIOLOGIE 210<br />

bände die politische Interessenvertretung den Dach- und Spitzenverbänden<br />

an und verlassen sich in der europäischen Interessenpolitik<br />

sehr viel mehr auf die Euroverbände.<br />

Trotzdem gibt es deutliche Anzeichen für einen durch die EU ausgelösten<br />

Aufgaben- und Rollenwandel. Französische Wirtschaftsverbände<br />

haben vor allem organisatorische Veränderungen vorgenommen,<br />

um aktiver in die Europapolitik eingreifen zu können. Ihre stärkere<br />

Präsenz in der öffentlichen Debatte zeigt, dass sie nicht nur bei<br />

sozialpolitischen Themen, sondern auch in wirtschaftspolitischen<br />

Fragen auf nationaler und europäischer Ebene gehört werden wollen.<br />

Eine Buchveröffentlichung ist in Vorbereitung.<br />

Im Berichtszeitraum sind folgende Publikationen erschienen:<br />

Kohler-Koch, Beate: Die Gestaltungsmacht organisierter Interessen.<br />

– In: Europäische Integration. Hrsg.: Markus Jachtenfuchs;<br />

Beate Kohler-Koch. 2. Aufl. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />

Kohler-Koch, Beate, u. a.: Organisierte Interessen in der europäischen<br />

Politik. – In: Europäische Integration – Europäisches Regieren.<br />

Hrsg.: Beate Kohler-Koch u. a. Opladen <strong>2002</strong>. Kap. 14. (Im<br />

Druck)<br />

Quittkat, Christine: Les organisations professionelles françaises.<br />

Européanisation de la médiation des intérêts. <strong>2002</strong>. (Politique européenne;<br />

Nr. 7) (Im Druck)<br />

Prof. K. J. Bade und PD Dr. J. Oltmer, Institut für Migrationsforschung<br />

und Interkulturelle Studien (IMIS), Universität Osnabrück,<br />

Prof. P. C. Emmer, Institute for the History of European Expansion,<br />

University of Leiden, erhielten Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Projekt<br />

„Migration – Integration – Minderheiten seit dem 17. Jahrhundert:<br />

eine europäische Enzyklopädie“.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist eine Geschichte der Integration<br />

von Zuwanderergruppen in europäischen Staaten vom 17. bis zum<br />

Ende des 20. Jahrhunderts. Die historische und aktuelle Bedeutung<br />

dieses Zusammenhangs für alle europäischen Länder, mit jeweils unterschiedlichen<br />

Gewichtungen, wird hervorgehoben. Es sollen Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede bei der Generationen übergreifenden<br />

Eingliederung zugewanderter Gruppen in Mittel- und Westeuropa<br />

herausgearbeitet werden. Integration und vor allem Assimilation<br />

werden dabei als lange, mitunter Generationen übergreifende<br />

Kultur- und Sozialprozesse verstanden, bei denen nur aus dem aktuellen<br />

Erleben schöpfende Urteile (z. B. wirklichkeitsfremde Ängste<br />

oder sozial-romantische Träume) historisch „kurzsichtig“ sind. Weiter<br />

soll nach den Determinanten dieses jeweils zweiseitigen Prozesses<br />

gefragt werden, der sich in überschaubaren sozialen Einheiten<br />

abspielt.<br />

In Umkehrung gängiger Forschungsfragen soll damit geklärt werden,<br />

warum einzelne Zuwanderergruppen in bestimmten Aufnah-


211<br />

SOZIOLOGIE<br />

mekontexten im Zeiterlebnis und im kollektiven Gedächtnis auf beiden<br />

Seiten vergleichsweise lange als zugewanderte Minderheiten<br />

bzw. als Diaspora erkennbar blieben, während andere Zuwanderungen<br />

unter ähnlichen oder anderen Bedingungen nur wenige bzw. historisch<br />

„kurze“ oder gar keine Spuren hinterließen.<br />

Im Zuge der Operationalisierung wird dabei zunächst von einer<br />

Reihe von allgemeinen, im Eingliederungsprozess wirksamen bzw.<br />

diesen Prozess beschreibbar machenden Grundkriterien ausgegangen,<br />

in Anlehnung u. a. an den Fragenkatalog der „Harvard Encyclopedia<br />

of American Ethnic Groups“. Auf der historischen Zeitachse<br />

soll dann in einem zweiten Schritt gefragt werden nach Veränderungen<br />

in der Gewichtsverteilung bzw. nach sich wandelnden Prioritäten<br />

in der internen Hierarchie dieser Kriterien. Diese Veränderungen<br />

können Auskunft geben über Wirkungen und Veränderungen der<br />

Konstellation von Bindung/Lösung (bzw. Kohäsion/Diffusion) und<br />

damit über Anfangsintensität, Wandel und Nachlassen gruppeninterner<br />

Bindungskräfte im Eingliederungsprozess.<br />

Die geplante Enzyklopädie soll gegliedert werden in:<br />

– Teil I: Einleitende Überblicke und Hintergrundinformationen<br />

Neben einem allgemeinen Überblick über die Geschichte der Migration<br />

in, aus und nach Europa sind Artikel vorgesehen zu Leitaspekten<br />

und Schlüsselfragen; Erscheinungsformen des Wanderungsgeschehens;<br />

Beschreibungsformen, mit Hilfe derer die<br />

Gruppen erschlossen und intergenerativ verfolgt werden können;<br />

strukturierte Raumübersichten.<br />

– Teil II: Hauptteil mit Gruppenartikeln<br />

Dazu gehören Artikel zu Gruppen mit personaler Identität (z. B.<br />

„Ruhrpolen“) und zu gruppenbildenden Wanderungssystemen<br />

mit struktureller Identität (z. B. „Nordsee-System“).<br />

Prof. D. Oberndörfer, Arnold-Bergstraesser-Institut für kulturwissenschaftliche<br />

Forschung, Freiburg, erhält seit 1998 Fördermittel für das<br />

Projekt „Zuwanderungsorientierte Stadtpolitik in Deutschland und<br />

den Niederlanden: Vergleich und politisch-praktische Schlussfolgerungen“.<br />

In dem Forschungsprojekt wird untersucht, wie Aufgaben kommunaler<br />

staatlicher Integrationspolitik in ausgewählten großstädtischen<br />

Ballungsräumen Deutschlands und der Niederlande teils anders,<br />

teils ähnlich identifiziert, definiert und gelöst werden. Die Schnittmenge<br />

gemeinsamer Probleme in beiden Ländern ist groß. Die niederländische<br />

Politik hat in den letzten Jahren Integrationsschwierigkeiten<br />

zunehmend als ein großstädtisches Problem interpretiert und<br />

die Integrationspolitik der allgemeinen Stadtentwicklungspolitik angenähert.<br />

Das Projekt möchte zu politisch-praktischen Schlussfolgerungen<br />

gelangen, wie das Integrationsvermögen deutscher Städte<br />

gefördert werden kann. Vor dem Hintergrund einer jeweils unter-<br />

Zuwanderungspolitik


BSE-Konflikt<br />

schiedlichen Einwanderungsgeschichte, Nationalstaatsideologie<br />

und politischen Kultur ist u. a. „best practice“ ein praktischer Zugang<br />

zum Vergleich. Am holländischen Beispiel lässt sich das Entstehen<br />

einer neuen politischen Kultur im großstädtischen Raum beobachten.<br />

Die Niederlande haben zur Bewältigung der typischen urbanen Einwanderungskonflikte<br />

die Bildung einer Vielzahl von konsultativen<br />

Gremien ermutigt. In Deutschland, wo sich die Integration von Zuwanderern<br />

vorwiegend in der Fläche als Aufgabe kleiner und mittlerer<br />

Städte stellt, sind Zuwanderer eher Stiefkinder der Stadtentwicklung<br />

geblieben. Aber auch hier ist die Erweiterung von Partizipationsmöglichkeiten<br />

für Immigranten von den Kommunen und Städten<br />

ausgegangen.<br />

Das Projekt hat besondere Aktualität gewonnen, nachdem deutsche<br />

Politiker in der Immigrationspolitik neuerdings ein „Modell Holland“<br />

zitieren, in dem Einwanderern im Nachbarland Rechte und Pflichten<br />

zugleich gegeben werden. Tatsächlich ist das Beispiel der Niederlande<br />

wegen der Spannweite des dort bereits Erprobten und des<br />

markanten Wechsels von der multikulturellen „Minderheitenpolitik“<br />

der 1980er Jahre zu einer stärker regulativen und obligatorischen<br />

„Integrationspolitik“ seit den 1990er Jahren besonders instruktiv.<br />

Die niederländischen Städte wenden ein umfassendes Programm der<br />

Erwachsenenbildung und Zivilintegration an. Neue Einwanderer<br />

werden seit 1998 gesetzlich verpflichtet, Sprachkurse und Programme<br />

zur Arbeitsmarktintegration zu besuchen. Das Praxisbeispiel<br />

der Niederlande mitsamt der dort aufgetretenen Probleme ist<br />

aufschlussreich für die deutsche Integrationspolitik: Das Zuwanderungsgesetz<br />

sieht ebenfalls solche Kurse zur Erstintegration vor. Zugleich<br />

bietet es sich an, den Themenkomplex „Sprache als Integrationsmittel“<br />

praktisch und ideologiekritisch zu diskutieren.<br />

Nicht erst seit dem Auftreten einer rechtspopulistischen Partei<br />

bröckelt in den Niederlanden der Konsens in der Integrations- und<br />

Immigrationsfrage. Sie hat eine weitere Politisierung erfahren. Diese<br />

Entwicklung wird in das vor dem Abschluss stehende Projekt einbezogen.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

SOZIOLOGIE 212<br />

Berndt, Uwe: Das strenge und das gütige Gesicht von Frau Antje.<br />

Die Niederlande fahren in der Zuwanderungspolitik mit dem Modell<br />

des Gebens und Nehmens nicht schlecht. – In: Frankfurter<br />

Rundschau. Nr. 15, 18. 05. <strong>2001</strong>. S. 16 (Dokumentation)<br />

Berndt, Uwe: Sprache als Integrationsmittel. Das Praxisbeispiel der<br />

Niederlande. – In: Zeitschrift des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung<br />

(DIE): Themenheft „Zuwanderung“. <strong>2002</strong>, Sept.<br />

Prof. K. P. Japp, Lehrstuhl „Soziologie ökologischer Risiken“, Universität<br />

Bielefeld, wurden <strong>2001</strong> Fördermittel bewilligt für das Projekt<br />

„Der europäische BSE-Konflikt: Zur Funktion von Schemata der öffentlichen<br />

Meinung für ein transnationales Regulierungsregime“.


213<br />

SOZIOLOGIE<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Relevanz von kommunikativen<br />

Schemata für die Strukturierung der öffentlichen Meinung – und<br />

damit zusammenhängend für politisches Entscheiden und die massenmediale<br />

Kommunikation – am Beispiel des BSE-Regimes aufzuzeigen.<br />

Die meisten soziologischen Zugriffe auf dieses Thema rekurrieren<br />

entweder auf Interessen oder auf (politische) Kulturen. Mit<br />

dem Interessenbegriff allein kann nicht geklärt werden, wie etwa<br />

das britische Segment des Regimes jahrelang gegen elementare (gesundheitliche<br />

und ökologische) Belange der öffentlichen Meinung<br />

operieren konnte. Mit einem Rekurs auf nationalstaatlich spezifische<br />

Kulturen (der Gefahrenabwehr bzw. der Risikovorsorge) kann dies<br />

ebensowenig geklärt werden, denn diese Kulturen können ebensowenig<br />

wie wirtschaftliche Interessen einfach als geltend unterstellt<br />

werden: Beide Relevanzhorizonte müssen ja durch relevante Teile<br />

der öffentlichen Meinung akzeptiert werden. Mit einem Wort: Interessen<br />

spielen eine Rolle, ebenso wie Kulturen, aber man muss zeigen<br />

können, wie sie mit der öffentlichen Meinung zurecht kommen.<br />

Kommunikative Schemata sind „frames“, die man als Komponenten<br />

der öffentlichen Meinung betrachten kann, soweit diese als Gedächtnis<br />

des politischen Systems (bzw. des aktuellen Risikoregimes)<br />

fungieren. Solche Schemata verhalten sich zu aktuellen Kommunikationen<br />

der Massenmedien, die die öffentliche Meinung repräsentieren,<br />

wie Themen zu Beiträgen. Im BSE-Konflikt kommen etwa<br />

Übertragbarkeits-, Sicherheits-, Vertrauens-, Risikovorsorge- und<br />

Gefahrenabwehrschemata vor. Es wird davon ausgegangen, dass die<br />

Rekursivität der Kommunikation von Massenmedien und Politik –<br />

gekoppelt durch die öffentliche Meinung – sich in solchen Schemata<br />

gleichsam konzentriert. Es werden dann Interessen vergessen, wenn<br />

sie dominanten Schemata widersprechen, oder aber kulturelle Präferenzen<br />

(z. B. für Gefahrenabwehr und gegen Risikovorsorge) stabilisiert,<br />

wenn sie diese Schemata stützen.<br />

Die Relevanz von Schemata wird nicht kausal begründet, sondern<br />

dadurch, dass Bezug genommen wird auf die Rekursivität politischer<br />

und massenmedialer Kommunikation – gekoppelt durch das Medium<br />

der öffentlichen Meinung. Kommunikative Schemata werden als<br />

Korrelate dieser rekursiven Operationen aufgefasst. Formal führt das<br />

zu dem allgemeinen Argument, dass die Unterscheidung zwischen<br />

politischem Entscheiden und öffentlicher Kommunikation (über dieses<br />

Entscheiden) eine Unterscheidung ist, die sich in den Schemata<br />

eben der öffentlichen Meinung dokumentiert.<br />

Durch eine Dokumentenanalyse wurde versucht, diese Zusammenhänge<br />

zu belegen. Die skizzierten Zusammenhänge konnten im<br />

Kontext eines Zweiphasenzyklus plausibilisiert werden, der aus einer<br />

ersten Phase (1988–1996) besteht, die sich auf Konflikt und institutionelle<br />

Intransparenz zwischen den britischen und den kontinentaleuropäischen<br />

Segmenten des Regimes bezieht, und einer zweiten<br />

Phase (1996–2000), die eine allmähliche Umschichtung dieser Variablen<br />

in Richtung Verständigungsbereitschaft und institutionelle


Preis für<br />

sozialwissenschaftliche<br />

Arbeiten<br />

SOZIOLOGIE 214<br />

Transparenz zeigt. Plausibilitäten sprechen dafür, dass diese Entwicklungen<br />

sich in den analysierten Schemata nicht nur dokumentieren,<br />

sondern dass sie von diesen maßgeblich beeinflusst werden.<br />

Mit dem Preis für sozialwissenschaftliche Arbeiten soll der Zeitschriftenaufsatz<br />

als Mittel der wissenschaftlichen Kommunikation hervorgehoben<br />

werden. Es ist dies der einzige Zeitschriftenpreis in den Sozialwissenschaften<br />

außerhalb des englischsprachigen Bereichs.<br />

Nach Meinung der Gründer des Preises ist der Zeitschriftenaufsatz<br />

das wichtigste Mittel der wissenschaftlichen Kommunikation innerhalb<br />

der Soziologie und den angrenzenden Gebieten; das Buch ist<br />

dagegen bevorzugt das Mittel, um über die Fachgrenzungen hinaus<br />

und tendenziell abgeschlossene Entwicklungen eines Fachs darzustellen.<br />

Zeitschriftenaufsätze sind aber selbst im deutschen Sprachbereich<br />

über so viele Periodika verstreut, dass der wissenschaftliche<br />

Dialog sehr aufgesplittert ist. Durch Versenden von Sonderdrucken<br />

wird diese Zersplitterung nur unvollkommen ausgeglichen. Mit der<br />

Preisverleihung sollen als Korrektiv über die Grenzen der Leserschaft<br />

jeweiliger Zeitschriften allgemeine Maßstäbe bekräftigt werden.<br />

Zum einundzwanzigsten Mal wurden am Institut für Angewandte<br />

Sozialforschung der Universität zu Köln die Preise der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> für die besten sozialwissenschaftlichen Aufsätze in deutscher<br />

Sprache vergeben. Über die Preisverleihungen der früheren<br />

Jahre wurde in den zurückliegenden <strong>Jahresbericht</strong>en ausführlich berichtet<br />

(zuletzt <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong>, S. 181–183).<br />

Die Auswahl der Arbeiten erfolgt in zwei Stufen. Die Herausgeber<br />

und Redakteure von dreizehn deutschsprachigen Zeitschriften in<br />

den Sozialwissenschaften schlagen jeweils bis zu zwei Aufsätze vor.<br />

Die Zeitschriften sind: Angewandte Sozialforschung, Berliner Journal<br />

für Soziologie, Geschichte und Gesellschaft, Kölner Zeitschrift für<br />

Soziologie und Sozialpsychologie, Leviathan, Österreichische Zeitschrift<br />

für Soziologie, Politische Viertelsjahresschrift, Schweizerische<br />

Zeitschrift für Soziologie, Sociologia Internationalis, Soziale Welt,<br />

Zeitschrift für Politik, Zeitschrift für Sozialpsychologie und Zeitschrift<br />

für Soziologie.<br />

Die Jury setzt sich zur Zeit zusammen aus den Professoren:<br />

R. Geißler (Universität-GHS Siegen)<br />

G. Nunner-Winkler (MPI für Psychologische Forschung, München)<br />

E. K. Scheuch (Universität zu Köln, Vorsitz)<br />

H.-G. Soeffner (Universität Konstanz)<br />

K. Tenfelde (Ruhr-Universität Bochum)<br />

J. Weiß (Universität-GHS Kassel)<br />

P. Windolf (Universität Trier).<br />

Für das Jahr <strong>2001</strong> wurden von den Zeitschriftenredaktionen 24 Arbeiten<br />

zur Prämierung vorgeschlagen. In ihrer Sitzung am 5. Juli


215<br />

ETHNOLOGIE<br />

<strong>2002</strong> vergab die Jury jeweils einen ersten und zweiten Preis, sowie<br />

zwei dritte Preise:<br />

Den ersten Preis (dotiert mit € 1.500,–) erhielten:<br />

Michael Hartmann und Johannes Kopp (Darmstadt): „Elitenselektion<br />

durch Bildung oder durch Herkunft? Promotion, soziale Herkunft<br />

und der Zugang zu Führungspositionen in der deutschen<br />

Wirtschaft“ (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,<br />

Jg. 53, Heft 3, S. 436–466);<br />

den zweiten Preis (dotiert mit € 1.000,–) erhielt:<br />

Stefan Kühl (München): „Über das erfolgreiche Scheitern von<br />

Gruppenarbeitsprojekten. Rezentralisierung und Rehierarchisierung<br />

in Vorreiterunternehmen der Dezentralisierung“ (Zeitschrift<br />

für Soziologie, Jg. 30, Heft 3, S. 199–222);<br />

die beiden dritten Preise (dotiert mit jeweils € 500,–) erhielten:<br />

Frank Kalter (Mannheim): „Die Kontrolle von Drittvariablen bei<br />

der Messung von Segregation. Ein Vorschlag am Beispiel der familialen<br />

Assimilation von Migranten“ (Zeitschrift für Soziologie,<br />

Jg. 30, Heft 6, S. 452 – 464) und<br />

Thomas Schwinn (Heidelberg): „Staatliche Ordnung und moderne<br />

Sozialintegration“ (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,<br />

Jg. 53, Heft 2, S. 211–232).<br />

Ethnologie<br />

Die Ethnologie, entstanden als Wissenschaft ,fremder‘, d. h. nichtwestlicher<br />

Kulturen, ist zu einer Sozialwissenschaft geworden, die<br />

prinzipiell alle Gesellschaften analysiert und daher dem umfassenden<br />

Kulturenvergleich in der Gegenwart besondere Chancen eröffnet.<br />

Wie in der Geschichte schärft sich heute auch in der Ethnologie<br />

das Bewusstsein von der Pluralität der Moderne. Im Bereich der Ethnologie<br />

möchte die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> – ohne Hervorhebung einer<br />

bestimmten Region – insbesondere kulturvergleichende Studien<br />

fördern, die im Zeitalter der Globalisierung unser Bewusstsein dafür<br />

schärfen, dass im Leben der Menschen und Völker die Einbettung in<br />

lokale Kontexte des Lebens und Arbeitens keineswegs an Bedeutung<br />

verloren hat. Zugleich möchte sie durch die von ihr geförderten<br />

Projekte das Bewusstsein dafür schärfen, dass Interdependenzen, die<br />

Gesellschaften und Kulturen übergreifen, immer stärker unser Leben<br />

bestimmen. Die <strong>Stiftung</strong> fördert dabei Projekte, die sich mit der<br />

‘nicht-westlichen’ Welt befassen, ebenso wie Studien, die aus der<br />

verfremdenden Perspektive des Ethnologen einen frischen Blick auf<br />

Probleme entwickelter Industriegesellschaften werfen oder sich der<br />

Analyse von Gegenwartsgesellschaften im Übergang zu Markt, Demokratie<br />

und Rechtsstaat widmen. Die geförderten Projekte sollten


QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 216<br />

dabei unter einer systematischen Fragestellung stehen; Einzelfallstudien<br />

und ethnographische Feldforschungen werden in der Regel<br />

nicht gefördert. Von besonderer Bedeutung wären Studien, die verdeutlichen,<br />

wie eng die Geschichte und Gegenwart westlicher Kulturen<br />

mit der außerwestlichen Welt verknüpft sind. In der Analyse<br />

solcher ‘connected histories’ hätte auch die Historische Anthropologie<br />

ihren Platz. Im Rahmen einer so verstandenen Ethnologie soll<br />

Studien eine hohe Priorität eingeräumt werden, die sich mit den Folgen<br />

der demographischen Revolution in verschiedenen Regionen der<br />

Erde beschäftigen. Erwünscht wären ferner Projekte, die Fragestellungen<br />

‘klassischer’ Disziplinen durch die Einbeziehung des ethnographischen<br />

Vergleichs eine neue Dimension eröffnen: Dies gilt insbesondere<br />

für den Bereich der Wirtschaft und des Rechts.<br />

Querschnittbereich „Internationale Beziehungen“<br />

Die Verdichtung der Staatsgrenzen überschreitenden Beziehungen<br />

ist eine der bestimmenden Entwicklungen der letzten Jahrzehnte<br />

gewesen und wird eine der bestimmenden Entwicklungen<br />

der nächsten Jahrzehnte bleiben. Es ist wichtig, diesen Prozess wissenschaftlich<br />

zu begleiten. Dabei sind insbesondere die Politikwissenschaft,<br />

die Rechtswissenschaft und die Wirtschaftswissenschaften<br />

gefordert. Während die Ökonomie sehr rasch die Chancen ergreift,<br />

die sich aus der zunehmenden ökonomischen Irrelevanz von Staatsgrenzen<br />

ergeben, fällt es der Politik viel schwerer, sich grenzüberschreitend<br />

regional oder gar weltweit handlungsfähig zu machen.<br />

Sie bleibt in hohem Maße an die territorial begrenzte Staatlichkeit<br />

gebunden. Auch das Recht tut sich nicht leicht, mit dem Tempo, in<br />

dem die Verdichtung der internationalen Beziehungen fortschreitet,<br />

mitzuhalten. Die Frage, inwieweit der Verdichtung eine Verrechtlichung<br />

folgen wird und aus normativen Gründen auch folgen soll, ist<br />

ein wichtiges Untersuchungsobjekt. Es sind die Wechselwirkungen<br />

zwischen den ganz unterschiedlich verlaufenden Prozessen der Entterritorialisierung<br />

der Ökonomie, des Rechtes und der Politik, deren<br />

Untersuchung die <strong>Stiftung</strong> besonders fördern möchte. Dabei geht sie<br />

davon aus, dass bei der Bewältigung dieser Aufgaben die Zusammenarbeit<br />

zwischen deutschen und ausländischen Instituten, Forschergruppen<br />

und Wissenschaftlern besonders sachdienlich und daher<br />

förderungswürdig ist.<br />

– Politikwissenschaft<br />

Verdichtung der internationalen Beziehungen heißt insbesondere,<br />

dass internationale Organisationen, internationale Regime und andere<br />

neuartige Formen internationaler Zusammenarbeit an Bedeutung<br />

gewinnen. Die Potentiale – Chancen wie Grenzen – multilateraler<br />

institutionalisierter Konflikt- und Problembearbeitung in dem sich<br />

wandelnden internationalen System zu untersuchen, ist eine der besonders<br />

zukunftsbedeutsamen Aufgaben der Politikwissenschaft.<br />

Dabei betrifft ein wichtiger Aspekt der Entwicklung das wachsende


217<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

Gewicht von Nicht-Regierungsorganisationen. Eine Sonderstellung<br />

kommt der EU zu. Sie ist weltweit die einzige Staatengemeinschaft,<br />

in der der Zusammenschluss bisher souveräner Staaten zu einer echten<br />

Föderation gelungen ist. Die Entwicklung der EU analytisch zu<br />

begleiten, bleibt deshalb eine zentrale Aufgabe für die Wissenschaft.<br />

Das Interesse der <strong>Stiftung</strong> an den sich mehr und mehr institutionalisierenden<br />

multilateralen Formen der Problem- und Konfliktbearbeitung<br />

ist kein ausschließliches. Insbesondere die transatlantische<br />

Partnerschaft, der die Aufmerksamkeit der <strong>Stiftung</strong> immer schon<br />

galt, bleibt für sie ein Thema.<br />

In der zunehmenden Verdichtung der Weltverhältnisse haben regionale<br />

Entwicklungen, regionale Krisen oft starke Auswirkungen auf<br />

die Weltpolitik. Die <strong>Stiftung</strong> kann und will nicht beliebige Regionalstudien<br />

fördern. Wohl aber möchte sie Untersuchungen unterstützen,<br />

die den Wechselwirkungen zwischen regionalen Krisenkonstellationen<br />

und der Weltpolitik nachgehen. Dabei lässt sich die <strong>Stiftung</strong><br />

auch von der Überlegung leiten, dass es in Deutschland nach wie vor<br />

an breiter wissenschaftlicher Kompetenz für wichtige Weltregionen<br />

(Ost- und Südasien, Lateinamerika, Schwarzafrika, den Nahen und<br />

den Mittleren Osten, die asiatischen Gebiete der ehemaligen Sowjetunion)<br />

fehlt. Diese Kompetenzen aufzubauen, ist dringlich geboten.<br />

Die Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und angewandter<br />

Forschung ist auch für den Bereich „Internationale Beziehungen“<br />

nicht ohne Bedeutung. Gleichwohl erscheint es gerade hier nicht<br />

sinnvoll, die Förderung strikt auf die Grundlagenforschung zu beschränken.<br />

Ohne die Bereitschaft und Fähigkeit der Wissenschaft,<br />

die Gestaltungsaufgaben internationaler Politik auch als wissenschaftliche<br />

Herausforderungen hinreichend konkret aufzunehmen,<br />

bleibt die Grundlagenforschung unfruchtbar. Es bedarf eines Dialoges<br />

mit der Praxis. Wissenschaftliche Aktivitäten, die sich um solche<br />

Offenheit zur Praxis hin bemühen, können deshalb durchaus förderungswürdig<br />

sein.<br />

– Rechtswissenschaft<br />

Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sind klassische<br />

Gebiete der Rechtswissenschaft, die seit jeher den grenzüberschreitenden<br />

Sachverhalten und der Regelung in anderen Rechtsordnungen<br />

als eigenem Erkenntnisgegenstand und als Beispiel für das eigene<br />

Recht Aufmerksamkeit schenken. Die Einbettung des deutschen<br />

Rechts in die Europäische Union hat nicht nur ein neues<br />

Rechtsgebiet, das Europarecht, begründet, sondern zu einer unauflösbaren,<br />

flächendeckenden Durchdringung von europäischem und<br />

nationalem Recht geführt. Das reicht vom Staatsrecht über das Verwaltungs-,<br />

insbesondere Wirtschaftsverwaltungsrecht bis hin in alle<br />

Teile des Privat- und Wirtschaftsrechts, die heute allesamt nicht<br />

mehr rein national begriffen werden können. Hinzu kommt die Verflechtung<br />

mit anderen europäischen und außereuropäischen Staaten<br />

mittels internationaler Verträge und Organisationen, in vielfältigen


QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 218<br />

bilateralen und multilateralen Wirtschaftsbeziehungen und durch<br />

ganz verschiedenartige, teils rechtliche, teils außerrechtliche Formen<br />

der internationalen Kooperation.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> räumt solchen Projekten Priorität ein, die<br />

über das klassische, deutsche Internationale Privatrecht hinausgehen<br />

und Kooperationen und Verflechtungen vor allem in Europa und<br />

mit den USA, aber auch mit anderen Ländern untersuchen. Ein besonderes<br />

Augenmerk gilt selbstverständlich der europäischen Integration<br />

einschließlich des Heranrückens der mittel- und osteuropäischen<br />

Länder an die EU. Interessant und wünschenswert wären z. B.<br />

auch Untersuchungen zum gemeineuropäischen Recht, wie sie für<br />

das Vertrags-, Delikts-, Bereicherungs- und Verfassungsrecht bereits<br />

begonnen worden sind, u. a. im Handels-, Gesellschafts-, Bank-, Insolvenz-<br />

und Prozessrecht. Dabei geht es um mehr als bloße bilaterale<br />

Rechtsvergleichung, sondern über die Aufarbeitung der Rechtsangleichung<br />

in der Europäischen Union hinaus um die Erfassung der<br />

gemeineuropäischen Grundstrukturen.<br />

– Wirtschaftswissenschaften<br />

Alte und neue Konflikte belasten die internationalen Wirtschaftsbeziehungen<br />

zu Beginn des neuen Jahrhunderts. Die Integration der<br />

Entwicklungsländer sowie der ehemals sozialistischen Staaten in die<br />

Weltwirtschaft ist nach wie vor mit immensen Problemen behaftet,<br />

und internationale Finanzkrisen stellen immer noch ein Gefahrenpotential<br />

dar. Neue Konflikte resultieren aus tatsächlichen und vermeintlichen<br />

Nachteilen der Globalisierung und als zu gering angesehenen<br />

Fortschritten im internationalen Umweltschutz und der Welthandelsordnung.<br />

Zunehmend geraten internationale Institutionen in<br />

die Kritik, welche in verstärktem Umfang von Nicht-Regierungsorganisationen<br />

getragen wird, wie etwa Attac.<br />

Die zunehmende Integration der Weltwirtschaft ist mithin von Krisen<br />

vielfältiger Art begleitet. Sie verlangen sowohl von den politischen<br />

Instanzen der einzelnen Staaten als auch von den mannigfachen<br />

zwischenstaatlichen Koordinationsinstanzen und den internationalen<br />

Organisationen Entscheidungen. Allerdings ist der Charakter der<br />

den Krisen zugrundeliegenden Veränderungen vielfach noch nicht<br />

ausreichend geklärt. Und noch weniger Klarheit herrscht hinsichtlich<br />

der wünschenswerten Kompetenzverteilung zur Regelung von internationalen<br />

Wirtschaftsbeziehungen und über die verfügbaren Methoden<br />

der Stabilisierung der Güter- und Finanzmärkte. Deshalb erscheinen<br />

– auch bei grundsätzlicher Anerkennung der Bedeutung<br />

der Selbstregulierung der Märkte – vertiefende Analysen der politischen<br />

Gestaltungsnotwendigkeiten und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

internationaler Wirtschaftsbeziehungen höchst dringend.<br />

Von anhaltend großem Interesse ist die Analyse der Wechselbeziehungen<br />

zwischen den Prioritäten der nationalen Politik und der<br />

Außenwirtschaftspolitik der Staaten bzw. der Staatenverbände<br />

(EWG, EU). Über längere Zeit hinweg schienen nach dem II. Welt-


219<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

krieg die aus der Zwischenkriegszeit bekannten Konflikte zwischen<br />

binnenwirtschaftlichen Zielsetzungen und außenwirtschaftlichen Erfordernissen<br />

von geringerem Gewicht. Internationale Verteilungskämpfe<br />

standen nicht im Vordergrund der öffentlichen Auseinandersetzung.<br />

Das hat sich im Zusammenhang mit grundlegenden Veränderungen<br />

der Standortbedingungen der Produktion, erhöhter Mobilität<br />

von Kapital und Arbeit, rasch angewachsener Arbeitslosigkeit<br />

und deutlicher hervortretenden Grenzen der Finanzierung der erhöhten<br />

Staatsausgaben verändert. Es ist eine wichtige Frage, ob die<br />

Spielräume autonomer Politik der Staaten, wie vielfach behauptet<br />

wird, tatsächlich geringer geworden sind und gar weiter schwinden<br />

werden. In zunehmendem Maße werden nationale Institutionen und<br />

Regelwerke einschließlich der Steuer- und Sozialversicherungssysteme<br />

unter internationalen Wettbewerbsdruck geraten. Diesen Herausforderungen<br />

muss sich die nationale Wirtschaftspolitik stellen.<br />

Die europäische Integration wirft eine Fülle neuartiger Fragen auf,<br />

für deren Beantwortung Methodenvielfalt besonders nützlich erscheint.<br />

Interessieren sollte u. a., von welchen Kräften eine Eigendynamik<br />

erwartet werden könnte, die die gegenwärtig bestehenden<br />

Abwehrmechanismen im Hinblick auf die schrittweise Ausbildung<br />

bundesstaatlicher Ordnungselemente überwindet.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> ist besonders interessiert an Arbeiten zur empirischen<br />

Überprüfung der Ergebnisse von politischen Maßnahmen im Bereich<br />

der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, sei es von Maßnahmen<br />

einzelner Staaten, von international abgestimmtem Verhalten oder<br />

von Maßnahmen internationaler Organe. Wie auch im nationalen<br />

Rahmen werden im Feld der internationalen Beziehungen viel zu selten<br />

Kontrollen des Erfolgs von Programmen durchgeführt. Sie sollten<br />

Aufschluss über die Treffsicherheit von Prognosen und die Wirkungsbedingungen<br />

von Politik geben.<br />

Prof. K. Kaiser (Direktor des Forschungsinstituts), Deutsche Gesellschaft<br />

für Auswärtige Politik (DGAP), Berlin, erhält Fördermittel für<br />

das Projekt „Die USA in der neuen Weltpolitik: Innenpolitische Voraussetzungen,<br />

außenpolitische Führungsfähigkeit“. Wissenschaftlicher<br />

Bearbeiter ist seit Herbst <strong>2001</strong> PD Dr. G. Schild.<br />

Das Ende der „Imperial presidency“ wirft im Hinblick auf internationale<br />

Führungsfähigkeit eine Reihe neuer Probleme auf. Seit Mitte<br />

der 70er Jahre ist die amerikanische Legislative aufgrund neuer und<br />

erweiterter Vorrechte wie der „War Powers Resolution“ (1973) und<br />

dem „Impound and Budget Control Act“ (1974) zu einem funktionsfähigen<br />

Gesetzgebungs- und Kontrollorgan geworden. Sie kontrolliert<br />

nicht nur außerordentlich intensiv die Administration, sie greift<br />

auch in die Außenpolitik ein, so dass in der Wissenschaft immer häufiger<br />

von einem System der „separated powers“ statt von einem präsidentiellen<br />

Regierungssystem gesprochen wird. Im Verlauf des letzten<br />

Jahrzehnts herrschte außerdem ein „divided government“, d. h.<br />

die Mehrheit im Kongress und der Präsident gehörten verschiedenen<br />

USA<br />

Weltpolitik


QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 220<br />

Parteien an. Mit dem Einfluss des Kongresses auf außenpolitische<br />

Entscheidungen wuchs jedoch nicht notwendigerweise die Expertise<br />

in den legislativen Gremien zu internationalen Problemfeldern.<br />

Mangelnde innenpolitische Durchsetzungsfähigkeit des Weißen<br />

Hauses unter Clinton erschwerte ebenfalls eine sinnvolle und notwendige<br />

Zusammenarbeit mit dem Kongress. Die (ausgesetzte) Zahlung<br />

der Mitgliedsbeiträge an die Vereinten Nationen, die (abgelehnte)<br />

Mitgliedschaft im neugeschaffenen Internationalen Strafgerichtshof,<br />

die (gescheiterte) Ratifizierung des Nuklearteststopabkommens<br />

und Gesetzgebungen wie der „Helms-Burton-Act“ wurden<br />

entweder durch außenpolitische Wortführer im Kongress oder mit<br />

Rücksicht auf sie unternommen.<br />

Zudem tritt seit dem Ende des Ost-West-Konflikts in den USA wieder<br />

eine größere Bandbreite außenpolitischer Positionen innerhalb der<br />

Regierungsorgane und der interessierten Öffentlichkeit zu Tage. Die<br />

derzeitige Debatte über die internationale Rolle und Verantwortung<br />

der „einzig verbleibenden Supermacht“ hat den vorherigen weitgehenden<br />

Konsens zur Außenpolitik abgelöst und lässt immer tiefer<br />

gehende grundsätzliche Unterschiede erkennen. Dabei überraschte<br />

insbesondere das Erstarken neo-isolationistischer (d. h. vor allem nationalistischer<br />

und anti-internationalistischer) Positionen im republikanisch<br />

dominierten Kongress.<br />

In den vergangenen Jahrzehnten ist auch die Rolle der Medien, der<br />

öffentlichen Meinung und der Interessenverbände sowie der außenpolitischen<br />

Forschungsinstitute (think tanks) gestiegen, nicht zuletzt<br />

aufgrund ihrer personellen Verflechtungen mit Administration und<br />

Kongress. Dadurch sind auch neue Impulse der Außenpolitik entstanden<br />

(CNN-Effekt), die für die Frage der Führungsfähigkeit von<br />

Bedeutung sind.<br />

Vor diesem Hintergrund behandelt das Forschungsprojekt die folgenden<br />

Fragenkomplexe:<br />

– Wie haben sich die Veränderungen der Führungsfähigkeit der<br />

USA in zentralen Feldern der Außen-, Sicherheits- und Außenwirtschaftspolitik<br />

in den vergangenen Jahren ausgewirkt? Welche<br />

Trends zeichnen sich für die absehbare Zukunft (d. h. die kommenden<br />

fünf Jahre) ab? Gegenstand dieser Analyse ist die Politik<br />

der USA in den Vereinten Nationen, in der NATO, im Internationalen<br />

Währungsfonds, in der World Trade Organisation und der<br />

Krisenregion Balkan, überdies die amerikanische Nichtverbreitungspolitik<br />

und die Haltung Washingtons in der internationalen<br />

Umweltpolitik.<br />

– Wie sind die Auswirkungen des „Verlusts von Führung“ auf die<br />

internationale Ordnungsbildung zu beschreiben und zu bewerten?<br />

– Wie wird der „Verlust von Führung“ in den USA (Wissenschaft,<br />

Publizistik, Kongress) diskutiert? Welche Möglichkeiten einer ge-


221<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

meinsamen Außenpolitik von Präsident und Kongress oder der<br />

„Congressional Leadership“ sind erkennbar? Welche Rolle spielt<br />

die öffentliche Meinung? Gibt es außenpolitische Führungsfähigkeit<br />

jenseits der „Imperial Presidency“?<br />

– Welche Herausforderungen können sich für die Europäer ergeben,<br />

d. h. welche Rolle können die EU-Staaten als Partner der USA<br />

spielen, inwieweit können oder müssen sie mangelnde amerikanische<br />

internationale Führung ausgleichen oder ersetzen?<br />

Auf der Grundlage eines Forschungsaufenthaltes in Washington, DC<br />

im Sommer 2000 wurden erste Ergebnisse des Projekts im Winter<br />

und Frühjahr 2000/<strong>2001</strong> auf internationalen Fachkonferenzen vorgetragen.<br />

Im Dezember 2000 fand ein Symposium zum Thema „Domestic<br />

Dimensions of U.S. International Leadership After the Cold War“<br />

mit namhaften deutschen und amerikanischen Experten am Forschungsinstitut<br />

der DGAP in Berlin statt.<br />

Die Beiträge sind publiziert in:<br />

The Uncertain superpower. Domestic dimensions of U.S. Foreign<br />

policy after the Cold War. Hrsg.: Bernhard May; Michaela Hönicke.<br />

Opladen <strong>2002</strong>.<br />

Weitere Publikationen im Rahmen des Projekts:<br />

Hönicke, Michaela: Absichten und Ambivalenzen in der amerikanischen<br />

Europapolitik. – In: Die euro-atlantischen Beziehungen im<br />

Spannungsfeld von Regionalisierung und Globalisierung. Hrsg.:<br />

Reinhard C. Meier-Walser; Susanne Luther. München <strong>2001</strong>.<br />

Hönicke, Michaela: USA – innenpolitische Unversöhnlichkeiten<br />

und außenpolitische Handlungsfähigkeit. – In: Jahrbuch Internationale<br />

Politik. 1999–2000. München <strong>2001</strong>.<br />

Im Projekt werden die Konsequenzen der terroristischen Anschläge<br />

vom 11. September <strong>2001</strong> für den außenpolitischen Entscheidungsprozess,<br />

insbesondere die Rolle von Präsident, Ministerien und Kongress<br />

sowie für die amerikanische Rolle in der Welt eingehend analysiert.<br />

Insbesondere die Auswirkungen auf das atlantische Bündnis<br />

und die bilateralen Beziehungen zu wichtigen Partnerstaaten sollen<br />

hierbei berücksichtigt werden.<br />

Prof. K. Kaiser (Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts), Deutsche<br />

Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Berlin, wurden Mittel<br />

für einen „Gesprächskreis Transatlantische Beziehungen“ bewilligt.<br />

Unter dem Vorsitz von Prof. H. Haftendorn , FU Berlin, und K.<br />

Voigt, Koordinator für deutsch-amerikanische Beziehungen, soll damit<br />

ein Forum in der Hauptstadt Berlin geschaffen werden, das dem<br />

kontinuierlichen Dialog über aktuelle und mittelfristige Probleme<br />

der transatlantischen Beziehungen dient.<br />

Der Mitgliederkreis umfasst ca. 60 überwiegend jüngere Vertreter<br />

aus Ministerien, dem Bundestag, aus Wissenschaft, Wirtschaft und<br />

Gesprächskreis<br />

Transatlantische<br />

Beziehungen


Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 222<br />

Medien, die sich mit den transatlantischen Beziehungen beschäftigen.<br />

Der Gesprächskreis will durch Diskussion aktueller transatlantischer,<br />

amerikanischer oder europapolitischer Themen mit amerikanischen<br />

Referenten seinen Mitgliedern die Gelegenheit zur konstruktiven<br />

Kritik wichtiger transatlantischer Probleme geben und damit<br />

zur Verbesserung der transatlantischen Beziehungen beitragen.<br />

Bisher fanden die folgenden Sitzungen statt:<br />

– am 23. Januar <strong>2001</strong>, Prof. Stephen F. Szabo (associate Dean, Paul<br />

Nitze School of advanced International Studies): „The Future of<br />

Transatlantic Relations under the New U. S. Administration“<br />

– am 28. Mai <strong>2001</strong>, Prof. J. S. Nye Jr. (Dekan der John F. Kennedy<br />

School, Harvard): „America as Number One. How long Will it<br />

Last? Implications for Transatlantic Relations“.<br />

– am 1. Oktober <strong>2001</strong>, Col. William Wise (USAF, ret.): „International<br />

Terrorism as a Transatlantic Issue“<br />

– am 10. Januar <strong>2002</strong>, Ambassador Robert Hunter (US Ambassador<br />

to NATO 1993–98 RAND Corporation, Washington DC): „European<br />

Security and Defense Policy as a Transatlantic Issue“<br />

– am 16. Januar <strong>2002</strong>, Prof. Angela Stent (Professor of Government<br />

and Director of the Center for Eurasian, Russian and East European<br />

Studies in the Georgetown School of Foreign Service): „Russia<br />

as a New Strategic Partner of the United States of America“<br />

– am 27. Mai <strong>2002</strong>, Prof. Henry Nau (Professor of Political Science<br />

and International Affairs at The Elliott School of International Affairs,<br />

The George Washington University, Washington, DC):<br />

„Transatlantic Economic Relations after September 11th : what has<br />

changed?“<br />

– am 19. November <strong>2002</strong>, Prof. Stephen S. Szabo (Professor of European<br />

Studies, The Paul H. Nitze School of Advanced International<br />

Studies, John Hopkins University, Washington, DC): „Transatlantic<br />

Relations after the Elections in Germany and the United States:<br />

Problems and Prospects“.<br />

Für das Projekt „Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik<br />

Deutschland im euro-atlantischen Integrationszusammenhang,<br />

1990–1999“ erhielten Prof. L. Kühnhardt und Dr. F. J. Meiers,<br />

Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI), Bonn, Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Gegenstand ist eine Untersuchung der deutschen Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik als Kernbestand der deutschen Außenpolitik<br />

seit der Wiedervereinigung 1990. Das Projekt konzentriert sich auf<br />

drei zentrale Politikfelder, die nach der Zeitenwende Ende der<br />

80er/Anfang der 90er Jahre die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

im euro-atlantischen Integrationsverbund maßgeblich<br />

bestimmen: die Stärkung der transatlantischen und europäischen


223<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

Handlungszusammenhänge, die Reform der Streitkräfte in flexible,<br />

über strategische Entfernungen schnell verlegbare Interventionsarmeen<br />

und die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Missionen<br />

außerhalb des NATO-Vertragsgebietes.<br />

Im Mittelpunkt des ersten Problembereichs steht die Haltung der<br />

Bundesrepublik zur neuen NATO und der EG/EU mit einer sicherheits-<br />

und verteidigungspolitischen Dimension. Untersucht werden<br />

zum einen die funktionale und geographische Erweiterung sowie die<br />

Europäisierung des Atlantischen Bündnisses, zum anderen die Entwicklung<br />

einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

vom Vertrag von Maastricht über den von Amsterdam<br />

bis hin zum „Signal von St. Malo“.<br />

Im zweiten Problemfeld werden die beiden Reformansätze der Bundeswehr<br />

im Kontext des Strategischen Konzepts der NATO von 1991<br />

und 1999 stehen. Besonders beachtet werden sollen ihre Ausrichtung<br />

in Umfang, Struktur und Ausrüstung auf die Kernaufgaben von<br />

Streitkräften nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und die Entwicklung<br />

des Verteidigungshaushaltes.<br />

Im dritten Problemfeld wird der Beitrag der Bundeswehr zu Krisenprävention<br />

und Konfliktmanagement diskutiert. Im Mittelpunkt stehen<br />

dabei der zweite Golf-Krieg, die humanitären Einsätze auf dem<br />

Balkan, in Afrika und Asien sowie die Beteiligung an den Friedensmissionen<br />

in Bosnien-Herzegowina und der NATO-Luftoperation<br />

„Allied Force“ in und um den Kosovo.<br />

In der wissenschaftlichen Literatur werden unterschiedliche Schlussfolgerungen<br />

über das Akteursverhalten des vereinten Deutschland gezogen.<br />

Unterstellt wird entweder die Rückkehr zu einer traditionellen<br />

Großmachtpolitik, ein Festhalten an der für die alte Bundesrepublik bestimmenden<br />

Verhaltensweise eines Handelsstaates, einer Zivilmacht<br />

oder einer zurückhaltenden Macht. Anhand der drei zentralen Politikfelder<br />

wird überprüft, ob das Verhalten des vereinten Deutschland in<br />

den drei Problembereichen mit dem von den vier führenden Denkschulen<br />

der Internationalen Beziehungen – Neorealismus, Institutionalismus,<br />

demokratischer Liberalismus und Konstruktivismus – unterstellten<br />

Verhaltensmuster übereinstimmt. Anhand dieser vier Erklärungsansätze<br />

werden die vier zentralen Fragen des Projektes diskutiert:<br />

– Ausmaß und Ausprägung von Wandel bzw. Kontinuität der deutschen<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik seit der Vereinigung,<br />

– Außen- und Innensteuerung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,<br />

– Handlungsspielräume der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,<br />

– künftiges Akteursverhalten des vereinten Deutschlands, das an<br />

den Gegensatzpaaren Führungsrolle und Führungsvermeidungsreflex<br />

festgemacht wird.


QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 224<br />

Die Handlungsmaximen und Prinzipien der Außenpolitik des vereinten<br />

Deutschlands behalten auch unter den grundlegend veränderten<br />

internationalen Rahmenbedingungen ihre unveränderte Gültigkeit.<br />

Im Gegensatz zum radikalen Neuanfang der deutschen Außenpolitik<br />

nach 1945 ist Kontinuität die beherrschende Denkfigur in der Außenpolitik<br />

des vereinten Deutschland. Lässt die Betonung der außenpolitischen<br />

Kontinuität genügend Raum für Wandel, der aus einem veränderten<br />

Anforderungsprofil an die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

resultiert? Wie haben sich die Grundorientierungen,<br />

Strategien und Mittel der Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

des vereinten Deutschland unter den Bedingungen tiefgreifenden<br />

Wandels im externen Umfeld entwickelt? Wenn der euro-atlantische<br />

Integrationszusammenhang eine so zentrale Bedeutung für die deutsche<br />

Außenpolitik hat, übernimmt das vereinte Deutschland mehr<br />

Verantwortung für Frieden und Sicherheit in Europa, wie es von den<br />

euro-atlantischen Partnern erwartet wird, auch wenn dieses veränderte<br />

Anforderungsprofil nicht mit dem der alten Bundesrepublik<br />

übereinstimmt?<br />

Die Frage, wie sich Kontinuität und/oder Wandel in der deutschen<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik erklären lässt, wirft die Frage<br />

nach dem Wechselspiel von Innen- und Außenpolitik auf. Wie werden<br />

die veränderten sicherheits- und verteidigungspolitischen Anforderungen<br />

im politisch-gesellschaftlichen Umfeld wahrgenommen<br />

und wie reagiert die deutsche Außenpolitik auf die innergesellschaftlichen<br />

Erwartungen und Forderungen? Folgen die politisch<br />

Verantwortlichen den Erwartungen und Forderungen, die an<br />

Deutschland von den euro-atlantischen Partnern gestellt werden,<br />

auch wenn diese vor allem in der Frage der militärischen Machtanwendung<br />

von in der Gesellschaft tiefverwurzelten Präferenzen für<br />

kooperative, nicht-militärische Strategien und Instrumente der Konfliktverarbeitung<br />

abweichen? Gilt für das vereinte Deutschland wie<br />

für die Bundesrepublik, dass die externen Bestimmungsfaktoren<br />

stärker wirksam sind als die, die vom innenpolitischen System nach<br />

außen wirken?<br />

Aus der empirischen Analyse sollen die wesentlichen Strukturen,<br />

Muster und Modi abgeleitet werden, die die künftige deutsche Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik im euro-atlantischen Kontext<br />

kennzeichnen. Dabei geht es um die Frage, ob sich die Handlungsspielräume<br />

der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufgrund<br />

des neuen Status des vereinten Deutschlands im internationalen<br />

System vergrößert haben und wie sie die politischen Entscheidungsträger<br />

genutzt haben. Daraus leitet sich die abschließende<br />

Frage ab, ob die Bundesrepublik im Bereich der Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik eine Führungs- oder eine Sekundärrolle übernimmt.<br />

Die zentrale Hypothese dieses Projektes lautet: Eine Führungs- bzw.<br />

Sekundärrolle Deutschlands in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

korreliert mit der militärischen bzw. nicht-militärischen Di-


225<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

mension eines Problembereichs. Deutschland übernimmt eine<br />

Primärrolle in Bereichen mit einer nicht-militärischen Dimension<br />

(Europäisierung und Osterweiterung des Bündnisses, und die politisch-institutionellen<br />

Aspekte der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik). Das Akteursverhalten der Bundesrepublik<br />

in den Politikbereichen mit einer nichtmilitärischen Dimension<br />

wird durch die Erklärungsansätze des Institutionalismus<br />

und des demokratischen Liberalismus am besten prognostiziert. In<br />

den Bereichen mit einer militärischen Dimension (Beteiligung an<br />

„out-of-area“-Einsätzen oder militärisch-operative Aspekte der<br />

„neuen NATO“ (Projektionsstreitkräfte) und der GESVP (Konvergenzkriterien))<br />

präferiert Deutschland eine Sekundärrolle. Dieser<br />

„Führungsvermeidungsreflex“ in Problembereichen mit einer militärischen<br />

Dimension lässt sich auf den konstruktivistischen Erklärungsansatz<br />

zurückführen, in dessen Mittelpunkt die für Deutschland<br />

historisch bedingte „Kultur der Zurückhaltung“ steht.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

Meiers, Franz-Josef: The reform of the Bundeswehr. Adaption or<br />

fundamental renewal? – In: European Security. 10, 3. <strong>2001</strong>. S. 1–22.<br />

Meiers, Franz-Josef: Deutschland. Der dreifache Spagat. – In:<br />

Viertelsjahresschrift für Sicherheit und Frieden. 19, 2. <strong>2001</strong>.<br />

S. 62–68. – In: Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />

Hrsg.: Hans-Georg Ehrhart. Baden-Baden <strong>2002</strong>. S. 35–48.<br />

Meiers, Franz-Josef: Die Gemeinsame Europäische Sicherheitsund<br />

Verteidigungspolitik als Zankapfel zwischen den USA und<br />

Europa. – In: Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik <strong>2001</strong>.<br />

Hrsg.: Erich Reiter. Hamburg usw. <strong>2001</strong>. S. 433–452.<br />

Meiers, Franz-Josef: La réforme de la Bundeswehr. Adaption ou<br />

rénovation intégrale? – <strong>2001</strong>. 44 S. (Les Notes de l’ifri; No. 35)<br />

Meiers, Franz-Josef: Was zählt und wer zählt? Die Transatlantischen<br />

Beziehungen nach dem 11. September. – In: Europäische Sicherheit.<br />

51, 8. <strong>2002</strong>.<br />

Prof. W. Wessels, Seminar für Politikwissenschaft, Universität Köln,<br />

erhielt Fördermittel für das Projekt „Die Europäische Sicherheitsund<br />

Verteidigungspolitik (ESVP) im transatlantischen Kontext – Entfremdung<br />

oder neue Partnerschaft?“.<br />

Das Projekt stellt sich zur Aufgabe, die Auswirkungen der Schaffung<br />

einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf<br />

die transatlantischen Beziehungen zu untersuchen. Hierzu wird zum<br />

einen die institutionelle, operative und strategische Entwicklung der<br />

ESVP analysiert, zum anderen werden die Grundlinien und spezifischen<br />

Ausprägungen der US-amerikanischen Außen- und Verteidigungspolitik<br />

behandelt; beide Stränge sollen in einem weiteren Schritt<br />

in Bezug zueinander gesetzt werden. Eine wichtige Rolle kommt dabei<br />

den nationalen Positionen bedeutender EU-Staaten (Deutschland,<br />

ESVP


QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 226<br />

Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweden) sowie der USA zu.<br />

Diese sollen durch internationale Projektpartner beigesteuert werden.<br />

Zentrale Frage ist, ob sich durch die Entwicklung der ESVP eine Entfremdung<br />

ergeben wird, oder ob sich neue Formen der Partnerschaft<br />

zwischen den USA und der EU entwickeln werden. Nach den Ereignissen<br />

des 11. September <strong>2001</strong> haben diese Fragen eine neue Brisanz<br />

und Relevanz erfahren. Die außen- und sicherheitspolitischen Grundorientierungen<br />

der USA und der EU stehen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit<br />

mehr denn je im Zentrum des Interesses.<br />

In den ersten fünf Monaten der Projektlaufzeit wurden die konzeptionellen<br />

und empirischen Arbeitsschritte in die Wege geleitet, die in<br />

erster Linie die Sammlung von Dokumenten und Materialien zur<br />

Entwicklung sowie zu institutionellen und rechtlichen Grundlagen<br />

der ESVP wie auch die Aufarbeitung des Forschungsstandes umfassen.<br />

Mit den internationalen Projektpartnern ist zudem die Abstimmung<br />

der gemeinsamen Arbeit vorgenommen worden.<br />

In Washington fand im Mai <strong>2002</strong> im Center for Strategic and International<br />

Studies (CSIS) eine erste Vorabsprache zwischen den Projektpartnern<br />

statt, in der zum einen die Entwicklung der ESVP resümiert,<br />

zum anderen vor aktuellem Hintergrund, die US-amerikanische Position<br />

zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik diskutiert<br />

wurde. Unter Leitung des US-amerikanischen Projektpartners<br />

fand ergänzend hierzu ein Colloquium zwischen europäischen und<br />

US-amerikanischen Experten zu „US-Positionen zur ESVP nach dem<br />

11. September“ statt, das als Teil des Projektprogramms eine erste<br />

Gelegenheit zum Meinungsaustausch bieten sollte; dabei stellten Ivo<br />

Daalder (Brookings Institution) und Kori Schake (National Defence<br />

University) die amerikanischen Sichtweisen vor. Deutlich zeichneten<br />

sich divergierende Bewertungen im transatlantischen Raum ab: die<br />

amerikanische Seite legt mehr denn je Wert auf die Kapazitäten und<br />

die Handlungsfähigkeit der EU, weniger auf die institutionelle und<br />

prozedurale Ausgestaltung der ESVP; nach dem 11. September<br />

scheint die Befürchtung zu überwiegen, dass die EU kaum imstande<br />

sein wird, substantiell militärische Aufgaben zu übernehmen; gefordert<br />

werden in Washington sowohl deutlich höhere Ausgaben im Verteidigungsbereich<br />

seitens der Europäer als auch Anstrengungen zur<br />

Schließung der technologisch-strategischen Lücke, die sich zwischen<br />

den USA und den europäischen NATO-Partnern auftut. Eine ‘schwache’<br />

ESVP stellt derzeit in den USA eine häufig geäußerte Befürchtung<br />

dar. Zudem hat der 11. September eine Präferenz Washingtons<br />

zugunsten bilateraler Kontakte bewirkt, welche für die EU als Organisation<br />

Probleme der Profilierung schafft.<br />

Dieser Befund wird in die Projektarbeit einfließen und weiter ausgebaut<br />

werden. Die Arbeit zu den rechtlichen Grundlagen und der institutionellen<br />

Entwicklung stehen kurz vor dem Abschluss. Die Projektpartner<br />

werden einen ersten Entwurf ihrer Berichte zu den nationalen<br />

Positionen abgeben, der dann in einem Projekttreffen diskutiert<br />

werden soll.


227<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

Prof. K. Kaiser, Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für<br />

Auswärtige Politik (DGAP), Berlin, wurden <strong>2001</strong> Fördermittel bewilligt<br />

für das Projekt „Die EU und China zu Beginn des 21. Jahrhunderts.<br />

Die interregionalen Beziehungen unter Bedingungen globalisierter<br />

Wirtschafts- und Sicherheitspolitik sowie der europäischen<br />

Neuordnung“.<br />

Das vorliegende Projekt hat die Aufgabe, innenpolitische wie internationale<br />

Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die EU-China-<br />

Beziehungen zu untersuchen. Dabei sollen systematische wie theoretische<br />

Ansätze genutzt werden.<br />

Vier strategische Trends sind für die Thematik von erheblicher Bedeutung:<br />

– die Entwicklung der globalen Politik und des Kontextes der Globalisierung,<br />

– die Entwicklung in Asien im Zusammenhang mit dem Aufstieg<br />

Chinas zur Großmacht,<br />

– der Verlauf der ökonomischen und politischen Transformationsprozesse<br />

und ihre Folgen für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

sowie für die weltwirtschaftliche Integration Chinas,<br />

– die Entwicklungen innerhalb der EU mitsamt ihrer ökonomischen<br />

und politischen Auswirkungen.<br />

Die Debatte um die angemessene westliche Strategie gegenüber<br />

China bewegt sich schon lange zwischen den Polen „Engagement“<br />

und „Eindämmung“ und weist daneben eine Vielzahl von kombinatorischen<br />

Varianten auf. Eine kooperative Haltung zu China ist insgesamt<br />

zwar geboten, zu beachten sind jedoch auch die innenpolitischen<br />

Unwägbarkeiten und ihre Konsequenzen für die Außenpolitik<br />

des Landes.<br />

Auch das Fehlen einer kohärenten europäischen Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik stellt sich als Problem dar. Die Asien- und<br />

Chinapolitik der EU hat zwar seit den neunziger Jahren unter maßgeblicher<br />

Beteiligung Deutschlands eine Aufwertung erfahren, wird<br />

aber nicht zuletzt durch die innereuropäische wirtschaftliche Konkurrenz<br />

erschwert. Die Zusammenarbeit im Rahmen des Asia-Europe-Meetings<br />

(ASEM) entspricht zwar einer interregionalen Logik<br />

und einem Streben nach wirtschaftlichem Austausch und internationaler<br />

Sicherheit, sie muss im Laufe des Projekts aber noch eingehend<br />

auf ihre Erfolgsbilanz hin geprüft werden.<br />

Im Kontext der europäischen Asienstrategie hat sich seit den frühen<br />

90er Jahren eine Politik herausgebildet, die durch das China-Konzept<br />

von 1998 eine neue Grundlage erhalten hat. Darin wird auf die<br />

Verstärkung des politischen Dialogs, die Unterstützung des Reformprozesses<br />

und verstärkte finanzielle Hilfeleistungen verwiesen. Sicherheitspolitische<br />

Fragen erweisen sich dagegen als problematisch.<br />

EU und<br />

China


Bevölkerungsentwicklung<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 228<br />

Die chinesische Politik und die Beziehungen Chinas zur EU werden<br />

in Zukunft vor allen Dingen geprägt sein durch sicherheitspolitische<br />

Kooperation sowie sozioökonomische Herausforderungen Chinas.<br />

Trotz bereits bestehender sicherheitspolitischer Kooperations- und<br />

Dialogformen muss die Zusammenarbeit zwischen der EU und China<br />

angesichts globaler Herausforderungen erheblich intensiviert werden.<br />

Die Nichtverbreitung von Massenvernichtungsmitteln und die<br />

Rüstungskontrolle bilden hier zentrale Bezugspunkte.<br />

Im sozioökonomischen Bereich wird der anstehende WTO-Beitritt<br />

Chinas weitere Reformen erfordern und damit Auswirkungen auf<br />

das gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Gefüge des Landes<br />

zeitigen. Das Projekt wird sich deshalb den innenpolitischen<br />

Transformationsprozessen und der Entwicklung des politischen Systems<br />

widmen.<br />

Im Berichtszeitraum wurden Dr. A. Zunker, <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft<br />

und Politik (SWP), Berlin, Mittel zur Verfügung gestellt für das Projekt<br />

„Demographische Entwicklungen in und um Europa – politisch<br />

relevante Konsequenzen“.<br />

Die Bevölkerung Europas stagniert, ja schrumpft tendenziell – trotz<br />

laufender Zuwanderung. Da die Weltbevölkerung weiterhin kräftig<br />

zunimmt, wird im Laufe der nächsten 25 Jahre der Anteil der europäischen<br />

an der Weltbevölkerung deutlich sinken. Die Bevölkerung<br />

der heutigen EU wird im Fall der Aufnahme aller derzeit aussichtsreichen<br />

Beitrittskandidaten zwar um rund 100 Mio. auf dann<br />

annähernd 500 Mio. zunehmen, aber an der negativen Bevölkerungsentwicklung<br />

wird dies grundsätzlich nichts ändern: Das Forschungsprojekt<br />

befasst sich mit der Frage nach den politischen Konsequenzen<br />

und wie darauf konstruktiv reagiert werden könnte.<br />

Der erste politikrelevante Bereich betrifft den fortschreitenden Alterungsprozess,<br />

der nicht nur auf erhöhter Lebenserwartung beruht,<br />

sondern vor allem auf gesunkener Fertilität (=durchschnittliche Zahl<br />

der Geburten je Frau). Dieser Prozess hat eine Reihe ernster Konsequenzen,<br />

die Europas politische sowie wirtschaftliche Position im internationalen<br />

Umfeld tangieren.<br />

Der zweite politikrelevante Bereich betrifft die Außen- und Sicherheitspolitik.<br />

Das Gewicht der Staaten innerhalb des internationalen<br />

Systems hängt vor allem von ihrer wirtschaftlichen, technologischen<br />

und/oder militärischen Potenz, ihrer territorialen Ausdehnung und<br />

ihrer Ressourcenausstattung ab. Jene bevölkerungsreichen Entwicklungsländer,<br />

denen es gelingt, ihre Bürger zu mobilisieren, ihr Potential<br />

zu entfalten und zu nutzen, werden den westlichen Einfluss in ihrer<br />

Region zurückdrängen, verstärkt auf Prozesse regionaler Integration<br />

Einfluss nehmen, zu relevanten wirtschaftlichen Partnern bzw.<br />

Konkurrenten der Industrieländer avancieren, eine „gerechtere“<br />

Vertretung in den internationalen Organisationen verlangen und<br />

nachdrücklicher globale Mitgestaltung beanspruchen.


229<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

Die Staaten der EU zusammen erreichen zwar eine relevante Größenordnung.<br />

Ihr Anteil an der Weltbevölkerung geht aber rapide zurück.<br />

Relevant ist unter diesem Aspekt vor allem die an Europa angrenzende<br />

südliche und südöstliche Region. Die dortige Mischung von alten,<br />

ungelösten und nachwachsenden neuen Problemen wird durch<br />

das dort anhaltende Bevölkerungswachstum an Brisanz gewinnen.<br />

Auch eine erfolgreiche Wirtschafts-, Struktur- und Sozialpolitik wird<br />

nicht automatisch innen- und außenpolitischen Tendenzen zur<br />

Durchsetzung verhelfen, die aus EU-Sicht positiv zu bewerten<br />

wären. Geradezu katastrophal indes wäre eine Konstellation aus hohem<br />

Bevölkerungswachstum, anhaltender Unterentwicklung und<br />

politischer Instabilität.<br />

Der dritte politikrelevante Bereich betrifft die transnationalen Migrationen.<br />

Europa ist in den letzten Jahrzehnten – mehr nolens als volens<br />

– zu einer Einwanderungsregion geworden. Integrations- und<br />

Akzeptanzprobleme sind offensichtlich. Es ist nicht zu erwarten, dass<br />

die Ursachen und Motive für transnationale Migration abnehmen<br />

werden – im Gegenteil. Gleichzeitig wird das starke Wachstum der<br />

Weltbevölkerung – namentlich in den armen Ländern – mindestens<br />

noch 50 Jahre anhalten und die Migrationsproblematik weiter verschärfen.<br />

Das trifft auch die EU. Selbst eine Verbesserung der kollektiven<br />

Lebensqualität in den Herkunftsländern könnte paradoxerweise<br />

dazu führen, dass der Wanderungsdruck zunimmt, weil die<br />

Zahl der mobilitätswilligen und –fähigen Personen steigt.<br />

Die EU-Staaten stehen vor einem Dilemma: Bevölkerungsrückgang<br />

und Alterung machen kontinuierliche Zuwanderung wünschenswert,<br />

aber die Zahl und die Art der bisherigen Migranten lassen fragen,<br />

ob die EU-Staaten noch wesentlich mehr Zuwanderer „vertragen“.<br />

Jedenfalls ist die einzelstaatliche Asyl-, Ausländer- und Einwanderungspolitik<br />

nicht mehr problemadäquat.<br />

Das Forschungsvorhaben ist interdisziplinär angelegt und wird von<br />

Dr. M. Wöhlcke (Projektleiter/SWP), Prof. Ch. Höhn (Direktorin des<br />

Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung) sowie der Projektassistentin<br />

S. Schmid fächerübergreifend bearbeitetet.<br />

Für das Projekt „Elitenwechsel in der arabischen Welt“ erhält PD Dr.<br />

V. Perthes, <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin, Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Der Tod von gleich vier altgedienten arabischen Führern zwischen<br />

1999 und 2000 hat internationale Beobachter erstmals darauf gestoßen,<br />

dass die arabische Welt in der kommenden Dekade einen nahezu<br />

umfassenden politischen Führungs- und Generationenwechsel<br />

erleben dürfte, der sich auf die inneren Strukturen dieser Staaten (in<br />

wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht) und auf ihre internationalen<br />

Beziehungen auswirken kann.<br />

Heutige arabische Gesellschaften sind vergleichsweise jung (die unter<br />

18jährigen machen bis zu 60 Prozent der Bevölkerung arabischer<br />

Elitenwechsel<br />

in der<br />

arabischen Welt


MERCOSUR<br />

und NAFTA<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 230<br />

Staaten aus). Den Generationenwechsel durchzuführen und Arbeitsplätze<br />

und soziale Sicherheit für die heranwachsende Generation bereitzustellen,<br />

ist eine Hauptherausforderung für alle diese Staaten.<br />

Gleichzeitig bietet die überwiegend junge Bevölkerung den<br />

Führungsperönlichkeiten und Eliten der arabischen Staatenwelt die<br />

Chance einer Verjüngung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen<br />

Strukturen und eröffnet die Möglichkeit, die regionalen Beziehungen<br />

der arabischen Staaten untereinander wie auch zu ihrer internationalen<br />

Umgebung neu zu bestimmen.<br />

Vorgesehen sind eine Querschnittsanalyse für die gesamte Region<br />

sowie Fallstudien zu ausgewählten Staaten. Das Augenmerk liegt<br />

dabei auf den politischen Eliten, d. h. den politisch „Einflussreichen“<br />

im Sinne der Definition von Harold Lasswell (1958). Damit sind nicht<br />

allein die obersten Entscheidungsträger der einzelnen Staaten gemeint,<br />

sondern ganz wesentlich die Entscheidungsträger der zweiten<br />

und dritten Reihe und insgesamt die Mitglieder einer im Einzelfall<br />

operational zu bestimmenden politischen Klasse.<br />

Folgende, miteinander verbundene Themenkomplexe werden behandelt:<br />

– Struktur und Zusammensetzung der neuen bzw. heranwachsenden<br />

politischen Eliten der arabischen Staaten selbst,<br />

– Zusammenhänge zwischen dem Generationswechsel bei den politischen<br />

Eliten und den politischen und sozio-ökonomischen<br />

Transformationsprozessen in den arabischen Staaten,<br />

– Zusammenhang zwischen dem Wechsel der politischen Eliten und<br />

den regionalen bzw. internationalen Beziehungen der arabischen<br />

Staaten.<br />

Sieben Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler (drei<br />

aus Europa und vier aus arabischen Staaten) gehören zu dem internationalen<br />

Team des Forschungsprojektes, an dem darüber hinaus<br />

einzelne Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler beteiligt<br />

sind.<br />

Im Rahmen des Projekts wurde folgende Studie erstellt:<br />

Abdelnasser, Gamal: Political change in Egypt. The parliamentary<br />

elections of 2000 and horizons of reform. – Berlin: <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft<br />

und Politik, <strong>2001</strong>. 25 S. (SWP-Studie).<br />

Für ein Forschungsvorhaben zum Thema „MERCOSUR und NAFTA:<br />

Institutionen und Entscheidungsstrukturen in asymmetrischen Integrationsprozessen<br />

der ‘zweiten Generation’“ erhält Prof. K. Bodemer,<br />

Institut für Iberoamerikakunde (IIK), Hamburg, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

MERCOSUR und NAFTA sind heute die dominanten Integrationsprozesse<br />

auf den beiden amerikanischen Kontinenten. Beide Institutionen<br />

sind am Ende des Kalten Krieges im Kontext von Globalisie-


231<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

rung und „offenem Regionalismus“ entstanden. Insofern bilden sie<br />

Integrationsprozesse der zweiten Generation. Zwischen beiden Zusammenschlüssen<br />

bestehen eine Reihe von Gemeinsamkeiten, wie<br />

insbesondere die enormen Entwicklungs- und Größenunterschiede<br />

zwischen und innerhalb ihrer Mitgliedsstaaten, ein schwacher zwischenstaatlicher<br />

institutioneller Unterbau, das Vorhandensein einer<br />

zentralen Führungsmacht und die Herausforderung der Vertiefung<br />

und Erweiterung.<br />

Es gibt allerdings auch beträchtliche Unterschiede zwischen MER-<br />

COSUR und NAFTA. Während der MERCOSUR auf die Errichtung<br />

eines gemeinsamen Marktes abzielt, ist die NAFTA wenig mehr als<br />

eine Freihandelszone. Im Hinblick auf die Ergebnisse weist die<br />

NAFTA jedoch eine weitaus größere wirtschaftliche Verflechtung<br />

zwischen den Mitgliedsstaaten auf als der MERCOSUR. Der so genannte<br />

Regionalisierungsgrad ist unterschiedlich stark ausgeprägt:<br />

der Handelsaustausch zwischen den NAFTA-Ländern beträgt über<br />

50 Prozent, innerhalb des MERCOSUR ist er im Zuge der Argentinien-Krise<br />

und der rezessiven Tendenzen generell auf 18 Prozent gesunken.<br />

Unterschiede bestehen auch in Bezug auf die Methode der<br />

Integration: MERCOSUR ist ein primär politischer, von den Regierungen<br />

gesteuerter, auf Verhandlungen basierender Prozess ohne<br />

umfassenden Grundvertrag, NAFTA ist aufgrund des umfassenden<br />

Abkommens stark regelorientiert und wird maßgeblich vom Privatsektor<br />

vorangetrieben.<br />

Vor diesem Hintergrund zielt das Forschungsprojekt darauf ab, die<br />

oft vergessene politisch-institutionelle Dimension von Integrationsprozessen<br />

durch einen systematischen Vergleich zwischen MERCO-<br />

SUR und NAFTA zu bewerten. Während sich die NAFTA durch die<br />

vertraglich gesicherte Verregelung durch einen sehr geringen Institutionalisierungsgrad<br />

auszeichnet, hat der MERCOSUR ein vergleichsweise<br />

dichtes institutionelles Gefüge geschaffen, das jedoch<br />

in der Praxis immer stärker von der Gipfeldiplomatie zwischen Argentinien<br />

und Brasilien verdrängt wird.<br />

Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts steht einerseits die Frage,<br />

welche Chancen und Grenzen für eine sektorale und institutionelle<br />

Vertiefung (spill-over) des MERCOSUR und der NAFTA bestehen<br />

und andererseits, welche Mechanismen geeignet wären, um bestehende<br />

Asymmetrien innerhalb beider Blöcke abzuschwächen. Unter<br />

Einbezug der neueren Integrationstheorien wird u. a. untersucht, wie<br />

effizient die bestehenden Institutionen und Entscheidungsstrukturen<br />

sind, welche Defizite bestehen, in welchen Bereichen weiterer<br />

Steuerungsbedarf besteht und wie politische und wirtschaftliche Ungleichgewichte<br />

in Bezug auf die Entscheidungsmechanismen und<br />

die jeweiligen Entwicklungsniveaus der Länder abgebaut werden<br />

könnten. Von Bedeutung ist hier auch die Frage, wo die Reformperspektiven<br />

an ihre (nationalstaatlichen) Grenzen stoßen und welche<br />

Lektionen das Beispiel des auf Supranationalität basierenden europäischen<br />

Integrationsmodells bieten kann.


Europarecht<br />

Lehrveranstaltungen<br />

Europäisches<br />

Recht<br />

Das Forschungsprojekt wird vom IIK in Hamburg mit Unterstützung<br />

von wissenschaftlichen Mitarbeitern aus Lateinamerika koordiniert<br />

und durchgeführt. Zwischenergebnisse werden in der Instituts-Reihe<br />

„Arbeitspapiere“ vorgestellt, die abschließenden Ergebnisse in einer<br />

Buchpublikation in deutscher und spanischer Sprache.<br />

Prof. M. Hilf, Fachbereich Rechtswissenschaft, Universität Hamburg,<br />

wurden weitere Fördermittel für auslandsrechtliche, rechtsvergleichende<br />

und europarechtliche Lehrveranstaltungen bereitgestellt.<br />

Mit Hilfe der Mittel werden ausländische Rechtswissenschaftler nach<br />

Hamburg eingeladen, um hier als Gastprofessoren auslandsrechtliche,<br />

rechtsvergleichende und europarechtliche Lehrveranstaltungen<br />

– wenn möglich in ihrer Muttersprache – abzuhalten. Im Sommersemester<br />

<strong>2001</strong> fanden in diesem Rahmen folgende Vorlesungen statt:<br />

– Prof. Jean-Claude Gautron und Dr. Olivier Dubos (Universität<br />

Montesquieu Bordeaux IV): Les approches françaises du droit<br />

Communautaire<br />

– Prof. Michael Whincup (Universität Keele): English legal system<br />

– Prof. Michael Whincup (Universität Keele): English contract law,<br />

im Wintersemester <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>:<br />

– Prof. Susanne Kalss (Universität Klagenfurt): Introduction and selected<br />

questions on European and national corporate and securities<br />

law<br />

sowie im Sommersemester <strong>2002</strong>:<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 232<br />

– Prof. Michael Whincup (University of Keele): English legal system/<br />

Introduction to English contract law<br />

– Prof. Guido Ferrarini (Centro di Diritto e Finanza (CE.DI.F.), Università<br />

degli Studi di Genova): European Securities Regulation<br />

– Dr. Joanne Scott (Centre for European Legal Studies (CELS), University<br />

of Cambridge): Law and New Approaches to Governance<br />

in the EU: From Comitology to the Post-Nice Process.<br />

Prof. S. Grundmann, Juristische Fakultät, Universität Halle-Wittenberg,<br />

und Prof. A. K. Schnyder, Juristische Fakultät, Universität Basel,<br />

werden seit Frühjahr 2000 Mittel für das Projekt „IUS COMMU-<br />

NITATIS – 10 Lehrbücher zum Europäischen materiellen Recht“ bereitgestellt.<br />

Geplant ist die Herausgabe einer Reihe von rechtswissenschaftlichen<br />

Lehrbüchern zu den zehn vielleicht wichtigsten Materien des substantiellen<br />

Gemeinschaftsrechts: dem Europäischen Schuldrecht,<br />

Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Banken- und Versicherungsrecht,<br />

Wettbewerbsrecht, Zivilprozessrecht, Umweltrecht, Verwaltungsrecht,<br />

Außenwirtschaftsrecht und dem Recht des geistigen Eigen-


233<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

tums. Der erste Band ging <strong>2002</strong> in den Druck, die anderen sollen je<br />

zur Hälfte 2003 und 2004 folgen.<br />

Der Dynamik des Gemeinschaftsrechts folgend haben sich auch in<br />

diesen Gebieten seit dem letzten Bericht tiefgreifende Veränderungen<br />

ergeben. Genannt seien nur: der Einfluss der EU-Kaufrechtsrichtlinie,<br />

die zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz und damit<br />

zur tiefgreifendsten Reform im Herzstück des deutschen Zivilrechts<br />

seit einem Jahrhundert führte und jetzt gefolgt wird von konkreten<br />

Schritten hin zu einem Europäischen Vertragsgesetzbruch; die Einführung<br />

der ersten einheitlichen europäischen Rechtsform für einen<br />

großen Gesellschaftstyp (Societas Europaea); und im Bankrecht die<br />

Kodifizierung des Aufsichtsrechts und die Einführung einer neuen<br />

Währung, des Euro.<br />

Die 10 Bände sollen eine verlässliche Darstellung jedes der 10 Gebiete<br />

geben, zugleich jedoch auch die Diskussionsgrundlagen für<br />

diese dynamische Entwicklung offenlegen. Da Gemeinschaftsrecht<br />

weit überwiegend nur über die nationalen Rechte (durch Umsetzung<br />

in diese) wirkt, zielt die Förderung auf zweierlei: die genannte Darstellung<br />

des Gemeinschaftsrechts, also einer europaweit einheitlich<br />

geltenden Rechtsquelle; sowie die Rechtsvergleichung, die die Herkunft<br />

von Gemeinschaftsrecht aus den nationalen Modellen verständlich<br />

macht, zugleich dort, wo es noch an Gemeinschaftsrecht<br />

fehlt, Entwicklungslinien in den nationalen Rechten offenlegt, und<br />

nicht zuletzt auch hilft zu sehen, wie weit die nationalen Rechte nach<br />

Harmonisierung einander tatsächlich vergleichbar sind. Beispielsweise<br />

ist im Gesellschaftsrecht der Kauf und Verkauf von Anteilen<br />

(Kapitalmarkt) weitestgehend europaweit vereinheitlicht, umgekehrt<br />

ist der rechtliche Rahmen für die Entscheidungsfindung in Gesellschaften<br />

in wichtigen Teilen nicht harmonisiert. Unter dem Begriff<br />

der „Corporate Governance“ wird dieser rechtliche Rahmen<br />

rechtsvergleichend diskutiert. Zwischen beiden stehen die sogenannten<br />

Übernahmen, der massenweise Verkauf von Anteilen an<br />

neue Eigentümer, die typischerweise die Entscheidungsträger auswechseln,<br />

d. h. ein Mechanismus, der per Kauf und Verkauf auf die<br />

Entscheidungsträger und damit auf die Entscheidungsstrukturen<br />

Einfluss nimmt. Dass all dies in dem Lehrbuch Gesellschaftsrecht zusammen<br />

dargestellt wird, zeigt auch, dass organische Zusammenhänge<br />

in der Lebenswirklichkeit eine besondere Rolle in der Lehrbuchreihe<br />

spielen.<br />

Mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> arbeitet Prof. E.-J. Mestmäcker, Max-Planck-<br />

Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht, Hamburg,<br />

weiter an einer Neubearbeitung seines Lehrbuchs „Europäisches<br />

Wettbewerbsrecht“.<br />

Die erste Ausgabe ist 1974 erschienen und inzwischen vergriffen.<br />

Dieses Lehrbuch war zugleich als Handbuch konzipiert worden und<br />

berücksichtigte die Rechtsprechung des EuGH und die Entscheidungspraxis<br />

der EG-Kommission.<br />

Wettbewerbsrecht


Europäisches<br />

Insolvenzrecht<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 234<br />

Aufgrund der inzwischen eingetretenen Entwicklung wurde es notwendig,<br />

eine Neuauflage mit geänderter Konzeption vorzusehen.<br />

Die Aufgabe besteht darin, das Europäische Wettbewerbsrecht unter<br />

Konzentration auf seine grundlegenden Prinzipien als Teil des Binnenmarktes<br />

und der Wirtschaftsverfassung der EU in Auseinandersetzung<br />

mit den jüngsten Entwicklungen darzustellen. Auch die Bezüge<br />

zum Recht der Welthandelsorganisation (WTO) sind dabei einzubeziehen.<br />

Die Arbeit an dem Projekt war geprägt durch grundlegende Veränderungen<br />

des Europäischen Wettbewerbsrechts, welche durch die<br />

EG-Kommission initiiert sind. Zu den grundsätzlichen, auch verfassungsrechtlichen<br />

Fragen der von der EG-Kommission beabsichtigten<br />

veränderten Anwendung des Kartellverbots in Art. 81 wurde wiederholt<br />

und umfassend Stellung genommen, zuletzt in dem Aufsatz<br />

„The E.C. Commission’s Modernization of Competition Policy: A<br />

Challenge to the Community’s Constitutional Order“, EBOR 2000.<br />

Ähnlich grundlegende Bedeutung kommt der neuen Rechtsprechung<br />

des Europäischen Gerichtshofs zu den Staatsmonopolen im<br />

Energiebereich zu. Dazu wurde in einem Aufsatz „Grenzen staatlicher<br />

Monopole im EG-Vertrag“, in: FIW-Schriftenreihe, Erfahrungen<br />

mit der Privatisierung von Monopolunternehmen, 1999, S. 71–82,<br />

Stellung genommen.<br />

Zusätzlich zu den unternehmensbezogenen Wettbewerbsregeln<br />

wird das Lehrbuch das Vergaberecht und das Recht der Beihilfen<br />

behandeln.<br />

Prof. H. Prütting, Institut für Verfahrensrecht, Universität Köln, erhält<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Das neue europäische Insolvenzrecht“.<br />

Der Rat der Europäischen Union hat am 29. Mai 2000 die Verordnung<br />

Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren verabschiedet. Diese<br />

Verordnung ist am 31. Mai <strong>2002</strong> in Kraft getreten. Sie soll nunmehr<br />

ein einheitliches europäisches Insolvenzverfahren ermöglichen. Im<br />

Bereich des insolvenzrechtlich relevanten materiellen Rechts verweist<br />

die Verordnung allerdings auf die nationalen Rechte der Mitgliedsstaaten.<br />

Die Verordnung stellt den Abschluss langfristiger europäischer<br />

Bemühungen um ein europäisches Insolvenzrecht dar. Angesichts<br />

der fehlenden nationalen Regelungen und der bisher nur in geringem<br />

Umfang vorhandenen bilateralen Übereinkommen wird die<br />

neue europäische Verordnung einen ganz wesentlichen Fortschritt<br />

im Bereich der europäischen Rechtsentwicklung bringen. Das vorliegende<br />

Vorhaben hat sich deshalb zur Aufgabe gestellt, die neue europäische<br />

Verordnung und das ihr zugrunde liegende nationale materielle<br />

Recht wissenschaftlich zu erforschen, darzustellen und zu systematisieren.


235<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

Das Vorhaben sieht eine Ermittlung des relevanten Rechts der europäischen<br />

Staaten auf dem Gebiet des sachlichen Insolvenzrechts<br />

vor. Hierzu werden zu einzelnen Sachbereichen Fragebögen entworfen<br />

und versandt. Für die Mitarbeit sind in den europäischen Mitgliedstaaten<br />

ausgewiesene Spezialisten gewonnen worden. Ziel der<br />

Arbeit ist es, innerhalb von zwei Jahren eine wissenschaftlich vertiefte<br />

Ausarbeitung vorzulegen, die für Theorie und Praxis ein Arbeiten<br />

mit der im Mai <strong>2002</strong> in Kraft getretenen Verordnung ermöglichen<br />

soll.<br />

Prof. A. von Bogdandy, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches<br />

öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg, erhält Mittel<br />

für das Projekt „Figuren, Positionen und Entwicklungsperspektiven<br />

der europäischen Verfassungsrechtswissenschaft“.<br />

Ziel des Projekts ist eine kritische Bestandsaufnahme von Grundfiguren<br />

des Verfassungsrechts der Europäischen Union. Es wurden zu<br />

seinen zentralen Problembereichen die rechtswissenschaftlichen<br />

Grundpositionen aufbereitet, also diejenigen Konzeptionen, welche<br />

einen Rechtsbereich strukturieren können und zugleich einen kritischen<br />

Gehalt gegenüber gegenwärtigen oder möglichen zukünftigen<br />

Entwicklungen haben.<br />

Kernbereich des Projekts sind wissenschaftliche Diskurse im Dienste<br />

der Selbsttransparenz der Wissenschaft(ler) vom Europarecht. Das<br />

breite Spektrum der Themen, die auf drei gemeinsamen Tagungen<br />

diskutiert wurden, soll gewährleisten, dass jedes Thema im Lichte<br />

der anderen großen Fragenkreise gespiegelt wird und so die „Einheit<br />

der Europarechtswissenschaft“ zumindest eine „konkrete<br />

Chance“ erhält. Darüber hinaus ist ein Politikwissenschaftler in das<br />

Projekt mit einbezogen, der bei den einzelnen Themen auf korrespondierende<br />

oder divergierende politikwissenschaftliche Theorieangebote<br />

hinweisen kann, die dann in die rechtswissenschaftlichen<br />

Arbeiten integriert werden können.<br />

Strategische Zielsetzung ist die Begründung eines Netzwerks jüngerer<br />

Europarechtswissenschaftler, von denen erwartet werden kann,<br />

dass sie in den nächsten Jahrzehnten Maßgebliches bei der Bearbeitung<br />

dieses Rechtsgebietes leisten. Der Springer-Verlag wird das Ergebnis<br />

des Projekts unter dem Titel „Europäisches Verfassungsrecht“<br />

publizieren. Eine spätere englische Fassung des Buches soll<br />

der internationalen Fachöffentlichkeit, die sich derzeit nur punktuell<br />

und unzureichend über die Rechtswissenschaft im deutschen<br />

Sprachraum informieren kann, den Stand der einschlägigen Wissenschaft<br />

präsentieren und zugleich die Mitarbeiter international vorstellen<br />

und ihnen den Zugang zur internationalen Diskussion erleichtern.<br />

Mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> arbeitet Prof. J. Schwarze, Institut für Öffentliches<br />

Recht, Abteilung Europa- und Völkerrecht, Universität<br />

Freiburg, an dem „Grundlagenteil eines Europäischen Verfassungsvertrages“.<br />

Europäisches<br />

Verfassungsrecht<br />

Europäischer<br />

Verfassungsvertrag


Multinationale<br />

Unternehmen<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 236<br />

Im Anschluss an ein inzwischen abgeschlossenes und von der <strong>Fritz</strong><br />

<strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt über die Entstehung einer Europäischen<br />

Verfassungsordnung (s. J. Schwarze, Die Entstehung einer<br />

europäischen Verfassungsordnung, Nomos-Verlag 2000) sollen<br />

im Rahmen einer deutsch/französischen Arbeitsgruppe die einzelnen<br />

Schwerpunkte des Grundlagenteils eines Europäischen Verfassungsvertrages<br />

erarbeitet und sodann konkrete Vorschläge für den<br />

Entwurf eines kohärenten Vertragstextes vorgelegt werden.<br />

Anders als bei bereits vorliegenden Studien soll es auch Ziel des Projekts<br />

sein, zu inhaltlichen Neugestaltungsvorschlägen bei der Kompetenzabgrenzung<br />

zwischen Europäischer Union und den Mitgliedsstaaten<br />

zu gelangen. Wie für den von der EU eingesetzten Verfassungskonvent<br />

gilt es, auch alternative Lösungen für den Bereich der<br />

Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens, des Rechtsschutzes und<br />

der Hierarchisierung der Rechtsnormen zu bedenken. Dabei ist zugleich<br />

darauf zu achten, dass der vorzuschlagende Vertragstext im<br />

Grundlagenteil nicht über das sachlich Notwendige hinausreicht. Es<br />

ist vorgesehen, dem Entwurf des Vertragstextes bzw. einzelnen Artikeln<br />

knappe Begründungen beizufügen.<br />

Prof. H. Klodt, Leiter der Forschungsabteilung I Wachstum, Strukturwandel<br />

und internationale Arbeitsteilung am Institut für Weltwirtschaft<br />

an der Universität Kiel, arbeitet mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong><br />

an dem Projekt „The Role of Multinational Enterprises in Globalization“.<br />

Das Forschungsprojekt analysiert multinationale Unternehmen<br />

(MNU) im Globalisierungsprozess in ihrer zentralen Position im internationalen<br />

Handel sowie im grenzüberschreitenden Transfer von<br />

Sachkapital, Wissen und Technologie. Dafür wird in einem ersten<br />

Schritt ein theoretisches Modell entwickelt werden, das in einem<br />

zweiten Schritt einer empirischen Überprüfung unterzogen werden<br />

soll. Die Arbeit konzentriert sich auf die Industrieländer, da ein Großteil<br />

der internationalen Transaktionen weiterhin zwischen diesen<br />

Ländern abgewickelt wird.<br />

Das Forschungsvorhaben will drei Richtungen ökonomischer Forschung<br />

vereinen: Die breit angelegte, hauptsächlich empirische Forschung<br />

zur Globalisierung, die mikroökonomische Theorie der MNU<br />

und den evolutionären Ansatz, der von der Forschung zur neuen<br />

ökonomischen Geographie entwickelt wurde. Das empirische Bild<br />

aus der Globalisierungsliteratur motiviert eine theoretische Analyse<br />

der Aktivitäten von MNUs im Globalisierungsprozess. Der Globalisierungsprozess<br />

entwickelt sich als Anpassung von Unternehmen<br />

und Individuen auf im Zeitablauf (exogen) fallende Distanzkosten.<br />

Da die Wirtschaftssubjekte sich ständig ändernden Bedingungen anpassen,<br />

„bewegen“ sich die Volkswirtschaften von disintegrierten<br />

nationalen Ökonomien zu einer globalen Ökonomie.<br />

Annahmen und Ergebnisse der theoretischen Arbeit werden empirisch<br />

untersucht. Die wichtigste Annahme des Modells liegt in der


237<br />

QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />

Produktionsstruktur, die von spezifischen Zwischenprodukten ausgeht,<br />

die in die Produktion der Endprodukte eingehen. Unternehmen<br />

verwenden Zwischenprodukte ihres „Netzwerks“ auch im ausländischen<br />

Tochterunternehmen. Kurzfristig sind heimische Zwischenprodukte<br />

nicht substituierbar, müssen so von der Tochter im<br />

Ausland importiert werden. Querschnittsanalysen fanden diese Annahme<br />

für sechs OECD Länder für den Zeitraum der frühen siebziger<br />

Jahre bis 1990 bestätigt. Eine Zeitreihenuntersuchung, die mit deutschen<br />

Daten durchgeführt wurde, bekräftigte dieses Ergebnis. Ferner<br />

beruht das Modell auf der impliziten Annahme einer positiven<br />

Beziehung zwischen der Größe des heimischen Marktes und der Unternehmensgröße,<br />

deren Gültigkeit noch getestet werden wird.<br />

Der andere Schwerpunkt des empirischen Teils liegt auf der Überprüfung<br />

der Ergebnisse und Implikationen der modelltheoretischen<br />

Analyse. Danach vollzieht sich die Internationalisierung von Unternehmensstrukturen<br />

anfangs durch zunehmende Exporte, denen die<br />

Internationalisierung der Produktion erst später folgt. Unternehmen<br />

aus großen Ländern internationalisieren ihre Produktion eher als Unternehmen<br />

aus kleineren Ländern. Die theoretischen Ergebnisse<br />

weisen auf eine sektorale Konzentration bei der Internationalisierung<br />

der Produktion hin. Eine ausführliche deskriptive Untersuchung<br />

der ökonomischen Integration der japanischen Volkswirtschaft<br />

in die Weltwirtschaft in den neunziger Jahren fand Unterstützung<br />

für die Modellergebnisse. Da andere OECD-Länder als Vergleich<br />

für die Internationalisierungstendenzen in Japan herangezogen<br />

wurden, lassen sich diese Aussagen verallgemeinern.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

Kleinert, Jörn: The Role of multinational enterprises in globalization.<br />

An empirical overview. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft an<br />

der Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 30 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel working<br />

papers; Nr. 1096)<br />

Kleinert, Jörn: Japan’s integration into the world economy in the<br />

1990s. – In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 70,4. <strong>2001</strong>.<br />

S. 1–14.<br />

Kleinert, Jörn: Trade and the internalization of production. – Kiel:<br />

Institut für Weltwirtschaft an der Univ. Kiel, <strong>2002</strong>. 43 S. (Kieler Arbeitspapiere<br />

= Kiel working papers; Nr. 1104).


Doublecortin<br />

Medizin und Naturwissenschaften<br />

Einem Anliegen der Stifterinnen entsprechend erfährt die medizinische<br />

Forschung die besondere Aufmerksamkeit der <strong>Stiftung</strong>sgremien.<br />

Zur Zeit konzentriert sich die <strong>Stiftung</strong> auf den Förderungsschwerpunkt<br />

„Molekulare Pathogenese und Modelle der Krankheitsentstehung“.<br />

Es werden in diesem Programm molekularbiologische<br />

Untersuchungen über solche Krankheiten unterstützt, deren Entstehung<br />

entscheidend auf Gendefekten beruht oder bei denen Gene<br />

zur Entstehung komplexer Krankheiten beitragen.<br />

Besonders gefördert werden Vorhaben zur Identifizierung und funktionellen<br />

Analyse von Genen für monogene und komplex-genetische<br />

Krankheiten in vitro und in vivo, zur Etablierung und Evaluation<br />

von Zell- und Tiermodellen der Krankheitsentstehung, sowie zur<br />

Analyse von prädisponierenden oder die Krankheit modifizierenden<br />

Genen.<br />

Rein methodische Untersuchungen, deskriptive populationsgenetische<br />

und Linkage-Studien sowie Forschungsvorhaben ohne direkten<br />

Krankheitsbezug werden grundsätzlich nicht in das Förderungsprogramm<br />

aufgenommen.<br />

Bevorzugt unterstützt werden jüngere Wissenschaftler mit einschlägigen<br />

Erfahrungen auf dem Gebiet des Forschungsschwerpunktes.<br />

Bei klinisch tätigen Forschern geht die <strong>Stiftung</strong> davon aus, dass<br />

der/die Geförderte während der Projektlaufzeit zu mindestens 80<br />

Prozent von der klinischen Arbeit freigestellt wird.<br />

Für aus dem Ausland zurückkehrende Nachwuchswissenschaftler<br />

vergibt die <strong>Stiftung</strong> im Rahmen des Förderungsschwerpunktes<br />

Rückkehrstipendien mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr. Klinische<br />

Forscher sollen hierdurch die Möglichkeit erhalten, unter Freistellung<br />

von Tätigkeiten innerhalb der Patientenversorgung, ihre im<br />

Ausland begonnenen Projekte zu beenden und neu erlernte Methoden<br />

in Deutschland zu implementieren.<br />

Eine von der <strong>Stiftung</strong> bestellte Kommission von Wissenschaftlern<br />

berät die <strong>Stiftung</strong> bei der Förderung in diesem Schwerpunkt, regt<br />

Forschungsvorhaben an, prüft die Anträge und Berichte und verfolgt<br />

die Entwicklung des Programms. Die <strong>Stiftung</strong> versendet Hinweise<br />

für Antragsteller, die auch unter der Internet-Adresse der <strong>Stiftung</strong><br />

(http://www. fritz-thyssen-stiftung.de.) direkt abrufbar sind.<br />

„Molekulare Grundlagen Epilepsie-assoziierter neuronaler Migrationsstörungen“<br />

ist das Thema eines durch die <strong>Stiftung</strong> geförderten<br />

Forschungsvorhabens von Dr. L. Aigner, Dr. H.-G. Kuhn und Dr. J.<br />

Winkler, Neurologische Universitätsklinik Regensburg.<br />

Das menschliche Gehirn verdankt seine Leistungsfähigkeit einem<br />

höchst komplexen räumlichen Aufbau aus Nerven- und anderen Zellen.<br />

Damit sich diese Struktur im Embryo ausbilden kann, müssen<br />

238


239<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

die Vorläufer der Nervenzellen z. T. über weite Strecken durch das<br />

Gewebe wandern (Migration), ein Vorgang, der wie die gesamte<br />

Embryonalentwicklung von Genen gesteuert wird. Störungen der<br />

Nervenzellmigration führen zu anormalen Anordnungen von Nervenzellen<br />

im Gehirn, die sich – soweit sie nicht schon vor der Geburt<br />

tödlich wirken – in Form schwerer Krankheitsbilder äußern, u. a. als<br />

Epilepsie.<br />

Die Entstehung eines Typs solcher anormaler Anordnungen, der sog.<br />

Bandheterotopien, wurde kürzlich mit Mutationen in einem Gen namens<br />

doublecortin in Verbindung gebracht. Das Produkt dieses<br />

Gens, ein Protein namens DCX, ist ersten Befunden zufolge in den<br />

Zellen mit den Mikrotubuli assoziiert, diese Strukturen sind an Bewegungen<br />

der Zellen beteiligt. Wie DCX die Nevenzellmigration im<br />

einzelnen beeinflusst, ist jedoch nicht bekannt.<br />

Ziel des Projekts ist deshalb, die Rolle von DCX bei der Migration der<br />

Nervenzellvorläufer genauer zu untersuchen. Der Regensburger Arbeitsgruppe<br />

stehen zu diesem Zweck sowohl gentechnisch hergestellte,<br />

unveränderte als auch mutierte, beliebig manipulierbare Formen<br />

von doublecortin sowie mehrere Zellkultursysteme zur Verfügung.<br />

Die verschiedenen genetischen Konstrukte sollen zunächst in<br />

Nerven-Vorläuferzellen eingeschleust und zur Bildung ihrer jeweiligen<br />

normalen bzw. veränderten Produkte veranlasst werden; durch<br />

Beobachtung des Verhaltens der so veränderten Zellen in Zellkulturen<br />

und in Ratten, denen Sie implantiert werden, sollen dann folgende<br />

Fragen beantwortet werden:<br />

– Führt die völlige Ausschaltung von doublecortin zu Migrationsstörungen?<br />

– Führen die Mutationen von doublecortin, die man bei Patienten<br />

mit den fraglichen Krankheiten gefunden hat, zu Migrationsstörungen?<br />

– Beeinflussen die pathogenen Mutationen die Assoziation von<br />

DCX mit den Mikrotubuli?<br />

Für das Projekt „Stimulierung der α-Sekretase durch Hemmung der<br />

Cholesterin-Biosynthese – ein Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-<br />

Erkrankung?“ wurden Prof. F. Fahrenholz und Dr. E. Kojro, Institut<br />

für Biochemie, Universität Mainz, Fördermittel bewilligt.<br />

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufige Nerven-Verfallskrankheit<br />

des höheren Lebensalters. Im Rahmen des Krankheitsgeschehens<br />

wird bei genetisch entsprechend disponierten Personen ein als Amyloid-Vorläuferprotein<br />

(APP) bezeichnetes Protein von Enzymen zum<br />

Amyloidprotein verarbeitet, das im Gehirn pathologische Ablagerungen<br />

(Plaques) bildet. Bei Gesunden entstehen dagegen aus APP andere,<br />

nichtpathogene Proteine. Schon länger ist bekannt, dass die<br />

Bildung von Amyloidprotein bei einem hohen Cholesteringehalt der<br />

Zellen verstärkt wird. Wie die Mainzer Arbeitsgruppe nachweisen<br />

konnte, steigt die Aktivität eines Enzyms, das die nichtpathogene<br />

α-Sekretase


APP<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 240<br />

Proteinverarbeitung begünstigt, wenn man die Zellen mit einem<br />

Cholesterin senkenden Wirkstoff (Statin) behandelt. Dieses Enzym,<br />

eine so genannte α-Sekretase, stellt damit einen wichtigen Ansatzpunkt<br />

dar, wenn man die Bildung des pathogenen Amyloidproteins<br />

verhindern oder zumindest verlangsamen will.<br />

Es soll daher an Zellkulturen sowie im Tiermodell untersucht werden,<br />

welcher Mechanismus die Aktivitätssteigerung der α-Sekretase<br />

bewirkt. Besonders naheliegend ist die Annahme, dass ein verminderter<br />

Cholesterinspiegel für eine verstärkte Expression des α-Sekretase-Gens<br />

ADAM 10 sorgt. Zur Überprüfung dieser Hypothese hat<br />

die Mainzer Arbeitsgruppe inzwischen den Promotor des Gens kloniert.<br />

Dr. S. Kins, ZMBH-Zentrum für Molekulare Biologie, Universität Heidelberg,<br />

erhält Förderungsmittel der <strong>Stiftung</strong> für die Charakterisierung<br />

der axonalen Sortierungssequenz von APP und Identifizierung<br />

der zugrunde liegenden molekularen Sortierungsmaschinerie.<br />

Im Verlauf der Alzheimer-Krankheit sammelt sich ein Protein namens<br />

Abeta im Gehirn an, und Nervenzellen werden zerstört. Abeta<br />

entsteht durch Spaltung aus einem Vorläuferprotein namens APP,<br />

das normalerweise in den Zellmembranen angesiedelt ist und dort<br />

eine physiologische Funktion erfüllt. Der Anteil des APP-Moleküls,<br />

der durch die Spaltung zu Abeta wird, dient vermutlich als Signal,<br />

das von den Molekültransportmechanismen im Inneren der Nervenzellen<br />

und insbesondere ihrer Fortsätze (Axone) erkannt wird und<br />

nach der Synthese des Proteins für dessen Transport an die richtige<br />

Stelle in den Zellen sorgt. Auch ein Protein namens PAT1, dessen<br />

Funktion bisher nicht näher bekannt ist, tritt mit dem gleichen Abschnitt<br />

von APP in Wechselwirkung. Vermutlich ist an den Wechselwirkungen<br />

aber nicht der gesamte Abeta-Abschnitt des APP-Moleküls<br />

beteiligt, sondern nur ein Teil davon.<br />

Dr. Kins will genauer untersuchen, welcher Abschnitt von APP für<br />

die Wechselwirkungen mit den zellulären Transportmechanismen<br />

notwendig ist und wie diese Transportmechanismen im einzelnen<br />

aussehen. Zu diesem Zweck sollen Nervenzellen in Gewebekultur<br />

mit gentechnischen Methoden zur Produktion von Proteinen veranlasst<br />

werden, deren Molekülkette zum Teil zu einem anderen, ebenfalls<br />

in den Nervenzellen transportierten und leicht nachweisbaren<br />

Protein entspricht, andererseits aber auch genau definierte Abschnitte<br />

aus der Abeta-Region von APP enthält. Dazu sollen jeweils<br />

andere Abschnitte der Abeta-Region benutzt werden, und dann soll<br />

jeweils mit zellbiologischen und immunologischen Verfahren überprüft<br />

werden, ob der Transport noch stattfindet und ob der betreffende<br />

Abschnitt demnach das Transportsignal beinhaltet.<br />

Im zweiten Teil des Projektes möchte Dr. Kins herausfinden, welche<br />

Funktion das Protein PAT1, das ebenfalls an die Abeta-Region von<br />

APP bindet, in den Zellen erfüllt. Zu diesem Zweck möchte er mit<br />

gentechnischen Methoden die Wechselwirkungen zwischen PAT1


241<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

und einzelnen Abschnitten der Abeta-Region von APP nachvollziehen<br />

und dann weitere Proteine identifizieren, die mit PAT1 in Wechselwirkung<br />

treten.<br />

In einem dritten Teilprojekt schließlich soll mit molekular- und zellbiologischen<br />

sowie immunologischen Methoden untersucht werden,<br />

an welchen Stellen in der Zelle sich PAT1 normalerweise befindet,<br />

um daraus Rückschlüsse auf seine physiologische Funktion zu ziehen.<br />

„Cerebral Amyloid Angiopathy: Genetics, Mechanism, and Significance“<br />

ist das Thema einer durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsarbeit<br />

von PD Dr. M. Jucker, Institut für Neuropathologie der<br />

Universität Basel.<br />

Bei alternden Menschen sind gelegentlich Amyloidablagerungen im<br />

zerebralen Gefäßsystem zu beobachten (nach der englischen Bezeichnung<br />

cerebral amyloid angiopathy auch kurz als CAA bezeichnet).<br />

CAA kommt besonders häufig bei der Alzheimerschen Erkrankung<br />

vor, und es besteht der Verdacht, dass diese an der Entstehung<br />

der alzheimerschen Demenz beteiligt sein könnte. Auch bei verschiedenen<br />

genetisch bedingten Erkrankungen kommt es gehäuft zu<br />

solchen Ablagerungen, deren Folge unter Umständen tödliche Hirnblutungen<br />

sein können.<br />

Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Tiermodellen sind die<br />

Fortschritte im Bereich der CAA-Forschung eher schleppend, in vergangenen<br />

Studien hat man sich weitgehend auf natürlich vorkommende<br />

CAA-Ablagerungen bei alternden Primaten und Hunden gestützt.<br />

Der Arbeitsgruppe von Dr. Jucker ist es gelungen, in Plaques<br />

und Gefäßen im Gehirn alternder transgener Mäuse, die das Amyloid-�-Vorläuferprotein<br />

exprimieren, Amyloid-Ablagerungen nachzuweisen.<br />

Diese ähneln denen bei alternden Menschen und Alzheimer-Patienten,<br />

auch bei ihnen beobachtet man die Degeneration von<br />

Nervenzellen sowie das Auftreten von Hirnblutungen im mikroskopischen<br />

Bereich. Kürzlich konnte die Arbeitsgruppe von Dr. Jucker<br />

zeigen, dass Hirnblutungen als seltene Nebenwirkung thrombolytischer<br />

Therapie durch CAA als Risikofaktor begünstigt werden können.<br />

Es gibt verschiedene autosomal dominante Formen von schwerer<br />

CAA, bei denen man die ursächliche Mutation kennt (HCHWA-D-<br />

Hereditary Cerebral Hemorrhage With Amyloidosis Dutch-Type,<br />

HCHWA-I-Hereditary Cerebral Hemorrhage With Amyloidosis Iceland-Type<br />

und die britische Form der familiären CAA – Familial British<br />

Dementia): In allen Fällen handelt es sich um Punktmutationen,<br />

die entweder das Amyloidvorläuferprotein A�PP (beziehungsweise<br />

im Falle der britischen Variante das „British-Amyloid-Vorläuferprotein“<br />

ABriPP) oder das Gen für Cystatin C betreffen. Dr. Jucker versucht<br />

transgene Tiere zu schaffen, in denen diese drei fehlerhaften<br />

Proteine exprimiert werden, um an ihnen der Frage nachzugehen,<br />

auf welche Weise die erwähnten Punktmutationen zur Entstehung<br />

CAA


Serotonintransporter<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 242<br />

von CAA, Härmorrhagien, zur Degeneration von Nervenzellen und<br />

schließlich zur Entwicklung einer Demenz führen. Ein erstes transgenes<br />

Mausmodell für HCHWA-D ist der Forschungsgruppe kürzlich<br />

gelungen und wird jetzt analysiert.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

Jucker, Mathias, et al.: Pathogenesis and mechanism of cerebral<br />

amyloidosis in APP transgenic mice. – In: Research and perspectives<br />

in Alzheimer’s diseases. Eds.: Konrad Beyreuther et al. Heidelberg<br />

<strong>2001</strong>. S. 87–95.<br />

Winkler, David T., et al.: Spontaneous hemorrhagic stroke in a<br />

mouse model of cerebral amyloid angiopathy. – In: The Journal of<br />

Neuroscience. 21(5). <strong>2001</strong>. S. 1619–1627.<br />

Winkler, David T., et al.: Thrombolysis induces cerebral hemorrhage<br />

in a mouse model cerebral amyloid angiopathy. – In: Annals<br />

of Neurology. 51. <strong>2002</strong>. S. 790–793.<br />

Für die konditionale Überexpression des Serotonin- und Noradrenalin-Transporters<br />

in Mäusen als molekulargenetisches Modell der Depression<br />

erhielten Prof. D. Bartsch, PD Dr. P. Gass und PD Dr. P.<br />

Schloss, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Fördermittel<br />

der <strong>Stiftung</strong>.<br />

In den Industrieländern sind bis zu 5 Prozent der Bevölkerung von einer<br />

schweren, bisweilen lebensbedrohlichen Depression betroffen,<br />

und etwa 15 Prozent leiden mindestens einmal im Leben vorübergehend<br />

daran. Eine Ursache ist ein Mangel des Neurotransmitters<br />

Serotonin im synaptischen Spalt, der Übergangsstelle, an der Nervensignale<br />

von einer Nervenzelle zur nächsten weitergeleitet werden.<br />

Dieser Mangel kann entstehen, wenn der physiologische Prozess<br />

der Serotonin-Wiederaufnahme, durch den das Serotonin nach<br />

erfolgter Impulsübermittlung in die vorgeschaltete Nervenzelle<br />

zurückkehrt, über sein Ziel hinausschießt. Medikamentenwirkstoffe,<br />

mit denen die Serotonin-Wiederaufnahme gehemmt wird, kann man<br />

deshalb erfolgreich zur Therapie schwerer Depressionen einsetzen.<br />

Verantwortlich für den Wiederaufnahmevorgang ist der humane<br />

Serotonintransporter (SERT), ein in die Zellmembran an der Synapse<br />

eingelagertes Protein. Auf welche Weise der Serotoninmangel an<br />

den Synapsen die Depressionen verursacht, ist jedoch weitgehend<br />

unklar.<br />

Zur Aufklärung der Mechanismen soll ein Tiermodell der Depression<br />

konstruiert werden: Zunächst sollen mit gentechnischen Methoden<br />

verschiedene Mausstämme und Zellkulturen hergestellt werden, bei<br />

denen das menschliche Gen für den SERT in allen Zellen vorhanden<br />

ist. In einem Mausstamm soll das SERT-Gen ständig übermäßig stark<br />

ausgeprägt werden, zwei andere und auch die Zellkulturen sollen so<br />

gestaltet sein, dass das SERT-Gen sich in zwei verschiedenen Typen<br />

von Gehirnzellen durch geeignete Manipulationen nach Belieben<br />

ein- und ausschalten lässt. Es wird erwartet, dass die übermäßig


243<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

große SERT-Menge zu einem Serotoninmangel an den Synapsen<br />

und damit zu depressionsartigen Symptomen führt, die mit verhaltensphysiologischen<br />

Methoden nachgewiesen werden sollen. Des<br />

weiteren sollen die Zellkulturen, bei denen das SERT-Gen eingeschaltet<br />

wurde, mit pharmakologischen Hemmstoffen für die Serotonin-Wiederaufnahme<br />

behandelt werden. Mit biochemischen und<br />

cytologischen Methoden soll dann genauer untersucht werden, wie<br />

der SERT sich biochemisch verhält, wie die Medikamente auf die<br />

Zellen wirken und wie der SERT sich innerhalb der Zelle verteilt. In<br />

einem letzten Teilprojekt soll mit molekularbiologischen Methoden<br />

der Einfluss der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer auf andere<br />

Gene der Gehirnzellen genauer untersucht werden, die bekanntermaßen<br />

ebenfalls auf diese Wirkstoffe ansprechen.<br />

Dr. G. Kempermann, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin<br />

(MDC), Berlin, erhielt Fördermittel für das Projekt „Molekulare<br />

Mechanismen der Wirkung von Antidepressiva auf neurale Stammzellen:<br />

pathogenetische Erklärungsansätze zur Depression“.<br />

Schätzungen zufolge verfällt allein in Deutschland jeder Fünfte mindestens<br />

einmal in seinem Leben in eine Depression. Kennzeichnend<br />

sind Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Kontaktarmut, Teilnahmslosigkeit<br />

etc. Man unterscheidet symptomatische Depression<br />

infolge organischer Erkrankungen (z. B. Hirntumor, Alkoholismus)<br />

und die endogene Depression ohne erkennbare äußere Ursache.<br />

Für die endogene Depression konnten Erbfaktoren als wesentliche<br />

Ursache nachgewiesen werden. Neurobiologische Befunde belegen,<br />

dass im Gehirn bestimmte biochemische Prozesse „entgleisen“. Aus<br />

der Beobachtung, dass antidepressiv wirkende Medikamente den<br />

Noradrenalin- und Serotonin-Spiegel anheben, schloss man zurück,<br />

dass ein Mangel an diesen Substanzen die Ursache für die Depression<br />

sein könnte.<br />

Dr. Kempermann will in seinem Projekt einer neuen, noch spekulativen<br />

Theorie nachgehen, die bestimmte Aspekte der Depression erklären<br />

könnte. Diese Theorie setzt am Hippocampus an, einem halbmondförmigen<br />

Bereich des Gehirns. Der Hippocampus gehört zum<br />

limbischen System, das von zentraler Bedeutung für Emotionen und<br />

Motivation ist, und trägt maßgeblich dazu bei, auf neuartige Reize<br />

und Erfahrungen zu reagieren, zielgerichtet Bewegungen auszuführen,<br />

neue Informationen in anderen Hirnareale zu speichern, dort<br />

gespeicherte Informationen wieder abzurufen und zu erkennen, welche<br />

Bedeutung ein Reiz für den Organismus hat. Damit er seine Funktion<br />

erfüllen kann, werden im Hippocampus eines Erwachsenen lebenslang<br />

neue Nervenzellen gebildet (adulte hippocampale Neurogenese).<br />

Diese Neubildung ist um so ausgeprägter, wie Dr. Kempermann<br />

in Vorarbeiten herausfinden konnte, je komplexer die Umwelt<br />

ist und je aktiver, auch körperlich aktiver er sein Leben gestaltet.<br />

Der neuen These zufolge sollen einige Schlüsselsymptome der Depression<br />

wie etwa die Antriebslosigkeit auf eine Fehlregulation bei<br />

Antidepressiva


Tief-Mittelton-<br />

Schwerhörigkeit<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 244<br />

der Neubildung der Nervenzellen im Hippocampus zurückzuführen<br />

sein. Gestützt wird diese These unter anderem durch die Tatsache,<br />

dass sich fast alle bekannten Behandlungsmethoden der Depression<br />

– von antidepressiv wirkenden Pharmaka über die Elektroschocktherapie<br />

bis hin zu körperlicher Aktivität – auch positiv auf die hippocampale<br />

Neurogenese auswirken. Damit beruht die antidepressive<br />

Wirkung von Pharmaka offensichtlich noch auf anderen Mechanismen,<br />

als bisher angenommen wurde. Dr. Kempermann geht von der<br />

Hypothese aus, dass die Medikamente auch in die Regulation von<br />

Genen eingreifen, die an der adulten hippocampalen Neurogenese<br />

beteiligt und damit unter Umständen auch für die Pathogenese der<br />

Depression interessant und relevant sind.<br />

Für die Positionsklonierung eines Kandidatengens für Tief-Mittelton-<br />

Schwerhörigkeit wurden PD Dr. J. Kunz, Zentrum für Humangenetik,<br />

Universität Marburg, Fördermittel bewilligt.<br />

Hörstörungen zählen zu den häufigsten angeborenen Sinnesdefekten<br />

des Menschen. Sie haben tiefgreifende Auswirkungen auf die<br />

Kommunikationsfähigkeit und damit auf das gesamte Leben der Betroffenen,<br />

insbesondere wenn sie zu einer Störung des Spracherwerbs<br />

führen. Ein erheblicher Teil der Defekte hat genetische Ursachen.<br />

Es wurden zahlreiche Mutationen beschrieben, die mit Hörstörungen<br />

verbunden sind. Das klinische Bild kann dabei je nach<br />

dem betroffenen Gen unterschiedlich ausfallen.<br />

Die Gruppe in Marburg arbeitet seit längerer Zeit mit einer Familie,<br />

in der eine seltene Form der Schwerhörigkeit für tiefe und mittlere<br />

Frequenzen auftritt, die einem autosomal-dominanten Erbgang folgt.<br />

Betroffene sind Personen aus drei Generationen. Der zugrunde liegende<br />

Gendefekt konnte von der Arbeitsgruppe in einer als<br />

DFNA6/DFNA14 bezeichneten Region auf dem kurzen Arm von<br />

Chromosom 4 lokalisiert werden.<br />

Im Rahmen des Human-Genomprojektes wurde die Feinstruktur dieser<br />

Chromosomenregion aufgeklärt. Neben insgesamt 37 Genen,<br />

viele davon mit bisher unbekannter Funktion, konnte das WFS1-Gen<br />

in diese Region kartiert werden. Kürzlich wurden Mutationen in diesem<br />

Gen entdeckt, die mit dem klinischen Bild einer Tief-Mittelton-<br />

Schwerhörigkeit einhergehen. Auch bei der in Marburg untersuchten<br />

Familie konnte eine Mutation in diesem Gen festgestellt werden.<br />

Neben der autosomal-dominanten Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit<br />

führen Mutationen die beide Allele des WFS1-Gens betreffend zum<br />

autosomal-rezessiven Wolfram-Syndrom. Diese Erkrankung ist auch<br />

unter dem Synonym DIDMOAD bekannt, das für eine genetische<br />

Störung mit Diabetes insipidus, Diabetes mellitus, Optikusatrophie<br />

und Deafness (Schwerhörigkeit) steht.<br />

Das WFS1-Protein ist wahrscheinlich ein Transmembranprotein. Innerhalb<br />

der Zelle ist das Protein in einem Zellorganell, dem Endoplasmatischen<br />

Reticulum (ER), lokalisiert. Es wird auf Grund der Lo-


245<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

kalisation im ER vermutet, dass das WFS1-Protein möglicherweise<br />

am Membrantransport, an der Veränderung von Proteinen bzw. an<br />

der Regulation der Kalzium-Konzentration im ER verantwortlich sein<br />

könnte. Neueste Ergebnisse konnten eine Genexpression von WFS1<br />

im Bereich des Innenohrs von Mäusen nachweisen. Insbesondere<br />

wurde hierbei eine Lokalisation in der Spitze der Hörschnecke<br />

(Cochlea) festgestellt. Diese Region der Cochlea ist für die Wahrnehmung<br />

tiefer Frequenzen während des Hörens verantwortlich. Die Arbeitsgruppe<br />

in Marburg möchte in den weiteren Untersuchungen die<br />

physiologischen Aufgaben des WFS1-Proteins analysieren, um auf<br />

diesem Wege ein besseres Verständnis seiner Funktion im Innenohr<br />

zu erhalten.<br />

Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />

Brodwolf, S., et al.: Further evidence for linkage of low mid frequency<br />

hearing impairment to the candidate region on chromosome<br />

4p16.3. – In: Clin.Genet. 60. <strong>2001</strong>. S. 155–160.<br />

„Connexin-assoziierte Hörstörungen – molekulare Pathogenese und<br />

Funktionsaufklärung der Pathomechanismen“ ist das Thema eines<br />

mit Mitteln der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />

von Prof. H.-A. Kolb, Institut für Biophysik, Universität Hannover,<br />

Prof. A. Ernst, HNO-Klinikum Berlin, und Dr. H. Bürger, Institut<br />

für Humangenetik, Humboldt-Universität Berlin.<br />

Schwerhörigkeit im Kindesalter führt zu sozialer Isolation und verzögerter<br />

Entwicklung. Nichtsyndromale (d. h. nicht mit einem umfassenden<br />

Krankheitsbild gekoppelte) Hörstörungen haben in vielen<br />

Fällen genetische Ursachen. Man kennt eine ganze Reihe von Genveränderungen,<br />

die mit diesen Störungen in Verbindung stehen. Betroffen<br />

ist insbesondere ein Gen namens GJB2, das den Bauplan für<br />

Connexin darstellt, ein Protein, das Verbindungen zwischen Zellen<br />

herstellt und in den so genannten Stützzellen des Gehörorgans für<br />

die Reizweiterleitung eine große Rolle spielt. Die häufigste Mutation<br />

von GJB2 trägt die Bezeichnung 35delG. Wie sie sich im einzelnen<br />

auf die Funktion des Connexins auswirkt, ist jedoch bisher nicht bekannt.<br />

Ebenso wenig weiß man, ob unterschiedliche Mutationen von<br />

GJB2 auch mit Unterschieden in der Ausprägung der Hörstörung assoziiert<br />

sind.<br />

Die Funktionsstörungen des Connexins bei verschiedenen Mutationen<br />

von GJB2 sollen daher genauer untersucht werden. Dabei soll<br />

zunächst bei 183 Patienten mit Hörstörungen eine genaue DNA-<br />

Analyse des Gens GJB2 mit molekularbiologischen Methoden durchgeführt<br />

werden. Aus den Daten soll dann jeweils die genaue chemische<br />

Struktur des Connexins abgeleitet werden.<br />

Im zweiten Teil des Projekts sollen mit gentechnischen Methoden interessant<br />

erscheinende DNA-Veränderungen im DNA-Molekül vorgenommen<br />

und an der so konstruierten DNA die zugehörige mRNA<br />

hergestellt werden, aus der dann in isolierten Eizellen des Frosches<br />

Connexinassoziierte<br />

Hörstörungen


Hyperekplexie<br />

Myoklonus-<br />

Dystonie<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 246<br />

Xenopus laevis das zugehörige Protein gebildet werden kann. An<br />

diesen Zellen soll anschließend mit biophysikalischen und zellbiologischen<br />

Verfahren die elektrische Reizleitung untersucht werden.<br />

Insbesondere geht es um die Frage, ob durch ein verändertes Connexin<br />

die Weiterleitung elektrischer Reize von Zelle zu Zelle verändert<br />

wird. Außerdem soll geklärt werden, ob das veränderte Connexin<br />

auch Anomalien bei Regulationsvorgängen im Zellinneren hervorruft.<br />

PD Dr. H. Weiher, Abteilung Biochemie und Molekularbiologie, Institut<br />

für Diabetesforschung, München, und Prof. D. Swandulla, Institut<br />

für Physiologie II, Universität Bonn, erhielten für das Forschungsvorhaben<br />

„Vererbte Hyperekplexie: Studium der Pathogenese<br />

menschlicher Glycinrezeptorkomplexe in transgenen Mäusen“<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Bei der vererbten Hyperekplexie, auch geläufig unter der Bezeichnung<br />

stiff baby syndrome oder Startle-Syndrom, handelt es sich um<br />

eine seltene, monogen verursachte neuromotorische Erkrankung.<br />

Die Patienten leiden unter Bewegungsstörungen, Krämpfen und einer<br />

ausgeprägten Neigung zu Muskelspasmen, das EMG-Muster<br />

weist deutliche Veränderungen auf. Ausgelöst wird diese Krankheit<br />

z. B. durch Mutationen in einem Neurotransmitter-Rezeptor, einem<br />

wichtigen Vermittler bei der synaptischen Signalübertragung. Solche<br />

Rezeptoren befinden sich unter anderem jenseits des synaptischen<br />

Spalts auf der Oberfläche von Nervenzellen: Eine elektrisch<br />

erregte Nervenzelle schüttet über ihre Synapse ihren Botenstoff in<br />

den synaptischen Spalt, dieser wird von den Rezeptoren auf der gegenüberliegenden<br />

Zelle gebunden, und je nachdem, ob es sich um<br />

einen inhibitorischen oder einen exitatorischen Rezeptor handelt,<br />

werden in dieser Zelle entsprechende Veränderungen ausgelöst. Ist<br />

dieser Signalübertragungsweg unterbrochen oder in seiner Wirksamkeit<br />

verringert, kann der Impuls zwangsläufig nicht oder nicht<br />

mehr so effizient weitergeleitet werden. Im Falle der Hyperekplexie<br />

ist die Inhibition von Motoneuronen gestört, hierfür kann beispielsweise<br />

der inhibitorische Glycerinrezeptor verantwortlich sein. Durch<br />

die permanente Erregung verharrt die Muskelzelle im kontrahierten<br />

Zustand, dies erklärt die in solchen Fällen beobachteten Spasmen.<br />

Über das Projekt wurde zuletzt im <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong> (S. 216 ff.)<br />

ausführlich berichtet.<br />

Für klinische und molekulargenetische Untersuchungen zur Myoklonus-Dystonie<br />

erhielten PD Dr. C. Klein, Prof. P. Vieregge, Dr. B. Kis,<br />

Klinik für Neurologie, und PD Dr. C. Zühlke, Institut für Humangenetik,<br />

Medizinische Universität Lübeck, eine Sachbeihilfe.<br />

Die Myoklonus-Dystonie (M-D) ist ein Syndrom aus schnellen Muskelzuckungen<br />

(Myoklonus) und anhaltenden drehenden und schraubenden<br />

Bewegungen, aus denen abnorme Körperhaltungen resultieren<br />

(Dystonie). Die Erkrankung beginnt typischerweise im Kindesoder<br />

frühen Erwachsenenalter, und die Symptome bessern sich er-


247<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

heblich unter Alkoholeinfluss. Neben den motorischen Störungen<br />

finden sich bei zahlreichen M-D-Patienten auch psychiatrische Auffälligkeiten.<br />

Der Erbgang ist autosomal-dominant mit herabgesetzter<br />

Penetranz, d. h. nicht jeder Mutationsträger ist auch erkrankt.<br />

Molekulargenetische Untersuchungen der M-D zeigten, dass Mutationen<br />

in drei unterschiedlichen Genen eine M-D verursachen können.<br />

Zunächst ergab die von Dr. Klein durchgeführte Sequenzanalyse<br />

des D2-Dopaminrezeptor-(DRD-2)-Gens bei einer M-D-Familie<br />

eine Mutation in einem wichtigen Bereich des Proteins. Der DRD2-<br />

Rezeptor stellt ein exzellentes Kandidaten-Gen für die M-D dar, da<br />

er nicht nur wichtige Aufgaben bei der Bewegungskontrolle hat, sondern<br />

möglicherweise auch eine Rolle bei der Alkoholabhängigkeit<br />

und bestimmten psychiatrischen Störungen spielt. Anschließende<br />

Mutations- und Kopplungsanalysen des DRD2-Gens an weiteren<br />

neun der Arbeitsgruppe zur Verfügung stehenden M-D-Familien<br />

waren dagegen negativ, was für eine genetische Heterogenität bei<br />

der M-D spricht. Dementsprechend wurde unter Mitbeteiligung der<br />

Arbeitsgruppe Klein ein weiterer Genort bei einer Familie auf Chromosom<br />

7q beschrieben und diese Region anschließend näher eingegrenzt.<br />

Weitere Kopplungsstudien von verschiedenen anderen Arbeitsgruppen<br />

bestätigten, dass diese Region den Haupt-Genort für<br />

die M-D darstellt. Kürzlich wurde das e-Sarcoglycan-(SGCE)-Gen in<br />

dieser Region bei sechs M-D-Familien als das krankheitsverursachende<br />

Gen identifiziert. Schließlich wurde unter Mitarbeit der Arbeitsgruppe<br />

Klein bei einer weiteren Familie mit dem klinischen Bild<br />

einer M-D eine neue Mutation im DYT1-Gen beschrieben, das gewöhnlich<br />

mit einer Torsionsdystonie von frühem Beginn assoziiert<br />

ist.<br />

Neben den rein genetischen Untersuchungen hat sich die Arbeitsgruppe<br />

Klein in Zusammenarbeit mit amerikanischen Kollegen mit<br />

der genaueren Charakterisierung der psychiatrischen Auffälligkeiten<br />

bei der M-D befasst. Mit Hilfe von vergleichenden Untersuchungen<br />

des klinischen (neuropsychologischen und psychiatrischen) Erscheinungsbildes<br />

und der entdeckten genetischen Veränderung<br />

(Phänotyp-Genotyp-Vergleich) wurden Zwangserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen,<br />

bipolare affektive Störungen sowie Alkoholabhängigkeit<br />

als wahrscheinlicher Teil des Krankheitsspektrums<br />

der M-D identifiziert.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

Saunders-Pullman, R., et al.: Myoclonus dystonia. Possible association<br />

with obsessive-compulsive disorder and alcohol dependence.<br />

– In: Neurology. 58. <strong>2002</strong>. S. 242–245.<br />

Doheny, D., et al.: Clinical findings of a myoclonus-dystonia family<br />

with two distinct mutations. – In: Neurology. (Im Druck)<br />

Klein, Christine: Myoclonus and myoclonus-dystonias. – In: Genetics<br />

of movement disorders. Ed.: S.M.Pulst. (Im Druck)


Ataxie<br />

Muskelatropie<br />

Typ Kennedy<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 248<br />

Für die Charakterisierung induzierbarer transgener Mäuse für die<br />

spinozerebelläre Ataxie Typ 3 erhielt Prof. O. Rieß, Abteilung Medizinische<br />

Genetik, Universität Tübingen, Fördermittel.<br />

Eine ständig wachsende Anzahl erblicher neurodegenerativer Erkrankungen<br />

wird durch die Expansion eines CAG-Trinukleotidrepeats<br />

in der kodierenden Region von bestimmten Genen hervorgerufen.<br />

Diese CAG-Einheiten werden im Protein in eine Polyglutaminkette<br />

überschrieben, so dass man diese Erkrankungsgruppe auch Polyglutaminerkrankungen<br />

nennt. Die normale Funktion der meisten<br />

betroffenen Gene, als auch der pathogene Prozess, der dem selektiven<br />

Nervenzelltod zugrunde liegt, sind bisher nicht bekannt. Fest<br />

steht jedoch, dass es bei den Patienten zu einer Aggregation der normalerweise<br />

zytoplasmatisch vorliegenden betroffenen Proteine in<br />

den Zellkernen neuronaler Zellen kommt (nukleäre Einschlusskörperchen).<br />

Zu den Polyglutaminerkrankungen gehört die spinozerebelläre Ataxie<br />

Typ 3 (SCA3). Die Erkrankung wird autosomal dominant vererbt,<br />

d. h. 50 Prozent der Nachkommen von Patienten werden wiederum<br />

erkranken. Klinisch ist die SCA3 durch eine fortschreitende Gangunsicherheit,<br />

Sprach- und Schluckstörungen, Augenbewegungsstörungen<br />

und zahlreiche weitere neurologische Symptome gekennzeichnet.<br />

Die Erkrankung manifestiert sich meist zwischen dem 30. und<br />

40. Lebensjahr, verläuft progredient und führt schließlich zum Tode<br />

der Patienten. Eine Heilung bzw. Medikamente zur Verlangsamung<br />

des Krankheitsprozesses gibt es bisher nicht. Um die Pathogenese<br />

der SCA3 besser analysieren zu können und um potentielle Therapien<br />

in Zukunft anhand eines Tiermodells testen zu können (natürliche<br />

Tiermodelle für diese Erkrankung gibt es nicht) werden im Rahmen<br />

der Förderung durch die <strong>Stiftung</strong> transgene Tiere für SCA3 generiert<br />

und charakterisiert.<br />

„A Drosophila model for the molecular characterization of the syndrome<br />

of spinal bulbar muscular atrophy (Kennedy’s disease)“ ist das<br />

Thema eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />

von Prof. A. Cato, Institut für Toxikologie und Genetik, Forschungszentrum<br />

Karlsruhe GmbH.<br />

Die bulbospinale Muskelatrophie (spinal and bulbar muscular atrophy,<br />

SBMA),auch Muskelatrophie Typ Kennedy genannt, ist eine im<br />

3. bis 5. Lebensjahrzehnt auftretende, erbliche Erkrankung der motorischen<br />

Nervenzellen, die mit Muskelschwäche, Unfruchtbarkeit<br />

und anderen Symptomen einhergeht. Das Gen, dessen Defekt die<br />

Krankheit verursacht, liegt auf dem X-Chromosom; betroffen sind<br />

deshalb fast ausschließlich Männer, da sie den Defekt nicht durch ein<br />

zweites, intaktes X-Chromosom kompensieren können. Bei dem<br />

Gendefekt selbst handelt es sich um einen längeren DNA-Abschnitt,<br />

in dem sich die drei Nukleotide CAG vielfach wiederholen: bei normalen<br />

Personen findet man rund 20 CAG-Einheiten, bei Patienten<br />

mit SBMA mehr als dreimal so viele. Ähnliche Phänomene kennt


249<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

man auch von anderen neurodegenerativen Leiden, so u. a. von der<br />

Huntington-Krankheit. Wie die CAG-Wiederholungen die SBMA<br />

entstehen lassen, konnte man bisher mangels geeigneter Tiermodelle<br />

kaum untersuchen.<br />

Prof. Cato hat das defekte Gen mit gentechnischen Methoden in<br />

Taufliegen (Drosophila) eingeschleust, die nun dazu genutzt werden<br />

sollen, den Entstehungsmechanismus der SBMA genauer zu untersuchen.<br />

Mit molekularbiologischen und biochemischen Verfahren<br />

sollen dabei folgende Fragen beantwortet werden:<br />

– Spielt es für die Entstehung der SBMA eine Rolle, wo ARQ77, das<br />

von dem eingeschleusten Gen codierte Protein, sich in den Nervenzellen<br />

befindet?<br />

– Aktiviert der von dem langen CAG-Abschnitt codierte Proteinbereich<br />

möglicherweise proteinspaltende Enzyme, und spielt dies<br />

dann für die Krankheitsentstehung eine Rolle?<br />

– Zieht der von dem langen CAG-Abschnitt kodierte Proteinbereich<br />

ein Protein namens CRB an, das normalerweise an der Genregulation<br />

in den Zellen mitwirkt und hier möglicherweise gehemmt<br />

wird, so dass allgemeine Störungen der Genausprägung auftreten?<br />

(Befunde, die dies vermuten lassen, gibt es bei der Huntington-Krankheit.)<br />

– Woran liegt es, dass das durch den langen CAG-Abschnitt veränderte<br />

Protein seine anormale Wirkung nur in Nervenzellen eines<br />

ganz bestimmten Typs entfaltet?<br />

PD Dr. H. Lochmüller und Dr. A. Abicht, Genzentrum, Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München, wurden für das Projekt „Gestörte Erregungsübertragung<br />

an der neuromuskulären Synapse: Genetische<br />

und funktionelle Charakterisierung kongenitaler myasthener Syndrome<br />

(CMS)“ Fördermittel bewilligt.<br />

Die kongenitalen myasthenen Syndrome (CMS) sind eine heterogene<br />

Gruppe angeborener, genetisch bedingter Muskelkrankheiten.<br />

Die Symptome sind sehr unterschiedlich: Das Spektrum reicht von<br />

geringfügig erhöhter Ermüdbarkeit bis zu einer Schwächung der<br />

Atemmuskulatur, die zum Tod führen kann. Ursache sind Defekte an<br />

den Nerv-Muskel-Endplatten, den Synapsen, die Nervensignale von<br />

den Nervenzellen auf die Muskeln übertragen. Diese Defekte werden<br />

ihrerseits durch Mutationen in Genen verursacht, deren Proteinprodukte<br />

an der beschriebenen Signalübertragung mitwirken. Betroffen<br />

sind verschiedene Gene, und in diesen wiederum liegen unterschiedliche<br />

Mutationen vor. Dr. Abicht und Dr. Lochmüller haben<br />

in Familien mit CMS bereits mehrere Mutationen identifiziert, die<br />

mit der Krankheit in Verbindung stehen.<br />

Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, die bereits identifizierten Mutationen<br />

genauer zu untersuchen und weitere genetische Defekte zu<br />

CMS


Inclusion-Body-<br />

Myositis<br />

finden und zu analysieren, die zu Störungen der Signalübertragung<br />

an der Nerv-Muskel-Endplatte und damit zum CMS führen.<br />

Zunächst sollen alle Patienten mit humangenetischen und molekularbiologischen<br />

Methoden auf Mutationen in den bereits bekannten<br />

CMS verursachenden Genen untersucht werden. Darüber hinaus<br />

sollen weitere, bisher unbekannte Gene identifiziert werden, deren<br />

Mutationen ebenfalls CMS hervorrufen können. Die Analyse soll<br />

sich dabei auf Gene konzentrieren, deren Proteinprodukte ihre Aufgaben<br />

bekanntermaßen in der Nerv-Muskel-Endplatte erfüllen und<br />

die demnach als Krankheitsursache in Frage kommen. An den so gefundenen,<br />

veränderten Genen sollen durch gentechnische und zellbiologische<br />

Charakterisierung Aufschlüsse über die Funktionsstörungen<br />

gewonnen werden. Weiterhin soll mit molekularbiologischen<br />

Methoden untersucht werden, wie die Aktivität der fraglichen<br />

Gene reguliert wird.<br />

Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 250<br />

Abicht, Angela, et al.: A newly identified chromosomal microdeletion<br />

and a N-box mutation of the AChRε gene cause a congenital<br />

myasthenic syndrome. In: Brain. 125. <strong>2002</strong>. S. 1005–1013.<br />

Karcagi, V., et al.: Congenital myasthenic syndrome in South-<br />

Eastern European Roma (gypsies). – In: Acta Myologica. 20. <strong>2001</strong>.<br />

S. 231–238.<br />

Ohno, Kinji, et al.: A modified alignment of human and rodent 5’<br />

untranslated sequences of the acetylcholine receptor epsilon subunit<br />

gene reveals additional regions of high homology. – In: Neuromuscular<br />

Disorders. 10. 2000. S. 213/214.<br />

Dr. S. Hinderlich, Institut für Molekularbiologie und Biochemie, Freie<br />

Universität Berlin, und Prof. S. Mitrani-Rosenbaum, Hadassah University<br />

Hospital, University Jerusalem, erhielten Fördermittel für das<br />

Projekt „Mechanism of pathogenesis of UDP-N-acetylglucosamine 2epimerase/N-acetylmannosamine-kinase<br />

in Hereditary Inclusion<br />

body Myopathy“.<br />

Die Inclusion-Body-Myositis (IBM) ist eine außergewöhnliche Form<br />

einer entzündlichen Muskelerkrankung von Erwachsenen, die bevorzugt<br />

den Musculus quadriceps des Oberschenkels befällt. Die autosomal<br />

rezessiv vererbte Inclusion-Body-Myopathie (HIBM) setzt<br />

zwar ebenfalls erst im Erwachsenenalter ein, unterscheidet sich aber<br />

dadurch, dass keine Entzündung, sondern eine langsam fortschreitende<br />

Muskelschwäche auftritt und als zusätzliches besonderes Charakteristikum<br />

der Oberschenkelmuskel verschont bleibt. Beide Formen<br />

verdanken ihren Namen der Tatsache, dass man im Kern oder<br />

im Cytoplasma der Muskelzellen entsprechender Patienten Einschlusskörperchen<br />

findet, die aus tubulären Filamenten bestehen.<br />

An der HIBM erkrankt jeweils einer von 1500 iranischen Juden; damit<br />

ist sie die häufigste erblich bedingte, langsam fortschreitende


251<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

Muskelerkrankung, die mit einer bestimmten Volksgruppe assoziiert<br />

ist.<br />

Wie es zu dieser progressiven Muskelschwäche kommt, soll mit Hilfe<br />

molekularbiologischer Methoden erforscht werden. Ausgangspunkt<br />

ist dabei das Gen für das Enzym UDP-N-acetylglucosamin-2-epimerase/N-acetylmannosamin-kinase<br />

(GNE). Wie bisher gezeigt werden<br />

konnte, ist eine einzige Missensmutation in diesem Gen für die Ausprägung<br />

dieser autosomal rezessiven Erbkrankheit verantwortlich.<br />

Bei allen betroffenen iranischen Juden und anderen jüdischen Patienten<br />

des Mittleren Ostens, die untersucht wurden, wurde diese Mutation<br />

gefunden. Dieser Umstand bestätigt die Vermutung, dass die<br />

Krankheit von Juden des Mittleren Ostens ausgegangen ist. Mittlerweile<br />

findet man dieselbe Form der HIBM mit der Aussparung des<br />

Quadriceps jedoch auch bei Familien in anderen Teilen der Welt,<br />

wobei das Gen dann unterschiedliche Missensmutationen enthält.<br />

Daher scheint die Krankheit geographisch wohl viel weiter verbreitet<br />

zu sein, als bisher angenommen wurde.<br />

Im Projekt soll geklärt werden, wie der Gendefekt die Krankheit auslöst.<br />

Bisher weiß man nur, dass die GNE das Schlüsselenzym in der<br />

Biosynthese der Sialinsäure ist. Die Sialinsäure ist ein Zuckermolekül,<br />

das sehr häufig auf der Oberfläche eukaryotischer Zellen vorkommt<br />

und für eine Reihe biologischer Prozesse wie etwa die neurologische<br />

Plastizität, das Lernen und das Gedächtnis entscheidend ist.<br />

Daher liegt es nahe, davon auszugehen, dass GNE-Mutationen die<br />

Bindung der Sialinsäurereste an biologische Strukturen beeinträchtigen<br />

und auf diese Weise damit zusammenhängende Funktionen unterbinden.<br />

Für Untersuchungen zur molekularen Pathogenese erblicher Erkrankungen<br />

des Darmnervensystems am Modell Sox10- und Sox-8-defizienter<br />

Mäuse erhält Prof. M. Wegner, Institut für Biochemie, Universität<br />

Erlangen-Nürnberg, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Das komplex aufgebaute Nervensystem des Darms gehört zum vegetativen<br />

Nervensystem. Es ist aufgrund eigener vollständiger Reflexbögen<br />

vom Zentralnervensystem funktionell unabhängig und beeinflusst<br />

sowohl die Motilität, als auch die Sekretion des Darms. Das<br />

Zentralnervensystem greift dabei lediglich modulierend ein.<br />

Erbliche gastrointestinale Motilitätsstörungen beruhen häufig auf<br />

Entwicklungs- und Funktionsstörungen im Nervensystem des<br />

Darms, das vollständig aus den Zellen der Neuralleiste hervorgeht.<br />

Der distale Abschnitt des Colons ist besonders häufig von Störungen<br />

des enterischen Nervensystems betroffen. Fehlen dort von Geburt an<br />

die Ganglienzellen (angeborene Aganglionose), so entwickelt sich<br />

die sogenannte Hirschsprung-Krankheit. Dabei bleibt das Colon<br />

über einen unterschiedlich langen Bereich enggestellt und zeigt<br />

keinerlei peristaltische Bewegungen. Der Darminhalt sammelt sich<br />

vor diesem scheinbaren Verschluss (Pseudoobstruktion) an und<br />

dehnt an dieser Stelle den Darm zu einem Megacolon aus. Das kann<br />

Hirschsprungkrankheit


T-Zell-<br />

Selektion<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 252<br />

lebensbedrohliche Sekundärkomplikationen wie eine Enterokolitis<br />

oder eine Bauchfellentzündung zur Folge haben.<br />

Projektziel ist, besser zu verstehen, welche Bedeutung die Transkriptionsfaktoren<br />

Sox10 und Sox8 im Mausmodell für die Entwicklung<br />

des enterischen Nervensystems haben. Sox10 ist offensichtlich<br />

für die Entwicklung des enterischen Nervensystems essentiell. Fehlen<br />

bei der Maus beide Sox10-Allele, so kann sich im Darm überhaupt<br />

kein Nervensystem ausbilden. Sind die Tiere dagegen heterozygot<br />

in bezug auf Sox10, so bilden bis zu 30 Prozent von ihnen ein<br />

Megacolon aus. In vielen Fällen wie etwa bei der Hirschsprung-<br />

Krankheit fehlt dann das Darmnervensystem ganz oder ist unterentwickelt,<br />

während man in anderen Fällen trotz Megacolons im Nervensystem<br />

des Darms keine morphologischen Veränderungen erkennen<br />

kann. Beim Menschen findet man in Übereinstimmung mit<br />

diesen Befunden bei Patienten, die an Morbus Hirschsprung erkrankt<br />

sind, oder solchen, die eine Pseudoobstruktion ohne Aganglionose<br />

zeigen, ebenfalls heterozygote Sox10-Mutationen.<br />

Die Bedeutung von Adhäsionsmolekülen bei intrathymischen Selektionsabläufen<br />

im Rahmen monogener und polygener Erkrankungen<br />

des Immunsystems ist Gegenstand eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />

Forschungsvorhabens von Prof. K. Scharffetter-Kochanek,<br />

Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie,<br />

Ulm.<br />

Die T-Zellen, eine der wichtigsten Zellpopulationen des Immunsystems,<br />

entstehen im Thymus. Dort findet eine strenge Selektion der<br />

neu gebildeten T-Zellen statt, und nur solche, die körperfremde Substanzen<br />

angreifen, körpereigene aber unversehrt lassen, gelangen<br />

ins Blut. Störungen dieser „intrathymischen Selektion“ können zu<br />

Erkrankungen des Immunsystems (z. B. Autoimmunerkrankungen)<br />

führen. Entscheidenden Einfluss auf den Selektionsprozess haben<br />

spezielle Oberflächenproteine der T-Zellen, insbesondere zwei Adhäsionsmolekülarten<br />

mit den Bezeichnungen CD11 und CD18. Mutationen<br />

in den Genen, die den Bauplan für diese Proteine enthalten,<br />

sollten deshalb zu Beeinträchtigungen bei der T-Zell-Selektion<br />

führen. Prof. Scharffetter-Kochanek konnte mit gentechnischen Methoden<br />

zwei Mausstämme herstellen, bei denen das CD18-Gen verändert<br />

ist. In einem davon hat das Gen noch eine Restaktivität von 10<br />

Prozent, im anderen ist es völlig inaktiv. Der erste Stamm zeigt<br />

Symptome, die einer Psoriasis (Schuppenflechte, einer bekannten<br />

Autoimmunkrankheit) ähneln, die Symptome des anderen ähneln<br />

denen der Blutkrankheit Leukozyten-Adhäsionsdefizienz-Syndrom<br />

Typ 1 (LAD1). Die beiden Stämme zeigen also bei einem unterschiedlichen<br />

Grad der genetischen Veränderung unterschiedliche<br />

Krankheitsbilder.<br />

Im Rahmen des Projekts sollen die Auswirkungen des fehlerhaften<br />

CD18-Gens auf die Reifung der T-Zellen genauer untersucht werden.<br />

Zu diesem Zweck sollen die beiden genannten Mauslinien


253<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

zunächst mit einem weiteren Stamm gekreuzt werden, der auf Grund<br />

gentechnischer Manipulationen genau definierte T-Zellen erzeugt.<br />

An den so entstandenen, doppelt mutierten Mäusen mit genau bekannter<br />

genetischer Konstitution sollen dann mit immunologischen<br />

und molekularbiologischen Methoden folgende Fragen beantwortet<br />

werden:<br />

– Wie verändert sich das Erscheinungsbild der T-Zellen durch die<br />

Mutationen des CD18-Gens?<br />

– Wie unterscheiden sich die immunologischen Funktionen der so<br />

entstandenen T-Zellen vom Normalzustand?<br />

– Welche Zelltypen sind für die fehlerhafte T-Zell-Selektion im<br />

Thymus verantwortlich?<br />

Das „Wiskott-Aldrich-Syndrom-Protein – Molekulare Analyse und<br />

funktionelle Implikationen für die zelluläre Migration“ ist Gegenstand<br />

eines Forschungsprojekts von Prof. Ch. Klein, Sektion Experimentelle<br />

Hämatologie/Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover.<br />

Das Wiskott Aldrich Syndrom ist ein X-chromosomal vererbter Immundefekt,<br />

der sich durch rezidivierende Infektionen, ein Ekzem sowie<br />

durch eine Blutungsneigung mit Thrombozytopenie manifestiert.<br />

Der komplexe Phänotyp wird verursacht durch Mutationen in einem<br />

Gen (WASP – Wiskott Aldrich Syndrom Protein), welches in allen<br />

Zellen des hämatopoetischen Systems exprimiert wird und eine Kontrollfunktion<br />

bei der Regulation des Aktin Zytoskeletts ausübt. In T-<br />

Zellen spielt WASP eine zentrale Rolle bei der Übertragung eines aktivierenden<br />

Signals über den antigenspezifischen T-Zell-Rezeptor.<br />

Die Funktion von WASP in anderen Zellen des hämatopoetischen Systems<br />

ist weniger gut untersucht.<br />

Die Arbeitsgruppe von Prof. Klein konnte anhand einer WASP-<br />

Knockout-Maus verschiedene Aspekte der WASP-Funktion beleuchten.<br />

Zum einen konnte gezeigt werden, dass WASP für die zelluläre<br />

Migration von T Zellen und dendritischen Zellen von Bedeutung ist.<br />

Darüber hinaus konnte Prof. Klein in kompetitiven Repopulationsexperimenten<br />

zeigen, dass WASP-exprimierende Zellen gegenüber<br />

WASP-negativen Zellen einen selektiven Vorteil haben. Diese Ergebnisse<br />

haben grosse Bedeutung für die Entwicklung gentherapeutischer<br />

Strategien.<br />

Prof. T. Möröy, Institut für Zellbiologie – IFZ, Universitätsklinikum<br />

Essen, wurden für das Projekt „Genetische Prädisposition und Modifikation<br />

der Autoimmunerkrankung Systemischer Lupus erythematodes“<br />

Fördermittel bewilligt.<br />

Der Systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine schwere Erkrankung,<br />

die mit einer Reihe verschiedener Organschäden einhergeht.<br />

Insbesondere kommt es häufig zum terminalen Nierenversagen.<br />

Wiskott-<br />

Aldrich-<br />

Syndrom<br />

Systemischer<br />

Lupus<br />

erythematodes


Fanconi-<br />

Anämie<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 254<br />

Es handelt sich um eine Autoimmunkrankheit: Das Immunsystem<br />

greift fälschlicherweise körpereigene Strukturen an, beim SLE insbesondere<br />

Strukturen der Zellkerne einschließlich der DNA. Der Entstehungsmechanismus<br />

ist nicht im einzelnen geklärt. Bekannt ist<br />

aber, dass die Betroffenen häufig anormal geringe Mengen an<br />

DNase 1 aufweisen, eines Enzyms, das nicht mehr benötigte DNA<br />

(insbesondere solche aus abgestorbenen Zellen, aber auch aus eingedrungenen<br />

Bakterien und Viren) im Organismus abbaut. Außerdem<br />

geht man aufgrund der vorliegenden Befunde allgemein davon<br />

aus, dass bestimmte genetische Faktoren über Schweregrad und<br />

Verlauf bestimmen. Darüber hinaus wurde wiederholt die Vermutung<br />

geäußert, dass Bakterieninfektionen ebenfalls zum Ausbruch<br />

der Krankheit beitragen könnten.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, über diese genetischen Faktoren<br />

genaue Aufschlüsse zu gewinnen. Prof. Möröy stehen verschiedene<br />

gentechnisch veränderte Mausstämme zur Verfügung, in denen<br />

jeweils ein in Frage kommendes Gen verändert ist. Er hat selbst<br />

einen Mausstamm hergestellt, der DNase 1 in zu geringer Menge<br />

produziert. Mäuse aus diesem Stamm bekommen schon in sehr geringem<br />

Alter eine dem SLE vergleichbare Krankheit. In diese Tiere<br />

sollen mit genetischen Methoden neue Kombinationen weiterer Faktoren<br />

eingebracht und jeweils untersucht werden, wie sich die genetischen<br />

Veränderungen auf die Immunantwort und die Entstehung<br />

der Krankheit auswirken.<br />

Für Untersuchungen zum molekularen Defekt der Fanconi-Anämie<br />

erhielten Dr. W. Ruppitsch und Prof. M. Schweiger, Institut für Biochemie,<br />

Freie Universität Berlin, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Bei der Fanconi-Anämie handelt es sich um eine ererbte Form von<br />

aplastischer Anämie, einer Krankheit, bei der das Knochenmark<br />

nicht mehr in der Lage ist, die verschiedenen Blutstammzellen<br />

(weiße und rote Blutkörperchen, Blutplättchen) zu produzieren. Der<br />

Verlauf ist durchweg schwer, neben den Blutbildanomalien kommt<br />

es zu Skelettfehlbildungen, Nierenschäden, Pigmentstörungen, Minderwuchs<br />

und geistiger Retardierung, sowie einem stark erhöhten<br />

Krebsrisiko. Die Fanconi-Anämie wird autosomal rezessiv vererbt,<br />

man weiß von sieben potentiell verantwortlichen Genen (FANCA-<br />

G). Fast alle Gene sind kloniert, aber über die Funktion der Proteine<br />

ist bisher nichts bekannt.<br />

Hauptmerkmal der Fanconi-Anämie auf zellulärer Ebene ist eine<br />

drastisch erhöhte Chromosomeninstabilität. In früheren Arbeiten<br />

konnte Prof. Schweiger zeigen, dass Zellen von Fanconi-Patienten<br />

überdies eine extrem erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Sauerstoff<br />

und hoch reaktive Sauerstoffzwischenverbindungen aufweisen,<br />

durch die sich die Chromosomeninstabilität zusätzlich erhöht.<br />

Freier Sauerstoff ist für die Zelle eine potentielle Gefahrenquelle und<br />

muss daher im Rahmen von Oxidationsreaktionen gebunden werden.<br />

Eines der zellulären Enzymsysteme, die dies bewerkstelligen,


255<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

ist das Cytochrom-P450-System. Es konnte gezeigt werden, dass oxidative<br />

DNA-Schäden durch antioxidative Substanzen vermindert<br />

werden. So ließ sich die Zahl der Chromosomenbrüche durch eine<br />

Hemmung des Cyt-P450-Systems herabsetzen. Projektziel ist, die Ursachen<br />

für das Versagen der Blutzell-Bildung zu verstehen und entsprechende<br />

Gegenmaßnahmen zu entwickeln.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte Dr. M. Ristow, Deutsches Institut für Ernährungsforschung,<br />

Freie Universität Berlin, Fördermittel für das Projekt<br />

„Dominant-negative Inaktivierung eines Regulators des nicht-oxidativen<br />

Glukosestoffwechsels im transgenen Tiermodell“.<br />

Diabetes mellitus Typ 2 ist eine der häufigsten Zivilisationskrankheiten<br />

ungeklärter genetischer Grundlage. Die am frühesten detektierbaren<br />

Störungen, die der Entstehung des Diabetes vorausgehen, sind<br />

eine verminderte nichtoxidative Glukoseverwertung, sowie eine<br />

Verminderung der Oszillationen der Insulinsekretion der pankreatischen<br />

b-Zelle.<br />

Das schrittmachende Enzym der nichtoxidativen Glukoseverwertung<br />

ist die Phosphofrukto-1-kinase (PFK1). Die autosomal-rezessiv vererbte,<br />

seltene Glykogenspeicherkrankheit Typ VII ist bedingt durch<br />

ein Fehlen des Muskelsubtyps dieses Enzyms, PFK1-M. Dr. Ristow<br />

hat in Vorarbeiten zeigen können, dass Patienten mit diesem Enzymdefekt<br />

eine gestörte Insulinsekretion sowie verminderte Insulinoszillationen<br />

aufweisen, somit in allen klinischen Kriterien einem frühen<br />

Stadium des Diabetes mellitus Typ 2 entsprechen. PKF1 gehört somit<br />

zu den zahlreichen, sogenannten Kandidatengenen des Diabetes<br />

mellitus Typ 2.<br />

Projektziel ist die pathophysiologische Analyse der gestörten b-Zell-<br />

Funktion. Hierzu soll eine bereits funktionell charakterisierte, dominant-negative<br />

Mutante der PFK1-M im Tiermodell der Maus betazellspezifisch<br />

exprimiert werden. Das so generierte Tiermodell soll<br />

physiologisch bezüglich seines Glukosestoffwechsels und seiner Insulinsekretion<br />

untersucht werden.<br />

Prof. G. Walz, Innere Medizin, Universitätsklinikum Freiburg, erhält<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für die Entwicklung therapeutischer Ansätze<br />

für die autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung<br />

(Hemmung der ER-Retention von Polycystin-2 als therapeutisches<br />

Prinzip).<br />

Die autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung (AD-<br />

PKD), eine der häufigsten erblichen Krankheiten, führt zu einer<br />

Schädigung der Nieren und am Ende häufig zum terminalen Nierenversagen.<br />

Man kennt zwei Gene namens PKD1 und PKD2, deren<br />

Mutation die Krankheit verursachen kann. Die von diesen Genen codierten<br />

Proteine werden als Polycystin-1 und Polycystin-2 bezeichnet;<br />

ihre biologische Funktion ist ebenso wenig bekannt wie der Mechanismus,<br />

durch den sie in mutierter Form zur ADPKD beitragen.<br />

Man weiß jedoch, dass sie normalerweise während der Embryonal-<br />

Diabetes<br />

Polycystische<br />

Nierenerkrankung


Lysomen<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 256<br />

entwicklung in der Zellmembran der Nierenzellen lokalisiert sind;<br />

später sind sie dort nicht mehr nachweisbar. Polycystin-1 und Polycystin-2<br />

treten untereinander in Wechselwirkung und werden dann<br />

zur Zellmembran transportiert. Fällt Polycystin-1 jedoch wegen einer<br />

Mutation von PKD1 aus, verbleibt auch Polycystin-2 nach seiner Synthese<br />

im endoplasmatischen Reticulum (ER), einem System von<br />

Kanälen im Zellinneren. Wie Prof. Walz nachweisen konnte, bindet<br />

Polycystin-2 im ER an einen Proteinkomplex namens AP-1/PACS-1<br />

und wird deshalb dort festgehalten. Damit stellt sich die Frage, ob<br />

man diese Retention im ER mit Medikamentenwirkstoffen unterdrücken<br />

kann, so dass Polycystin-2 trotz des Fehlens von Polycystin-1<br />

zur Zellmembran transportiert werden und dort seine Funktion zumindest<br />

teilweise erfüllen kann.<br />

Für die Analyse des pathogenetischen Potentials des ,lysosomal apyrase<br />

like proteins of 70kDa‘ (LALP70) am LALP70-knout-out-Mausmodell<br />

wurden Prof. H.-P. Elsässer, Institut für klinische Zytobiologie<br />

und Zytopathologie, Universität Marburg, Fördermittel bewilligt.<br />

Lysosomen sind Zellorganellen, die dazu dienen, bestimmte Stoffe<br />

innerhalb der Zelle abzubauen. Um diesen Zweck erfüllen zu können,<br />

enthalten sie zahlreiche hydrolytische Enzyme, die als lösliche<br />

Proteine im Lumen dieser Organellen vorkommen. Fällt eines dieser<br />

Enzyme aufgrund genetischer Defekte aus, resultiert eine sogenannte<br />

lysosomale Speicherkrankheit wie das Hurler-Syndrom oder<br />

die Tay-Sachs Krankheit. Lysosomale Speichererkrankungen haben<br />

eine schlechte Prognose und können zur Zeit nur palliativ behandelt<br />

werden.<br />

Neben den löslichen Hydrolasen kommen in der Membran der Lysosomen<br />

spezifische Proteine vor, über deren Funktion man bisher nur<br />

wenig weiß. Eines von ihnen konnte jedoch bereits mit einer Krankheit<br />

in Verbindung gebracht werden, dem sogenannten Danon-Syndrom,<br />

das mit Herzmuskelerkrankungen und geistiger Retardierung<br />

einhergeht. Ein neues lysosomales Membranprotein wurde in der Arbeitsgruppe<br />

von Prof. Elsässer entdeckt und kloniert, das „lysosomal<br />

apyrase like protein of 70 kDa“ (LALP70). Dieses Protein ist eine<br />

Apyrase, also ein Enzym, das Bausteine aus dem Nukleotidstoffwechsel<br />

spaltet und möglicherweise eine Rolle bei der Rückgewinnung<br />

von Di- und Mononukleotiden spielt. LALP70 ist die erste intrazelluläre<br />

Apyrase, die in höheren eukaryonten Zellen gefunden<br />

wurde. Alle anderen bekannten Apyrasen kommen an der Aussenseite<br />

der Plasmamembran vor und sind sogenannte Ektoenzyme.<br />

Die genaue Funktion von LALP70 sowie dessen pathogenetisches<br />

Potential sollen an einem Maus-knock-out-Modell untersucht werden.<br />

Hierzu ist eine genauere Kenntnis des LALP70-Gens der Maus<br />

Voraussetzung. Bislang hatte die Arbeitsgruppe von Prof. Elsässer<br />

nur das menschliche LALP70-Gen charakterisiert, das eine Grösse<br />

von etwa 18 kb hat und 12 Exons enthält. Mit Hilfe verschiedener<br />

Datenbanken, sowie durch Kartierung eines genomischen Cosmid-


257<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

Klons, der das LALP70-Gen der Maus enthält und vom Deutschen<br />

Ressourcenzentrum für Genomforschung in Berlin bezogen wurde,<br />

konnte gezeigt werden, dass die Genstruktur homolog ist zu der des<br />

menschlichen LALP70-Gens. Die genomische Sequenz der Maus<br />

steht jetzt zur Verfügung, so dass im nächsten Schritt der LALP70knock-out-Vektor<br />

konstruiert werden kann.<br />

Dr. R. Jores, Dipt. Scienze Biomediche e Biotecnologie, Universität<br />

Cagliari, erhielt für die molekulare Analyse der T-Zellen in der Gluten-sensitiven<br />

Enteropathie bei Patienten, die homozygot für den<br />

prädisponierenden HLA-dQ2 sind, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Die Zöliakie ist eine krankhafte Überempfindlichkeit gegen Gluten,<br />

einen Bestandteil der meisten Getreideprodukte; glutenhaltige<br />

Ernährung führt bei den Betroffenen zu pathologischen Veränderungen<br />

der Darmschleimhaut; die Folge sind Unterernährung und andere<br />

Krankheitserscheinungen, die jedoch bei glutenfreier Ernährung<br />

verschwinden. Die Krankheit lässt sich also durch Ernährungsumstellung<br />

beliebig hervorrufen und wieder beseitigen.<br />

Die Ursache der Zöliakie ist nicht geklärt. Insbesondere die frühen,<br />

nach dem Wechsel zu glutenhaltiger Ernährung sehr schnell einsetzenden<br />

Krankheitsmechanismen wurden bisher kaum untersucht. Es<br />

handelt sich offensichtlich um einen Mechanismus des Immunsystems,<br />

denn bei den Betroffenen stößt man immer wieder auf einen<br />

Zusammenhang mit dem Gen HLA-DQ2, welches zum Immunsystem<br />

gehört. Da die Zöliakie in Sardinien häufiger vorkommt als in allen<br />

anderen Regionen Europas (auf der Insel ist ca. 1 Prozent der Bevölkerung<br />

betroffen), findet man dort auch homozygote Personen, d.<br />

h. solche mit zwei Exemplaren (väterlich/mütterlich) von HLA-DQ2<br />

besonders häufig. Dr. Jores untersucht die frühen Vorgänge bei Eintritt<br />

der Zöliakie und die Bedeutung von HLA-DQ2 für diesen Mechanismus.<br />

Als Versuchsmaterial dient Darmgewebe, das von homozygoten<br />

Patienten nach kurzfristiger Gabe einer glutenhaltigen Diät<br />

gewonnen wurde.<br />

Die Untersuchung der T-Zellen (Zellen des Immunsystems) in der<br />

Darmschleimhaut zeigt, dass ihre Zahl bei Patienten mit glutenfreier<br />

Ernährung vergleichbar ist mit der von Kontrollpersonen, jedoch<br />

schon nach 2–3 Tagen glutenhaltiger Diät stark ansteigt, ebenso die<br />

Expression von HLA-DQ2. In diesem frühem Stadium ist die<br />

Schleimhaut noch intakt; daher scheinen die Zellen Ursache der<br />

Schädigung zu sein und nicht eine Reaktion auf existierenden Schaden.<br />

Im nächsten Schritt soll das Spektrum dieser Zellen bei Patienten<br />

gentechnisch analysiert werden, um festzustellen, ob es von dem gesunder<br />

Menschen abweicht. In in vitro Versuchen regt Gluten T-Zellen<br />

aus dem Blut von homozygoten Patienten, aber nicht von Kontrollpersonen,<br />

zur Sekretion von Cytokinen (Regulationssubstanzen<br />

des Immunsystems) an. Von den verschiedenen Cytokinen wird besonders<br />

TNF-α produziert; dies wird durch Blockierung von HLA-<br />

Zöliakie


Peroxisomen<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 258<br />

DQ2 verhindert. TNF-α kann direkt den Tod von Schleimhautzellen<br />

hervorrufen und beeinflusst das Immunsystem zu einer T H1-Reaktion.<br />

Immunantworten vom Typ T H1 sind aggressiv und führen zur<br />

Aktivierung weiterer Zellen die noch mehr Schaden anrichten (im<br />

Gegensatz zu Antworten vom Typ T H2, die regulierend wirken). Die<br />

Sekretion hat einen „Schneeballeffekt“, der die Schnelligkeit der Infiltration<br />

erklärt: Kontakt weniger residenter T-Zellen mit Gluten<br />

führt zu ihrer Aktivierung, TNF-α „ruft“ weitere Zellen aus dem Blut<br />

in die Schleimhaut und aktiviert sie, worauf diese dann weiteres<br />

TNF-α sezernieren. IL-10 dagegen, ein Cytokin, das T H2 Antworten<br />

konditioniert, wird von den T-Zellen der Zöliakie-Patienten kaum<br />

produziert. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine grundsätzliche<br />

Fehlregulation der T-Zellen Ursache der Zöliakie und HLA-<br />

DQ2 ein zentraler Bestandteil der Krankheitsentwicklung ist.<br />

Insgesamt verspricht sich Dr. Jores von den Arbeiten neue Aufschlüsse<br />

über die Entstehung der Zöliakie, die sich später auch auf<br />

nicht homozygote Patienten übertragen lassen und für die Behandlung<br />

der Krankheit von Interesse sein dürften. Darüber hinaus sollen<br />

die Befunde auch allgemein neue, für das Verständnis vieler Krankheiten<br />

wichtige Erkenntnisse über die Funktionsweise des Immunsystems<br />

liefern.<br />

Peroxisomale Biogenese-Erkrankungen sind Gegenstand eines Forschungsprojektes<br />

von PD Dr. G. Dodt und Prof. W.-H. Kunau, Institut<br />

für Physiologische Chemie, Universität Bochum.<br />

Peroxisomen sind Zellorganellen – von einer Membran umgebene<br />

Funktionsuntereinheiten innerhalb des Cytoplasmas. Zu ihren<br />

Hauptaufgaben gehört der Abbau von langkettigen Fettsäuren, die<br />

sogenannte �-Oxidation. Überdies erhalten Peroxisomen bestimmte<br />

Enzyme, die an wichtigen Entgiftungsreaktionen innerhalb der Zelle<br />

beteiligt sind, so sorgen sie beispielsweise vermittels verschiedener<br />

Oxidationsreaktionen dafür, dass hochreaktiver Sauerstoff in für die<br />

Zelle ungefährliche Verbindungen eingebunden wird.<br />

Peroxisomen enthalten – im Unterschied zu anderen Organellen wie<br />

den Mitochondrien – keine eigene DNA und sind daher zu ihrer Biogenese,<br />

d. h., um wachsen und sich teilen zu können, auf den Import<br />

von Proteinen aus dem Zellplasma angewiesen. Als Importsignal<br />

dient eine spezielle Sequenz aus drei Aminosäuren am carboxyterminalen<br />

Ende eines Proteins.<br />

Ist dieser Importmechanismus gestört, können nicht genügend funktionsfähige<br />

Peroxisomen entstehen. Dies führt zu schweren Erkrankungen<br />

wie dem Zellweger-Syndrom, das oft bereits im Neugeborenenstadium<br />

zum Tode führen kann, der neonatalen Adrenoleukodystrophie<br />

(NALD) oder der infantilen Refsum’schen Erkrankung (IRD),<br />

die oft ein Überleben bis ins Erwachsenenalter möglich macht. Die<br />

Betroffenen weisen ein breites Spektrum an schweren Anomalien<br />

von Leber, Niere und Gehirn auf. Man weiß heute, dass alle drei


259<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

Krankheiten unterschiedliche Schweregrade desselben Krankheitsbildes<br />

darstellen.<br />

In Hefe hat man im Laufe der vergangenen Jahre dreiundzwanzig<br />

verschiedene Gene identifizieren können, die an der Biogenese von<br />

Peroxisomen beteiligt sind, und diese im Falle eines Defekts massiv<br />

stören können. Durch Homologievergleiche hat man beim Menschen<br />

dreizehn entsprechende Gene (die sogenannten PEX-Gene) identifiziert.<br />

Mutationen in jedem dieser PEX-Gene können die oben erwähnten<br />

Erkrankungen auslösen. Besonders häufig involviert ist das<br />

Gen PEX 1, es ist bei 60 Prozent aller untersuchten Patienten mutiert,<br />

wobei nach Untersuchungen von Prof. Kunau zwei Mutationen mit<br />

besonderer Häufigkeit auftreten. Das Produkt dieses Gens gehört zu<br />

den AAA-Proteinen (ATPases associated with diverse cellular activities),<br />

deren Funktion im Detail bislang weitgehend unbekannt ist.<br />

Es war bekannt, dass eine der beiden Mutationen zu einer temperatursensitiven<br />

Variante führt. Es konnte nun gezeigt werden, dass in<br />

Patientenzellen mit dieser PEX-1-Variante die Menge an PEX-1-Protein<br />

auf 5–15 Prozent reduziert ist. Die wahrscheinlich verminderte<br />

Stabilität dieses mutierten PEX 1 kann durch verschiedene Maßnahmen,<br />

z. B. durch Erniedrigung der Temperatur, so beeinflusst werden,<br />

dass die PEX 1 Menge auf 20–30 Prozent ansteigt und gleichzeitig<br />

die Funktion der Peroxisomen wiederhergestellt wird. Dies erhöht<br />

die Hoffnung, dass pharmakologische Maßnahmen zur Stabilisierung<br />

des mutierten Proteins, erste Ansätze zu einer Therapie darstellen<br />

könnten. Prinzipiell scheint das Vorhandensein einer Restmenge<br />

an funktionsfähigem PEX-1-Protein mit den milderen Erkrankungsformen<br />

NALD und IRD korreliert zu sein, ein vollständiges<br />

Fehlen führt immer zum Zellweger-Syndrom. Ein weiteres wichtiges<br />

Genprodukt scheint das PEX-6-Protein, ein anderes AAA-Protein zu<br />

sein. Es ist bei 16 Prozent aller Patienten mutiert und interagiert im<br />

Verlauf der normalen Biogenese mit PEX 1. Auch gibt es Hinweise,<br />

dass das PEX-15-Protein mit dem PEX-6-Protein ATP-abhängig Verbindungen<br />

eingeht. Dabei scheinen die beiden AAA-Proteine PEX 1<br />

und PEX 6 zum Teil an den Peroxisomen und zum Teil im Cytosol der<br />

Zelle lokalisiert zu sein. PEX 15 hingegen befindet sich in der peroxisomalen<br />

Membran.<br />

Ziel des Projekts ist es nun weiterhin, der Funktion der AAA-Proteine<br />

PEX 1 und PEX 6 nachzugehen: Mit welchen Proteinen interagieren<br />

sie? Welche Mutationen machen die Proteine funktionsuntüchtig?<br />

Welche Auswirkungen haben diese Mutationen auf die Peroxisomenbiogenese<br />

im einzelnen? Kann man bei Mutationen, die zu einem<br />

instabilen aber sonst funktionstüchtigen Protein führen, die Stabilität<br />

durch pharmakologische Maßnahmen erhöhen?<br />

Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />

Walter, Claudia, et al.: Disorders of peroxisome biogenesis due to<br />

mutations in PEX 1. Phenotypes and PEX 1 protein levels. – In:<br />

American Journal of Human Genetics. 69. <strong>2001</strong>. S. 35–48.


CHILD-<br />

Syndrom<br />

Keratine<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 260<br />

Ghenea, Simona, et al.: The cDNA Sequence and expression of the<br />

AAA-family peroxin genes pex-1 and pex-6 from the nematode<br />

Caenorhabditis elegans. – In: Zoological Science. 18. <strong>2001</strong>.<br />

S. 675–681.<br />

Für Untersuchungen zur molekularen Pathogenese des CHILD-Syndroms<br />

erhält Prof. K.-H. Grzeschik, Zentrum für Humangenetik, Universität<br />

Marburg, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />

Cholesterin hat im Körper vielfältige Funktionen, beispielsweise bei<br />

der Synthese der Steroidhormone oder beim Lipidtransport. Außerdem<br />

ist es ein wichtiger Partner von Signalmolekülen aus der Hedgehog-Genfamilie.<br />

Dabei ist es seine Aufgabe, diese Signalmoleküle<br />

in Biomembranen zu verankern. Durch Membranaustausch gelangen<br />

Signale wie das Hedgehog-Signalpeptid zu anderen Zielorten<br />

und bestimmen somit, von wo aus Steuerungskaskaden ausgehen,<br />

die in den Empfängerzellen Gene an- oder abschalten. Diese Signale<br />

spielen in der frühen Embryonalentwicklung eine wichtige Rolle bei<br />

der Festlegung der linken und rechten Körperhälfte und steuern später<br />

die Entwicklung einer Reihe von Organen.<br />

Fehler in der Cholesterolsynthese können die Entwicklung stark beeinträchtigen.<br />

Ein Beispiel dafür ist das CHILD-Syndrom (CHILD ist<br />

die englische Abkürzung für „genetisch bedingte Hemidysplasie mit<br />

ichtyosiformer Erythrodermis und Glieddefekten“). Diese an das X-<br />

Chromosom gekoppelte, dominante Erbkrankheit ist im männlichen<br />

Geschlecht letal. Frauen überleben trotz des Gendefekts, weil bei ihnen<br />

immer ein X-Chromosom inaktiviert wird. Allerdings geht das<br />

Syndrom bei heterozygoten Merkmalsträgern mit einer auf eine Körperhälfte<br />

beschränkten Verkleinerung von Gehirn, Lunge, Herz,<br />

Gliedmaßen und Skelett sowie einem entzündlichen Naevus der<br />

Haut dieser Körperhälfte einher. Wie es dazu kommt ist unklar. Man<br />

vermutet aber, dass dabei sowohl die X-Inaktivierung als auch die<br />

Links-Rechts-Determination eine Rolle spielen.<br />

Wie Prof. Grzeschik nachweisen konnte, wird das CHILD-Syndrom<br />

durch Mutationen im NSDHL-Gen ausgelöst, das ein Enzym für die<br />

Cholesterolsynthese codiert. Aufgrund dieses Fehlers kann Cholesterol<br />

nicht mehr an das Signalmolekül gekoppelt werden. Prof.<br />

Grzeschik geht davon aus, dass Zwischenprodukte aus der Cholesterolsynthese,<br />

die aufgrund des Enzymblocks anfallen, die für die Entwicklung<br />

essentielle Hedgehog-Signalkaskade blockieren. In einer<br />

Reihe von Untersuchungen soll geklärt werden, ob sich die Krankheitssymptome<br />

durch diesen Ausfall des Signals erklären lassen.<br />

„Generation of Mouse Models für Ichthyosis Hystrix and Epidermolytic<br />

Hyperkeratosis“ ist Gegenstand eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />

Forschungsvorhabens von Prof. T. M. Magin und Dr. J. Reichelt,<br />

Institut für Physiologische Chemie, Universität Bonn.<br />

Die Keratine sind eine vielgestaltige Gruppe von Proteinen, die zur<br />

mechanischen Festigkeit der Zellen beitragen und deshalb insbeson-


261<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

dere in Hautzellen eine wichtige Rolle spielen. Man kennt mindestens<br />

25 verschiedene Keratintypen, deren Baupläne in ebenso vielen<br />

Genen festgelegt sind. Mutationen in den Keratingenen führen<br />

zu verschiedenen Hautkrankheiten. Häufig ist die Haut dann besonders<br />

verletzungsanfällig oder übermäßig stark verhornt (Hyperkeratose);<br />

das Krankheitsbild ist aber bei jeder Mutation ein anderes. Mutationen<br />

in den Genen für die Keratine des Typs 1 und 10 (K1 und<br />

K10) wurden u. a. mit den Krankheiten epidermolytische Hyperkeratose<br />

(EHK), nichtepidermolytische Palmoplantarkeratose (NEPPK)<br />

und Ichthyosis Hystrix Curth-Macklin (IHCM) in Verbindung gebracht.<br />

Welchen Beitrag die Mutationen und andere Keratintypen<br />

zur Krankheitsentstehung leisten, ist aber nicht im einzelnen bekannt.<br />

Im Rahmen des Projekts soll deshalb an Tiermodellen genauer untersucht<br />

werden, nach welchem Mechanismus verschiedene Mutationen<br />

im Gen für K1 die Krankheiten EHK, NEPPK und IHCM entstehen<br />

lassen.<br />

„Desmosomale Cadherin-Gene: Klonierung der humanen Desmocolline,<br />

Charakterisierung ihrer genomischen Struktur und Kandidaten-<br />

Gen-Analyse“ ist das Thema eines Forschungsprojekts von Dr. J. A.<br />

Frank, Hautklinik des Universitätsklinikums der RWTH Aachen.<br />

Für die Struktur aller Gewebe sind ordnungsgemäße Verbindungen<br />

zwischen den Zellen von allergrößter Bedeutung. Diese Verbindungen<br />

werden durch eine ganze Reihe von Proteinen hergestellt, unter<br />

anderem auch durch die so genannten Desmocolline, die zur größeren<br />

Gruppe der Cadherine gehören. Diese drei Proteine (Desmocollin<br />

1, 2 und 3) spielen vor allem im Hautgewebe offenbar eine große<br />

Rolle. Über ihre Eigenschaften weiß man bisher wenig; bekannt ist<br />

aber, dass sich das zugehörige Gen in einem kleinen Abschnitt auf<br />

dem Chromosom 18 befindet. In genau derselben Chromosomenregion<br />

konnte Dr. Frank auch die genetische Ursache für zwei erbliche<br />

Hauterkrankungen (Haarverlust und Verhornungsstörungen) lokalisieren;<br />

es liegt also der Verdacht nahe, dass Mutationen der Desmocollin-Gene<br />

für diese Erkrankungen verantwortlich sind.<br />

Projektziel ist die Isolierung und Analyse der Gene für Desmocollin<br />

1, 2 und 3. Da solche Gene in aller Regel gestückelt sind (d. h. die<br />

DNA enthält Abschnitte, zu denen es im zugehörigen Protein keine<br />

Entsprechung gibt), möchte Dr. Frank Feinstruktur und Basensequenz<br />

der Gene entschlüsseln und dabei insbesondere untersuchen,<br />

welche DNA-Abschnitte tatsächlich zur Codierung der Desmocollin-<br />

Proteine dienen. Mit diesen Arbeiten sollen neben der allgemeinen<br />

Charakterisierung der Gene auch molekularbiologische Reagenzien<br />

gewonnen werden, mit denen sich die Desmocollin-Gene bei Patienten<br />

auf Veränderungen untersuchen lassen.<br />

„Construction of a mouse model of FGFR-associated craniosynostosis<br />

and analysis of QTLs modifying the phenotype“ ist das Thema eines<br />

durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens von Prof. U.<br />

Desmocolline<br />

Kraniosynostose


Townes-<br />

Brocks-<br />

Syndrom<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 262<br />

Müller, Institut für Humangenetik, Universität Gießen, und Dr. W.<br />

Wurst, MPI für Psychiatrie, München.<br />

Unter Kraniosynostose versteht man den vorzeitigen Verschluss einer<br />

oder mehrerer Nähte des Schädels. Dieser vorzeitige Verschluss<br />

führt zu Schädeldeformitäten und kann aufgrund erhöhten intracraniellen<br />

Drucks eine neurologische und ophthalmologische Symptomatik<br />

zur Folge haben. Die Ätiologie von Kraniosynostosen ist heterogen.<br />

So können sowohl Umwelt- und genetische Faktoren als auch<br />

verschiedene assoziierte Erkrankungen zu einer Kraniosynostose<br />

führen. Ein kleiner Prozentsatz von Kraniosynostosen wird autosomal<br />

dominant vererbt und konnte auf Mutationen in den für die Fibroblasten-Wachstumsfaktor<br />

Rezeptoren 1,2,3 (FGFR1,2,3) kodierenden<br />

Genen zurückgeführt werden. Bis auf wenige Ausnahmen lässt eine<br />

bestimmte Mutation jedoch keine Aussagen über die Ausprägung einer<br />

Kraniosynostose zu. Bei gleicher Mutation kann selbst innerhalb<br />

einer Familie der Schweregrad der Erkrankung stark variieren, was<br />

auf Gene schließen lässt, welche die Ausprägung der Mutation in<br />

den FGF-Rezeptoren modifizieren.<br />

Langfristiges Ziel des Forschungsvorhabens ist die Identifizierung<br />

derartiger „modifier genes“ unter Verwendung von Mausmodellen.<br />

Mutationen im FGFR2-Gen, welche beim Menschen zu Kraniosynostosen<br />

führen, werden an entsprechender Stelle in das orthologe<br />

FGFR2-Gen der Maus eingeführt und der Phänotyp dieser „knockin“-Mäuse<br />

auf verschiedenem genetischen Hintergrund analysiert.<br />

So ist zu erwarten, dass sich in Abhängigkeit vom genetischen Hintergrund<br />

starke Unterschiede in der Ausprägung identischer Mutationen<br />

ergeben. Durch geeignete Kreuzungen lassen sich dann chromosomale<br />

Regionen bei der Maus identifizieren, welche für die Ausprägung<br />

des Phänotyps eine wichtige Rolle spielen.<br />

Die Isolierung und Analyse von Protein-Interaktionspartnern von<br />

SALL1 und Untersuchungen zu ihrer Bedeutung hinsichtlich der Pathogenese<br />

des Townes-Brocks-Syndroms sind Gegenstand eines<br />

durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Vorhabens von Dr. J. Kohlhase und<br />

PD Dr. S. K. Bohlander, Institut für Humangenetik, Universität Göttingen.<br />

Beim Townes-Brocks-Syndrom handelt es sich um ein autosomal dominant<br />

vererbtes Fehlbildungssyndrom, das durch Fehlbildungen<br />

von Anus, Extremitäten, Ohren und Nieren gekennzeichnet ist, weitere<br />

Auffälligkeiten umfassen geistige Retardierung, Herzfehler,<br />

Hirnnervenlähmungen und Nierenversagen. Die Symptomatik variiert<br />

innerhalb einer Familie, beziehungszweise zwischen verschiedenen<br />

Familien sehr stark. Aus Analysen an zwei betroffenen Familien<br />

hat man den Genlocus bei 16q12.1 festmachen können. Die Göttinger<br />

Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass Mutationen im Gen SALL1 an<br />

der Entwicklung des Townes-Brocks-Syndroms ursächlich beteiligt<br />

sind.


263<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

SALL1 kodiert für einen sogenannten Transkriptionsfaktor, ein Protein,<br />

das an gewisse Erkennungssequenzen seines Zielgens bindet<br />

und so dessen Expression positiv oder negativ beeinflusst, wobei allein<br />

die Bindung an die DNA noch nicht hinreicht, die Funktion zu<br />

regulieren. Hierzu bedarf es einer Wechselwirkung des Transkriptionsfaktors<br />

mit anderen Proteinen der Transkriptionsmaschinerie und<br />

weiteren Kofaktoren. Im Falle des Genprodukts von SALL1 handelt<br />

es sich um einen Zinkfinger-Transkriptionsfaktor, der eng mit dem<br />

vom Drosophila-Gen spalt kodierten Protein verwandt ist. Die bekannten<br />

Mutationen in SALL1 führen mit („frameshift mutation“)<br />

oder ohne Verschiebung des Leserasters („Nonsense mutation“) immer<br />

zu einem vorzeitigen Translationsstop; in beiden Fällen kommt<br />

wahrscheinlich kein funktionstüchtiges Protein zustande. Auf welche<br />

Weise die verminderte Menge an funktionellem SALL1-Protein<br />

zum Erkrankungsbild führt, ist bislang unklar. Überdies war bislang<br />

nur bei etwa einem Viertel der untersuchten Patienten mit vermutetem<br />

Townes-Brocks-Syndrom eine Mutation in SALL1 nachzuweisen,<br />

wobei Patienten mit „klassischem“ Krankheitsbild zu etwa 60<br />

Prozent eine Mutation aufweisen.<br />

Damit erhebt sich die Frage, ob in den Fällen ohne SALL1-Mutation<br />

Mutationen in den zu erwartenden Interaktionspartnern von SALL1<br />

für die Entstehung der Krankheit verantwortlich sein könnten. Im<br />

Rahmen des geförderten Projekts sollen solche Interaktionspartner<br />

gesucht und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Entstehung des<br />

Townes-Brocks-Syndroms charakterisiert werden. Bislang konnte<br />

nachgewiesen werden, dass SALL1 tatsächlich die Expression von<br />

Genen beeinflusst und das SALL1-Protein an Promotoren eine reprimierende<br />

Wirkung entfaltet. Der TBS-Phänotyp scheint also dadurch<br />

verursacht zu werden, dass – bedingt durch den Ausfall eines<br />

SALL1-Allels – bestimmte, bislang unbekannte Gene stärker exprimiert<br />

werden. Darüber hinaus konnte die intrazelluläre Lokalisation<br />

von SALL1 bestimmt werden: Mittels Fluoreszenzmikroskopie ließ<br />

sich das Protein an pericentromerischem Heterochromatin nachweisen,<br />

also in einem chromosomalen Bereich, dem bis vor kurzem niemand<br />

eine entwicklungsgenetische Bedeutung zugeschrieben hat.<br />

Die Regulation genomischer Stabilität durch Myc in der Tumorentstehung<br />

ist das Thema eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />

von Prof. M. Eilers, Institut für Molekularbiologie<br />

und Tumorforschung (IMT), Universität Marburg, und Prof. T.<br />

Möröy, Institut für Zellbiologie (Tumorforschung), Universität Gesamthochschule<br />

Essen.<br />

Krebs entsteht, wenn sich in einer Zelle so viele genetische Veränderungen<br />

ansammeln, dass die normale Regulation der Zellteilung verloren<br />

geht und die Zelle sich unkontrolliert zu vermehren beginnt.<br />

Mutationen ereignen sich im Leben der Zellen ständig. Normalerweise<br />

sorgen aber so genannte Checkpoint-Mechanismen an verschiedenen<br />

Stellen im Lebenszyklus einer Zelle dafür, dass diese sich<br />

im Fall schädlicher Mutationen nicht weiter vermehrt oder sogar ab-<br />

Myc


Transposition<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 264<br />

stirbt. Eine Beeinträchtigung der Checkpoint-Mechanismen, die<br />

natürlich ebenfalls von Mutationen betroffen sein können, ist eine<br />

wichtige Ursache der Krebsentstehung.<br />

In diesem Zusammenhang spielt ein Protein namens Myc eine wichtige<br />

Rolle: es reguliert die Aktivität zahlreicher Gene und kann ihre<br />

Ausprägung sowohl verstärken als auch unterdrücken. Die Myc-<br />

Menge ist in vielen Tumorzellen gegenüber dem Normalgewebe erhöht.<br />

Prof. Eilers und Prof. Möröy haben ein weiteres Protein namens<br />

Miz-1 entdeckt, das sich in den Zellen mit Myc verbinden kann;<br />

außerdem haben sie nachgewiesen, dass Miz-1 in Verbindung mit<br />

Myc die Reaktion der Zellen auf DNA-Schäden beeinflusst. Auf<br />

Grund der bisherigen Arbeiten vermuten sie, dass Myc über die<br />

Wechselwirkungen mit Miz-1 in die Checkpoint-Mechanismen eingreift<br />

und so zur Krebsentstehung beiträgt. Diese Hypothese soll im<br />

Rahmen des Forschungsvorhabens überprüft werden.<br />

Dr. G. Schumann, Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie<br />

und Immunologie, Universität Hamburg, erhält Fördermittel zur<br />

Untersuchung der Regulation von Transkription und Retrotransposition<br />

des menschlichen poly(A)-Retrotransposons LINE1.<br />

Die im Jahre <strong>2001</strong> veröffentlichte Sequenz des humanen Genoms<br />

führte die große Bedeutung des poly(A)-Retrotransposons LINE1 (L1)<br />

für Organisation, Struktur und Evolution des Genoms beeindruckend<br />

vor Augen. L1 ist der aktivste Vertreter der Gruppe der sogenannten<br />

mobilen genetischen Elemente, die in der Lage sind, Kopien ihrer eigenen<br />

DNA in nahezu beliebige Orte innerhalb des menschlichen<br />

Genoms „springen“ zu lassen. Diesen Vorgang bezeichnet man als<br />

Retrotransposition. „Landet“ ein derartiges mobiles Element innerhalb<br />

oder in unmittelbarer Nähe eines Gens, so wird dieses häufig in<br />

seiner Funktion beeinträchtigt. Die Folge sind dann – je nachdem,<br />

welches Gen betroffen ist – unterschiedliche genetische Erkrankungen<br />

wie Hämophilie oder muskuläre Dystrophie. Insgesamt wurden<br />

bisher 21 unterschiedliche genetische Erkrankungen identifiziert,<br />

die auf die Aktivität der L1-Elemente zurückzuführen sind. Das<br />

menschliche Genom besitzt ca. 1 Million Kopien dieses Elements,<br />

von denen jedoch nur 61 zur Transposition befähigt sind. Dabei wird<br />

L1 zunächst in RNA umgeschrieben, und mit dieser RNA als Matrize<br />

wird eine neue L1-Kopie gebildet, die dann an anderer Stelle im Genom<br />

eingebaut wird. Die Gene, welche die für diesen Prozess essentiellen<br />

Enzyme kodieren, sind auf L1 selbst kodiert.<br />

Eines der Ziele ist es, die Regulation dieser Gene genauer zu analysieren.<br />

Ohne diese Regulation würde das menschliche Genom mit<br />

Retrotranspositionsereignissen überschwemmt werden, was zu einer<br />

dramatischen Steigerung genetischer Erkrankungen führen würde.<br />

Es war bekannt, dass die Aktivität des auf L1 lokalisierten Promotors<br />

durch die Anheftung von Methylgruppen unterdrückt wird, und Dr.<br />

Schumann will die Frage klären, welcher Mechanismus hierfür verantwortlich<br />

ist. In Zellkulturexperimenten konnte gezeigt werden,


265<br />

MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />

dass das methyl-CpG-bindende Protein 2 (MeCP2) in menschlichen<br />

Zellen über die Bindung an die Methylgruppen in der Promotorregion<br />

die Expression der L1-kodierten Proteine unterdrückt. Überraschenderweise<br />

hat dasselbe Protein den gegenteiligen Effekt auf die<br />

Regulation der Expression von Alu-Elementen, einer zweiten<br />

Gruppe von mobilen Elementen des menschlichen Genoms, die mit<br />

L1 verwandt und auch für genetische Erkrankungen verantwortlich<br />

sind: MeCP2 beseitigt die durch Methylierung induzierte Repression<br />

der Alu-Transkription.<br />

Im zweiten Teilprojekt wird untersucht, in welchem Differenzierungszustand<br />

in den Zellen der Keimbahn bzw. zu welchem Zeitpunkt<br />

der Embryonalentwicklung die Repression von L1 aufgehoben<br />

ist und eine Transposition dieser Elemente stattfinden kann. Mit<br />

Hilfe immunologischer und biochemischer Methoden wurde Keimbahngewebe<br />

verschiedener Entwicklungsstadien und unterschiedliche<br />

embryonale Gewebe auf die Anwesenheit der von L1 kodierten<br />

Proteine untersucht. Es ist gelungen, diese in embryonalen männlichen<br />

Keimzellen, in Endothelzellen adulten Hodengewebes, sowie<br />

in Placentagewebe nachzuweisen. Damit wurden zum ersten Mal<br />

überhaupt solche L1-Proteine nachgewiesen, die für die Integration<br />

dieser Elemente beim Transpositionsvorgang essentiell sind. Experimentell<br />

belegt wird damit die in der Literatur beschriebene Hypothese<br />

zur Erklärung der Evolutionsgenetik von L1-Elementen, der<br />

zufolge diese in der Keimbahn und/oder während der frühen Embryonalentwicklung<br />

des Menschen exprimiert sein sollten.<br />

Schließlich soll der Mechanismus der Transposition von L1 aufgeklärt<br />

und die darin beteiligten Proteine der Wirtszelle identifiziert<br />

werden. Mit Hilfe genetischer und biochemischer Methoden wurden<br />

bisher zwei menschliche Proteine isoliert, die eindeutig mit der von<br />

L1 kodierten Endonuklease wechselwirken. Es handelt sich dabei<br />

um das „Cytokine Receptor like Molecule 9“ (CREME9) und um ein<br />

neues Protein, das bisher noch nicht beschrieben wurde. Es schließen<br />

sich Experimente an, die deren biologische Bedeutung für die Retrotranspositon<br />

von L1 aufklären sollen.<br />

Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />

Yu, F. et al.: Methyl-CpG-bindung protein 2 represses LINE-1 expression<br />

and retrotransposition but not Alu transcription. – In:<br />

Nucleic Acids Research. 29. <strong>2001</strong>. S. 4493–4501.<br />

Dr. S. Glasauer, Zentrum für Sensomotorik und Prof. T. Brandt, Neurologische<br />

Klinik, Ludwig-Maximilians-Universität München, wurden<br />

Fördermittel für die Entwicklung eines 3D-mathematischen Modells<br />

zur Simulation der Augenbewegungsreflexe bei Kopfbewegungen<br />

im Schwerefeld bewilligt.<br />

Bei neurologischen Erkrankungen der hinteren Schädelgrube kann<br />

es zum Auftreten des sogenannten Lageschwindels kommen, eines<br />

durch Neigung des Kopfes ausgelösten Schwindelgefühls. Begleitet<br />

Lageschwindel


MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 266<br />

wird dieser Schwindel von unwillkürlichen Augenbewegungen, dem<br />

„Augenzittern“ oder Nystagmus, in diesem Fall als Lagenystagmus<br />

bezeichnet. Ursache für Lageschwindel und Lagenystagmus ist eine<br />

gestörte Reizübertragung innerhalb des Gleichgewichtssinns, zu<br />

dem unter anderem die Otolithen im Innenohr gehören, die dem Gehirn<br />

die Lage des Kopfes relativ zur Schwerekraft mitteilen. Ist die<br />

Reizübertragung von den Otolithen zu den Gleichgewichts- und Augenbewegungszentren<br />

des Gehirns gestört, kann es zum Lageschwindel<br />

und -nystagmus kommen.<br />

In der Neurologie gab es bisher jedoch keine schlüssige Vorstellung<br />

über den Mechanismus des Lagenystagmus und den Ort der Schädigung<br />

im weit vernetzten zentralnervösen System der Augenbewegungskontrolle.<br />

Daher soll auf der Grundlage bekannter Nervenbahnen<br />

und quantitativer Reiz-Wirkungs-Beziehungen, z. B. zwischen<br />

Kopfneigung und Augenbewegung, ein mathematisches Modell erstellt<br />

werden, mit dem die Auswirkungen der Unterbrechung einzelner<br />

Verbindungswege auf die Augenbewegung simuliert werden<br />

können.<br />

Das im ersten Förderungsjahr erstellte vereinfachte Modell der Reizübertragung<br />

von den Otolithen zu den Augenmuskeln beschreibt,<br />

wie die Reizung der Otolithen die dreidimensionale Position des Auges<br />

im Kopf ändert. Bei Unterbrechung bestimmter Signalwege im<br />

Modell, die anatomisch vermutlich über das Kleinhirn führen, kann<br />

damit bereits ein Lagenystagmus simuliert werden. Um dieses Modell<br />

dem viel komplizierteren biologischen System anzunähern, wird<br />

im nächsten Schritt die unterstützende Rolle des Kleinhirns für die<br />

Blickhaltefunktion in das mathematische Modell integriert.<br />

Im Berichtszeitraum wurden zum Thema publiziert:<br />

Brandt, T.: Modelling brain function: the vestibulo-ocular reflex. –<br />

In: Current Opinion in Neurology. 14. <strong>2001</strong>. S. 1–4.<br />

Glasauer, S., et al.: Central positional nystagmus simulated by a<br />

mathematical ocular motor model of otolith-dependent modification<br />

of listing’s plane. – In: J Neurophysiol. 86. <strong>2001</strong>. S. 1546–1554.<br />

Glasauer, S.: Modelling neural control of the orientation of listing’s<br />

plane. – In: Soc. Neurosci. Abstr. 27, Program No. 71.92. <strong>2001</strong>.<br />

Schneider, E., et al.: Comparison of human ocular torsion patterns<br />

during natural and galvanic vestibular stimulation. – In: J. Neurophysiol.<br />

87. <strong>2002</strong>. S. 2064–2073.


267 Internationale Stipendien- und<br />

Austauschprogramme<br />

Erfahrungsaustausch und Kooperation zwischen Wissenschaftlern<br />

aus verschiedenen Ländern erweisen sich in vielen Fällen als stimulierend<br />

für die Weiterentwicklung in den meisten Forschungsfeldern.<br />

Dies gilt für die Arbeit des erfahrenen Hochschullehrers wie<br />

auch für die des Nachwuchswissenschaftlers.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> ist flexibel beim Einsatz benötigter Mittel, kann auch<br />

ausländische Wissenschaftler in eine Projektkooperation einbeziehen<br />

helfen und unterstützt vielfach Projekte, an welchen deutsche<br />

und ausländische Wissenschaftler gemeinsam arbeiten. In gleicher<br />

Weise dient z. B. auch eine gezielte Förderung eines internationalen<br />

Austausches von Nachwuchswissenschaftlern der internationalen<br />

wissenschaftlichen Zusammenarbeit und hilft, die engeren fachlichen<br />

Verbindungen aufrechtzuerhalten, die von Emigranten nach<br />

dem Kriege wieder aufgenommen waren.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> hat seit der Gründung in 1991 einen Betrag von insgesamt<br />

€ 2,1 Mio. bereitgestellt, mit dem Fellow-Stipendien am Collegium<br />

Budapest finanziert wurden. Ab dem akademischen Jahr<br />

2000/<strong>2001</strong> finanziert die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> jährlich drei Senior-<br />

Fellowships für die Dauer von drei Jahren mit einer Summe von insgesamt<br />

rund € 380.000. Auf Initiative des Wissenschaftskollegs zu<br />

Berlin, eingebettet in einen europäischen Förderverbund, ist mit dem<br />

Collegium Budapest das erste Institute for Advanced Study in Ost-/<br />

Mitteleuropa entstanden, das die dortigen Wissenschaften fördern<br />

und die Wissenschaftsbeziehungen zwischen West und Ost verstärken<br />

soll. Geleitet wird das Collegium vom Rektor, Imre Kondor, Professor<br />

der Physik, dem zwei Permanent Fellows: Gábor Klaniczay,<br />

Professor der Mediävistik sowie Eörs Szathmáry, Professor für Biologie<br />

zur Seite stehen. Die Mitgliederversammlung, in der die Förderer<br />

vertreten sind, bestimmt die Richtlinien des Instituts. Roger Fauroux,<br />

ehemaliger französischer Minister und Président d’honneur von<br />

Saint Gobain war von 1998 bis <strong>2002</strong> deren Vorsitzender; sein Nachfolger<br />

in diesem Amt ist Charles Kleiber, Staatssekretär für Wissenschaft<br />

und Forschung der Schweiz. Ein wissenschaftlicher Beirat<br />

berät den Rektor bei den Einladungen. Im Wissenschaftlichen Beirat<br />

sind alle Disziplinen vertreten; er ist international besetzt. Seit Herbst<br />

1999 ist Helga Nowotny, Professorin für Wissenschaftssoziologie an<br />

der ETH Zürich und vormals Permanent Fellow am Collegium, Vorsitzende<br />

dieses Gremiums.<br />

In von Jahr zu Jahr wechselnden Fachkonstellationen und Schwerpunktbildungen<br />

soll im Collegium Budapest durch die Arbeit hervorragender<br />

Wissenschaftler aus Ost und West die Chance genutzt wer-<br />

Collegium<br />

Budapest


Modernisierung<br />

im östlichen<br />

Mitteleuropa<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 268<br />

den, in der Nachkriegszeit voneinander getrennte kulturelle und<br />

wissenschaftliche Traditionen wieder zusammenzuführen. Es werden<br />

jährlich bis zu 30 wissenschaftliche Mitglieder berufen, die jeweils<br />

für einen Zeitraum von bis zu 10 Monaten in Budapest arbeiten.<br />

Der wissenschaftliche Betrieb wurde 1992 aufgenommen. Seither<br />

sind mehr als 350 Wissenschaftler zu einem Aufenthalt an das<br />

Collegium eingeladen worden.<br />

Besondere Förderung erfahren jüngere Wissenschaftler aus Mittelund<br />

Osteuropa. Dazu schreibt das Collegium seit Beginn Junior-Fellowships<br />

aus. Durch dieses Verfahren bewarben sich in den vergangenen<br />

Jahren weit mehr als 500 Nachwuchswissenschaftler. In jedem<br />

Jahr werden daneben eine Reihe von Berufungen im Rahmen<br />

von Schwerpunktthemen ausgesprochen. Die thematischen Hauptgewichte<br />

dieser Schwerpunktgruppen liegen auf dem Prozess der<br />

Umgestaltung in Mittel- und Osteuropa, den vergleichenden Sozialund<br />

Geisteswissenschaften sowie der theoretischen Biologie.<br />

Für das am Collegium Budapest angesiedelte Projekt „Multiple Antiquities,<br />

Substitute Antiquities and Fragile Modernities in East Central<br />

Europe“ wurden durch die <strong>Stiftung</strong> ebenfalls Mittel bereit gestellt.<br />

Die Konstitution der europäischen Nationen im modernen Sinn ab<br />

Ende des 18. und dann vor allem im 19. Jahrhundert wurde bisher<br />

vor allem mit zwei komplementären Vorgängen in Zusammenhang<br />

gebracht: mit der Modernisierung der europäischen Gesellschaften<br />

und der damit einhergehenden Historisierung des Blicks, den diese<br />

auf sich selbst entwickelten. In diesem Modell wurde den ökonomischen<br />

und politischen Faktoren eine prägende Rolle zugeschrieben.<br />

Demgegenüber sind in den letzten beiden Jahrzehnten die kulturellen<br />

Einflüsse mehr in den Vordergrund getreten, insbesondere seit<br />

man von dem westeuropäischen Modell einen gewissen Abstand genommen<br />

und auch die mittel- und osteuropäischen Entwicklungen<br />

miteinbezogen hat. Der Prozess der Nationenbildung verlief in Europa<br />

nicht nur mit spezifischen zeitlichen Verzögerungen, sondern<br />

auch nach unterschiedlichen Modellen ab, die jedoch alle auf Homogenisierung<br />

zielten. Die Rolle der Geisteswissenschaften im Prozess<br />

der europäischen Nationenbildung ist noch nie übergreifend und<br />

vergleichend analysiert worden. Am Collegium Budapest soll die<br />

vergleichende politische Geschichte der Geisteswissenschaften in<br />

Angriff genommen werden, unter der spezifischen Frage nach dem<br />

Bild der Antike, das die verschiedenen Traditionen dieser Fächer in<br />

Europa geprägt hat. Die Konstruktionen von Antike und von Moderne<br />

standen nämlich in einem Wechselverhältnis. Kaum ein Moderne-Projekt<br />

war nicht begleitet von Bildern, Repräsentationen und<br />

Konstruktionen von Vergangenheit, so wie auf der anderen Seite<br />

kaum eine historische Rekonstruktion von antiker Vergangenheit<br />

ohne Bezug zu Modernisierungsentwürfen und den jeweiligen politischen<br />

Alternativen zu beobachten ist. Das Forschungsprojekt soll<br />

eine vergleichende Analyse des Zusammenhangs von Situationen


269<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />

langfristiger gesellschaftspolitischer Entscheidung und den jeweils<br />

spezifischen Auffassungen von Antike und Moderne durchführen,<br />

wobei die Unterschiede der verschiedenen Diskurstypen (Fachforschung,<br />

Populärwissenschaft, Pädagogik, politische Rhetorik) und<br />

ihrer Adressaten besondere Beachtung verdienen.<br />

An den Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en, Halle (Direktor: Prof. H. Obst), fördert<br />

die <strong>Stiftung</strong> ein Geisteswissenschaftliches Stipendienprogramm.<br />

Die Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en wurden von dem Theologen August<br />

Hermann Francke Ende des 17. Jahrhunderts gegründet und über<br />

Jahrhunderte als Schulstadt fortgeführt. Zu den <strong>Stiftung</strong>en gehören<br />

heute 19 pädagogische, soziale, wissenschaftliche und kulturelle<br />

Einrichtungen verschiedener Träger.<br />

Innerhalb des Förderprogrammes kooperieren drei wissenschaftlich<br />

arbeitende Institutionen: das „Studienzentrum August Hermann<br />

Francke“ mit Bibliothek und Archiv der Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en,<br />

das „Interdisziplinäre Zentrum für Pietismusforschung der Martin-<br />

Luther-Universität in Verbindung mit den Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en“<br />

sowie das „Interdisziplinäre Zentrum zur Erforschung der Europäischen<br />

Aufklärung der Martin-Luther-Universität“.<br />

Das Förderprogramm widmet sich der Erforschung von Pietismus<br />

und Aufklärung im Zusammenhang mit der Geschichte der Institutionen,<br />

insbesondere des 18. Jahrhunderts, auch im internationalen<br />

Kontext und konzentriert sich auf folgende Themen:<br />

– Frömmigkeitsbewegungen in Europa vom 17. bis zum 19. Jahrhundert;<br />

– Hallescher Pietismus und europäische Aufklärung;<br />

– Evangelische Theologie und kirchliches Leben in Deutschland im<br />

18. und 19. Jahrhundert;<br />

– Kulturkontakte zu Rußland, Indien, Amerika, Holland, Ungarn im<br />

18. Jahrhundert.<br />

Innerhalb des allgemeinen Rahmenthemas werden jährlich sechs<br />

Forschungs- und sechs Doktoranden-Stipendien vergeben, um die<br />

Zusammenarbeit von Theologen, Philosophen, Historikern, Naturwissenschaftlern<br />

und Pädagogen in Halle zu fördern.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> förderte ein auf fünf Jahr befristetes<br />

„Gaststipendienprogramm“ am Max-Kade-Zentrum für deutschsprachige<br />

Gegenwartsliteratur an der Washington University, St. Louis,<br />

Mo. (Direktor: Prof. P. M. Lützeler).<br />

Das Max-Kade-Zentrum für deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />

ist vor siebzehn Jahren mit dem Ziel der Vertiefung des kulturellen<br />

Austausches zwischen den USA und den deutschsprachigen Ländern<br />

gegründet worden. Es erhält von über 140 Verlagen in den<br />

deutschsprachigen Ländern jährlich ca. 900 literarische Erstveröf-<br />

Franckesche<br />

<strong>Stiftung</strong>en<br />

Deutsche<br />

Gegenwartsliteratur


Columbia<br />

Law School<br />

Princeton<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 270<br />

fentlichungen. Als Gegenleistung erstellt das Zentrum kommentierte<br />

Jahresbibliographien, die German Departments oder Sections amerikanischer<br />

bzw. kanadischer Universitäten und deutschen Universitäten<br />

und Literaturarchiven zur Verfügung gestellt werden.<br />

Im Frühjahr 2000 besuchte Prof. E. Fischer-Lichte, im Frühjahr <strong>2001</strong><br />

Prof. H.-G. Bayerdörfer und im Frühjahr <strong>2002</strong> Prof. K. Scherpe das<br />

Zentrum. Die Wissenschaftler veranstalteten ein Wochenend-Seminar<br />

zur Gegenwartsliteratur oder hielten einen Vortrag bei einem<br />

Symposium an der Washington University.<br />

An der Columbia Law School, Columbia University, New York (Prof.<br />

D. W. Leebron, Dean) wurde 1999 ein „<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> Foundation Visiting<br />

Professorship in European Economic Law“ eingerichtet.<br />

Die Columbia Law School, New York, zählt zu den best ausgewiesenen<br />

juristischen Lehr- und Forschungseinrichtungen der USA. An<br />

der Law School wurde 1998 ein European Legal Studies Center gegründet.<br />

An diesem Center wird ein spezifisches, europaorientiertes<br />

Programm in Forschung und Lehre etabliert.<br />

An der Law School unterrichten eine Reihe von Professorinnen und<br />

Professoren unter anderem Recht mit Europabezug. Der Lehrstuhl ist<br />

ein wichtiger erster Schritt, um ein Curriculum zum Europäischen<br />

Wirtschaftsrecht zu entwickeln und einen anderen Gastlehrstuhl, der<br />

vorwiegend für das Europäische Öffentliche Recht eingerichtet worden<br />

ist, auf dessen Zielsetzung hin zu konzentrieren.<br />

<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> wurden berufen:<br />

– Prof. J.-V. Louis, European University Institute (Florenz), zu Geldpolitik<br />

und gemeinsamer Währung<br />

– Prof. K. Riechenberg, Europäischer Gerichtshof, zu Umweltvorschriften<br />

– Prof. D. Geradin, Collège d’Europe (Brügge) und Universität Lüttich,<br />

zu Vorschriften im Bereich Telekommunikation.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> fördert am Institute for Advanced Study,<br />

Princeton, ein Gaststipendienprogramm.<br />

Gegenstand der Initiative der <strong>Stiftung</strong> ist ein Stipendienprogramm<br />

für die „School of Historical Studies“ am Institute for Advanced<br />

Study in Princeton. Die „School of Historical Studies“ wurde 1935 als<br />

„School of Humanistic Studies“ gegründet. Die Verbindung mit der<br />

deutschen Wissenschaft war über Emigranten und deren Schüler bis<br />

in die sechziger Jahre besonders intensiv. Die wissenschaftliche Arbeit<br />

an den „Schools“ des Institute für Advanced Study ist geprägt<br />

durch die gleichzeitige Anwesenheit von ständigen „Faculty Members“,<br />

den „Members with Long-term Appointments“ sowie den „Visiting<br />

Members“. Die gemeinsamen Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

garantieren den „Visiting Members“ einen offenen Gedankenaustausch<br />

und eine intensive Arbeitsatmosphäre. Als Mitglieder des


271<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />

Instituts sind sie berechtigt, die Lehr- und Forschungseinrichtungen<br />

der Princeton University in vollem Umfang zu nutzen.<br />

Das Institut wird in die Lage versetzt, in größerem Umfang als bisher<br />

deutsche Wissenschaftler zu einem Forschungsaufenthalt einzuladen.<br />

Das Stipendienprogramm soll deutschen Wissenschaftlern, die<br />

den Disziplinen Altertumswissenschaften, Geschichtswissenschaft<br />

oder Kunstgeschichte angehören sollten, einen Forschungsaufenthalt<br />

ermöglichen. Die Auswahl der Stipendiaten erfolgt durch das Institute<br />

for Advanced Study.<br />

Am Deutschen Historischen Institut in Washington wurde <strong>2001</strong> ein<br />

„Jürgen-Heideking-Fellowship der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> für moderne<br />

und internationale Geschichte“ eingerichtet.<br />

Im Rahmen des Fellowshipprogramms werden Forschungen zur<br />

amerikanischen, deutschen und internationalen Geschichte sowie<br />

zur Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen unterstützt.<br />

Das Programm wird durch ein paralleles Fellowship des Annette<br />

Kade Charitable Trust Funds (New York City) ergänzt, das an<br />

Doktoranden vergeben wird. Dieses komplementäre Förderungsmodell<br />

zielt auf hochqualifizierte deutsche und amerikanische Wissenschaftler.<br />

Den von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützten Fellows<br />

soll ermöglicht werden, ein großes wissenschaftliches Projekt dem<br />

Abschluss zuzuführen und sich durch einen einjährigen Gastaufenthalt<br />

mit der akademischen Welt des jeweiligen anderen Landes zu<br />

vernetzen. Die Arbeitsorte der Fellows sind Washington, D.C., Köln<br />

und Madison, WI. Zielgruppe sind hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler,<br />

die eine abgeschlossene Promotion vorweisen können,<br />

aber noch keinen Lehrstuhl (full professorship) erhalten haben. Die<br />

Auswahl der Stipendiaten erfolgt durch eine gemeinsame Kommission<br />

des Deutschen Historischen Instituts Washington und des Historischen<br />

Seminars der Universität Köln.<br />

Das erste Heideking-Kade-Fellowship ging an Dr. Markus Hünemörder<br />

von der Universität München. Hünemörder arbeitet zum Thema<br />

„Conspiracy Theories in the Critical Period: The Society of the Cincinnati<br />

Scare“. Träger des ersten Jürgen-Heideking-Fellowships der<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ist Dr. Frank P. Bies von der University of California<br />

in San Diego. Ab Sommer <strong>2002</strong> wird er sich dem Abschluss<br />

eines Buchmanuskripts zum Thema „The Protracted War: Returning<br />

POWs and the Making of East and West German Citizens,<br />

1945–1955“ widmen.<br />

Prof. E. Rothschild und Prof. G. Stedman-Jones, Direktoren des Centre<br />

for History and Economics, King’s College, Cambridge/GB, wurden<br />

Mittel für ein „Programme of exchange between German and<br />

British scholars in connection with research on 19th century historical<br />

political economy“, bewilligt.<br />

Das Programm ist der „Historischen Schule“ (Wilhelm Roscher,<br />

Bruno Hildebrand, Karl Knies und Gustav Schmoller) gewidmet. Die<br />

DHI<br />

Washington<br />

Cambridge


Jerusalem<br />

Weizmann<br />

Institute<br />

Vietnam<br />

Germanistik<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 272<br />

Programmkoordination wird von Professor Nancy Cartwright, Director<br />

of the Centre for the Philosophy of Natural and Social Sciences an<br />

der London School of Economics, wahrgenommen.<br />

Das Programm sieht vor, jährlich zwei ausgewiesenen deutschen<br />

Wissenschaftlern sowie zwei deutschen Nachwuchswissenschaftlern<br />

einen Aufenthalt in Cambridge sowie zwei Nachwuchswissenschaftlern<br />

aus Cambridge einen Aufenthalt an deutschen Institutionen zu<br />

ermöglichen.<br />

Prof. Y. Becker, International School for Molecular Biology and<br />

Microbiology, Hebrew University of Jerusalem, wurden Mittel zur<br />

Vergabe von Stipendien im Bereich der Medizinischen Mikrobiologie<br />

bereitgestellt.<br />

Mit Hilfe dieser Mittel konnten bisher drei palästinensische Studenten<br />

ihre Studien an der International School for Molecular Biology<br />

and Microbiology (ISMBM) in Jerusalem aufnehmen bzw. fortsetzen.<br />

Das Center for Experimental Physics am Weizmann Institute in Rehovot,<br />

Israel, erhält Mittel für ein auf drei Jahre befristetes Stipendienprogramm.<br />

Das Harari Center ist in erster Linie Fragestellungen im Bereich der<br />

Teilchenphysik gewidmet. Das durch die <strong>Stiftung</strong> finanzierte Programm<br />

soll deutschen Physikern einen Forschungsaufenthalt am<br />

Center ermöglichen.<br />

Im Berichtszeitraum wurde die Arbeit von Dr. Roman Krahne unterstützt,<br />

die sich mit dem „Ein-Elektron-Transistor“ und der Physik<br />

mesoskopischer Systeme (Nanophysik) beschäftigt.<br />

Es konnte eine elegante und neuartige Methode zur großflächigen<br />

Herstellung von Elektroden entwickelt werden, deren Abstände zueinander<br />

jeweils nur wenige Nanometer betragen. Die Grundidee<br />

ist, Elektrodenabstände durch Molekularstrahl-Epitaxie mit der Präzision<br />

von Bruchteilen eines Nanometers zu steuern.<br />

Bei dem Verfahren von Dr. Krahne wird eine durch Molekularstrahl-<br />

Epitaxie hergestellte III-V Halbleiter „Sandwich“-Struktur benutzt.<br />

Prof. C. H. Ngan, Hanoi University of Foreign Studies, Vietnam, erhält<br />

Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für die Teilnahme vietnamesischer<br />

Germanistik-Dozenten am Magister-Aufbaustudiengang „Deutsch<br />

als Fremdsprache“ an der Ramkhamhaeng University in Bangkok,<br />

Thailand.<br />

Deutsch wird in Vietnam zwar bereits seit über dreißig Jahren unterrichtet,<br />

aber bis Anfang der neunziger Jahre handelte es sich dabei<br />

ausschließlich um Intensiv-Sprachkurse, mittels derer vietnamesische<br />

Stipendiaten aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften auf<br />

ein Studium in der DDR vorbereitet wurden. – Der Aufbau einer Germanistik<br />

oder des Fachbereiches „Deutsch als Fremdsprache“ wurde<br />

unter den damaligen Bedingungen nicht in Erwägung gezogen. Von


273<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />

Abb. 18: Die Arbeit von Dr. R. Krahne am „Weizmann Institute of Science“ in Rehovot,<br />

Israel, wurde von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> im Rahmen des Center for Experimental<br />

Physics unterstützt.


Nobelpreisträgertagung<br />

<strong>Stiftung</strong>sinitiative<br />

J. G. Herder<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 274<br />

daher fungierten als Deutsch-Dozenten neben den damaligen DDR-<br />

Lektoren ausschließlich ehemalige Stipendiaten aus den Ingenieurwissenschaften,<br />

die nach ihrer Rückkehr nach Vietnam entsprechend<br />

umgeschult worden waren. Erst nach der „Wende“ begann<br />

man in Vietnam mit dem Aufbau von B.A.-Studiengängen in Germanistik.<br />

Seit 1998 ist eine Vielzahl junger Deutsch-Absolventen am Hanoier<br />

Goethe-Institut in jeweils viermonatigen Spezialkursen in Methodik<br />

und Didaktik Deutsch als Fremdsprache ausgebildet worden. Die erfolgreichsten<br />

Teilnehmer unterrichten nun an den Deutsch-Abteilungen<br />

der Hochschulen. Neben regelmäßigen Fortbildungen in Methodik<br />

und Didaktik – am örtlichen Goethe-Institut – erhalten die<br />

Nachwuchslehrer Unterricht in Literaturwissenschaft und Linguistik<br />

und ebenfalls Anleitungen zum Unterricht in diesen Fächern. Dies<br />

geschieht zum einen im Rahmen der örtlichen DAAD-Fortbildungsmaßnahmen,<br />

zum anderen durch ihre Teilnahme an Veranstaltungen<br />

deutscher Gastprofessoren in Vietnam. Da es aus den eingangs<br />

genannten Gründen jedoch noch nicht möglich ist, in Vietnam einen<br />

Magister-Abschluss in Germanistik zu erreichen, verfügen die Absolventen<br />

noch über keine Möglichkeit einer formalen Weiterqualifikation<br />

im eigenen Land.<br />

Hier kann nun kurzfristig die Einladung der Bangkoker Ramkhamhaeng-Universität<br />

Abhilfe schaffen, deren Deutschabteilung den vietnamesischen<br />

Nachwuchsdozenten die Teilnahme an ihrem zweijährigen<br />

Magister-Aufbaustudiengang „Deutsch als Fremdsprache“<br />

ermöglicht.<br />

Seit 1951 finden in Lindau am Bodensee jährlich Tagungen der Nobelpreisträger<br />

statt. Sie werden vom Kuratorium für die Tagungen<br />

der Nobelpreisträger in Lindau e.V. (Präsidentin: Gräfin Sonja Bernadotte)<br />

veranstaltet. Aus allen Teilen der Welt kommen im Sommer<br />

Nobelpreisträger zusammen, um einen lebhaften Dialog zwischen<br />

Wissenschaftlern über Grenzen, Staaten und Generationen hinweg<br />

zu führen. Durch die Bereitstellung von Stipendien ermöglichte die<br />

<strong>Stiftung</strong> die Teilnahme von jungen Nachwuchswissenschaftlern an<br />

diesen Symposien.<br />

Auch mehr als zehn Jahre nach der friedlich Revolution in den Ländern<br />

Ostmittel- und Osteuropas stellt die dort gegebene Mangellage<br />

an den Hochschulen eine Herausforderung, auch für private Förderungseinrichtungen,<br />

dar. Nach wie vor fehlt es häufig an ausreichender<br />

technischer Ausstattung, aber auch an befähigten Lehrkräften.<br />

Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> beteiligt sich daher gemeinsam mit der Alfried<br />

Krupp von Bohlen und Halbach-<strong>Stiftung</strong>, der Gemeinnützigen<br />

Hertie-<strong>Stiftung</strong>, der Robert Bosch <strong>Stiftung</strong> GmbH und dem Stifterverband<br />

für die Deutsche Wissenschaft an der <strong>Stiftung</strong>sinitiative „Johann<br />

Gottfried Herder“. Diese Initiative, deren Durchführung beim<br />

Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Hochschulrektorenkonferenz<br />

(HRK) liegt, soll die Entsendung erfahrener,


275<br />

INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />

emeritierter deutscher Hochschullehrer zur Übernahme von Lehraufgaben<br />

an mittel- und osteuropäischen Hochschulen ermöglichen.<br />

Schon seit 2000 ermöglicht die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> der Alexander<br />

von Humboldt-<strong>Stiftung</strong>, Bonn, ein Sonderprogramm für den wissenschaftlich-kulturellen<br />

Wiederaufbau in Südosteuropa durchzuführen.<br />

Vorrangiges Ziel ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />

aus Südosteuropa schnell und unbürokratisch mit Fachkollegen in<br />

Deutschland in Kontakt zu bringen. Besonders jüngere Nachwuchswissenschaftler<br />

aus der vom Krieg betroffenen Region sollen in kurzen<br />

Forschungsaufenthalten von bis zu 5 Monaten, verteilt auf bis zu<br />

3 Jahre, neue wissenschaftliche Kontakte knüpfen. Pate stehen hierbei<br />

rund 1.400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Südosteuropa,<br />

die in den vergangenen viereinhalb Jahrzehnten von der<br />

Alexander von Humboldt-<strong>Stiftung</strong> als Forschungsstipendiaten und -<br />

preisträger („Humboldtianer“) gefördert wurden. 18 Humboldtianer<br />

haben bisher im Rahmen des Sonderprogramms ihr Forschungsstipendium<br />

in Deutschland nach längerer Unterbrechung fortgesetzt<br />

und 17 hochqualifizierte wissenschaftliche Nachwuchskräfte zum<br />

Abschluss ihrer Promotion oder Postdoc-Studien mit Fachkollegen an<br />

Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland bekannt<br />

gemacht. Nachhaltige Wirkung wird durch die Möglichkeit eines<br />

weiteren Forschungsaufenthaltes in Deutschland im Folgejahr erzielt.<br />

Zusätzlich fördern die beiden <strong>Stiftung</strong>en die Fortsetzung der<br />

Forschungsarbeit in den jeweiligen Heimatländern durch Bücherund<br />

kleinere Gerätespenden.<br />

Zur Förderung des regionalen Wissenschaftsdialogs können Humboldtianer<br />

im Rahmen des Sonderprogramms eine finanzielle Unterstützung<br />

zur Organisation und Durchführung von Fachtagungen zu<br />

Themen erhalten, die für sie besondere Priorität haben. Voraussetzung<br />

ist die Teilnahme von Wissenschaftlern aus mehreren Ländern<br />

der Region sowie die Einbeziehung von Wissenschaftlern aus<br />

Deutschland. Die Beteiligung von mindestens 25 Prozent Nachwuchswissenschaftlern<br />

ist erwünscht, die auf diese Weise an die Zusammenarbeit<br />

mit Wissenschaft und Forschung in Deutschland herangeführt<br />

werden. Bis Mai <strong>2002</strong> wurden bereits vier Tagungen erfolgreich<br />

veranstaltet, z. B. zum Thema „Valenztheorie – Bestandsaufnahme<br />

und Perspektiven“ mit 65 Teilnehmern aus 12 Ländern,<br />

„What is decisive for successful transition?“ mit 15 Vortragenden aus<br />

10 Ländern, „Zeitanalyse und Kulturkritik in der Philosophie des 20.<br />

Jahrhunderts: Die Jahre 1900–1918“ mit 27 Teilnehmern aus 7 Ländern<br />

sowie „Science and Higher Education. Legal Regulations in<br />

Central and South-Eastern European Countries“ mit 10 Vortragenden<br />

aus 10 Ländern.<br />

Die von beiden <strong>Stiftung</strong>en initiierte Südosteuropa-Tagung mit 80<br />

Humboldtianern aus 12 Ländern bildete die Plattform für einen grenzüberschreitenden<br />

Wissenschaftsdialog zu Themen wie die „Europäische<br />

Kultursynthese“, „Wissenschaftskulturen und Wissenschafts-<br />

Südosteuropa


INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 276<br />

sprachen“, „Fallbeispiele von interethnischen Konflikten“, „Die Zukunft<br />

des Staates“, „Justiz im Wandel – Gerichtsorganisation und Zivilverfahren<br />

in Südosteuropa“, „Historiker im Transformationsprozess<br />

zwischen Rückzug und Engagement“ und viele andere.<br />

Während der Tagung sind zahlreiche neue Anregungen zur grenzüberschreitenden<br />

Kooperation diskutiert und innovative Projektvorschläge<br />

zur Organisation von regionalen Fachtagungen erarbeitet<br />

worden.


Finanzübersicht<br />

Bilanz zum 31. Dezember <strong>2001</strong><br />

Aktiva<br />

Anlagevermögen<br />

FINANZÜBERSICHT 310<br />

Stand Ab- Stand<br />

1. 1. <strong>2001</strong> Zugang Abgang schreibung 31. 12. <strong>2001</strong><br />

€ € € € €<br />

Finanzanlagen<br />

Aktien der<br />

<strong>Thyssen</strong> Krupp AG<br />

im Nennwert von<br />

€ 65.372.160,00 92.377.985,82 92.377.985,82<br />

Sonstige Finanzanlagen 68.543.165,94 27.911.155,58 96.454.321,52<br />

160.921.151,76 27.911.155,58 188.832.307,34<br />

Sachanlagen<br />

Bebautes Grundstück 197.007,81 12.096,15 184.911,66<br />

Geschäftsausstattung 96.040,87 15.307,15 5.917,53 38.240,58 67.189,91<br />

Umlaufvermögen<br />

293.048,68 15.307,15 5.917,53 50.336,73 252.101,57<br />

Forderungen 5.563.145,70<br />

Kassenbestand 218,19<br />

Bankguthaben 199.936,59<br />

5.763.300,48<br />

194.847.709.39


311<br />

FINANZÜBERSICHT<br />

Kapital<br />

€ €<br />

Passiva<br />

<strong>Stiftung</strong>skapital 122.619.011,35<br />

Rücklagen<br />

Rücklage gemäß § 58 Ziff. 7a AO 41.281.480,00<br />

Rücklage für noch zu bewilligende<br />

Förderungsmaßnahmen 6.000.000,00<br />

47.281.480,00<br />

Ergebnisvortrag 2.061.037,25<br />

Rückstellungen<br />

Rückstellungen für bewilligte<br />

Zuwendungen an die Wissenschaft 20.621.513,53<br />

Pensionsrückstellungen 2.201.217,00<br />

Verbindlichkeiten<br />

22.822.730,53<br />

63.450,26<br />

194.847.709,39


313<br />

FINANZÜBERSICHT<br />

Ertrags- und Aufwandsrechnung<br />

<strong>2001</strong><br />

Erträge<br />

Erträge aus dem <strong>Stiftung</strong>svermögen<br />

€ €<br />

Erträge aus Beteiligungen 19.152.000,00<br />

Erträge aus Investmentfonds 3.254.830,97<br />

Zinserträge 531.616,38<br />

Sonstige Erträge 1.972,21<br />

Aufwendungen<br />

Zuwendungen an die Wissenschaft 13.837.094,73<br />

Erstattungen und Auflösungen<br />

von Rückstellungen – 665.486,51<br />

Rückfluß aus Druckbeihilfen – 21.470,30<br />

22.940.419,56<br />

13.150.137,92<br />

Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit 32.469,14<br />

Aufwendungen für <strong>Stiftung</strong>sgremien 12.270,96<br />

Verwaltungskosten 1.026.763,34<br />

Abschreibungen auf Sachanlagen 50.336,73<br />

Jahresergebnis<br />

14.271.978,09<br />

8.668.441,47<br />

Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr 1.919.075,78<br />

Entnahme aus der Rücklage für noch<br />

zu bewilligende Förderungsmaßnahmen 5.113.000,00<br />

Einstellung in die Rücklage für noch<br />

zu bewilligende Förderungsmaßnahmen – 6.000.000,00<br />

Einstellung in die Rücklage<br />

gemäß § 58 Ziffer 7a AO – 7.639.480,00<br />

Ergebnisvortrag 2.061.037,25


Bewilligte Mittel <strong>2001</strong> nach Förderungsbereichen<br />

und Förderungsarten<br />

FINANZÜBERSICHT 314<br />

Projekte Stipendien<br />

€ €<br />

Geschichte, Sprache und Kultur 7.174.350,93 426.940,35<br />

Bild und Bildlichkeit 42.938,00<br />

Staat, Wirtschaft und Gesellschaft 1.365.161,00 82.391,00<br />

Internationale Beziehungen 743.821,94 56.976,00<br />

Medizin und 1.664.037,00 130.615,00<br />

Naturwissenschaften 3.640,79<br />

Internationale Stipendienund<br />

Austauschprogramme 573.543,29<br />

10.947.370,87 1.317.044,43


315<br />

FINANZÜBERSICHT<br />

Wissenschaftliche<br />

Veranstaltungen Druckbeihilfen Sonstiges insgesamt<br />

€ € € €<br />

668.406,14 286.208,00 123.436,14 8.679.341,56<br />

35.489,44 78.427,44<br />

207.854,00 23.311,00 23.489,22 1.702.206,22<br />

82.482,00 14.581,00 12.808,88 910.669,82<br />

65.982,00 28.631,61 1.889.265,61<br />

3.640,79<br />

573.543,29<br />

1.060.213,58 324.100,00 188.365,85 13.837.094,73<br />

Vorstand: Jürgen Chr. Regge


FINANZÜBERSICHT 316<br />

Auszug aus dem Bericht der PwC Deutsche Revision AG zur Prüfung des<br />

Rechnungswesens und des Jahresabschlusses der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

zum 31. Dezember <strong>2001</strong>.


317 Anhang<br />

Bibliographie der in den Jahren <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> mit Unterstützung<br />

der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> erschienenen Publikationen<br />

Die Bibliographie verzeichnet nach Sachgebieten sowohl Monographien<br />

als auch unselbständig erschienene Schriften der Berichtsjahre<br />

<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> sowie Nachträge aus vergangenen Jahren, die aus<br />

Projekten und Stipendien hervorgegangen oder durch Druckkostenoder<br />

sonstige Beihilfen unterstützt worden sind.<br />

Philosophie<br />

Anfänge der DDR-Philosophie. Ansprüche, Ohnmacht, Scheitern.<br />

Volker Gerhardt; Hans-Christoph Rauh [Hg.]. – Berlin: Links, <strong>2001</strong>.<br />

567 S. (Forschungen zur DDR-Gesellschaft)<br />

Bayer, Oswald, unter Mitarb. von Benjamin Gleede und Ulrich<br />

Moustakas: Vernunft ist Sprache. Hamanns Metakritik Kants. –<br />

Stuttgart-Bad Cannstadt: frommann-holzboog, <strong>2002</strong>. XIV, 504 S.<br />

(Spekulation und Erfahrung: Texte und Untersuchungen zum Deutschen<br />

Idealismus; Abt. 2: Untersuchungen; Bd. 50)<br />

Daiber, Hans: Die Aristotelesrezeption in der syrischen Literatur. –<br />

In: Die Gegenwart des Altertums. Formen und Funktionen des<br />

Altertumsbezugs in den Hochkulturen der Alten Welt. Ed. by. Dieter<br />

Kuhn und Helga Stahl. Heidelberg <strong>2001</strong>. S. 327–345.<br />

Dilthey, Wilhelm: Sobranie Sočinenij v sˇesti tomach. Pod obsˇčej<br />

redakciej: A. V. Michajlova i N. S. Plotnikova. – Moskva: Dom intellektualnoj<br />

knigi.<br />

Tom 1. Vvedenie v nauki o duche ... . Perevod s nemeckogo pod<br />

redakciej: V. S. Malachova. 2000. 762 S.<br />

Tom 4. Germenevtika i teorija literatury. Perevod s nemeckogo pod<br />

redakciej: V. V. Bibichina i N. S. Plotnikova. <strong>2001</strong>. 531 S.<br />

Eberhard, Johann August: Neue Apologie des Sokrates, oder Untersuchung<br />

der Lehre von der Seligkeit der Heiden. – Hildesheim usw.:<br />

Olms-Weidmann. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Philosophie)<br />

Bd. 2. Nachdr. der Ausg. Berlin, Stettin, Nicolai, 1778. <strong>2001</strong>. 528 S.<br />

Eberhard, Johann August: Ueber Staatsverfassungen und ihre Verbesserungen.<br />

Nachdr. der Ausg. Berlin 1793 und 1794. Hrsg. von<br />

Walter Sparn. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. 136 S.<br />

(Historia Scientiarum: Fachgebiet Philosophie)<br />

Erkenntnistheorie. Positionen zwischen Tradition und Gegenwart.<br />

Thomas Grundmann [Hrsg.]. – Paderborn: mentis Verl., <strong>2001</strong>. 417 S.


ANHANG 318<br />

Farrenkopf, John: Prophet of decline. Spengler on world history and<br />

politics. – Baton Rouge: Louisiana State Univ. Pr., <strong>2001</strong>. XVII, 304 S.<br />

Feuerbach, Paul Johann Anselm: Ueber Philosophie und Empirie in<br />

ihrem Verhältnisse zur positiven Rechtswissenschaft. Eine Antrittsrede<br />

(1804). [Nachdr. der Ausg. Landshut, Attenkofer, 1804]. Mit<br />

einer Einführung von Wolfgang Naucke. – Baden-Baden: Nomos<br />

Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XVIII, 40 S. (Juristische Zeitgeschichte: Kleine<br />

Reihe; Bd. 3)<br />

Gädeke, Nora: Ein „Who is Who“ der europäischen Gelehrten des<br />

17. Jahrhunderts in Leibniz’ Hand. Eine Ausstellung der Niedersächsischen<br />

Landesbibliothek Hannover vom 30. Mai bis 15. August<br />

<strong>2002</strong>. – Hameln: Niedermeyer, <strong>2002</strong>. 16 S. (Lesesaal – Kleine Spezialitäten<br />

aus der Niedersächsischen Landesbibliothek; H. 2)<br />

Germenevtika Psichologija Istorija. Vilgelm Diltej isovremennja filosofija.<br />

Pod red. H. C. Plotnikova. – Moskva: Tri Kvadrata, <strong>2002</strong>.<br />

208 S.<br />

[Hermeneutics, psychology, history. Wilhelm Dilthey and the contemporary<br />

philosophy]<br />

Gretić, Goran: Sloboda i vremenitost bitka. Bergson i Heidegger. –<br />

Zagreb: Demetra, <strong>2002</strong>. IX, 280 S. (Demetra filosofska biblioteka)<br />

Greve, Ylva: Naturrecht und „Criminalpsychologie“. – In: Legitimation,<br />

Kritik und Reform. Naturrecht und Staat im 18. und 19. Jahrhundert.<br />

Hrsg.: Diethelm Klippel. Wien 2000. (Zeitschrift für Neuere<br />

Rechtsgeschichte, 2000, H. 1). S. 69–94.<br />

Günzel, Stefan: Geophilosophie. Nietzsches philosophische Geographie.<br />

– Berlin: Akademie Verl., <strong>2001</strong>. 337 S.<br />

Günzel, Stefan: Nietzsches philosophische Geographie. – In: Nietzsches<br />

Labyrinthe. Weimar <strong>2001</strong>. S. 102–126.<br />

Günzel, Stefan: Nietzsches philosophische Geographie. Eine geophilosophische<br />

Propädeutik. – In: Zeitenwende – Wertewende. Berlin<br />

<strong>2001</strong>. S. 279–285.<br />

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Naukata Logika. Prva čast. Obektivnata<br />

logika. [Hrsg.:] Genčo Dončev. – Sofija: Izd. Evropa, <strong>2001</strong>.<br />

743 S. (Das geistige Erbe Deutschlands; No. 2)<br />

[Wissenschaft der Logik. T.1: Die objektive Logik]<br />

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Naukata Logika. Vtora čast. Obektivnata<br />

logika ili učenieto za ponjatieto. [Hrsg.:] Genčo Dončev. – Sofija:<br />

Izd. Evropa, <strong>2001</strong>. 335 S. (Das geistige Erbe Deutschlands; No. 3)<br />

[Wissenschaft der Logik. T. 2: Die subjektive Logik oder die Lehre<br />

vom Begriff]<br />

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Über die Reichsverfassung. Hrsg. von<br />

Hans Maier. Nach der Textfass. von Kurt Rainer Meist. – München:<br />

Beck, <strong>2002</strong>. 275 S. (Bibliothek des deutschen Staatsdenkens; Bd. 10)


319<br />

ANHANG<br />

Interpretationen der Wahrheit. Günter Figal [Hrsg.] in redaktioneller<br />

Zusammenarbeit mit Frank Rebmann. Allgemeine Gesellschaft<br />

für Philosophie in Deutschland (Tübingen). – Tübingen: Attempto-<br />

Verl., <strong>2002</strong>. 303 S. (Tübinger Phänomenologische Bibliothek)<br />

Kabashima, Hiroshi: Attentat, Terror, Gerechtigkeit. Eine vergleichende<br />

Studie zu B. Savinkov, J. Osaragi, K. Takahashi und A.<br />

Camus. – Würzburg: ERGON Verl., <strong>2002</strong>. 263 S. (Spektrum Philosophie;<br />

Bd. 23)<br />

Kultur – Kunst – Öffentlichkeit. Philosophische Perspektiven auf<br />

praktische Probleme. Festschrift für Otto Pöggeler zum 70. Geburtstag.<br />

Hrsg. von Annemarie Gethmann-Siefert und Elisabeth Weisser-<br />

Lohmann. – München: Fink, <strong>2001</strong>. 289 S.<br />

Kunst – Zeugung – Geburt. Theorien und Metaphern ästhetischer<br />

Produktion in der Neuzeit. Christian Begemann; David E. Wellbery<br />

[Hg.]. – Freiburg i.Br.: Rombach, <strong>2002</strong>. 423 S.<br />

(Rombach Wissenschaften: Reihe Litterae; Bd. 82)<br />

Kwon, Jeong-Im: Hegels Bestimmung der Kunst. Die Bedeutung der<br />

„symbolischen Kunstform“ in Hegels Ästhetik. – München: Fink,<br />

<strong>2001</strong>. 355 S.<br />

Zugl.: Hagen, FernUniv., Diss., 1998<br />

Lukian: Philopseydeis ē apistōn. Die Lügenfreunde oder: der Ungläubige.<br />

Eingel., übers. und mit interpretierenden Essays vers. von<br />

Martin Ebner ... . – Darmstadt: Wiss. Buchges., <strong>2001</strong>. 214 S. (SAPERE<br />

– Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam REligionemque pertinentia;<br />

Bd. 3)<br />

Martha C. Nussbaum. Ethics and political philosophy. Lecture and<br />

colloquium in Münster 2000. Angela Kallhoff [ed.]. – Münster: LIT,<br />

<strong>2001</strong>. 152 S. (Münsteraner Vorlesungen zur Philosophie; Bd. 4)<br />

Peetz, Siegbert: Kann Rhetorik Philosophie sein. Ciceros Erfahrung<br />

mit der Urteilskraft. – In: Erfahrung und Urteilskraft. Hrsg. von Rainer<br />

Enskat. Würzburg <strong>2001</strong>. S. 55–70.<br />

Philosophische Denkrichtungen. Hrsg. von Johannes Rohbeck. Red.:<br />

Peter-Ulrich Philipsen. – Dresden: Thelem, <strong>2001</strong>. (Dresdner Hefte für<br />

Philosophie; H. 4; Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik; 2)<br />

Platon als Mythologe. Neue Interpretationen zu den Mythen in Platons<br />

Dialogen. Markus Janka; Christian Schäfer [Hrsg.]. – Darmstadt:<br />

Wiss. Buchges., <strong>2002</strong>. VI, 326 S.<br />

Probleme der Subjektivität in Geschichte und Gegenwart / Heidemann.<br />

Dietmar H. Heidemann (Hrsg.). – Stuttgart: Stuttgart – Bad<br />

Cannstatt: frommann-holzboog, <strong>2002</strong>. 310 S. (Problemata; 146)<br />

Rahman, Shahid; Helge Rückert: Dialogical connexive logic. – In:<br />

Synthese. 127. <strong>2001</strong>. S. 105–139.


ANHANG 320<br />

„Eine Religion in philosophischer Form auf naturwissenschaftlicher<br />

Grundlage“. Gideon Spickers Religionsphilosophie im Kontext seines<br />

Lebens, seines Werkes, seiner Zeit. Zweites Gideon-Spicker-<br />

Symposion. Hrsg. von Ulrich Hoyer und Harald Schwaetzer. – Hildesheim<br />

usw.: Olms, <strong>2002</strong>. 255 S. (Philosophische Texte und Studien;<br />

Bd. 65)<br />

Rentsch, Thomas, und Johannes Rohbeck: Essays schreiben – aber<br />

mit Methode. Hinweise. – In: Information Philosophie. Jg. 30, H. 1.<br />

<strong>2002</strong>. S. 48–52.<br />

Der Rheinische Reformkreis. Dokumente zu Modernismus und<br />

Reformkatholizismus 1942–1955. Nach Vorarb. von Uwe Scharfenecker<br />

unter Mitarb. von Andreas Ochs und Barbara Wieland<br />

hrsg. von Hubert Wolf und Claus Arnold. – Paderborn usw.: Schöningh,<br />

<strong>2001</strong>.<br />

Bd. 1. VI, 667 S.<br />

Bd. 2. VI, 753 S.<br />

Rohbeck, Johannes: Denkrichtungen der Philosophie in didaktischer<br />

Perspektive. – In: Information Philosophie. Jg. 29, H. 5. <strong>2001</strong>.<br />

S. 66–71.<br />

Rohbeck, Johannes: Didaktische Potentiale philosophischer Denkrichtungen.<br />

– In: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik.<br />

2000, H. 2. S. 82–93.<br />

Rohbeck, Johannes: Methoden des Philosophie- und Ethikunterrichts.<br />

– In: Methoden des Philosophierens. Hrsg.: Johannes Rohbeck.<br />

(Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik; 1) Dresden<br />

2000. S. 146–174.<br />

Rohbeck, Johannes: Philosophische Kompetenzen. – In: Zeitschrift<br />

für Didaktik der Philosophie und Ethik. <strong>2001</strong>, H. 2. S. 86–94.<br />

Rohbeck, Johannes: Zehn Arten einen Text zu lesen. – In: Philosophische<br />

Ethik. 23. <strong>2001</strong>. S. 186–292.<br />

Rückert, Helge; Shahid Rahman: New perspectives in dialogical<br />

logic. Preface. – In: Synthese. 127. <strong>2001</strong>. S. 1–6.<br />

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Werke – Historisch-kritische<br />

Ausgabe. Im Auftr. der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie<br />

der Wissenschaften hrsg. von Hans Michael Baumgartner;<br />

Wilhelm G. Jacobs ... . – Stuttgart: frommann-holzboog.<br />

7. Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie. Hrsg. von<br />

Wilhelm G. Jacobs und Paul Ziche. <strong>2001</strong>. VIII,539 S.<br />

Schröder, Jürgen: Die Sprache des Denkens. – Würzburg: Königshausen<br />

& Neumann, <strong>2001</strong>. 249 S.<br />

Spinoza im Deutschland des achtzehnten Jahrhunderts. Zur Erinnerung<br />

and Hans-Christian Lucas. Hrsg. von Eva Schürmann, Norbert<br />

Waszek und Frank Weinreich. – Stuttgart – Bad Cannstatt: from-


321<br />

ANHANG<br />

mann-holzboog, <strong>2002</strong>. 293 S. (Spekulation und Erfahrung; Abt. 2:<br />

Untersuchungen; Bd. 44)<br />

Staat, Politik und Recht beim frühen Hegel. Michael Henkel [Hrsg.].<br />

– Berlin: Berlin Verl. Arno Spitz, <strong>2002</strong>. 173. (Schriften des Hellmuth-<br />

Loening-Zentrums für Staatswissenschaften Jena; Bd. 12)<br />

Takahashi, Hidemi: Simeon of Qal c a Rumaita, Patriarch Philoxenus<br />

Nemrod and Bar c Ebroyo. – In: Hugoye. Journal of Syriac Studies.<br />

4,1. <strong>2001</strong>. S. 1–25.<br />

Wahrnehmung der Natur – Natur der Wahrnehmung. Studien zur<br />

Geschichte visueller Kultur um 1800. Hrsg. von Gabriele Dürbeck,<br />

Bettina Gockel ... . - Dresden: Verl. der Kunst, <strong>2001</strong>. 319 S.<br />

Ziche, Paul: Gehört das Ich zur Natur? Geistige und organische<br />

Natur in Schellings Naturphilosophie. – In: Philosophisches Jahrbuch.<br />

108. <strong>2001</strong>. S. 41–57.<br />

Theologie und Religionswissenschaft<br />

Die deutsche Reformation zwischen Spätmittelalter und Früher<br />

Neuzeit. Hrsg. von Thomas A. Brady unter Mitw. von Elisabeth Müller-Luckner.<br />

– München: Oldenbourg, <strong>2001</strong>. XX, 258 S. (Schriften<br />

des Historischen Kollegs: Kolloquien; 50)<br />

Dion von Prusa: Olympikos ē peri tēs prōtes yops theoy ennoias =<br />

Olympische Rede oder über die erste Erkenntnis Gottes. Eingel.,<br />

übers. und interpretiert von Hans-Josef Klauck. Mit einem archäolog.<br />

Beitr. von Balbina Bäbler. 2. Aufl. - Darmstadt: Wiss. Buchges.,<br />

<strong>2002</strong>. 250 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam<br />

REligionemque pertinentia; Bd. 2)<br />

Dochhorn, Jan: Ein Inschriftenfund auf Panchaia. Zur Ιέρα<br />

Αναγρα�ή des Euhemeros von Messene. – In: Münsteraner Judaistische<br />

Studien. Bd. 6. 2000. S. 265–295.<br />

Dochhorn, Jan: Porphyrius über Sanchuniathon. Quellenkritische<br />

Überlegungen zu Praep Ev 1, 9, 21. – In: Die Welt des Orients.<br />

Bd. 32. <strong>2002</strong>. S. 121–145.<br />

Dochhorn, Jan: Vegetationskult in der Urzeit. Euseb, P. E. 1, 10, 6–7<br />

und die Anfänge der Kultur- und Religionsgeschichte bei Philo von<br />

Byblos. – In: Rheinisches Museum für Philologie. N. F. 144. <strong>2001</strong>.<br />

S. 397–429.<br />

Dochhorn, Jan: Zur Entstehungsgeschichte der Religion bei Euthemeros<br />

– mit einem Ausblick auf Philo von Byblos. – In: Zeitschrift für<br />

Religions- und Geistesgeschichte. 53. <strong>2001</strong>. S. 289–301.<br />

Godman, Peter: Die geheime Inquisition. Aus den verbotenen Archiven<br />

des Vatikans. Übers. von Monika Noll und Ulrich Enderwitz,<br />

Ulrich. – München: List, <strong>2001</strong>. 399 S.


ANHANG 322<br />

Jansenismus, Quietismus, Pietismus. Im Auftrag der Historischen<br />

Kommission zur Erforschung des Pietismus. Hrsg. von Hartmut Lehmann;<br />

Hans-Jürgen Schrader und Heinz Schilling. – Göttingen:<br />

Vandenhoeck & Ruprecht, <strong>2002</strong>. 298 S. (Arbeiten zur Geschichte des<br />

Pietismus; Bd. 42)<br />

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg. von: Lichtenberger,<br />

Hermann ... . – Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.<br />

Bd. 6. Supplementa. Einführung zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer<br />

Zeit. Hrsg. von Hermann Lichtenberger und<br />

Gerbern S. Oegema. Lfg. 1,5. Oegema, Gerbern S.: Apokalypsen.<br />

<strong>2001</strong>. IX, 209 S.<br />

Müller, Hans-Peter: Eva und das Paradies. – In: Alter Orient und<br />

Altes Testament. Bd. 281. <strong>2002</strong>. S. 501–510.<br />

Müller, Hans-Peter: History-oriented foundations myths in Israel<br />

and its environment. – In: Studies in Theology and Religion (STAR).<br />

3. <strong>2001</strong>. S. 156–168.<br />

Müller, Hans-Peter: „Jhwh gebe seinem Volke Kraft“. Zum Hintergrund<br />

der alttestamentlichen Geschichtsreligion. – In: Zeitschrift für<br />

Theologie und Kirche. 98. <strong>2001</strong>. S. 265–281.<br />

Müller, Hans-Peter: Der Libanon in altorientalischen Quellen und<br />

im Hohen Lied. Paradigma einer poetischen Topographie. – In: Zeitschrift<br />

des Deutschen Palästina-Vereins. 117,1. <strong>2001</strong>. S. 116–128.<br />

Müller, Hans-Peter: Der Mond und die Plejaden. Griechisch-orientalische<br />

Parallelen. – In: Vetus Testamentum. LI, 2. Leiden <strong>2001</strong>.<br />

S. 206–218)<br />

Müller, Hans-Peter: Ein phönizischer Totenpapyrus aus Malta. – In:<br />

Journal of Semitic Studies. 46. <strong>2001</strong>. S. 251–265.<br />

Müller, Hans-Peter: Religion [der Phönizier und Punier]. – In: Der<br />

Neue Pauly – Enzyklopädie der Antike. Bd. 9. Altertum. Stuttgart;<br />

Weimar <strong>2001</strong>. Sp. 931–933.<br />

Müller, Hans-Peter: Ein wanderndes Kulturwort? Isoglossen zu Phönizisch<br />

HBRK KAI 26 A I 1( 1 ). – In: Rivista di Studi Fenici. Vol. 29,1.<br />

<strong>2001</strong>. S. 13–26.<br />

Mu’g˘am al-samā’āt al-dimasˇqiyya. Recueil de documents fac-similés<br />

des certificats d’audition à Damas 550–750h. / 1155–1349. [Eds.]:<br />

Stefan Leder; Yāsīn Muhammad al-Sawwās; Ma’mūn al-Sāg˙arg˘ī.<br />

Institut Français d’Etudes Arabes de Damas; Deutsches Archäologisches<br />

Institut in Damaskus. – Damaskus, 2000.<br />

Plutarch: Ei kalōs eirētai to lathe biosas = Ist „Lebe im Verborgenen“<br />

eine gute Lebensregel? Eingel., übers. und mit interpretierenden<br />

Essays vers. von Ulrich Berner ... . 2. Aufl. - Darmstadt: Wiss.<br />

Buchges., <strong>2001</strong>. 176 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris ad<br />

Ethicam REligionemque pertinentia; Bd. 1)


323<br />

ANHANG<br />

Reventlow, Henning Graf: Epochen der Bibelauslegung. – München:<br />

Beck. Bd. 4. Von der Aufklärung bis zum 20. Jahrhundert. <strong>2001</strong>. 448 S.<br />

Sauter, Gerhard: Evangelische Theologie an der Jahrtausendschwelle.<br />

– Leipzig: Evangelische Verl.-Anst., <strong>2002</strong>. 118 S. (Forum<br />

Theologische Literaturzeitung; H. 4)<br />

Stumpf, Christoph A.: Vom heiligen Krieg zum gerechten Krieg. Ein<br />

Beitrag zur alttestamentlichen und augustinischen Tradition des<br />

kanonistischen Kriegsvölkerrechts bei Gratian. – In: Zeitschrift der<br />

Savigny-<strong>Stiftung</strong> für Rechtsgeschichte. Bd. 118. Kan. Abt. <strong>2001</strong>.<br />

S. 1–30.<br />

Tillich, Paul: Berliner Vorlesungen I (1919–1920): Das Christentum<br />

und die Gesellschaftsprobleme der Gegenwart (1919) ... . Hrsg. und<br />

mit einer histor. Einl. vers. von Erdmann Sturm. – Berlin; New York:<br />

de Gruyter, <strong>2001</strong>. XXI, 667 S. (Ergänzungs- und Nachlaßbände zu<br />

den Gesammelten Werken von Paul Tillich; Bd. 12)<br />

Unbedingtes Verstehen?! Fundamentaltheologie zwischen Erstphilosophie<br />

und Hermeneutik. Joachim Valentin; Saskia Wendel [Hg.].<br />

– Regensburg: Pustet, <strong>2001</strong>. 181 S.<br />

Geschichtswissenschaften<br />

Ab Imperio. Theory and history of nationalism and empire in the<br />

Post-Soviet space.<br />

Ilya V. Gerasimov; Serguei V. Glebov; Alexandre P. Kaplounovski<br />

[russ. Hrsg.]. Seymour Becker et al. [amerikan.Hrsg.]. – No. 2. –<br />

Kazan/Russia, <strong>2002</strong>.<br />

[Interdisziplinäre Ost-West-Vierteljahreszeitschrift]<br />

Afflerbach, Holger: Der Dreibund. Europäische Großmacht- und<br />

Allianzpolitik vor dem Ersten Weltkrieg. – Wien usw.: Böhlau, <strong>2002</strong>.<br />

983 S. (Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte<br />

Österreichs; Bd. 92)<br />

Arbusˇauskaite˙ , Arūne˙ Liucija: Gyventoju˛ mainai tarp Lietuvos ir<br />

Vokietijos pagal 1941 met? sausio 10 dienos sutart . – Klaipeda: S.<br />

Jokuzˇio leidykla-spaustuve˙ , <strong>2002</strong>. 310 S [Zusammenfassung in deutscher<br />

Sprache S. 287–294 u. d. T.: Der Bevölkerungsaustausch zwischen<br />

Litauen und Deutschland gemäß dem Vertrag vom 10. 1. 1941]<br />

Arisierung und Restitution. Die Rückerstattung jüdischen Eigentums<br />

in Deutschland und Österreich nach 1945 und 1989. Hrsg. von<br />

Constantin Goschler und Jürgen Lillteicher. – Göttingen: Wallstein,<br />

<strong>2002</strong>. 286 S.<br />

Balde, Jakob: Panegyricus Equestris (1628). Edition und Übersetzung<br />

mit einem historischen Kommentar. Hrsg. von Veronika Lukas<br />

und Stephanie Haberer. Red.: Theresia Hörmann und Eva-Maria<br />

Seitz. – Augsburg: Wißner, <strong>2002</strong>. 200 S. (Documenta Augustana;<br />

Bd. 8)<br />

j


ANHANG 324<br />

Baur, Siegfried: Franz Leopold Ranke, the Ranke Library at Syracuse,<br />

and the open future of scientific history. – In: Syracuse University<br />

Library Associates Courier. 33. 1998–<strong>2001</strong>. S. 7–41.<br />

Becher, Johann Joachim: Chymisches Laboratorium, oder Untererdische<br />

Naturkündigung. Nachdr. der Ausg. Frankfurt (Main),<br />

Haaß, 1680. Hrsg. von Hans-Werner Schütt. – Hildesheim usw.:<br />

Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Chemie)<br />

Teilbd. 1. XX, 341 S.<br />

Teilbd. 2. S. 342–732.<br />

Becher, Johann Joachim: Experimentum chymicum novum oder<br />

neue chymische Prob, worinnen die künstliche gleich-darstellige<br />

Transmutation oder Verwandelung derer Metallen augenscheinlich<br />

dargethan. An statt einer Zugabe in die Physicam subterraneam ... .<br />

Nachdr. der Ausg. Frankfurt [Main], 1680. Hrsg. von Hans-Werner<br />

Schütt. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. 192, 175, 156 S.<br />

(Historia Scientiarum: Fachgebiet Chemie)<br />

Bohemismus-Diskurs. Hrsg.: Steffen Höhne. Deutscher Akademischer<br />

Austauschdienst.– Bonn: DAAD, <strong>2002</strong>. 308 S. (Germanistisches<br />

Jahrbuch Tschechien – Slowakei; 2000)<br />

Brenner, Christiane: Mir träumte von Teddy Thälmann ... : Sozialistische<br />

Helden. Eine Kulturgeschichte von Propagandafiguren in<br />

Osteuropa und der DDR. – In: Bohemia Band. 42. <strong>2001</strong>. S. 426–429.<br />

Burgdorf, Wolfgang: Der Untergang der Reichskirche und die Subdelegationskommission<br />

für das transrhenanische Sustentationswesen.<br />

– In: Das Reichskammergericht am Ende des Alten Reiches und<br />

sein Fortwirken im 19. Jahrhundert. Köln usw. <strong>2002</strong>. S. 143–188.<br />

China’s communist revolutions. Fifty years of the People’s Republic<br />

of China. Ed. by Werner Draguhn, David S.G. Goodman. – London:<br />

RoutledgeCurzon, <strong>2002</strong>. VI, 279 S.<br />

Cornelißen, Christoph: Gerhard Ritter. Geschichtswissenschaft und<br />

Politik im 20. Jahrhundert. – Düsseldorf: Droste, <strong>2001</strong>. X, 757 S.<br />

(Schriften des Bundesarchivs; 58)<br />

Zugl.: Düsseldorf, Univ., Phil.Fak., Habil.-Schr., 1999/2000<br />

Corpus der älteren Germania-Karten. Ein annotierter Katalog der<br />

gedruckten Gesamtkarten des deutschen Raumes von den Anfängen<br />

bis um 1650. Bearb. von Peter H. Meurer. – Alphen aan den<br />

Rijn: Uitgeverij Canaletto / Repro- Holland, <strong>2001</strong>. XII, 504 S. + Schuber<br />

mit zahlr. Karten<br />

Deutsch-amerikanische Begegnungen. Hrsg. von Frank Trommler<br />

und Elliott Shore. – Stuttgart: Deutsche Verl.-Anst., <strong>2001</strong>. 456 S.<br />

Deutsche im amerikanischen Bürgerkrieg. Briefe von Front und<br />

Farm 1861–1865. Hrsg. von Wolfgang Helbich; Walter D. Kamphoefner.<br />

– Paderborn usw. Schöningh, <strong>2002</strong>. 580 S.


325<br />

ANHANG<br />

Die Dresdener Konferenz 1850/51. Föderalisierung des Deutschen<br />

Bundes versus Machtinteressen der Einzelstaaten. Hrsg. von Jonas<br />

Flöter und Günther Wartenberg. – Leipzig: Leipziger Univ.-Verl.,<br />

<strong>2002</strong>. 371 S. (Schriften zur sächsischen Landesgeschichte; Bd. 4)<br />

Eberhard, Johann August: Der Geist des Urchristentums. Hrsg. von<br />

Walter Sparn. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. (Historia<br />

Scientiarum: Fachgebiet Philosophie und Theologie)<br />

1. Nachdr. der Ausg. Halle, Renger, 1807. VIII, 416 S.<br />

2. Nachdr. der Ausg. Halle, Renger, 1807. VIII, 462 S.<br />

3. Nachdr. der Ausg. Halle, Renger, 1808. XIV, 386 S.<br />

Eckert, Andreas: An African statesman. A portrait of Julius Nyerere<br />

as politician, 1950s to 1980s. – In: Afrikanische Beziehungen, Netzwerke<br />

und Räume. Hrsg.: Laurence Marfaing; Brigitte Reinwald.<br />

Hamburg; Münster <strong>2001</strong>. S. 309–325.<br />

Eckert, Andreas: Kulturelle Pendler. Zwei afrikanische Bürokraten<br />

im kolonialen Tansania. – In: Akteure des Wandels. Lebensläufe<br />

und Gruppenbilder an Schnittstellen von Kulturen. Studien 14. Berlin<br />

2000. S. 179–201.<br />

Entstalinisierungskrise in Ostmitteleuropa 1953–1956. Vom 17. Juni<br />

bis zum ungarischen Volksaufstand. Politische, militärische, soziale<br />

und nationale Dimensionen. Hrsg. und eingel. von Jan Foitzik. –<br />

Paderborn usw.: Schöningh, <strong>2001</strong>. 393 S.<br />

Escaping satiation: the demand side of economic growth. Ulrich Witt<br />

[ed.]. – Berlin u. a.: Springer, <strong>2001</strong>. 197 S.; 17 fig.; tab.<br />

Europäische lieux de mémoire? Hrsg.: Heinz Duchhardt; Institut für<br />

Europäische Geschichte. – In: Jahrbuch für Europäische Geschichte.<br />

Bd. 3. <strong>2002</strong>. S. VI–100.<br />

Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs:<br />

zwanzig internationale Beiträge zu Praxis, Problemen und Perspektiven<br />

der historischen Komparatistik. Michael Borgolte [Hg.]. Red.:<br />

Ralf Lusiardi. – Berlin: Akademie Verl., <strong>2001</strong>. 421 S. (Europa im Mittelalter;<br />

Bd. 1)<br />

Gentz, Friedrich: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Günther Kronenbitter.<br />

– Hildesheim usw.: Olms-Weidmann. (Historia Scientiarum:<br />

Fachgebiet Geschichte und Politik)<br />

Bd. 8. Schriften von Friedrich Gentz: Ein Denkmal.<br />

8,1. Briefe und vertraute Blätter. Nachdr. der Ausg. Mannheim,<br />

Hoff, 1838. <strong>2002</strong>. LII, 368 S.<br />

8,2. Kleinere Schriften. T. 1. Nachdr. der Ausg. Mannheim, Hoff,<br />

1838. <strong>2002</strong>. 431 S.<br />

8,3. Kleinere Schriften. T. 2. Nachdr. der Ausg. Mannheim, Hoff,<br />

1839. <strong>2002</strong>. II, 366 S.<br />

8,4. Briefwechsel zwischen Gentz und Johannes v. Müller.<br />

Nachdr. der Ausg. Mannheim, Hoff, 1840. <strong>2002</strong>. XIV, 370 S.


ANHANG 326<br />

8,5. Ungedruckte Denkschriften, Tagebücher und Briefe. Nachdr.<br />

der Ausg. Mannheim, Hoff, 1840. <strong>2002</strong>. VIII, 325 S.<br />

Bd. 9. Briefwechsel zwischen Friedrich Gentz und Adam Heinrich<br />

Müller. Nachdr. der Ausg. Stuttgart, Cotta, 1857. <strong>2002</strong>. VI, 410 S.<br />

Bd. 10. Briefe von Friedrich von Gentz an Pilat. Ein Beitrag zur<br />

Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert. Nachdr. der Ausg.<br />

Leipzig, Vogel, 1868. <strong>2002</strong>.<br />

10,1. XIV,480 S.<br />

10,2. 458 S.<br />

Bd. 11. Briefe von und an Friedrich von Gentz.<br />

11,1. Briefe an Elisabeth Braun, Christian Garve, Karl August<br />

Böttiger u.a. Nachdr. der Ausg. München, Berlin, Oldenbourg,<br />

1909. <strong>2002</strong>. X, 365 S.<br />

11,2. Briefe an und von Carl Gustav von Brinckmann und Adam<br />

Müller. Nachdr. der Ausg. München, Berlin, Oldenbourg,<br />

1910. <strong>2002</strong>. X, 480 S.<br />

11,3. Schriftwechsel mit Metternich. T. 1. 1803–1819. Nachdr. der<br />

Ausg. München, Berlin, Oldenbourg, 1913. <strong>2002</strong>. XL, 485 S.<br />

11,4. Schriftwechsel mit Metternich. T. 2. 1820–1832. Nachdr. der<br />

Ausg. München, Berlin, Oldenbourg, 1913. <strong>2002</strong>. VIII, 378 S.<br />

Gierke, Otto von: Aufsätze und kleinere Monographien. Nachdr. Mit<br />

einer Einl. hrsg. von Wolfgang Pöggeler. – Hildesheim usw.: Olms-<br />

Weidmann, <strong>2001</strong> (Historia Scientiarum: Fachgebiet Rechtswissenschaft)<br />

Bd. 1. 604 S.<br />

Bd. 2. S. 607–1095.<br />

Gleichschaltung unter Stalin? Die Entwicklung der Parteien im östlichen<br />

Europa 1944–1949. Hrsg. von Stefan Creuzberger; Manfred<br />

Görtemaker. – Paderborn usw.: Schöningh, <strong>2002</strong>. 468 S.<br />

Griechische Urkunden der Papyrussammlung zu Leipzig (P. LIPS.<br />

II). Hrsg. von Ruth Duttenhöfer. Mit einem Beitr. von Reinhold<br />

Scholl. – München; Leipzig: Saur, <strong>2002</strong>. XXII, 261 S.; 30 Taf. (Archiv<br />

für Papyrusforschung und verwandte Gebiete; Beih. 10)<br />

Gries, Rainer; Silke Satjukow: Von Menschen und Übermenschen.<br />

Der „Alltag“ und das „Außeralltägliche“ der „sozialistischen Helden“.<br />

– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 17/<strong>2002</strong>. S. 39–46.<br />

Gruner, Wolf: Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung. Wechselwirkung<br />

lokaler und zentraler Politik im NS-Staat (1933–1942). –<br />

München: Oldenbourg, <strong>2002</strong>. 362 S.<br />

(Studien zur Zeitgeschichte; Bd. 62)<br />

Die Hamburger Kauffrau Glikl. Jüdische Existenz in der Frühen<br />

Neuzeit. Monika Richarz (Hrsg.). – Hamburg: Christians, <strong>2001</strong>. 312 S.<br />

Hanisch, L.: Ausgegrenzte Kompetenz – Porträts vertriebener Orientalisten<br />

und Orientalistinnen 1933–1945. Eine Hommage anläßlich


327<br />

ANHANG<br />

des 28. Deutschen Orientalistentags Bamberg 26. – 30. 3. <strong>2001</strong>. – In:<br />

Orientwissenschaftliche Hefte. Bd. 1. <strong>2001</strong>.<br />

Hanssen, Jens: „Public morality and marginality in fin de siècle<br />

Beirut“ in outside. – In: Shifting boundaries of marginality in the<br />

Muslim world. Ed. by. E Rogan. – London <strong>2002</strong>.<br />

Hirschbiegel, Jan: Fürstliche Höfe im spätmittelalterlichen Reich –<br />

ein Projekt der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften<br />

in Göttingen. – In: Burgenbau im 13. Jahrhundert. Hrsg.<br />

von der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und<br />

Schlössern in Verbindung mit dem Germanischen Nationalmuseum.<br />

Red.: G. U. Grossmann. München u. a. <strong>2002</strong>. S. 73–82.<br />

Hornbogen, Jens-Peter: Travail national – nationale Arbeit. Die handelspolitische<br />

Gesetzgebung in Frankreich und Deutschland vor<br />

dem Hintergrund der Debatte über Freihandel und Schutzzoll<br />

1818–1892. – Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 230 S. (Tübinger<br />

Schriften zum internationalen und europäischen Recht; Bd. 58)<br />

Hubel, Helmut: Nachbarschaft mit (Sowjet-)Rußland. Die Erfahrung<br />

europäischer Länder im 20. Jahrhundert am Beispiel Finnlands,<br />

Schwedens und der Baltischen Staaten. – In: Außenpolitische Prioritäten<br />

für (Süd)Kaukasien im 21. Jahrhundert. Bündniszugehörigkeit<br />

oder Neutralität? Europäische Erfahrung. Tagung, Batumi,<br />

Georgien, 3./4. 3. <strong>2001</strong>. S. 13–18.<br />

Hyperboreus. Studia classica / Bibliotheca Classica Petropolitana. –<br />

München: Beck.<br />

Vol. 7, Fasc. 1.2. <strong>2001</strong>.<br />

Vol. 8, Fasc. 1. <strong>2002</strong>.<br />

Johann Beckmann und die Folgen. Erfindungen – Versuch der historischen,<br />

theoretischen und empirischen Annäherung an einen vielschichtigen<br />

Begriff. Gerhard Banse, Hans-Peter Müller (Hrsg.) –<br />

Münster usw.: Waxmann, <strong>2001</strong>. 297 S. (Cottbuser Studien zur<br />

Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt; Bd. 17)<br />

Jörn, Nils: Gerichtstätigkeit, personelle Strukturen und politisch<br />

relevante Rechtsprechung am Wismarer Tribunal 1653–1815. – In:<br />

Prozeßakten als Quelle. Hrsg.: Anette Baumann ... . – Köln: usw.<br />

<strong>2001</strong>. S. 219–257.<br />

Kiecol, Daniel: Selbstbild und Image zweier europäischer Metropolen.<br />

Paris und Berlin zwischen 1900 und 1930 / Kiecol, Daniel. –<br />

Frankfurt a. M. usw.: Lang, <strong>2001</strong>. 367 S. (Europäische Hochschulschriften:<br />

Geschichte und ihre Hilfswissenschaften; Bd. 909)<br />

Zugl. Duisburg, Univ., Diss., 1999<br />

Der Körper der Königin. Geschlecht und Herrschaft in der höfischen<br />

Welt. Unter Mitw. von Pernille Arenfeldt, Martin Kohlrausch und<br />

Xenia von Tippelskirch hrsg. von Regina Schulte. – Frankfurt; New<br />

York: Campus Verl., <strong>2002</strong>. 366 S. (Campus Historische Studien;<br />

Bd. 31)


ANHANG 328<br />

Kowalzik, Barbara: Das Jüdische Schulwerk in Leipzig 1912–1933. –<br />

Köln usw.: Böhlau, <strong>2002</strong>. VII, 374 S. (Geschichte und Politik in Sachsen;<br />

Bd. 18)<br />

Krankenhaus-Report 19. Jahrhundert. Krankenhausträger, Krankenhausfinanzierung,<br />

Krankenhauspatienten. Alfons Labisch; Reinhard<br />

Spree [Hg.]. – Frankfurt; New York: Campus Verl., <strong>2001</strong>. 466 S.<br />

Lipsius, Justus: De Militia Romana Libri Quinque De Constantia<br />

Libri Duo. Nachdr. der Ausg. Antwerpen, Moretum, 1605. Mit einer<br />

Einl. hrsg. von Wolfgang Weber. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann,<br />

<strong>2002</strong>. XVIII, 366; XXIX, 86 S. (Historia Scientiarum: Fachgebiet<br />

Geschichte und Politik)<br />

Mader, Eric-Oliver: Das Alte Reich in neuem Licht. Perspektiven auf<br />

sein Ende und sein Nachwirken im frühen 19. Jahrhundert. – In:<br />

Wege in die Frühe Neuzeit. Werkstattberichte, eine Linksammlung<br />

sowie Bildmaterialien zu München im Dreißigjährigen Krieg und zur<br />

Hexenverfolgung auf CD-ROM. Hrsg.: Arndt Brendecke; Wolfgang<br />

Burgdorf. Neuried <strong>2001</strong>. S. 235–256.<br />

Mader, Eric-Oliver: „Heilige Schulden“ des aufgelösten Reichs. Das<br />

Problem der Entschädigung des Reichskammergerichtspersonals für<br />

den Verlust ihrer Stellen. – In: Das Reichskammergericht am Ende<br />

des Alten Reiches und sein Fortwirken im 19. Jahrhundert. Köln<br />

usw. <strong>2002</strong>. S. 105–142.<br />

Nationalismen in Europa. West- und Osteuropa im Vergleich. Hrsg.<br />

von Ulrike von Hirschhausen, und Jörn Leonhard. – Göttingen:<br />

Wallstein, <strong>2001</strong>. 452 S.<br />

Novick, Peter: Is the Holocaust an American memory? – In: Ernst<br />

Fraenkel Vorträge zur amerikanischen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft,<br />

Geschichte und Kultur. 8. <strong>2002</strong>. S. 1–19.<br />

Politiker und Bürger. Gustav Stresemann und seine Zeit. Hrsg. von<br />

Karl Heinrich Pohl. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, <strong>2002</strong>.<br />

311 S.<br />

Petry, Klaus: Aspekte des Geldumlaufs in Trier und St. Goar<br />

während der letzten Hälfte des 13. Jahrhunderts : zwei Schatzfunde<br />

im Vergleich. – In: Trierer Zeitschrift für Geschichte und Kunst des<br />

Trierer Landes und seiner Nachbargebiete. 61. 1998. S. 249–278.<br />

Petry, Klaus: Bewegte Zeiten – auf Straßen aus Gold und Silber.<br />

Aspekte des Geldumlaufs und der Wirtschaftsbeziehungen des<br />

lotharingischen Raumes im frühen und hohen Mittelalter. – In:<br />

Zwölfter. Internationaler Numismatischer Kongress – Berlin 1997.<br />

Berlin 2000. S. 943–961.<br />

Petry, Klaus: Geprägte Geschichte. Die Münzen und Medaillen der<br />

Mittelmosel (15.–18. Jahrhundert). – Wittlich, 2000. 22 S.


329<br />

ANHANG<br />

Petry, Klaus: Der Münzschatz von Idesheim, Kr. Bitburg-Prüm, vergraben<br />

nach 983 : ein Beitrag zu seiner Stellung im lotharinigischen<br />

„Schatzfundhorizont“ des 10. Jahrhunderts und zur frühen Münzprägung<br />

in Bonn. – In: Landesgeschichte als multidisziplinäre Wissenschaft.<br />

Trier <strong>2001</strong>. S. 1–18.<br />

Petry, Klaus: Sens oder Straßburg. Die XP-Gepräge Ludwigs des<br />

Frommen mit Beizeichen S unter dem Tempel im Münzschatz von<br />

Pilligerheck (Kr. Mayen-Koblenz). – In: Numismatisches Nachrichtenblatt.<br />

49,2. 2000. S. 47–54.<br />

Principes. Dynastien und Höfe im späten Mittelalter. Interdisziplinäre<br />

Tagung des Lehrstuhls für Allgemeine Geschichte des Mittelalters<br />

und Historische Hilfswissenschaften in Greifswald in Verbindung<br />

mit der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften<br />

zu Göttingen vom 15.–18. Juni 2000. Hrsg. von Cordula<br />

Nolte, Karl-Heinz Spieß, Ralf-Gunnar Werlich. – Stuttgart: Thorbecke,<br />

<strong>2002</strong>. 447 S. (Residenzenforschung; Bd. 14)<br />

Les Plus anciens documents originaux de l’abbaye de Cluny. Publ.<br />

par Hartmut Atsma, Sebastien Barret et Jean Vezin. Avec le concours<br />

de la Bibliothèque nationale de France, de l’Institut historique<br />

allemand de Paris ... . – Turnhout: Brepols. (Monumenta Paleographica<br />

Medii Aevi; Series Gallica)<br />

T. 3. Doc. nos 61 à 90: Paris Bibl. nat. de France, Collection des<br />

Bourgogne, vol. 77, nos 62 à 89. Préf. de Giles Constable. <strong>2002</strong>.<br />

140 S.<br />

Pütter, Johann Stephan: Beyträge zum Teutschen Staats- und Fürstenrechte.<br />

Hrsg. von Bernhard Martin Scherl. – Hildesheim usw.:<br />

Olms. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Rechtswissenschaft)<br />

1. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck, 1777. <strong>2002</strong>. LXIV,<br />

362 S.<br />

2. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck, 1779. <strong>2001</strong>. 340 S.<br />

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen<br />

Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Mit einer Einl. hrsg. von<br />

Bernhard Martin Scherl. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2001</strong>.<br />

(Historia Scientiarum: Fachgebiet Rechtswissenschaft)<br />

1. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht, 1798.<br />

LXVI, 460 S.<br />

2. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht, 1798.<br />

292 S.<br />

3. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht, 1798.<br />

454 S.<br />

Rödder, Andreas: Die radikale Herausforderung. Die politische Kultur<br />

der englischen Konservativen zwischen ländlicher Tradition und<br />

industrieller Moderne (1846–1868). – München: Oldenbourg, <strong>2002</strong>.<br />

574 S. (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts<br />

London; Bd. 52)<br />

Zugl.: Stuttgart, Univ., Habil.-Schr., <strong>2001</strong>


ANHANG 330<br />

Russische Aufklärungsrezeption im Kontext offizieller Bildungskonzepte<br />

(1700–1825). Gabriela Lehmann-Carli ... [Hrsg.]. Wiss. Red.:<br />

Birgit Scholz. – Berlin: Spitz, <strong>2001</strong>. XXXVII, 681 S. (Aufklärung und<br />

Europa: Schriftenreihe des Forschungszentrums Europäische Aufklärung<br />

e. V.)<br />

Sächsische Parlamentarier 1869–1918. Die Abgeordneten der II.<br />

Kammer des Königreichs Sachsen im Spiegel historischer Photographien.<br />

Ein biographisches Handbuch. Bearb. von Elviara Döscher<br />

und Wolfgang Schröder. Mit einem Vorw. von Gerhard A. Ritter.<br />

Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen<br />

Parteien e. V. (Bonn). – Düsseldorf: Droste Verl., <strong>2001</strong>. XII,<br />

568 S. (Photodokumente zur Geschichte des Parlamentarismus und<br />

der politischen Parteien; Bd. 5)<br />

Sammeln als Wissen. Das Sammeln und seine wissenschaftsgeschichtliche<br />

Bedeutung. Hrsg. von Anke te Heesen und E.C. Spary.<br />

– Göttingen: Wallstein, <strong>2001</strong>. 223 S. (Wissenschaftsgeschichte)<br />

Satjukow, Silke; Rainer Gries: Sozialistische Heldinnen. Eine Kulturgeschichte<br />

von Propagandafiguren in Osteuropa und der DDR.<br />

Tagung in der Villa Decius in Krakau, 13. bis 16. September <strong>2001</strong>. –<br />

In: L’Homme. 12. <strong>2001</strong>. S. 335–340.<br />

Schulze, Winfried: Die Frühe Neuzeit zwischen individueller Erfahrung<br />

und strukturgeschichtlichem Zugriff. Erfahrungen, Defizite<br />

Konzepte. – In: Wege in die Frühe Neuzeit. Werkstattberichte, eine<br />

Linksammlung sowie Bildmaterialien zu München im Dreißigjährigen<br />

Krieg und zur Hexenverfolgung auf CD-ROM. Hrsg.: Arndt<br />

Brendecke; Wolfgang Burgdorf. Neuried <strong>2001</strong>. S. 11–35.<br />

Sozialistische Helden. Eine Kulturgeschichte von Propagandafiguren<br />

in Osteuropa und der DDR. Silke Satjukow; Rainer Gries [Hg.].<br />

– Berlin: Links, <strong>2002</strong>. 312 S.<br />

Suleiman, Susan Rubin: History, memory, and moral judgment in<br />

documentary film. On Marcel Ophul’s hotel terminus: The life and<br />

times of Klaus Barbie. – In: Ernst Fraenkel Vorträge zur amerikanischen<br />

Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte und Kultur. 8.<br />

<strong>2002</strong>. S. 21–61.<br />

Theisen, Frank: Mittelalterliches <strong>Stiftung</strong>srecht. Eine Untersuchung<br />

zur Urkundenüberlieferung des Klosters Fulda im 12. Jahrhundert. –<br />

Köln usw.: Böhlau, <strong>2002</strong>. 491 S. (Forschungen zur kirchlichen<br />

Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht; Bd. 26)<br />

Tilitzki, Christian: Die Beurlaubung des Staatsrechtslehrers Albert<br />

Hensel im Jahre 1933. Ein Beitrag zur Geschichte der Königsberger<br />

Universität. – In: Mendelssohn-Studien. Beiträge zur neueren deutschen<br />

Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Bd. 12. <strong>2001</strong>. S. 243–261.<br />

Tilitzki, Christian: Professoren und Politik. Die Hochschullehrer der<br />

Albertus-Universität zu Königsberg/Pr. in der Weimarer Republik<br />

(1918–1933). – In: 450 Jahre Universität Königsberg. Beiträge zur


331<br />

ANHANG<br />

Wissenschaftsgeschichte des Preußenlandes. Hrsg.: Bernhart Jähnig.<br />

Marburg <strong>2001</strong>. S. 131–178.<br />

Tilitzki, Christian: Vordenker der Vernichtung? Neue Beiträge zur<br />

Kontroverse über „Ostforschung“ und Politik im Dritten Reich. – In:<br />

Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands. Bd. 47.<br />

<strong>2001</strong>. München <strong>2002</strong>. S. 301–318.<br />

[Unter bes. Berücks. des Wissenschaftsstandorts Königsberg]<br />

Von der Grenzland-Universität zum Zentrum der nationalsozialistischen<br />

„Neuordnung des Ostraums“? Aspekte der Königsberger Universitätsgeschichte<br />

im Dritten Reich. – In: Jahrbuch für die<br />

Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands: Zeitschrift für vergleichende<br />

und preußische Landesgeschichte. Bd. 46. 2000. München <strong>2001</strong>.<br />

S. 233–269.<br />

Wellenreuther, Hermann: Ausbildung und Neubildung. Die<br />

Geschichte Nordamerikas vom Ausgang des 17. Jahrhunderts bis<br />

zum Ausbruch der Amerikanischen Revolution 1775. – Hamburg:<br />

LIT, <strong>2001</strong>. VII, 794 S. (Geschichte Nordamerikas in atlantischer Perspektive<br />

von den Anfängen bis zur Gegenwart; Bd. 2)<br />

Wettlaufer, Jörg; Jan Hirschbiegel: Fürstliche Höfe und Residenzen<br />

im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches<br />

Handbuch. – In: Mitteilungen der Residenzen-Kommission. 11,2.<br />

2000. S. 9–14.<br />

Zhenhuan, Zou: Aufsatz zum Thema Neusprachen-Unterricht in<br />

China (1860–1895) – In: Dang’an yu shuxue = Geschichtswissenschaft<br />

und Archive. 1. Shanghai <strong>2002</strong>. [chines.]<br />

Zirngibl, Thomas: Gesamtverzeichnis der Datenbank „Amburger-<br />

Archiv“ am Osteuropa-Institut München. – T. 3. – München 1999.<br />

S. 341–588. (Mitteilungen / Osteuropa-Institut München; Nr. 45)<br />

Zwischen Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />

Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von<br />

Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />

– Berlin <strong>2002</strong>. 140 S.<br />

Archäologie; Altertumswissenschaft<br />

Abaris. H. 2000; H. <strong>2001</strong>. – St. Petersburg 2000–01.<br />

Aspects of friendship in the Graeco-Roman world. Proceedings of a<br />

conference held at the Seminar für Alte Geschichte, Heidelberg, on<br />

10–11 June, 2000. Ed. by Michael Peachin. – Portsmouth, Rhode<br />

Island, <strong>2001</strong>. 160 S. (Journal of Roman Archaeology: Supplementary<br />

Series; No. 43)<br />

Bauer, Franz Alto, et Michael Heinzelmann: L’église épiscopale<br />

d’Ostie. – In: Ostia, port et porte de la Rome antique. Austellung,<br />

Genf <strong>2001</strong>. S. 278–282.


ANHANG 332<br />

Bauer, Franz Alto; Michael Heinzelmann; Archer Martin: Ostia. Ein<br />

urbanistisches Forschungsprojekt in den unausgegrabenen Bereichen<br />

des Stadtgebiets. Vorbericht zur 2. Grabungskampagne 1999.<br />

Mit Beitr. von ... . – In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen<br />

Instituts, Römische Abteilung. Bd. 107. 2000. S. 375–415.<br />

Bienert, Hans-Dieter, et al.: Ba’ja. Archäologie einer Landschaft in<br />

Jordanien. Bericht über archäologische Feldforschungen. – In: Ausgrabungen<br />

und Surveys im Vorderen Orient. 1. <strong>2002</strong>. S. 162–213.<br />

Blech, Michael; Michael Koch; Michael Kunst: Denkmäler der Frühzeit.<br />

Deutsches Archäologisches Institut (Madrid). – Mainz a. Rh.:<br />

von Zabern, <strong>2001</strong>. (Hispania Antiqua)<br />

Textbd. XI, 708 S.<br />

Tafelbd. 64 Farbtaf.; 246 SW-Taf.<br />

Blumenthal, Elke: Kuhgöttin und Gottkönig. Frömmigkeit und<br />

Staatstreue auf der Stele Leipzig Ägyptisches Museum 5141. – Leipzig:<br />

Ägyptisches Museum der Universität, <strong>2001</strong>. 64 S. (Siegfried-<br />

Morenz-Gedächtnis-Vorlesung; 11)<br />

Bonatz, Dominik: Nicht von Gestern. Megalithismus auf Nias (Indonesieien).<br />

– In: Antike Welt. 33. <strong>2002</strong>. S. 25–32.<br />

Brandt, Hartwin: Wird auch silbern mein Haar. Eine Geschichte des<br />

Alters in der Antike. – München: Beck, <strong>2002</strong>. 302 S.<br />

David, Arlette: De l’infériorité à la pertubation. L’oiseau du „mal“ et<br />

la catégorisation en Egypte ancienne. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />

2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/1) (Classification<br />

and Categorization in Ancient Egypt; 1)<br />

Demokratie, Recht und soziale Kontrolle im klassischen Athen.<br />

Hrsg. von David Cohen unter Mitarb. von Elisabeth Müller-Luckner.<br />

– München: Oldenbourg, <strong>2002</strong>. IX, 205 S.<br />

(Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien; 49)<br />

Dochhorn, Jan: Die auf Menander von Ephesus zurückgehende<br />

Liste der Könige von Tyrus in C 1:116–126. Ein Beitrag zur Textkritik<br />

des Josephus und des Menander sowie zur absoluten Chronologie<br />

der Könige von Tyrus. – In: Münsteraner Judaistische Studien.<br />

Bd. 10. <strong>2001</strong>. S. 77–102.<br />

Gärtner, Thomas: Arnulf von Orléans zu Ov. rem. 777–784. – In:<br />

Studi Medievali. 42. <strong>2001</strong>. S. 319–323.<br />

Gärtner, Thomas: Drei Konjekturen zu hochmittelalterlichen „Dramen“.<br />

– In: Latomus. 59. 2000. S. 647–651.<br />

Gärtner, Thomas: Klassische Vorbilder mittelalterlicher Trojaepen. –<br />

Stuttgart; Leipzig, 1999. 580 S. (Beiträge zur Altertumskunde;<br />

Bd. 133)


333<br />

ANHANG<br />

Gärtner, Thomas: Kritisch-Exegetisches zur Marcellus-Vita des Vulfinus<br />

von Die (MGH poet. lat. IV 3 p. 963–976 Strecker). – In: Eranos.<br />

99. <strong>2001</strong>. S. 18–27.<br />

Gärtner, Thomas: Quellenkritische und überlieferungsgeschichtliche<br />

Bemerkungen zu Quilichinus de Spoleto. – In: Historia Alexandri<br />

Magni. Revue d’Histoire des Textes. 30. 2000. S. 263–276.<br />

Gärtner, Thomas: Textkritische Bemerkungen zur ,ars poetica‘ des<br />

Gervasius de Saltu Lacteo. – In: Studi Medievali. 41. 2000.<br />

S. 849–861.<br />

Gärtner, Thomas: Der Turmbau zu Babel bei Walter von Châtillon<br />

und der englische Bibeldichter Laurentius von Durham – eine neue<br />

Quelle der ,Alexandreis‘. – In: Eranos. 97. 1999. S. 45–49.<br />

Gärtner, Thomas: Ein umstrittener Metamorphosenvers im pseudoovidischen<br />

Epos ,De vetula‘. – In: Classica et Mediaevalia. 51. 2000.<br />

S. 185–190.<br />

Gärtner, Thomas: Das Urteil des Alanus ab Insulis über die ,Alexandreis‘<br />

des Walter von Châtillon (Anticl. I 166–170). – ein übersehenes<br />

Silvenzitat im ,Anticlaudian‘. – In: Mittellateinisches Jahrbuch.<br />

35. 2000. S. 71–76.<br />

Gärtner, Thomas: Vier Anmerkungen zum Einleitungsgedicht von<br />

,De planctu nature‘. – In: Filologia Mediolatina. 6/7. 1999/2000.<br />

S. 273–278.<br />

Gärtner, Thomas: Zu den klassichen und zeitgenössischen Vorbildern<br />

im ,Liber ad honorem Augusti‘ des Petrus von Eboli. – In: Deutsches<br />

Archiv für Erforschung des Mittelalters. 55. 1999. S. 477–498.<br />

Gärtner, Thomas: Zum ,Karolinus‘ des Aegidius von Paris. – In: Traditio.<br />

55. 2000. S. 171–179.<br />

Gärtner, Thomas: Zur Eustachius-Vita ,Ne mea segnicie‘. – In: Mittellateinisches<br />

Jahrbuch. 34. 1999. S. 175–178.<br />

Gärtner, Thomas: Zur Rekonstruktion eines mittellateinischen Kommentars<br />

zu den Heroidenbriefen. – In: Archivum Latinatis Medii<br />

Aevi. 58. 2000. 151–210.<br />

Gärtner, Thomas: Zwei Textvorschläge zur metrischen Eustachiusvita<br />

BHL 2768. – In: Analecta. Bollandiana. 118. 2000. S. 43–36.<br />

Gonçalves, A. et al.: New aspects of the Romanization of the Alto<br />

Alentejo (Portugal). Evidence from a geophysical and archaeological<br />

survey at the Monte da Nora (Terrugem). – In: Arqueologia. 24.<br />

1999. S. 101–110.<br />

Hauschild, Th.; F. Teichner: Die römische Villa von Milreu. – In:<br />

Roteiros da Arqueologia Portuguesa. 7. Lissabon <strong>2002</strong>.


ANHANG 334<br />

Heilmeyer, Wolf-Dieter: Die Heilige Restituta und ihr Museum. – In:<br />

Berliner museologische Forschungen auf Ischia. – In: Museumsjournal.<br />

15,1. <strong>2001</strong>. S. 91–93.<br />

Herzog, Reinhart: „Wir leben in der der Spätantike“. Eine Zeiterfahrung<br />

und ihre Impulse für die Forschung. – In: Herzog, Reinhart:<br />

Spätantike. Studien zur römischen und lateinisch-christlichen Literatur.<br />

Hrsg. von Peter Habermehl. Mit einem Beitr. von Manfred<br />

Fuhrmann. Göttingen <strong>2002</strong>. S. 321–348.<br />

Höckmann, Olaf: Harbour investigation at Histria. – In: Studia Archaeologica<br />

et Historica Nicolao Gudea dicata. Zalău <strong>2001</strong>. S. 169–178.<br />

Höckmann, Olaf, et al.: Zur Lage des Hafens von Histria. Die Prospektionskampagne<br />

von 1996. – In: Dacia. N. S. 40–42. 1996–1998.<br />

S. 55–102)<br />

Humanismus und Menschenbildung. Zu Geschichte, Gegenwart<br />

und Zukunft der bildenden Begegnung der Europäer mit der Kultur<br />

der Griechen und Römer. Erhard Wiersing (Hg.). – Essen: Die blaue<br />

Eule, <strong>2001</strong>. 491 S. (Detmolder Hochschulschriften; Bd. 4)<br />

Kockel, Valentin, und Ulrike Steiner: Die Verbreitung archäologischer<br />

Kenntnisse in deutscher Sprache im 18. Jahrhundert. – In: Mitteilungen/Institut<br />

für Europäische Kulturgeschichte der Universität<br />

Augsburg. H. Nr. 10. <strong>2002</strong>. S. 74–85.<br />

Kolb, Anne: Transport und Nachrichtentransfer im Römischen<br />

Reich. – Berlin: Akademie Verl., 2000. 380 S. (Klio – Beiträge zur<br />

Alten Geschichte; Beihefte, N.F. Bd. 2)<br />

Martin, Archer; Michael Heinzelmann: The joint AAR-DAI research<br />

project at Ostia: 1998 and 1999 seasons. American Academy in<br />

Rome/AAR; Deutsches Archäologisches Institut/DAI (Rom). – In:<br />

Memoirs of the American Academy in Rome. 45. 2000. S. 277–283.<br />

Palmyra/Syrien: Kooperationsprojekt der Außenstelle Damaskus<br />

und der Orientabteilung des DAI, der Generaldirektion der Altertümer<br />

und Museen Syriens und des Instituts für Klassische Archäologie<br />

der Universität Wien. – In: Stadtforschung. Projekte des DAI.<br />

Berlin/Bonn/Rom <strong>2001</strong>/02. Hrsg.: Astrid Dostert. <strong>2002</strong>. S. 76/77.<br />

Pöllath, Ralph: Karolingerzeitliche Gräberfelder in Nordostbayern.<br />

Eine archäologisch-historische Interpretation mit der Vorlage der<br />

Ausgrabungen von K. Schwarz in Weismain und Thurnau-Alladorf.<br />

– München: Arethousa Verl., <strong>2002</strong>.<br />

Diss., München, Univ., 1998 u. d. T.: Die Karolingerzeit in Nordostbayern.<br />

Bd. 1: Text. 233 S.<br />

Bd. 2. Abbildungen, Listen, Literatur. Mit zwei anthopologischen<br />

Beiträgen zu den Gräberfeldern von Alladorf und Weismain von<br />

Olaf Röhrer-Ertl. 258 S.<br />

Bd. 3. Katalog. 320 S.<br />

Bd. 4. Tafeln. 202 Taf.


335<br />

ANHANG<br />

Pollex, Axel: Betrachtungen zu jungslawischen Mehrfachbestattungen.<br />

2 Abb. – In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 41. 2000. S. 407–422.<br />

Pollex, Axel: Die frühen pommerschen Denare aus dem slawischen<br />

Gräberfeld Penkun 28, Lkr. Uecker-Randow. – In: Bodendenkmalpflege<br />

in Mecklenburg-Vorpommern – Jahrbuch. 47. 1999. Lübstorf<br />

2000. S. 247–277.<br />

Pollex, Axel: Grabtiefen als Indikator gesellschaftlicher Strukturen?<br />

– In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 42. <strong>2001</strong>. S. 109–121.<br />

Roll, I.; O. Tal: Apollonia Arsuf. Final Report of excavations. Vol.1:<br />

The Persian and Hellenistic periods (with appendices on the Chalcolithic<br />

and Iron Age II remains). – Tel Aviv 1999. (Tel Aviv University,<br />

Monograph Series of the Institute of Archaeology; 16)<br />

Schmidt-Colinet, Andreas; Kh. al-As’ad: Zur Urbanistik des hellenistischen<br />

Palmyra. Ein Vorbericht. – In: Damaszener Mitteilungen.<br />

12. 2000. S. 61–93; Taf. 7–16.<br />

Schmidt-Colinet, Andreas; G. Plattner: Geophysical survey and<br />

excavation in the „Hellenistic Town“ of Palmyra. – In: Archaeological<br />

Prospection. 4 th International Conference on Archaeological Prospection,<br />

Vienna, 19. 9. <strong>2001</strong>. Ed.: M. Doneus et al. <strong>2001</strong>. S. 175–177.<br />

Shalomi-Hen, Racheli: Classifying the divine. Determinatives and<br />

categorisation in CT 335 and BD 17. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />

2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/2) (Classification<br />

and Categorization in Ancient Egypt; 2)<br />

Strobel, Karl; Christoph Gerber: Feldforschungen in Tavium im Jahr<br />

2000. Vorbericht. – In: Aras¸tirma sonuçlari toplantisi. 19, 2. cilt.<br />

Ankara <strong>2001</strong>. S. 1–8.<br />

Strobel, Karl: State formation by the Galatians of Asia Minor. Politico-historical<br />

and cultural processes in Hellenistic Central Anatolia. –<br />

In: Anatolica. 28. <strong>2002</strong>. S. 1–46.<br />

Kunstwissenschaften<br />

Die altniederländischen und flämischen Gemälde des 16. bis 18.<br />

Jahrhunderts. Bearb von Bettina Werche. – Weimar: Böhlaus Nachf.,<br />

<strong>2001</strong>. 240 S. (Kataloge der Anhaltinischen Gemäldegalerie Dessau;<br />

Bd. 9: Kritischer Bestandskatalog; Bd. 2)<br />

Beckmann, Eva-Maria: Ankaufspolitik der Museen zwischen 1933<br />

und 1945: nicht länger ein weißer Fleck. – In: Museen im Rheinland.<br />

<strong>2002</strong>,1. S. 7–9.<br />

Bonatz, Dominik: Wandel einer Megalithkultur im 20. Jahrhundert<br />

(Nias/Indonesien). – In: Anthropos. 96. <strong>2001</strong>. S. 105–118.


ANHANG 336<br />

Bredekamp, Horst, et al.: Vom Nutzen des Todes für Zeit und Ewigkeit.<br />

Anmerkungen zu den römischen Papst- und Kardinalsgrabmälern<br />

der frühen Neuzeit. – In: Kritische Berichte – Zeitschrift für<br />

Kunst- und Kulturwissenschaft. 29,2. <strong>2001</strong>. S. 7–20.<br />

Eckstaedt, Aaron: Potsdam/Universität, Kollegium für Jüdische Studien:<br />

Das Tonarchiv David Kohans in der Potsdamer Religionswissenschaft.<br />

– In: Jiddistik Mitteilungen. 27. <strong>2002</strong>. S. 31–32.<br />

Enwezor, Okwui: Großausstellungen und die Antinomien einer<br />

transnationalen globalen Form. – München: Fink, <strong>2002</strong>. 59 S. (Berliner<br />

<strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der Gegenwart; Bd. 1)<br />

Euskirchen, Claudia, u. a.: Hausforschung bei August <strong>Thyssen</strong>.<br />

Schloss Landsberg wird untersucht. – In: Denkmalpflege im Rheinland.<br />

18. <strong>2001</strong>. S. 184–186.<br />

Giovanni Battista Piranesi. Die Wahrnehmung von Raum und Zeit.<br />

Akten des internationalen Symposiums Staatsgalerie Stuttgart<br />

25. bis 26. Juni 1999. Corinna Höper; Jeannette Stoschek; Elisabeth<br />

Kieven [Hg.]. – Marburg: Jonas Verl. für Kunst und Literatur, <strong>2002</strong>.<br />

124 S.<br />

Jiddische Lieder und Klesmermusik. Das Tonarchiv David Kohans in<br />

der Potsdamer Religionswissenschaft. – In: Portal. Die Potsdamer<br />

Universitätszeitung. 3/4. <strong>2002</strong>. S. 30.<br />

Karsten, Arne, und Philipp Zitzlsperger: Bilderkrieg in Neu-St.<br />

Peter. Alessandro Algardis Grabmal für Papst Leo XI. de’Medici und<br />

die „Borgia-Krise“ der Jahre 1632/34. – In: Städel Jahrbuch. N. F.<br />

Bd. 18. <strong>2001</strong>. S. 195–212.<br />

Ketelsen, Thomas, unter Mitarb von Claudia Brink und Gerrit<br />

Walczak: Die Niederländischen Gemälde 1500–1800. – Hamburg<br />

<strong>2001</strong>. 360 S. (Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle; Bd. 2)<br />

Klotz, Sabine: <strong>Fritz</strong> Landauer (1883–1968). Leben und Werk eines<br />

jüdischen Architekten. Hrsg. vom Architekturmuseum Schwaben. –<br />

Berlin: Reimer, <strong>2001</strong>. 333 S. (Schriften des Architekturmuseums<br />

Schwaben; Bd. 4)<br />

Zugl. München, Univ., Fak. für Architektur, Diss., 1999<br />

Kropmanns, Peter: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik<br />

1933–1945. Kolloquium im Wallraf-Richartz-Museum – Fondation<br />

Corboud, Köln, 11./12. 12. <strong>2001</strong>. – In: Kunstchronik. 55. <strong>2002</strong>.<br />

S. 166–169.<br />

Meulen, Nicolaj van der: Wann man dich ins Grab gesencket. Das<br />

Coemeterium des spätbarocken Münsters Zwiefalten. – In: Studien<br />

und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner<br />

Zweige. 113. <strong>2002</strong>. S. 407–440.


337<br />

ANHANG<br />

Orfèvrerie d’apparat. Allemagne XV e –XVII e siècle. Collection du<br />

Hessisches Landesmuseum, Kassel. [Ausstellung im Musée Bonnat,<br />

Bayonne, 1. 3. – 6. 5. <strong>2001</strong>; Musée des Arts décoratifs, Bordeaux,<br />

18. 5. – 6. 8. <strong>2001</strong>.]. Bernadette de Boysson et al. – Bordeaux: Le<br />

Festin, <strong>2001</strong>. 110 S.<br />

Plakat v revoljucii – revoljucija v plakate 1917. Multimedalnyj<br />

kompjuternyj kurs po istorii russkogo i sovetskogo plakata. Hrsg.:<br />

Nina Baburina; Klaus Vaschik; Konstantin Charin. Lotman-Institut<br />

für russische und sowjetische Kultur (Ruhr-Universität Bochum). –<br />

Bochum <strong>2002</strong>.<br />

Projekt „Werben für die Utopie. Kulturgeschichtliche Entwicklungsaspekte<br />

des politischen Plakats in der Sowjetunion 1917–1991“.<br />

[CD-Rom]<br />

Renda, Günsel: Padis¸ah Portreleri. Mevlânâ Müzesi Albümü. –<br />

Konya: T.C. Kültür Bakanlig˘ i, <strong>2001</strong>. 95 S.<br />

[Ikonographie der osmanischen Sultane]<br />

Schumann, Robert: Neue Ausgabe sämtlicher Werke. [Deutsch und<br />

Englisch]. – Mainz usw.: Schott.<br />

Serie 8, Supplemente. Bd. 2. Literarische Vorlagen der ein- und<br />

mehrstimmigen Lieder, Gesänge und Deklamationen. <strong>2002</strong>. XLIV,<br />

470 S.<br />

Schwager, Klaus; Gabriele Dischinger: „Gelt, Gedult und Verstandt“.<br />

Programm und Realisierung der Ottobeurer Klosteranlage.<br />

In: Himmel auf Erden oder Teufelsbauwurm? Wirtschaftliche und<br />

soziale Bedingungen des süddeutschen Klosterbarock. Hrsg.: Markwart<br />

Herzog u. a. Konstanz <strong>2002</strong>. S. 289–319.<br />

Schwarm-Tomisch, Elisabeth: „... Das sehr kostbare Palais in Alt-<br />

Dreßden, so man das Japanische nennt ...“. Das Japanische Palais in<br />

der Zeit zwischen 1727 und 1763. – In: Dresdner Kunstblätter. 46.<br />

<strong>2002</strong>. S. 179–187.<br />

Schwarm-Tomisch, Elisabeth: „... wo hohe Potentaten ihr Plaisirs finden<br />

können ...“. Das Königlich Holländische Palais zu Altdresden<br />

bis zu seinem Umbau im Jahr 1727. – In: Dresdner Kunstblätter. 46.<br />

<strong>2002</strong>. S. 56–66.<br />

Störtkuhl, Beate; Jerzy Ilkosz: Architekten der Breslauer Kunstakademie<br />

in den Zwanziger Jahren. – In: Von Otto Mueller bis Oskar<br />

Schlemmer – Künstler der Breslauer Akademie. <strong>2002</strong>. S. 40–65.<br />

Störtkuhl, Beate [=Szymanski-Störtkuhl, Beate]; Jerzy Ilkosz: Bauernhaus<br />

und Turmvilla Zur Architektur der Künstlerkolonie im Riesengebirge<br />

[deutsch und polnisch]. – In: Die imposante Landschaft.<br />

Künstler und Künstlerkolonien im Riesengebirge im 20. Jahrhundert<br />

– Austellungskatalog. Hrsg.: Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch<br />

e.V., Berlin; Muzeum Okre˛ gowe w Jeleniej Górze. Warschau<br />

1999. S. 104–126.


Störtkuhl, Beate [=Szymanski-Störtkuhl, Beate]: Interwar Silesian<br />

architecture in the tension-zone of national assertiveness. – In: Borders<br />

in Art – revisiting Kunstgeographie. Proceedings of the 4th<br />

Joint Conference of Polish and English art historians, University of<br />

East Anglia, Norwich. Ed.: Katarzyna Murawska-Muthesius. Warszawa<br />

2000. S. 211–220.<br />

Störtkuhl, Beate [=Szymanski-Störtkuhl, Beate]: Plac powstańców<br />

warszawy (Lessingplatz). Projekty, utopie i realizacja zabudowy. –<br />

In: Architektura Wrocl⁄awia. Tom 4. Gmach. 1998. S. 387–410.<br />

[Warschauer Lessingplatz – Projekte, Utopien und Realisation der<br />

Bebauung]<br />

Störtkuhl, Beate: Verfehmte Moderne – vergessene Moderne. Die<br />

Breslauer Siedlung Pilsnitz 1930–1939. – In: Jahrbuch des Bundesinstituts<br />

für ostdeutsche Kultur und Geschichte. Berichte und Forschungen.<br />

Bd. 7. 1999. S.139–152.<br />

Störtkuhl, Beate: Von „deutscher Bauart“ und „steingewordenen<br />

Symbolen polnischer Kultur“. Architektur der Zwischenkriegszeit in<br />

Schlesien als Manifestation nationalen Behauptungswillens. – In:<br />

Deutschlands Osten – Polens Westen. Vergleichende Studien zur<br />

geschichtlichen Landeskunde. Frankfurt a. M. <strong>2001</strong>. S. 113–147.<br />

Störtkuhl, Beate: Wykle˛ta nowoczesno´sć? – zapomniana nowoczesno´sć.<br />

Wrocl⁄awskie osiedle Pilczyce 1930–1939. – In: Rocznik Wroclawski.<br />

6. 2000. S. 213–223<br />

[Verfehmte Moderne – vergessene Moderne. Die Breslauer Siedlung<br />

Pilsnitz 1930–1939]<br />

Terlau, Katja: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik 1933–1945. –<br />

In: Bulletin/Deutscher Museumsbund. <strong>2002</strong>,1. S. 9/10. – In: Mitteilungen/ICOM-Deutschland.<br />

<strong>2002</strong>,1. S. 21–23.<br />

Werben für die Utopie. Kulturgeschichtliche Entwicklungsaspekte des<br />

politischen Plakats in der Sowjetunion 1917–1991/Lotman-Institut für<br />

russische und sowjetische Kultur (Ruhr-Universität Bochum). – Bochum,<br />

<strong>2002</strong>. [Zwei CD-Rom: Plakat Gesamtprojekt 1 – 1/2 und 2 – 2/2]<br />

Wilhelm Worringers Kunstgeschichte. Hannes Böhringer; Beate<br />

Söntgen [Hrsg.]. – München: Fink, <strong>2002</strong>. 237 S.<br />

Die Zukunft der Alten Meister. Perspektiven und Konzepte für das<br />

Kunstmuseum von heute. Hrsg. von Ekkehard Mai unter Mitarb.<br />

von Eva Hartmann. – Köln usw.: Böhlau, <strong>2001</strong>. VII, 257 S.<br />

Sprach- und Literaturwissenschaften<br />

ANHANG 338<br />

Augenmensch. Zur Bedeutung des Sehens im Werk Goethes.<br />

Hrsg.: Dorothea von Mücke; David E. Wellbery. – Stuttgart: Metzler<br />

und Poeschel, <strong>2001</strong>. S. 3–122. (Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft<br />

und Geistesgeschichte; Jg. 57, H. 1)


339<br />

ANHANG<br />

Bauer, Roger: Die schöne Décadence. Geschichte eines literarischen<br />

Paradoxons. – Frankfurt a. M.: Klostermann, <strong>2001</strong>. 421 S. (Das<br />

Abendland – Forschungen zur Geschichte europäischen Geisteslebens;<br />

N. F. 28)<br />

Bildersturm und Bilderflut um 1800. Zur schwierigen Anschaulichkeit<br />

der Moderne. Helmut J. Schneider; Ralf Simon; Thomas Wirtz<br />

[Hgg.]. – Bielefeld: Aisthesis Verl., <strong>2001</strong>. 335 S.<br />

Brücken nach Prag. Deutschsprachige Literatur im kulturellen Kontext<br />

der Donaumonarchie und der Tschechoslowakei. Festschrift für<br />

Kurt Krolop zum 70. Geburtstag. Hrsg. von Klaas-Hinrich Ehlers ... .<br />

2., korr. Aufl. – Frankfurt a. M. usw.: Lang, <strong>2001</strong>. 505 S.<br />

La Bruyére – le métier du moraliste. Actes du Colloque international<br />

pour le Tricentenaire de la mort de la Bruyère (Paris, 8–9 novembre<br />

1996). Textes recueillis et présentés par Jean Dagen, Elisabeth Bourguinat<br />

et Marc Escola. – Paris: Champion, <strong>2001</strong>. 261 S. (Moralia; 5)<br />

Carl Zuckmayer und die Medien. Beiträge zu einem internationalen<br />

Symposion. Gunther Nickel (Hrsg.). Red.: Ulrike Weiß. – T. 1.2. –<br />

St. Ingbert: Röhrig, <strong>2001</strong>. (Zuckmayer-Jahrbuch; Bd. 4,1.2.)<br />

Entgrenzte Repräsentationen – gebrochene Realitäten. Danilo Kisˇ im<br />

Spannungsfeld von Ethik, Literatur und Politik. Materialien der<br />

internationalen Konferenz vom 4. bis 6. Juli 1999 an der Martin-<br />

Luther-Universität Halle-Wittenberg (Tagungsort: Lutherstadt Wittenberg).<br />

Hrsg. von Angela Richter, unter Mitw. von Tatjana Petzer.<br />

– München: Sagner, <strong>2001</strong>. 226 S. (Die Welt der Slaven; Bd. 10)<br />

Es hat sich viel ereignet, Gutes wie Böses. Lateinische Geschichtsschreibung<br />

der Spät- und Nachantike. Hrsg. von Gabriele Thome<br />

und Jens Holzhausen unter Mitarb. von Silke Anzinger. – München;<br />

Leipzig: Saur, <strong>2001</strong>. 213 S. (Beiträge zur Altertumskunde; Bd. 141)<br />

Fabian, Bernhard; Marie-Luise Spieckermann: Pope in eighteenthcentury<br />

Germany. A bibliographical essay (2). – In: Swift Studies. 16.<br />

<strong>2001</strong>. S. 5–30.<br />

Finkenstein, Kurt: Briefe aus der Haft 1935–1943. Hrsg., komm. und<br />

eingel. von Dietfried Krause-Vilmar. Mitarb.: Susanne Schneider. –<br />

Kassel: Jenior, <strong>2001</strong>. 480 S. (Nationalsozialismus in Nordhessen:<br />

Schriften zur regionalen Zeitgeschichte; Bd. 19)<br />

Fragen der Liedinterpretation, Hrsg. von Hedda Ragotzky; Gisela;<br />

Vollmann-Profe; Gerhard Wolf. – Stuttgart: Hirzel, <strong>2001</strong>. 225 S.<br />

Gelumbeckaite˙, Jolanta: Bibliotheca Augusta, jos istorija ir lietuviˇskos<br />

knygos. – In: Archivum Lithuanicum. 2. 2000. S. 75–98.<br />

Gelumbeckaite˙, Jolanta: „In sensum barbaries gentium corrigatur“.<br />

Das Rätsel der litauischen Postille von 1573. – In: Wolfenbütteler<br />

Barock-Nachrichten. 27,2. 2000. S. 85–107.<br />

j


ANHANG 340<br />

Gelumbeckaite˙, Jolanta: Wolfenbüttelio postile˙. Parenge˙ ir vada<br />

paraˇse˙ hum. m. dr. Juozas Karaciejus. – In: Archivum Lithuanicum.<br />

2. 2000. S. 173–194.<br />

Gurvic-Lisˇčiner, Sofja: Tvorečstvo Aleksandra Gercena i nemeckaja<br />

literatura. Očerki i materialy. – Frankfurt a. M.: Lang, <strong>2001</strong>. 349 S.<br />

(Deutsch-russische Literaturbeziehungen; Bd. 11)<br />

[Alexander Herzens Schaffen und die deutsche Literatur]<br />

Handbuch der lateinischen Literatur der Antike. Hrsg. von Reinhart<br />

Herzog und Peter Lebrecht Schmidt. – München: Beck. (Handbuch<br />

der Altertumswissenschaft; Abt. 8)<br />

Bd. 1. Die Archaische Literatur von den Anfängen bis Sullas Tod.<br />

Die vorliterarische Periode und die Zeit von 240 bis 88 v. Chr. Hrsg.<br />

von Werner Suerbaum unter Mitarb. von Jürgen Blänsdorf ... .<br />

XLVIII, 611 S.<br />

Hochsprachen in Europa. Entstehung, Geltung, Zukunft. Akten<br />

zweier Tagungen in München, 2./3. Dezember 1998, und Bad Homburg<br />

v. d. H., 18.–20. November 1999. Konrad Ehlich, Jakob Ossner,<br />

Harro Stammerjohann [Hrsg.]. – Freiburg i. Br.: Fillibach, <strong>2001</strong>.<br />

389 S.<br />

Hrotsvit (Gandeshemensis): Opera omnia. Ed. Walter Berschin. –<br />

Monachii; Lipsiae: Saur, <strong>2001</strong>. XXXIV, 334 S. (Bibliotheca Teubneriana)<br />

Hundertfünfzig Jahre „Mabinogion“. Deutsch-walisische Kulturbeziehungen.<br />

Hrsg. von Berhard Maier und Stefan Zimmer unter<br />

Mitw. von Christiane Batke. – Tübingen: Niemeyer, <strong>2001</strong>. X, 283 S.<br />

(Buchreihe der Zeitschrift für celtische Philologie; Bd. 19)<br />

Igboanusi, Herbert: A dictionary of Nigerian English usage. – Mokola<br />

Roundabout Ibadan: Enicrownfit Publ., <strong>2002</strong>. VII, 307 S.<br />

Das Imaginäre des Fin de Siècle. Ein Symposium für Gerhard Neumann.<br />

Christine Lubkoll [Hg.]. – Freiburg: Rombach, <strong>2002</strong>. 519 S.<br />

(Rombach Wissenschaften – Reihe Litterae; Bd. 88)<br />

Jahrbuch der Jean Paul Gesellschaft (Würzburg). Jg. 34/35. 2000/<strong>2001</strong>.<br />

– Weimar: Verl. Hermann Böhlaus Nachf., <strong>2001</strong>. VI, 320 S.<br />

Das Jerusalemer Heine-Symposium. Gedächtnis, Mythos, Modernität.<br />

Hrsg. von Klaus Briegleb und Itta Shedletzky. – Hamburg:<br />

Dölling und Galitz, <strong>2001</strong>. 218 S.<br />

Kafka, Franz: Briefe 1913 – März 1914. Hrsg. von Hans-Gerd Koch. –<br />

Frankfurt a. M.: S. Fischer, <strong>2001</strong>. 833 S. (Kafka, Franz: Schriften,<br />

Tagebücher, Briefe; Kritische Ausgabe)<br />

Kemp, Friedhelm: Das europäische Sonett. – Bd. 1. 2. – Göttingen:<br />

Wallstein, <strong>2002</strong>.<br />

(Münchener Universitätsschriften; Bd. 2)


341<br />

ANHANG<br />

Kodzis, Bronislav: Literaturnye centry russkogo zarubezˇ’ ja 1918–1939.<br />

Pisateli, tvorčeskie, obedinenija, periodika, knigopečatanie. – München:<br />

Sager in Komm., <strong>2002</strong>.<br />

(Arbeiten und Texte zur Slavistik; 70)<br />

Kratz, Gottfried: Ličnye i obsˇčestvennye sobranija v fonde biblioteki<br />

Institutov Krasnoj professury (GRIB). Sudby kollekcij nemeckojazynych<br />

knig. – In: Biblioteka ličnaja – biblioteka obsˇčestvennaja.<br />

Materialy naučnoj konferencii, 7–8 okt. 1998 goda. Moskva <strong>2001</strong>.<br />

S. 52–60.<br />

[Teilergebnisse des Projektes „Deutsch-sprachige Drucke russischer<br />

Verlage in der Moskauer Historischen Bibliothek, unter bes.<br />

Berücks. der Literatur zur russisch-deutschen wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Ideengeschichte“]<br />

Lessing international – Lessing reception abroad. Proceedings of the<br />

Lessing Society Conference, held at Vanderbilt University, Nashville,<br />

Tennessee, 28–31 Oct. 1999. Ed. for the Lessing Society by John<br />

A. McCarthy, Herbert Rowland and Richard E. Schade. – Göttingen:<br />

Wallstein, <strong>2001</strong>. 431 S. (Lessing Yearbook; 31. 2000)<br />

Literary history / cultural history. Force-fields and tensions. Ed. by<br />

Herbert Grabes. – Tübingen: Narr, <strong>2002</strong>. VIII, 386 S.(REAL: Yearbook<br />

of Research in English and American Literature; Vol. 17)<br />

Literaturstraße. Chinesisch-deutsches Jahrbuch für Sprache, Literatur<br />

und Kultur. Hrsg. von Zhang Yushu; Winfried Woesler; Horst<br />

Thomé. – Beijing: Volksliteratur Verl.<br />

Bd. 2. <strong>2001</strong>.<br />

Lotichius und die römische Elegie. Hrsg. von Ulrike Auhagen und<br />

Eckart Schäfer. – Tübingen: Narr, <strong>2001</strong>. 322 S. (NeoLatina; 2)<br />

Mythen in nachmythischer Zeit. Die Antike in der deutschsprachigen<br />

Literatur der Gegenwart. Hrsg. von Bernd Seidensticker und<br />

Martin Vöhler. – Berlin; New York: de Gruyter, <strong>2002</strong>. XIII, 378 S.<br />

Neubauer, Paul: Zwischen Tradition und Innovation. Das Sonett in<br />

der amerikanischen Dichtung des zwanzigsten Jahrhunderts. – Heidelberg:<br />

Winter, <strong>2001</strong>. 451 S. (American studies – a monograph<br />

series; Vol. 93)<br />

Die orthographischen Konferenzen von 1876 und 1901. Hrsg. von<br />

Dieter Nerius. – Hildesheim usw.: Olms, <strong>2002</strong>. XVIII, 332 S. (Documenta<br />

orthographica; Abt. B, Bd. 5)<br />

Pfeiffer, Helmut: Der Garten der Kultur und die Gewalt der<br />

Geschichte. Claude Simons Jardin des Plantes. – In: Poetologische<br />

Umbrüche. München <strong>2002</strong>. S. 156–176.<br />

Pfeiffer, Helmut: Traumatisches Gedächtnis. Claude Simons Route<br />

des Flandres. – In: Domänen der Literaturwissenschaft. Hrsg.: Herbert<br />

Jaumann ... . Tübingen <strong>2001</strong>. S. 315–338.


ANHANG 342<br />

Rose, Anna: Filippo Beroaldo der Ältere und sein Beitrag zur Properz-Überlieferung.<br />

– München; Leipzig: Saur, <strong>2001</strong>. XI, 474 S.<br />

(Beiträge zur Altertumskunde; Bd. 156)<br />

Ruhnken, David: Oratio de doctore umbratico. Ed. Helgus [= OLeg]<br />

Nikitinski. – Napoli: Vivarium, <strong>2001</strong>. 90 S. (L’Umanesimo Europeo;<br />

Series Latina; 2)<br />

Sannwald, Daniela: Nicht von Zuckmayer: Die Weisse Rose. Carl<br />

Zuckmayer, ein Filmprojekt über die Geschwister Scholl und ein<br />

Forschungsirrtum. Mit dem Manifest zu einem Film über die Weisse<br />

Rose von Otl Aicher und Inge Scholl. – In: Zuckmayer-Jahrbuch.<br />

Bd. 5. <strong>2002</strong>. S. 511–552.<br />

Sauerland, Uli [Ulrich]: A contrast to a trace. – In: WCCFL 20 [twenty]<br />

Proceedings. Eds.: K. Megerdoomian and L.A. Bar-el. Somerville,<br />

MA <strong>2001</strong>. S. 498–509<br />

Silbenschnitt und Tonakzente. Hrsg. von Peter Auer, Peter Gilles<br />

und Helmut Spiekermann. – Tübingen: Niemeyer, <strong>2002</strong>. VI, 294 S.<br />

(Linguistische Arbeiten; 463)<br />

Special issue on the origin of the Finnic peoples and languages<br />

dedicated to Richard Indreko (1900–1961). Ed.: Urmas Sutrop. –<br />

Tartu / Estland: Estonian Academy of Sciences, <strong>2001</strong>. 103 S. (Trames:<br />

Journal of the Humanities and Social Sciences; <strong>2001</strong>,1)<br />

Stefan George. Werk und Wirkung seit dem „Siebenten Ring“. Für<br />

die Stefan-George-Gesellschaft hrsg. von Wolfgang Braungart; Ute<br />

Oelmann und Bernhard Böschenstein. – Tübingen: Niemeyer, <strong>2001</strong>.<br />

XI, 456 S.<br />

Stotz, Peter: Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters. –<br />

München: Beck. (Handbuch der Altertumswissenschaft; Abt. 2, T. 5,1)<br />

Bd. 1. Einleitung: Lexikologische Praxis; Wörter und Sachen; Lehnwortgut.<br />

<strong>2002</strong>. XXXI,723 S.<br />

Theorie der Komödie – Poetik der Komödie. Ralf Simon (Hg.). – Bielefeld:<br />

Aisthesis Verl., <strong>2001</strong>. 223 S. (Aisthesis Studienbuch; Bd. 2)<br />

Uebe, Götz: Podgotovka serii bibliografičeskich ukazatelej „Gosudarstvennaja<br />

vlast v dorevoljucionnoj Rossii b biografijach ee predstavitelej<br />

(XIX v. – načalo XX v)“. – In: Biblioteka ličnaja – biblioteka<br />

obsˇčestvennaja. Materialy naučnoj konferencii, 7–8 okt. 1998<br />

goda. Moskva <strong>2001</strong>. S. 95–102.<br />

[Teilergebnisse des Projektes „Deutsch-sprachige Drucke russischer<br />

Verlage in der Moskauer Historischen Bibliothek, unter bes.<br />

Berücks. der Literatur zur russisch-deutschen wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Ideengeschichte“]<br />

Yang, Wenliang; Armin Burkhardt; Zhong Zhao: Chinesisch-deutsches<br />

Universitätswörterbuch. – Ismaning: Hueber, <strong>2001</strong>. XIV, 232 S.


343<br />

ANHANG<br />

Zwischen Goethezeit und Realismus. Wandel und Spezifik in der<br />

Phase des Biedermeier. Hrsg. von Michael Titzmann. – Tübingen:<br />

Niemeyer, <strong>2002</strong>. VII, 505 S. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte<br />

der Literatur; Bd. 92)<br />

Zwischen Rauschen und Offenbarung. Zur Kultur- und Mediengeschichte<br />

der Stimme. Hrsg. von Friedrich Kittler, Thomas Macho<br />

und Sigrid Weigel. – Berin: Akademie Verl., <strong>2002</strong>. XII, 416 S.<br />

Wirtschaftswissenschaften<br />

Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck.<br />

Fehlentwicklungen und Lösungsansätze aus institutionenökonomischer<br />

Sicht: Hrsg. von Thomas Apolte und Uwe Vollmer. Mit Beitr.<br />

von ... . – Stuttgart: Lucius & Lucius, <strong>2002</strong>. VIII, 472 S. (Schriften zu<br />

Ordnungsfragen der Wirtschaft; Bd. 68)<br />

Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Erwerbspause kann teuer kommen.<br />

Einkommensverlust für Frauen. – In: EU magazin. 3/<strong>2001</strong>. S. 31/32.<br />

Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Die Folgekosten von Erwerbsunterbrechungen.<br />

– In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 71.<br />

<strong>2002</strong>. S. 83–94.<br />

Beblo, Miriam, und Elke Wolf: The wage penalities of heterogeneous<br />

employment biographies. An empirical analysis for Germany.<br />

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim: ZEW,<br />

<strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW working paper)<br />

Contemporary economic ethics and business ethics. Peter Koslowski<br />

(ed.). – Berlin etc.: Springer, 2000. IX, 265 S. (Studies in economic<br />

ethics and philosophy)<br />

Diehl, Markus: International trade in intermediate inputs. The case<br />

of the automobile industry. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft an der<br />

Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 44 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel working papers;<br />

Nr. 1027)<br />

Döhrn, Roland: Inlandsbeschäftigung in deutschen Multinationalen<br />

Unternehmen. – In: RWI-Mitteilungen. 51. 2000. S. 289–301.<br />

Döhrn, Roland: The RWI data base on the globalisation of German<br />

companies. – In: Schmollers Jahrbuch: Zeitschrift für Wirtschaftsund<br />

Sozialwissenschaften. 121. <strong>2001</strong>. S. 427–434.<br />

Fifty years of the German Mark. Essays in honour of Stephen F. Frowen.<br />

Ed. by Jens Hölscher in ass. with Anglo-German Foundation<br />

for the Study of Industrial Society. – Houndmills, Basingstoke,<br />

Hampshire: Palgrave, <strong>2001</strong>. XXXI, 229 S.<br />

Freytag, Andreas, and Pia Weiß: Imperfect labour markets, globalisation<br />

and the new economy. Institut für Wirtschaftspolitik an der<br />

Universität Köln. – Köln, <strong>2001</strong>. 22 S. (IWP Discussion Paper; <strong>2001</strong>,5)


ANHANG 344<br />

Hansen, Hendrik: Globaler Dschihad? Die Freund-Feind-Unterscheidung<br />

im Islam und in der Theorie des Gesellschaftsvertrag. –<br />

In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B18/<strong>2002</strong>. S. 17–25.<br />

Hansen, Hendrik: Karl Marx. Humanist oder Vordenker des GULag?<br />

– In: Politisches Denken. Jahrbuch <strong>2002</strong>. S. 152–174.<br />

Hansen, Hendrik: Die Soziale Marktwirtschaft. Das deutsche Modell<br />

eines „dritten Weges“. – In: Politik im Netz. Hrsg. von W. Gellner.<br />

Baden-Baden <strong>2001</strong>.<br />

Hölsch, Katja: The effect of social transfers in Europe. An empirical<br />

analysis using generalised Lorenz curves.<br />

– http:// wwwceps.lu/iriss/iriss_wp.htm. <strong>2002</strong>. 21 Bl. (IRISS Working<br />

Paper Series; Nr. <strong>2002</strong>–02)<br />

Hölsch, Katja, und Margrit Kraus: European schemes of social assistance.<br />

An empirical analysis of set-ups and distributive impacts.<br />

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim: ZEW,<br />

<strong>2002</strong>. 31 S. (ZEW discussion paper; No.02–51)<br />

s.a. http://www.lisproject.org/publications/liswps/312.pdf<br />

Hölsch, Katja, und Margit Kraus: European schemes of social assistance.<br />

An empirical analysis of set-ups and distributive impacts. Universität<br />

Hohenheim, Institut für Volkswirtschaftslehre (Stuttgart). –<br />

Stuttgart, <strong>2002</strong>. 29 S. (Hohenheimer Diskussionsbeiträge; Nr. 208/<br />

<strong>2002</strong>)<br />

Jasper, Jörg, und Iouri Tokarev: Anmerkungen zur neueren russischen<br />

Protektionismus-Diskussion. Trägt eine Infant-Industry-Strategie?<br />

– In: Aussenwirtschaft – Schweizerische Zeitschrift für internationale<br />

Wirtschaftsbeziehungen. 57. <strong>2002</strong>. S. 221–247.<br />

Kleinert, Jörn: Japan’s integration into the world economy in the<br />

1990s. – In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 70,4. <strong>2001</strong>.<br />

S. 1–14.<br />

Kleinert, Jörn: The Role of multinational enterprises in globalization.<br />

An empirical overview. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft an der<br />

Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 30 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel working papers;<br />

Nr. 1096)<br />

Kleinert, Jörn: Trade and the internalization of production. – Kiel:<br />

Institut für Weltwirtschaft an der Univ. Kiel, <strong>2002</strong>. 43 S. (Kieler<br />

Arbeitspapiere = Kiel working papers; Nr. 1104)<br />

Kombi-Einkommen. Ein Weg aus der Sozialhilfe? Sabine Dann; Andrea<br />

Kirchmann; Alexander Spermann; Jürgen Volkert [Hrsg.]. Institut<br />

für Angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen. – Baden-<br />

Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. 175 S.<br />

Lauer, Charlotte: Educational attainment A French-German comparison.<br />

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim:<br />

ZEW, <strong>2001</strong>. 65 S. (ZEW Dokumentation; 01–02)


345<br />

ANHANG<br />

Lauer, Charlotte: Family background, cohort and education. A<br />

French-German comparison. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />

– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 34 S. (ZEW dicussion paper; 02–12)<br />

Lauer, Charlotte: A model of educational attainment. Application to<br />

the German case. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. –<br />

Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 31 S. (ZEW dicussion paper; 02–06)<br />

Lehmann, Karen: Stabilität und Veränderung der Flächentarifbindung<br />

von Arbeitgebern in Deutschland. Eine theoretische und empirische<br />

Analyse. - Münster usw. : LIT Verl., <strong>2002</strong>. XIV, 323 S. (Empirische<br />

Wirtschaftsforschung; Bd. 30)<br />

Nicolai, Alexander T.: Reflections on the utilization of management<br />

knowledge. The case „competitive strategy“. Universität Witten/<br />

Herdecke; Fakultät für Wirtschaftswissenschaft. – Witten, <strong>2002</strong>. VI,<br />

42 S. (Wittener Diskussionspapiere; H. 93)<br />

Nunnenkamp, Peter, und Julius Spatz: Globalisierungsverlierer in<br />

der Automobilindustrie? Internationaler Wettbewerb und Arbeitsmarkteffekte<br />

in Deutschland, Japan und den Vereinigten Staaten. –<br />

In: Die Weltwirtschaft. 2. <strong>2001</strong>. S. 149–172.<br />

Pierenkemper, Toni: Die Industrialisierung europäischer Montanregionen<br />

im 19. Jahrhundert. - Stuttgart: Steiner, <strong>2002</strong>. 424 S. (Regionale<br />

Industrialisierung; Bd. 3)<br />

Preuße, Heinz Gert: Mercosur. Another failed move towards regional<br />

integration?. – In: The World of Economy. 24. <strong>2001</strong>. S. 911–931.<br />

Spatz, Julius: Explaining intra- and intersectoral wage differentials<br />

in simple general equilibrium trade models. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft<br />

an der Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 46 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel<br />

working papers; Nr. 1042)<br />

Spatz, Julius; Peter Nunnenkamp: Globalisierung der Automobilindustrie.<br />

Wettbewerbsdruck, Arbeitsmarkteffekte und Anpassungsreaktionen.<br />

– Berlin usw.: Springer, <strong>2002</strong>. XII, 116 S. (Kieler Studien; 317)<br />

Spatz, Julius; Peter Nunnenkamp: Globalization of the automobile<br />

industry. Traditional locations under pressure? – Kiel: Institut für<br />

Weltwirtschaft an der Univ. Kiel, <strong>2002</strong>. 45 S. (Kieler Arbeitspapiere<br />

= Kiel working papers; Nr. 1093)<br />

Vida, Alexander: Unbefugter Imagetransfer. – In: transfer – Werbeforschung<br />

& Praxis. Jg. 46, Folge 191,2. <strong>2001</strong>. S. 6–12.<br />

Weber, Andrea M.: Bestimmungsgründe der Inanspruchnahme von<br />

Erziehungsurlaub. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. –<br />

Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW mimeo)<br />

Weiß, Pia: How to finance unemployment benefits in an economy<br />

with search generated equilibrium unemployment. Institut für Wirtschaftspolitik<br />

an der Universität Köln. – Köln, <strong>2001</strong>. 22 S. (IWP Discussion<br />

Paper; <strong>2001</strong>,1)


Weiß, Pia: Unemployment in open economics. A search theoretic<br />

analysis. – Berlin etc.: Springer, <strong>2001</strong>. XII,226 S. (Lecture notes in<br />

economics and mathematical systems; 496)<br />

Rechtswissenschaft<br />

ANHANG 346<br />

Brand, Jürgen: Untersuchungen zur Entstehung der Arbeitsgerichtsbarkeit<br />

in Deutschland. – Bd. 2: Von der Ehre zum Anspruch. –<br />

Frankfurt a. M.: Klostermann, <strong>2002</strong>. XII, 757. (Studien zur europäischen<br />

Rechtsgeschichte; Bd. 151)<br />

Deutsche Verwaltung an der Wende zum 21. Jahrhundert. Klaus<br />

König [Hrsg.]. – Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. 636 S.<br />

Entstehung des Strafgesetzbuchs. Kommissionsprotokolle und Entwürfe.<br />

Werner Schubert; Thomas Vormbaum [Hrsg.]. – Baden-<br />

Baden: Nomos Verl.-Ges. (Juristische Zeitgeschichte: Abt. 3; Bd.<br />

10,1)<br />

Erster Europäischer Juristentag: Nürnberg <strong>2001</strong> = 1st European<br />

Jurists Forum = 1ère Journée des Juristes Européens. – Baden-<br />

Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 308 S.<br />

Europäisches Privatrecht in der Phase der Verdichtung. Beiträge des<br />

ZEuP-Symposions auf Schloss Ringberg, 1. – 3. 6. 2000. – In: Zeitschrift<br />

für Europäisches Privatrecht. <strong>2001</strong>. S. 533–685.<br />

Finanzverfassungsrecht. Kommentierung des Artikels 110. – In: Bonner<br />

Kommentar zum Grundgesetz (Gröpl). 98. Lfg. <strong>2001</strong>. S. 1–299.<br />

Finanzverfassungsrecht. Kommentierung des Artikels 111. – In: Bonner<br />

Kommentar zum Grundgesetz (Gröpl). 101. Lfg. <strong>2002</strong>. S. 1–83.<br />

Gremienwesen und staatliche Gemeinwohlverantwortung. Beiträge<br />

zu einem Forschungssymposium des Forschungsinstituts für öffentliche<br />

Verwaltung am 27. und 28. April 2000 in Speyer. Hrsg. von<br />

Karl-Peter Sommermann. – Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2001</strong>. 192 S.<br />

(Schriftenreihe der Hochschule Speyer; Bd. 145)<br />

Hopt, Klaus J.: Konzernrecht für Europa. Zur Diskussion um die Vorschläge<br />

des Forum Europaeum Konzernrecht. – In: Aufbruch nach<br />

Europa. Tübingen <strong>2002</strong>. S. 17–38.<br />

Justiz und Justizverwaltung zwischen Ökonomisierungsdruck und<br />

Unabhängigkeit. Hrsg. von Helmuth Schulze-Fielitz; Carsten Schütz.<br />

– Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 234 S. (Die Verwaltung; Beih. 5)<br />

Kantorowicz, Hermann (d. i. Flavius, Gnaeus [Pseud.]): Der Kampf<br />

um die Rechtswissenschaft (1906). [Nachdr. der Ausg. Heidelberg,<br />

Winter, 1906]. Mit einer Einführung von Karlheinz Muscheler. –<br />

Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XXIII, 41 S. (Juristische Zeitgeschichte:<br />

Kleine Reihe; Bd. 2)


347<br />

ANHANG<br />

Krawietz, Birgit: Cut and paste in legal rules. Designing islamic<br />

norms with Talfíq. – In: Die Welt des Islam. 42. <strong>2002</strong>. S. 3–40.<br />

Liszt, Franz von: Der Zweckgedanke im Strafrecht (1882/83). [Nachdr.<br />

der Ausg. Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. Bd.<br />

3. 1883. S. 1 ff.]. – Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XVIII,<br />

54 S. (Juristische Zeitgeschichte: Kleine Reihe; Bd. 6)<br />

Das Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin des Europarates<br />

- taugliches Vorbild für eine weltweit geltende Regelung? = The<br />

Convention on Human Rights and biomedicine of the Council of<br />

Europe – a suitable model for world-wide regulation? Jochen Taupitz<br />

[Hrsg.]. – Berlin; Heidelberg: Springer, <strong>2002</strong>. XXVIII, 833 S.<br />

(Veröffentlichungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und<br />

Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der<br />

Universitäten Heidelberg und Mannheim; 7)<br />

Möser, Justus: Politische und juristische Schriften. Hrsg. von Karl<br />

H.L. Welker. – München: Beck, <strong>2001</strong>. 81 S. (Bibliothek des deutschen<br />

Staatsdenkens; Bd. 19)<br />

Projektgruppen in Organisationen. Praktische Erfahrungen und<br />

Erträge der Forschung. Hrsg. von Rudolf Fisch, Dieter Beck und<br />

Birte Englich. – Göttingen: Verl. für Angewandte Psychologie, <strong>2001</strong>.<br />

378 S. (Wirtschaftspsychologie)<br />

Prütting, Hanns: Quo vadis Insolvenzverwalter? Ein Interview. – In:<br />

INDAT-Report. H. 3. <strong>2001</strong>. S. 8.<br />

Radbruch, Gustav: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht<br />

(1946). [Nachdr. der Ausg. Süddeutsche Juristenzeitung. Jg. 1. 1946,<br />

S. 105–108]. Mit einer Einführung von Winfried Hassemer. – Baden-<br />

Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XXI, 17 S. (Juristische Zeitgeschichte:<br />

Kleine Reihe; Bd. 4)<br />

Recht und Internet. 6. „Deutsch-Schwedisches Juristentreffen“ vom 31.<br />

März bis 2. April 2000 in Lund. Gerhard Hohloch (Hrsg.). – Baden-<br />

Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 175 S. (Arbeiten zur Rechtsvergleichung:<br />

Schriftenreihe der Gesellschaft für Rechtsvergleichung; Bd. 197)<br />

Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung. Tendenzen der<br />

Rechtsentwicklung in Deutschland und Japan zur Jahrhundertwende.<br />

(Tagung), Toin-Univ. Yokohama, 4. – 6. Oktober 2000. Hrsg. von<br />

Zentaro Kitagawa ... . – Tübingen: Mohr Siebeck, <strong>2001</strong>. VIII, 350 S.<br />

Roggemann, Herwig: Die internationalen Strafgerichtshöfe. Einführung,<br />

Rechtsgrundlagen, Dokumente. 2., neubearb. und erw.<br />

Aufl. – Berlin: Berlin Verl., 1998. 420 S.<br />

Erg.Bd.: Das Statut von Rom für den Ständigen Internationalen<br />

Strafgerichtshof (ICC). Mit einer Einf. 1998. 102 S.<br />

Roggemann, Herwig: Internationales Strafrecht. Studienmaterialien zur<br />

Einführung. 2., neubearb. und erw. Aufl. – Berlin 2000. 171 S. (Arbeitspapiere<br />

des Osteuropa-Instituts der Freien Universität Berlin; 2000,1)


Roggemann, Herwig: The problem of legality and the limits of a sub<br />

poena duces tecum decision in the Blasˇić-Case. – In: Zbornik Radova<br />

Pravnog Fakulteta u Splitu. 49/50,1/2. 1998. S. 17–40.<br />

Roggemann, Herwig: Der Ständige Internationale Strafgerichtshof<br />

und das Statut von Rom. – In: Neue Justiz. 1998. S. 505–509.<br />

Schlechtriem, Peter: Restitution und Bereicherungsausgleich in<br />

Europa. Eine rechtsvergleichende Darstellung. – Tübingen: Mohr<br />

Siebeck, 2000.<br />

Bd. 1. 2000. XL, 899 S.<br />

Bd. 2. <strong>2001</strong>. XXIV, 492 S.<br />

Schlosser, Peter F.: Common law undertakings aus deutscher Sicht.<br />

– In: Recht der Internationalen Wirtschaft; 47,2. <strong>2001</strong>. S. 81–93.<br />

Schoch, Friedrich; Michael Kloepfer; unter Mitw. von Hansjürgen<br />

Garstka: Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE). Entwurf eines<br />

Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. –<br />

Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 342 S. (Beiträge zum Informationsrecht;<br />

Bd. 1)<br />

Umbach, Gaby: Sprache und Recht in der Europäischen Union. Juristen<br />

und Sprachwissenschaftler im Dialog. – In: Kölner Universitätsjournal.<br />

32,2. <strong>2002</strong>. S. 59/60.<br />

United Nations sanctions and international law. Ed. by Vera Gowlland-Debbas.<br />

With the ass. of Mariano Garcia Rubio and Hassiba<br />

Hadj-Sahraoui. The Graduate Institute of International Studies. –<br />

The Hague etc.: Kluwer, <strong>2001</strong>. XIV, 408 S. (The Graduate Institute of<br />

International Studies; Vol. 1)<br />

Wege zum Europäischen Recht. 7. Deutsch-Schwedisches Juristentreffen“<br />

(„20 Jahre Deutsch-Schwedische Juristentreffen“) vom<br />

25. bis 27. April [<strong>2002</strong>] in Freiburg i. Br. Gerhard Hohloch [Hrsg.]. –<br />

Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. 117 S.<br />

(Arbeiten zur Rechtsvergleichung/Schriftenreihe der Gesellschaft<br />

für Rechtsvergleichung Bd. 203)<br />

Politikwissenschaft (auch internat. Beziehungen)<br />

ANHANG 348<br />

Abdelnasser, Gamal: Political change in Egypt. The parliamentary<br />

elections of 2000 and horizons of reform. – Berlin: <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft<br />

und Politik, <strong>2001</strong>. 25 S. (SWP-Studie)<br />

Adams, Willi Paul: Amerikastudien in der Bundesrepublik. – In: Die<br />

USA und Deutschland im Zeitalter des Kalten Krieges 1945–1900.<br />

Hrsg.: Detlef Junker. Bd. 2. 1968–1990. <strong>2001</strong>. S. 451–465.<br />

Afghanistan – a country without a state? Christine Noelle-Karimi;<br />

Conrad Schetter; Reinhard Schlagintweit (eds.). – Frankfurt a. M.:<br />

IKO-Verl. für Interkulturelle Kommunikation, <strong>2002</strong>. XIII, 241 S.<br />

(Schriftenreihe der Mediothek für Afghanistan; Bd. 2)


349<br />

ANHANG<br />

Bannwart, Aino: A German view of the role of the EU and Nato in<br />

Baltic Security. – In: NATO, the EU and Northern European Security.<br />

Young Baltic perspectives. Conference report. Hrsg.: Karoliina<br />

Honkanen; Tomas Ries. Helsinki <strong>2001</strong>. S. 19–21.<br />

Berndt, Uwe: Sprache als Integrationsmittel. Das Praxisbeispiel der<br />

Niederlande. – In: Zeitschrift des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung<br />

(DIE): Themenheft „Zuwanderung“. <strong>2002</strong>, Sept.<br />

Berndt, Uwe: Das strenge und das gütige Gesicht von Frau Antje.<br />

Die Niederlande fahren in der Zuwanderungspolitik mit dem<br />

Modell des Gebens und Nehmens nicht schlecht. – In: Frankfurter<br />

Rundschau. Nr. 15, 18. 05. <strong>2001</strong>. S. 16 (Dokumentation)<br />

The Birth of a European Constitutional Order. The interaction of<br />

National and European Constitutional Law. Jürgen Schwarze (ed.). –<br />

Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 568 S. (Schriftenreihe<br />

Europäisches Recht, Politik und Wirtschaft; Bd. 249)<br />

Bouzas y Hernán Soltz, Roberto: Instituciones y mecanismos de decisión<br />

en procesos de integración asimétricos. El caso MERCOSUR. –<br />

Hamburg: IIK, <strong>2002</strong>. 46 S. (Arbeitspapiere – Institut für Iberoamerika-Kunde;<br />

<strong>2002</strong>,1)<br />

Der Bundesrat in Deutschland und Österreich. Hrsg. von Detlef<br />

Merten. – Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2001</strong>. 184 S. (Schriftenreihe<br />

der Hochschule Speyer; Bd. 143)<br />

Delhey, Jan: Die Entwicklung der Lebensqualität nach dem EU-Beitritt.<br />

Lehren für die Beitrittskandidaten aus früheren Erweiterungen.<br />

– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 1–2. <strong>2002</strong>. S. 31–38.<br />

Delhey, Jan, et al.: The Euromodule. A new instrument for comparative<br />

welfare research. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin<br />

für Sozialforschung/WZB: Arbeitspapier; FS III 01–401)<br />

Delhey, Jan: Korruption in Bewerberländern zur Europäischen<br />

Union. Institutionenqualität und Korruption in vergleichender Perspektive.<br />

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. – Berlin:<br />

WZB, <strong>2002</strong>. 32 S. (WZB Forschungsschwerpunkt Sozialer Wandel,<br />

Institutionen und Vermittlungsprozesse; FS III 02–401)<br />

Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />

Lessons for the accession countries to the European Union from previous<br />

enlargements. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin für<br />

Sozialforschung (WZB): Arbeitspapier; FS III 01–403)<br />

Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />

Lessons for the accession countries to the European Union from previous<br />

enlargements. – In: Social Indicators Research. 56. <strong>2001</strong>.<br />

S. 205–231.


ANHANG 350<br />

Delhey, Jan, et al.: Quality of life in a European perspective. The<br />

Euromodule as a new instrument for comparative welfare research.<br />

– In: Social Indicators Research. 58,1. <strong>2002</strong>. S. 161–176.<br />

EU enlargement and beyond. The Baltic States and Russia. Helmut<br />

Hubel with the assistance of ... – Berlin: Berlin Verl.; Spitz, <strong>2002</strong>.<br />

XVIII, 469 S. (Nordeuropäische Studien; Bd. 18)<br />

Evaluation of legislation. Proceedings of the Fourth Congress of the<br />

European Association of Legilation (EAL) in Warsaw (Poland), June<br />

15th – 16th, 2000. Ulrich Karpen (ed.). – Baden-Baden: Nomos Verl.-<br />

Ges., <strong>2002</strong>. 252 S. (European Association of Legislation (EAL); Bd. 6)<br />

Frieden und Sicherheit in (Südost-)Europa. EU-Beitritt, Stabilitätspakt<br />

und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />

Beiträge zu einer internationalen Konferenz des Jean Monnet-Lehrstuhls<br />

der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg in Koop. mit der<br />

Südosteuropa-Gesellschaft vom 27. bis 29. November 2000 Hrsg.<br />

von Heinz-Jürgen Axt; Christoph Rohloff. Südosteuropa-Gesellschaft.<br />

– München, <strong>2001</strong>. 436 S. (Südosteuropa-Studien; Bd. 70)<br />

Fröhlich, Stefan: „Auf den Kanzler kommt es an“. Helmut Kohl und<br />

die deutsche Außenpolitik. Persönliches Regiment und Regierungshandeln<br />

vom Amtsantritt bis zur Wiedervereinigung. – Paderborn<br />

usw.: Schöningh, <strong>2001</strong>. 311 S.<br />

Gänzle, Stefan, und Aino Bannwart: Laboratorium Ostsee-Region.<br />

Die Europäische Union (EU), die baltischen Staaten und die Russische<br />

Föderation. – In: WeltTrends. 30.<strong>2001</strong>. S. 202–204.<br />

Hönicke, Michaela: Absichten und Ambivalenzen in der amerikanischen<br />

Europapolitik. – In: Die euro-atlantischen Beziehungen im<br />

Spannungsfeld von Regionalisierung und Globalisierung. Hrsg.:<br />

Reinhard C. Meier-Walser; Susanne Luther. München <strong>2001</strong>.<br />

Hönicke, Michaela: USA – innenpolitische Unversöhnlichkeiten und<br />

außenpolitische Handlungsfähigkeit. – In: Jahrbuch Internationale<br />

Politik. 1999–2000. München <strong>2001</strong>.<br />

Hubel, Helmut; Stefan Gänzle: The Council of the Baltic Sea States<br />

(CBSS) as a subregional organisation for „Soft Security Management“<br />

in the North-East of Europe. Studie im Auftr. des Ausw.<br />

Amtes der BRD für die Mitgliedstaaten des Ostseerates (CBSS) anl.<br />

des 10. Ministerratstreffens am 7. 6. <strong>2001</strong> in Hamburg. Mai <strong>2001</strong>.<br />

Hubel, Helmut; Stefan Gänzle: Der Ostseerat. Neue Funktionen<br />

subregionaler Zusammenarbeit im Kontext der EU-Osterweiterung.<br />

– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 19–20/<strong>2002</strong>. S. 3–11.<br />

Hubel, Helmut: Die Ostsee-Subregion. Laboratorium der künftigen<br />

Ordnung Europas. – In: Internationale Politik. 57,10. <strong>2002</strong>. S. 33–40.


351<br />

ANHANG<br />

Hubel, Helmut; Stefan Gänzle: Soft security risks in the region and<br />

the role of the CBSS. Council of the Baltic Sea States/CBSS. – In:<br />

CBSS expert analysis. <strong>2001</strong>. Umschlags.<br />

Ibrahim, Waleed: Der rechtliche Status der Westbank und des Gaza-<br />

Streifens unter Berücksichtigung neuerer Entwicklungen : eine völkerrechtliche<br />

Studie. – Jerash/Jordanien: Univ., Fak. of Law, <strong>2002</strong>.<br />

59 Bl.<br />

Ibrahim, Waleed: Die rechtlichen und faktischen Vorausetzungen<br />

eines zu bildenden palästinensischen Staates. Eine völkerrechtliche<br />

Studie. – Jerash/Jordanien: Univ., Fak. of Law, 1999. II, 50 Bl.<br />

Investitionen ohne Grenzen. Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehr<br />

in der gesamteuropäischen Rechtspraxis. Ausgewählte Beiträge<br />

des ersten Symposiums der Veranstaltungsreihe EUROPE<br />

BEYOND THE UNION vom 7. – 10. 10. 1999 in Berlin. Chris Mögelin<br />

[Hrsg.]. – Frankfurt a. M. usw.: Lang, <strong>2001</strong>. VI, 122 S.<br />

Klenner, Wolfgang; Hisashi Watanabe [eds.]: Globalization and<br />

regional dynamics. East Asia and the European Union from the<br />

Japanese and the German perspective. – Berlin etc.: Springer, <strong>2002</strong>.<br />

X, 253 S.;13 fig.; 51 tab.<br />

Konzepte politischen Handelns. Kreativität – Innovation – Praxen.<br />

Harald Bluhm; Jürgen Gebhardt [Hrsg.]. – Baden-Baden: Nomos<br />

Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 336 S. (Schriftenreihe der Sektion Politische Theorien<br />

und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische<br />

Wissenschaft; Bd. 1)<br />

Lithuanias’s Seimas election 1996. The third turnover. Analyses,<br />

documents and data. Algis Krupavičius (ed.). Wissenschaftszentrum<br />

Berlin für Sozialforschung. – Berlin: Ed. Sigma, <strong>2001</strong>. 365 S. (Founding<br />

elections in Eastern Europe)<br />

Managing asymmetric interdependencies within the Euro-Mediterranean<br />

partnership. Felix Maier [ed.]. Zentrum für Europäische Integrationsforschung.<br />

– Bonn: ZEI, <strong>2002</strong>. 42 S. (ZEI Discussion Paper; C<br />

101/<strong>2002</strong>)<br />

Manóvil, Rafael M.: Forum Europaeum sobre derecho de grupos.<br />

Algunas de sus propuestas vistas desde la perspectiva sudamericana.<br />

– In: Aufbruch nach Europa: 75 Jahre Max-Planck-Institut für<br />

Privatrecht. Tübingen <strong>2001</strong>. S. 215–228.<br />

Marx Ferree, Myra; William Anthony Gamson; Jürgen Gerhards;<br />

Dieter Rucht: Abortion talk in Germany and the united states. Why<br />

rights explanations are wrong. – In: Contexts. 1,2. <strong>2002</strong>. S. 27–33.<br />

Marx Ferree, Myra; William Anthony Gamson; Jürgen Gerhards;<br />

Dieter Rucht: Four models of the public sphere in modern. – In:<br />

Theory and Society. 31. <strong>2002</strong>. S. 289–324.


ANHANG 352<br />

Marx Ferree, Myra; William Anthony Gamson; Jürgen Gerhards;<br />

Dieter Rucht: Shaping abortion discourse. Democracy and the public<br />

sphere in Germany and the United States. – Cambridge: Univ. Pr.,<br />

<strong>2002</strong>. XX, 350 S. (Communcation, society and politics)<br />

Meiers, Franz-Josef: Deutschland. Der dreifache Spagat. – In: Vierteljahresschrift<br />

für Sicherheit und Frieden. 19,2. <strong>2001</strong>. S. 62–68. – In:<br />

Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Hrsg.: Hans-<br />

Georg Ehrhart. Baden-Baden <strong>2002</strong>. S. 35–48.<br />

Meiers, Franz-Josef: Die gemeinsame europäische Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik als Zankapfel zwischen den USA und Europa.<br />

– In: Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik <strong>2001</strong>. Hrsg.: Erich<br />

Reiter. Hamburg usw. <strong>2001</strong>. S. 433–452.<br />

Meiers, Franz-Josef: The reform of the Bundeswehr. Adaption or<br />

fundamental renewal?. – In: European Security. 10, 3. <strong>2001</strong>. S. 1–22.<br />

Meiers, Franz-Josef: La réforme de la Bundeswehr. Adaption ou<br />

rénovation intégrale? – <strong>2001</strong>. 44 S. (Les Notes de l’ifri; No. 35)<br />

Meiers, Franz-Josef: Was zählt und wer zählt? Die Transatlantischen<br />

Beziehungen nach dem 11. September. – In: Europäische Sicherheit.<br />

51,8. <strong>2002</strong>.<br />

La Naissance d’un ordre constitutionnel européen. L’interaction du<br />

droit constitutionnel national et européen. Jürgen Schwarze [éd.]. –<br />

Baden-Baden; Bruxelles: Nomos Verl.-Ges.; Bruylant, <strong>2001</strong>. 572 S.<br />

(Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik und Wirtschaft; Bd. 248)<br />

Ortiz Mena, Antonio: La solución ce controversias en el TLCAN : un<br />

esbozo sobre su desempeño y retos. – Hamburg: IIK, <strong>2002</strong>. 33 S.<br />

(Arbeitspapiere – Institut für Iberoamerika-Kunde; <strong>2002</strong>,2)<br />

Patzelt, Werner J.: Seiteneinsteiger, Neulinge, Ossis ... . Die Integration<br />

ostdeutscher Abgeordneter in ‘gesamtdeutsche’ Parlamente. –<br />

In: Zeitschrift für Parlamentsfragen. 31. 2000. S. 543–568.<br />

Patzelt, Werner J.: Professionalisierung und Bürgernähe. Entwicklungstrends<br />

im Amtsverständnis und in der Amtsführung ostdeutscher<br />

Parlamentarier. – In: Aufbau und Leistung des Parlamentarismus<br />

in den neuen Bundesländern. Hrsg.: Christine Lieberknecht;<br />

Heinrich Oberreuter. Darmstadt <strong>2001</strong>. S. 56–76.<br />

Politische Steuerung in Theorie und Praxis. Hans-Peter Burth; Axel<br />

Görlitz (Hrsg.). – Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 435 S.<br />

(Schriften zur Rechtspolitologie; Bd. 12)<br />

Reformen in Japan. Friederike Bosse und Patrick Köllner (Hrsg.).<br />

Institut für Asienkunde Hamburg. – Hamburg <strong>2001</strong>. X, 306 S. (Mitteilungen<br />

des Instituts für Asienkunde Hamburg; Nr. 337)


353<br />

ANHANG<br />

The Rules of integration. Institutionalist approaches to the study of<br />

Europe. Ed. by Gerald Schneider and Mark Aspinwall. – Manchester;<br />

New York: Manchester Univ. Pr., <strong>2001</strong>. XII, 217 S. (European<br />

Policy Research Unit Series)<br />

Sberro, Stephan: TLCAN. Una convergencia inesperada con el<br />

modelo de la Unión Europea. – Hamburg, <strong>2002</strong>. 26 S. (Arbeitspapiere<br />

– Institut für Iberoamerika-Kunde; <strong>2002</strong>,3)<br />

Schabert, Tilo: Wie Weltgeschichte gemacht wird. Frankreich und<br />

die deutsche Einheit. – Stuttgart: Klett-Cotta, <strong>2002</strong>. 592 S.<br />

Schild, Georg: Die bedrohte Supermacht. Die Außen- und Sicherheitspolitik<br />

der USA nach dem Ende des Kalten Krieges. Hrsg.:<br />

Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Berlin. – Opladen:<br />

Leske + Budrich, <strong>2002</strong>. 157 S. (Berliner Schriften zur Internationalen<br />

Politik)<br />

Schubert, Hans-Joachim: Demokratie in der Kleinstadt. Eine empirische<br />

Studie zur Motivation lokalpolitischen Handelns. – Wiesbaden:<br />

Westdt. Verl., <strong>2002</strong>. 384 S.<br />

Schumann, Siegfried: Persönlichkeitsbedingte Einstellungen zu Parteien.<br />

Der Einfluß von Persönlichkeitseigenschaften auf Einstellungen<br />

zu politischen Parteien. – München; Wien: Oldenbourg, <strong>2001</strong>.<br />

VIII, 435 S. (Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft)<br />

Slovenia between continuity and change, 1990–1997. Analyses,<br />

documents and data. Niko Tosˇ, Miheljak Vlado [eds.]; Wissenschaftszentrum<br />

Berlin für Sozialforschung. – Berlin: Ed. Sigma, <strong>2002</strong>.<br />

242 S. (Founding elections in Eastern Europe)<br />

Südamerika zwischen US-amerikanischer Hegemonie und brasilianischem<br />

Führungsanspruch. Konkurenz und Kongruenz der Integrationsprozesse<br />

in den Amerikas. [Hrsg.]: Gilberto Calcagnotto; Detlef<br />

Nolte. Institut für Iberoamerika-Kunde, Hamburg. – Frankfurt a.M.:<br />

Vervuert, <strong>2002</strong>. 281 S. (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-<br />

Kunde, Hamburg; Bd. 56)<br />

Vetter, Angelika: Local political competence in Europe. A resource<br />

of legitimacy for higher levels of government? – In: International<br />

Journal of Public Opinion Research. 14,1. <strong>2002</strong>. S. 3–18.<br />

Vetter, Angelika: Lokale Politik als Ressource der Demokratie in<br />

Europa? Lokale Autonomie, lokale Strukturen und die Einstellungen<br />

der Bürger zur lokalen Politik. – Opladen: Leske + Budrich, <strong>2002</strong>.<br />

XVII, 265 S. (Städte und Regionen in Europa; Bd. 10)<br />

Werenfels, Isabelle: Algerien nach den Parlamentswahlen. <strong>Stiftung</strong><br />

Wissenschaft und Politik. – Berlin: SWP, <strong>2002</strong>. 8 S. (SWP-Aktuell; 19)


Zapf, Wolfgang; Jan Delhey: Deutschland und die vierte EU-Erweiterung.<br />

– In: Lebenszeiten. Erkundigungen zur Soziologie der Generationen.<br />

Hrsg.: Günter Burkart; Jürgen Wolf. Opladen <strong>2002</strong>.<br />

S. 359–371.<br />

Zehn Jahre Deutsche Einheit. Hrsg. von Klaus Stern. Arbeitskreis<br />

Staats- und Verfassungsrecht. – Köln usw.: Heymanns, <strong>2001</strong>. XI,<br />

187 S. (Deutsche Wiedervereinigung: Die Rechtseinheit; Bd. 5)<br />

Zwischen Demokratie und Diktatur. Zur Konzeption und Empirie<br />

demokratischer Grauzonen. Petra Bendel; Aurel Croissant; Friedbert<br />

W. Rüb [Hrsg.]. – Opladen: Opladen: Leske + Budrich, <strong>2002</strong>. 359 S.<br />

Soziologie<br />

ANHANG 354<br />

Alber, Jens: Die Debatte um das rechte Verhältnis von Arbeitsmarkt<br />

und Sozialstaat. Eine Einführung – In: Zeitschrift für Sozialreform.<br />

47. <strong>2001</strong>. S. 293–309.<br />

Andreß, Hans-Jürgen; Thorsten Heien; Dirk Hofäcker: Wozu brauchen<br />

wir noch den Sozialstaat? Der deutsche Sozialstaat im Urteil<br />

seiner Bürger. – Wiesbaden: Westdt. Verl., <strong>2001</strong>. 206 S.<br />

Andreß, Hans-Jürgen, und Thorsten Heien: Zerfällt der wohlfahrtstaatliche<br />

Konsens? Einstellungen zum Wohlfahrtsstaat im zeitlichen<br />

Wandel. – In: Sozialer Fortschritt. <strong>2001</strong>,7. S. 169–175.<br />

Erwerbslosigkeit. Ursachen, Auswirkungen und Interventionen.<br />

Jeannette Zempel; Johann Bacher; Klaus Moser (Hrsg.). – Opladen:<br />

Leske + Budrich, <strong>2001</strong>. 447 S. (Psychologie sozialer Ungleichheit;<br />

Bd. 12)<br />

Hausmann, Guido, und Manfred Hettling: Civil society. – In: Encyclopedia<br />

of European Social History from 1350 to 2000. Vol. 2.<br />

Detroit etc. <strong>2001</strong>. S. 489–498.<br />

Heien, Thorsten: Wohlfahrtsansprüche in Europa. Ausgangspunkt<br />

oder Hindernis auf dem Weg zu einer Sozialunion? Abschlußbericht<br />

des Projektes „Einstellungen zum Wohlfahrtsstaat im europäischen<br />

Vergleich“ (EWV). – Bielefeld: Universität, Fakultät für Soziologie,<br />

<strong>2001</strong>. 225 S.<br />

Hundt, Irina: Die Edition der Tagebücher von Louise Otto-Peters im<br />

Lichte der Publikationstraditionen des ADF/DStV. – In: Zwischen<br />

Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />

Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von Irina<br />

Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />

Berlin <strong>2002</strong>. S. 85–93.<br />

Kontinuität und Wandel der Familie in Deutschland. Eine zeitgeschichtliche<br />

Analyse. Hrsg. von Rosemarie Nave-Herz. – Stuttgart:<br />

Lucius & Lucius, <strong>2002</strong>. VII, 342 S. (Der Mensch als soziales und personales<br />

Wesen; Bd. 19)


355<br />

ANHANG<br />

Luhmanns Funktionssysteme in der Diskussion. Tagungsband der 1.<br />

Luhmann-Gedächtnistagung in Budapest, 15.–16. September 2000.<br />

Jenö Bango; András Karácsony (Hrsg.). Mit einem Vorw. von Dirk<br />

Baecker. – Heidelberg: Verl. für Systemische Forschung im Carl-<br />

Auer-Systeme Verl., <strong>2001</strong>. 120 S.<br />

Migrationsforschung und Interkulturelle Studien. Zehn Jahre IMIS.<br />

Hrsg. von Jochen Oltmer. Institut für Migrationsforschung und<br />

Interkulturelle Studien / IMIS. – Osnabrück: Rasch, <strong>2002</strong>. 377 S.<br />

(Schriften des Instituts für Migrationsforschung und interkulturelle<br />

Studien (IMIS) der Universität Osnabrück – IMIS Schriften; Bd. 11)<br />

Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland. Hrsg.: Institut für Länderkunde,<br />

Leipzig. [Projektleiter: Mayr, Alois]. – Heidelberg; Berlin:<br />

Spektrum Akademischer Verl.<br />

Bd. 5. Dörfer und Städte. <strong>2002</strong>. 194 S.<br />

Bd. 6. Bildung und Kultur. <strong>2002</strong>. 182 S. [auch als CD-ROM]<br />

Populäre Kultur als repräsentative Kultur. Die Herausforderung der<br />

Cultural Studies. Udo Göttlich; Clemens Albrecht; Winfried Gebhardt<br />

[Hrsg.]. – Köln: von Halem, <strong>2002</strong>. 308 S. (Fiktion und Fiktionalisierung;<br />

Bd. 6)<br />

Reden von Gewalt. Hrsg. von Kristin Platt. – München: Fink, <strong>2002</strong>.<br />

386 S. (Genozid und Gedächtnis)<br />

Rothenbacher, Franz: The public service and social protection in<br />

Europe. A comparative research project. – In: EURODATA Newsletter.<br />

14/15. Autumn/Spring. <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>. S. 1–9.<br />

Schötz, Susanne: Zur Entstehungsgeschichte des Allgemeinen deutschen<br />

Frauenvereins vor 135 Jahren in Leipzig. – In: Zwischen Tradition<br />

und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen Kontinuität<br />

und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von Irina Hundt<br />

und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband. Berlin<br />

<strong>2002</strong>. S. 11–33.<br />

Schreyögg, Jonas: Finanzierung des Gesundheitssystems durch<br />

„Medical Savings Account“. – In: List Forum für Wirtschafts- und<br />

Finanzpolitik. 28. <strong>2002</strong>. S. 157–173.<br />

Schreyögg, Jonas: Medical savings accounts als Instrument zur<br />

Reduktion von moral hazard Verlusten bei der Absicherung des<br />

Krankheitsrisikos. TU Berlin, Wirtschaftswissenschaftliche Dokumentation,<br />

Fak. VIII. – Berlin: Technische Universität, <strong>2002</strong>. 24 Bl.<br />

(Diskussionspapier/Technische Universität Berlin; <strong>2002</strong>,5)<br />

Theorie der Politik. Niklas Luhmanns politische Soziologie. Hrsg. von<br />

Kai-Uwe Hellmann und Rainer Schmalz-Bruns. – Frankfurt a. M.:<br />

Suhrkamp, <strong>2002</strong>. 319 S. (suhrkamp taschenbuch Wissenschaft; 1583)


Ethnologie<br />

Mallebrein, Cornelia: Living gods on earth. Exhibition: Indian folk<br />

and tribal traditions. – In: German News. 43, Febr. <strong>2002</strong>. S. 17/18.<br />

Mallebrein, Cornelia: Living gods on earth. Indian folk and tribal<br />

traditions. Exhibition of photographs. – New Delhi: Archana, <strong>2002</strong>.<br />

22 S.<br />

Medizin und Naturwissenschaften<br />

ANHANG 356<br />

Abicht, Angela, et al.: A newly identified chromosomal microdeletion<br />

and an N-box mutation of the AChRε gene cause a congenital<br />

myasthenic syndrome. In: Brain. 125. <strong>2002</strong>. S. 1005–1013.<br />

Ahrens, Wilhelm: Scherz und Ernst in der Mathematik. Geflügelte<br />

und ungeflügelte Worte. Nachdr. der Ausg. Leipzig 1904. Mit einer<br />

Einl. hrsg. von Jochen Brüning. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann,<br />

<strong>2002</strong>. X, 522 S. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Mathematik<br />

und Astronomie)<br />

Aigner, Ludwig, et al.: Isolated lissencephaly sequence and doublecortex<br />

syndrome in a German family with a novel doublecortin<br />

mutation. – In: Neuropediatrics. 31. 2000. S. 195–198.<br />

Bayer, Thomas A., et al.: Key factors in Alzheimer’s disease. �-amyloid<br />

precursor protein processing, metabolism and intraneuronal<br />

transport. – In: Brain Pathology. 11. <strong>2001</strong>. S. 1–11.<br />

Becker, Lore, et al.: Disease-specific human glycine receptor α 1 subunit<br />

causes hyperekplexia phenotype and impaired glycine- and<br />

GABA A-receptor transmission in transgenic mice. – In: The Journal<br />

of Neuroscience. 22. <strong>2002</strong>. S. 2505–2512.<br />

Biniszkiewicz, Detlev, et al.: Dnmt1 overexpression causes genomic<br />

hypermethylation, loss of imprinting, and embryonic lethality. – In:<br />

Molecular and Cellular Biology. 22. <strong>2002</strong>. S. 2124–2135.<br />

Brandt, Thomas: Modelling brain function: the vestibulo-ocular<br />

reflex. – In: Current Opinion in Neurology. 14. <strong>2001</strong>. S. 1–4.<br />

Brocke, Katja S., et al.: The human intronless melanocortin 4-receptor<br />

gene is NMD insensitive. – In: Human Molecular Genetics. 11.<br />

<strong>2002</strong>. S. 331–335.<br />

Cahana, A., et al.: LIS1 homodimerization and brain development. –<br />

In: Proc Natl Acad Sci USA. 98. <strong>2001</strong>. S. 6429–6434.<br />

Couillard-Despres, S. et al.: Molecular mechanisms of neuronal<br />

migration disorder, quo vadis? – In: Current Molecular Medicine. 1.<br />

<strong>2001</strong>. S. 677–688.


357<br />

ANHANG<br />

Dalski, Andreas, et al.: Genomic organization of the human NFAT5<br />

gene : exon-intron structure of the 14-kb transcript and CpG-island<br />

analysis of the promoter region. – In: Cytogenetics and Cell Genetics.<br />

93. <strong>2001</strong>. S. 239–241.<br />

Danckwardt, S., et al.: Abnormally spliced �-globin mRNAs. A single<br />

point mutation generates transcripts sensitive and insensitive to<br />

nonsense-mediated mRNA decay. 99. <strong>2002</strong>. S. 1811–1815.<br />

Dono, Rosanna et. al.: FGF2 signaling is required for the development<br />

of neuronal circuits regulating blood pressure. – In: Circulation<br />

Research. 11/25. <strong>2002</strong>. S. 1–6.<br />

Endris, Volker, et al.: The novel Rho-GTPase activating gene<br />

MEGAP/srGAP3 has a putative role in severe mental retardation. –<br />

In: PNAS. 99. <strong>2002</strong>. S. 11754–11759.<br />

Fuchshuber, Arno, et al.: Refinement of the gene locus for autosomal<br />

dominant medullary cystic kidney disease type 1 (MCKD1) and construction<br />

of a physical and partial transcriptional map of the region.<br />

– In: Genomics. 72. <strong>2001</strong>. S. 278–284.<br />

Gall, Franz Joseph, und Johann Kaspar Spurzheim: Untersuchungen<br />

ueber die Anatomie des Nervensystems ueberhaupt, und des<br />

Gehirns insbesondere. Ein dem franzoesischen Institute ueberreichtes<br />

Mémoire. Nebst dem Berichte der H.H. Commissaire des Institutes<br />

und den Bemerkungen der Verfasser über diesen Bericht. Nachdr.<br />

der Ausg. Paris und Strasburg 1809. Mit einer Einl. hrsg. von<br />

Sigrid Oehler-Klein. – Hildesheim usw.: Olms, <strong>2001</strong>. LXXX, 467 S.<br />

(Historia Scientiarum: Fachgebiet Biowissenschaften)<br />

Gehring, Niels H., et al.: Increased efficiency of mRNA 3’ end formation.<br />

A new genetic mechanism contributing to hereditary thrombophilia.<br />

– In: Nature Genetics. 28. <strong>2001</strong>. S. 389–392.<br />

Ghenea, Simona, et al.: The cDNA sequence and expression of the<br />

AAA-family peroxin genes pex-1 and pex-6 from the nematode Caenorhabditis<br />

elegans. – In. Zoological Science. 18. <strong>2001</strong>. S. 675–681.<br />

Glasauer, Stefan, et al.: Central positional nystagmus simulated by a<br />

mathematical ocular motor model of otolith-dependent modification<br />

of listing’s plane. – In: J Neurophysiol. 86. <strong>2001</strong>. S. 1546–1554.<br />

Glasauer, Stefan: Modeling neural control of the orientation of<br />

listing’s plane. – In: Soc Neurosci Abstr. 27, Program No. 71.92.<br />

<strong>2001</strong>.<br />

Hellenbroich, York, et al.: Limited somatic mosaicism for Friedreich’s<br />

ataxia GAA triplet repeat expansions identifies by small<br />

pool PCR in blood leukocytes. – In: Acta Neurol Scand. 103. <strong>2001</strong>.<br />

S. 188–192.


ANHANG 358<br />

Helmholtz, Hermann von: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Jochen<br />

Brüning. – Hildesheim: usw. Olms. (Historia Scientiarum: Fachgebiet<br />

Kulturwissenschaften, Physik, Mathematik, Biowissenschaften)<br />

Bd. 4. Vorlesungen über theoretische Physik<br />

Bd. 1.1. Einleitung zu den Vorlesungen über theoretische Physik /<br />

Bd. 1.2. Die Dynamik discreter Massenpunkte. Nachdr. der<br />

Ausg. Leipzig, Barth, 1903, 1898. <strong>2002</strong>. 380 S.<br />

Bd. 2.1. Dynamik continuierlich verbreiterter Massen / Bd. 2.2.<br />

Die mathematischen Principien der Akustik. Nachdr. der Ausg.<br />

Leipzig, Barth, 1902, 1898. VIII, 256 S.<br />

Bd. 3. Elektrodynamik und Theorie des Magnetismus. Nachdr.<br />

der Ausg. Leipzig, Barth, 1907. X, 406 S.<br />

Bd. 4. Elektromagnetische Theorie des Lichts. Nachdr. der Ausg.<br />

Hamburg, Leipzig, Voss, 1897. XII, 370 S.<br />

Bd. 5. Theorie der Wärme. Nachdr. der Ausg. Leipzig, Barth,<br />

1903. XII, 419 S.<br />

Bd. 5. Vorträge und Reden. Nachdr. der 4. Aufl. Braunschweig,<br />

1896.<br />

Bd. 1. <strong>2002</strong>. XV,422 S.<br />

Bd. 2. <strong>2002</strong>. XII,434 S.<br />

Hindiyeh, Musa, et al.: Isolation and characterization of West Nile<br />

virus from the blood of viremic patients during the 2000 outbreak in<br />

Israel. – In: Emerging Infectious Diseases. 7. <strong>2001</strong>. S. 248–250.<br />

Horn, S., et al.: The inositol five-phosphatase SHIP is expressed as<br />

145 and 135 kDa proteins in blood and bone marrow cells in vivo,<br />

whereas carboxyl-truncated forms of SHIP are generated by proteolytic<br />

cleavage in vitro. – In: Leukemia. 15. <strong>2001</strong>. S. 112–120.<br />

Jucker, Mathias, et al.: Pathogenesis and mechanism of cerebral<br />

amyloidosis in APP transgenic mice. – In: Research and perspectives<br />

in Alzheimer’s diseases. Eds: Konrad Beyreuther et al. Heidelberg<br />

<strong>2001</strong>. S. 87–95.<br />

Karcagi, V., et al.: Congenital myasthenic syndrome in South-<br />

Eastern European Roma (gypsies). – In: Acta Myologica. 20. <strong>2001</strong>.<br />

S. 231–238.<br />

Kehlen, A., et al.: IL-1�- and IL-4-induced down-regulation of autotaxin<br />

mRNA and PC-1 in fibroblast-like synoviocytes of patients<br />

with rheumatoid arthritis (RA). – In: Clin Exp. Immunol. 123. <strong>2001</strong>.<br />

S. 147–154.<br />

Klein, Christine, et al.: Evaluation of the role of the D2 dopamine<br />

receptor in myoclonus dystonia. – In: Ann Neurol. 47. 2000. S.<br />

369–373.<br />

Klein, Christine: Myoclonus and myoclonus-dystonias. – In: Genetics<br />

of Movement Disorders. 25. <strong>2002</strong>. S. 449–469.


359<br />

ANHANG<br />

Kontou, Maria, et al.: Overexpressed thioredoxin compensates Fanconi<br />

anemia related chromosomal instability. – In: Oncogene. 21.<br />

<strong>2002</strong>. S. 2406–2412.<br />

Krahne, Roman, et al.: Fabrication of nanoscale gaps in integrated<br />

circuits. – In: Applied Physics Letters. 81. <strong>2002</strong>. S. 730–732.<br />

Kulozik, Andreas E.: Hemoglobin variants and the rarer hemoglobin<br />

disorders. – In: Pediatric Hematology. 2. ed. Ed. by John S. Lilleyman<br />

et al. <strong>2001</strong>. S. 231–256.<br />

Lorkowski, Stefan, et al.: Genomic sequence and structure of the<br />

human ABCG1 (ABC8) gene. – In: Biochemical and Biophysical<br />

Research Communications. 280. <strong>2001</strong>. S. 121–131.<br />

Lüers, Georg H., et al.: Genomic organization, chromosomal localization<br />

and tissue specific expression of the murine Pxmp2 gene<br />

encoding the 22 kDa peroxisomal membrane protein (Pmp22). – In:<br />

Gene. 272. <strong>2001</strong>. S. 45–50.<br />

Manthey, D., et al.: Intracellular domains of mouse connexin26 and<br />

–30 affect diffusional and electrical properties of gap junction channels.<br />

– In: Membrane Biology. 181. <strong>2001</strong>. S. 137–148.<br />

Maurer, B., et al.: Prevalence of Y chromosome microdeletions in<br />

infertile men who consulted a tertiary care medical centre: the<br />

Münster experience. – In: Andrologia. 33. <strong>2001</strong>. S. 27–33.<br />

Netzer, Christian, et al.: Interaction of the developmental regulator<br />

SALL1 with UBE2I and SUMO-1. – In: Biochemical and Biophysical<br />

Research Communications. 296. <strong>2002</strong>. S. 870–876.<br />

Netzer, Christian, et al.: SALL1, the gene mutated in Townes-Brocks<br />

syndrome, encodes a transcriptional repressor which interacts with<br />

TRF1/PIN2 and localizes to pericentromeric heterochromatin. – In:<br />

Human Molecular Genetics. 10. <strong>2001</strong>. S. 3017–3024.<br />

Neu-Yilik, Gabriele, et al.: Splicing and 3’ end formation in the definition<br />

of nonsense-mediated decay-competent human �-globin<br />

mRNPs. – In: The EMBO Journal. 20. <strong>2001</strong>. S. 532–540.<br />

Ohno, Kinji, et al.: A modified alignment of human and rodent 5’<br />

untranslated sequences of the acetylcholine receptor epsilon subunit<br />

gene reveals additional regions of high homology. – In: Neuromuscular<br />

Disorders. 10. 2000. S. 213/214.<br />

Prassolov, Vladimir, et al.: Functional identification of secondary<br />

mutations inducing autonomous growth in synergy with a truncated<br />

interleukin-3 receptor: implications for multi-step oncogenesis. – In:<br />

Experimental Hematology. 29. <strong>2001</strong>. S. 756–765.<br />

Quintana-Murci, L., et al.: The relationship between Y chromosome<br />

DNA haplotypes and Y chromosome deletions leading to male infertility.<br />

– In: Hum. Gen. 10. <strong>2001</strong>. S. 1–6.


ANHANG 360<br />

Reiss, J., et al.: A mutation in the gene for the neurotransmitter<br />

receptor-clustering protein gephyrin causes a novel form of molybdenum<br />

cofactor deficiency. – In: Am J Hum Genet. 68. <strong>2001</strong>.<br />

S. 208–213.<br />

Riecken, Bettina, et al.: No impact of repeated endoscopic screens on<br />

gastric cancer mortality in a prospectively followed chineses population<br />

at high risk. – In: Preventive Medicine. 34. <strong>2002</strong>. S. 22–28.<br />

Saunders-Pullman, R., et al.: Myoclonus dystonia. Possible association<br />

with obsessive-compulsive disorder and alcohol dependence. –<br />

In: Neurology. 58. <strong>2002</strong>. S. 242–245.<br />

Schell, T., et al.: Integration of splicing, transport and translocation<br />

to achieve mRNA quality control by decay pathway. – In: Genome<br />

Biology. 3. <strong>2002</strong>. 1006.1–1006.6.<br />

Schneider, Erich, et al.: Comparison of human ocular torsion patterns<br />

during natural and galvanic vestibular stimulation. – In: J Neurophysiol.<br />

87. <strong>2002</strong>. S. 2064–2073.<br />

Shmueli, O., et al.: DCX in PC12 cells. Downregulation of CREBmediated<br />

transcription. – In: Hum Mol Genet. 10. <strong>2001</strong>. S. 1061–1070.<br />

Shoichet, Sarah, A., et al.: Frataxin promotes antioxidant defense in a<br />

thiol-dependent manner resulting in diminished malignant transformation<br />

in vitro. – In: Human Molecular Genetics. 11. <strong>2002</strong>. S. 815–821.<br />

Taubert, Helge, et al.: Expression of cathepsin B, D and L protein in<br />

juvenile idiopathic arthritis. – In: Autoimmunity. 35. <strong>2002</strong>. S. 221–224.<br />

Taubert, Helge, et al.: The p53 status in juvenile chronic arthritis and<br />

rheumatoid arthritis. – In: Clin Exp Immunol. 123. <strong>2001</strong>. S. 147–154.<br />

Utech, Markus, et al.: Accumulation of RhoA, RhoB, RhoG, and Rac<br />

1 in fibroblasts from Tangier disease subjects suggests a regulatory<br />

role of Rho family proteins in cholesterol efflux. – In: Biochemical<br />

and Biophysical Research Communications. 280. <strong>2001</strong>. S. 229–236.<br />

Viedt, Christiane, et al.: Differential activation of mitogen-activated<br />

protein kinases in smooth muscle cells by angiotensin II : involvement<br />

of p22phox and reactive oxygen species et al. – In: Arteroscler<br />

Thromb Vasc Biol. 20. 2000. S. 940–948.<br />

Viedt, Christiane, et al.: MCP-1 induces inflammatory activation of<br />

human tubular epithelial cells : involvement of the transcription factors,<br />

nuclear factor-kB and activating protein-1. – In: J Am Soc<br />

Nephrol. 13. <strong>2002</strong>. S. 1534–1547.<br />

Viedt, Christiane, et al.: Monocyte chemoattractant protein-1 induces<br />

proliferation and interleukin-6 production in human smooth<br />

muscle cells by differential activation of nuclear factor-kB and<br />

activator protein-1. – In: Arterioscler Thromb Vasc Biol.22. <strong>2002</strong>.<br />

S. 914–920.


361<br />

ANHANG<br />

Walter, Claudia, et al.: Disorders of peroxisome biogenesis due to<br />

mutations in PEX1. Phenotypes and PEX1 protein levels. – In: Am J<br />

Hum Genet. 69. <strong>2001</strong>. S. 35–48.<br />

Winkler, David T., et al.: Spontaneous hemorrhagic stroke in a<br />

mouse model of cerebral amyloid angiopathy. – In: The Journal of<br />

Neuroscience. 21(5). <strong>2001</strong>. S. 1619–1627.<br />

Winkler, David T., et al.: Thrombolysis induces cerebral hemorrhage<br />

in a mouse model of cerebral amyloid angiopathy. – In: Annals of<br />

Neurology. 51. <strong>2002</strong>. S. 790–793.<br />

Wirths, Oliver, et al: Intraneuronal A� accumulation precedes plaque<br />

formation in �-amyloid precursor protein and presenilin-1 doubletransgenic<br />

mice. – In: Neuroscience Letters. 306. <strong>2001</strong>. S. 116–120)<br />

Wirths, Oliver, et al: Intraneuronal APP/A� trafficking and plaque<br />

formation in �-amyloid precursor protein and presenilin-1 transgenic<br />

mice. – In: Brain Pathol. 12. <strong>2002</strong>. S. 275–286.<br />

Wirths, Oliver, et al: Reelin in plaques of �-amyloid precursor protein<br />

and presenilin-1 double-transgenic mice. – In: Neuroscience<br />

Letters. 316. <strong>2001</strong>. S. 145–148.<br />

Yu, Fang, et al.: Methyl-CpG-binding protein 2 represses LINE-1<br />

expression and retrotransposition but not Alu transcription. – In:<br />

Nucleic Acids Research. 29. <strong>2001</strong>. S. 4493–4501.<br />

Zinn-Justin, Anne, et al.: Multipoint development of the weighted<br />

pairwise correlation (WPC) linkage method for pedigrees of arbitrary<br />

size and application to the analysis of breast cancer and alcoholism<br />

familial data. – In: Genetic Epidemiology. 21. <strong>2001</strong>. S. 40–52.<br />

Zühlke, Christine, et al.: Different types of repeat expansion in the<br />

TATA-binding protein gene are associated with a new form of inherited<br />

ataxia. – In: European Journal of Human Genetics. 9. <strong>2001</strong>.<br />

S. 160–164.<br />

Zühlke, Christine, et al.: Spinocerebellar ataxia type 1 (SCA1). Phenotype-genotype<br />

correlation studies in intermediate alleles. – In:<br />

European Journal of Human Genetics. 10. <strong>2002</strong>. S. 204–209.


363<br />

Register<br />

Das Register verzeichnet neben den Sachbegriffen auch die von der <strong>Stiftung</strong> im<br />

Berichtsjahr geförderten Institutionen. Die Ansetzung erfolgt mit Ausnahme der<br />

Archive, Bibliotheken und Museen (s. dort) sowie der als Abteilung, Fachbereich,<br />

Fakultät, Lehrstuhl, Professur oder Sektion ausgewiesenen Universitätsinstitute<br />

(s. Universität oder Fachhochschule) unter dem offiziellen Namen nach der<br />

gegebenen Wortfolge. Im Bericht werden auf den Seiten 279–309 weitere<br />

Bewilligungsempfänger genannt, die im Register nicht enthalten sind.<br />

Abtei Ottobeuren (1672 – 1803) 134 f.<br />

Ägypten<br />

– altägyptische Hieroglyphenschrift<br />

107 ff.<br />

– altägyptische Literatur 106 f.<br />

– altägyptisches Wörterbuch 106<br />

– Athribis (Gau Panopolites):<br />

Aufzeichnungen Johann Joachim<br />

Winckelmanns 104 f.<br />

– Ramses II: Staatsreligion und<br />

Volksfrömmigkeit 105<br />

Ägyptologisches Institut (Univ. Leipzig)<br />

105<br />

Ästhetische Moderne und Spiritismus:<br />

Berlin und München 164 f.<br />

Afrika: Erforschung von Geschlecht und<br />

Macht (19./20. Jh.) 60 f.<br />

Alexander von Humboldt-<strong>Stiftung</strong><br />

(Bonn) 275<br />

alpha-Sekretase: Alzheimer-Krankheit<br />

239 f.<br />

Alzheimer-Krankheit 239 f., 240 f.<br />

Amyloidablagerungen im zerebralen<br />

Gefäßsystem (CAA) 241 f.<br />

Anämie: Fanconi-Anämie 254 f.<br />

Anhalt-Dessau: Möbelbaukunst (vor<br />

1800) 120 f.<br />

Antidepressiva 242 f.<br />

Antike<br />

– Apollonia-Arsuf (Israel): römisches<br />

Landhaus 99 f.<br />

– Athribis (Ägypten): Aufzeichnungen<br />

Johann Joachim Winckelmanns 104 f.<br />

– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />

Domitian 88 ff.<br />

– Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />

Entwicklung (8. – 5. Jh. v. Chr.)<br />

92 ff.<br />

– Gemmensammlung Heinrich Dressel<br />

(Berlin) 103 f.<br />

– Horvat Mazad (Palästina):<br />

Ausgrabungen 98 f.<br />

– Ionien: Mykale-Survey 94 ff.<br />

– Kunst und Technik 109 f.<br />

– Maffei, Scipione: Skulpturensammlung<br />

126 f.<br />

– Palmyra (Syrien): vorrömischhellenistische<br />

Urbanistik 100 ff.<br />

– Portugal/Algarve: römische Villen<br />

97 f.<br />

– römischer Triumpfzug: Raum und<br />

Ritual 91 f.<br />

– Thugga (Tunesien): Ausgrabungen<br />

96 f.<br />

– Winckelmann, Johann Joachim 104 f.<br />

– Zafar/Jemen (jüdisch-himyarische<br />

Hauptstadt): Ausgrabungen 102 f.<br />

Antroposophie: Rudolf Steiner 35 ff.<br />

Apollonia-Arsuf (Israel): Ausgrabungen<br />

99 f.<br />

APP-Molekül: Alzheimer-Krankheit<br />

240 f.<br />

Arabische Länder: Elitenwechsel 229 f.<br />

Arbeitsmarkt<br />

– Arbeitsförderungsgesetz: Bundesrep.<br />

Deutschland (1969) 83 f.<br />

– Flexibilisierung: soziale Integration<br />

207 f.<br />

– Gesundheitsnachfrage und<br />

Humankapitalakkumulation 180 f.<br />

– Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg:<br />

Deutschland/Frankreich 176 ff.<br />

Arbeitsstelle Bonn der Patristischen<br />

Kommission (Nordrhein-Westfälische<br />

Akademie der Wissenschaften) 138<br />

Arbeitsverwaltung: Deutschland<br />

(19./20. Jh.) 81<br />

Archäologisches Institut (Univ. Freiburg)<br />

96<br />

Archäologisches Institut (Univ. Göttingen)<br />

109


Archäologisches Institut (Univ. Heidelberg)<br />

91<br />

Archäologisches Institut (Univ. Köln) 88<br />

Archive<br />

– Archiv für Außenpolitik des Ministeriums<br />

für Auswärtige Angelegenheiten<br />

der Russischen Föderation<br />

(Moskau) 73 f.<br />

– Berliner Archiv der Berlin-Brandenburgischen<br />

Akademie der Wissenschaften<br />

13<br />

– Brandenburgisches Landeshauptarchiv<br />

(Potsdam) 54<br />

– Schiller-Nationalmuseum und<br />

Deutsches Literaturarchiv (Marbach<br />

am Neckar) 150, 156<br />

Aristokratische Polygynie (Hochmittelalter):<br />

Europa 39 f.<br />

Arndt, Johann 30 f.<br />

Arnold-Bergstraesser-Institut für<br />

Kulturwissenschaftliche Forschung<br />

(Freiburg) 211<br />

Ataxien: spinozerebelläre Ataxie Typ 3<br />

248<br />

Athribis (Ägypten, Gau Panopolites):<br />

Aufzeichnungen Johann Joachim<br />

Winckelmanns 104 f.<br />

August der Starke und August III zu<br />

Dresden: Porzellansammlung 127 f.<br />

Autoimmunerkrankungen<br />

– systemischer Lupus erythematodes/<br />

SLE 253 f.<br />

– T-Zell-Selektion 252 f.<br />

– Zöliakie 257 f.<br />

Ayre-Maimon-Institut für Geschichte der<br />

Juden (Univ. Trier) 44<br />

Baden: Parlamentarismus (1819 – 1870/71)<br />

56 f.<br />

Bauleitplanung: Umweltrecht (EU) 192 f.<br />

Bayerische Akademie der Wissenschaften<br />

(München)<br />

– Historische Kommission 61<br />

– Kommission für Deutsche Literatur<br />

des Mittelalters 143<br />

REGISTER 364<br />

– Kommission zur Erforschung des<br />

antiken Städtewesens 90<br />

Beamte und Kaufleute (1740 – 1806):<br />

Preußen 54 f.<br />

Benediktiner: Abtei Ottobeuren<br />

(1672 – 1803) 134 f.<br />

Berlin<br />

– jiddische Vokal- und Instrumentalmusik:<br />

Rundfunksendungen<br />

(1945 – 1990) 136 ff.<br />

– Schwarzhandel: Kriegszeit und nach<br />

1945 70 f.<br />

– Spiritismus und ästhetische Moderne<br />

164 f.<br />

Berlin-Brandenburgische Akademie der<br />

Wissenschaften (Berlin)<br />

– Arbeitsstelle Altägyptisches Wörterbuch<br />

106<br />

– Berliner Archiv 13<br />

Bermann Fischer, Gottfried: Carl Zuckmayer<br />

156 f.<br />

Beutekunst: Ankaufspolitik 1933 – 1945<br />

138 f.<br />

Bevölkerungsentwicklung: Europa 228 f.<br />

Bewegungsstörungen: Hyperekplexie<br />

(Stiff Baby Syndrome/Startle-Syndrom)<br />

246<br />

Bibliographien<br />

– altägyptische Literatur 106 f.<br />

– jüdische Schriften (hellenistischrömische<br />

Zeit 26 f.<br />

– Judenbücher (Spätmittelalter): Europa<br />

44 f.<br />

Bibliotheken<br />

– Bibliothekslandschaft Königsbergs<br />

(um 1750) 149 f.<br />

– Herzog August Bibliothek (Wolfenbüttel)<br />

145<br />

BICC s. Bonn International Center for<br />

Conversion<br />

Bilād al-Shām: Nahdaforschung 58 ff.<br />

Bildhauerkunst s. Plastik<br />

Biographien<br />

– Arndt, Johann 30 f.<br />

– Fraenkel, Ernst 201 f.<br />

– Heuss, Theodor 72 f.<br />

– Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />

– Metallkunst (1871 – 1945): Deutschland<br />

119 f.


365<br />

REGISTER<br />

– Stresemann, Gustav 64 f.<br />

Bismarck, Otto von 62 f.<br />

Bonn International Center for<br />

Conversion/BICC (Bonn) 199<br />

Brandenburg: slawische Körpergräber<br />

(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />

Brandenburgisches Klosterbuch 37 f.<br />

Briefe<br />

– Arndt, Johann 30 f.<br />

– Bermann Fischer, Gottfried: Carl<br />

Zuckmayer 156 f.<br />

– Bismarck, Otto von 62 f.<br />

– Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />

– Jünger, Ernst: Friedrich Hielscher 85 f.<br />

– Kafka, Franz 155 f.<br />

– Otto-Peters, Louise 57 f.<br />

– Pound, Ezra 84 f.<br />

– Ranke, Leopold von 61 f.<br />

Bruno, Giordano 10 f.<br />

BSE-Konflikt: Europa 212 ff.<br />

Buchmalerei: Heiligenleben (Katalog<br />

der deutschsprachigen illustrierten<br />

Handschriften des Mittelalters) 143 f.<br />

Budapest: Fellow-Stipendien (Collegium<br />

Budapest) 267 ff.<br />

Buddhismus (tibetischer) 34 f.<br />

Bücherzensur (römische): Ende 16. Jh.<br />

26 ff.<br />

Büchner, Georg 151 f.<br />

Bürgereinstellungen: Engagement 194 ff.<br />

Bultmann, Rudolf: Rudolf Otto 31<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

s. Deutschland<br />

Bundesverfassungsgericht (Karlsruhe)<br />

186<br />

CAA (Cerebral Amyloid Angiopathy)<br />

241 f.<br />

Cartesische Ethik 11 f.<br />

Center for Experimental Physics (Rehovot)<br />

s. Harari Center for Experimental<br />

Physics, Weizmann Institute<br />

Centre for History and Economics,<br />

King’s College (Cambridge/GB) 271<br />

CHILD-Syndrom 260<br />

China<br />

– EU 227 f.<br />

– Shenbao (chinesische Tageszeitung<br />

1872 – 1898) 167 f.<br />

Cholesterin: CHILD-Syndrom 260<br />

Christentumsgeschichte (außereuropäische)<br />

33<br />

Chroniken: Georg Kölderer 40 f.<br />

CMS (Kongenitale Myasthene Syndrome)<br />

249 f.<br />

Collegium Budapest: Fellow-Stipendien<br />

267 ff.<br />

Columbia Law School (New York),<br />

European Legal Studies Center:<br />

europäisches Wirtschafts- und<br />

Öffentliches Recht 270<br />

Connexin-assoziierte Hörstörungen:<br />

Kindesalter 245 f.<br />

Corporate Restructuring: Vereinigte<br />

Staaten/Bundesrep. Deutschland 181 f.<br />

Corpus Judaeo-Hellenisticum: Jakobusbrief<br />

24 f.<br />

Crinitus, Petrus: „De poetis Latinis“ 141 f.<br />

Curriculum zum Europäischen Wirtschaftsrecht:<br />

European Legal Studies<br />

Center (Columbia Law School, New<br />

York) 270<br />

Danon-Syndrom 256<br />

Darmerkrankungen<br />

– Hirschsprung-Krankeit 251 f.<br />

– Zöliakie 257 f.<br />

Datenschutz (Bundesrep. Deutschland):<br />

Informationsgesetzbuch 185 f.<br />

DDR/SBZ<br />

– Intelligenz in der Krise (1956/1957)<br />

75 f.<br />

– Ökumenische Versammlung<br />

(1987 – 1989) 32<br />

– Politemigranten: Aufnahme politisch<br />

Verfolgter 76 f.<br />

– Verfassung (1947 – 1949) 74 f.<br />

Demographische Entwicklungen<br />

s. Bevölkerungsentwicklung<br />

Demokratie<br />

– Indien: Parteien 197 f.<br />

– Mittel- und Osteuropa: neue Parteiensysteme<br />

196 f.<br />

– Verfassungsstaaten 198 f.


Department of Ancient Near Eastern<br />

Studies (Hebrew Univ. Jerusalem) 107<br />

Department of Classics (Tel Aviv Univ.)<br />

99<br />

Depression<br />

– Antidepressiva 243 f.<br />

– Serotonin- und Noradrenalin-Transporter<br />

242 f.<br />

Descartes, René: Ethik 11 f.<br />

Desmocolline (humane): Klonierung 261<br />

Deutsche Demokratische Republik<br />

s. DDR<br />

Deutsche Gesellschaft für Auswärtige<br />

Politik/DGAP (Berlin) 219, 221, 227<br />

Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

(Speyer) 186<br />

Deutsches Archäologisches Institut<br />

(Rom) 92<br />

Deutsches Forum für Kunstgeschichte<br />

(Paris) 128<br />

Deutsches Historisches Institut (Paris) 38<br />

Deutsches Historisches Institut/DHI<br />

(Washington): Jürgen-Heideking-<br />

Fellowship 271<br />

Deutsches Institut für Ernährungsforschung<br />

(FU Berlin) 255<br />

Deutsches Institut für Japanstudien<br />

(Tokyo) 168<br />

Deutsches Seminar (Univ. Tübingen) 26<br />

Deutsches Übersee-Institut (Hamburg)<br />

197<br />

Deutschland<br />

– Arbeitsförderungsgesetz (1969) 83<br />

– Arbeitsverwaltung (19./20. Jh.) 81<br />

– britisch-deutsches Stipendienprogramm:<br />

King’s College (Cambridge)<br />

271 f.<br />

– Corporate Restructuring: Vereinigte<br />

Staaten 181 f.<br />

– Datenschutzrecht 185 f.<br />

– DDR s. dort<br />

– deutsch-jüdische Periodika<br />

(1837 – 1922) 152 f.<br />

– Eliten 51 f., 53<br />

– französische Kunst nach 1945 128 f.<br />

– Fürstliche Höfe (Spätmittelalter) 38 f.<br />

– Grundrechte: Handbuch 186 f.<br />

– Human Development Index/HDI<br />

(1920 – 1960) 81 ff.<br />

– Informationsgesetzbuch 185 f.<br />

– japanisch-deutsches Wörterbuch 168 f.<br />

– jüdische Kindheit und jüdische<br />

Kinderliteratur (1933 – 1942) 153 f.<br />

– Metallkunst (1871 – 1945) 119 f.<br />

– Nachkriegszeit (nach 1945) 70 f., 71 f.,<br />

74 f.<br />

– öffentlicher Dienst 206 f.<br />

– Ost-West-Konflikt (1968 – 1972) 78 f.<br />

– Parlamentarismus (1819 – 1870/71):<br />

Handbuch 56 f.<br />

– Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg:<br />

Frankreich 176 ff.<br />

– Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

(1990 – 1999) 222 ff.<br />

– sowjetische Deutschlandpolitik<br />

(1941 – 1949) 73 f.<br />

– Staatsrecht: Handbuch Band IV 188 f.<br />

– Steuerrecht: EU 191 f.<br />

– Wahlkämpfe (1949 – 1976) 80 f.<br />

– Weimarer Republik s. dort<br />

– Zuwanderungspolitik der Kommunen<br />

211 f.<br />

DGAP s. Deutsche Gesellschaft für<br />

Auswärtige Politik (Berlin)<br />

DHI s. Deutsches Historisches Institut<br />

Diabetes mellitus Typ 2 255<br />

Dilthey, Wilhelm 14 f.<br />

Dilthey-Forschungsstelle (Bochum) 14<br />

Dionysius von Proklos 8 f.<br />

Dmanisi (Georgien): altpaläolithischer<br />

Fundplatz 113 f.<br />

DNA<br />

– Fanconi-Anämie 254 f.<br />

– Transkription und Retrotransposition<br />

264 f.<br />

– Tumorentstehung: Myc 263 f.<br />

Documenta Orthographica (16. – 20. Jh.)<br />

142 f.<br />

Domitian: Villa in Castel Gandolfo<br />

(Italien) 88 ff.<br />

Dressel, Heinrich: Gemmensammlung<br />

(Antikensammlung/Staatliche Museen<br />

Preußischer Kulturbesitz Berlin) 103 f.<br />

Drittes Reich s. Nationalsozialismus<br />

Editionen<br />

– Bismarck, Otto von 62 f.<br />

REGISTER 366


367<br />

REGISTER<br />

– Briefe s. dort<br />

– Bruno, Giordano 10 f.<br />

– Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />

– geistliche Gesänge des deutsches<br />

Mittelalter 135 f.<br />

– Goethe, Johann Wolfgang von:<br />

Registerbände der Studienausgabe<br />

150 f.<br />

– Heidegger, Martin 13 f.<br />

– Historia Scientiarum (17. – 19. Jh.):<br />

Reprintprogramm 86 f.<br />

– Jüdische Schriften aus Hellenistisch-<br />

Römischer Zeit: JSHRZ 25 f. 26<br />

– Kafka, Franz 155 f.<br />

– Litauische Postille (1573) 145 ff.<br />

– Otto-Peters, Louise 57 f.<br />

– Pound, Ezra 84 f.<br />

– Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph<br />

von 13<br />

– Schiller, Friedrich: Nationalausgabe<br />

150<br />

– Troeltsch, Ernst 33<br />

– Übersetzungen deutscher Klassiker<br />

der Philosophie ins Englische 9 f.<br />

– Weigel, Erich 12<br />

Eliten (Deutschland)<br />

– jüdische Oberschicht (18. Jh.) 46 ff.<br />

– Sachsen (Kaiserreich, Weimarer<br />

Republik) 51 f., 53<br />

Elitenwechsel: arabische Länder 229 f.<br />

Emigranten: Aufnahme in der DDR 76 f.<br />

England s. Großbritannien<br />

Epilepsie: Doublecortin-Gen 238 f.<br />

Ernst Fraenkel Lecture Series: FU<br />

Berlin 202 f.<br />

Erster Weltkrieg: Paul von Hindenburg<br />

65 f., 67<br />

ESVP s. Europäische Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik<br />

Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />

Entwicklung (8. – 5. Jh. v.Chr.) 92 ff.<br />

EU s. Europäische Union<br />

Europa<br />

– aristokratische Polygynie<br />

(Hochmittelalter) 39 f.<br />

– Bevölkerungsentwicklung 228 f.<br />

– BSE-Konflikt 212 ff.<br />

– bürgerschaftliches Engagement 194<br />

ff.<br />

– französische Wirtschaftsverbände im<br />

Vergleich 208 ff.<br />

– Grundrechte: Handbuch 186 f.<br />

– Grundrechtsschutz 187 f.<br />

– Kriegsvorbereitungen europäischer<br />

Heere (1850 – 1890) 55 f.<br />

– Migration/Integration von<br />

Minderheiten (17. – 20. Jh.) 210 f.<br />

– Mittel- und Osteuropa s. dort<br />

– öffentlicher Dienst 206 f.<br />

– Öffentliches Recht: European Legal<br />

Studies Center, Columbia Law<br />

School, New York 270<br />

– Sozialtransfersysteme 178 f.<br />

– Technologieschocks: Geldpolitik 179<br />

f.<br />

– Wirtschaftsrecht: European Legal<br />

Studies Center, Columbia Law<br />

School, New York 270<br />

Europäische Union/EU<br />

– Beitrittsländer:<br />

Wohlfahrtsentwicklung 204 ff.<br />

– China 227 f.<br />

– Europarecht 232, 232 f.<br />

– Gesprächskreis: Transatlantische<br />

Beziehungen 221 f.<br />

– Grundrechte 186 f., 187 f.<br />

– Insolvenzrecht 234 f.<br />

– Kriminaljustizsysteme: EU und<br />

Beitrittsländer 189 f.<br />

– Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik: Bundesrep.<br />

Deutschland (1990 – 1999) 222 ff.;<br />

transatlantischer Kontext/ESVP 225 f.<br />

– Staatsanwaltschaften: EU und<br />

Beitrittsländer 189 f.<br />

– Steuerrecht: Deutschland 191 f.<br />

– Umweltrecht: Bauleitplanung 192 f.<br />

– Verfassungsrecht 235<br />

– Verfassungsvertrag 235 f.<br />

– Wachstumsdeterminanten:<br />

Transformationsländer 182 f.<br />

– Wettbewerbsrecht 233 f.<br />

– Wohlfahrtsentwicklung:<br />

Beitrittsländer 204 ff.<br />

Europäische Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik/ESVP 225 f.<br />

Europarecht


– Lehrbücher: IUS COMMUNITATIS<br />

232 f.<br />

– Vorlesungen (Univ. Hamburg) 232<br />

European Legal Studies Center<br />

(Columbia Law School, New York):<br />

europäisches Wirtschafts- und<br />

Öffentliches Recht 270<br />

Exklusionsstrategien: Herero-Nama-<br />

Aufstand (1904 – 1907) in der deutschen<br />

Literatur 158 ff.<br />

Fanconi-Anämie 254 f.<br />

Fehlbildungssyndrom: Townes-Brocks-<br />

Syndrom 262 f.<br />

Flämische Kunst<br />

– Gemälde (16. – 20. Jh.) 124 ff.<br />

– Zeichnungen (16. – 18. Jh.) 121 f.<br />

Flexibilisierung der Arbeit: soziale Integration<br />

207 f.<br />

Forschungsinstitut der Deutschen<br />

Gesellschaft für Auswärtige Politik/<br />

DGAP (Berlin) s.<br />

Deutsche Gesellschaft für Auswärtige<br />

Politik/DGAP (Berlin)<br />

Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung,<br />

Deutsche Hochschule für<br />

Verwaltungswissenschaften (Speyer)<br />

74<br />

Forschungsinstitut für Ur- und Frühgeschichte<br />

(Univ. Köln) 113<br />

Fraenkel, Ernst<br />

– Biographie 201 f.<br />

– Ernst Fraenkel Lecture Series: FU<br />

Berlin 202 f.<br />

Franckesche <strong>Stiftung</strong>en (Halle): geisteswissenschaftlichesStipendienprogramm<br />

269<br />

Frankreich<br />

– deutsche Kunst nach 1945 128 ff.<br />

– öffentlicher Dienst 206 f.<br />

– Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg:<br />

Deutschland 176 ff.<br />

– Wirtschaftsverbände im<br />

europäischen Vergleich 208 ff.<br />

Frauenbewegung: Louise Otto-Peters<br />

57 f.<br />

REGISTER 368<br />

Freie Universität Berlin<br />

– Fachbereich Politik und Sozialwissenschaften<br />

201<br />

Freiheitsbegriff: Philosophie 17 f.<br />

Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />

Berlin (1933 – 1945): rassisch und<br />

politisch Verfolgte 70<br />

Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />

Frühe Neuzeit<br />

– Königsberg: Rekonstruktion der<br />

Bibliothekslandschaft (um 1750) 149 f.<br />

– Kurmainz: Juden 45 f.<br />

– Papst- und Kardinalsgrabmäler 115 ff.<br />

Fürstenschulen (sächsische) 51 f., 53<br />

Fürstliche Höfe und Residenzen (Spätmittelalter)<br />

38 f.<br />

Gehirnerkrankungen<br />

– Alzheimer-Krankheit 239 f., 240 f.<br />

– Danon-Syndrom 256<br />

– spinozerebelläre Ataxie Typ 3 248<br />

Geisteswissenschaftliches<br />

Stipendienprogramm: Franckesche<br />

<strong>Stiftung</strong>en 269<br />

Gemmensammlung Heinrich Dressel<br />

(Antikensammlung/Staatliche Museen<br />

Preußischer Kulturbesitz Berlin) 103 f.<br />

Genzentrum (Univ. München) 249<br />

Georgien (Südkaukasus): altpaläolithischer<br />

Fundplatz (Dmanisi) 113 f.<br />

Germanistisches Institut (RWTH Aachen)<br />

152<br />

Germanistisches Institut (Univ. Bochum)<br />

158<br />

Germanistisches Seminar (Univ. Kiel) 142<br />

Gesang s.a. Liturgische Musik<br />

– jiddische Vokalmusik (Rundfunksendungen<br />

1945 – 1990) 136 ff.<br />

Gesprächskreis: Transatlantische<br />

Beziehungen 221 f.<br />

Gesundheitsnachfrage und Humankapitalakkumulation<br />

180 f.<br />

Globalisierungsprozesse<br />

– multinationale Unternehmen 236 f.<br />

– tibetischer Buddhismus 34 f.


369<br />

REGISTER<br />

Goethe, Johann Wolfgang von: Registerbände<br />

der Studienausgabe 150 f.<br />

Gräber und Grabmäler<br />

– Papstgrabmäler 115 ff.<br />

– slawische Körpergräber: Mecklenburg,<br />

Pommern, Brandenburg<br />

(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />

Granada: Soziologie des islamischen<br />

Wissens 43 f.<br />

Großbritannien<br />

– deutsch-britisches Stipendienprogramm:<br />

King’s College (Cambridge)<br />

271 f.<br />

– öffentlicher Dienst 206 f.<br />

Grundrechte<br />

– Deutschland und Europa: Handbuch<br />

186 f.<br />

– Europäische Union: Grundrechtsschutz<br />

187 f.<br />

Hadassah University Hospital (Univ.<br />

Jerusalem) 250<br />

Hamburger Universität für Wirtschaft<br />

und Politik: Fachbereich Soziologie 85<br />

Handbücher<br />

– fürstliche Höfe und Residenzen im<br />

Spätmittelalter 38 f.<br />

– Grundrechte: Deutschland und Europa<br />

186 f.<br />

– Parlamentarismus in Deutschland<br />

(1819 – 1870/71) 56 f.<br />

– Staatsrecht: Band IV 188 f.<br />

Handschriften<br />

– Heiligenleben (Katalog der deutschsprachigen<br />

illustrierten Handschriften<br />

des Mittelalters 143 f.<br />

– Hutterische (16. – 18. Jh.) 28 f.<br />

– Litauische Postille (1573) 145 ff.<br />

Hanoi University of Foreign Studies,<br />

Vietnam: Aufbaustudium für Germanistik-Dozenten<br />

an der Ramkhamhaeng<br />

University (Bangkok) 272 ff.<br />

Harari Center for Experimental Physics,<br />

Weizmann Institute of Science<br />

(Rehovot): Stipendienprogramm<br />

Teilchenphysik 272<br />

Hautklinik (Universitätsklinikum der<br />

RWTH Aachen) 261<br />

Hautkrankheiten<br />

– humane Desmocolline 261<br />

– Keratine 260 f.<br />

– T-Zell-Selektion 252 f.<br />

– Wiskott-Aldrich-Syndrom 253<br />

HDI s. Human Development Index<br />

Heidegger, Martin 13 f.<br />

Heiligenleben: Katalog der deutschsprachigen<br />

illustrierten Handschriften<br />

des Mittelalters 143 f.<br />

Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle<br />

Virologie und Immunologie<br />

(Univ. Hamburg) 264<br />

Hellenistische und Römische Zeit<br />

– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />

Domitian 88 ff.<br />

– Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />

Entwicklung (8. – 5. Jh. v. Chr.)<br />

92 ff.<br />

– Horvat Mazad (Palästina): jüdische<br />

Besiedlung 98 f.<br />

– Ionien: Mykale-Survey 94 ff.<br />

– Jüdische Schriften: JSHRZ 25 f., 26<br />

– Palmyra (Syrien): vorrömischhellenistische<br />

Urbanistik 100 ff.<br />

– römische Städte: Kaiserzeit 90 f.<br />

– römischer Triumphzug: Raum und<br />

Ritual 91 f.<br />

Herder, Johann Gottfried: <strong>Stiftung</strong>sinitiative<br />

„Johann Gottfried Herder“ 274 f.<br />

Herero-Nama-Aufstand in der deutschen<br />

Literatur (1904 – 1907) 158 ff.<br />

Herzerkrankungen: Danon-Syndrom 256<br />

Heterotopien (literarische) 160 ff.<br />

Heuss, Theodor 72 f.<br />

Hielscher, Friedrich: Ernst Jünger 85 f.<br />

Hieroglyphenschrift (altägyptische)<br />

107 ff.<br />

Himyaren-Hauptstadt Zafar/Jemen:<br />

Ausgrabungen 102 f.<br />

Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />

Hirschsprung-Krankheit 251 f.<br />

Historia Scientiarum (17. – 19. Jh.):<br />

Reprintprogramm 86 f.<br />

Historische Schule (Wilhelm Roscher<br />

u. a.): Stipendienprogramm am


Centre for History and Economics,<br />

King’s College (Cambridge) 271 f.<br />

Historisches Institut (Univ. Potsdam) 37<br />

Historisches Institut (Univ. Stuttgart) 56,<br />

65<br />

Historisches Seminar (Univ. Bonn) 61<br />

Historisches Seminar (Univ. Frankfurt<br />

a.M.) 63<br />

Historisches Seminar (Univ. Kiel) 64, 81<br />

Historisches Seminar (Univ. Leipzig) 52<br />

Historisches Seminar III (Univ. Mainz) 45<br />

Historisches Seminar (Univ. München) 83<br />

Historisches Seminar (Univ. Münster)<br />

49, 158<br />

Historisches Seminar (Univ. Tübingen)<br />

41<br />

HNO-Klinikum (Berlin) 245<br />

Hörstörungen (Connexin-assoziierte):<br />

Kindesalter 245 f.<br />

Holländische Kunst<br />

– Malerei 1550 – 1800) 122 ff.<br />

– Zeichnungen (16. – 18. Jh.) 121 f.<br />

Holland s. Niederlande<br />

Horvat Mazad/Palästina: jüdische<br />

Besiedlung in hellenistisch-römischer<br />

Zeit 98 f.<br />

Human Development Index/HDI:<br />

Deutschland (1920 – 1060) 81 ff.<br />

Humanismus (deutscher): Verfasserlexikon<br />

(1480 – 1520) 140 f.<br />

Humankapitalakkumulation und<br />

Gesundheitsnachfrage 180 f.<br />

Humboldt-Universität (Berlin)<br />

– Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte<br />

111<br />

– Lehrstuhl für Zeitgeschichte 73<br />

– Philosophische Fakultät 70<br />

Hutterer: Handschriften (16. – 18. Jh.) 28 f.<br />

Hymnen (liturgische): Russland<br />

(11. – 13. Jh.) 138<br />

Hyperekplexie (Stiff Baby Syndrome/<br />

Startle-Syndrom) 246<br />

ifo-Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(München) 182<br />

IFZ s. Institut für Zellbiologie/IFZ (Univ.<br />

Klinikum Essen)<br />

REGISTER 370<br />

IIK s. Institut für Iberoamerikakunde/<br />

IIK (Hamburg)<br />

Ikonologie der Gegenwart: <strong>Thyssen</strong>-<br />

Vorlesungen 172 ff.<br />

IKTs s. Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

in Afrika<br />

IMIS s. Institut für Migrationsforschung<br />

und Interkulturelle Studien (Univ.<br />

Osnabrück)<br />

Immunologie<br />

– Autoimmunerkrankungen s. dort<br />

– T-Zell-Selektion 252 f.<br />

– Wiskott-Aldrich-Syndrom 253<br />

Inclusion-Body-Myositis/IBM 250<br />

Indien: Parteien 197 f.<br />

Industrie<br />

– Architektur: Industriellenfamilien<br />

130 ff.<br />

– Investitionen in der NS-Diktatur 66 ff.<br />

Informations- und Kommunikationstechnologien/IKTs<br />

in Afrika: Tansania<br />

200 f.<br />

Informationsgesetzbuch: Bundesrep.<br />

Deutschland 185 f.<br />

Insolvenzrecht (europäisches) 234 f.<br />

Institut für Afrikakunde (Hamburg) 200<br />

Institut für Altertumswissenschaften<br />

(Univ. Greifswald) 141<br />

Institut für Antikes Judentum und<br />

Hellenistische Religionsgeschichte<br />

(Univ. Tübingen) 25<br />

Institut für Archäologie (Univ. Bochum)<br />

94<br />

Institut für Asien- und Afrikawissenschaften<br />

(Humboldt Univ. Berlin) 60<br />

Institut für Biochemie (FU Berlin) 254<br />

Institut für Biochemie (Univ. Erlangen-<br />

Nürnberg) 251<br />

Institut für Biochemie (Univ. Mainz) 239<br />

Institut für Biophysik (Univ. Hannover)<br />

245<br />

Institut für Deutsche Philologie (Univ.<br />

München) 140, 144, 155<br />

Institut für Diabetesforschung/Abteilung<br />

Biochemie und Molekularbiologie<br />

(München) 246<br />

Institut für Diaspora- und Genozidforschung<br />

(Univ. Bochum) 158


371<br />

REGISTER<br />

Institut für Europäische Kultur (Univ.<br />

Augsburg) 40<br />

Institut für Europarecht (Univ. Osnabrück)<br />

187<br />

Institut für Finanz- und Steuerrecht<br />

(Univ. Heidelberg) 191<br />

Institut für Germanistik (Univ. Leipzig)<br />

57<br />

Institut für Germanistik (Univ. Regensburg)<br />

164<br />

Institut für Germanistik (Univ. Rostock)<br />

142<br />

Institut für Geschichtswissenschaften<br />

(Humboldt-Univ. Berlin) 48, 70<br />

Institut für Humangenetik (Humboldt-<br />

Univ. Berlin) 245<br />

Institut für Humangenetik (Univ. Gießen)<br />

262<br />

Institut für Humangenetik (Univ. Göttingen)<br />

262<br />

Institut für Iberoamerikakunde/IIK<br />

(Hamburg) 230<br />

Institut für Kirchengeschichte (Univ.<br />

Leipzig) 52<br />

Institut für Klassische Archäologie<br />

(Univ. Wien) 100<br />

Institut für Klinische Zytobiologie und<br />

Zytopathologie (Univ. Marburg) 256<br />

Institut für Kunstgeschichte (RWTH<br />

Aachen) 117<br />

Institut für Migrationsforschung und<br />

Interkulturelle Studien/IMIS (Univ.<br />

Osnabrück) 210<br />

Institut für Molekularbiologie und<br />

Biochemie (FU Berlin) 250<br />

Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung/IMT<br />

(Univ. Marburg) 263<br />

Institut für Neuere Deutsche Literatur<br />

(Univ. Gießen) 151<br />

Institut für Neuropathologie (Univ. Basel)<br />

241<br />

Institut für Öffentliches Recht,<br />

Abteilung Europa und Völkerrecht<br />

(Univ. Freiburg) 235<br />

Institut für Öffentliches Recht und<br />

Verwaltungslehre (Univ. Köln) 188<br />

Institut für Philosophie (FU Berlin) 12<br />

Institut für Philosophie (Humboldt-Univ.<br />

Berlin) 13, 75<br />

Institut für Philosophie (Univ. Greifswald)<br />

15<br />

Institut für Philosophie (TU Dresden) 19<br />

Institut für Philosophie (Univ. Regensburg)<br />

8<br />

Institut für Physiologie II (Univ. Bonn)<br />

246<br />

Institut für Physiologische Chemie<br />

(Univ. Bochum) 258<br />

Institut für Physiologische Chemie<br />

(Univ. Bonn) 260<br />

Institut für Politikwissenschaft (Univ.<br />

Greifswald) 201<br />

Institut für Romanische Philologie<br />

(Univ. München) 160, 165<br />

Institut für Romanistik (Humboldt-Univ.<br />

Berlin) 162<br />

Institut für Romanistik (TU Dresden)<br />

154<br />

Institut für Sächsische Geschichte und<br />

Volkskunde e. V. (Dresden) 51<br />

– Abteilung für politische Systeme und<br />

politische Soziologie 194<br />

Institut für Spezialforschungen, Theologische<br />

Fakultät, Abteilung Biblische<br />

Theologie (Univ. Göttingen) 31<br />

Institut für Sprachliche Informations-<br />

Verarbeitung (Univ. Köln) 166<br />

Institut für Toxikologie und Genetik<br />

(Forschungszentrum Karlsruhe<br />

GmbH) 248<br />

Institut für Verfahrensrecht (Univ. Köln)<br />

234<br />

Institut für Vergleichende Geschichte<br />

Europas im Mittelalter (Humboldt-<br />

Univ. Berlin) 39<br />

Institut für Vergleichende Sprachwissenschaft,<br />

Phonetik und Slawische<br />

Philologie (Univ. Frankfurt a. M.) 145<br />

Institut für Weltwirtschaft (Univ. Kiel):<br />

Forschungsabteilung I, Wachstum,<br />

Strukturwandel und Internationale<br />

Arbeitsteilung 236<br />

Institut für Wirtschaftspolitik (Univ. Köln)<br />

179<br />

Institut für Zeitgeschichte (München) 72<br />

Institut für Zellbiologie/IFZ (Univ.<br />

Klinikum Essen) 253


Institut für Zellbiologie, Tumorforschung<br />

(Univ. Essen) 263<br />

Institute for Advanced Study (Princeton)<br />

– Collegium Budapest 267<br />

– School of Historical Studies: Gaststipendienprogramm<br />

270 f.<br />

Institute for the History of European<br />

Expansion (Univ. Leiden) 210<br />

Intelligenz (1956/1957): DDR 75 f.<br />

Interdisziplinäres Institut für Kulturgeschichte<br />

der Frühen Neuzeit (Univ.<br />

Osnabrück) 149<br />

International School for Molecular Biology<br />

and Microbiology (Hebrew Univ.<br />

Jerusalem): Stipendienprogramm<br />

Medizinische Mikrobiologie 272<br />

Investitionen: industrielle Investitionen<br />

in der NS-Diktatur 66 ff.<br />

IRELA s. Instituto de Relaciones<br />

Europeo-Latinoamericanas (Madrid)<br />

Islam<br />

– Granada: Soziologie des islamischen<br />

Wissens 43 f.<br />

– Kulturkritik (jüdische und islamische)<br />

18<br />

Israel:<br />

– Apollonia-Arsuf: Ausgrabungen 99 f.<br />

– Horvat Mazad: Ausgrabungen 98 f.<br />

Italien<br />

– Bruno, Giordano 10 f.<br />

– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />

Domitian 88 ff.<br />

– Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />

Entwicklung (8. – 5. Jh. v. Chr.)<br />

92 ff.<br />

– Umbrische Kunst: Gemälde<br />

(15./16. Jh.) 121<br />

IUS COMMUNITATIS: Lehrbücher zum<br />

europäischen materiellen Recht 232 f.<br />

Jakobusbrief: Corpus Judaeo-Hellenisticum<br />

24 f.<br />

Japan: japanisch-deutsches Wörterbuch<br />

168 f.<br />

Jemen: Ausgrabungen in Zafar 102 f.<br />

Jesus (historischer): Rudolf Bultmann<br />

und Rudolf Otto 31<br />

REGISTER 372<br />

John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien<br />

(FU Berlin) 84, 202<br />

JSHRZ (Jüdische Schriften aus Hellenistisch-Römischer<br />

Zeit) 25 f., 26<br />

Juden<br />

– deutsch-jüdische Periodika<br />

(1837 – 1922): Kunstkritik 152 f.<br />

– Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />

Berlin 70<br />

– Horvat Mazad/Palästina: jüdische<br />

Besiedlung in hellenistisch-römischer<br />

Zeit 98 f.<br />

– jiddische Vokal- und Instrumentalmusik<br />

(Rundfunksendungen<br />

(1945 – 1990) 136 ff.<br />

– Judenbücher (Spätmittelalter):<br />

Europa 44 f.<br />

– jüdische Kindheit und jüdische<br />

Kinderliteratur (1933 – 1942) 153 f.<br />

– jüdische Oberschicht (18. Jh.) 46 ff.<br />

– Jüdische Schriften aus Hellenistisch-<br />

Römischer Zeit (JSHRZ) 25 f., 26<br />

– Kulturkritik (jüdische und islamische)<br />

18<br />

– Kurmainz (Frühe Neuzeit) 45 f.<br />

– Lateinamerika: Jüdische Literatur<br />

(20. Jh.) 154 f.<br />

– Ostpreußen/Litauisches Grenzgebiet<br />

(1812 – 1942) 48 f.<br />

– rassistisch Verfolgte der Friedrich-<br />

Wilhelms-Universität zu Berlin<br />

(1933 – 1945) 70<br />

– rassistisch vertriebene Hochschullehrer<br />

und Wissenschaftler (1933 – 1945) 68 ff.<br />

– Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />

Leipzig) 49<br />

– Zafar/Jemen (jüdisch-himyarische<br />

Hauptstadt): Ausgrabungen 102 f.<br />

Jünger, Ernst<br />

– Hielscher, Friedrich 85 f.<br />

– Martin Heidegger 13 f.<br />

Jürgen-Heideking-Fellowship<br />

(Deutsches Historisches Institut/DHI,<br />

Washington): moderne und<br />

internationale Geschichte 271<br />

Jugend im Umbruch (nach 1945) 71 f.<br />

Juristisches Seminar (Univ. Göttingen)<br />

189


373<br />

REGISTER<br />

Kafka, Franz 155 f.<br />

Kataloge<br />

– Corpus Judaeo-Hellenisticum:<br />

Jakobusbrief 24 f.<br />

– flämische Gemälde (Anhaltinische<br />

Gemäldegalerie Dessau) 124 ff.<br />

– flämische und holländische Zeichnungen<br />

(Hamburger Kunsthalle/<br />

Kupferstichkabinett) 121 f.<br />

– Heiligenleben: Katalog der deutschsprachigen<br />

illustrierten Handschriften<br />

des Mittelalters 143 f.<br />

– holländische Gemälde (Städelsches<br />

Kunstinstitut und Städtische Galerie<br />

Frankfurt a. M.) 122 ff.<br />

– Hutterische Handschriften<br />

(16. – 18. Jh.) 28 f.<br />

– Königsberg: Rekonstruktion der<br />

Bibliothekslandschaft (um 1750) 149 f.<br />

– Maffei, Scipione: antike Skulpturensammlung<br />

(Archäologisches Institut/<br />

Forschungsarchiv für Antike Plastik<br />

(Univ. Köln) 126 f.<br />

– Metallkunst (1871 – 1945): Deutschland<br />

(Badisches Landesmuseum,<br />

Karlsruhe) 119 f.<br />

– Möbelbaukunst vor 1800: Anhalt-<br />

Dessau (Kulturstiftung Dessau-<br />

Wörlitz, Dessau) 120 f.<br />

– Porzellansammlung (Staatliche<br />

Kunstsammlungen Dresden) 127 f.<br />

– spanische Gemälde (Staatliche<br />

Kunstsammlungen Dresden/<br />

Gemäldegalerie Alte Meister) 126<br />

– umbrische Gemälde (Lindenau<br />

Museum Altenburg) 121<br />

Katholische Kirche: Bücherzensur<br />

(16. Jh.) 26 ff.<br />

Kaufleute und Beamte (1740 – 1806):<br />

Preußen 54 f.<br />

Kaukasus s. Südkaukasus<br />

Keratine 260 f.<br />

Kirchengeschichte: außereuropäisches<br />

Christentum 33<br />

Kirchenlieder s. Liturgische Musik<br />

Klinik für Neurologie (Medizin. Univ.<br />

Lübeck) 246<br />

Klosterbuch (brandenburgisches) 37 f.<br />

Kölderer, Georg 40 f.<br />

Königsberg/Pr.: Rekonstruktion der<br />

Bibliothekslandschaft (um 1750) 149 f.<br />

Kolonialzeit: Afrika (Erforschung von<br />

Geschlecht und Macht) 60 f.<br />

Kommunalpolitik: Zuwanderungspolitik<br />

(Bundesrep. Deutschland/ Niederlande)<br />

211 f.<br />

Kommunikations- und Informationstechnologien<br />

in Tansania 200 f.<br />

Konfessionalisierung (16./17. Jh.) 49 ff.<br />

Korrespondenzen s. Briefe<br />

Kraniosynostose 261 f.<br />

Krieg<br />

– Deutsches Reich: öffentliche<br />

Kommunikation (1542 – 1554) 41 ff.<br />

– europäische Heere: Kriegsbild und<br />

Kriegsvorbereitungen (1850 – 1980)<br />

55 f.<br />

Kriminaljustizsysteme: EU und Beitrittsländer<br />

189 f.<br />

Kulturgeschichte (Frühe Neuzeit):<br />

Georg Kölderer 40 f.<br />

Kulturkritik (jüdische und islamische) 18<br />

Kulturstiftung Dessau-Wörlitz (Dessau)<br />

120<br />

Kulturwissenschaften<br />

– Literaturwissenschaft: Georg<br />

Büchner 151 f.<br />

– Spiritismus und ästhetische Moderne:<br />

Berlin und München 164 f.<br />

Kunst- und Kulturtranfer nach 1945:<br />

Deutschland/Frankreich 128 ff.<br />

Kunstgeschichtliches Seminar<br />

(Humboldt-Univ. Berlin) 115, 172<br />

Kunsthandwerk<br />

– Metallkunst (1871 – 1945): Deutschland<br />

119 f.<br />

– Möbelbaukunst in Anhalt-Dessau<br />

(vor 1800) 120 f.<br />

– Porzellansammlung Augusts des<br />

Starken und Augusts III zu Dresden<br />

(Staatliche Kunstsammlungen<br />

Dresden) 127 f.<br />

Kunsthistorisches Institut/Abteilung<br />

Architekturgeschichte (Univ. Köln)<br />

130<br />

Kunsthistorisches Seminar (Univ. Basel)<br />

172


Kunstkritik: deutsch-jüdische Periodika<br />

(1837 – 1922) 152 f.<br />

Kunsttausch zwischen Deutschland und<br />

Frankreich (nach 1945) 128 ff.<br />

Kuratorium für die Tagungen der<br />

Nobelpreisträger in Lindau e.V.<br />

(Lindau) 274<br />

Kurmainz (Frühe Neuzeit): Juden 45 f.<br />

Lageschwindel 265 f.<br />

Lambert, Johann Heinrich 15 ff.<br />

Landsberg (Schloss): August <strong>Thyssen</strong><br />

130 ff.<br />

Lateinamerika: Jüdische Literatur<br />

(20. Jh.) 154 f.<br />

Lebensqualitiät: Gesundheitsnachfrage<br />

und Humankapitalakkumulation 180 f.<br />

Lehrbücher<br />

– europäisches materielles Recht: IUS<br />

COMMUNITATIS 232 f.<br />

– europäisches Wettbewerbsrecht 233 f.<br />

Lehrstühle: European Legal Studies<br />

Center (Columbia Law School, New<br />

York) für Europäisches Öffentliches<br />

Recht 270<br />

Lehrveranstaltungen s. Vorlesungen<br />

Lester and Sally Entin Faculty of<br />

Humanities/Department of Classics<br />

(Tel Aviv Univ.) 98<br />

Levante: Hominidenforschung<br />

Lexika s. Nachschlagewerke<br />

Lieder (geistliche) s. Liturgische Musik<br />

Lindau/Bodensee: Tagungen der<br />

Nobelpreisträger 274<br />

Lindenau, Bernhard August von 121<br />

Litauische Postille (1573) 145 ff.<br />

Litauisches Grenzgebiet/Ostpreußen:<br />

Juden (1812 – 1942) 48 f.<br />

Literatur und Sprache<br />

– altägyptische Hieroglyphenschrift<br />

107 ff.<br />

– altägyptische Literatur 106 f.<br />

– altägyptisches Wörterbuch 106<br />

– Bruno, Giordano 10 f.<br />

– Büchner, Georg 151 f.<br />

REGISTER 374<br />

– Crinitus, Petrus: „De poetis Latinis“<br />

141 f.<br />

– deutsche Gegenwartsliteratur: Gaststipendienprogramm<br />

(Max-Kade-<br />

Zentrum, St. Louis, Mo.) 269 f.<br />

– Documenta Orthographica<br />

(16. – 20. Jh.) 142 f.<br />

– Herero-Nama-Aufstand in der deutschen<br />

Literatur (1904 – 1907) 158 ff.<br />

– Heterotopien (literarische) 160 ff.<br />

– jüdische 25 f., 26, 44 f., 152 f., 153 f.,<br />

154 f.<br />

– Jünger, Ernst: Martin Heidegger 13 f.<br />

– Kafka, Franz 155 f.<br />

– Kulturwissenschaften: Georg Büchner<br />

151 f.<br />

– Lateinamerika: Jüdische Literatur<br />

(20. Jh.) 154 f.<br />

– Literaturgeschichtsschreibung (frühe<br />

Neuzeit) 141 f.<br />

– Periodika 152 f.<br />

– Roman und Porträt 170 f.<br />

– romanistische Sprachgeschichtsschreibung<br />

165 f.<br />

– semantisches Wissen: textbasierende<br />

Informationen 166 f.<br />

– traumatische Texte 162 ff.<br />

– Wartburg: Sängerkrieg 144 f.<br />

– Zuckmayer, Carl: Gottfried Bermann<br />

Fischer 156 f.<br />

Liturgische Musik<br />

– mittelhochdeutsche/mittelniederländische<br />

geistliche Gesänge 135 f.<br />

– russische liturgische Hymnen<br />

(11. – 13. Jh.) 138<br />

Lupus erythematodes (systemischer )/<br />

SLE 253 f.<br />

Lutherhalle Wittenberg: Sammlungspolitik<br />

(1877 – 1918) 30<br />

Lysosomale Speichererkrankungen 256<br />

Maffei, Scipione: Skulpturensammlung<br />

126 f.<br />

Malerei<br />

– flämische 124 ff.<br />

– holländische 122 ff.


375<br />

REGISTER<br />

– Ikonologie der Gegenwart: <strong>Thyssen</strong>-<br />

Vorlesungen 172 ff.<br />

– Porträt und Roman 170 f.<br />

– spanische 126<br />

– umbrische 121<br />

Mannheimer Zentrum für Europäische<br />

Sozialforschung/MZES (Univ. Mannheim)<br />

206<br />

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare<br />

Medizin/MDC (Berlin) 243<br />

Max-Kade-Zentrum für Deutschsprachige<br />

Gegenwartsliteratur<br />

(Washington Univ., St. Louis, Mo.):<br />

Gaststipendienprogramm 269 f.<br />

Max-Planck-Institut für Ausländisches<br />

Öffentliches Recht und Völkerrecht<br />

(Heidelberg) 235<br />

Max-Planck-Institut für Ausländisches<br />

und Internationales Privatrecht<br />

(Hamburg) 233<br />

Max-Planck-Institut für Psychiatrie<br />

(München) 262<br />

MDC s. Max-Delbrück-Centrum für<br />

Molekulare Medizin/MDC (Berlin)<br />

Mecklenburg: slawische Körpergräber<br />

(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />

Medien und Strafjustiz 190 f.<br />

Medizinische Hochschule Hannover/<br />

Sektion Experimentelle Hämatologie/<br />

Onkologie 253<br />

Menschheitsentwicklung: altpaläolithischer<br />

Fundplatz (Dmanisi/Georgien)<br />

113 f.<br />

Mercado Común del Cono Sur s.<br />

MERCOSUR<br />

MERCOSUR und NAFTA 230 ff.<br />

Metallkunst: Deutschland (1871 – 1945)<br />

119 f.<br />

Metaphysik der Tatsachen 15<br />

Migration<br />

– Integration von Minderheiten:<br />

Europa (17. – 20. Jh.) 210 f.<br />

– Juden: Simon-Dubnow-Vorlesung<br />

(Univ. Leipzig) 49<br />

Mikrobiologie (medizinische):<br />

Stipendienprogramm (International<br />

School for Molecular Biology and<br />

Microbiology, Hebrew Univ.<br />

Jerusalem) 272<br />

Mittelalter<br />

– aristokratische Polygynie (Hochmittelalter)<br />

39 f.<br />

– fürstliche Höfe und Residenzen<br />

(Spätmittelalter) 38 f.<br />

– geistliche Gesänge (mittelhochdeutsche/mittelniederländische)<br />

135 f.<br />

– Heiligenleben: Katalog der deutschsprachigen<br />

illustrierten Handschriften<br />

des Mittelalters 143 f.<br />

– Judenbücher in Europa (Spätmittelalter)<br />

44 f.<br />

– russische liturgische Hymnen<br />

(11. – 13. Jh.) 138<br />

– slawische Körpergräber in Mecklenburg,<br />

Pommern, Brandenburg<br />

(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />

– Wartburg: Sängerkrieg (mittelhochdeutsche<br />

Sang- und Spruchdichtungen)<br />

144 f.<br />

Mittel- und Osteuropa<br />

– Collegium Budapest: Fellow-Stipendien<br />

267 ff.<br />

– Entwicklung neuer Parteiensysteme<br />

196 f.<br />

– Hochschulförderung durch die<br />

<strong>Stiftung</strong>sinitiative „Johann Gottfried<br />

Herder“ 274 f.<br />

– Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />

Leipzig) 49<br />

Möbelbaukunst in Anhalt-Dessau (vor<br />

1800) 120 f.<br />

München: Spiritismus und ästhetische<br />

Moderne 164 f.<br />

Museen<br />

– Anhaltinische Gemäldegalerie<br />

(Dessau) 124<br />

– Antikensammlung (Staatliche<br />

Museen Preußischer Kulturbesitz<br />

Berlin) 103<br />

– Archäologisches Landesmuseum –<br />

Landesamt für Bodendenkmalpflege<br />

Mecklenburg-Vorp. (Lübstorf) 111<br />

– Badisches Landesmuseum (Karlsruhe)<br />

119<br />

– Hamburger Kunsthalle/<br />

Kupferstichkabinett (Hamburg) 121<br />

– Lindenau Museum (Altenburg) 121<br />

– Museo Maffeiano (Verona) 127


– Römisch-Germanisches Zentralmuseum<br />

(Schloss Monrepos Neuwied/<br />

Forschungsbereich Altsteinzeit) 113<br />

– Schiller-Nationalmuseum und<br />

Deutsches Literaturarchiv (Marbach<br />

am Neckar) 150, 156<br />

– Staatliche Kunstsammlungen/Gemäldegalerie<br />

Alte Meister (Dresden) 126<br />

– Staatliche Kunstsammlungen/<br />

Porzellansammlung (Dresden) 127<br />

– Städelsches Kunstinstitut und Städtische<br />

Galerie (Frankfurt a. M.) 122<br />

– Wallraf-Richartz-Museum/Fondation<br />

Corboud (Köln) 138<br />

Musikwissenschaft<br />

– jiddische Vokal- und Instrumentalmusik:<br />

Rundfunksendungen<br />

(1945 – 1990) 136 ff.<br />

– liturgische Musik 135 f., 138<br />

Musikwissenschaftliches Institut (Univ.<br />

Zürich) 135<br />

Muskelkrankheiten<br />

– CMS (Kongenitale myasthene<br />

Syndrome) 249 f.<br />

– IBM (Inclusion-Body-Myositis) 250<br />

– Muskelatropie Typ Kennedy 248 f.<br />

– Myoklonus-Dystonie 246 f.<br />

Myc: Tumorentstehung 263 f.<br />

Mykale-Survey: Topographie des<br />

antiken Ionien 94 ff.<br />

MZES s. Mannheimer Zentrum für<br />

Europäische Sozialforschung<br />

Nachkriegszeit (nach 1945)<br />

– Jugend im Umbruch 71 f.<br />

– Schwarzhandel Berlin 70 f.<br />

– Verfassung der SBZ/DDR<br />

(1947 – 1949) 74 f.<br />

Nachlässe: Winckelmann, Johann<br />

Joachim 104, 104 f.<br />

Nachschlagewerke/Lexika/Wörterbücher<br />

– altägyptisches Wörterbuch 106<br />

– brandenburgisches Klosterbuch 37 f.<br />

– Goethe, Johann Wolfgang von:<br />

Registerbände der Studienausgabe<br />

150 f.<br />

REGISTER 376<br />

– Humanismus (deutscher):<br />

Verfasserlexikon (1480 – 1520) 140 f.<br />

– japanisch-deutsches Wörterbuch 168 f.<br />

NAFTA und MERCOSUR 230 ff.<br />

Nahdaforschung in den syrischen<br />

Provinzen (Bilād al-Shām) 58 ff.<br />

Nasridendynastie (Granada): Soziologie<br />

des islamischen Wissens 43 f.<br />

Nationalsozialismus<br />

– Beutekunst: Ankaufspolitik<br />

1933 – 1945 138 f.<br />

– Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />

Berlin: rassisch und politisch Verfolgte<br />

70<br />

– Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />

– Human Development Index/HDI 81 ff.<br />

– Industrielle Investitionen 66 ff.<br />

– jüdische Kindheit und jüdische<br />

Kinderliteratur (1933 – 1942) 153 f.<br />

– rassistisch Verfolgte Universitätsangehörige<br />

68 ff., 70<br />

– Schwarzhandel: Berlin 70 f.<br />

NATO/Bundesrep. Deutschland:<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

(1990 – 1999) 222 ff.<br />

Natur: Freiheitsbegriff 17 f.<br />

Neue Bundesländer: Wirtschaftsförderung<br />

183 f.<br />

Neues Testament: Jakobusbrief 24 f.<br />

Neurologie<br />

– Alzheimer-Krankheit 239 f., 240 f.<br />

– CAA (Cerebral Amyloid Angiopathy)<br />

241 f.<br />

– CMS (Kongenitale Myasthene<br />

Syndrome) 249 f.<br />

– Epilepsie 238 f.<br />

– Hirschsprung-Krankeit 251 f.<br />

– Hyperekplexie 246<br />

– Lageschwindel 265 f.<br />

– Muskelatropie Typ Kennedy 248 f.<br />

– spinozerebelläre Ataxie Typ 3 248<br />

Neurologische Klinik (Univ. München)<br />

265<br />

Neurologische Universitätsklinik<br />

(Regensburg) 238<br />

New Economy: Technologieschocks<br />

(Europa/Vereinigte Staaten) 179 f.<br />

Niederlande: Zuwanderungspolitik der<br />

Kommunen 211 f.


377<br />

REGISTER<br />

Nierenerkrankungen: polycystische 255 f.<br />

Nobelpreisträgertagungen (Lindau) 274<br />

Nordrhein-Westfälische Akademie der<br />

Wissenschaften/Arbeitsstelle Bonn<br />

der Patristischen Kommission 138<br />

North American Free Trade Agreement<br />

s. NAFTA<br />

NS-Dokumentationszentrum, EL-DE-<br />

Haus (Köln) 71<br />

Öffentlicher Dienst in Europa: soziale<br />

Lage 206 f.<br />

Öffentliches Recht (europäisches):<br />

Gastlehrstuhl am European Legal<br />

Studies Center (Columbia Law<br />

School, New York) 270<br />

Ökumenische Versammlung der DDR<br />

(1987 – 1989) 32<br />

Ohrkrankeiten<br />

– Connexin-assoziierte Hörstörungen<br />

245 f.<br />

– Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit 244 f.<br />

Orthographie: Documenta Orthographica<br />

(16. – 20. Jh.) 142 f.<br />

Osmanisches Reich: Nahdaforschung in<br />

den syrischen Provinzen (Bilād al-<br />

Shām) 58 ff.<br />

Ostdeutschland s. Neue Bundsländer<br />

Ostkirchen-Institut (Univ. Münster) 32<br />

Ostpreußen/Litauisches Grenzgebiet:<br />

Juden (1812 – 1942) 48 f.<br />

Ostseeinstitut für Seerecht und<br />

Umweltrecht (Univ. Rostock) 192<br />

Ost-West-Konflikt: Bundesrep.<br />

Deutschland (1968 – 1972) 78 f.<br />

Otto, Rudolf: Rudolf Bultmann 31<br />

Ottobeuren: Bendiktinerabtei<br />

(1672 – 1803) 134 f.<br />

Otto-Peters, Louise 57 f.<br />

Otto-von-Bismarck-<strong>Stiftung</strong><br />

(Friedrichsruh) 62<br />

Paläolithikum: altpaläolithischer<br />

Fundplatz (Dmanisi/Georgien) 113 f.<br />

Palästina: Horvat Mazad (jüdische<br />

Besiedlung in hellenistisch-römischer<br />

Zeit) 98 f.<br />

Palmyra (Syrien): vorrömisch-hellenistische<br />

Urbanistik 100 ff.<br />

Papstgrabmäler 115 ff., 117 ff.<br />

Parlamentarismus in Deutschland<br />

(1819 – 1870/71): Handbuch 56 f.<br />

Parteien: Indien 197 f.<br />

Parteiensysteme (neue): Mittel- und<br />

Osteuropa 196 f.<br />

Parteigeschichte und Zensur: DDR 77 f.<br />

Periodika: deutsch-jüdische Periodika<br />

(1837 – 1922) 152 f.<br />

Peroxisomale Biogenese-Erkrankungen<br />

258 ff.<br />

Philosophie<br />

– Begriffsbildung: Lambert, Johann<br />

Heinrich 15 ff.<br />

– Bruno, Giordano 10 f.<br />

– Descartes, René 11 f.<br />

– Dionysius von Proklos 8 f.<br />

– Freiheitsbegriff 17 f.<br />

– Heidegger, Martin 13 f.<br />

– Lambert, Johann Heinrich 15 ff.<br />

– Metaphysik der Tatsachen 15<br />

– Philosophiedidaktik 18 ff.<br />

– Platon 7 f.<br />

– Quantenfeldtheorie 20 f.<br />

– Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph<br />

von 13<br />

– Übersetzung deutscher Klassiker ins<br />

Englische 9 f.<br />

– Übersetzung Diltheys ins Russische 14 f.<br />

– Weigel, Erich 12<br />

Philosophie-Department (Univ.<br />

München) 11, 17<br />

Philosophisches Seminar (Univ. Bonn) 7<br />

– Lehr- und Forschungsbereich I 20<br />

Philosophisches Seminar I (Univ. Freiburg)<br />

13<br />

Philosophisches Seminar (Univ. Münster)<br />

10<br />

Philosophisches Seminar (Univ. Tübingen)<br />

9, 15<br />

Physik: Stipendienprogramm Teilchenphysik<br />

am Harari Center for Experimental<br />

Physics, Weizmann Institute<br />

of Science (Rehovot) 272


Plastik<br />

– Maffei, Scipione: antike Skulpturensammlung<br />

126 f.<br />

– Papstgrabmäler 115 ff., 117 ff.<br />

Platon: Ethik 7 f.<br />

Polit-Emigranten: Aufnahme in der DDR<br />

76 f.<br />

Polycystische Nierenerkrankung 255 f.<br />

Polygynie (aristokratische): Mittelalter<br />

39 f.<br />

Pommern: slawische Körpergräber<br />

(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />

Porträt und Roman 170 f.<br />

Portugal: römische Villen (Algarve) 97 f.<br />

Porzellansammlung Augusts des Starken<br />

und Augusts III zu Dresden 127 f.<br />

Pound, Ezra 84 f.<br />

Predigtsammlung: litauische Postille<br />

(1573) 145 ff.<br />

Preis für sozialwissenschaftliche<br />

Arbeiten in Zeitschriften 214 f.<br />

Preußen<br />

– Beamte und Kaufleute (1740 – 1806)<br />

54 f.<br />

– Juden: Ostpreußen/Litauisches<br />

Grenzgebiet (1812 – 1942) 48 f.<br />

Princeton (Institute for Advanced Study,<br />

School of Historical Studies): Gaststipendienprogramm<br />

270 f.<br />

Protestantismus<br />

– Arndt, Johann 30 f.<br />

– Fürstenschulen (sächsische) 51 f., 53<br />

– Lutherhalle Wittenberg: Sammlungspolitik<br />

(1877 – 1918) 30<br />

Qualifikation: Arbeitsmarkterfolg:<br />

Deutschland/Frankreich 176 ff.<br />

Quantenfeldtheorie 20 f.<br />

Ramkhamhaeng University (Bangkok):<br />

Aufbaustudium für Germanistik-<br />

Dozenten an der Hanoi University of<br />

Foreign Studies, Vietnam 272 ff.<br />

Ramses II: Staatsreligion und Volksfrömmigkeit<br />

105<br />

REGISTER 378<br />

Ranke, Leopold von 61 f.<br />

Rassistisch verfolgte Universitätsangehörige<br />

und Wissenschaftler<br />

(1933 – 1945) 68 ff., 70<br />

Raubkunst s. Beutekunst<br />

Rechtschreibung s. Orthographie<br />

Reformation<br />

– Arndt, Johann 30 f.<br />

– Konfessionalisierung 49 ff.<br />

– Krieg und öffentliche Kommunikation<br />

(1542 – 1554) 41 ff.<br />

– Lutherhalle Wittenberg 30<br />

Reliefkunst s. Plastik<br />

Religionswissenschaftliches Seminar<br />

(Univ. Bonn) 35<br />

Reprintprogramm: Historia Scientiarum<br />

(17. – 19. Jh.) 86 f.<br />

Retardierun<br />

– Danon-Syndrom 256<br />

– Townes-Brocks-Syndrom 262 f.<br />

Rhetorische Begriffsbildung:<br />

Ukraine/Russland (17./18. Jh.) 157 f.<br />

Römische Villen<br />

– Algarve/Portugal 97 f.<br />

– Apollonia-Arsuf (Israel) 99 f.<br />

– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />

Domitian 88 ff.<br />

Roman: Porträt 170 f.<br />

Romanistik: Sprachgeschichtsschreibung<br />

165 f.<br />

Ruhr-Universität Bochum s. Universität<br />

Bochum<br />

Rundfunkanstalten (Berlin): Sendungen<br />

jiddischer Vokal- und Instrumentalmusik<br />

(1945 – 1990) 136 ff.<br />

Russland<br />

– liturgische Hymnen (11. – 13. Jh.) 138<br />

– Ukraine: rhetorische Begriffsbildung<br />

(17./18. Jh.) 157 f.<br />

Sachsen<br />

– Eliten-Bildung (Kaiserreich;<br />

Weimarer Republik) 51 f., 53<br />

– Fürstenschulen 52 f., 53<br />

– Universitätsentwicklung (18./19. Jh.)<br />

52 ff.


379<br />

REGISTER<br />

Sächsische Akademie der<br />

Wissenschaften (Leipzig) 106<br />

Sängerkrieg auf der Wartburg:<br />

Kommentare 144 f.<br />

Sammlung Maffei (Archäologisches<br />

Institut/Forschungsarchiv Antike<br />

Plastik, Univ. Köln) 126 f.<br />

Sanktionen in Konflikten und Kriegen:<br />

Waffenembargo 199 f.<br />

SAPERE s. Scripta Antiquitates<br />

Posterioris ad Ethicam<br />

REligionemque pertinentia<br />

SBZ (Sowjetisch Besetzte Zone) s. DDR<br />

Schädeldeformation: Kraniosynostose<br />

261 f.<br />

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph<br />

von 13<br />

Schiller, Friedrich: Nationalausgabe 150<br />

School of Cultural Studies/Culture<br />

Research Unit (Tel Aviv Univ.) 153<br />

School of Historical Studies, Institute for<br />

Advanced Study (Princeton): Gaststipendienprogramm<br />

270 f.<br />

Schrift: altägyptische Hieroglyphenschrift<br />

107 ff.<br />

Schwarzhandel (Kriegszeit und nach<br />

1945): Berlin 70 f.<br />

Schwerhörigkeit<br />

– Kindesalter: Connexin-assoziierte<br />

Hörstörungen 245 f.<br />

– Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit 244 f.<br />

Scripta Antiquitates Posterioris ad<br />

Ethicam REligionemque ertinentia<br />

(SAPERE) 22 ff.<br />

SED: Die „Heilige Schrift“ 77 f.<br />

Semantisches Wissen: textbasierende<br />

Informationen 166 f.<br />

Seminar für Ägyptologie (Univ. Köln) 104<br />

Seminar für Ägyptologie und Koptologie<br />

(Univ. Göttingen) 107<br />

Seminar für Arabistik (Univ. Göttingen)<br />

43<br />

Seminar für Deutsche Philologie (Univ.<br />

Göttingen) 144<br />

Seminar für Griechische und Römische<br />

Geschichte (Univ. Frankfurt a. M.) 97<br />

Seminar für Neuere Geschichte (Univ.<br />

Mannheim) 78<br />

Seminar für Politikwissenschaft (Univ.<br />

Köln) 225<br />

Seminar für Semitistik (Univ. Heidelberg)<br />

102<br />

Seminar für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte<br />

(Univ. München) 81<br />

Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft<br />

Zentralasiens (Univ. Bonn) 34<br />

Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />

(Univ. Mannheim) 66<br />

Sepulkralkunst s. Gräber und Grabmäler<br />

Serotonin- und Noradrenalin-Transporter:<br />

Depression 242 f.<br />

Shenbao (chinesische Tageszeitung<br />

1872 – 1898) 167 f.<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

– Bundesrep. Deutschland<br />

(1990 – 1999): EU/NATO 222 ff.<br />

– Europa: ESVP im transatlantischen<br />

Kontext 225 f.<br />

Simon-Dubnow-Institut für Jüdische<br />

Geschichte und Kultur e.V. (Univ.<br />

Leipzig) 49<br />

Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />

Leipzig) 49<br />

Sinologisches Seminar (Univ. Heidelberg)<br />

167<br />

Skulptur s. Plastik<br />

Slawische Körpergräber (10 – 13. Jh.):<br />

Mecklenburg, Pommern, Brandenburg<br />

111 ff.<br />

Sowjetunion: Deutschlandpolitik<br />

(1941 – 1949) 73 f.<br />

Sozialkapital: Bürgerschaftliches<br />

Engagement 194 ff.<br />

Sozialstaat: Deutschland (19./20. Jh.) 81<br />

Sozialstruktur: öffentlicher Dienst in<br />

Europa 206 f.<br />

Sozialtransfersysteme: Europa 178 f.<br />

Sozialwissenschaftliche Zeitschriftenaufsätze:<br />

Preise 214 f.<br />

Spinozerebelläre Ataxie Typ 3 248<br />

Spiritismus und ästhetische Moderne:<br />

Berlin und München 164 f.<br />

Sprache s. Literatur<br />

Sprachgeschichtsschreibung<br />

(romanistische) 165 f.


Staatsanwaltschaften: EU und Beitrittsländer<br />

189 f.<br />

Staatsrecht (Bundesrep. Deutschland):<br />

Handbuch Band IV 188 f.<br />

Staatsreligion und Volksfrömmigkeit:<br />

Ramses II 105<br />

Stadtarchäologie/ Stadtforschung<br />

– Etrurien (Italien): 8. – 5. Jh. v. Chr.<br />

92 ff.<br />

– Mykale-Survey: Topographie des<br />

antiken Ionien 94 ff.<br />

– Palmyra (Syrien) 100 ff.<br />

– römische Städte: Kaiserzeit 90 f.<br />

– Thugga (Tunesien): frühe Siedlungsgeschichte<br />

96 f.<br />

– Zafar/Jemen (Hauptstadt der<br />

Himyaren): Ausgrabungen 102 f.<br />

Steiner, Rudolf 35 ff.<br />

Steinzeit s. Paläolithikum<br />

Steuerrecht: Deutschland/EU 191 f.<br />

<strong>Stiftung</strong> Luthergedenkstätten in<br />

Sachsen-Anhalt 30<br />

<strong>Stiftung</strong> Wissenschaft und Politik/SWP<br />

(Berlin) 228, 229<br />

<strong>Stiftung</strong>sinitiative „Johann Gottfried<br />

Herder“ (<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>, Alfried<br />

Krupp von Bohlen und Halbach-<strong>Stiftung</strong>,<br />

Gemeinnützige Hertie-<strong>Stiftung</strong>,<br />

Robert Bosch <strong>Stiftung</strong>, Stifterverband<br />

für die Deutsche Wissenschaft) 274 f.<br />

Strafjustiz und Medien 190 f.<br />

Stresemann, Gustav 64 f.<br />

Südosteuropa: Sonderprogramm für den<br />

wissenschaftlich-kulturellen Wiederaufbau<br />

275 f.<br />

SWP s. <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft und Politik<br />

(Berlin)<br />

Syrien: vorrömisch-hellenistische Urbanistik<br />

(Palmyra) 100 ff.<br />

Systemischer Lupus Erythematodes/<br />

SLE 253 f.<br />

Tagungen der Nobelpreisträger in<br />

Lindau 274<br />

REGISTER 380<br />

Tansania: Informations- und Kommunikationstechnologien/IKTs<br />

in Afrika<br />

200 f.<br />

Technik und Kunst (antike): Wunderwerke<br />

109 f.<br />

Technische Universität (Chemnitz):<br />

Fachgebiet Politikwissenschaft 198<br />

Technische Universität (München) 181<br />

Teilchenphysik s. Physik<br />

Tel Aviv University, Department of<br />

Classics 99<br />

– Lester and Sally Entin Faculty of<br />

Humanities 98<br />

Thailand: Aufbaustudium für Germanistik-Dozenten<br />

der Hanoi University of<br />

Foreign Studies (Vietnam) an der Ramkhamhaeng<br />

University (Bangkok) 272 ff.<br />

Thugga (Tunesien): frühe Siedlungsgeschichte<br />

96 f.<br />

<strong>Thyssen</strong>, August: Schloss Landsberg<br />

130 ff.<br />

<strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen: Ikonologie der<br />

Gegenwart (Humboldt-Univ. Berlin)<br />

172 ff.<br />

Tibet: Buddhismus 34 f.<br />

Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit 244 f.<br />

Townes-Brocks-Syndrom 262 f.<br />

Transatlantische Beziehungen<br />

– Bundesrep. Deutschland/EU/NATO<br />

(1990 – 1999): Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik 222 ff.<br />

– ESVP (Europäische Sicherheits- und<br />

Verteidigungspolitik) 225 f.<br />

– Gesprächskreis 221 f.<br />

Transformationsländer: Wachstumsdeterminanten<br />

182 f.<br />

Transkription und Retrotransposition:<br />

DNA 264 f.<br />

Traumatische Texte: literarische Fiktion<br />

162 ff.<br />

Triumphzug (römischer): Raum und<br />

Ritual 91 f.<br />

Troeltsch, Ernst 33<br />

Türkei: Topographie des antiken Ionien<br />

(Mykale-Survey) 94 ff.<br />

Tumorerkrankungen: Myc in der<br />

Tumorentstehung 263 f.<br />

Tunesien: Thugga (Ausgrabungen) 96 f.<br />

T-Zell-Selektion 252 f.


381<br />

REGISTER<br />

UdSSR s. Sowjetunion<br />

Übersetzungen<br />

– archäologische Schriften: Übersetzungen<br />

ins Deutsche (18. Jh.) 110 f.<br />

– Diltheys, Wilhelm: Übersetzung ins<br />

Russische 14 f.<br />

– Klassiker der Philosophie:<br />

Übersetzungen ins Englische 9 f.<br />

– rhetorische Begriffsbildung<br />

(17./18. Jh.): Ukraine/Russland 157 f.<br />

– Scripta Antiquitates Posterioris Ad<br />

Ethicam REligionemque Pertinentia<br />

(SAPERE) 22 ff.<br />

Ukraine/Russland: rhetorische Begriffsbildung<br />

(17./18. Jh.) 157 f.<br />

Umbrische Kunst: Gemälde (15./16. Jh.)<br />

121<br />

Umweltrecht (EU): Bauleitplanung 192 f.<br />

Ungarn: Collegium Budapest (Fellow-<br />

Stipendien) 267 ff.<br />

United Nations s. Vereinte Nationen<br />

Universität Augsburg<br />

– Klassische Archäologie 110<br />

– Lehrstuhl für Neuere und Neueste<br />

Geschichte 55<br />

Universität Bamberg: Lehrstuhl für<br />

Deutsche Sprachwissenschaft und<br />

Ältere Deutsche Literatur 142<br />

Universität Bayreuth<br />

– Fachbereich Klassische Philologie<br />

und Theologie 22<br />

– Fachbereich Religionswissenschaft 22<br />

Universität Bielefeld: Lehrstuhl<br />

„Soziologie ökologischer Risiken“ 212<br />

Universität Bochum (Ruhr-Universität)<br />

– Fakultät für Geschichtswissenschaft<br />

80<br />

– Fakultät für Sozialwissenschaften 68<br />

– Fakultät für Wirtschaftswissenschaft<br />

183<br />

Universität Cagliari: Dipt. Scienze<br />

Biomediche e Biotecnologie 257<br />

Universität des Saarlandes (Saarbrücken):<br />

Fachrichtung Germanistik 150<br />

Universität Dortmund: Lehrstuhl für<br />

Denkmalpflege und Bauforschung 130<br />

Universität Duisburg<br />

– Fachbereich 1 – Soziologie 207<br />

– Fakultät 2 – Jüdische Studien 46<br />

Universität Erlangen: Sektion Politik und<br />

Zeitgeschichte des Nahen Ostens 58<br />

Universität Essen: Fachrichtung<br />

Allgemeine und Vergleichende<br />

Literaturwissenschaft 170<br />

Universität Frankfurt a. M.: Lehrstuhl<br />

für Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />

130 f.<br />

Universität Fribourg: Lehrstuhl für<br />

Allgemeine und Schweizer<br />

Geschichte 115<br />

Universität Göttingen<br />

– Fachbereich Klassische Philologie 22<br />

– Fachbereich Neues Testament 22<br />

Universität Greifswald: Rechts- und<br />

Staatswissenschaftliche Fakultät 180<br />

Universität Halle-Wittenberg:<br />

Juristische Fakultät 232<br />

Universität Hamburg: Fachbereich<br />

Rechtswissenschaft 232<br />

Universität Hannover: Fachbereich<br />

Rechtswissenschaften 190<br />

Universität Heidelberg: Lehrstuhl für<br />

Klassische Archäologie 91<br />

Universität Jena: Theologische Fakultät,<br />

Lehrstuhl für Neues Testament 24<br />

Universität Kiel: Lehrstuhl für Sozialund<br />

Wirtschaftsgeschichte 38<br />

Universität Konstanz: Fachgruppe<br />

Literaturwissenschaft/Slawistik 157<br />

Universität Mainz: Fachbereich<br />

Evangelische Theologie, Lehrstuhl<br />

für Neues Testament 26<br />

Universität Mannheim: Lehrstuhl für<br />

Politische Wissenschaft II 208<br />

Universität Marburg: Fachbereich<br />

Evangelische Theologie 30<br />

Universität München 182, 186<br />

– Evangelisch-Theologische Fakultät:<br />

Abteilung für Kirchengeschichte 33;<br />

Lehrstuhl für Systematische<br />

Theologie mit Schwerpunkt Ethik 33<br />

Universität Potsdam: Jüdische Studien<br />

136<br />

Universität Tübingen<br />

– Abteilung Medizinische Genetik 248<br />

– Fakultät für Kulturwissenschaften 134<br />

Universität Würzburg: Fachbereich<br />

Neues Testament 22


Universitäten: Sachsen (18./19. Jh.) 52 ff.<br />

Universitätsgeschichte: Friedrich-<br />

Wilhelms-Universität Berlin<br />

(1933 – 1945) 70<br />

Universitätsklinik und Polyklinik für<br />

Dermatologie und Allergologie (Ulm)<br />

252<br />

Universitätsklinikum Freiburg, Innere<br />

Medizin 255<br />

Unternehmer/Unternehmen<br />

– Corporate Restructuring: Bundesrep.<br />

Deutschland/Vereinigte Staaten 181 f.<br />

– multinationale 236 f.<br />

Urbanistik s. Stadtforschung<br />

USA s. Vereinigte Staaten<br />

Utopien (realisierte): Heterotopien<br />

(literarische) 160 ff.<br />

Vereinigte Staaten von Amerika<br />

– Corporate Restructuring: Bundesrep.<br />

Deutschland 181 f.<br />

– deutsche Gegenwartsliteratur: Gaststipendienprogramm<br />

(Max-Kade-<br />

Zentrum, St. Louis, Mo.) 269 f.<br />

– Gaststipendienprogramm: Princeton<br />

(Institute for Advanced Study, School<br />

of Historical Studies) 270 f.<br />

– Öffentliches Recht (europäisches):<br />

Gastlehrstuhl am European Legal<br />

Studies Center (Columbia Law<br />

School, New York) 270<br />

– Technologieschocks: Geldpolitik 179 f.<br />

– Transatlantische Beziehungen:<br />

Gesprächskreis 221 f.<br />

– Weltpolitik 219 ff.<br />

– Wirtschaftsrecht (europäisches):<br />

Curriculum am European Legal<br />

Studies Center (Columbia Law<br />

School, New York) 270<br />

Verfassung: SBZ/DDR (1947 – 1949) 74 f.<br />

Verfassungsrecht (europäisches) 235<br />

Verfassungsstaaten (demokratische)<br />

198 f.<br />

Verfassungsvertrag: EU 235 f.<br />

Verfolgte (politisch)<br />

– Aufnahme in der DDR 76 f.<br />

REGISTER 382<br />

– Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />

Berlin (1933 – 1945) 70<br />

Vietnam: Aufbaustudium für Germanistik-Dozenten<br />

der Hanoi University<br />

of Foreign Studies an der Ramkhamhaeng<br />

University (Bangkok/Thailand)<br />

272 ff.<br />

Villen (römische)<br />

– Algarve (Portugal) 97 f.<br />

– Apollonia-Arsuf (Israel) 99 f.<br />

Vorlesungen<br />

– Ernst Fraenkel Lecture Series (FU<br />

Berlin) 202 f.<br />

– Europarecht (Univ. Hamburg) 232<br />

– Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />

Leipzig) 49<br />

– <strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen: Ikonologie<br />

der Gegenwart (Humboldt-Univ.<br />

Berlin) 172 ff.<br />

Wachstumsdeterminanten:<br />

Transformationsländer 182 f.<br />

Waffenembargo: Sanktionen in<br />

Konflikten und Kriegen 199 f.<br />

Wahlkämpfe: Bundesrep. Deutschland<br />

(1949 – 1976) 80 f.<br />

Wartburg: Kommentare zum Sängerkrieg<br />

144 f.<br />

Weigel, Erich 12<br />

Weimarer Republik<br />

– Eliten in Sachsen 51 f., 53<br />

– Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />

– Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />

– Human Development Index/HDI 81 ff.<br />

– Stresemann, Gustav 64 f.<br />

Weizmann Institute of Science (Rehovot):<br />

Harari Center for Experimental<br />

Physics 272<br />

Wettbewerbsrecht (europäisches):<br />

Lehrbuch 233 f.<br />

Wiedergutmachung: NS-Verfolgte<br />

(1945 – <strong>2001</strong>) 73<br />

Wilhelm II: Leo Frobenius 63 f.<br />

Winckelmann, Johann Joachim, 104 f.<br />

Winckelmann-Gesellschaft e. V.<br />

(Stendal) 104


383<br />

REGISTER<br />

Wirtschaftsförderung: Neue Bundesländer<br />

183 f.<br />

Wirtschaftsrecht (europäisches):<br />

Curriculum am European Legal<br />

Studies Center (Columbia Law<br />

School, New York) 270<br />

Wirtschaftsverbände: Frankreich im<br />

europäischen Vergleich 208 ff.<br />

Wiskott-Aldrich-Syndrom 253<br />

Wissenschaftliche Schriften der<br />

Archäologie (18. Jh.): Übersetzungen<br />

ins Deutsche 110 f.<br />

Wissenschaftlich-Theologisches<br />

Seminar (Univ. Heidelberg) 28<br />

Wissenschaftsgeschichte: Historia<br />

Scientiarum (17. – 19. Jh.) 86 f.<br />

Wissenschaftskolleg (Berlin) 18<br />

Wissenschaftszentrum Berlin für<br />

Sozialforschung/WZB 196<br />

– Abteilung Sozialstruktur und<br />

Sozialberichterstattung 204<br />

Wittenberg: Lutherhalle 30<br />

Wörterbücher s. Nachschlagewerke/<br />

Lexika/Wörterbücher<br />

Wohlfahrtsentwicklung: EU und<br />

Beitrittsländer 204 ff.<br />

Wohlstandskluft: EU/Transformationsländer<br />

182 f.<br />

WZB s. Wissenschaftszentrum Berlin für<br />

Sozialforschung<br />

Zafar/Jemen (Hauptstadt der<br />

Himyaren): Ausgrabungen 102 f.<br />

ZEFIR s. Zentrum für Interdisziplinäre<br />

Ruhrgebietsforschung/ZEFIR (Univ.<br />

Bochum)<br />

ZEI s. Zentrum für Europäische<br />

Integrationsforschung (Bonn)<br />

Zeichnungen: flämische und holländische<br />

(16. – 18. Jh.) 121 f.<br />

Zeitschriftenaufsätze: Preis für sozialwissenschaftliche<br />

Arbeiten 214 f.<br />

Zeitung: chinesische Tageszeitung<br />

„Shenbao“(1872 – 1898) 167 f.<br />

Zensur: DDR 77 f.<br />

Zentralinstitut für Russische Literatur<br />

(Sankt Petersburg) 157<br />

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit<br />

(Mannheim) 242<br />

Zentrum für Deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />

(Washington Univ.,<br />

St. Louis/Mo.) s. Max-Kade-Zentrum<br />

für Deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />

Zentrum für Europäische Integrationsforschung/ZEI<br />

(Bonn) 222<br />

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung/ZEW<br />

(Mannheim) 176, 178<br />

Zentrum für Humangenetik (Univ.<br />

Marburg) 244, 260<br />

Zentrum für Interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung/ZEFIR<br />

(Univ.<br />

Bochum) 131<br />

Zentrum für Sensomotorik (Univ.<br />

München) 265<br />

Zentrum für Zeithistorische Forschung<br />

(Potsdam) 73, 76, 77<br />

ZEW s. Zentrum für Europäische<br />

Wirtschaftsforschung (Mannheim)<br />

ZMBH-Zentrum für Molekulare<br />

Biologie (Univ. Heidelberg) 240<br />

Zöliakie 257 f.<br />

Zuckmayer, Carl: Gottfried Bermann<br />

Fischer 156 f.<br />

Zuwanderungspolitik der Kommunen:<br />

Bundesrep. Deutschland/ Niederlande<br />

211 f.<br />

Zweiter Weltkrieg: Schwarzhandel<br />

(Berlin) 70 f.


Bildnachweis: Matej Alcnauer, Spisˇská Nová Ves (Abb. 1);<br />

Archiv der <strong>Thyssen</strong>Krupp AG (Abb. 13); Asia Air, Osaka (Abb. 6);<br />

David Ausserhofer (Abb. 4); Kreismuseum Grimma (Abb. 2);<br />

Joachim Siener (Reproduktion) (Abb. 3);<br />

Staatliche Kunstsammlung Dresden (Abb. 11);<br />

Städelsches Kunstinstitut, Ursula Edelmann-Artothek<br />

(Abb. 10); Universitätsbibliothek Augsburg (Abb. 9);<br />

Institutsphotos (Abb. 5, 7, 8, 12, 14–18).

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