Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung
Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung
Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Jahresbericht</strong><br />
<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>
<strong>Jahresbericht</strong><br />
<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>
<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>, Dezember <strong>2002</strong><br />
Am Römerturm 3, 50667 Köln<br />
Telefon (02 21) 27 74 96-0, Telefax (02 21) 27 74 96-29<br />
Homepage: http://www.fritz-thyssen-stiftung.de<br />
E-mail: fts@fritz-thyssen-stiftung.de<br />
ISSN: 0930-4592<br />
Titelgestaltung: ESKOM Partner, Hamburg<br />
Gesamtherstellung: Druckhaus Locher GmbH, 50968 Köln
Inhalt<br />
Vorwort<br />
1 Aufgabe und Tätigkeit<br />
2 <strong>Stiftung</strong>sorgane<br />
5 Geschichte, Sprache und Kultur<br />
6 Philosophie<br />
21 Theologie und Religionswissenschaft<br />
37 Geschichtswissenschaften<br />
87 Archäologie; Altertumswissenschaft<br />
114 Kunstwissenschaften<br />
140 Sprach- und Literaturwissenschaften<br />
169 Querschnittbereich „Bild und Bildlichkeit“<br />
175 Staat, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
175 Wirtschaftswissenschaften<br />
184 Rechtswissenschaft<br />
193 Politikwissenschaft<br />
203 Soziologie<br />
215 Ethnologie<br />
216 Querschnittbereich „Internationale Beziehungen“<br />
238 Medizin und Naturwissenschaften<br />
238 Schwerpunkt „Molekulare Pathogenese und Modelle<br />
der Krankheitsentstehung“<br />
267 Internationale Stipendien- und Austauschprogramme<br />
277 Bibliotheksbeihilfen und Erwerb von Forschungsmaterial<br />
278 Kleinere wissenschaftliche Tagungen und Forschungsstipendien
310 Finanzübersicht<br />
310 Bilanz zum 31. Dezember <strong>2001</strong><br />
313 Ertrags- und Aufwandsrechnung <strong>2001</strong><br />
314 Bewilligte Mittel <strong>2001</strong> nach Förderungsbereichen und<br />
Förderungsarten<br />
Anhang<br />
317 Bibliographie der Publikationen der Jahre <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong><br />
363 Register<br />
384 Bildnachweis<br />
INHALT<br />
IV
Abbildungen<br />
29 Projekt „Katalogisierung der in Europa befindlichen<br />
hutterischen Handschriftenkodizes des 16.–18. Jahrhunderts“:<br />
Bearbeitung der Manuskriptbände im<br />
Batthyaneum, Karlsburg (Abb. 1)<br />
53 Projekt „Eliten-Bildung in Sachsen. Die Ausbildungsstrategien<br />
an den sächsischen Fürstenschulen im<br />
Kaiserreich und der Weimarer Republik“: Erinnerungskarte<br />
des Vereins ehemaliger Fürstenschüler (Abb. 2)<br />
67 Projekt „Der politische Lebensweg Hindenburgs<br />
(1914 bis 1934)“: Hindenburg mit seinem Enkel und<br />
Adolf Hitler (Abb. 3)<br />
69 Projekt „Erforschung des Verbleibs der in der Zeit von<br />
1933–1945 aus rassischen und politischen Gründen verfolgten<br />
Angehörigen der Friedrich-Wilhelms-Universität<br />
zu Berlin“: Gruppenbild (Abb. 4)<br />
89 Projekt „Die Aufnahme der Kryptoportikus in der Villa<br />
Domitians in Castel Gandolfo“: Kryptoportikus, südlicher<br />
Abschnitt (Abb. 5)<br />
93 Projekt „Stadtgenese und urbanistische Entwicklung in<br />
Etrurien“: Luftbildaufnahme (Abb. 6)<br />
95 Projekt „Mykale-Survey“: Landschaftsaufnahme (Abb. 7)<br />
101 Projekt „Die Urbanistik des hellenistischen Palmyra“:<br />
Tessera aus Ton (Abb. 8)<br />
111 Projekt „Die Verbreitung archäologischer Kenntnisse in<br />
deutscher Sprache im 18. Jahrhundert“: Doppelseite<br />
aus dem 1758 publizierten Werk „Les ruines … de la<br />
Grèce“ (Abb. 9)<br />
123 Projekt „Wissenschaftliche Katalogisierung der holländischen<br />
Gemälde des Barock (ca. 1550–1800) im<br />
Städelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main“:<br />
Gemälde von Rembrandt (Abb. 10)
125 Projekt „Kritisches Bestandsverzeichnis der spanischen<br />
Gemälde der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden“:<br />
Gemälde von Karl Louis Preusser (Abb. 11)<br />
129 Projekt „Französische Kunst im Nachkriegsdeutschland<br />
– Deutsche Moderne in Frankreich nach 1945“:<br />
Eröffnung der Ausstellung „Französische Malerei im<br />
19. Jahrhundert“ 1949 in der Kestner-Gesellschaft<br />
Hannover (Abb. 12)<br />
133 Projekt „August <strong>Thyssen</strong> und Schloss Landsberg. Ein<br />
Unternehmer und sein Haus“: August <strong>Thyssen</strong> auf<br />
Schloss Landsberg, Pfingsten 1911 (Abb. 13)<br />
137 Projekt „Geistliche Gesänge des deutschen Mittelalters“:<br />
Wochenpsalter (Abb. 14)<br />
146 Projekt „Edition und Kommentierung der Litauischen<br />
Postille von 1573“: Titelblatt und erste Seite (Abb. 15)<br />
161 Projekt „Sprachliche Strategien der Exklusion in politischer<br />
Gewalt: Der Herero-Nama-Aufstand 1904/07 in<br />
der zeitgenössischen deutschen Literatur“: Buchdeckel<br />
(Abb. 16)<br />
173 „Berliner <strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der<br />
Gegenwart“, Frau Prof. Barbara Stafford (Abb. 17)<br />
ABBILDUNGEN VI<br />
273 „Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel: Versuchsaufbau<br />
(Abb. 18)
VII Vorwort<br />
Mit dem <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> stellt die gemeinnützige <strong>Fritz</strong><br />
<strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> die Entwicklung ihrer Förderbereiche und Schwerpunkte<br />
in diesem Zeitraum vor und informiert über neu in die Förderung<br />
aufgenommene Forschungsprojekte. Über Ergebnisse früherer<br />
Förderungsmaßnahmen und eine Vielzahl geförderter Publikationen<br />
wird ebenfalls berichtet.<br />
Aufgabe der <strong>Stiftung</strong> ist die Wissenschaftsförderung an wissenschaftlichen<br />
Hochschulen und Forschungsstätten. Für diesen Zweck<br />
hat die <strong>Stiftung</strong> im Berichtszeitraum 13,8 Millionen Euro aufgewandt.<br />
✳<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> konzentriert ihre Fördertätigkeit im<br />
wesentlichen auf drei ausgewählte Bereiche: „Geschichte, Sprache<br />
und Kultur“, „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ sowie „Medizin<br />
und Naturwissenschaften“. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt<br />
dabei vor allem der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />
Inhaltlich weist die Fördertätigkeit ein breites Themenspektrum<br />
auf. Das Schwergewicht der Förderung liegt jedoch, entsprechend<br />
dem Willen der Stifterinnen, bei der Unterstützung von<br />
Forschungsvorhaben in den Geisteswissenschaften und in der Medizin.<br />
Als Instrumentarien stehen der <strong>Stiftung</strong> die Projektförderung,<br />
die Stipendienvergabe sowie die Förderung wissenschaftlicher<br />
Veranstaltungen zur Verfügung. Die <strong>Stiftung</strong> entwickelt jedoch<br />
auch eigene Initiativen und führt selbst Programme durch.<br />
Im Förderungsbereich „Geschichte, Sprache und Kultur“ will die<br />
<strong>Stiftung</strong> auf Wandlungsprozesse in den Geisteswissenschaften mit<br />
angemessener Offenheit reagieren. Hierbei unterstützt sie besonders<br />
Projekte mit interdisziplinären Ansätzen; aber auch die Kooperation<br />
mit anderen Wissenschaftsbereichen wie den Sozialwissenschaften<br />
oder auch den Naturwissenschaften erachtet sie als<br />
besonders förderungswürdig. Um einen besonderen Akzent zu setzen,<br />
hat die <strong>Stiftung</strong> einen Querschnittbereich „Bild und Bildlichkeit“<br />
eingerichtet. Es haben sich in der Medizin und in den<br />
Naturwissenschaften instrumentelle Bildwelten entwickelt, die<br />
neben der Bildkultur in den Künsten stehen. Sie sind aus dem<br />
Erkenntnisprozess dieser Disziplinen nicht mehr wegzudenken. Sie<br />
stellen jedoch auch Ansprüche an die Geisteswissenschaften, die<br />
sich mit diesen neuen Bildwelten auseinanderzusetzen haben.<br />
Im Förderungsbereich „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ unterstützt<br />
die <strong>Stiftung</strong> insbesondere Vorhaben, die Voraussetzungen
und Folgen der Wandlungsprozesse untersuchen, die die heutigen<br />
Gesellschaften kennzeichnen. Soweit diese Wandlungsprozesse im<br />
Rahmen der Globalisierung alle nationalen Grenzen überwunden<br />
haben und zunehmend die Gesellschaften bis in die Privatsphäre<br />
jedes Einzelnen hinein beeinflussen, sind sie auch eine Herausforderung<br />
an die Wissenschaften, sich mit diesem Phänomen zu befassen.<br />
Die hierbei festzustellenden, grenzüberschreitenden Abhängigkeiten<br />
sind ein Thema, das in dem Querschnittbereich „Internationale<br />
Beziehungen“ mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden<br />
soll. Krisenphänomene, das System der internationalen Sicherheit,<br />
aber auch nationale Sicherheitsprobleme sind Felder, denen<br />
sich die Wissenschaft verstärkt zuwenden muss. Politik-, Wirtschafts-,<br />
Rechts- und Sozialwissenschaften haben hierbei die<br />
Grundlagen zu erarbeiten, auf die konkrete Politikberatung aufbauen<br />
kann.<br />
Die medizinische Grundlagenforschung steht im Mittelpunkt der<br />
Förderung des Bereichs „Medizin und Naturwissenschaften“. Seit<br />
mehreren Jahren hat die <strong>Stiftung</strong> sich hier der Erforschung von<br />
Krankheiten gewidmet, deren Entstehung entscheidend auf Gendefekten<br />
beruht oder die mit Prädispositionsgenen assoziiert sind.<br />
Im Rahmen des Programms „Molekulare Pathogenese und Modelle<br />
der Krankheitsentstehung“ möchte die <strong>Stiftung</strong> Hilfestellung geben,<br />
wobei sie Forschungsvorhaben jüngerer Wissenschaftler bevorzugt<br />
fördert und auch die in den Kliniken arbeitenden Forscher zur<br />
Antragstellung ermutigen möchte. In den zurückliegenden Jahren<br />
hat die <strong>Stiftung</strong> in diesem Programm jeweils rund 2 Millionen Euro<br />
für Forschungsvorhaben bereitgestellt und damit wichtige Arbeiten<br />
zur Alzheimer-Krankheit, zum Diabetes und zu anderen Erkrankungen<br />
ermöglicht.<br />
✳<br />
VORWORT VIII<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> finanziert diese und andere Projekte aus<br />
den Erträgnissen ihres eigenen Vermögens. Wie auch andere <strong>Stiftung</strong>en<br />
hat die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> in den zurückliegenden Monaten<br />
spürbare Rückgänge bei den Einkünften aus ihrem Vermögen zu verzeichnen.<br />
Auch das Jahr 2003 wird von einer empfindlichen Reduktion<br />
der verfügbaren Fördergelder geprägt sein. Zeitgleich verzeichnet<br />
die <strong>Stiftung</strong> aufgrund der in den Hochschulen zu konstatierenden<br />
einschneidenden Sparmaßnahmen, auch bei Forschungsetats, einen<br />
stetigen Zuwachs an Förderanträgen. Wissenschaftler sehen sich<br />
immer mehr gezwungen, über die Einwerbung von Drittmitteln einen<br />
Qualitätsnachweis zu erbringen, der ihnen Zugang auch zu öffentlichen<br />
Fördermitteln ermöglicht. Das von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>,<br />
aber auch von anderen <strong>Stiftung</strong>en eingerichtete Begutachtungs-
IX<br />
VORWORT<br />
system muss hier nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ an<br />
seine Grenzen stoßen. Wir appellieren daher an die Verantwortlichen<br />
in den zuständigen Wissenschaftsministerien und in den Hochschulen<br />
– auch angesichts des Rückgangs der Fördermittel –, die Einwerbung<br />
von Forschungsgeldern bei <strong>Stiftung</strong>en in ihrer ursprünglichen Funktion<br />
zu sehen: Sie soll es besonders qualifizierten Wissenschaftlern<br />
ermöglichen, zusätzliche Mittel für ihre Forschungsarbeit zu erlangen,<br />
nicht jedoch Haushaltslücken schließen.<br />
✳<br />
Die <strong>Stiftung</strong> begrüßt die vom Gesetzgeber zum Ende der vergangenen<br />
Legislaturperiode beschlossene Neuregelung des <strong>Stiftung</strong>sprivatrechts.<br />
Wir sehen sie als Bestätigung und Anerkennung der<br />
Arbeit gemeinnütziger <strong>Stiftung</strong>en. Das Reformwerk schafft nicht nur<br />
bessere Rahmenbedingungen zur Gründung neuer <strong>Stiftung</strong>en, sondern<br />
stärkt auch die Arbeits- und Leistungsfähigkeit bestehender<br />
<strong>Stiftung</strong>en. Unabhängig davon ist jedoch auch eine Überarbeitung<br />
der bestehenden Landesstiftungsgesetze erforderlich. Neben der<br />
Aufsicht durch die Finanzbehörden ist die Aufsicht durch die<br />
Landesstiftungsbehörden ein wesentlicher Garant für die an den<br />
jeweiligen Zweck gebundene Arbeit der <strong>Stiftung</strong>en. Da den <strong>Stiftung</strong>en<br />
in den letzten Jahren jedoch neue Aufgaben zugewachsen sind,<br />
ist eine Modernisierung und ein an die gewandelten Bedürfnisse der<br />
<strong>Stiftung</strong>en angepasstes <strong>Stiftung</strong>saufsichtsrecht erforderlich. <strong>Stiftung</strong>en<br />
werden zunehmend als verläßliche Akteure in einer sich entwickelnden<br />
Zivilgesellschaft wahrgenommen, die ihre privaten Mittel<br />
wirkungsvoll für die Gemeinschaft einsetzen.<br />
✳<br />
Dass <strong>Stiftung</strong>en angemessen auch auf sehr kurzfristig entstehende<br />
Herausforderungen reagieren können, haben die zahlreichen Hilfsmaßnahmen<br />
nach der Flutkatastrophe in Ostdeutschland gezeigt.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> als spezifisch in der Wissenschaftsförderung<br />
tätige Einrichtung hat eine Soforthilfe für die Medizinische<br />
Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden<br />
bereitgestellt. Die Mittel waren innerhalb von zehn Tagen nach<br />
einer in Dresden durchgeführten Bestandsaufnahme verfügbar.<br />
✳
VORWORT X<br />
Die Soforthilfe für die Technische Universität Dresden ist zugleich<br />
ein Baustein im Rahmen des großen Engagements der <strong>Stiftung</strong> zur<br />
Förderung der Wissenschaften in Ostdeutschland. In der gerade<br />
erschienenen Dokumentation „Zwischen Wende und Flut“ gibt die<br />
<strong>Stiftung</strong> einen Überblick über die Fördertätigkeit seit 1989. Die <strong>Stiftung</strong><br />
sah es als ihre besondere Verpflichtung an, einen Beitrag zur<br />
Behebung wesentlicher Engpässe an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
Ostdeutschlands zu leisten und unmittelbar<br />
Hilfestellung zu geben. Der Wiederaufbau einer einheitlichen, aber<br />
gleichzeitig auf Vielfalt basierenden Wissenschaftslandschaft in<br />
Deutschland bleibt ein Ziel, an dem staatliche und private Förderer<br />
weiter arbeiten müssen.<br />
✳<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> hatte im zurückliegenden Jahr den Tod<br />
ihres Beiratsmitglieds Professor Kurt Nowak zu beklagen. Herr<br />
Nowak hat sich in seinem Fach als Kirchenhistoriker große Verdienste<br />
erworben und bei der Entwicklung der Fördertätigkeit der <strong>Stiftung</strong><br />
im Bereich der Theologie und Religionswissenschaft wesentliche<br />
Impulse gesetzt. Als sein Nachfolger wurde Professor Christoph<br />
Markschies in den Wissenschaftlichen Beirat berufen. Ebenfalls in<br />
den Wissenschaftlichen Beirat berufen wurde Professor Peter Gruss,<br />
seit Sommer <strong>2002</strong> Präsident der Max-Planck-Gesellschaft.<br />
Den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats der <strong>Stiftung</strong> sind<br />
wir für ihre Arbeit bei der sachkundigen und umsichtigen Prüfung<br />
und Beratung der Anträge und Begleitung der von der <strong>Stiftung</strong><br />
geförderten Programme und Projekte sehr zu Dank verpflichtet. In<br />
diesen Dank schließen wir alle Gutachter und Kommissionsmitglieder<br />
ein, die die <strong>Stiftung</strong> zu Projekten und Förderungsschwerpunkten<br />
beraten haben.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> dankt vielen Persönlichkeiten, Institutionen und Ressorts<br />
für die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit im<br />
Berichtszeitraum. Neben wissenschaftsfördernden <strong>Stiftung</strong>en im Inund<br />
Ausland zählen dazu besonders die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
und die Max-Planck-Gesellschaft.<br />
Für das Kuratorium<br />
Klaus Liesen<br />
Manfred Schneider
1 Aufgabe und Tätigkeit<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> wurde am 7. Juli 1959 von Frau Amélie<br />
<strong>Thyssen</strong> und ihrer Tochter Anita Gräfin Zichy-<strong>Thyssen</strong> im<br />
Gedenken an August und <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> errichtet. Die <strong>Stiftung</strong> hat<br />
ihren Sitz in Köln. Sie ist die erste große private wissenschaftsfördernde<br />
Einzelstiftung, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik<br />
Deutschland errichtet wurde.<br />
Ausschließlicher Zweck der <strong>Stiftung</strong> ist nach ihrer Satzung die unmittelbare<br />
Förderung der Wissenschaft an wissenschaftlichen Hochschulen<br />
und Forschungsstätten, vornehmlich in Deutschland, unter<br />
besonderer Berücksichtigung des wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> hat hierzu ihre Tätigkeit auf die Förderung bestimmter<br />
und zeitlich übersehbarer Forschungsvorhaben im Rahmen ihres<br />
Förderungsprogramms und ihrer finanziellen Möglichkeiten konzentriert.<br />
Sie unterstützt dabei auch kleinere wissenschaftliche Tagungen,<br />
vergibt Stipendien an junge Wissenschaftler, die ihre Hochschulausbildung<br />
bereits mit der Promotion abgeschlossen haben, finanziert<br />
mehrere internationale Stipendien- und Austauschprogramme<br />
und fördert auch in begrenztem Umfang die Publikation der<br />
Resultate von ihr unterstützter Forschungsarbeiten.<br />
Über ihre Tätigkeit berichtet die <strong>Stiftung</strong> jährlich und versendet Hinweise<br />
für Antragsteller, die auch unter der Internet-Adresse<br />
http://www.fritz-thyssen-stiftung.de abrufbar sind. Sie nimmt Anregungen<br />
und Anträge entgegen, entfaltet jedoch auch Initiativen, definiert<br />
im Rahmen ihrer Förderungsbereiche besondere Schwerpunkte<br />
und regt thematisch interessierte und ausgewiesene Wissenschaftler<br />
zu Untersuchungen an. Dabei begrüßt sie es, wenn auch die<br />
Kapazität und die Ansätze ausländischer Wissenschaftler in ihre Förderungsarbeit<br />
einbezogen werden können.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> veranstaltet wissenschaftliche Symposien und Vorlesungsreihen,<br />
hat eine Reihe von Modellprogrammen zur Förderung<br />
besonders befähigter Nachwuchswissenschaftler geplant und organisiert.<br />
Eigene Forschungsinstitute oder Lehreinrichtungen unterhält die<br />
<strong>Stiftung</strong> nicht. Sie fördert grundsätzlich auch keine Projekte, die sich<br />
auf Bereiche beziehen, aus denen die Erträge der <strong>Stiftung</strong> stammen.
Kuratorium<br />
Wissenschaftlicher<br />
Beirat<br />
<strong>Stiftung</strong>sorgane<br />
Die Satzung der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> sieht drei Organe vor:<br />
Kuratorium<br />
Wissenschaftlicher Beirat<br />
Vorstand<br />
Das aus sieben Mitgliedern bestehende Kuratorium stellt nach Anhörung<br />
des Wissenschaftlichen Beirats die Richtlinien auf, nach denen<br />
der <strong>Stiftung</strong>szweck im einzelnen erreicht werden soll und entscheidet<br />
über die Verwendung der <strong>Stiftung</strong>smittel. Es beruft die Mitglieder<br />
des Wissenschaftlichen Beirats und den Vorstand, dessen Geschäftsführung<br />
es überwacht. Das Kuratorium ergänzt sich durch Kooptation.<br />
Dem Kuratorium gehören an (Stand 1.12.<strong>2002</strong>):<br />
Dr. Dr. h. c. Klaus Liesen, Vorsitzender<br />
Dr. Manfred Schneider, Stellvertretender Vorsitzender<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Frühwald<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hubert Markl<br />
Dr. Arend Oetker<br />
Dr. h. c. Alfred Freiherr von Oppenheim<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Horst Siebert<br />
Der Wissenschaftliche Beirat berät die <strong>Stiftung</strong> bei der Durchführung<br />
der <strong>Stiftung</strong>saufgaben, vor allem bei der Vergabe der Förderungsmittel.<br />
Mitglieder sind (Stand 1.12.<strong>2002</strong>):<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Wolf Lepenies, Vorsitzender<br />
Prof. Dr. Lothar Gall, Stellvertretender Vorsitzender<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Konrad Beyreuther<br />
Prof. Dr. Dres. h. c. Hubert E. Blum<br />
Prof. Dr. Gottfried Boehm<br />
Prof. Dr. Wolfgang Franz<br />
Prof. Dr. Peter Gruss<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Otfried Höffe<br />
Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus J. Hopt<br />
Prof. Dr. Andreas Kablitz<br />
Prof. Dr. Peter Graf Kielmansegg<br />
Prof. Dr. Dieter Langewiesche<br />
Prof. Dr. Christoph Markschies<br />
Prof. Dr. Stefan M. Maul<br />
Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier<br />
Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker<br />
Prof. Dr. Paul Zanker<br />
2
3<br />
STIFTUNGSORGANE<br />
Dem Vorstand obliegen die Durchführung der <strong>Stiftung</strong>saufgaben<br />
und die Verwaltung des Vermögens der <strong>Stiftung</strong>. Er führt die laufenden<br />
Geschäfte. Vorstand der <strong>Stiftung</strong> ist Jürgen Chr. Regge.<br />
Die <strong>Stiftung</strong>sgremien tagten gemeinsam am 17. Februar und am<br />
23. Juni <strong>2001</strong> sowie am 9. Februar und am 29. Juni <strong>2002</strong>.<br />
Vorstand
5<br />
Geschichte, Sprache und Kultur<br />
Ein Prozess zunehmender Spezialisierung ist für die Geschichte<br />
und Gegenwart aller Fächer und Wissensbereiche kennzeichnend.<br />
Er führt fachintern immer wieder zu einem Überdenken des Wissenskanons<br />
und der Methoden, die in einer Disziplin als verbindlich<br />
angesehen werden, und zur Neuordnung der Gegenstandsbereiche,<br />
mit denen sich ein Fach befasst. Fachextern wird dieser Prozess von<br />
einer Neubestimmung der Beziehungen zu anderen Fächern begleitet,<br />
die veränderte Disziplinkoalitionen und die Bildung neuer<br />
Fächer zur Folge haben kann. In den letzten Jahrzehnten haben<br />
sich diese Wandlungsprozesse in den Wissenschaften durch die<br />
zunehmende Globalisierung und das Vordringen der elektronischen<br />
Medien noch weiter beschleunigt und zugleich qualitativ verändert.<br />
Der Kulturenkontakt wird enger. Zugleich entwickeln sich Medien<br />
universaler Kommunikation, die Sprach- und Kulturgrenzen immer<br />
durchlässiger und Gleichzeitigkeit zu einem bestimmenden Merkmal<br />
des wissenschaftlichen Austauschs machen.<br />
Stärker noch als in der Vergangenheit versuchen einzelne Disziplinen,<br />
auf diese Wandlungsprozesse mit neuen Nomenklaturen und<br />
nicht zuletzt Umbenennungen des Fachnamens zu reagieren. Für die<br />
Geisteswissenschaften gilt dies in besonderem Maße – nicht nur in<br />
Deutschland, sondern auch dort, wo es um die „Humanities“ oder die<br />
„Sciences humaines“ geht. Im Förderungsbereich „Geschichte,<br />
Sprache und Kultur“ soll auf die eben genannten Wandlungsprozesse<br />
der Geisteswissenschaften mit angemessener Offenheit reagiert<br />
werden. Unstrittig ist, dass sich die klassischen Geisteswissenschaften<br />
deutschen Ursprungs nicht zuletzt unter dem Einfluss der<br />
angelsächsischen Forschung zu Kulturwissenschaften entwickelt haben.<br />
Sie haben ihre eurozentrische Perspektive abgelegt und nutzen<br />
seit langem Theorie- und Methodenangebote aus anderen Fachgruppen<br />
zu ihrem eigenen Vorteil. Sie sind nicht länger darauf konzentriert,<br />
ein erkenntnistheoretisches Paradigma in Absetzung von<br />
den Naturwissenschaften zu entwickeln, sondern sehen, um nur ein<br />
Beispiel zu nennen, die Fruchtbarkeit der Kooperation mit den kognitiven<br />
Neurowissenschaften. Nicht zuletzt der Querschnittbereich<br />
„Bild und Bildlichkeit“ soll Forschungen unterstützten, die nicht nur<br />
verschiedene Fächer, sondern Fach“kulturen“ in der Orientierung<br />
an einem neuen, „ikonischen Erkenntnismodell“ miteinander vernetzen.<br />
Gleichzeitig soll im Förderungsbereich „Geschichte, Sprache und<br />
Kultur“ das Erbe der traditionellen Geisteswissenschaften gewahrt<br />
und fruchtbar weiterentwickelt werden. Trotz aller fachlichen Neukombinationen<br />
bleibt der Rückbezug auf „traditionelle“ Fächer wie<br />
die Philosophie und die Theologie wichtig, die ebenfalls in Wandlungsprozessen<br />
begriffen sind, zugleich aber weiterhin erkenntnisleitende<br />
Orientierungen bieten, die allen Fächern im weiten Bereich<br />
der Geistes- und Kulturwissenschaften von Nutzen sein können.
Auf die Wandlungsprozesse in den Geisteswissenschaften will die<br />
<strong>Stiftung</strong> dabei mit angemessener Offenheit reagieren. Sie will auf<br />
der einen Seite Projekte fördern, die – nicht zuletzt unter dem Einfluss<br />
angelsächsischer Forschung – als „kulturwissenschaftlich“ bezeichnet<br />
werden können und insbesondere den interdisziplinären<br />
Kontakt mit den Sozialwissenschaften suchen. Sie will besonderes<br />
Augenmerk auf Forschungsvorhaben richten, die auf eine Kooperation<br />
mit den Naturwissenschaften – insbesondere den kognitiven<br />
Neurowissenschaften – abzielen. Zugleich will sie die Forschungstraditionen<br />
„klassischer“ geisteswissenschaftlicher Disziplinen – insbesondere<br />
der Philosophie und der Theologie – weiterhin fördern, die<br />
allen Fächern im weiten Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften<br />
zur Anregung dienen können.<br />
Philosophie<br />
PHILOSOPHIE 6<br />
Die Philosophie kann bei jedem Thema der Alltagserfahrung und<br />
der Wissenschaften ansetzen. Infolgedessen ist sie nicht bloß Teil<br />
oder Gesprächspartner der Geistes- und Sozialwissenschaften. Sie<br />
trägt ebenso zu Grundlagendebatten in der Mathematik und den<br />
Naturwissenschaften sowie der Medizin und Technik bei. Und vor<br />
allem lässt sie sich auch auf Fragen von Recht und Gerechtigkeit,<br />
von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, von Bewusstsein, Selbstbewusstsein<br />
und Sprache, von Bildung und Kunst unmittelbar ein.<br />
Im deutschen Sprachraum herrschte freilich nach einer langen Zeit<br />
systematischen Denkens die Philosophiegeschichte vor, teils die Geschichte<br />
früherer Epochen, teils die Rezeption jener Traditionen, die<br />
nach dem Exil der entsprechenden Vertreter als angloamerikanische<br />
oder auch als analytische Philosophie bekannt geworden sind. Heute<br />
drängt sich – unter anderem – zweierlei auf: einerseits die Vermittlung<br />
der analytischen Philosophie mit transzendentalem, hermeneutischem<br />
und dialektischem Denken, andererseits ein systematisches<br />
Philosophieren, das sich aber wieder vom Reichtum der Philosophiegeschichte<br />
inspirieren lässt. Da der Anspruch der Philosophie auf<br />
universal gültige Begriffe und Argumente unter Kritik geraten ist,<br />
stellt sich eine dritte Aufgabe: Entweder den Anspruch auf universale<br />
Gültigkeit und zugleich die Idee der einen allgemeinmenschlichen<br />
Vernunft aufzugeben oder aber ihren Anspruch, zumal in Zeiten<br />
der Globalisierung, in Form inter- und transkultureller Diskurse<br />
zu erneuern.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> fördert die Philosophie in ihrer ganzen historischen<br />
und systematischen Breite, dabei ausdrücklich auch Epochen<br />
und Gebiete, die nicht im Hauptstrom der gegenwärtigen Forschung<br />
liegen. In der Geschichte der Philosophie setzt sie einen gewissen<br />
Schwerpunkt bei den Klassikern: ihrer Interpretation und<br />
Kommentierung, hier sowohl innerhalb als auch außerhalb der griechischen<br />
und der deutschen Hoch-Zeit der Philosophie. In der syste-
7<br />
PHILOSOPHIE<br />
matischen Philosophie fördert sie die philosophieinterne Grundlagenforschung,<br />
beispielsweise die Erkenntnis- und die Gegenstandstheorie,<br />
die Moralbegründung und philosophische Ästhetik. Nicht<br />
weniger wichtig sind ihr Themen, die nach einer disziplinären Öffnung<br />
verlangen: in der theoretischen Philosophie, bei Themen wie<br />
Sprache, Bewusstsein und Geist, eine Öffnung zu den Neuro- und<br />
Kognitionswissenschaften; in der praktischen Philosophie, etwa bei<br />
Recht, Staat und Politik einschließlich ihrer globalen Perspektive,<br />
eine Öffnung zu den Rechts- und Sozialwissenschaften; und in der<br />
philosophischen Ästhetik nicht nur die Öffnung zur Literatur, sondern<br />
auch zu den bildenden Künsten, der Architektur und der Musik.<br />
Platons Ethik und ihr handlungsteleologischer Hintergrund ist Gegenstand<br />
eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />
von Prof. Chr. Horn, Philosophisches Seminar, Universität Bonn.<br />
Ziel des Projekts ist es, Platons zahlreiche Äußerungen zu den Problemen<br />
der Moralphilosophie von einem gemeinsamen Hintergrund<br />
aus zu interpretieren: aus dem Blickwinkel einer Handlungsteleologie.<br />
Bei näherem Hinsehen sind deren Elemente bei Platon in erheblichem<br />
Umfang präsent, besonders in den Dialogen der Früh- und<br />
der Mittelperiode. Mit dem Ausdruck „handlungsteleologisch“ ist<br />
dabei die Auffassung gemeint, dass sämtliche Einzelhandlungen eines<br />
Individuums auf eine objektiv angebbare Zielstruktur ausgerichtet<br />
sind.<br />
Platons Ethik lässt sich demnach nur dann angemessen verstehen,<br />
wenn man ihre Grundlage in einer Theorie nicht-arbiträrer Ziele,<br />
Wünsche und Intentionen herausarbeitet. Ein solches Modell ist<br />
nicht mit einer Naturteleologie zu verwechseln: Naturteleologien behaupten<br />
eine übergreifende Zielausrichtung von Naturabläufen;<br />
Handlungsteleologien beruhen dagegen auf der Überzeugung,<br />
menschliches Handeln unterliege einer übergeordneten Zielstruktur.<br />
Jedes c besitzt nach dieser Auffassung eine natürliche Tendenz, in<br />
vollem Umfang dasjenige zu werden, was es idealiter heißt, ein c zu<br />
sein. Platonisch ausgedrückt: Jedes c will seinem eidos, seiner paradigmatischen<br />
Form, möglichst gleich werden und damit sein telos,<br />
seinen Zweck oder seine Funktion, bestmöglich erfüllen. Das Irritierende<br />
an einer solchen Konzeption dürfte für moderne Hörer darin<br />
liegen, dass wir uns allenfalls bei Artefakten, vielleicht noch bei Naturgegenständen<br />
einen solchen Begriff des „objektiv Guten“ vorstellen<br />
können: Was ein gutes Haus oder ein guter Tisch ist, würden wir<br />
an funktionalen Kriterien bemessen; ein Baum oder ein Hund wären<br />
– von funktionalen Aspekten einmal abgesehen – vielleicht je nach<br />
Gesundheit, Größe und Entwicklungsstand als mehr oder minder gut<br />
zu beurteilen. Anzugeben, was ein „Mensch in vollem Umfang“ oder<br />
ein „guter Mensch“ sein könnte, scheint uns dagegen kaum möglich,<br />
weil unsere Vorstellungen von menschlichen Entwicklungszielen zu<br />
stark voneinander abweichen.<br />
Platon
Dionysios<br />
von Proklos<br />
PHILOSOPHIE 8<br />
Seit Projektbeginn wurden zunächst besonders die Dialoge Gorgias<br />
und Protagoras unter Berücksichtigung der modernen Platon-Forschung<br />
einer Interpretation im Licht der Leitthese unterzogen. Im<br />
Zentrum stand dabei das bekannte Problem, was Platons diskontinuierliche<br />
Haltung zur Frage des Hedonismus zu bedeuten hat. Im Anschluss<br />
daran wurde Platons Politeia kritisch untersucht und zwar im<br />
Hinblick auf das Verhältnis von Tugend und Glück. Hieraus ergab<br />
sich die klärungsbedürftige Frage, inwiefern die Tugend auch bei<br />
Platon als bloß hinreichende Bedingung des Glücks gilt, und der Text<br />
damit einer sokratischen Interpretation folgt. Mit Blick auf rezente<br />
Forschungsmeinungen steht nun zur Diskussion, wie sich die Tugend<br />
als integraler Bestandteil des teleologischen Strebens auf die<br />
Bestimmung des höchsten Gutes auswirkt.<br />
Priv.-Doz. Dr. C. Schäfer (Institut für Philosophie, Universität Regensburg)<br />
erhält für das Projekt „The Structure of the Treatise On Divine<br />
Names. A Reconstruction of Dionysius as a Christian Neoplatonist“<br />
Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gilt das Pseudonym des (vorgeblichen)<br />
Paulus-Schülers Dionysius (Apg 17,34) als offengelegt und<br />
der Nachweis erbracht, dass der Verfasser des Corpus Dionysiacum<br />
ins 5. Jahrhundert und in die neuplatonische Tradition nach Proklos<br />
Diadochos zu verweisen ist. Die Tatsache, dass Dionysius von Proklos<br />
bis in sprachliche Formulierungen hinein abhängig ist, seine<br />
Hauptquelle aber zugunsten einer Apostelschüler-Fiktion verschweigt,<br />
ließ ihn schnell als ideenlosen Plagiator und christlichen<br />
Verfälscher eines ursprünglich auf besserer Grundlage ausgearbeiteten<br />
neuplatonischen Systems erscheinen. Aufgrund der Plagiator-<br />
Wertung war für die philosophische Forschung von vornherein eine<br />
grundlegende Struktur auch der Schrift „De divinis nominibus“<br />
(„DN“) als theologisierendes Sammelsurium Proklischer Versatzstücke<br />
uninteressant. Sie sah in der Vielzahl der göttlichen Namen<br />
lediglich eine wahllose Anhäufung von biblischen Benennungen<br />
ohne erkennbaren inneren Zusammenhang.<br />
Entgegen dieser herrschenden Forschungsmeinung geht Dr. Schäfer<br />
davon aus, dass die Untersuchung der inneren Anlage von „DN“ einen<br />
deutlichen und originellen, nicht nur theologischen, sondern<br />
grundlegend philosophischen Plan hervortreten lässt, der die einzelnen<br />
Elemente interaktiv erklärt. Die Entwicklung des Hauptgedankens<br />
einer ontologischen Entfaltung und Erklärung der Gesamtwirklichkeit<br />
lässt sich anhand der nur auf den ersten Blick unzusammenhängenden<br />
biblischen Benennungen Gottes in einen Dreischritt von<br />
Hervorgang, Stillstand und Rückkehr herausarbeiten, der ein eigenständiges<br />
philosophisches, neuplatonisches System bei Dionysius zu<br />
erkennen gibt: Gott, der letztlich Unbegreifliche, tritt als der Schöpfer<br />
aus seiner Transzendentalität heraus, um das Sein in seinen verschiedenen<br />
Abstufungen zu schaffen und sich auf diese Weise<br />
„quoad nos“ erfahrbar und in geschöpflichen Kategorien (Gutes/<br />
Sein/Leben/Weisheit) benennbar zu machen. Ein zweiter Block von
9<br />
PHILOSOPHIE<br />
Gottesnamen schließt sich an, der das wirklichkeitskonstitutive Innewerden<br />
und Anhalten des ontologischen Flusses zum Thema hat<br />
(z. B. Gott als Kraft: in Gerechtigkeit, Heil, Erlösung; als Friede). Endlich<br />
folgt eine dritte Sequenz von Namen, die das Gesamtwerk mit<br />
Hinweisen auf die Henosis aller Dinge mit ihrem ersten und finalen<br />
Grund abschließt: Gott als Heiliger der Heiligen; als der Vollendete;<br />
als der Eine.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, eine Monographie über den literarischen<br />
Aufbau und die damit verwandte philosophische Strukturgebung<br />
der „pseudo-dionysischen“ Schrift „De divinis nominibus“<br />
zu erarbeiten. Im einzelnen soll die Analyse und Darstellung<br />
des Gesamtaufbaus des Traktats den Nachweis erbringen, dass<br />
„DN“ als bruchlos – nämlich in einem methodischen Dreischritt –<br />
durchkomponierte Schrift anzusehen und dass vor allem die Lehre<br />
des Bösen in „DN“, die bislang als Beweis für die teilweise ad verbum<br />
abhängige Verwertung des Proklos bei Dionysius dient, innerhalb<br />
des Strukturganzen der Schrift als überzeugende Umdeutung<br />
der Proklischen Vorgaben durch Dionysius zu erklären ist. Dieser<br />
Neuversuch einer Strukturinterpretation des Traktats wird darauf<br />
angelegt sein, über die formale Analyse der Schrift eine Rehabilitierung<br />
der philosophischen Eigenständigkeit und Originalität des<br />
Dionysius Areopagita gegenüber den Plagiatorvorwürfen der letzten<br />
gut hundert Jahre zu erreichen.<br />
Für das Projekt „Contemporary German Perspectives (Deutsche<br />
Klassiker der Philosophie in der zeitgenössischen deutschen Debatte)“<br />
erhielt Prof. O. Höffe, Philosophisches Seminar, Universität<br />
Tübingen, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Nach einer langen Zeit der Skepsis der anglo-amerikanischen Philosophie<br />
gegenüber der Philosophiegeschichte werden seit einigen<br />
Jahren gerade in den USA die großen deutschen Klassiker wie Kant,<br />
Hegel, Nietzsche, Husserl und andere wieder intensiv studiert. Aufgrund<br />
der veränderten Sprachanforderungen kann jedoch die Literatur<br />
zu diesen Klassikern von vielen englisch-sprachigen Dozenten<br />
und Studenten nicht mehr gelesen werden, so dass ein hohes forschungspolitisches<br />
Interesse besteht, die besten Beiträge deutscher<br />
Hochschullehrer zu den deutschen Klassikern der Philosophie ins<br />
Englische zu übertragen.<br />
Geplant ist die Herausgabe von 8 bis 12 themenspezifischen Bänden<br />
durch Prof. Höffe gemeinsam mit Prof. R. Pippin, University of Chicago.<br />
Der erste Band „Hegel, The Philosophy of Right“ ist im Erscheinen,<br />
der zweite „Kant, Critique of Pure Reason“ kurz vor der<br />
Fertigstellung. Für die folgenden Bände ist die Auswahl der Beiträge<br />
bereits getroffen und die Übersetzungen werden vorbereitet:<br />
– Immanuel Kant: Moral und Rechtsphilosophie<br />
- Die Philosophie Friedrich Nietzsches.<br />
Als weitere Bände sind zunächst vorgesehen:<br />
Deutsche<br />
Klassiker
Giordano<br />
Bruno<br />
– Die Philosophie Edmund Husserls<br />
– Die Philosophie Martin Heideggers.<br />
PHILOSOPHIE 10<br />
Die Bände sollen jeweils eine Einführung der Herausgeber, etwa 15<br />
wegweisende Texte aus den letzten zwei bis drei Jahrzehnten, eine<br />
kommentierte Bibliographie, ein Register und Hinweise zu den Autoren<br />
enthalten.<br />
Prof. T. Leinkauf (Philosophisches Seminar, Universität Münster) erarbeitet<br />
mit Unterstützung durch die <strong>Stiftung</strong> eine Neue kritische<br />
deutsche Giordano Bruno-Ausgabe.<br />
Gegenstand des Projekts ist die Edition, Kommentierung und Übersetzung<br />
der italienischen Schriften des Renaissance-Philosophen Giordano<br />
Bruno im Rahmen einer deutschen Gesamtausgabe.<br />
Giordano Bruno (um 1548 bis 1600) gilt als einer der bedeutendsten<br />
Philosophen und Dichter der frühen Neuzeit. In seinem philosophischen<br />
Konzept verbanden sich mystisch geprägter Neuplatonismus,<br />
humanistisch inspirierte Mnemonik, ,magische‘ Überzeugungen und<br />
Pantheismus. Er glaubte an die Unendlichkeit des Universums, an<br />
die ordnende Kraft Gottes als Weltseele und an die Existenz eines<br />
einzigen, unendlichen Prinzips, das sich in jedem Teil der Schöpfung<br />
widerspiegele. Noch vor Galileo Galilei bekannte er sich zur kopernikanischen<br />
Theorie und setzte – vor René Descartes – dem Glauben<br />
den Zweifel und die Freiheit der Philosophie entgegen.<br />
Seine zentralen philosophischen Überzeugungen entfaltet Giordano<br />
Bruno in dem Hauptwerk „De la causa, principio et uno“ (1584, „Von<br />
der Ursache, dem Anfang und dem Einen“). Die Schrift „De l’infinito,<br />
universo, et mondi“ (1584, „Vom Unendlichen, dem All und den<br />
Welten“) gilt als ideengeschichtliche Schnittstelle zwischen der atomistischen<br />
Naturphilosophie der Antike, der Zurückweisung des Aristotelismus<br />
und dem Beginn der quantifizierenden Physik der Neuzeit.<br />
Zwei weitere Werke Giordano Brunos in italienischer Sprache<br />
sind die „Cabala del cavalo pegaseo“ und die kirchenpolitisch hochbrisante<br />
Abhandlung „Lo spaccio della bestia trionfante“ (Die Vertreibung<br />
der triumphierenden Bestie“), die vermutlich das Heilige<br />
Offizium in Rom dazu bewogen hat, letztendlich auf einer Hinrichtung<br />
Giordano Brunos als Ketzer zu beharren.<br />
Die Werke Giordano Brunos haben in Deutschland seit ihrer Wiederentdeckung<br />
im 18. Jahrhundert vor allem im Kontext der Diskussion<br />
um Theismus-Pantheismus (bzw. Panentheismus) oder der Substanz<br />
der Materie immer wieder Beachtung gefunden. Seit dem Ende des<br />
19. Jahrhunderts kam es verstärkt auch zu Übersetzungen ins Deutsche,<br />
die ihren – heute allerdings überholten – Gipfelpunkt in der<br />
beim Eugen Diederichs Verlag zwischen 1904 und 1909 erschienenen<br />
Bruno-Ausgabe gefunden haben.<br />
Im September 1998 wurde die „Deutsche Bruno-Forschungsgruppe“<br />
(DBF) mit der Zielsetzung gegründet, in Zusammenarbeit mit dem
11<br />
PHILOSOPHIE<br />
„Istituto per gli studi bruniani“ (Neapel) sowie dem „Italienzentrum<br />
der Freien Universität Berlin“ eine deutsche Gesamtausgabe der<br />
Schriften des Renaissancephilosophen zu besorgen. Die Neuausgabe<br />
basiert auf dem von Giovanni Aquilechia besorgten kritischen italienischen<br />
Text der zur Zeit maßgeblichen französischen Bruno-Ausgabe,<br />
die bei „Les belles lettres“ (Paris) erscheint. Sie wird mit den<br />
italienischen Schriften beginnen und jeweils aus einer Einleitung mit<br />
kritischer Bibliographie und Werkgeschichte, dem Originaltext, einer<br />
Übersetzung und einem Kommentar bestehen, der den philosophischen,<br />
systematischen und historischen Kontext für die Leser<br />
transparent macht. In einem späteren Schritt soll sich die Ausgabe<br />
der lateinischen Schriften anschließen.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> stellte Prof. T. Buchheim (Philosophie-Department, Lehrstuhl<br />
III, Universität München) für das Projekt „Substanzendualismus<br />
und rationaler Wille in der cartesischen Ethik“ Fördermittel zur<br />
Verfügung.<br />
Der französische Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker<br />
René Descartes (1596 – 1650) gilt u. a. auch als Begründer der neuzeitlichen<br />
Philosophie, namentlich des Rationalismus.<br />
Während die Philosophie vor seiner Zeit von den Methoden der<br />
Scholastik beherrscht wurde, die sich ganz auf den Vergleich und die<br />
Gegenüberstellung von Lehrmeinungen stützten, beschloss Descartes,<br />
nichts für wahr anzuerkennen, bis er nicht die Gründe herausgefunden<br />
habe, die ihn dazu veranlassten, etwas als wahr anzusehen.<br />
Die einzig sichere Tatsache, von der er ausging, wird in seinem<br />
berühmt gewordenen Ausspruch ausgedrückt: „Cogito, ergo sum“.<br />
Descartes’ Philosophie, die auch Cartesianismus genannt wird, ersetzt<br />
die Theorien der meisten früheren Philosophen durch ein System<br />
von mechanischen Erklärungen der physikalischen Phänomene.<br />
Nur der Akt des Denkens beweist die eigene Existenz. Gott<br />
hat der kartesianischen Philosophie zufolge zwei Arten von Substanzen<br />
geschaffen, aus denen die gesamte Realität besteht. Die eine ist<br />
die denkende Substanz (Res cogitans) und die andere die ausgedehnte<br />
Substanz (Res extensa). Zu seinen bedeutendsten Werken<br />
gehören der „Discours de la méthode“ (Abhandlungen über die Methode),<br />
mit drei Anhängen über die Geometrie, die Meteorologie und<br />
die Dioptrik, die „Meditationes de Prima Philosophia“ (Meditationen<br />
über die Erste Philosophie), die „Passions de l’Ame“ und die „Principia<br />
Philosophiae“ (Die Prinzipien der Philosophie).<br />
Im Bereich der Praktischen Philosophie hat Descartes keine eigenständige<br />
Arbeit verfasst, sondern seine Gedanken zu ethischen Problemen<br />
über sein Gesamtwerk verteilt. Die in unterschiedlichen<br />
Werkkontexten verwendete Begrifflichkeit der cartesianischen Ethik<br />
ist nicht immer ganz eindeutig und weist eine gewisse Divergenz in<br />
den Zielbegriffen auf. Entsprechend allgemein und widersprüchlich<br />
sind die Forschungsmeinungen zu den ethischen Aussagen Descartes’.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Spannung zwischen<br />
Cartesische<br />
Ethik
Erich<br />
Weigel<br />
PHILOSOPHIE 12<br />
den Grundbegriffen der cartesischen Ethik aus einer dualistischen<br />
Anthropologie zu erklären und in einem neuen Selbstverständnis des<br />
Menschen und dem resultierenden Ideal des rationalen Willens zu<br />
überwinden.<br />
Der Edition von Erich Weigels Schrift „Analysis Aristotelica ex Euclide<br />
restituta“ dient die Bewilligung von Fördermitteln an Prof. W.<br />
Schmidt-Biggemann (Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin).<br />
Gegenstand des Projekts ist die Edition von Erhard Weigels Schrift<br />
„Analysis Aristotelica ex Euclide restituta“ im Rahmen einer geplanten<br />
kritisch-kommentierten Ausgabe seiner wichtigsten Werke.<br />
Erhard Weigel, Mathematiker, Astronom und Philosoph, lehrte von<br />
1653 bis 1699 an der Universität Jena. Zu seinen Schülern gehörten<br />
neben dem Staatsrechtler Samuel von Pufendorf der Jurist, Mathematiker<br />
und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz sowie der Gründer<br />
der ersten deutschen Realschule, Christian Semler, und der Theologe<br />
Caspar Neumann. Seine pädagogischen Bemühungen richteten sich<br />
auf eine Reform des Schulwesens. Er gilt als einer der geistigen Wegbereiter<br />
eines realiengestützten Schulunterrichts sowie des Akademiegedankens<br />
in Deutschland. Darüber hinaus zeigte er ein verstärktes<br />
Interesse am praktischen Nutzen der Wissenschaft durch<br />
ihre Anwendung in der Technik und tat sich selbst als Erfinder hervor.<br />
Weigels Intention war es, entsprechend dem rationalistischen Ideal<br />
eine „mathesis universalis“ die im Bereich der Mathematik praktizierten<br />
Methoden auf andere Wissensbereiche zu übertragen. Nach<br />
Weigel war in der „Analysis“, die Aristoteles aus der pythagoreischen<br />
Mathematik seiner Zeit in die Logik übernommen und als Beweis-<br />
und Wissenschaftslehre universell applizierbar gemacht habe,<br />
der Kern aller Philosophie und zugleich der einzig wahre Weg zu gesicherter<br />
Erkenntnis zu sehen. Er versuchte damit, aristotelische<br />
Schulphilosophie, Rationalismus und moderne Naturwissenschaft,<br />
Wissen und Glauben sowie das tradierte System der Wissenschaften<br />
und Künste in einer umfassenden Synthese zu vereinen. Der methodische<br />
Universalanspruch der „Analysis Aristotelica“, der auch vor<br />
der Theologie nicht haltmachte, brachte ihn allerdings in Konflikt mit<br />
seiner Fakultät. Das Werk wurde mit einem Publikationsverbot belegt<br />
und durfte erst 1671 erscheinen.<br />
Weigels Gesamtwerk umfasst über 100 größere und kleinere Schriften<br />
auf den Gebieten der Mathematik, Philosophie, Astronomie, Physik,<br />
Pädagogik, Baukunst, Geschichte, Geographie, Ethik, Mechanik<br />
und Technik. Einen ersten Schritt zu einer kritisch-kommentierten<br />
Ausgabe der wichtigsten Weigelschen Schriften hat Prof. Schmidt-<br />
Biggemann mit der Edition des „Universi Corporis Pansophici Caput<br />
Summum“ sowie der „Arithmetischen Beschreibung der Moral =<br />
Weisheit von Personen und Sachen“ unternommen.
13<br />
PHILOSOPHIE<br />
Prof. V. Gerhardt (Institut für Philosophie, Humboldt-Universität zu<br />
Berlin) arbeitet mit finanzieller Hilfe der <strong>Stiftung</strong> an der Edition und<br />
Kommentierung des philosophischen Nachlassmaterials von F. W. J.<br />
Schelling aus dem Berliner Archiv der Berlin-Brandenburgischen<br />
Akademie der Wissenschaften.<br />
Der Nachlass des Philosophen F. W. J. von Schelling befindet sich im<br />
Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften<br />
in Berlin. Die Bearbeitung des Nachlasses hat das Ziel, die Brieftexte<br />
sowie die philosophischen Manuskripttexte zu bearbeiten und zu publizieren.<br />
Hierbei erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit der Schelling-Kommission<br />
an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.<br />
Für das Projekt der Edition sind 3 Jahre geplant. Die Arbeit besteht<br />
in der Edition einer Briefausgabe für die Zeit von 1804–1854 sowie in<br />
der Edition der philosophischen Nachschrift einer Vorlesung aus<br />
dem Jahre 1830. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle in München<br />
und in Vorbereitung der Fortsetzung der Reihe der Akademie-<br />
Ausgabe der Schelling-Kommission an der Bayerischen Akademie<br />
der Wissenschaften (Reihe III, Briefe) wurde mit der Sichtung und Erfassung<br />
der Archivalien begonnen.<br />
Dr. P. Trawny (Philosophisches Seminar I, Universität Freiburg) erhält<br />
von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für die Edition eines<br />
Bandes der Martin-Heidegger-Gesamtausgabe: Band 90 „Zu Ernst<br />
Jünger ,Der Arbeiter‘“.<br />
Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die Herausgabe der Notizen<br />
und Anmerkungen, die Martin Heidegger zu Ernst Jünger, insbesondere<br />
zu dessen Buch „Der Arbeiter“ (1932) gemacht hat, im<br />
Rahmen der auf 102 Bände angelegten Martin-Heidegger-Gesamtausgabe.<br />
Martin Heidegger (1889–1976) war Schüler Edmund Husserls, des<br />
Begründers der Phänomenologie. Zwischen 1913 und 1916 studierte<br />
er katholische Theologie und Philosophie in Heidelberg. 1923 erhielt<br />
Heidegger eine Professur für Philosophie in Marburg. Nach 1928<br />
lehrte er als Nachfolger Husserls an der Universität Freiburg. In den<br />
zwanziger Jahren und in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg erreichte<br />
seine philosophische Wirksamkeit ihren Höhepunkt. Hauptwerke<br />
Heideggers sind „Sein und Zeit“ (1927) und „Einführung in die Metaphysik“<br />
(1953). Seit den sechziger Jahren nahm Heideggers Einfluss<br />
ständig zu. Bald wirkte seine Lehre über die Grenzen Deutschlands<br />
hinaus, insbesondere in Frankreich, den USA, Japan, Italien<br />
und Spanien.<br />
Während des Dritten Reichs sympathisierte Heidegger zunächst mit<br />
dem Nationalsozialismus; dabei ist sein Versuch einer philosophischpolitischen<br />
Situationsbestimmung in den Jahren nach 1934 wesentlich<br />
als Auseinandersetzung mit Ernst Jünger und Nietzsche zu verstehen.<br />
Auch über das nach 1934 nachlassende Engagement für den<br />
Nationalsozialismus, das mit einer immer stärkeren Kritik an Jünger<br />
und Nietzsche und einer Bevorzugung Hölderlins einherging, dürf-<br />
F. W. J.<br />
Schelling<br />
Martin<br />
Heidegger
W. Dilthey<br />
Russische<br />
Übersetzung<br />
ten die Quellen Aufschluss geben. Insofern Heideggers Technik-<br />
Analyse ebenfalls von maßgeblichen Wissenschaftlern wie z. B. Werner<br />
Heisenberg oder Carl-Friedrich von Weizsäcker und Dichtern<br />
und Denkern nach 1950 rezipiert wurde (Hannah Arendt, Paul Celan<br />
etc.), ist die Veröffentlichung der Keimzelle jener Technik-Analyse<br />
ein Desiderat, das die Grenzen der Fachphilosophie überschreitet.<br />
Die Martin-Heidegger-Gesamt-Ausgabe ist eine „Ausgabe letzter<br />
Hand“, die der Philosoph noch zu Beginn der siebziger Jahre selbst<br />
auf den Weg gebracht hat. Der Charakter dieser Edition richtet sich<br />
nach der Herausgabe der Schriften, die Heidegger selbst zu Lebzeiten<br />
veröffentlichte. Sie erscheinen ohne philologischen Apparat und<br />
ohne Register.<br />
Die Arbeit an der Herausgabe des Bandes, der die Auseinandersetzung<br />
Martin Heideggers mit Ernst Jünger dokumentiert, besteht<br />
zunächst im Transkribieren und Kollationieren der im Deutschen Literaturarchiv<br />
in Marbach lagernden handschriftlichen Texte des Philosophen.<br />
Dazu gehören ein größeres und zwei kleinere Manuskriptteile<br />
(„Zu Ernst Jünger 1934/40“ I–III), in denen Heidegger u.a zentrale<br />
Begriffe aus Ernst Jüngers „Arbeiter“ erläutert, die gedankliche<br />
Abhängigkeit Jüngers von Nietzsche aufzuzeigen versucht, und das<br />
Gesamtwerk einer ausführlichen und scharfen Kritik unterzieht. Das<br />
dritte Stück des Manuskripts ist eine Ansammlung von Notizen aus<br />
der nach 1945 einsetzenden Korrespondenz zwischen Heidegger<br />
und Jünger. Auch die zahlreichen handschriftlichen Randbemerkungen,<br />
mit denen Heidegger seine Handexemplare des „Arbeiters“<br />
und der Aufsatzsammlung „Blätter und Steine“ versehen hat, sollen<br />
in den Editionsband aufgenommen werden.<br />
In dem von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> geförderten Projekt „Vorbereitungsarbeiten<br />
zu einer russischen Übersetzung von ausgewählten<br />
Schriften Wilhelm Diltheys“ wird eine sechsbändige Ausgabe erarbeitet,<br />
die sich inhaltlich z. T. an der – gleichfalls von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> geförderten – amerikanischen Dilthey-Ausgabe orientiert.<br />
Eine Forschergruppe in Moskau (bis zu seinem Tod 1995 unter<br />
Leitung von Prof. Alexander Michailov, jetzt koordiniert von Dr. N.<br />
Plotnikov) wird fachlich begleitet von einem Beirat, dem die Proff. Eimermacher,<br />
Haardt, Lessing und Rodi (Dilthey-Forschungsstelle Bochum)<br />
und Prof. Anatoli Michailov, Minsk, angehören.<br />
Bisher erschienene Publikationen:<br />
PHILOSOPHIE 14<br />
Dilthey, Wilhelm: Sobranie Sočinenij v sˇesti tomach. Pod obsˇčej<br />
redakciej: A. V. Michajlova i N. S. Plotnikova. – Moskva: Dom<br />
intellektualnoj knigi.<br />
Tom 1. Vvedenie v nauki o duche ... . Perevod s nemeckogo pod<br />
redakciej: V. S. Malachova. 2000. 762 S.<br />
Tom 4. Germenevtika i teorija literatury. Perevod s nemeckogo<br />
pod redakciej: V. V. Bibichina i N. S. Plotnikova. <strong>2001</strong>. 531 S.
15<br />
PHILOSOPHIE<br />
Band 1 wurde inzwischen besprochen in: Philosophischer Literaturanzeiger.<br />
55. <strong>2002</strong>. S. 163–168 von Christian Möckel sowie in: Voprosy<br />
filosofii. 4. <strong>2002</strong>. S. 180/181.<br />
Dr. F. Hofmann (Philosophisches Seminar, Universität Tübingen) erhält<br />
für das Projekt „Die Metaphysik der Tatsachen“ Fördermittel der<br />
<strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Philosophie befasst sich mit dem Verständnis des erkenntnismäßigen<br />
Zugangs zur Welt (Erkenntnistheorie) sowie mit dem Begreifen<br />
der verschiedenen Grundarten von Gegenständen oder „Entitäten“,<br />
die sich in der Welt vorfinden lassen (Ontologie). Ziel des<br />
Forschungsvorhabens ist es, eine Tatsachenontologie in universalistischer<br />
Fassung systematisch und möglichst umfassend zu entwickeln,<br />
so dass in deren Licht schließlich auch die „metaphysische“<br />
Frage nach dem Sein, dem allem Seienden Gemeinsamen, aufgeworfen<br />
und untersucht werden kann. Als Ontologie soll die Tatsachenontologie<br />
eine umfassende Darstellung der Arten von Entitäten<br />
(Seienden) und ihrer Grundcharakteristika liefern.<br />
Beide Unterfangen – die Entwicklung einer ontologischen Theorie<br />
und die „metaphysische“ Frage – gehören zum thematischen Kernbestand<br />
der philosophischen Tradition seit ihren Anfängen und haben<br />
in den letzten beiden Jahrzehnten eine energische Wiederbelebung<br />
und Wiederaufnahme erlebt. Die systematische Entwicklung<br />
einer Tatsachenontologie hat ihre Ursprünge bei Aristoteles (z. B.<br />
Wahrmacherprinzip in der Kategorienschrift) und wurde in der Neuzeit<br />
vor allem durch Wittgenstein und Russell weitergeführt, die die<br />
(mehrstelligen) Relationen als neue und eigenständige Kategorie<br />
hinzufügten und die neueren formal-logischen Begriffe, wie vor allem<br />
den der Quantoren, in die Ontologie einführten. Die aktuelle ontologische<br />
Debatte greift viele traditionelle Fragen und Ansätze auf,<br />
erweitert sie aber auch durch neue Ideen. Dabei hat sich die Tatsachenontologie<br />
in der universalienrealistischen Fassung – neben der<br />
Theorie der Eigenschafts-Instanzen – als Hauptfavorit herauskristallisiert<br />
(u. a. David Armstrong, D.H. Mellor).<br />
Das Vorhaben wird anhand der verschiedenen Einzelprobleme die<br />
Ressourcen der Tatsachenontologie zu erkunden versuchen. Dazu<br />
gehören vor allem die Fragen der Konstituierung von Tatsachen, der<br />
zeitlichen Dimension von Tatsachen, der Veränderung von Tatsachen,<br />
der Kausalität und der Modalität. Erkenntnistheoretische Reflexionen<br />
sollen die einzelnen ontologischen Überlegungen begleiten<br />
und zu regulieren helfen. Schließlich wird die Frage nach dem Sein<br />
alles Seienden, die als „metaphysische“ Frage innerhalb der Ontologie<br />
angesehen werden kann, thematisiert. Dabei soll geprüft werden,<br />
ob – etwa im Stile der Analyseversuche von Frege und Russell – eine<br />
informative Analyse von Sein im Sinne von Existenz möglich ist.<br />
Mit „Johann Heinrich Lambert und die präexplikativen Methoden“<br />
befasst sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt von Prof. G.<br />
Siegwart (Institut für Philosophie, Universität Greifswald).<br />
Metaphysik<br />
der Tatsachen<br />
J. H. Lambert
PHILOSOPHIE 16<br />
Zu den zentralen Aufgaben der Philosophie gehört die Begriffsbildung,<br />
d. h. die Einführung von Ausdrücken und die Festsetzung der<br />
Bedeutung dieser Ausdrücke. Das Studium der Begriffe ist in jeder<br />
Epoche der Philosophie und bei fast jedem Autor nachweisbar und<br />
hat zu stabilen und breiten Überlieferungsströmen geführt.<br />
Man unterscheidet bei der Begriffsetablierung zwischen zwei Formen.<br />
Bei der ersten Art handelt es sich um die Bereitstellung gänzlich<br />
neuer Begriffe. Der zweite Typ hat demgegenüber mit der Wiedereinführung<br />
schon im Gebrauch befindlicher Konzepte zu tun: In<br />
geläufiger Terminologie ist in diesem Zusammenhang von der Explikation<br />
von Begriffen die Rede. Explikationen stellen ein „zweipoliges“<br />
Einführungsgeschehen dar. Zum einen existiert (wenigstens)<br />
eine „alte“ Bedeutung. Zum anderen wird durch den Explikationsakt<br />
(wenigstens) eine „neue“ Bedeutung gestaltet. Die alte Bedeutung<br />
ist einerseits so nicht oder nicht mehr in Ordnung: Sie genügt den<br />
nunmehr zu realisierenden Redezwecken nicht. Andererseits sieht<br />
man sich gehalten, die alte Bedeutung nicht oder doch nicht ganz<br />
aufzugeben, sondern sie in die neue Bedeutung über den Explikationsakt<br />
zu inkorporieren. Der Explikationsprozess zerfällt dabei in<br />
drei Phasen: Die Explikationsvorbereitung, den (eigentlichen) Explikationsakt<br />
und die Adäquatheitskontrolle.<br />
Obwohl damit heute eine umfassende und differenzierte Disziplin<br />
der Begriffsbildung zur Verfügung steht, wird im gegenwärtigen<br />
philosophischen Diskurs zur Wissens- und Willensbildung ein geeigneter<br />
Methodenkanon vermisst, der die Güte und Akzeptabilität von<br />
Explikationsvorschlägen absichert und garantiert. Das Sachproblem<br />
in diesem Kontext lautet: Nach welchen Regeln, Verfahren und Methoden<br />
soll man sich bei diesen Tätigkeiten richten? Wie soll man die<br />
Methoden gestalten, welche die präexplikativen Verrichtungen leiten?<br />
Um dieses Desiderat zu beheben, soll auf die Überlegungen des<br />
Aufklärungsphilosophen Johann Heinrich Lambert zurückgegriffen<br />
werden, der den Versuch unternommen hat, ein Regelwerk für die<br />
Ausführung explikationsvorbereitender Maßnahmen zu konstruieren.<br />
Johann Heinrich Lambert (1728–1777) ist als einer der letzten Universalgelehrten<br />
anzusehen: Sein Werk bezieht sich auf die meisten<br />
zu seiner Zeit bekannten Gegenstände des Wissens, wobei sich die<br />
Physik und die Mathematik einerseits, die Philosophie andererseits<br />
als bevorzugte Tätigkeitsfelder ausmachen lassen. Lamberts philosophische<br />
Hauptwerke sind das „Organon“ (1764), das in der Tradition<br />
der Vernunftlehren steht und als umfassende Erkenntnis- und Wissenschaftsphilosophie<br />
angesehen werden kann, sowie die „Anlage<br />
zur Architectonic, oder Theorie des Einfachen und Ersten in der philosophischen<br />
und mathematischen Erkenntniß“ (1771). Das zweite<br />
philosophische Kernwerk, die „Architectonic“, ist – zufolge der Deutung<br />
des Autors – „als eine durchaus aufs neue vorgenommene Untersuchung<br />
der metaphysischen Grundlehren“ einzustufen. Insbesondere<br />
zielt es dabei auf die Explikation der metaphysischen Be-
17<br />
PHILOSOPHIE<br />
griffe, wobei den präexplikativen Maßnahmen quantitativ und qualitativ<br />
ein überragender Stellenwert zukommt. Lambert gibt nicht nur<br />
Definitionen seiner Begriffe, sondern versucht auch die Frage nach<br />
Genese, Heuristik und Zweck von Begriffen zu beantworten. Darüber<br />
hinaus entwickelt er in seinem Werk eine ausführliche Zeichenund<br />
Sprachphilosophie, die sich sowohl mit normal- als auch mit<br />
idealsprachlichen Verhältnissen befasst.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, das Lambertsche Textcorpus,<br />
insbesondere seine „Architectonic“, auf mögliche Hilfen zur Ausbildung<br />
einer generellen Lehre von den präexplikativen Methoden zu<br />
untersuchen. Dabei sollen zunächst das tatsächliche Vorgehen in der<br />
„Architectonic“ beschrieben und die Reflexionen über diese Tätigkeit<br />
erörtert werden. Erkenntnisleitende Fragestellungen sind u. a.:<br />
Wie geht Lambert vor, wenn er beginnt, einen bestimmte Begriff zu<br />
untersuchen? Aus welchen Redeterritorien (der Fachwissenschaften<br />
und der Philosophie) wählt er seine Verwendungstraditionen? Nach<br />
welchen Kriterien wählt er die Verwendungstradition, die er dem Explikationsakt,<br />
also der Einfügung in sein Begriffssystem, zugrundelegt?<br />
Schließlich sollen die Resultate der historisch-kritischen Analyse<br />
des Vorgehens Lamberts für die Konstruktion einer präexplikativen<br />
Methodologie ausgewertet werden.<br />
Prof. T. Buchheim (Philosophie-Department, Universität München)<br />
erhält von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Freiheit auf Basis<br />
von Natur? – Modellierung eines qualitativen Freiheitsbegriffs<br />
jenseits von Determinismus und Indeterminismus“ Fördermittel.<br />
Die aktuelle Debatte um den Begriff der Freiheit wird beherrscht von<br />
einem Patt zwischen den sich ausschließenden Alternativen von Determinismus<br />
und Indeterminismus und – darauf aufbauend – zwischen<br />
Kompatibilismus und Inkompatibilismus. Beide Positionen<br />
können für sich plausible Argumente anführen, ohne die jeweils andere<br />
Seite zu überzeugen. Als Ursache für die auf bisherigem Geleise<br />
kaum mehr bewegliche Festgefahrenheit und zugleich Phänomen-Armut<br />
der Debatte lässt sich auf beiden Seiten ein verfehltes<br />
konnektionistisches Vorverständnis der Freiheit diagnostizieren, das<br />
– in der Tradition der Freiheitsantinomie Kants – den Inhalt der Freiheit<br />
in erster Linie durch die Art und Weise ihrer metaphysischen<br />
Unterbringung im Zusammenhang der übrigen Realität zu bestimmen<br />
sucht. Diese Verkettung oder Art der kausalen Anbindung der<br />
Freiheit an das übrige Weltgeschehen ist allerdings kein empirisches<br />
Datum, sondern entspringt den jeweiligen theoretischen Rahmenauffassungen<br />
der modernen Freiheitskonzepte und wird fast immer<br />
ohne unabhängige Rechtfertigung vorausgesetzt.<br />
Um diese unentscheidbare Diskussionssituation zu überwinden, soll<br />
– unter Rückgriff auf die klassische Philosophie und in Auseinandersetzung<br />
mit modernen Debattenbeiträgen – die Zweizügigkeit der<br />
Behandlung des Freiheitsproblems wieder hergestellt werden; d. h.<br />
zunächst soll eine phänomenale Sichtung und inhaltliche Charakte-<br />
Freiheitsbegriff
Jüdische und<br />
islamische<br />
Kulturkritik<br />
Philosophiedidaktik<br />
PHILOSOPHIE 18<br />
risierung freier Akte anhand von vier Kriterien (Aktivität, Intentionalität,<br />
überlegte Wahl zwischen Alternativen, Zurechnung) vorgenommen<br />
werden, um erst dann in einem zweiten Schritt die mögliche<br />
Unterbringung solcher Akte innerhalb der Welt insgesamt zu<br />
prüfen.<br />
Zur Präzisierung des Kriteriums der Aktivität werden Beiträge aus<br />
der Philosophie der Biologie und der Philosophie des Geistes herangezogen.<br />
Eine zentrale Fragestellung dabei ist, wie dieses Kriterium<br />
gegenüber physikalistischen metaphysischen Positionen einzuordnen<br />
ist. Die Lösung dieser Problematik wird auf dem Grundgedanken<br />
aufbauen, dass zur Identifizierung der Entitäten, um die es auf<br />
einer Ebene der Beschreibung geht, stets bereits die Begrifflichkeit<br />
und die ihr korrelierenden Gegenstandsstrukturen dieser Ebene vorausgesetzt<br />
werden muss. Der in der Philosophie der Biologie feststellbare<br />
Zug zu aristotelischen Positionen wird es ermöglichen, Aktivität<br />
als strukturschaffenden Prozess zu etablieren, ohne dadurch in<br />
Widerspruch zu modernen wissenschaftlichen Positionen zu kommen.<br />
Mit Hilfe dieser Überlegungen wird für das Projekt der nötige<br />
argumentative Freiraum zur phänomenalen Sichtung und inhaltlichen<br />
Charakterisierung freier Akte geschaffen.<br />
Für den Arbeitskreis Jüdische und islamische Hermeneutik als Kulturkritik<br />
stellte die <strong>Stiftung</strong> dem Wissenschaftskolleg zu Berlin (Prof.<br />
D. Grimm) Fördermittel zur Verfügung.<br />
Kulturkritisches Denken in der islamischen wie auch in der jüdischen<br />
Welt hat vor einigen Jahren begonnen, den Bezug zur je eigenen religiösen<br />
Tradition und damit das Verhältnis von Religion und Politik<br />
grundlegend neu zu bestimmen. Bei aller Unterschiedlichkeit des<br />
politischen und geistigen Umfelds lässt sich hier ein gemeinsames<br />
Interesse erkennen: das Interesse einer jüdischen und einer islamischen<br />
säkulären Selbstbestimmung, die eine Kritik an der politischen<br />
Instrumentalisierung der religiösen Quellen aus der Arbeit an der<br />
Hermeneutik religiöser und anderer kanonischer Texte ableitet. Das<br />
Besondere dieser Kulturkritik besteht darin, dass sie ihre Motive aus<br />
der religiösen Tradition selber gewinnt und nicht von aussen an<br />
diese heranträgt. Solche Tendenzen gibt es sowohl im zeitgenössischen<br />
jüdischen wie auch im muslimischen Denken, ohne dass sie<br />
bislang voneinander Kenntnis genommen haben. Anders als im Mittelalter<br />
ist heute die Kommunikation zwischen Islam und Judentum<br />
blockiert.<br />
Das Forschungsprojekt zur judeo-islamischen Hermeneutik soll Judaisten<br />
und Islamwissenschaftler, islamische und jüdische Intellektuelle<br />
zusammenführen, die ihre Arbeit an der je eigenen Tradition<br />
in den Rahmen eines miteinander geteilten hermeneutischen und<br />
kulturtheoretischen Interesses stellen.<br />
Mit Denkrichtungen und Methoden der Philosophie in didaktischer<br />
Perspektive beschäftigt sich ein von der <strong>Stiftung</strong> unterstütztes For-
19<br />
PHILOSOPHIE<br />
schungsprojekt des Instituts für Philosophie, Technische Universität<br />
Dresden (Prof. J. Rohbeck).<br />
Die didaktische Idee dieses Forschungsprojekts besteht darin, die<br />
Denkrichtungen der Philosophie in philosophische Methoden des<br />
Unterrichts zu transformieren. Transformation bedeutet die Übertragung<br />
und Umformung dieser Richtungen in philosophische Praktiken,<br />
die von Studenten und Schülern erlernt und selbständig angewendet<br />
werden können. Die Philosophie ist zwar nicht ihre eigene<br />
Didaktik, wohl aber enthält sie didaktische Potenzen, die eine separate<br />
Ausarbeitung lohnen. Das erfordert die Auswahl, Modifizierung<br />
und Ergänzung derjenigen Potentiale, die sich in der Unterrichtspraxis<br />
besonders gut realisieren lassen. Leitend dafür sind die philosophischen<br />
Kompetenzen, die den Lernenden vermittelt werden sollen.<br />
Prof. Rohbeck hat sich zunächst der Hermeneutik gewidmet, um daraus<br />
unterschiedliche Aufgaben der Interpretation zu entwickeln: den<br />
Inhalt wiedergeben, die Intention des Autors erschließen, den kulturellen<br />
Kontext berücksichtigen, durch „verzögertes Lesen“ das eigene<br />
Vorverständnis thematisieren (in: „Zehn Arten, einen Text zu<br />
lesen“). Zieht man noch die phänomenologische Leseforschung und<br />
die Rezeptionsästhetik hinzu, lassen sich die individuellen Lese-Erfahrungen<br />
reflektieren. Im Übergang zur Dekonstruktion bieten sich<br />
neue Möglichkeiten für kreative Schreibaufgaben an.<br />
Der wissenschaftliche Mitarbeiter, S. Kurpierz, hat damit begonnen,<br />
die didaktischen Potentiale der analytischen Philosophie und des<br />
Konstruktivismus herauszuarbeiten. Er betrachtet z. B. Metaphern<br />
nicht nur als weniger deutliche Begriffe, sondern als Möglichkeiten<br />
zum kreativen und phantasievollen Philosophieren. Auch die konstruktivistische<br />
Methode kann in eine produzierende Tätigkeit verwandelt<br />
werden, indem Theoriebausteine zu neuen Theorien oder<br />
Ideen rekombiniert werden.<br />
Inzwischen ist der zweite Band des Jahrbuchs für Didaktik der Philosophie<br />
und Ethik zum Thema „Philosophische Denkrichtungen“ erschienen,<br />
in dem der didaktische Ansatz weitergeführt wird (Einleitung)<br />
und in dem grundlegende Artikel zur analytischen Philosophie,<br />
Hermeneutik und Phänomenologie versammelt sind.<br />
Folgende Publikationen sind erschienen:<br />
Rentsch, Thomas, und Johannes Rohbeck: Essays schreiben –<br />
aber mit Methode. Hinweise. – In: Information Philosophie, Jg.<br />
30, H. 1. <strong>2002</strong>. S. 48–52.<br />
Rohbeck, Johannes: Denkrichtungen der Philosophie in didaktischer<br />
Perspektive. – In: Information Philosophie. Jg. 29, H. 5.<br />
<strong>2001</strong>. S. 66–71.<br />
Rohbeck, Johannes: Didaktische Potentiale philosophischer Denkrichtungen.<br />
– In: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und<br />
Ethik. 2000., H. 2. S. 82–93.
Quantenfeldtheorie<br />
PHILOSOPHIE 20<br />
Rohbeck, Johannes: Methoden des Philosophie- und Ethikunterrichts.<br />
– In: Methoden des Philosophierens. Hrsg.: Johannes Rohbeck.<br />
(Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik; 1). Dresden<br />
2000. S. 146–174.<br />
Rohbeck, Johannes [Hrsg.und Einl.]: Philosophische Denkrichtungen.<br />
– Dresden <strong>2001</strong>. (Jahrbuch für Didaktik der Philosophie<br />
und Ethik; 2)<br />
Rohbeck, Johannes: Philosophische Kompetenzen. – In: Zeitschrift<br />
für Didaktik der Philosophie und Ethik. <strong>2001</strong>, H. 2.<br />
S. 86–94.<br />
Rohbeck, Johannes: Zehn Arten einen Text zu lesen. – In: Philosophische<br />
Ethik. 23. <strong>2001</strong>. S. 186–292.<br />
Für die Ereignisontologische Interpretation der Quantenfeldtheorie<br />
erhält Prof. A. Bartels, Philosophisches Seminar, Lehr- und Forschungsbereich<br />
I (Universität Bonn), Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Quantenfeldtheorie (QFT) gilt als ein Meilenstein auf dem Weg<br />
zu einer fundamentalen Theorie der Materie. Als Synthese aus<br />
Quantenmechanik und spezieller Relativitätstheorie ist sie die erste<br />
physikalische Theorie, die in der Lage ist, drei der vier fundamentalen<br />
Wechselwirkungen (elektromagnetische, starke und schwache<br />
Wechselwirkung) zu beschreiben. Die einzige der vier fundamentalen<br />
Kräfte, die sich einer Behandlung im Rahmen der QFT entzieht,<br />
ist die Gravitation.<br />
Trotz der immensen Erfolge der QFT bei der Vorhersage von empirischen<br />
Phänomenen sind bisher zentrale Fragen bezüglich ihrer Interpretation<br />
unbeantwortet geblieben. So blieb z. B. ungeklärt, welchen<br />
ontologischen Kategorien (Substanzen, Ereignissen, Prozessen<br />
etc.) die Objekte angehören, über die die Theorie spricht, oder welche<br />
Art von Identitätskriterien die Objekte der Theorie erfüllen.<br />
Ebenso konnte bislang nicht überzeugend dargelegt werden, welche<br />
Annahmen über die Form der kausalen Verknüpfung zwischen den<br />
Objekten der Theorie mit dem Formalismus verträglich sind. Bisherige<br />
Vorschläge zur Lösung der Probleme (z. B. das Quanten-Konzept<br />
von Teller oder Auyangs Ausführungen zu Quantenfeldern bzw.<br />
Feldereignissen) stellen keine befriedigenden Konzepte für die Ontologie<br />
der QFT dar und können nur bedingt für das Projekt herangezogen<br />
werden, weil sie entweder von der Nicht-Lokalisierbarkeit<br />
der Objekte ausgingen, die Kausalitätstheorie vernachlässigten oder<br />
am mathematischen Formalismus scheiterten.<br />
Ziel des Vorhabens ist die Formulierung einer ontologischen Interpretation<br />
der Algebraischen Quantenfeldtheorie (AQFT), die auf Ereignissen<br />
und Prozessen als fundamentalen Entitäten aufbaut. Dabei<br />
soll auf die Prozessontologie A. N. Whiteheads zurückgegriffen werden,<br />
in der Ereignisse und die sie konstituierenden Prozesse die Rolle<br />
der fundamentalen Entitäten der Welt einnehmen. Whiteheads ontologische<br />
Konzeption scheint für eine Interpretation der AQFT des-
21<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
halb besonders geeignet, da in ihr zum einen die fundamentalen Entitäten<br />
(Prozesse und die aus diesen „bestehenden“ Ereignisse) beschränkten<br />
Raumzeitbereichen zugeordnet sind. Dies spiegelt direkt<br />
die mathematische Struktur der AQFT wider, in der die fundamentalen<br />
mathematischen Objekte (lineare Operatoren) ebenfalls beschränkten<br />
Raumzeitbereichen zugeordnet sind. Zum anderen enthält<br />
Whiteheads Prozessontologie eine innovative Konzeption der<br />
Übertragung kausaler Wirkungen zwischen Ereignissen, die ebenfalls<br />
direkt zu grundlegenden Strukturen im mathematischen Formalismus<br />
der AQFT passt. Whiteheads Prozessontologie scheint daher<br />
ein aussichtsreicherer Kandidat für eine Ontologie der QFT zu sein<br />
als die bisherigen Vorschläge von Teller und Auyang. Dies hat sich<br />
im bisherigen Verlauf des Projekts bestätigt. Allerdings müssen auch<br />
einige Aspekte von Whiteheads Ontologie den Gegebenheiten der<br />
QFT angepasst werden. Hier ist insbesondere der durch die Verletzung<br />
der Bellschen Ungleichungen zum Ausdruck kommende nichtlokale<br />
Charakter der QFT zu nennen, der nicht ohne Korrekturen mit<br />
Whiteheads lokal-kausaler Ontologie vereinbar ist.<br />
Theologie und Religionswissenschaft<br />
Im Fächerkanon der Wissenschaften werden Theologie und Religionswissenschaft<br />
meist gesondert aufgeführt. Theologie steht in<br />
aller Regel für christliche Theologie samt ihren historischen, exegetisch-philologischen,<br />
systematischen und praktisch-theologischen<br />
Verzweigungen. Das Fach Religionswissenschaft scheint demgegenüber<br />
in erster Linie für Religionen außerhalb des Christentums<br />
zuständig zu sein. Tatsächlich liegen die Verhältnisse komplizierter.<br />
Einerseits bearbeiten auch nichtchristliche Religionen ihre<br />
Geschichte und ihre Glaubensbestände theologisch, zum Beispiel<br />
das Judentum und der Islam. Andererseits erfährt die Selbstwahrnehmung<br />
und –deutung der Religionen durch die Religionswissenschaft<br />
inhaltliche und methodische Brechungen. Theologie und Religionswissenschaft<br />
– in ihrem jeweiligen soziokulturellen und wissenschaftlichen<br />
Milieu gesehen – markieren teils divergente, teils<br />
konvergente Felder der Arbeit an Phänomenen des Glaubens, der<br />
Geschichte, Institutionen und kulturellen wie politischen Wirkungen<br />
der Religionen. Die gegenwärtigen Debatten zum Status der Theologie<br />
und der „Religious Studies“ deuten auf neuartige Verhältnisbestimmungen<br />
und damit auch auf manche Veränderungen der wissenschaftlichen<br />
Matrix hin.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> nimmt Anträge aus allen Bereichen der<br />
Theologie und Religionswissenschaft entgegen. Sie trägt durch ihre<br />
Förderpolitik der Breite der thematischen Interessen, der Spezialisierung<br />
in den Subdisziplinen und der Vielfalt der Methoden Rechnung.<br />
Historische Projekte sind ebenso willkommen wie Studien zur<br />
gegenwärtigen Lebenswelt der Religionen. Besonderes Augenmerk
SAPERE<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 22<br />
gilt Projekten im Schnittbereich von Theologie und Religionswissenschaft.<br />
Der kulturelle Wandel verändert traditionale Wahrnehmungen<br />
des Menschen, der Natur und der Sozialwelt. Die Folgen für die<br />
Religionen und ihre Stellung in der Gesellschaft sind nicht unerheblich.<br />
Außerdem regt die <strong>Stiftung</strong> Projekte an, die ungeachtet der interdisziplinäre<br />
Strukturen, die bereits in der Theologie und Religionswissenschaft<br />
selber liegen, auf Synergieeffekte mit weiteren Wissenschaftsdisziplinen<br />
zielen.<br />
Prof. R. Feldmeier (Fachbereich Neues Testament, Universität Göttingen)<br />
und Prof. H.-G. Nesselrath (Fachbereich Klassische Philologie,<br />
Universität Göttingen) widmen sich dem von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> geförderten Projekt „SAPERE. Texte und Darstellungen zu<br />
Religion, Ethik und Philosophie der Kaiserzeit“. Weitere Herausgeber<br />
sind Prof. U. Berner (Fachbereich Religionswissenschaft, Universität<br />
Bayreuth), Prof. B. Heininger (Fachbereich Neues Testament,<br />
Universität Würzburg) und Dr. R. Hirsch-Luipold (Klassische Philologie<br />
und Theologie, Universität Bayreuth).<br />
Das Forschungs- und Editionsprojekt SAPERE (Scripta Antiquitatis<br />
Posterioris ad Ethicam REligionemque Pertinentia) hat zum Ziel, ausgewählte<br />
Schriften, die zu den Grundlagen des abendländischen<br />
Denkens über Mensch, Gesellschaft und Religion gehören, zu übersetzen<br />
und zu erschließen. Je nach Eigenart des Einzeltextes wird ein<br />
Team von Spezialisten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengestellt,<br />
das den Text im Austausch miteinander bearbeitet<br />
und kommentiert. SAPERE möchte dabei bewusst an alle Konnotationen<br />
des lateinischen ,sapere‘ anknüpfen: nicht nur an die Intellektuelle<br />
(die Kant in der Übersetzung von ,sapere aude‘, „Habe Mut,<br />
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, zum Wahlspruch der<br />
Aufklärung gemacht hat), sondern auch an die des „Schmeckens“;<br />
SAPERE möchte Leserinnen und Leser nicht zuletzt auch „auf den<br />
Geschmack“ der behandelten Texte bringen.<br />
Im Berichtszeitraum sind folgende Bände erschienen:<br />
Plutarch: Ei kalo - s eire - tai to lathe biosas = Ist „Lebe im Verborgenen“<br />
eine gute Lebensregel? Eingel., übers. und mit interpretierenden<br />
Essays vers. von Ulrich Berner ... . 2. Aufl. – Darmstadt:<br />
Wiss. Buchges., <strong>2001</strong>. 176 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis<br />
Posterioris ad Ethicam REligionemque pertinentia; Bd. 1)<br />
Eine Auseinandersetzung des Platonikers Plutarch mit dem epikureischen<br />
Lebensideal. In schroffer Antithese zu Epikurs Maxime „Lebe<br />
im Verborgenen“ macht dieser die essentielle Bedeutung eines öffentlich<br />
verantworteten Lebens für Gesellschaft und Individuum<br />
deutlich.<br />
Dion von Prusa: Olymikos e - peri te - s pro - tes yops theoy ennoias =<br />
Olympische Rede oder über die erste Erkenntnis Gottes. Eingel.,<br />
übers. und interpretiert von Hans-Josef Klauck. Mit einem<br />
archäolog. Beitr. von Balbina Bäbler. 2. Aufl. – Darmstadt: Wiss.
23<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
Buchges., <strong>2002</strong>. 250 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris<br />
ad Ethicam REligionemque pertinentia; Bd. 2)<br />
Dion von Prusa, der wohl berühmteste Redner seiner Zeit, präsentiert<br />
mit diesem Werk – einer rhetorisch glänzenden Reflexion über die<br />
Ausformung menschlicher Gottesvorstellungen im Angesicht des<br />
Zeus von Olympia – einen Schlüsseltext antiker Redekunst, der weitreichende<br />
literarische und kunsttheoretische Implikationen enthält.<br />
Lukian: Philopseydeis ê apistôn. Die Lügenfreunde oder: der<br />
Ungläubige. Eingel., übers. und mit interpretierenden Essays<br />
vers. von Martin Ebner ... . – Darmstadt: Wiss. Buchges., <strong>2001</strong>. 214<br />
S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam REligionemque<br />
pertinentia; Bd. 3)<br />
Im umfangreichen Œuvre des griechischen Satirikers Lukian von Samosata<br />
(2. Jh. n. Chr.) nimmt der Dialog „Die Lügenfreunde“ eine<br />
hervorragende Stellung ein: Gewichtige Philosophen erzählen sich<br />
mit größtem Ernst Wunder- und Spukgeschichten, bis der einzig rational<br />
denkende Anwesende resigniert die Versammlung verlässt.<br />
Lebendige Gesprächsgestaltung und Erzählfreude verbinden sich<br />
hier mit humorvoller Kritik an typischen Vertretern der großen griechischen<br />
Philosophenschulen.<br />
Folgende Bände werden in Kürze erscheinen:<br />
Jamblich: Pythagoras. Legende – Lehre – Lebensgestaltung.<br />
(SAPERE; Bd. 4).<br />
Die Schrift des Neuplatonikers Jamblich ist keine konventionelle Pythagoras-Biographie,<br />
sondern der Entwurf einer neuplatonischen<br />
Heilslehre, die durch die Zuweisung an Pythagoras gewissermaßen<br />
geadelt werden und nicht zuletzt dem zu Jamblichs Zeit bereits starkem<br />
Christentum ernsthafte Konkurrenz bieten soll.<br />
Apuleius: Über die Magie. (SAPERE; Bd. 5)<br />
In seiner Verteidigung gegen die Verklagung wegen Zauberei, der<br />
einzigen erhaltenen kaiserzeitlichen Gerichtsrede, präsentiert sich<br />
Apuleius als umfassend gebildeter (also auch an Naturwissenschaften<br />
und Medizin interessierter und zugleich das traditionelle Bildungsgut<br />
beherrschender) Philosoph, ist dabei aber auch über Magie<br />
gut im Bilde und damit ganz Kind seiner von gegenläufigen Strömungen<br />
bestimmten Zeit.<br />
Folgende Bände sind geplant:<br />
Dion von Prusa: Über menschliches Zusammenleben und göttliche<br />
Weltordnung. Die Borysthenes-Rede. (SAPERE; Bd. 6)<br />
Lukian: Der Tod des Peregrinos. (SAPERE; Bd. 7)<br />
Kebes: Allegorie des Lebens. Die Bildtafel des Kebes. (SAPERE;<br />
Bd. 8)
Jacobusbrief<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 24<br />
Apuleius: Über den Gott des Sokrates. (SAPERE; Bd. 9)<br />
Platon: Über den Tod (Axiochos). – (SAPERE; Bd. 10).<br />
Prof. K.-W. Niebuhr (Lehrstuhl für Neues Testament, Theologische<br />
Fakultät, Universität Jena) erhält für die Erarbeitung des ersten Teilbandes<br />
des „Corpus Judaeo-Hellenisticum“ (Teilband zum Jakobusbrief)“<br />
Fördermittel durch die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>.<br />
Beim Corpus Judaeo-Hellenisticum (CJH) handelt es sich um ein längerfristig<br />
angelegtes Forschungsprojekt, durch das die ganze Breite<br />
der literarischen Zeugnisse des frühen Judentums für das Verständnis<br />
und die Interpretation des Neuen Testamentes erschlossen werden<br />
soll. Die Zeugnisse, die sich als durch die hellenistische Kultur<br />
und die politisch-ökonomischen Verhältnisse der helleninistisch-römischen<br />
Epoche beeinflusst zeigen, sollen nach der Reihenfolge der<br />
neutestamentlichen Schriften in einem mehrbändigen Werk auszugsweise<br />
in Originalsprache, Übersetzung und forschungsgeschichtlicher<br />
Einordnung publiziert werden.<br />
Das zu bearbeitende Corpus umfasst neben den literarischen Quellen<br />
auch nicht-literarische Papyri, Inschriften, Münzen, Bildzeugnisse,<br />
gottesdienstliche Texte und Gebete; darüber hinaus wird die<br />
Septuaginta umfassend als charakteristischer Ausdruck jüdischer<br />
Überlieferung und Katalysator der nachfolgenden griechischsprachigen<br />
jüdischen Literatur berücksichtigt. Es ist geplant, die ausgewählten<br />
Quellenauszüge jeweils mit kurzen Hinweisen zu Einleitungsfragen,<br />
Textausgaben und wichtigster Sekundärliteratur zu<br />
versehen. Daneben werden sie sowohl hinsichtlich ihres ursprünglichen<br />
Kontextes als auch im Hinblick auf ihre Bedeutung für die jeweilige<br />
neutestamentliche Textstelle erschlossen. Um über die gedruckte<br />
Fassung hinaus weiteres Quellenmaterial auch in größeren<br />
Zusammenhängen zur Verfügung stellen zu können, wird zusätzlich<br />
eine Datenbank aufgebaut, deren Nutzung in Kombination mit den<br />
gedruckten Bänden zugänglich gemacht werden soll.<br />
Als erster Teil des Gesamtwerkes entsteht derzeit der Band zum Jakobusbrief<br />
(Dr. R. Deines). Dieses neutestamentliche Schreiben gibt<br />
sich als Brief einer maßgeblichen Autorität des Urchristentums in Jerusalem<br />
zu erkennen und wendet sich an die „zwölf Stämme (Israels)<br />
in der Diaspora“. Sein theologisches und ethisches Profil wird durch<br />
die systematische und methodisch reflektierte Berücksichtigung der<br />
frühjüdischen Überlieferung deutlich, sowohl im Hinblick auf das<br />
gemeinsame Erbe wie hinsichtlich des unterscheidend Kennzeichnenden.<br />
Darüber hinaus veranstaltet die CJH-Arbeitsstelle in Jena Arbeitstagungen<br />
und Projektkonsultationen, die dem wissenschaftlichen Austausch<br />
der am Gesamtprojekt Beteiligten dienen (Juni <strong>2001</strong> in<br />
Schönburg zu den Psalmen Salomos; Juni <strong>2002</strong> in Leipzig zu Philo<br />
von Alexandrien; Januar 2003 in Wittenberg zu methodischen Fra-
25<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
gen; Mai 2003: Internationales Philo-Symposium „Philo und das<br />
Neue Testament/Das Neue Testament und Philo“).<br />
Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />
Niebuhr, K. W.: Hellenistisch-jüdisches Ethos im Spannungsfeld<br />
von Weisheit und Thora. – In: Ethos und Identität. Einheit und<br />
Vielfalt des Judentums in hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg.:<br />
Matthias Konradt; Ulrike Steinert. (Im Druck).<br />
Prof. H. Lichtenberger und PD Dr. G. S. Oegema (Institut für antikes<br />
Judentum und hellenistische Religionsgeschichte, Universität Tübingen)<br />
erarbeiten mit Fördermitteln der <strong>Stiftung</strong> einen Einführungsband<br />
zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit<br />
(JSHRZ).<br />
Der Einführungsband soll – zusammen mit dem Bibliographie- und<br />
Registerband – die seit 1973 im Gütersloher Verlag veröffentlichte<br />
und voraussichtlich bis 2003 vollständige Reihe „Jüdische Schriften<br />
aus hellenistisch-römischer Zeit“ abschließen. Das Gesamtwerk besteht<br />
aus fünf Bänden mit insgesamt fünfzig Schriften. Es gilt als die<br />
derzeit maßgebliche deutschsprachige Ausgabe der zwischentestamentlichen<br />
Literatur (ohne die Qumran-Schriften).<br />
Der auf fünf Lieferungen angelegte Einführungsband bietet eine literaturgeschichtliche<br />
Einleitung zu den Apokryphen und Pseudepigraphen<br />
des Alten Testaments. Diese ordnet die Texte literarisch und<br />
historisch ein und erfasst ihre Bedeutung für das antike Judentum<br />
und das frühe Christentum. Sie entfaltet die theologischen Hauptthemen<br />
(z. B. Gott und Mensch, Angelologie und Dämonologie, Eschatologie).<br />
Die Erschließung der theologischen Themen stellt einen ersten<br />
umfassenden Versuch dar, im Zusammenhang der literarischen<br />
Forschung die theologischen Grundkonzeptionen zu entfalten. Die<br />
hermeneutischen Prolegomena stellen diese Literatur in das Verhältnis<br />
zu AT, NT und der übrigen jüdischen Literatur der Antike. Der<br />
Einleitungsband hat auch die Aufgabe, die Einleitungsabschnitte bei<br />
den Einzelschriften zu verbinden und sie in den größeren Rahmen<br />
der gesamten Literatur der Apokryphen und Pseudepigraphen zu<br />
stellen und auf den neuesten Stand zu bringen.<br />
Folgende Publikationen sind im Berichtszeitraum erschienen:<br />
Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg. von:<br />
Lichtenberger, Hermann ... . – Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.<br />
Bd. 6. Supplementa. Einführung zu den Jüdischen Schriften aus<br />
hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg. von Hermann Lichtenberger<br />
und Gerbern S. Oegema. Lfg. 1,5. Oegema., Gerbern S.: Apokalypsen.<br />
<strong>2001</strong>. IX, 209 S.<br />
Oegema, Gerbern S.: Einführung zu den Unterweisungen in<br />
erzählender Form. (JSHRZ, VI. 1.2.) (In Bearb.)<br />
JSHRZ<br />
Einführungsband
JSHRZ<br />
Registerband<br />
Bücherzensur<br />
16. Jh.<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 26<br />
Oegema, Gerbern S.: Einführung zu den Poetischen Schriften.<br />
(JSHRZ, VI. 1.4.) (Im Druck)<br />
Dochhorn, Jan: Einführung zu den Unterweisungen in lehrhafter<br />
Form. (JSHRZ, VI. 1.3) (In Vorbereitung)<br />
Für die Erstellung eines Registerbandes zu den Jüdischen Schriften<br />
aus hellenistisch-römischer Zeit (JSHRZ) erhält Prof. F. W. Horn,<br />
Lehrstuhl für Neues Testament, Fachbereich Ev. Theologie, Universität<br />
Mainz, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die 1973 von Werner Georg Kümmel begründete Reihe „Jüdische<br />
Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit“ (JSHRZ) bietet eine deutsche<br />
Übersetzung der frühjüdischen Pseudepigraphen und gilt sowohl<br />
im deutschsprachigen als auch im internationalen Raum als<br />
derzeit maßgebliche Übersetzung der Literatur des Zweiten Tempels.<br />
Bereits zu Beginn der Übersetzungsreihe war geplant, die Reihe<br />
durch eine Bibliographie, eine Einführung und ein Register zu ersetzen.<br />
Insbesondere vor dem Hintergrund des gesteigerten Interesses<br />
am Frühjudentum stellt eine umfassende Erschließung der sog. Pseudepigraphen<br />
des Alten Testaments nach wie vor ein Forschungsdesiderat<br />
dar.<br />
Das Register, bearbeitet in einer Forschungskooperation der Universitäten<br />
Mainz (Prof. F. W. Horn, Dr. H. Omerzu und C. Büllesbach)<br />
und Bonn (PD Dr. H. Löhr), erschließt die frühjüdischen Pseudepigraphen<br />
durch detaillierte Sach-, Namens-, Orts- und Stellenregister.<br />
Es stellt – insbesondere im deutschsprachigen Raum – den ersten<br />
Versuch dar, die Theologie, Literatur, Kultur und Lebenswelt<br />
des Frühjudentums umfassend und differenziert über Indizes zu erschließen<br />
und die Ergebnisse für weitere Forschungen zum Judentum<br />
in der Antike fruchtbar zu machen.<br />
Die Erforschung der Religion, Geschichte und Literatur des Judentums<br />
in hellenistisch-römischer Zeit ist ein zentraler Forschungsgegenstand<br />
in der Alten Geschichte, der Judaistik und der Theologie.<br />
Die Ergänzungsbände zu den JSHRZ wollen dazu beitragen, die<br />
Vielfalt und das Selbstverständnis des antiken Judentums zu dokumentieren<br />
und die Rolle der sog. Apokryphen und Pseudepigraphen<br />
des alten Testaments für die Bibelwissenschaften, das antike Judentum<br />
und den jüdischen Hintergrund des frühen Christentums deutlich<br />
zu machen. Das Projekt wird die Reihe JSHRZ vollständig abschließen,<br />
so dass der Forschung mit der Publikation aller 50 Schriften<br />
und den Ergänzungsbänden ein zentrales Hilfsmittel für die Beschäftigung<br />
mit den Pseudepigraphen zur Verfügung steht.<br />
Aufstieg und Niedergang der Indexkongregation. Römische Bücherzensur<br />
im ausgehenden 16. Jahrhundert ist Gegenstand einer von<br />
der <strong>Stiftung</strong> geförderten Untersuchung, die Prof. P. Godman am<br />
Deutschen Seminar (Universität Tübingen) durchführt.<br />
Vor dem Hintergrund von Reformation und Buchdruck formiert sich<br />
ab Mitte des 16. Jahrhunderts in der katholischen Kirche eine insti-
27<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
tutionell organisierte Praxis der „censura librorum“. Die entsprechenden<br />
Kompetenzen liegen innerhalb der römischen Kurie<br />
zunächst weitgehend bei der 1542 als Behörde begründeten Inquisition<br />
(„Heiliges Offizium“), die im Jahr 1559 einen „Index der verbotenen<br />
Bücher“ publizieren lässt, dem 1564 auf dem Konzil von Trient<br />
ein zweiter folgt. Zu dessen „Reformation“ wird im März 1571 eine<br />
neue Behörde ins Leben gerufen, die „Kongregation für den Index<br />
der verbotenen Bücher“, zu deren Aufgaben bald auch die Behandlung<br />
aktueller Zensurfälle gehört. Bedeutung und Autorität des neugegründeten<br />
Dikasteriums erleben in den folgenden Jahrzehnten<br />
eine sehr wechselhafte Geschichte, deren Ursachen zu ergründen<br />
sich dieses Forschungsprojekt zur Aufgabe gemacht hat. Bleibt die<br />
Tätigkeit der Indexkongregation in den ersten fünfzehn Jahren unregelmäßig<br />
und mehr oder weniger konzeptlos und ineffizient, so<br />
wachsen zensorische Aktivität und Autorität innerhalb der Hierarchie<br />
der Kurie unter Sixtus V. ab 1587 sprunghaft an, nach dessen<br />
Tod die Behörde jedoch wieder an Bedeutung verlieren und den Status<br />
der Jahre 1587–1590 niemals wieder erlangen wird.<br />
Der Schwerpunkt des Projekts lag zunächst darauf, die gesamte<br />
Überlieferung der Indexkongregation (zugänglich seit 1998 im Archiv<br />
der Glaubenskongregation im Vatikan) zu erschließen und ein<br />
vollständiges Arbeitsinventar der Akten der Indexkongregation (Serien<br />
„Protocolli“ und „Miscellanea“, 24 Bände, ca. 11.000 Folioseiten)<br />
zu erstellen; dazu wurden weitere Bestände wie Korrespondenz<br />
und diverse Register gesichtet und zahlreiche Dokumente transkribiert.<br />
In der Zusammenschau dieser Überlieferung mit den sogenannten<br />
„Diarii“, die im Rahmen des Projekts mit umfassendem<br />
Kommentar ediert werden (Band I: Sitzungsprotokolle von 1571 bis<br />
1606, 187 Folio-Seiten), ergibt sich ein nahezu vollständiges Bild der<br />
behördlichen Abläufe, der Inhalte und des beteiligten Personals, auf<br />
dessen Grundlage nun eine Untersuchung zur bislang nur spärlich<br />
erforschten Behördengeschichte der Indexkongregation vorgenommen<br />
wird.<br />
Diese Untersuchung bildet das Fundament für eine weiterführende<br />
Arbeit zur Rolle dieser Behörde im römischen Zensurapparat. In der<br />
erfassten Überlieferung findet sich umfassendes Material, das für das<br />
letzte Jahrzehnt des 16. Jh. zahlreiche und schwerwiegende Interventionen<br />
des Heiligen Offiziums in die Geschäfte der Indexkongregation<br />
belegt, die sich – in den ersten sechzehn Jahren durch die eigene<br />
Ineffizienz eher marginalisiert – unter Sixtus V. zu einem ernsten<br />
Rivalen in Sachen Bücherzensur entwickelt hatte, was die<br />
grundlegenden Unklarheiten hinsichtlich Kompetenzverteilung<br />
eklatant werden ließ. Im Abgleich mit den Sitzungsprotokollen (Aktenserie<br />
„Decreta“) und den überlieferten Papieren zur Bücherzensur<br />
der Inquisition (Aktenserie „Censura librorum“; ein Band) wird<br />
nun eine Untersuchung vorgenommen, die zunächst die Zensurtätigkeit<br />
der rivalisierenden Dikasterien inhaltlich wie quantitativ gegeneinander<br />
bestimmt und dann – ausgehend von einer Analyse jener
Hutterische<br />
Handschriften<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 28<br />
„Konkurrenzfälle“ – Ursachen und Ablauf des Niedergangs der Indexkongregation<br />
seit dem Pontifikat Klemens’ VIII. (1592–1605) zu<br />
erhellen bzw. nachzuzeichnen versucht.<br />
Der Katalogisierung der in Europa befindlichen hutterischen Handschriftenkodizes<br />
des 16.–18. Jahrhunderts dient ein von der <strong>Stiftung</strong><br />
gefördertes Projekt von Prof. G. Seebaß (Wissenschaftlich Theologisches<br />
Seminar, Universität Heidelberg).<br />
Die Hutterischen Brüder, die aus Mähren und Oberungarn vertrieben,<br />
über Südrußland schließlich in die Vereinigten Staaten und Kanada<br />
kamen und sich nur dort noch heute finden, sind eine der Gruppen<br />
des 16. Jahrhunderts, die eine intensive Christlichkeit der Gesamtgesellschaft<br />
erstrebten, dann aber dieses Ideal, da es sich schon<br />
damals nicht mehr verwirklichen ließ, auf die kleine Gruppe zurücknahmen.<br />
Weil sie im Begehren die Ursünde des Menschen sahen,<br />
verlangten sie über die Erfüllung der Bergpredigt hinaus ein strikt<br />
kommunitäres Leben ohne jedes Eigentum.<br />
In ihren ,goldenen Jahren‘ in Mähren während der zweiten Hälfte<br />
des 16. und der ersten des 17. Jahrhunderts, in denen sie als Landwirte<br />
und Handwerker, aber auch als Ärzte vom mährischen Adel<br />
geduldet und gefördert wurden, schufen sie – da ihnen der Druck<br />
selten möglich war – eine Fülle von Handschriften, die der persönlichen<br />
Erbauung und ihren Predigern dienen sollten. Dabei entwickelten<br />
sie nicht nur eine bedeutende kalligraphische Tradition, sondern<br />
auch eine charakteristische Buch- und Einbandkunst. Große, zusammenhängende<br />
Schriften wie Kommentare zu biblischen Büchern<br />
oder die Chroniken über die Entstehung der Hutterischen Brüder<br />
sind allerdings selten. Meist handelt es sich um umfangreiche Sammelhandschriften:<br />
In den Epistelbüchern findet sich eine reiche Briefüberlieferung,<br />
in den Liederhandschriften die Sammlung der bis<br />
heute in ihren Gottesdiensten gebrauchten Lieder. Daneben gibt es<br />
auch eine Fülle von Abschriften kleinerer Werke von Autoren der ersten<br />
Hälfte des 16. Jahrhunderts, die aus dem Umkreis der Täufer<br />
und mystischen Spiritualisten stammen. Mathematisch-technische<br />
und medizinisch-alchemistische Texte sind selten. Insgesamt stellen<br />
diese Handschriften einen in dieser Form einmaligen geschlossenen<br />
Bestand von Quellen zu einem ganz eigenen Teil europäischer Kulturgeschichte<br />
dar.<br />
Teilweise werden die Originalhandschriften des 16. und 17. Jahrhunderts<br />
oder deren spätere Abschriften heute noch auf den ,Bruderhöfen‘<br />
der Hutterer in den USA und Kanada benutzt, ohne dass es<br />
bisher eine konsequente Inventarisierung gäbe. In Europa finden<br />
sich vor allem die Handschriftenbände, die – bei immer wiederholten<br />
Konfiskationen nach dem Ende der Toleranz im 17. und 18. Jahrhundert<br />
eingezogen oder auf anderen Wegen – in die Archive und Bibliotheken<br />
gelangten. Sie erstmals vollständig zu erfassen, in einem<br />
Katalog zu beschreiben und der weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung<br />
bereitzustellen, ist Ziel des Projekts.
29<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
Abb. 1: Projekt „Katalogisierung der in Europa befindlichen hutterischen Handschriftenkodizes<br />
des 16. – 18. Jahrhunderts“: Dr. M. Rothkegel bei der Bearbeitung<br />
hutterischer Manuskriptbände im Batthyaneum, Karlsburg (Rumänische Nationalbibliothek,<br />
Filiale Alba Julia).
Lutherhalle<br />
Wittenberg<br />
J. Arndt<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 30<br />
Für das Projekt „Zur preußischen Rezeption der Wittenberger Reformation:<br />
Die Sammlungspolitik der Lutherhalle Wittenberg 1877 bis<br />
1918“ erhält Dr. S. Rhein, <strong>Stiftung</strong> Luthergedenkstätten in Sachsen-<br />
Anhalt, Wittenberg, Fördermittel der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Lutherhalle Wittenberg wurde 1996 von der UNESCO als herausragendes<br />
Beispiel deutscher Kultur in die Liste des Weltkulturerbes<br />
aufgenommen. In Wittenberg verdichten sich Luthers Spuren<br />
von der Schlosskirche (Thesentür und Grab) über die Stadtkirche<br />
(Predigtkirche) bis zum Lutherhaus mit dem Höhepunkt der die Jahrhunderte<br />
überdauernden Lutherstube in einmaliger Aussagekraft.<br />
Aufgabe des Projekts ist die Rekonstruktion der Sammlungs- und<br />
Ausstellungstätigkeit am authentischen Erinnerungsort „Lutherhalle“<br />
– als Gebäude ein „begehbares Lehrbuch“ und zugleich größtes<br />
Exponat – und des damit verbundenen kirchen-, theologie- und<br />
geschichtspolitischen Erinnerungsprogramms.<br />
Über das Vorhaben wurde zuletzt im <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong><br />
(S. 24 ff.) ausführlich berichtet.<br />
Unter Prof. H. Schneider (Fachbereich Evangelische Theologie, Universität<br />
Marburg) wird die von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> geförderte<br />
kritische Edition „Johann Arndt. Briefwechsel und biographische Dokumente“<br />
erarbeitet.<br />
Der evangelische Theologe Johann Arndt (1555–1621) gilt als die<br />
einflussreichste Gestalt der lutherischen Christenheit seit den Tagen<br />
der Reformation. Er steht – neben anderen – am Anfang einer neuen<br />
Frömmigkeitsbewegung im deutschen Protestantismus. Seine „Vier<br />
Bücher vom wahren Christentum“ und sein „Paradiesgärtlein“<br />
zählen zu den meistgedruckten und -gelesenen Werken des 17. und<br />
18. Jahrhunderts und zusammen mit der „Nachfolge Christi“ des<br />
Thomas a Kempis und John Bunyans „Pilgerreise“ zu den Bestsellern<br />
der christlichen Weltliteratur überhaupt. Durch seine Schriften hat<br />
Arndt einen bedeutenden Einfluss auf die deutsche Literatur- und<br />
Theologiegeschichte der frühen Neuzeit ausgeübt.<br />
Die Edition soll zwei Teile umfassen. Der erste gilt der chronologisch<br />
geordneten Korrespondenz (Briefe von und an Arndt). Neben den<br />
sich verstreut in gedruckten Werken des 16. bis 18. Jahrhunderts veröffentlichten<br />
Briefen sollen erstmalig auch die in verschiedenen Bibliotheken<br />
und Archiven befindlichen handschriftlichen Korrespondenzstücke<br />
ediert werden. Inzwischen konnten weitere bisher nicht<br />
bekannte Briefe ermittelt werden. Da einige der neu aufgefundenen<br />
Stücke durch Wasserschaden in ihrer Lesbarkeit stark beeinträchtigt<br />
sind, erfordert die Texterfassung die Hinzuziehung von Experten.<br />
Das Briefkorpus umfasst nach derzeitigem Stand 83 Briefe von und<br />
39 Briefe an Arndt sowie vier Stücke, bei denen Arndt in kirchlicher<br />
Funktion als Mitverfasser unterzeichnet hat. Hinzu kommen 33 zeitgenössische<br />
Dokumente, die für die Biographie Arndts von Bedeutung<br />
sind. U. a. gehören dazu Dokumente aus der Studienzeit, Kir-
31<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
chenbucheintragungen, Verpflichtungserklärungen auf die Bekenntnisschriften,<br />
Zeugnisse über Arndts Amtsführung, obrigkeitliche<br />
Korrespondenz im Zusammenhang mit der Berufung Arndts auf<br />
kirchliche Stellen, Visitationsprotokolle, Gedichte Arndts, Universitätsgutachten<br />
über seine Schriften und zeitgenössische Urteile. In<br />
Anlehnung an vergleichbare Projekte wurden Editionsrichtlinien erarbeitet<br />
und in Musterbearbeitungen erprobt.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> gewährte Prof. H. Hübner (Institut für Spezialforschungen,<br />
Abt. Biblische Theologie, Theologische Fakultät,<br />
Universität Göttingen) Fördermittel für das Projekt „Jesus, kontrovers<br />
gesehen von Rudolf Otto und Rudolf Bultmann. Zur Auseinandersetzung<br />
Rudolf Ottos mit Rudolf Bultmanns Entwertung des historischen<br />
Jesus für die christliche Religion im Ausklang der Religionsgeschichtlichen<br />
Schule“. Bearbeiterin ist Dr. G. Beyer.<br />
Im Zentrum dieses Forschungsvorhabens steht die Analyse der kontroversen<br />
Sicht und Bewertung der Person des irdischen Jesus für die<br />
christliche Religion durch die beiden evangelischen Theologen Rudolf<br />
Otto (1869–1937) und Rudolf Bultmann (1884–1976).<br />
Die Kontroverse über die Bedeutung des historischen Jesus für den<br />
christlichen Glauben brach an Rudolf Bultmanns Vortrag „Ethische<br />
oder mystische Religion im Urchristentum“ auf, den er 1920 vor den<br />
„Freunden der Christlichen Welt“ hielt, einer Vereinigung liberaler<br />
Theologen aus Kirche und Wissenschaft, die sich um die von Martin<br />
Rade herausgegebene Wochenschrift „Die Christliche Welt“ sammelte.<br />
Bultmanns „Geschichte der synoptischen Tradition“ (Erstauflage<br />
1921) verschärfte die Kontroverse, die auch den Lehrbetrieb an<br />
der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Marburg<br />
prägte. Dort hatte Rudolf Otto seit 1917 als Nachfolger von Wilhelm<br />
Herrmann (1844–1922) den systematisch-theologischen Lehrstuhl<br />
inne, Rudolf Bultmann seit 1921 als Nachfolger seines Lehrers Wilhelm<br />
Heitmüller (1869–1926) den Lehrstuhl für Neues Testament.<br />
Für die Frage nach dem Wesen der Religion – ein Grundthema der<br />
evangelischen Theologie im beginnenden 20. Jahrhundert – liegen<br />
die Anfänge der Kontroverse in einer brieflichen Kritik Bultmanns<br />
aus dem Jahre 1918 an Ottos Werk „Das Heilige“ (1917). Sie bilden<br />
den theologisch-erkenntnistheoretischen Widerpart zur exegetischen<br />
Kontroverse der 20er Jahre und der späteren Replik auf sie in<br />
Ottos Buch „Reich Gottes und Menschensohn“ (1934) und Bultmanns<br />
kritischer Rezension dieses Werkes im Jahre 1937. Wiewohl<br />
Ottos Ansatz innerhalb der deutschen evangelischen Theologie – im<br />
Unterschied zur englischsprachigen Welt – mit dem Aufkommen der<br />
Dialektischen Theologie und ihrer von Bultmann entwickelten Variante,<br />
der existentialen Interpretation biblischer Texte, an den Rand<br />
gedrängt wurde, kann an der Kontroverse paradigmatisch die Frage<br />
nach der Historizität von Religion und deren Verhältnis zu ihrem Wesen<br />
verhandelt werden.<br />
R. Otto und<br />
R. Bultmann
DDR<br />
Ökumenische<br />
Versammlung<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 32<br />
Für die politisch-systematische Analyse der Eingaben und Vorschläge<br />
an die ökumenische Versammlung der DDR (1987–1989)<br />
stellte die <strong>Stiftung</strong> Prof. P. Maser (Ostkirchen-Institut, Universität<br />
Münster) Mittel zur Verfügung.<br />
Das Forschungsvorhaben bezieht sich auf den Konziliaren Prozess in<br />
der DDR, der mit seinen Ökumenischen Versammlungen als eine der<br />
wichtigsten Stationen auf dem Wege zur friedlichen Revolution von<br />
1989 angesehen werden kann. Der Ökumenische Rat der Kirchen als<br />
internationaler Dachverband der Kirchen der Welt hatte 1984 auf Initiative<br />
des Erfurter Propstes Heino Falcke eine „Ökumenische Versammlung<br />
für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“<br />
für das Jahr 1990 beschlossen. Zum Organisator und Motor des<br />
Konziliaren Prozesses in der DDR wurde der Arbeitskreis Christlicher<br />
Kirchen, ein zwischen den Kirchen in der DDR koordinierendes Gremium.<br />
Im Herbst 1987 riefen die Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />
unter dem Slogan „Eine Hoffnung lernt gehen“ Gemeinden und<br />
Gruppen dazu auf, sich mit Anregungen, Hinweisen und Themenvorschlägen<br />
an das Sekretariat der Ökumenischen Versammlung zu<br />
wenden. Auf mehreren Vollversammlungen wurden diese mehr oder<br />
weniger ausgearbeiteten Entwürfe diskutiert und zu Texten zusammengefasst.<br />
Die angestrebte Rezeption der Endfassungen dieser<br />
Texte wurde durch die friedliche Revolution im Herbst 1989 zum<br />
großen Teil gegenstandslos.<br />
Die Eingaben und Anregungen an die „Ökumenische Versammlung<br />
für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“<br />
1987–1989 bilden eine für die DDR-Geschichte einzigartige Sammlung<br />
von Quellen über widerständiges Verhalten, Widerstand und<br />
Opposition. Hier wurden in verschiedenen Themenfeldern etwa<br />
11.000 Wortmeldungen gesammelt und überliefert, die einen breiten<br />
Einblick in die Stimmungslage der Bevölkerung geben. Während die<br />
offiziellen Ergebnistexte der Versammlung ihre Erwartungen oft<br />
sehr verhalten und nur in Frageform artikulierten, erhob die Basis<br />
bereits weitergehende Forderungen wie die nach der Trennung von<br />
SED und Staat, nach bürgerlichen Freiheiten wie Versammlungsund<br />
Meinungsfreiheit oder nach Zulassung von Parteien. Diese Wünsche<br />
nach Veränderungen in der DDR kristallisierten sich vor allem<br />
in den Eingaben an die Arbeitsgruppe 003 „Mehr Gerechtigkeit in<br />
der DDR – unsere Aufgaben und Erwartungen“.<br />
Ziel des Forschungsvorhaben ist es, den etwa 3.000 Schriftstücke<br />
umfassenden Quellenbestand in einer kommentierten Edition der<br />
weiteren Forschung zugänglich zu machen und in einem zweiten Arbeitsschritt<br />
aus politisch-systematischer Sicht zu analysieren. Dabei<br />
soll untersucht werden, welche gesellschaftspolitischen Leitbilder<br />
aus den Eingaben und Vorschlägen an die Ökumenische Versammlung<br />
erhebbar sind und inwieweit die unter dem Dach der Kirche initiierten<br />
Diskussionen eine Plattform boten, um die Forderungen der<br />
Herbstes 1989 fundiert zu formulieren.
33<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
Prof. F. W. Graf (Lehrstuhl für Systematische Theologie mit Schwerpunkt<br />
Ethik, Evangelisch-Theologische Fakultät, Universität München)<br />
wurden von der <strong>Stiftung</strong> für „Band 10: Ernst Troeltsch Kritische<br />
Gesamtausgabe“ Fördermittel bereitgestellt.<br />
Der Wahrnehmung des Werkes von Ernst Troeltsch (1865–1923) waren<br />
bisher enge Grenzen gesetzt. Der Präsenz Troeltschs in den einzelnen<br />
Kulturwissenschaften entsprach keine angemessene wissenschaftliche<br />
Präsenz der von ihm publizierten Texte. So bildete sich<br />
im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften ein<br />
Herausgebergremium (Professoren Friedrich Wilhelm Graf, Volker<br />
Drehsen, Gangolf Hübinger, Trutz Rendtorff) zur Erstellung der<br />
„Ernst Troeltsch Kritische Gesamtausgabe“ (KGA). Bei dem im Rahmen<br />
dieses Gesamtprojektes zu erstellenden Band 10 der KGA mit<br />
den Schriften von Troeltsch „Zur religiösen Lage, Religionsphilosophie<br />
und Ethik (1913)“ handelt es sich mit geplanten 1200 Seiten um<br />
einen umfangreichen Band, der in zwei Teilbänden erscheinen soll.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> gewährte Prof. K. Koschorke, Abteilung für Kirchengeschichte,<br />
Evang.-Theologische Fakultät, Universität München, Fördermittel<br />
für das Projekt „Quellenbuch zur Außereuropäischen Christentumsgeschichte<br />
(Asien, Afrika, Lateinamerika) 1450–1990“. Dieses<br />
Projekt wird in Zusammenarbeit mit PD Dr. Dr. F. Ludwig, Bayreuth,<br />
und Prof. M. Delgado, Fribourg/Schweiz, durchgeführt.<br />
Die Außereuropäische Christentumsgeschichte ist eine im Entstehen<br />
begriffene neue Disziplin, die im internationalen wissenschaftlichen<br />
Diskurs ständig an Bedeutung gewinnt. Sie gewinnt ihre Relevanz<br />
aus den veränderten ökumenischen Rahmenbedingungen und dem<br />
sprunghaft gewachsenen Gewicht der außereuropäischen Kirchen<br />
im Kontext der globalen Ökumene. Sie erweitert das Spektrum klassischer<br />
evangelischer und katholischer Kirchengeschichtsschreibung<br />
in Forschung und Lehre um die Dimension der Geschichte des Christentums<br />
in der nicht-westlichen Welt.<br />
Das Quellenbuchprojekt ist das erste seiner Art im deutschsprachigen<br />
und internationalen Raum. Es dokumentiert die Geschichte der<br />
Kirchen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas von 1450 – dem Beginn<br />
der iberischen Expansion – bis zum Jahr 1990. Während die Geschichte<br />
des außereuropäischen Christentums bislang v. a. aus westlichen<br />
missionarischer Perspektive wahrgenommen ist, werden in<br />
dem Quellenbuch zugleich die Vielzahl lokaler Initiativen und die<br />
unterschiedlichen Ausprägungen des Christentums im Kontext verschiedener<br />
außereuropäischer Kulturen dargestellt. Voten einheimischer<br />
Christen – etwa zur Frage der Sklaverei, des Verhältnisses zu<br />
anderen Religionen oder zu kirchlicher Eigenständigkeit – werden<br />
dokumentiert. Das Quellenbuch ist so angelegt, dass neben den unterschiedlichen<br />
regionalen Entwicklungen zugleich auch die übergreifenden<br />
Themen und Etappen der Außereuropäischen Christentumsgeschichte<br />
in den Blick kommen.<br />
Ernst Troeltsch<br />
Außereuropäisches<br />
Christentum
Tibetischer<br />
Buddhismus<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 34<br />
Prof. P. Schwieger, (Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens,<br />
Universität Bonn) arbeitet mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong><br />
an dem Projekt „Identitätsfindung, Identitätsstiftung und die Globalisierung<br />
des tibetischen Buddhismus. Zur Ausbreitung und Kohäsion<br />
eines transkulturellen Netzwerks“.<br />
Nachdem der tibetische Buddhismus lange neben dem Islam eine<br />
führende geistig-religiöse Kraft Zentralasiens gewesen war, wurden<br />
ihm im 20. Jahrhundert die Entstehung der Sowjetunion und der<br />
Volksrepublik China fast zum Verhängnis. Aus seinem angestammten<br />
Gebiet im tibetisch- und mongolischsprachigen Zentralasien virtuell<br />
ausgelöscht und unter den tibetischen Flüchtlingen in Indien<br />
und Nepal ein Exildasein fristend, galt er Anfang der sechziger Jahre<br />
als eine dem Untergang geweihte Religionsform. Doch nach der von<br />
Deng Xiaoping eingeleiteten Liberalisierungspolitik Chinas und der<br />
Perestroika Gorbatschows erlebt er nicht nur in weiten Teilen seines<br />
historischen Verbreitungsgebietes eine beachtliche Renaissance,<br />
sondern expandiert auch in andere Weltgegenden. Somit fasst er<br />
heute über ein globales Netzwerk von Klöstern, Lehr- und Meditationszentren<br />
eine Anhängerschaft breiter kultureller, zeitgeschichtlicher<br />
und lebensweltlicher Spannbreite zu einer Gemeinschaft zusammen,<br />
welche zudem stark ungleichen politischen, wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unterworfen ist.<br />
In seiner derzeitigen Ausdehnung lässt sich das globale Netzwerk<br />
des tibetischen Buddhismus auf der Grundlage politisch-territorialer<br />
sowie sozio-kultureller Gegebenheiten in verschiedene Bereiche<br />
strukturieren. Man kann zwischen den sog. Äußeren Provinzen, den<br />
euro-amerikanischen und fernöstlichen Regionen, und den sog. Inneren<br />
Provinzen, zu denen die zentralasiatisch-mongolischen und<br />
die tibetischen Bezirke gehören, unterscheiden. Während die Inneren<br />
Provinzen dem historischen Verbreitungsgebiet des tibetischen<br />
Buddhismus in seiner fast vollen Ausdehnung entsprechen, sind die<br />
Äußeren Provinzen rezente Zugewinne, durch die erst von einer Globalisierung<br />
des tibetischen Buddhismus die Rede sein kann. In den<br />
Inneren Provinzen stellt der tibetische Buddhismus ein sozialschichtenübergreifendes<br />
Massenphänomen dar und dient als wesentlicher<br />
Baustein nationaler und ethnischer Identifikation. In den Äußeren<br />
Provinzen ist er dagegen ein kultureller Import, ein Fremdkörper,<br />
dessen Annahme eine Abkehr von hergeleiteten geistig-religiösen<br />
Traditionen impliziert. Zudem ist er hier ein ausgesprochenes Oberschichtenphänomen<br />
urbaner Zentren. Bisweilen führen die lokalen<br />
Ausprägungen des tibetischen Buddhismus, welche seine Ausbreitung<br />
zu begünstigen scheinen, innerhalb des globalen Netzwerkes<br />
auch zu Gegensätzen, Abgrenzungstendenzen und Spannungen, die<br />
sich durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Normvorstellungen<br />
und Mentalitäten, aber auch an politischen Fragen entzünden.<br />
Trotz der zentrifugalen Tendenzen kann jedoch die Existenz einer<br />
gemeinsamen Identität des tibetischen Buddhismus nicht bezweifelt<br />
werden. Kommunikation, Solidarität und Interaktion
35<br />
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />
gehören zu den wesentlichen Merkmalen, die das globale Netzwerk<br />
des tibetischen Buddhismus prägen.<br />
Netzstrukturell bildeten Innere und Äußere Provinzen die Peripherie<br />
zur sog. Metropole im südasiatischen Raum (Indien, Nepal), von der<br />
aus die Lamas für das gesamte Netzwerk operieren. Hier befinden<br />
sich die prestigereichsten, besten und zahlenmäßig größten religiösen<br />
Ausbildungsstätten. Ferner verleiht ihr der Umstand, dass sie die<br />
Wirkungsstätte des historischen Buddha gewesen ist, eine symbolische<br />
Festigung.<br />
Das Forschungsvorhaben beabsichtigt weder eine Phänomenologie<br />
der Globalisierung des tibetischen Buddhismus zu erstellen, noch sie<br />
historisch nachzuzeichnen. Vielmehr soll es die Globalisierung des<br />
tibetischen Buddhismus über die Untersuchung von individuellen<br />
kognitiven Prozessen aufklären, welche die Hinwendung zu dieser<br />
Religion bewirkt haben. Dabei ist die Leitthese der Untersuchung,<br />
dass das Bekenntnis zum tibetischen Buddhismus überall im globalen<br />
Netzwerk mit den beiden Momenten der Identitätsfindung und<br />
Identitätsstiftung verknüpft ist. Bei der Identitätsfindung erfahren<br />
die Anhänger eine ersehnte Verortung in ihrem sozio-kulturellen<br />
Ausgangskontext sowie die Erfüllung und Befriedigung von spezifischen<br />
Erwartungen und Bedürfnissen. Identitätsstiftung erleben die<br />
Gläubigen durch die Begegnung mit besonderen Ausdrucksformen<br />
des tibetischen Buddhismus, also seinem ausgeprägten Ritual- und<br />
Symbolsystem, und vor allem durch die zentrale Figur des spirituellen<br />
Lehrers. Zusammen scheinen die Lehre, das Ritual und das Symbolinventar<br />
sowie der Lama ein Symbolsystem zu bilden, das auf intellektuell-diskursiver<br />
Ebene, auf der Ebene der religiösen und sozialen<br />
Praxis und sogar auf der affektiven Ebene alle Voraussetzungen<br />
zur Bildung einer integrativen Makro-Identität erfüllt.<br />
Die Untersuchung basiert im Wesentlichen auf Feldforschungen. In<br />
diesem Zusammenhang soll eine intensive Befragung von ausgewählten<br />
Aktivisten an den bedeutendsten Zentren im globalen Netzwerk<br />
des tibetischen Buddhismus durchgeführt werden. Eine diskursanalytische<br />
Betrachtung der Daten soll dann Motivationen und<br />
Zugangsweisen, Perzeptionen und Empfindungen offen legen, die<br />
an der Basis den Erfolg des tibetischen Buddhismus bedingt und die<br />
Ausformung seines heutigen Netzwerkes geprägt haben.<br />
Prof. K. Hoheisel (Religionswissenschaftliches Seminar, Universität<br />
Bonn) arbeitet mit Fördermitteln der <strong>Stiftung</strong> an dem Projekt „Gesellschaftliche<br />
und politische Praxis der Anthroposophie. Historische<br />
Grundlagen, kulturelle Kontexte und weltanschauliche Konzeption<br />
der Anwendungsfelder der Weltanschauung Rudolf Steiners“.<br />
Im Zentrum des Vorhabens stehen die historischen Grundlagen, die<br />
kulturellen Kontexte und die weltanschauliche Konzeption der Anwendungsfelder<br />
der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie.<br />
Rudolf<br />
Steiner
THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT 36<br />
Rudolf Steiner (1861–1925), der Spiritus rector der „Anthroposophischen<br />
Gesellschaft“ kam im Jahre 1900 zur „Theosophischen Gesellschaft<br />
Adyar“, die 1875 von Helena Petrovna Blavatsky und Henry<br />
Steel Olcott gegründet worden war. Zwei Jahre später wurde er zum<br />
Leiter der deutschen Sektion gewählt und verfasste in dieser Funktion<br />
bis zum Ersten Weltkrieg seine weltanschaulichen Grundlagenwerke:<br />
Unter anderem entstanden eine Anthropologie („Theosophie“<br />
1904), ein „Schulungsweg“ („Wie erlangt man Erkenntnisse<br />
der höheren Welten?“ 1904/05 und eine Kosmologie („Die Geheimwissenschaft<br />
im Umriß“, 1904/09). Im Dezember 1912 trennte er sich<br />
durch die Gründung der „Anthroposophischen Gesellschaft“ von der<br />
theosophischen Mutterorganisation. Die entscheidenden weltanschaulichen<br />
Positionsbestimmungen – ein antimaterialistischer Spiritualismus<br />
des „Übersinnlichen“, eine Naturphilosophie im goetheschen<br />
Geist, eine von Ernst Haeckel geprägte Evolutionstheorie, eine<br />
kosmische Christologie – blieben aber über diesen Bruch hinaus<br />
Konstanten seines Denkens. Steiner gehört damit in den Kontext der<br />
religiösen („geistigen“) Lebensreform, deren Vertreter auf vermeintliche<br />
oder reale Krisen der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts<br />
mit spirituellen Reformprojekten reagierten.<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg startete Rudolf Steiner Versuche, nicht<br />
nur das individuelle Bewusstsein, sondern auch die gesellschaftliche<br />
Praxis zu verändern. Zwischen 1919 und 1924 entstanden diejenigen<br />
Segmente der Anthroposophie, die heute ihr Bild bestimmen und die<br />
im Zentrum des Forschungsprojekts stehen:<br />
– die „Dreigliederung“ als Gesellschaftstheorie (1919)<br />
– „Waldorf“pädagogik (ebenfalls 1919)<br />
– Medizin und Heilpädagogik (seit 1920)<br />
– Landwirtschaft (1924).<br />
Seit den siebziger Jahren ist die Anthroposophie aus ihrer Nischenexistenz<br />
herausgetreten und zu einer gesellschaftlich und politisch<br />
relevanten Größe geworden. So sind z. B. die Waldorfschulen in<br />
Deutschland zum zweitgrößten privaten Schulverband hinter den<br />
kirchlichen Schulen herangewachsen. Im medizinischen Bereich haben<br />
sich anthroposophische Arzneimittel etabliert; und auch Steiners<br />
gesellschaftliche Konzeption hat sich nachhaltig z. B. auf die Bewegungen<br />
für direkte Demokratie ausgewirkt. Aus einer esoterischen,<br />
sich selbst als „Geheimwissenschaft“ definierenden Gruppe ist somit<br />
in den letzten Jahrzehnten ein gesellschaftlich wirksames Netzwerk<br />
von beträchtlicher Relevanz entstanden.<br />
Das Forschungsvorhaben hat zum Ziel, die bisher von der deutschen<br />
Forschung weitgehend vernachlässigten Praxisfelder der Anthroposophie<br />
hinsichtlich der historischen Grundlagen, der Logik der Weltanschauungskonstruktion,<br />
aber auch im Blick auf die gesellschaftlichen<br />
Folgewirkungen zu analysieren. Auf dieser Basis soll ein Beitrag<br />
zur Erforschung der religiös fundierten Alternativbewegung in
37<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Deutschland geleistet werden. Dadurch ist zugleich angestrebt, die<br />
religiös-kulturelle Pluralisierung, die sich in den letzten Jahrzehnten<br />
in Deutschland entwickelt hat, hinsichtlich eines wichtigen Faktors<br />
besser zu verstehen. In dieser Perspektive soll auch die These überprüft<br />
werden, dass komplexe, spezifisch anthroposophische Organisationsstrukturen<br />
die Kontinuität der anthroposophischen Praxisarbeit<br />
in den mehrfachen Brüchen der deutschen Geschichte während<br />
des 20. Jahrhunderts erleichtert oder gar ermöglicht haben.<br />
Geschichtswissenschaften<br />
Die Geschichtswissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten national<br />
wie international eine außerordentliche Ausweitung erfahren,<br />
sachlich wie methodisch. An die Seite der politischen Geschichte,<br />
der Geistesgeschichte, der Wirtschafts- und Sozialgeschichte ist die<br />
Geschichte der materiellen Kultur des Alltags, der Mentalitäten und<br />
Medien getreten, an die Seite der Geschichte der Nationen, der<br />
Epochen, übergreifender Strukturen die der Regionen, der Städte,<br />
einzelner sozialer Gruppen, an die der Makro- die sogenannte<br />
Mikrogeschichte. Und dieser Ausweitungs- und Differenzierungsprozess<br />
bis hin zur disziplinären Verselbständigung – daher setzt<br />
man die Fachbezeichnung auch zunehmend in die Mehrzahl –<br />
wurde begleitet von einer Fülle methodischer Neuansätze und Perspektivenwechsel,<br />
die ihren ursprünglichen Gegenstand nicht selten<br />
überschritten, weiterreichende Geltungsansprüche erhoben.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> steht Förderungsanträgen aus allen Bereichen<br />
der Geschichtswissenschaften offen. Sie hat dabei in der Vergangenheit<br />
der Geschichte Mittel- und Osteuropas sowie der Wirtschafts-<br />
und Sozialgeschichte eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet<br />
und möchte dies auch weiterhin tun. Gleichzeitig ist die <strong>Stiftung</strong><br />
an einer neuen Schwerpunktbildung interessiert: Sie lädt zu<br />
Förderungsanträgen ein, deren Projekte sich mit dem Wandel der<br />
Lebensbedingungen im Übergang von der traditionalen zur modernen<br />
Gesellschaft, also vom 18. zum 20. Jahrhundert befassen und deren<br />
Auswirkungen auf unterschiedliche Lebensbereiche untersuchen,<br />
die von der Alltagswelt über die Gesellschaft und Politik bis<br />
hin zur Veränderung der Mentalitäten und der Weltbilder reichen.<br />
Dem Brandenburgischen Klosterbuch widmet sich ein von der <strong>Stiftung</strong><br />
gefördertes Projekt des Historischen Instituts, Universität Potsdam<br />
(Prof. H.-D. Heimann).<br />
Mit dem „Brandenburgischen Klosterbuch“ soll erstmalig ein auf<br />
wissenschaftlicher Grundlage stehendes Handbuch aller im historisch-geographischen<br />
Bereich der Mark Brandenburg seit dem Mittelalter<br />
bestehenden geistlichen Institutionen, Klöster, Dom- und<br />
Stiftskapitel sowie der religiösen Gemeinschaften erarbeitet werden.<br />
Dazu ist es notwendig, die vielförmigen Grundlagen und Ausprä-<br />
Brandenburgisches<br />
Klosterbuch
Fürstliche Höfe<br />
Spätmittelalter<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 38<br />
gungen der Klöster und ähnlicher monastischer Institute seit dem hohen<br />
und späten Mittelalter sowie deren Transformation in der Reformation<br />
zu erfassen und nach einer einheitlichen Systematik zu beschreiben.<br />
Das Handbuch soll also Sachauskünfte bereitstellen, die<br />
die interessierten Benutzer dazu befähigen, Klöster und verwandte<br />
Orte als landeskulturelle „Erinnerungsorte“ zu verstehen.<br />
Handbuchtypologisch gehört das Projekt in die Reihe bewährter regionaler<br />
Nachschlagewerke wie den „Historischen Stätten“ oder<br />
„Städtebüchern“, die hauptsächlich ein universitäres Publikum ansprechen<br />
sollen. Denn es korrespondiert mit sachlich-inhaltlich vergleichbaren<br />
Projekten zur statistisch-topographischen Darstellung<br />
kirchlich geprägter Landschaften, wie etwa dem „Westfälischen Klosterbuch“<br />
oder dem „Thüringischen Klosterbuch“ oder dem in Vorbereitung<br />
befindlichen Projekt „Stiftskirchen“. Das Handbuch ist so<br />
konzipiert, dass neben Sachtexten in angemessener Weise auch Baugrundrisse,<br />
Lagepläne, historische und topographische Karten, historische<br />
Abbildungen von Gebäuden, Personenlisten oder materielle<br />
Zeugnisse der Klosterkultur aufgenommen werden.<br />
Das Projekt versteht sich auch als wissenschaftliche Initiative, die<br />
Kultur der Klöster und verwandter Institutionen in die universitäre<br />
Forschung und Lehre am Wissenschaftsstandort Potsdam zu integrieren<br />
und langfristig als eine regional verankerte, über die Region Berlin-Brandenburg<br />
hinausweisende Komponente der europäischen<br />
Geistes-, Religions- und Kulturgeschichte zu etablieren.<br />
„Fürstliche Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein<br />
dynastisch-topographisches Handbuch“ ist Thema eines durch die<br />
<strong>Stiftung</strong> unterstützten Projekts von Prof. W. Paravicini, Deutsches Historisches<br />
Institut, Paris, und Prof. G. Fouquet, Lehrstuhl für Sozialund<br />
Wirtschaftsgeschichte, Universität Kiel.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mit Hilfe eines dynastisch-topographischen<br />
Handbuchs das Phänomen des fürstlichen Hofes im<br />
spätmittelalterlichen Deutschen Reich in seiner Funktion als Herrschaftsmittelpunkt<br />
und Herrschaftsmittel sowie die Darstellung von<br />
Macht in Architektur und städtebaulicher Gestaltung der fürstlichen<br />
Residenzen zu dokumentieren.<br />
Das geplante zweibändige Handbuch umfasst 39 Artikel zur Gruppe<br />
„Dynastie“, 136 Artikel zur Gruppe „Könige/Reichsfürstentümer“<br />
(Band I) und ca. 321 „Residenzartikel“ (Band II), die von 179 verschiedenen<br />
Autoren erstellt werden. Es wird durch ein Literaturverzeichnis<br />
sowie durch mehrere Register abgeschlossen. Darüber hinaus<br />
sind eine Datenbank mit Informationen und Literatur zu den<br />
Reichsfürsten, Dynastien und Residenzen sowie eine Karte der fürstlichen<br />
Residenzen und zentralen Orte im Reich um 1500 derzeit schon<br />
im Internet zugänglich (http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de). Die<br />
Karte soll zudem bei der Veröffentlichung des gedruckten Handbuchs<br />
auf den Innendeckeln des Einbandes eine bessere geographische<br />
Einordnung der dort behandelten Residenzorte ermöglichen.
39<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Die vorgesehenen Residenzartikel zeigen an, welcher Herrscher wie<br />
oft auf welchen Verwaltungsmittelpunkten residierte und welchen<br />
Einfluss er auf die jeweilige Residenz genommen hat. In den Artikeln<br />
zu den Reichsfürstentümern werden die Höfe der weltlichen und<br />
geistlichen Fürsten zusammenfassend beschrieben und im Hinblick<br />
auf die unterschiedliche Organisation des Hof- und Verwaltungsapparates<br />
verglichen. Die Artikel zu den verschiedenen Herrscherdynastien<br />
schließlich verdeutlichen die innere Verflechtung von Herrschaft<br />
und Geschlecht. Das Handbuch orientiert sich an der verfassungsgeschichtlichen<br />
Realität des Heiligen römischen Reiches deutscher<br />
Nation um 1500. Es beschreibt geographisch das Gebiet des<br />
spätmittelalterlichen Reiches (u. a. mit Trient, Brixen und Aquileja,<br />
Savoien und Genf, Lothringen, den Bistümern Metz, Toul und Verdun,<br />
den alten Niederlanden, den bömischen Ländern, Schlesien,<br />
dem Ordensstaat). Der Bearbeitungszeitraum reicht von der Mitte<br />
des 13. Jahrhunderts bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges.<br />
<strong>2002</strong> wurden von der <strong>Stiftung</strong> zusätzliche Mittel für eine Bilddokumentation<br />
der landesherrlichen Residenzen bewilligt. Der geplante<br />
Bildband soll die Architektur und Organisationen von Hof und Residenz<br />
zum ersten Mal nach funktionalen Gesichtspunkten gegliedert<br />
systematisch erfassen und darstellen. Es ist dabei sowohl an eine Illustration<br />
der im bereits erarbeiteten dynastisch-topographischen<br />
Handbuch erfassten fürstlichen Residenzen und Höfe als auch an<br />
eine nach chronologischen und funktionalen Gesichtspunkten gegliederte<br />
Darstellung von fürstlichem Herrschen und Wohnen im<br />
späten Mittelalter gedacht.<br />
Bislang noch nicht genannte Publikationen:<br />
Wettlaufer, Jörg; Jan Hirschbiegel: Fürstliche Höfe und Residenzen<br />
im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches<br />
Handbuch. – In: Mitteilungen der Residenzen-Kommission.<br />
11,2. 2000. S. 9–14.<br />
Hirschbiegel, Jan: Fürstliche Höfe im spätmittelalterlichen Reich<br />
– ein Projekt der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften<br />
in Göttingen. – In: Burgenbau im 13. Jahrhundert.<br />
Hrsg. von der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen<br />
und Schlössern in Verbindung mit dem Germanischen Nationalmuseum.<br />
Red.: G.U. Grossmann. München u. a. <strong>2002</strong>. S. 73–82.<br />
Aristokratische Polygynie im Hochmittelalter im europäischen Vergleich<br />
ist Thema eines Forschungsprojektes am Institut für Vergleichende<br />
Geschichte Europas im Mittelalter, Humboldt-Universität zu<br />
Berlin (Prof. M. Borgolte).<br />
Polygynie (Beziehungen eines Mannes zu mehreren Frauen, im Gegensatz<br />
zu Polygamie, der Vielehe) war für die Aristokraten des<br />
hochmittelalterlichen Europas ein aktuelles Thema – zumal, da gerade<br />
zwischen 1050 und 1250 das kirchliche Ehemodell, die prinzipiell<br />
alternativlose, definitive Bindung eines Mannes und einer Frau,<br />
Polygynie
G. Kölderer<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 40<br />
in Konkurrenz trat zu den vielfältigen Beziehungsformen, die die<br />
weltlichen Großen des Kontinents zu praktizieren gewohnt waren.<br />
Der dauerhafte Erfolg des kirchlichen Ehemodells, das im Hochmittelalter<br />
erstmals massiv propagiert und durchgesetzt wurde und das<br />
bis in unsere Tage der soziale (und moralische) Standard geblieben<br />
ist, lässt leicht übersehen, dass die diversen mittelalterlichen Alternativen,<br />
in der Begrifflichkeit der römischen Kirche unter dem Wort<br />
„Konkubinat“ subsumiert und diskreditiert, für die Mächtigen jener<br />
Zeit eine Vielzahl sozialer, politischer, strategischer Funktionen erfüllte.<br />
Diese Bedeutungsvielfalt wird im europäischen Vergleich untersucht:<br />
für Skandinavien, für die Länder französischer Kultur um<br />
den Ärmelkanal und für den nordwestlichen Mittelmeerraum. Mit<br />
der Untersuchung der aristokratischen Polygynie als eines europaweit<br />
verbreiteten sozialen Phänomens soll so eine Geschichte kontinentaler<br />
Vielfalt und Gemeinsamkeit in einer Zeit entstehen, da die<br />
„Komposition Europas“ in eine entscheidende Phase trat.<br />
Seit Beginn der Förderung wurde der räumlich erste, der nordeuropäische<br />
Teil erarbeitet. Deutlich ist dabei geworden, dass die sozialen<br />
Verwendungsmöglichkeiten von polygynen Verhältnissen im Norden<br />
erheblich breiter gefächert sind, als gemeinhin angenommen wird.<br />
Herausragend ist dabei, dass in den nordischen Königreichen bis ins<br />
13. Jahrhundert hinein die königliche Vaterschaft Grundbedingung<br />
für die Anwartschaft auf das Königtum war, was bedeutet, das jedes<br />
Verhältnis eines Königs zu einer Frau – gleich ob im weltlichen oder<br />
kirchlichen Sinne „ehelich“ oder nicht – große politische Konsequenzen<br />
haben konnte. Daneben hat sich gezeigt, dass der „Zeichencharakter“<br />
solcher Beziehungen (d. h. die sozialsemantischen Aussagemöglichkeiten,<br />
die in der Aufnahme oder Beendigung einer Beziehung<br />
lagen) auf mehreren Ebenen liegt. Die Bedeutung der Polygynie<br />
für die ausgeprägt agonale (d. h. auf Wettstreit beruhende) politische<br />
Kultur Skandinaviens, die in diesem Projekt als solche theoretisiert<br />
wird, ist als ein erstes Forschungsergebnis zu werten; als zweites ist<br />
festzuhalten, dass der „Symbolcharakter“ (im anthropologischen<br />
Sinne) solcher Beziehungen ein neues Licht auf die religiösen Vorstellungen<br />
in Nordeuropa einige Generationen nach der Christianisierung<br />
wirft.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. W. E. J. Weber (Institut für Europäische<br />
Kultur, Universität Augsburg) bei der Edition der Chronik des Georg<br />
Kölderer (Augsburg um 1600).<br />
Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die historisch-kritische<br />
Ausgabe der Chronik des Augsburger Handelsangestellten Georg<br />
Kölderer (1550?–1607).<br />
Zu den wichtigsten Arbeitsgebieten der frühneuzeitlichen europäischen<br />
Kulturgeschichte zählt die Erforschung der Voraussetzungen,<br />
Entstehung, Erscheinungsformen und Wirkungen kollektiver historischer<br />
Erinnerungen. Eine wesentliche Quellensorte dabei ist die vor<br />
allem städtische Chronistik.
41<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Die 2.400 Seiten umfassende Chronik des Augsburgers Georg Kölderer<br />
entstand an einer Nahtstelle europäischer, insbesondere südund<br />
mitteleuropäischer Kommunikation. Sie zeichnet sich durch eine<br />
überdurchschnittliche Breite der Wahrnehmung und Erfassung vielfältiger<br />
Themen aus. Ihr Autor arbeitete als Handelsdiener bzw.<br />
–schreiber bei einem großen Augsburger Handelshaus. Hier erfuhr<br />
er im Rahmen der Korrespondenz zahlreiche Neuigkeiten aus dem<br />
In- und Ausland. Er hatte Zugang zu den Fugger-Zeitungen, außerdem<br />
standen ihm Flugschriften, Flugblätter und Bücher zur Verfügung.<br />
Über zahlreiche, häufig nur unzulänglich identifizierbare Bekannte<br />
erhielt er mündliche Informationen zu vielen Entwicklungen<br />
im politischen wie kirchlichen Bereich seiner Heimatstadt.<br />
Darüber hinaus spiegeln sich in seiner Chronik die Vorgänge im Reich<br />
im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges wider (z. B. politische Veränderungen,<br />
dynastische Querelen, bewaffnete Auseinandersetzungen,<br />
Konfessionsstreitigkeiten). Ebenso kommt die europäische Staatenwelt<br />
in den Blick. Päpste und türkische Sultane, italienische Fürsten und<br />
spanische Könige finden genauso Eingang in Kölderers Chronik wie<br />
Thronstreitigkeiten in Polen und die Auseinandersetzung Maria Stuarts<br />
und Elisabeths I. Diese Notizen werden breit ergänzt durch kulturhistorisch<br />
äußerst interessante Kommentare zu Körper-, Krankheits- und Todeserfahrungen,<br />
dem Hexenglauben und der Wunderwahrnehmung.<br />
Kölderers Schrift ist aber nicht nur eine additive Aufstellung erfahrener<br />
oder erlebter Vergangenheiten, sondern eine durchdachte<br />
Quelle. Der Chronist versteht es, die ihm übermittelten Nachrichten<br />
jeweils zu kontextualisieren, zu analysieren und zu werten. Dadurch<br />
entsteht ein Gesamtwerk, das die greifbaren Zeitläufe zu ordnen und<br />
ein kohärentes Weltbild zu konstruieren versucht, um die Welt im<br />
wahrsten Sinne des Wortes „lesbar“ zu machen.<br />
Die beschriebenen Charakteristika der Chronik Kölderers begründen<br />
einen hohen interdisziplinären Quellenwert, so dass neben der<br />
Geschichtswissenschaft und der allgemeinen Kulturforschung auch<br />
die Kommunikationswissenschaft, die Volkskunde, die Kunstgeschichte,<br />
Rechtsgeschichte, Kirchengeschichte und die Philosophie<br />
von ihrer Edition profitieren.<br />
Prof. A. Schindling (Historisches Seminar, Universität Tübingen) betreut<br />
das von der <strong>Stiftung</strong> geförderte Projekt „Geschwinde Welt“.<br />
Krieg und öffentliche Kommunikation – zur Erfahrung beschleunigten<br />
historischen Wandels im Heiligen Römischen Reich deutscher<br />
Nation in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts (1542–1554).<br />
Das Interesse des Forschungsvorhabens richtet sich auf die Phase der<br />
Reformation in Deutschland (1542–1554), die von einem Kontinuum<br />
militärisch ausgetragener Interessengegensätze bestimmt war.<br />
Am Anfang der Entwicklung stand die große militärische Aufrüstung<br />
der schmalkaldischen Bündner im Kontext der Frankfurter Religionsvergleichsgespräche<br />
im Frühjahr 1539, der sog. „Rumor“. Das stei-<br />
Krieg und<br />
Kommunikation<br />
16. Jh.
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 42<br />
gende Militärpotential des Schmalkaldischen Bundes führte von<br />
1542 bis 1545 zu mehreren Kriegen im niedersächsischen Raum um<br />
das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel. Den Auseinandersetzungen<br />
folgte 1546/47 der sog. Schmalkaldische Krieg, der als Achtexekutionskrieg<br />
Kaiser Karls V. gegen die Häupter des Schmalkaldischen<br />
Bundes – zuerst in Süddeutschland, dann in Sachsen – geführt<br />
wurde. Schließlich kam es zwischen 1550 und 1552 zu einem Kampf<br />
um die Ergebnisse des Schmalkaldischen Krieges, wie sie insbesondere<br />
im „Geharnischten Reichstag“ durch den Kaiser festgeschrieben<br />
worden sind. Die katholischen und protestantischen Fürsten opponierten<br />
gemeinsam und im Bündnis mit Heinrich II. von Frankreich<br />
gegen die Ausweitung der kaiserlichen Herrschaft und zwangen<br />
Karl V. letztendlich zu einer „freiwilligen“ Abdankung. Wiewohl<br />
auch die kriegerischen Auseinandersetzungen im sog. Markgrafenkrieg<br />
von 1553/54 in engem Zusammenhang mit den militärischen<br />
Konflikten der Vorjahre standen, bedeutete dieser gewaltsam ausgetragene<br />
Interessengegensatz im Reich einen bedeutsamen Einschnitt,<br />
da die Motive dieser Auseinandersetzung in der Publizistik<br />
als jenseits des durch den Glaubenszwiespalt aufgeworfenen Reichsfriedensproblems<br />
liegend vorgestellt wurden. Die Entwicklungen<br />
zwischen 1542 und 1554 zeigen, dass für den Gang der Reformationsgeschichte<br />
im Reich eine Konstellation gegeben war, die dann in der<br />
zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts in Westeuropa dazu<br />
führte, dass „Reformation, Revolt and Civil War“ einen unauflöslich<br />
verwobenen Geschehenszusammenhang darstellten.<br />
Die Zeitgenossen haben diese Jahre als eine Zeit der Friedlosigkeit<br />
wahrgenommen, wie deren Rede von den „unruhigen und geschwinden<br />
Läuften“ indiziert. Das gerade durch die Unruhe ihrer<br />
Zeit evozierte Krisenbewusstsein ließ die Nachfrage der damals lebenden<br />
Menschen nach Sinn- und Deutungsangeboten, die zwischen<br />
religiös-konfessioneller und säkular-politischer Weltdeutung<br />
oszillieren, wachsen. Ihren Niederschlag fanden diese Gedanken in<br />
vielfältigen Formen einer auf Öffentlichkeit zielenden Kommunikation<br />
über Krieg und Frieden.<br />
Anknüpfend an die von der Reformationsgeschichtsschreibung herausgearbeitete<br />
Vielschichtigkeit öffentlichen Kommunizierens wird<br />
das Arbeitsvorhaben den Fragen nach den Formen der öffentlichen<br />
Verarbeitung und Auseinandersetzung mit den kriegerischen Ereignissen<br />
in dieser Zeit dramatischer religiöser, gesellschaftlicher und<br />
politischer Umbrüche nachgehen. Dem Projekt liegt dabei ein Kommunikationsbegriff<br />
zugrunde, der Kommunikation als einen vielschichtigen<br />
Verständigungsprozess über Wirklichkeit versteht. Öffentliche<br />
Kommunikation meint dabei in Anlehnung an den zeitgenössischen<br />
Wortgebrauch den Teil kommunikativen Handelns,<br />
der darauf zielt, Informationen über die kriegerischen Auseinandersetzungen<br />
dieser Jahre „allgemein“ zugänglich zu machen und als<br />
erinnerte Kriegserfahrung präsent zu halten. Auf diese Weise soll<br />
nicht nur ein präziseres Bild von den Wissens- und Erfahrungshori-
43<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
zonten der Zeitgenossen entworfen, sondern auch ein Einblick in<br />
Strukturen und Funktionsweise einer Medienlandschaft gewonnen<br />
werden, deren Erscheinungsbild sich seit der Erfindung des Buchdrucks<br />
fundamental verändert hatte.<br />
„Das nasridische Granada als Teil des frühneuzeitlichen Europa. Untersuchungen<br />
zur Soziologie des islamischen Wissens“ ist Gegenstand<br />
eines Forschungsprojekts von Prof. T. Nagel (Seminar für Arabistik,<br />
Universität Göttingen).<br />
Ziel des Vorhabens ist es, die Bedeutung des nasridischen Granada<br />
im Spannungsfeld der christlich-spanischen und der arabisch-islamischen<br />
Kultur zu erhellen sowie die Wandlungen des Selbstverständnisses<br />
des nasridischen Staates aufzuweisen.<br />
In Afrika gab es seit der Eroberung durch die Araber und seit der Islamisierung<br />
drei politische Schwerpunkte: Marokko im Westen,<br />
Ägypten im Osten und Äthiopien im Süden. Südspanien und Nordafrika<br />
unterstanden seit dem Ende des 11. Jahrhunderts der Herrschaft<br />
der Berber, verschiedene Dynastien folgten einander: erst die<br />
Almoraviden, dann die Almohaden und nach 1250 die Mariniden. Im<br />
Zuge der Reconquista gelang es den Armeen der christlichen Königreiche<br />
in Spanien, in den Süden vorzustoßen; und Mitte des 13. Jahrhunderts<br />
hatten sie die Iberische Halbinsel nahezu zurückerobert<br />
und die Mauren nach Afrika zurückgedrängt. Nur die Nasriden-Dynastie<br />
in Granada hielt dem Ansturm der Christen noch bis 1492<br />
stand.<br />
Das nasridische Granada war seit dem 13. Jahrhundert in vielfältiger<br />
Hinsicht in den ökonomischen, politischen und militärischen Raum<br />
der iberischen Halbinsel und in das weitere Europa der frühen Neuzeit<br />
eingebunden. Mit der Etablierung des Almoravidenreiches –<br />
vom Senegal bis zum Ebro – wurden die Primärproduzenten des Goldes<br />
in Westafrika mit der sich verstärkenden Edelmetallnachfrage in<br />
Europa in Verbindung gebracht. Dieser Handel intensivierte sich, als<br />
im Zuge der Reconquista im 13. Jahrhundert christlich europäische<br />
Kaufleute an die Stelle der muslimischen und jüdischen Händlerschicht<br />
traten und die Exporte aus Südspanien auf ihre traditionellen<br />
europäischen Märkte reorientierten. Auch in kultureller Hinsicht gab<br />
es über die iberische Halbinsel einen regen geistigen Austausch mit<br />
dem frühneuzeitlichen Europa. Die Erkenntnisse, die die Araber auf<br />
den Gebieten der Philosophie, Mathematik, Astronomie, Medizin,<br />
Geographie und Alchimie gewonnen hatten, drangen über die<br />
Grenzgebiete in Spanien oder Sizilien immer mehr nach Westeuropa<br />
vor und beeinflussten das Denken an den dortigen Universitäten.<br />
Durch den erzwungenen Rückzug vom europäischen Festland kam<br />
es jedoch im geistigen Leben des nasridischen Kleinstaates zu Neuentwicklungen<br />
bzw. Umorientierungen, die bisher in der Forschung<br />
als Erscheinungen der „Dekadenz“ der Reste des islamischen Spaniens<br />
begriffen worden sind. Das Forschungsprojekt geht jedoch davon<br />
aus, dass das nasridische Granada als integraler, aktiver Be-<br />
Granada<br />
islamisches<br />
Wissen
Judenbücher<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 44<br />
standteil des frühneuzeitlichen Europas zu betrachten ist. Ihm liegt<br />
die Forschungshypothese zugrunde, dass die Entwicklungen im Bereich<br />
der Wissensproduktion nicht als Degenerationsphänomen zu<br />
interpretieren sind, sondern dass durch derartige Wandlungen eine<br />
geistige Neubegründung der Rolle des nasridischen Granada aus<br />
dem arabisch-islamischen Erbe erfolgte.<br />
Das Projekt konzentriert sich insbesondere auf zwei Bereiche des<br />
Geisteslebens in der Nasridenzeit:<br />
– auf die Wandlungen und Entwicklungen des islamischen Rechts<br />
– auf die Neuorientierung der Historiographie.<br />
Grundlegend für die Rekonstruktion der intellektuellen Produktion<br />
dabei ist die Analyse der personellen Beziehungen der an dieser Wissensproduktion<br />
beteiligten Gelehrten. Die in diesem Netzwerk in einem<br />
dynamischen Diskussionsprozess entwickelten intellektuellen<br />
Positionen sollen verortet werden und sich damit den Bedingungen<br />
der Produktion von Wissen in der Nasridenzeit annähern. Es gilt also,<br />
verschiedene Diskurse zu untersuchen und damit die Wissens-,<br />
Wirklichkeits- und Rationalitätsstrukturen der Nasridenzeit aufzudecken.<br />
Prof. A. Haverkamp, Arye-Maimon-Institut für Geschichte der Juden<br />
(Universität Trier), untersucht mit Unterstützung der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> die „,Judenbücher‘ als Quellen zur Sozialgeschichte des<br />
Spätmittelalters im europäischen Kontext“.<br />
Als „iuden puech“ bzw. „liber iudeorum“ werden im Spätmittelalter<br />
unterschiedliche Formen des Gebrauchsschriftguts bezeichnet. Darunter<br />
fallen hebräische Bücher (wie z. B. die Thora oder Geschäftsschriftgut<br />
jüdischer Bankiers), die im Rahmen des Projekts nicht<br />
berücksichtigt werden können, und herrschaftliche Verzeichnisse<br />
von „Judenbetreffen“ (u. a. Besitz-, Steuer- und Geleitregister sowie<br />
besonders die Aufzeichnung der von jüdischen Geldleihern abgeschlossenen<br />
Geschäfte). Diese Verzeichnisse stellen eine ergiebige<br />
und bisher weithin ungenutzte Basis nicht nur für eine wirtschaftshistorische<br />
Auswertung, sondern auch für die Personen- und Sozialgeschichte<br />
des Spätmittelalters dar. Sie erlauben allgemeine<br />
Schlüsse zur Wirtschafts- und Geldgeschichte und gewähren Einblicke<br />
in das jüdische Gemeindeleben und in die Beziehungen zwischen<br />
Juden und Christen am Ausgang des Mittelalters. Ferner dokumentieren<br />
sie die Geschichte der Beziehungen zwischen Stadt<br />
und Umland und die Personen- und Institutionengeschichte der spätmittelalterlichen<br />
Stadt.<br />
Das Forschungsprojekt nimmt eine umfassende Dokumentation von<br />
Judenbüchern vor, soweit sie in der Überlieferung fassbar werden.<br />
Sie werden in einer kleinen Anzahl aufeinander abgestimmter Fallstudien<br />
analysiert, die sich auf lokale bzw. regionale Kontexte beziehen<br />
(Bamberg, Erfurt, Rothenburg o. T., Znaim). Das Projekt konzentriert<br />
sich auf den süddeutschen Raum zwischen dem Rhein im Wes-
45<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
ten bis hin zu den Ländern der Böhmischen Krone. Dadurch wird ein<br />
Blick auf die Übergänge und Migrationsvorgänge von Juden vom<br />
Kerngebiet der „Germania“ in die Länder Ostmitteleuropas im Spätmittelalter<br />
eröffnet.<br />
Prof. M. Matheus (Historisches Seminar III, Universität Mainz) erhält<br />
von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für das Projekt „Juden in Kurmainz –<br />
Frühe Neuzeit: 1484–1673“. Bearbeiter ist Dr. W. Marzi.<br />
Das Forschungsvorhaben hat zum Ziel, die Geschichte der Juden im<br />
größten geistlichen Territorium des Reiches für die frühe Neuzeit zu<br />
untersuchen. Die Untersuchung beginnt mit dem Mainzer Kurfürsten<br />
Berthold von Henneberg (1484–1504) und endet mit der Regierungszeit<br />
Philipps von Schönborn (1647–1673). Arbeitsschwerpunkte bilden<br />
das Unterstift unter Einschluss von Oberlahnstein und die zum<br />
Domkapitel gehörenden Orte, das Oberstift und die hessischen Exklaven.<br />
Das Kurfürstentum Mainz stellte sich zu Beginn der Neuzeit als ein<br />
vielgestaltiges Gebilde weit voneinander entfernt liegender Landesteile<br />
mit unterschiedlichen rechtlichen, administrativen, sozialen,<br />
wirtschaftlichen und kulturellen Voraussetzungen dar. Es bestand<br />
aus dem Unterstift um Mainz und Bingen, dem Oberstift am unteren<br />
Main um Aschaffenburg und Tauberbischofsheim, an der Bergstraße<br />
und im Odenwald. Dazu kamen Besitzungen in Thüringen (Erfurt),<br />
im Eichsfeld und Streubesitz in Hessen. Die Mainzer Landesherren<br />
gehörten als Erzbischöfe und Reichserzkanzler zu den einflussreichsten<br />
Persönlichkeiten im Reich und in der Kirche, hatten jedoch im<br />
Inneren stets auch die konkurrierenden Herrschaftsansprüche (z. B.<br />
des regionalen Adels und des Mainzer Domkapitels) und die sich aus<br />
der geographischen Lage ergebenden interterritorialen Interdependenzen<br />
zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die protestantischen<br />
Nachbarn. Zu diesen gehörten u. a. die lutherische Landgrafschaft<br />
Hessen-Darmstadt, die lutherischen Reichsstädte Worms und<br />
Frankfurt und die calvinistische Kurpfalz.<br />
Im Mittelalter war das kurmainzische Territorium eine bevorzugte<br />
Siedlungslandschaft der Juden. In Kurmainz lebten im Spätmittelalter<br />
und zu Beginn der Neuzeit in 66 Orten einzelne Judenfamilien<br />
oder es bestanden jüdische Gemeinden. Ihre Geschichte war wie die<br />
Geschichte ihrer christlichen Umwelt geprägt von den zahlreichen<br />
kriegerischen Ereignissen zwischen Bauernkrieg und westfälischen<br />
Frieden, wechselnden Katastrophen (Hungerjahre, Seuchen, Hexenprozesse)<br />
und wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und religiösen<br />
Umbrüchen. Als Angehörige einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft<br />
hatten die Juden jedoch innerhalb der Gesellschaft einen<br />
besonderen Status. Die kaiserliche Oberherrschaft über die Juden<br />
verlagerte sich in der frühen Neuzeit auf die Schutzherrschaft der<br />
Territorialherren, die über ihre Aufnahme, ihren Aufenthalt und<br />
ihren Schutz zu bestimmen hatten. Der Judenschutz war an bestimmte<br />
Abgaben gebunden, vor allem an das Schutzgeld. Die Ju-<br />
Kurmainz<br />
Juden
Jüdische<br />
Oberschicht<br />
18. Jh.<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 46<br />
dentoleranz wurde durch das Judenrecht geregelt, dass sich vor allem<br />
in den Judenordnungen ausdrückte.<br />
Die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe ist am Ausgang des Mittelalters<br />
und zu Beginn der Frühen Neuzeit durch einen Wechsel von<br />
Vertreibung und Wiederaufnahme gekennzeichnet. Besonders widersprüchlich<br />
war die Judenpolitik des Kardinals Albrecht von Brandenburg<br />
(1514–1545). In seinem Namen wurde in den Jahren 1515<br />
und 1516 ein Projekt zur Vertreibung aus den vorderen Reichskreisen<br />
initiiert; fast zeitgleich mit seinen Vertreibungsplänen führte<br />
Kurfürst Albrecht Judenrezeptionen durch und stellte Schutzbriefe<br />
aus. Erste zusammenhängende Judenordnungen erließ Johann Philipp<br />
von Schönborn. Zu überprüfen ist, ob dem als „Deutscher Salomon“<br />
in die Annalen eingegangenen Kurfürsten auch hinsichtlich<br />
seiner Judentoleranz dieser Ehrentitel zukommt.<br />
Das Interesse konzentriert sich auf die Veränderungen der frühneuzeitlichen<br />
Siedlungsformen und ihre Auswirkungen auf das Leben<br />
der jüdischen Bevölkerung und die Formierung der Judenschaft.<br />
Gleichzeitig ist zu fragen, ob und wieweit sich Rechtsstellung und<br />
Rechtssicherheit der Juden gegenüber dem Mittelalter veränderten<br />
und ob sich die Juden als Rechtsbürger von ihren christlichen Nachbarn<br />
unterschieden. Neben normativen Sollbestimmungen und dem<br />
Diskurs der Juristen und Theologen ist vorrangig die Rechtswirklichkeit<br />
zu untersuchen und zu fragen: Wie wurden Juden im Rechtsalltag<br />
behandelt und wie sah der in den Schutzverträgen (kollektiven<br />
und individuellen Schutzbriefen) zugesagte Schutz in der Rechtswirklichkeit<br />
tatsächlich aus.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe<br />
und Kurfürsten. Zu fragen ist, ob sich deren exponierte Stellung<br />
im Reich auf ihre Politik hinsichtlich der Juden auswirkte und<br />
inwiefern diese von den konkurrierenden Herrschaftsansprüchen innerhalb<br />
und außerhalb des Erzstiftes mitbestimmt wurde. Im Hinblick<br />
auf die meist protestantischen Nachbarn von Kurmainz ist zu<br />
klären, ob Judenpolitik, Judentoleranz und Judendiskurs konfessionell<br />
bedingte Unterschiede aufwiesen. Schließlich ist auch die innere<br />
Geschichte der lokalen Judenschaften und ihre Stellung innerhalb<br />
des Kurterritoriums und der jüdischen „Landschaften“ sowie die alltäglichen<br />
Beziehungen zwischen den Juden und der christlichen<br />
Umwelt im Spannungsfeld von „Nachbarschaft und Konkurrenz“<br />
aufzuarbeiten.<br />
Prof. S. Rohrbacher (Fakultät 2 – Jüdische Studien, Universität Duisburg)<br />
erhält von der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsprojekt „Pragmatik<br />
oder Programm? Akkulturationsprozesse in der jüdischen Oberschicht<br />
im 18. Jahrhundert“ Fördermittel.<br />
In diesem Projekt soll der kulturelle Wandel innerhalb der jüdischen<br />
Oberschicht im Übergang von der traditionellen zur modernen Bürgergesellschaft<br />
unter Rekurs auf den Kulturbegriff von Gadi Algazi<br />
als Akkulturationsprozess untersucht werden.
47<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Emanzipation, Akkulturation bzw. Assimilation und Integration der<br />
Juden zählen zu den wichtigen Wandlungsprozessen in der Entstehungsphase<br />
der modernen Gesellschaft. Der Beginn dieses Wandels<br />
wird in der Regel auf die Zeit um 1780 datiert. Als Ausgangspunkte<br />
gelten das Erscheinen der Emanzipationsschrift Wilhelm von Dohms<br />
und die nahezu gleichzeitigen Josephinischen Toleranzedikte. Politik-<br />
und sozialgeschichtlich fassbare Veränderungen werden dann<br />
seit der napoleonischen oder der preußischen Emanzipationspolitik<br />
(1808/12) konstatiert. Die wichtige und in ihrer Qualität umstrittene<br />
„Inkubationsphase“ des Transformationsprozesses der jüdischen<br />
Gesellschaft reicht jedoch in die Frühe Neuzeit zurück. Sie fand in<br />
ihrer sozial- und kulturgeschichtlichen Ausprägung überwiegend in<br />
der jüdischen Oberschicht statt. Diese stand als gebildete ökonomische<br />
Elite an der Spitze einer auf Wohlstand und Ansehen gegründeten<br />
Hierarchie innerhalb der jüdischen Gesellschaft.<br />
Eine besondere Stellung innerhalb dieser Schicht nahm die Gruppe<br />
der „Hofjuden“ ein. „Hofjuden waren jüdische Kaufleute, deren Geschick,<br />
Durchsetzungsvermögen, Diensteifer und Risikobereitschaft,<br />
Herkunft und Beziehungen es ihnen ermöglichte, in ein auf Kontinuität<br />
angelegtes Dienstleistungsverhältnis zu einem höfisch strukturierten<br />
Herrschaftszentrum zu treten“ (Ries, Hofjuden als Vorreiter<br />
auf dem Weg in die Moderne?, <strong>2001</strong>). Ihr Wirken konzentrierte sich<br />
auf den mitteleuropäischen Raum zwischen etwa 1650 und 1820. Ihr<br />
Tätigkeitsspektrum reichte von einfachen Hoflieferungen und<br />
Dienstleistungen bis hin zur Finanzorganisation des absolutistischen<br />
Staates. Es eröffnete ihnen bedeutende Verdienstmöglichkeiten, politischen<br />
Handlungsspielraum und neue Kommunikationsformen. Einen<br />
Wandel der jüdischen Kultur bedeutete dies jedoch zunächst<br />
nicht. Erst in einer zweiten Phase zwischen 1730 und 1770 lockerten<br />
sich zeitweise die Bindungen der Hofjuden an die jüdische Tradition.<br />
Angesichts einer nicht mehr ausschließlichen jüdischen Sozialisation<br />
und durch eine Fülle ihnen zur Verfügung stehender Repertoires<br />
verunsichert, ließ sich die Generation der in dieser Zeit geborenen<br />
Nachkommen besonders bei ökonomischem Misserfolg häufig taufen.<br />
Die spät aufsteigenden Hofjuden seit 1770 dagegen fanden ein<br />
von der europäischen Aufklärung geprägtes Umfeld vor, in dem gehobener<br />
Lebensstil und erweiterte Kommunikationsmöglichkeiten<br />
neuen Handlungsspielraum für eine jüdische Politik eröffnete, die<br />
auch auf Emanzipation und Reform zielen konnte und dabei das traditionelle<br />
kulturelle Selbstverständnis sowie die gesammelten politischen<br />
Erfahrungen integrierte.<br />
Ziel der Untersuchung ist es, die Akkulturation der jüdischen Oberschicht<br />
und darin besonders der Hofjuden zu analysieren. Darüber<br />
hinaus soll mit der Frage nach dem Handlungsspektrum zwischen<br />
Tradition und kulturellem Wandel sowie mit der Frage nach dem Beginn<br />
der jüdischen Moderne ein Beitrag zu einer differenzierteren<br />
Sicht des Transformationsprozesses, seiner Akteure und seiner alltäglichen<br />
kulturellen Relevanz geleistet werden. Durch eine proso-
Ostpreußen<br />
Juden<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 48<br />
pographische, individual- und familienbiographische Herangehensweise<br />
sollen die sozialen und kulturellen Kontexte, Handlungen, Bedeutungen<br />
und Identitäten, die Auswirkungen der Stellung von Hofjuden<br />
auf Person, Familie und gesellschaftliches Umfeld exemplarisch<br />
beleuchtet werden. Lebensstil, Lebensführung, Erziehung der<br />
Kinder, verwandtschaftliche Vernetzung, Engagement für die jüdische<br />
Gemeinde etc. sind die relevanten Themen, die vor dem Hintergrund<br />
des Diskurses über gesellschaftliche Eliten behandelt werden<br />
sollen. Schließlich wird auch der vielfach als selbstverständlich vorausgesetzte<br />
Konnex zwischen Akkulturation und Modernisierung/<br />
Fortschritt/Gewinn und zwischen Akkulturation und Säkularisierung<br />
zu hinterfragen sein.<br />
Mit den „Erfahrungen von Grenze und Ausgrenzung. Juden in Ostpreußen“<br />
beschäftigt sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt,<br />
dem sich Prof. H. A. Winkler (Institut für Geschichtswissenschaften,<br />
Humboldt-Universität zu Berlin) widmet.<br />
Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht die Geschichte der jüdischen<br />
Landbevölkerung im ostpreußisch-litauischen Grenzgebiet<br />
zwischen 1812 und 1942.<br />
Die Geschichte des deutschen Judentums im 19. Jahrhundert ist vorwiegend<br />
durch Migrationsprozesse gekennzeichnet. Am Anfang<br />
stand häufig der Übertritt von einer Kultur in eine andere, dann folgen<br />
Wanderungen vom Dorf in die Stadt, vom Osten in den Westen.Dies<br />
gilt auch für das Grenzgebiet zwischen Ostpreußen und Litauen.<br />
Juden lebten in diesem Landstrich, der den Kreis Memel des<br />
Regierungsbezirkes Königsberg und die Kreise Heydekrug, Tilsit,<br />
Ragnit und Pilkallen des Regierungsbezirkes Gumbinnen umfasste,<br />
seit dem 16. Jahrhundert, aber nur in geringer Zahl, vor allem an<br />
wichtigen Handelsorten, wie Ruß an der Memelmündung, einem<br />
zentralen Ort für den Holzhandel. Im Gegensatz zu den litauischen<br />
Gebieten hinter der Grenze, in denen die Juden sich meistens in kleinen<br />
Städten konzentrierten, siedelten sie sich in Ostpreußen verstreut<br />
an, auch auf Dörfern, Einzelgehöften und Abbauten. Mit dem<br />
Grad ihres wirtschaftlichen Erfolges wanderten sie weiter in größere<br />
Ortschaften und Städte.<br />
Eine große Anzahl von Juden, die im 19. Jahrhundert naturalisiert<br />
wurden, stammte aus der direkten Grenzregion und verband mit<br />
dem Wechsel nach Preußen bzw. ins Deutsche Reich häufig die Hoffnung<br />
auf eine bessere wirtschaftliche Zukunft. Dafür waren die Zuwanderer<br />
bereit, komplexe und komplizierte Anpassungsleistungen<br />
zu erbringen, um die Bedingungen einer zweiten Sozialisation zu erfüllen.<br />
Dazu gehörten beispielsweise die Akzeptanz anderer Autoritätsprinzipien<br />
oder Instanzen sozialer Kontrolle.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, anhand der Geschichte verschiedener<br />
Einwandererfamilien die Dimensionen der jüdischen<br />
Emigration nach Ostpreußen darzustellen sowie jüdisches Leben im<br />
ländlichen Ostpreußen zu rekonstruieren. Im Rahmen der sozialge-
49<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
schichtlich orientierten Untersuchung sollen dabei zunächst ausgewählte<br />
Orte auf beiden Seiten der Grenze in ihren politischen, soziologischen<br />
und demographischen Komponenten für den gesamten<br />
Zeitraum beschrieben werden. Ferner ist vorgesehen, das Phänomen<br />
„Juden auf dem Lande“ auszuwerten, indem man die Kommunikationsstrukturen<br />
unter den Zuwanderern analysiert, die Lebenslaufperspektiven<br />
für die jüdische Landbevölkerung nachzeichnet und den<br />
Beitrag der Landjuden für den Ausbau der Infrastruktur dieser Region<br />
beurteilt. Das Interesse richtet sich darüber hinaus auf die verschiedenen<br />
Ausgrenzungsprozesse und deren Ausweitung in der nationalsozialistischen<br />
Zeit. Schließlich soll auch eruiert werden, wie<br />
jüdische Familien heute – sowohl aus der Erlebnisgeneration wie<br />
auch Nachkommen – die Migrationsentscheidungen ihrer Vorfahren<br />
tradieren und resümieren.<br />
Im Berichtszeitraum wurde die „Simon-Dubnow-Vorlesung in Kooperation<br />
mit der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>, 2000 bis 2004 an der Universität<br />
Leipzig“ eingerichtet. Verantwortlich für die Durchführung der Vorlesungsreihe<br />
ist Prof. D. Diner (Simon-Dubnow-Institut, Universität<br />
Leipzig). Die Vorträge finden einmal pro Jahr statt.<br />
In der Nachfolge der abgeschlossenen <strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen in Jerusalem<br />
(s. <strong>Jahresbericht</strong> 1997/98, S. 154 f.) widmet sich diese, gemeinsam<br />
mit dem Historischen Seminar der Universität Leipzig veranstaltete<br />
Vorlesungsreihe nicht ausschließlich dem Thema der deutschjüdischen<br />
Geschichte allein, sondern darüber hinaus auch der Erforschung<br />
der jüdischen Lebenswelten in Mittel- und Osteuropa. Das<br />
Interesse richtet sich dabei nicht nur auf die Bereiche jüdischer Geschichte<br />
und Kultur, sondern auch auf die der Migrations-, Wissenschafts-,<br />
Politik- und Geistesgeschichte. Die Vorlesungen sollen sowohl<br />
die akademische als auch die interessierte außerakademische<br />
Öffentlichkeit Leipzigs ansprechen und damit zur Entwicklung der<br />
intellektuellen Kultur der Stadt beitragen.<br />
Folgende Vorlesungen fanden bisher statt:<br />
– Prof. P. Pulzer (All Souls College, Oxford) zum Thema „Einheit<br />
und Differenz – Zum Verhältnis von jüdischer und deutscher<br />
Geschichte“<br />
– Prof. S. N. Eisenstadt (Hebräische Universität, Jerusalem) zum<br />
Thema „Jewish History in Universal-Comparative Perspective“.<br />
Prof. U. Pfister (Historisches Seminar, Universität Münster) erhält<br />
Fördermittel für das Forschungsvorhaben „Konfessionalisierung in<br />
Territorien mit schwacher Staatsentwicklung, 16./17. Jahrhundert“.<br />
Der Konfessionalisierungsbegriff bezieht sich auf mehrere eng miteinander<br />
verbundene kulturelle, gesellschaftliche und politische<br />
Entwicklungen im frühneuzeitlichen Europa. Konfessionalisierung<br />
bezeichnet dabei hauptsächlich zwei Vorgänge, die in den verschiedenen<br />
Konfessionen weitgehend parallel abliefen:<br />
Simon-Dubnow-<br />
Vorlesung<br />
Konfessionalisierung
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 50<br />
Erstens erfolgte durch den Konfessionalisierungsprozess die Verlagerung<br />
des Glaubenswissen von einer magischen zu einer religiösen<br />
Struktur. Magisches Glaubenswissen hat eine handlungsorientierte<br />
Struktur. Es bezog sich auf die lokale Lebens- und Alltagswelt<br />
(Primärgruppe) und war eine Strategie zur Bewältigung ihrer Krisen<br />
und gleichzeitig eine Form von Sinnstiftung. Religiöses Glaubenswissen<br />
dagegen ist in erster Linie verbal ausgerichtet (Predigt, Katechese).<br />
Es bezog sich teils auf kosmische Zusammenhänge (Heilsgeschichte),<br />
teils auf ethisch begründete Handlungsansprüche (10 Gebote)<br />
und war ein anderes Sinnangebot. Deshalb veränderte das<br />
(neue) religiöse Glaubenswissen das gesellschaftliche Zusammenleben.<br />
Da Konfessionalisierung eine Menschen wie Gesellschaften<br />
strukturell prägende Entwicklung war, waren ihre Folgen ebenso bedeutend<br />
wie die Entwicklung des Territorialstaates und der Marktgesellschaft.<br />
Zweitens waren diese weitreichenden Folgen von Konfessionalisierung<br />
vom Aufbau einer flächendeckenden Kirchenorganisation abhängig.<br />
Zu dieser gehörten ausgebildete Rollenträger (studierte<br />
Geistliche), Einheitlichkeit in der Lehre und standardisierte Verfahren.<br />
Letztere dienten vor allem der vertikalen Kommunikation zwischen<br />
kirchlichen Oberbehörden und Kirchenvolk (z. B. Visitationen,<br />
Ehegerichte, Ritualpraxis). Dieses kommunikative Verhältnis unterstützte<br />
und kanalisierte die Vermittlung von religiösem Glaubenswissen.<br />
Klassische Formulierungen des Konfessionalisierungskonzeptes<br />
argumentierten, dass die institutionelle Entwicklung der Konfessionskirchen<br />
in enger Verbindung mit der Entwicklung frühneuzeitlicher<br />
Staatlichkeit stand. Territorialstaat und Konfessionskirchen<br />
hätten dadurch voneinander profitiert. Gleichzeitig seien damit erstens<br />
populäre Glaubenspraktiken verdrängt worden (z. B. durch die<br />
Stigmatisierung von magischen Glaubenswissen als ,Aberglauben‘).<br />
Zweitens wären die neuen Organe der Kirchenzucht ein Instrument<br />
der Sozialdisziplinierung gewesen, womit eine homogene (und dadurch<br />
kontrollierbare) Untertanengesellschaft entstanden wäre.<br />
Neuere Forschungen allerdings stellen den Bezug von Konfessionalisierung,<br />
Staat und Sozialdisziplinierung in Frage. Stattdessen betonen<br />
sie, dass die Dynamik des Konfessionalisierungsvorgangs vielmehr<br />
durch die Nachfrage der (ländlichen) Gesellschaft nach Verfahren<br />
der Sozialregulierung und Konfliktentschärfung zu erklären<br />
sei. Sie stützten dieses Argument damit, dass die Instrumente des<br />
frühmodernen Staates zur Durchsetzung von Herrschaft noch nicht<br />
entwickelt genug gewesen sei, um die lokale Ebene zu erreichen.<br />
Stattdessen hätten die Gemeinden ihr sittliches und religiöses Zusammenleben<br />
autonom geregelt.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Forschungsfrage um staatlich oder kommunal<br />
getragene Konfessionalisierung untersucht dieses Projekt,<br />
welche Faktoren den Vorgang steuern. Zu fragen ist insbesondere,<br />
wie Wissensbestände, Werte und Formen ritueller Praxis verschiedener<br />
Gruppen (Kirchenvolk, Klerus, lokale wie territoriale Kirchen-
51<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
behörden) in Verfahren Eingang fanden und jene miteinander in Beziehung<br />
setzten. Geklärt werden soll auch, inwiefern es sich bei herrschaftlicher<br />
Praxis um eine für den Konfessionalisierungsprozess entscheidende<br />
Größe oder nur um einen als ideal formulierten Anspruch<br />
der Territorialfürsten handelte, der vielmehr von den lokalen Gesellschaften<br />
inspiriert und verwirklicht wurde.<br />
Prof. G. Wartenberg (Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde<br />
e.V., Dresden) erforscht mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> die<br />
„Eliten-Bildung in Sachsen. Die Ausbildungsstrategien an den sächsischen<br />
Fürstenschulen im Kaiserreich und der Weimarer Republik“.<br />
Im Zentrum des Forschungsvorhabens stehen die sächsischen Fürstenschulen,<br />
die für die Entwicklung des höheren Schulwesens in<br />
den deutschen Staaten prägend waren und eine große Zahl von Persönlichkeiten<br />
ausgebildet und erzogen haben, die später in die wissenschaftliche,<br />
politische und gesellschaftliche Elite aufstiegen – u. a.<br />
der sächsische Finanzminister Werner von Watzdorf, der Staatssekretär<br />
im Auswärtigen Amt Alfred von Kiderlen-Wächter, der Volkskundler<br />
Alexander Wilke, der Kunsthistoriker Paul Clemen sowie die<br />
Politiker Friedrich Naumann und Wilhelm Külz.<br />
Die Fürstenschulen gehörten zu den bedeutendsten evangelischen<br />
Bildungseinrichtungen, die im Verlauf der Reformation in den Klöstern<br />
St. Afra zu Meißen, St. Augustin zu Grimma und St. Maria zu<br />
Pforte eingerichtet wurden. Kurfürst Moritz von Sachsen griff damit<br />
die Idee auf, einen völlig neuen Schultyp zu gründen. Knaben ab<br />
dem elften Lebensjahr wurden dort erzogen und im Geiste der Wittenberger<br />
Theologie herangebildet. Das Ziel, die schulischen Bildungsfundamente<br />
für spätere Theologen, Verwaltungsbeamte und<br />
Lehrer zu legen, blieb bis ins 20. Jahrhundert bestehen. Von den 284<br />
Internatsplätzen konnten 13 Prozent durch adlige Familien, die<br />
Mehrzahl aber durch die Städte des Landes vergeben werden. Die<br />
Finanzierung der Internatsstellen, der sogenannten Freistellen, war<br />
durch das den Schulen übertragene Klostervermögen gesichert. Darüber<br />
hinaus gab es eine Reihe von sogenannten Koststellen, die<br />
gestaffelt nach den finanziellen Möglichkeiten der Eltern vergeben<br />
wurden. Mit diesem System wurde die Aufnahme und Ausbildung<br />
der Schüler von den finanziellen Verhältnissen der Eltern weitgehend<br />
unabhängig gemacht und damit die Idee der Auslese- und<br />
Leistungsschule etabliert.<br />
Der erste Teil der Forschungsarbeit bezieht sich auf die innere Entwicklung<br />
der Fürstenschulen. Hier werden die Methoden und Ziele<br />
der Ausbildung u. a. anhand von Lehrprogrammen, Stundenplänen<br />
und Unterrichtslektüren untersucht. Diese Normen sind mit den<br />
praktischen Ausbildungs- und Erziehungsergebnissen zu vergleichen,<br />
die u. a. aus Prüfungsarbeiten, Untersuchungsberichten über<br />
Schüler und Lehrer sowie Memoiren gewonnen werden. Hierbei<br />
wird auch die Auswahl der Fürstenschüler untersucht.<br />
Sachsen<br />
Elitenbildung
Sachsen<br />
Universitätsentwicklung<br />
18./19. Jh.<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 52<br />
Im zweiten Teil werden Karrieren der Absolventen der Fürstenschulen<br />
analysiert. Dazu kommt ein kombiniertes Verfahren aus historisch-statistischer<br />
Analyse und Prosopographie zur Anwendung. Die<br />
Materialgrundlage bilden die Würdigungsschriften für die verstorbenen<br />
Fürstenschüler – die sogenannten Ecce –, die der „Verein ehemaliger<br />
Fürstenschüler“ seit 1896 für die Fürstenschulen veröffentlicht.<br />
Mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> arbeiten Prof. U. von Hehl (Historisches<br />
Seminar, Universität Leipzig) und Prof. G. Wartenberg (Institut<br />
für Kirchengeschichte, Universität Leipzig) an dem Forschungsprojekt<br />
„Universitätsentwicklung in Sachsen im Spannungsfeld von einzelstaatlicher<br />
Wissenschaftspolitik und überregional-nationalen Leitbildern<br />
im 18. und 19. Jahrhundert“.<br />
Ziel des Projekts ist eine monographische Darstellung des Transformationsprozesses<br />
der sächsischen Universitäten Leipzig und Wittenberg<br />
im 18. und 19. Jahrhundert. Zeitlicher Ausgangspunkt soll die<br />
durch die brandenburg-preußische Universitätsgründung in Halle<br />
inaugurierte Wissenschaftsreform sein. Die Untersuchung endet im<br />
letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, als mit der 1898 erfolgten<br />
Einrichtung der Hochschulreferenten-Konferenzen der deutschen<br />
Einzelstaaten erstmals ein festes institutionalisiertes Instrument zur<br />
reichsweiten Koordinierung universitätspolitischer Maßnahmen im<br />
Sinne eines kooperativen Föderalismus geschaffen wurde.<br />
Wissenschaftsförderung und Hochschulpolitik gehören in Deutschland<br />
traditionell zu denjenigen Feldern politisch-gesellschaftlichen<br />
Handelns, die in besonders starkem Maße durch die föderative<br />
Struktur der Staatlichkeit geprägt waren und sind.<br />
Spätestens im Zuge der nach dem Ausgang des Dreißigjährigen Krieges<br />
forcierten Territorialisierung des Alten Reiches wurden die meisten<br />
Universitäten zu immanenten Bestandteilen der einzelnen Fürstentümer.<br />
Als Ausbildungsstätten der geistlichen und administrativen<br />
Funktionseliten fiel ihnen beim Ausbau und der Festigung der Landesherrschaft<br />
eine zentrale Aufgabe zu. Dieser enge Bezug der Institution<br />
Universität zu der auf territorial-regionaler Ebene ausgebildeten<br />
Staatlichkeit wurde noch dadurch verstärkt, dass manche Landesherren<br />
die Mobilität von Professoren und Studenten durch eine restriktive<br />
Gesetzgebung einschränkten, die ein Studium außerhalb der Landesgrenzen<br />
bzw. die Annahme eines „auswärtigen“ Rufes untersagte.<br />
Andererseits entstanden in der Aufklärungszeit sogenannte „Modelluniversitäten“,<br />
z. B. in Halle und Göttingen, die diesen Trend zur Territorialisierung<br />
zumindest partiell konterkarierten. Erfolgreich wie<br />
keine zweite deutsche Hochschule bemühte sich die kurhannoversche<br />
Universität um eine reichsweite und konfessionsübergreifende Anwerbung<br />
zahlungskräftiger Studierender. Diese Tendenz setzte sich<br />
im 19. Jahrhundert fort. Obwohl die Zuständigkeit für Hochschulen<br />
und Wissenschaftsförderung auch über alle politischen Systemumbrüche<br />
hinweg bei den Einzelstaaten des Deutschen Bundes bzw. ab
53<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Abb. 2: Projekt „Eliten-Bildung in Sachsen. Die Ausbildungsstrategien an den sächsischen<br />
Fürstenschulen im Kaiserreich und der Weimarer Republik“: Erinnerungskarte<br />
des Vereins ehemaliger Fürstenschüler (Kreismuseum Grimma).
Preußen<br />
Beamte und<br />
Kaufleute<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 54<br />
1871 des Deutsches Reiches blieb, hatten die Universitäten wie kaum<br />
eine andere Institution Anteil an der „Nationalisierung“ des politischen<br />
und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland. Daraus ergab<br />
sich insbesondere nach 1850 die paradoxe Situation, dass an den von<br />
den deutschen Staaten zum Zwecke der Förderung eines eigenen<br />
Staatsbewusstseins und der regional-partikularstaatlichen Identitätsfindung<br />
finanzierten Universitäten häufig ein gesamtnationales Bewusstsein<br />
dominierte. Auch um im inneruniversitären Wettbewerb<br />
konkurrenzfähig zu bleiben, mussten die einzelnen Hochschulen mit<br />
institutionellen und intellektuellen Innovationen umgehen, was wiederum<br />
zu einem gewissen Assimilationsdruck führte.<br />
In diesem Fragehorizont möchte das Projekt den Strukturwandel der<br />
sächsischen Hochschulen Leipzig und Wittenberg in der für die Entstehung<br />
und Etablierung eines modernen Bildungs- und Wissenschaftssystems<br />
entscheidenden Umbruchphase vom 18. zum 19.<br />
Jahrhundert beleuchten und die an diesem Modernisierungsprozess<br />
beteiligten Wirkkräfte dingfest machen, wobei das Hauptaugenmerk<br />
dem relativen Gewicht von regionenspezifischen Einflussgrößen und<br />
überregional wirksamen Faktoren gelten soll. Die Fragestellung soll<br />
nach mehreren Richtungen hin differenziert und präzisiert werden:<br />
Zunächst soll eine sozialgeschichtliche Komponente des universitätsgeschichtlichen<br />
Wandels in den Blick genommen werden: der durch<br />
veränderte Rekrutierungspraktiken für das Lehrpersonal bewirkte<br />
Wandel der Sozialgestalt der Universitäten, die sich im Laufe des 19.<br />
Jahrhunderts von vorwiegend regional geprägten Anstalten zu Einrichtungen<br />
entwickelten, die in einen den gesamten deutschen<br />
Sprachraum erfassenden Austausch von Professoren eingebunden<br />
waren. Die wichtigste Quelle hierfür sind zum einen die semesterweise<br />
veröffentlichten Vorlesungsverzeichnisse, zum anderen die<br />
staatlichen und universitären Akten zu Berufungsvorgängen.<br />
Auf einer zweiten Ebene soll dann die in das moderne System wissenschaftlicher<br />
Disziplinen mündende Ausdifferenzierung des akademischen<br />
Fächerkanons untersucht werden. Durch die Rekonstruktion<br />
des an den sächsischen Hochschulen vertretenen Fächerspektrums<br />
soll versucht werden, regionenspezifische Verlaufsmuster dieser Disziplinbildungsprozesse<br />
in ihrer Bedingtheit durch wissenschaftsimmanente<br />
Impulse und externe Faktoren wie etwa einzelstaatliche Wissenschaftspolitik<br />
zu ermitteln. Schließlich soll nach der Regionenspezifik<br />
universitärer Modernisierungsprozesse und den dahinter wirksamen<br />
Leitvorstellungen gefragt und die (initiierende oder eher reaktive)<br />
Rolle des Staates beim Umbau der Universitätsstrukturen untersucht<br />
werden. Quellen sind die publizierten Zeugnisse in Presse, Landtag<br />
und gebildeter Öffentlichkeit. Daneben werden auch die einschlägigen<br />
Aktenüberlieferungen, welche die universitären und staatlichen<br />
Reformmaßnahmen dokumentieren, auszuwerten sein.<br />
Dr. K. Neitmann (Leitender Archivdirektor Brandenburgisches Landeshauptarchiv,<br />
Potsdam) und Prof. W. Radtke (Institut für Geschichte<br />
und Kunstgeschichte, TU Berlin) widmen sich mit Förde-
55<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
rung durch die <strong>Stiftung</strong> dem Projekt „Zwischen monarchischer Autokratie<br />
und bürgerlichem Emanzipationsstreben. Beamte und Kaufleute<br />
als Träger handels- und gewerbepolitischer Veränderungen im<br />
friderizianischen Preußen (1740–1806)“.<br />
Das Forschungsvorhaben soll in einer Fallstudie zur Wirtschaftspolitik<br />
des preußischen Staates zwischen dem Regierungsantritt Friedrichs<br />
des Großen und der Niederlage bei Jena und Auerstedt einen<br />
Beitrag zur Genesis der modernen Wirtschaftsgesellschaft des 19./20.<br />
Jahrhunderts in Deutschland leisten. Es wird von der Einsicht ausgegangen,<br />
dass die Stein-Hardenbergschen Reformen zwar mit der<br />
Einführung der Gewerbefreiheit und anderen Maßnahmen eine<br />
Wirtschaftsverfassung mit weitreichenden gesellschaftlichen Folgen<br />
etablierten, aber auf einer vorausgegangenen ausgedehnten wirtschaftspolitischen<br />
Diskussion beruhten, die sich bis Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts zurückverfolgen lässt. In deren Mittelpunkt stand die<br />
Frage, wie die althergebrachte Wirtschaftsordnung umgestaltet werden<br />
muss, damit Preußen zu den wirtschaftlich führenden Staaten<br />
Europas aufschließen kann. Neuere Untersuchungsergebnisse haben<br />
berechtigte Zweifel an der Vorstellung geweckt, wonach der<br />
Transformationsprozess von Staat und Gesellschaft in Preußen allein<br />
vom aufgeklärten Beamtentum getragen worden ist. Vielmehr<br />
scheint es eine enge Kooperation von „Bildungs-“ und „Wirtschaftsbürgern“<br />
auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Modernisierung gegeben<br />
zu haben.<br />
Das Interesse richtet sich vor allem auf zwei Aspekte: Einerseits auf<br />
die wirtschafts- und steuerpolitischen Veränderungen (teilweise<br />
Aufhebung der Zunftverfassung, handelspolitische Erleichterungen,<br />
Modifikationen bei Akzise und Zöllen), welche den Boden für die Reformpolitik<br />
der Jahre nach 1806 bildeten; andererseits auf die von<br />
den Beamten und Wirtschaftsbürgern vorgelegten Veränderungskonzepte<br />
sowie die wechselseitige Beeinflussung und soziale Zusammensetzung<br />
beider Gruppen.<br />
Mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> arbeitet PD Dr. G. Kronenbitter (Lehrstuhl<br />
für Neuere und Neueste Geschichte, Universität Augsburg) an<br />
dem Projekt „Innovation und Beharren: Kriegsbild und Kriegsvorbereitung<br />
europäischer Heere 1850 bis 1890 im Vergleich“.<br />
Die Armeen der europäischen Kontinentalmächte Frankreich, Österreich<br />
und Preußen wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu direkten<br />
Konkurrenten und führten in wechselnder Konstellation 1859,<br />
1866 und 1870/71 Kriege gegeneinander. Die politischen Spannungen<br />
zwischen Deutschland und Frankreich sorgten in den Jahrzehnten<br />
nach 1871 dafür, dass die eigenen Kriegsvorbereitungen beider<br />
Armeen jeweils mit Blick auf den Rüstungsstand des Rivalen beurteilt<br />
wurden. Die Beobachtung potentieller Gegner oder Verbündeter<br />
war auch und gerade in Friedenszeiten ein unerlässlicher Maßstab<br />
der Kriegsvorbereitung. Sich vorzustellen, wie ein kommender<br />
Krieg geführt werden würde, gehörte zu den zentralen Aufgaben der<br />
Europäische<br />
Heere<br />
1850 – 1890
Parlamentarismus<br />
Deutschland<br />
Handbuch<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 56<br />
Militärelite, insbesondere in den Generalstäben. Aber auch die<br />
breite Öffentlichkeit beschäftigte sich mit solchen Szenarien.<br />
Das Projekt zielt weniger darauf ab, einzelne Neuerungen der Waffentechnik<br />
und Rüstungsproduktion oder Erfahrungen mit neuen Erscheinungsformen<br />
des Krieges darzustellen. Vielmehr sollen Aneignung<br />
und Verarbeitung der Informationen über neue Formen der<br />
Kriegsführung (Kampfverfahren, Gefechtsführung, Operationsleitung,<br />
Logistik und Strategie) innerhalb der Militärführungen Frankreichs,<br />
Österreichs und Preußens – am Rande auch Englands und<br />
Rußlands – zwischen 1850 und 1890 vergleichend untersucht werden.<br />
Angelpunkt der Analyse ist die Entwicklung des Kriegsbildes<br />
im Offizierkorps europäischer Landstreitkräfte im Hinblick auf waffentechnische,<br />
logistische und organisatorische Innovation und Folgen<br />
für die Kriegsplanung, den Übungsbetrieb und die Elitenrekrutierung.<br />
Besondere Berücksichtigung sollen dabei die Auswirkungen<br />
des Eisenbahntransports und der Telegraphie, der Infanteriebewaffnung<br />
und der Geschützausstattung auf die Kriegsführung finden.<br />
Mit dem Badischen Parlamentarismus 1819 bis 1870/71 (Teilband<br />
des Handbuchs der Geschichte des deutschen Parlamentarismus) ist<br />
ein Projekt befasst, für das Prof. W. Pyta (Historisches Institut, Universität<br />
Stuttgart) Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> erhält.<br />
Das Projekt zielt auf eine umfassende Gesamtdarstellung der Geschichte<br />
des Parlamentarismus im Großherzogtum Baden von den<br />
Anfängen im Jahre 1819 über die Zäsur von 1848/49 hinaus bis in die<br />
Reichsgründungszeit.<br />
Der badische Parlamentarismus zeichnete sich im 19. Jahrhundert<br />
durch eine beträchtliche Entwicklungsdynamik aus, zu der insbesondere<br />
die rasche Ausbildung von politischen Parteien und Fraktionen<br />
im engeren Sinne beitrug. Von Anfang an versuchte die Zweite Kammer<br />
des badischen Landesparlaments zielstrebig und vielfach auch<br />
mit Erfolg, die parlamentarischen Kompetenzen auf zentralen Gebieten<br />
zu erweitern. Richtungsweisende Reformerfolge, etwa die Einführung<br />
der Pressefreiheit (1832), die faktische Durchführung der<br />
budget-rechtlichen Ausgabenkontrolle (1843), die Aneignung des<br />
Initiativrechts und diverse strittige Errungenschaften wie die Ablösung<br />
der Feudallasten (1831 ff.) oder Justizreformen verliehen dem<br />
badischen Landesparlament damals schon einen besonderen Rang.<br />
Der badische Radikalismus der 1840er Jahre, die Revolutionsereignisse<br />
mit der kurzlebigen badischen Republik, die „Neue Ära“ der<br />
Jahre von 1859 bis 1866 mit dem badischen „Kulturkampf“ und dem<br />
in diesem Zusammenhang aufgebrachten Schlagwort vom badischen<br />
„liberalen Musterland“ markieren weitere Aspekte der Geschichte<br />
des badischen Parlamentarismus im 19. Jahrhundert.<br />
Gemäß der Gesamtkonzeption der Reihe „Handbuch des deutschen<br />
Parlamentarismus“ gliedert sich das Projekt in zwei Hauptteile, deren<br />
erster den Rahmenbedingungen der Parlamentstätigkeit gewidmet<br />
sein wird:
57<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
– Vorgeschichte und Entwicklung der Verfassungsordnung, verfassungsmäßiges<br />
und praktisches Verhältnis zwischen Erster und<br />
Zweiter Kammer, Wahlrecht und Wahlen, Sozialgeschichte des<br />
badischen Parlamentarismus, Entstehung und Entwicklung von<br />
Fraktionen und Parteien unter den spezifischen Bedingungen der<br />
konstitutionellen Monarchie.<br />
– Der zweite Teil wird chronologisch die Geschichte des badischen<br />
Parlamentarismus untersuchen. In sieben Hauptkapiteln, deren<br />
Abgrenzung sich aus den großen Zäsuren ergibt, wird es insbesondere<br />
um den Wandel im Verhältnis zwischen Parlament und<br />
Regierung, um die Veränderungen des Parlaments zwischen 1819<br />
und 1870 gehen. Damit wird eine auf die Institution „Ständeversammlung“<br />
zentrierte politische Geschichte Badens erstellt, die<br />
die wesentlichen sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen<br />
Aspekte einbezieht.<br />
Das von Prof. I. Nagelschmidt am Institut für Germanistik (Universität<br />
Leipzig) durchgeführte Projekt „Zwischen Revolution und Organisation.<br />
Louise Otto-Peters und die organisatorischen Anfänge der<br />
deutschen Frauenbewegung. Fallstudie und wissenschaftlich-kritische<br />
Edition ihrer Tagebücher und Briefe aus dieser Zeit“ wird von<br />
der <strong>Stiftung</strong> finanziell unterstützt.<br />
Das Projekt ist am Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung<br />
der Universität Leipzig angesiedelt. Es findet eine intensive Zusammenarbeit<br />
mit dem Louise-Otto-Peters-Archiv und der gleichnamigen<br />
Gesellschaft in Leipzig sowie anderen Zentren zur Frauenforschung<br />
in Berlin statt.<br />
Untersucht werden die organisatorischen Anfänge der deutschen<br />
Frauenbewegung in der Zeit zwischen der Revolution von 1848/49<br />
und der Gründung der ersten nationalen Frauenorganisation, des<br />
Allgemeinen deutschen Frauenvereins, im Jahre 1865 in Leipzig. Die<br />
Entwicklung der Frauenbewegung soll vor dem Hintergrund der politischen,<br />
wirtschaftlichen und sozialen Situation der 1850er und<br />
1860er Jahre analysiert und Parallelen sowie Unterschiede und Besonderheiten<br />
zum gleichzeitig verlaufenden Prozess der Organisierung<br />
der Bildungs- und Arbeiterbewegung aufgezeigt werden. Von<br />
besonderer Relevanz ist das Wirken jener Frauen, die bereits in den<br />
Jahren 1848–1850 aktiv tätig waren und sich nachweislich an der<br />
Gründung des Allgemeinen deutschen Frauenvereins beteiligten<br />
(u. a. Luise Büchner, Johanna Goldschmidt, Jenny Hirsch, Auguste<br />
Herz).<br />
Die Schlüsselfigur dieses Prozesses war Louise Otto-Peters<br />
(1819–1895). Als sozialkritische Dichterin, Schriftstellerin und Publizistin<br />
war sie seit Anfang der 1840er Jahre in der oppositionellen<br />
Vormärz-Szene verankert, gehörte zum Kreis der sächsischen Demokraten<br />
um Robert Blum. Als erste Frau formulierte sie 1843 öffentlich<br />
das Recht der Frauen auf aktive und gleichberechtigte Teilnahme am<br />
politischen Leben der Gesellschaft sowie auf Bildung und Erwerbs-<br />
Louise<br />
Otto-Peters
Bilãd<br />
al-Shãm<br />
arbeit. Während der 48er Revolution gründete sie die „Frauen-Zeitung“<br />
– bis 1853 Sprachrohr der Interessen der Frauen. 1865 gehörte<br />
Louise Otto-Peters zu den Initiatorinnen des Allgemeinen deutschen<br />
Frauenvereins, dem sie 30 Jahre lang, bis zu ihrem Tode, vorstand. In<br />
ihrem Nachlass, der im Archiv des Staatsbürgerinnen-Verbandes in<br />
Berlin aufbewahrt wird, befindet sich ein Teil ihres lebenslang geführten<br />
Tagebuches, der gerade die Jahre 1849 bis 1857 umfasst. Zusammen<br />
mit den im Nachlass und anderen Archiven überlieferten<br />
Briefen von und an Louise Otto-Peters aus dieser Zeit bilden sie einen<br />
Grundstein für die Untersuchung. Neben der Erstellung einer<br />
wissenschaftlich-kritischen und kommentierten Quellendokumentation<br />
des Tagebuchs und der Briefe ist auch die Erarbeitung einer<br />
Fallstudie zum Wirken Louise Otto-Peters für die gesamtnationale<br />
Organisation von Frauen vorgesehen. Die Veröffentlichung soll in<br />
Buchform (ca. 500 Seiten) und auf CD-ROM erfolgen. Bislang konnte<br />
die fast vollständige Entzifferung der Tagebücher von Louise Otto-<br />
Peters bewältigt werden. Für deren Kommentierung wurde ein geographisches<br />
sowie en Namensverzeichnis angelegt. Darüber hinaus<br />
erfolgte die systematische Auswertung der „Frauen-Zeitung“ im<br />
Zeitraum 1849–1852 sowie der „Neuen Bahnen“ 1866–1869 hinsichtlich<br />
der hier behandelten Themen und der an der Diskussion beteiligten<br />
Personen. Davon ausgehend wurde eine breite Recherche in<br />
Archiven und Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.<br />
Folgende Publikation sind bereits erschienen:<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 58<br />
Zwischen Tradition und Moderne. Frauenverbände in der<br />
geschichtlichen Kontinuität und im europäischen Diskurs heute.<br />
Hrsg. von Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />
– Berlin <strong>2002</strong>. 140 S.<br />
Hundt, Irina: Die Edition der Tagebücher von Louise Otto-Peters<br />
im Lichte der Publikationstraditonen des ADF/DStV. – In: Zwischen<br />
Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />
Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von<br />
Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />
Berlin <strong>2002</strong>. S. 85–93.<br />
Schötz, Susanne: Zur Entstehungsgeschichte des Allgemeinen<br />
deutschen Frauenvereins vor 135 Jahren in Leipzig. – In: Zwischen<br />
Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />
Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von<br />
Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />
Berlin <strong>2002</strong>. S. 11–33.<br />
Für die Studie von Prof. T. Philipp (Sektion Politik- und Zeitgeschichte<br />
des Nahen Ostens, Universität Erlangen) „Visionen einer<br />
neuen Gesellschaftsordnung in Bilãd al-Shãm“ stellte die <strong>Stiftung</strong><br />
Fördermittel zur Verfügung. Mitarbeiter ist Dr. J. Hanssen.
59<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens steht die arabische intellektuelle<br />
,Renaissance‘ des neunzehnten Jahrhunderts – al-nahda alarabiyya<br />
– wie sie sich unter den gesellschaftlichen, kulturellen und<br />
räumlichen Bedingungen in den syrischen Provinzen des osmanischen<br />
Reiches ausgebildet hat. Der Streifzug des Kolonialismus –<br />
zunächst auf den Schleichpfaden der jesuitischen und protestantischen<br />
Missionare, im späten neunzehnten Jahrhundert dann durch<br />
infrastrukturelle Großprojekte, hat die Intellektuellen in den syrischen<br />
Provinzen direkt zu Beginn ihrer gesellschaftlichen Ausbildung<br />
in einen Diskurs der kulturellen Selbstbehauptung gezwängt.<br />
Dabei bildeten sich früh unterschiedliche Trends, die heute noch<br />
grundlegend bestehen: Säkularismus, Konstitutionalismus, Gesellschaftsliberalismus,<br />
Nationalismus und Islamismus entwickelten sich<br />
auch im Kontext intensiver geistiger wie physischer Urbanisierung<br />
und Osmanisierung. Osmanischer Imperialismus und die zunehmende<br />
Verstädterung führten zunächst vor allem zu der Propagierung<br />
einer neuen öffentlichen Moral. Insbesondere nach den Unruhen<br />
in Aleppo und Nablus (1856) sowie den Bürgerkriegen in Damaskus<br />
und im Libanongebirge (1860) kristallisierten sich neue Identitäten<br />
und eine neue Individualität heraus, die intellektuelle Eliten<br />
wie Butrus al-Bustani versuchten, zu einem gesellschaftlichen<br />
Ganzen zu schmieden.<br />
Ein eng-gestricktes Netzwerk von Literaten, Journalisten und Erziehern<br />
zwischen Istanbul, Damaskus, Beirut und Kairo versuchte vor<br />
dem doppelten Hintergrund des europäisch-religiösen Missionarsund<br />
Wirtschaftskolonialismus und der eigenen „schmachvollen“ jüngeren<br />
Vergangenheit Entwürfe zu einer neuen, besseren Gesellschaftsordnung<br />
zu entwickeln. Dabei haben zunächst sowohl die<br />
muslimischen als auch die christlichen Intellektuellen dem osmanischen<br />
Staat das Vertrauen ausgesprochen, diese beiden Missstände<br />
zu überwinden.<br />
Erste Erkenntnisse dieses Forschungsprojekts haben gezeigt, dass<br />
ganz besondere Bedeutung in den Städten Bilad al-Shams der Jugenderziehung<br />
beigemessen wurde. So hat Butrus al-Bustani 1863 ein überkonfessionelles<br />
Kolleg gegründet, in dem im ersten Jahr gut 100<br />
Schülern aller noch drei Jahre zuvor verfeindeten Konfessionen religiöse<br />
Toleranz und arabisches Kulturgut unterrichtet wurde. Im Weiteren<br />
ist die Studie dabei, das intellektuelle und politische Schaffen<br />
der Lehrer und, in einer Reihe von Fällen, auch der Schüler zu untersuchen.<br />
Die Biographien dieser Menschen sollen in Beziehung zur allgemeinen<br />
arabischen Ideengeschichte gesetzt werden. Dies geschieht<br />
jedoch mit strengem Bezug auf die ursprünglich gestellten Fragen:<br />
– inwieweit der geistige Transformationsprozess während der<br />
Nahda als Reaktion auf die traumatischen Erlebnisse der Bürgerkriege<br />
zu beziehen ist,<br />
– in welchem Verhältnis die alternativen Visionen der Intellektuellen<br />
zu der osmanischen Gesellschafts- und Staatsordnung stehen,
Geschlecht<br />
und Macht<br />
Afrika<br />
– in welcher Weise die Stadtentwicklung in Bilad al-Sham von der<br />
Vorstellungskraft der kulturellen und literarischen Elite getragen<br />
wird,<br />
– in welchen Formen sich die Intellektuellen untereinander organisieren<br />
und inwieweit sie in ihre unmittelbare Umgebung integriert<br />
sind bzw. in der Lage sind, die nötige kritische Distanz zu<br />
erlangen.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 60<br />
Hanssen, Jens: „Public morality and marginality in fin de siècle<br />
Beirut“ in outside. – In: Shifting boundaries of marginality in the<br />
Muslim world. Ed. by E. Rogan. – London <strong>2002</strong>.<br />
Hanssen, Jens; Robert Blecher: Scatological dimensions of French<br />
imperialism in fin de siècle Beirut. – In: French Historical Studies.<br />
[Zur Veröff. eingereicht]<br />
Hanssen, Jens: From social status to intellectual activity. Some<br />
prosopographical observations on the Municipal Council in Beirut<br />
(1868–1908). – From the Syrian Land to the State of Syria. Hrsg.<br />
von Christoph Schumann und Thomas Philipp. [In Vorber.]<br />
Prof. A. Wirz, Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, Humboldt-Universität<br />
zu Berlin, wurden Fördermittel bewilligt für das<br />
Projekt „Das Alltägliche der Hohen Politik. Geschlecht und Macht im<br />
ländlichen Afrika im 19. und 20. Jahrhundert“.<br />
Ziel des Forschungsprojektes ist es, die politische Sphäre mit Hilfe eines<br />
geschlechtsspezifischen Ansatzes differenziert empirisch darzustellen<br />
sowie die theoretische Relevanz für die Machttheorie aufzuzeigen.<br />
Die Untersuchung konzentriert sich auf Tansania, ca.<br />
1850–1935.<br />
Das Projekt untersucht Geschlechterverhältnisse als Teil von Machtverhältnissen<br />
im ländlichen Afrika. Besonderes Augenmerk liegt auf<br />
dem prozessualen Charakter von Macht, so dass der Wandel in den<br />
sozialen Feldern Macht, Autorität und Identität im Vordergrund steht.<br />
Somit werden einige grundsätzliche Thesen der Historiographie Afrikas<br />
in Frage gestellt, insbesondere die Annahme, dass die öffentlich<br />
politische Sphäre in afrikanischen Gesellschaften männlich bestimmt<br />
ist, da Männer politische Rollen innehaben. Die Hauptfragen sind:<br />
Gibt es ein Geschlecht der Macht und wenn ja, wie hat es sich im Untersuchungszeitraum<br />
gewandelt? Wie kann die für Afrika immer noch<br />
angenommene Dichotomie zwischen der öffentlichen und privaten<br />
Sphäre aufgehoben werden? Diese Fragen werden an die späte vorkoloniale<br />
Zeit, die deutsche und die britische Kolonialzeit gestellt, um<br />
ein differenziertes Bild der Komplexität von Macht in geschlechtsspezifischer<br />
Perspektive aufzuzeigen. Es wird ein Beitrag zur Frauenund<br />
Geschlechtergeschichte, zur Geschichte von Macht und zur vergleichenden<br />
Kolonialismusforschung geleistet.
61<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Die großen historischen Brüche und komparativen Aspekte werden<br />
für ganz Tansania aufgezeigt. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem<br />
süd-westlichen Tansania und hier insbesondere auf den beiden vorkolonialen<br />
Ngoni Königreichen und ihren Nachfahren. Sowohl im<br />
kolonialen und im lokalen Wissen wurden und werden die Ngoni als<br />
eindeutiger Fall tribaler Identität, basierend auf Kriegertum und<br />
Maskulinität verstanden. Das Projekt zeigt wie dies Missverständnis<br />
entstand und welche Folgen es hatte.<br />
Während eines siebenmonatigen Forschungsaufenthaltes in Tansania<br />
in 2000–<strong>2001</strong> wurden nach einem Intensivkurs in Kiswahili drei<br />
Forschungslinien verfolgt. Im Songea Bezirk in Süd-West Tansania<br />
wurde das Archiv des Benediktiner Klosters Peramiho gründlich bearbeitet.<br />
Die Akten, die in Deutsch, Englisch, Französisch, Latein und<br />
Kiswahili verfasst sind, bieten einen detaillierten Einblick in lokale<br />
Verhältnisse von der Zeit der Gründung der Missionsstation 1898.<br />
Erste Interviews haben sich als wertvoll erwiesen, nicht nur als Ergänzung<br />
der schriftlichen Quellen, sondern insbesondere auch als<br />
Einblick, wie Kolonialismus und Sklavereiverhältnisse erinnert werden.<br />
Drittens wurde in Dar es Salaam im tansanischen Nationalarchiv<br />
der Aktenbestand zur deutschen Kolonialzeit aufgearbeitet,<br />
wobei für die britische Zeit noch Lücken bestehen. In der Afrikana<br />
Sammlung der Universitätsbibliothek Dar es Salaam wurden unveröffentlichte<br />
Dissertationen, Manuskripte sowie lokale Veröffentlichungen<br />
eingesehen.<br />
Prof. W. Schulze (Historische Kommission, Bayerische Akademie der<br />
Wissenschaften, München) und Prof. K. Hildebrand (Historisches Seminar,<br />
Universität Bonn) erhalten für die Gesamtausgabe des Briefwechsels<br />
von Leopold von Ranke Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Gegenstand des Vorhabens ist die kommentierte Edition des bisher<br />
vielerorts zerstreuten Briefwechsels des Historikers Leopold von<br />
Ranke (1795–1886).<br />
Leopold von Ranke, seit 1834 ordentlicher Professor der Geschichte in<br />
Berlin und seit 1859 Vorsitzender der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,<br />
wurde durch seine historisch-kritische Methode zum Begründer<br />
der objektiven Geschichtsschreibung, die, ohne zu richten,<br />
nur zeigen wollte, „wie es eigentlich gewesen ist“, und jede Epoche<br />
als „unmittelbar zu Gott“ verstand. Seine historischen Übungen bildeten<br />
den Ausgangspunkt der „Rankeschen Schule“, zu der sich eine<br />
Reihe der bedeutendsten Historiker des 19. Jahrhunderts bekannte.<br />
Werk und Nachlass des Nestors der deutschen Geschichtswissenschaft<br />
entbehren bisher weithin der historisch-kritischen Aufbereitung;<br />
selbst die wichtigsten historiographischen Darstellungen sind,<br />
von Ausnahmen abgesehen, weder im ganzen noch im einzelnen<br />
kommentiert und auch nur mit einer gewissen Systematik erfasst.<br />
Ranke war zwar kein geborener Briefschreiber; sein Bedürfnis, sich<br />
auf diese Weise mitzuteilen, hielt sich in Grenzen. Ein regelrechter<br />
Leopold<br />
von Ranke
Otto von<br />
Bismarck<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 62<br />
Briefwechsel über einen längeren Zeitraum hinweg kam kaum jemals<br />
zustande. Dennoch hat er viele private, dienstliche und geschäftliche<br />
Korrespondenzen geführt: mit Angehörigen, Kollegen,<br />
Verlegern, Ministern und Fürsten; über die verschiedensten Themen.<br />
Die Briefe sind, zusammen mit den an ihn gerichteten, reich an<br />
Informationen über seine Person, sein Werk, seine wissenschaftlichen<br />
und politischen Verbindungen. Ranke selbst hob jeden Zettel<br />
seiner Korrespondenz auf und plante eine posthume Veröffentlichung.<br />
Trotz vieler Teilpublikationen von Briefen Rankes (u. a.<br />
durch Herzfeld, Hoeft, Henz) herrscht bis heute ein Zustand der Zersplitterung.<br />
Die Ranke-Korrespondenz ist nur mühsam aus den vielen<br />
Einzelveröffentlichungen zu rekonstruieren.<br />
Die historisch-kritische Gesamtausgabe soll alle bisher gedruckten<br />
und bekannten Ranke-Briefe enthalten und ungekürzt sowie mit umfassendem<br />
Sachkommentar darbieten. Gegebenenfalls sollen spätere,<br />
durch die Neuausgabe vielleicht erst veranlasste, Neuentdeckungen<br />
in einen Nachtragsband aufgenommen werden. Für die<br />
Ausgabe werden (ohne Nachtragsband) zwei bis drei Bände veranschlagt.<br />
Für die Edition der Schriften des Reichskanzlers Otto von Bismarck<br />
1871–1890 bei der Otto-von-Bismarck-<strong>Stiftung</strong>, Friedrichsruh (Kuratoriumsvorsitzender:<br />
H. Matthöfer), wurden von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />
Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die Erstellung des Manuskripts<br />
des zweiten, die Zeit von 1874–1877 umfassenden Bandes der<br />
auf sechs Bände angelegten „Neuen Friedrichsruher Ausgabe“ der<br />
Schriften des Reichskanzlers Otto von Bismarck.<br />
Die bisher ausführlichste Ausgabe von Bismarcks Schriften, Reden<br />
und Gesprächen, die von namhaften Historikern in den Zwanziger<br />
und Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts als „Gesammelte<br />
Werke“ veröffentlicht wurde, ist nach dem heutigen Forschungsstand<br />
unvollständig. Der Schwerpunkt der Edition lag zudem auf<br />
dem Reichseinigungsprozess. Die Zeit nach 1871, d. h. jene Jahre, in<br />
denen Bismarck als Reichskanzler die Richtlinien der Außen-, Finanz-<br />
und Wirtschaftspolitik bestimmte, wurde dagegen nur vergleichsweise<br />
schmal dokumentiert. Auf die Dokumentation der<br />
Außenpolitik verzichtete man unter Hinweis auf die in den 1920er<br />
Jahren vom Außenministerium herausgegebene „Große Politik der<br />
Europäischen Kabinette 1871–1914“ völlig.<br />
Die geplante Neuedition der „Politischen Schriften Otto von Bismarcks,<br />
1871–1890“ soll dazu beitragen, dieses Defizit der bisherigen<br />
Bismarck-Forschung zu beheben. Es wird erwartet, dass durch<br />
die sich in den Archiven befindlichen Dokumente ein weit größeres<br />
Spektrum an innen- und außenpolitischen Themen abgedeckt und<br />
viele Aspekte der Politik Bismarcks nuancierter dargestellt werden<br />
können (z. B. die Wirtschafts- und Finanzpolitik, das Verhältnis zu<br />
den politischen Parteien).
63<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Grundlage des Editionsprojektes sind der private Bismarck-Nachlass<br />
– bestehend aus Briefen, Redeentwürfen und politischen Schriften -,<br />
Bismarcks amtliche Schriften, die in verschiedenen staatlichen Archiven<br />
der Bundesrepublik aufbewahrt werden, sowie die in Privatarchiven<br />
gelagerten Korrespondenzen.<br />
Der Briefwechsel zwischen Leo Frobenius und Wilhelm II ist Gegenstand<br />
einer Untersuchung, die mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> von<br />
Prof. M.-L. Recker (Historisches Seminar, Universität Frankfurt a.M.)<br />
durchgeführt wird.<br />
Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg und der damit verbundene<br />
Untergang des Kaiserreiches griffen auch das Selbstbild derjenigen<br />
an, die es gestützt und sich mit ihm identifiziert hatten. Erklärungen,<br />
die das deutsche „Schicksal“ in einen größeren Zusammenhang<br />
stellten und ihm einen Sinn zusprechen konnten, fanden<br />
enormen Zuspruch. Große Resonanz hatte daher auch die „Kulturmorphologie“<br />
des Ethnologen Leo Frobenius, die – in der Wissenschaftskrise<br />
der Jahrhundertwende aus der Ablehnung naturwissenschaftlich-positivistischer<br />
Ansätze in der Kulturwissenschaft entstanden<br />
– in ihrer Idealisierung des Primitiven und mit ihrer Dichotomie<br />
eines „äthiopischen“ (östlichen) und eines zwar grundsätzlich<br />
gleichberechtigten, aber doch deutlich geringer geschätzten „hamitischen“<br />
(westlichen) Kulturmodells, nicht nur zahlreiche Intellektuelle<br />
seiner Zeit begeisterte, sondern vor allem auch politischer Deutung<br />
zugänglich war.<br />
Dieser aktualisierende Bezug der Kulturmorphologie – deren gleichzeitig<br />
zukunftsweisende und rückwärtsgewandte Wissenschaftsauffassung<br />
selbst schon geistesgeschichtlich aufschlussreich ist –<br />
brachte ihren Schöpfer auch in eine enge Verbindung mit dem zentralen<br />
Repräsentanten des untergegangenen Systems, dem ehemaligen<br />
Kaiser. Ab 1923 besuchte ihn Frobenius regelmäßig in seinem<br />
Doorner Exil. Hieraus entwickelte sich die jährlich versammelte<br />
„Doorner Arbeits-Gemeinschaft“, ein Kreis deutscher und niederländischer<br />
Fachgelehrter aus Völkerkunde, Altphilologie, Vor- und<br />
Frühgeschichte, Religionswissenschaft und Theologie um Frobenius.<br />
Wilhelm dilettierte selbst und hielt bei diesen Tagungen Vorträge,<br />
für die ihm nicht selten der Frankfurter Forscher die Feder geführt<br />
hatte. Vor allem aber fand das enge Verhältnis zwischen Frobenius<br />
und seinem prominenten „Schüler“ Niederschlag in einem intensiven<br />
Briefwechsel, der ab dem Jahr 1924 überliefert ist und erst mit<br />
dem Tod des Ethnologen 1938 endet.<br />
Seinen Kern bilden 118 großenteils eigenhändige Schreiben Wilhelms,<br />
denen 89 Briefe Frobenius’ gegenüberstehen. In engem Zusammenhang<br />
mit ihnen stehen über 400 weitere Dokumente, deren<br />
Verfasser oder Adressaten ihre Ehefrauen bzw. Mitglieder des Exil-<br />
Hofstaats sind. Die Schriftstücke reichen von Telegrammen bis zu<br />
plastischen persönlichen Berichten, die Frobenius von seinen Expe-<br />
L. Frobenius<br />
und Wilhelm II
Gustav<br />
Stresemann<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 64<br />
ditionen sandte und die durch seine überschwengliche Entdeckerfreude<br />
auf einen Umfang von bis zu 70 Seiten anwachsen konnten.<br />
Die Briefe geben aufschlussreiche Einblicke in die Arbeitsweise des<br />
Forschungsreisenden und Kulturtheoretikers Frobenius, vor allem<br />
aber beleuchten sie die zwei Bereiche, die ihn mit Wilhelm am engsten<br />
verbanden: Zu einen erfreute sich der ehemalige Monarch seiner<br />
Wissenschaftspatronage und half Frobenius durch seine Verbindungen<br />
– nicht zuletzt in die preußische Kultusbürokratie. Die<br />
Grundlage dieser Unterstützung war aber ein für den sprunghaften<br />
Hohenzollern ungewöhnlich beständiges Interesse an den Forschungen<br />
des Frankfurter Gelehrten, eine zunehmende Faszination durch<br />
die kulturmorphologische Mythendeutung, besonders auch mit dem<br />
rituellen Königsmord, in der der gescheiterte Monarch Sinngebung<br />
für seinen eigenen Sturz fand. Durch den Briefwechsel ziehen sich<br />
daher Bezüge auf den Weltkrieg, die Revolution von 1818, die Republik<br />
und auch den Aufstieg der Nationalsozialisten.<br />
Eine Auswahl dieser Briefe soll daher mit einer kritischen Kommentierung<br />
und einer einführenden Darstellung zu den beiden Protagonisten<br />
sowie zu der „Doorner Arbeitsgemeinschaft“ publiziert werden.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> bewilligte Prof. K. H. Pohl (Historisches<br />
Seminar, Universität Kiel) für die Erstellung einer „Biographie Gustav<br />
Stresemanns (1878 bis 1929)“ Fördermittel.<br />
Das Leben keines Politikers in der Weimarer Republik ist bislang so<br />
intensiv und kontrovers erforscht worden, wie das von Gustav Stresemann.<br />
Unumstritten gilt er als der herausragende deutsche Politiker<br />
in der mittleren Phase der Weimarer Republik. Seine Außenpolitik<br />
wurde von den einen als europäische Friedenspolitik gelobt, von<br />
den anderen als verschleierte und aggressive nationale Machtpolitik<br />
verdammt. Seine Innen- und Sozialpolitik schien zwar im kaiserlichen<br />
Denken verhaftet zu sein, ging aber doch auch auf die Realitäten<br />
einer parlamentarischen und sozialen Demokratie ein. Nicht zuletzt<br />
hat die Entwicklung seiner Persönlichkeit vom alldeutschen Annexionisten<br />
zum „Vernunftrepublikaner“ und Friedensnobelpreisträger<br />
immer wieder die Fachwissenschaft fasziniert. Das schlug<br />
sich u. a. in mehr als zehn Biographien nach 1955 nieder. Stresemann<br />
scheint heute nicht nur bekannt, sondern auch unumstritten zu sein.<br />
Warum dann noch eine Biographie?<br />
Die neue Arbeit will zum einen die „Ungleichgewichtigkeit“ in der<br />
bisherigen Forschung überwinden. Bislang existierte Stresemann<br />
nämlich praktisch erst seit 1914. Die Zeit seines Wirkens in Sachsen<br />
diente fast allen Biographen nur als Vorbereitung für seine spätere<br />
Tätigkeit in der Weimarer Republik. Tatsächlich übte Stresemann jedoch<br />
schon in seiner „sächsischen Phase“ von 1902 bis 1914 (1918)<br />
einen erheblichen Einfluss auf die regionale sächsische, zugleich<br />
aber auch auf die deutsche Politik aus. Er führte in dieser Zeit die<br />
sächsischen Nationalliberalen in einer für den gesamten deutschen
65<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Liberalismus vorbildlichen Weise aus der Bedeutungslosigkeit ins<br />
Zentrum der politischen Macht. Als Syndikus des Verbandes Sächsischer<br />
Industrieller (VSI) machte er diesen fast im Alleingang zum bedeutendsten<br />
regionalen Wirtschaftsverband im Deutschen Reich und<br />
zum engsten Verbündeten der sächsischen Liberalen. Aus dieser Allianz<br />
entwickelte sich eine relativ „moderne“ Wirtschafts- und Sozialpolitik,<br />
die partiell bereits auf das gesamte Reich ausstrahlte. Eine<br />
neue Perspektive kann also die Chancen eines neuen, jungen Liberalismus<br />
im Kaiserreich verdeutlichen, kann die Innovationen von<br />
Wirtschafts- und Sozialpolitik und die bereits in der Vorkriegszeit intendierte<br />
Annäherung von Kapital und Arbeit herausarbeiten und<br />
vor allem die Ausstrahlung dieser Entwicklung auf die spätere Weimarer<br />
Republik verständlich machen.<br />
Aber auch auf einem scheinbar bekannten Terrain, der Außenpolitik<br />
in der Weimarer Republik, zeigt sich die Notwendigkeit einer modifizierten<br />
Sichtweise. Nach der deutschen Vereinigung 1989 stellt sich<br />
etwa die Frage der Bewertung der europäischen oder nationalen<br />
Tendenzen in den Zielen des deutschen Außenministers oder das<br />
Problem, inwieweit wirtschaftliche Interessen auf seine Politik Einfluss<br />
nehmen konnten, ganz neu. Aus der Perspektive einer Zeit der<br />
Entfesselung höchst unverantwortlicher wirtschaftlicher Macht über<br />
Ländergrenzen hinweg und angesichts einer anhaltenden Wirtschaftskrise<br />
scheint das Ziel Stresemanns, die Macht „der“ Wirtschaft<br />
zu stärken, zugleich aber auch zu kanalisieren und ihren nationalen<br />
und internationalen Einfluss für seine innen- und außenpolitischen<br />
Ziele zu instrumentalisieren, weitgehender erreicht worden<br />
zu sein als man noch vor wenigen Jahrzehnten gedacht hat.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
Pohl, Karl Heinrich: Gustav Stresemann (1878–1929) – Überlegungen<br />
zu seiner Biographie. – In: Jahrbuch zur Liberalismus-<br />
Forschung. 12. 2000. S. 203–213.<br />
Pohl, Karl Heinrich (Hrsg.): Politiker und Bürger. Gustav Stresemann<br />
und seine Zeit. Göttingen <strong>2002</strong>. [Im Druck]<br />
„Der politische Lebensweg Hindenburgs (1914–1934)“ ist Gegenstand<br />
eines von Prof. W. Pyta am Historischen Institut der Universität<br />
Stuttgart durchgeführten und von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />
Projekts.<br />
Paul von Hindenburg (1847–1934) hat die deutsche Geschichte im ersten<br />
Drittel des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst. Er diente<br />
nicht nur drei politischen Systemen (dem Kaiserreich, der Weimarer<br />
Republik sowie dem „Dritten Reich“), sondern bekleidete überdies in<br />
diesen drei so unterschiedlich verfassten Ordnungen durchweg Spitzenpositionen.<br />
Unter Wilhelm II. stieg er im Ersten Weltkrieg zum<br />
Chef des Generalstabs des Feldheeres und damit zum Befehlshaber<br />
der heimlichen Nebenregierung der III. Obersten Heeresleitung auf.<br />
Die Kriegsniederlage unbeschadet überstehend, wurde er 1925 in das<br />
Paul von<br />
Hindenburg
NS-Diktatur<br />
Industrielle<br />
Investitionen<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 66<br />
Amt des höchsten Repräsentanten des republikanischen Staatswesens<br />
von Weimar, des Reichspräsidenten, vom Volk gewählt, um 1933<br />
mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler eine entscheidende<br />
Voraussetzung für den Weg in die NS-Diktatur zu schaffen. In der<br />
Zeit seines politischen Wirkens bewies von Hindenburg im Alter eine<br />
erstaunliche Anpassungsfähigkeit an die politischen Umstände. Sie<br />
hat ihn zu höchsten Staatsämtern geführt und eine ungewöhnliche,<br />
teilweise bis heute andauernde Popularität eingebracht.<br />
Hauptanliegen des Forschungsvorhabens ist es, die politische Schaffensperiode<br />
Hindenburgs auf der Basis archivalischen Materials zu<br />
durchleuchten und den Ursachen und Folgen seiner politischen Karriere<br />
vor dem Hintergrund der jeweiligen politischen und gesellschaftlich-kulturellen<br />
Umstände nachzuspüren. Die zentrale Fragestellung<br />
richtet sich darauf, welche gesellschaftlichen Strukturen<br />
des Kaiserreiches den Hindenburg-Mythos einerseits ermöglichten<br />
und auf welche Weise Hindenburg selbst andererseits sein öffentliches<br />
Ansehen politisch zu instrumentalisieren wusste, das er nicht<br />
zuletzt durch eine geschichtsmediale Inszenierung vermehrt hatte.<br />
Hindenburg erscheint damit als ein genuin politischer Herrscher, der<br />
schon 1914 mit den Mitteln symbolischer Politik den Nerv einer nach<br />
Integration dürstenden Gesellschaft traf. Die hervorstechende Konstante<br />
seines Handelns ist die politische Ausbeutung und Pflege seines<br />
Mythos, welche auch den Schlüssel für die Ernennung Hitlers<br />
zum Reichskanzler zu liefern vermag.<br />
Industrielle Investitionen unter den Bedingungen der NS-Diktatur<br />
1933–1939 ist Thema eines von der <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />
von Prof. C. Buchheim (Seminar für Wirtschaftsund<br />
Sozialgeschichte, Universität Mannheim).<br />
Unter der NS-Diktatur kam es zwischen 1933 und 1939 zu einem<br />
staatlich induzierten Aufschwung der deutschen Wirtschaft. Um zusätzliche<br />
Investitionsanreize für Rüstungs- und Autarkiebranchen<br />
bereitzustellen, bediente sich der Staat unterschiedlicher Instrumente,<br />
wie etwa der Wirtschaftlichkeitsgarantieverträge, der Leihe<br />
staatlicher Anlagen oder staatlich verbürgter Kredite. Wonach aber<br />
richtete sich in den einzelnen Fällen die Wahl des konkreten Förderinstruments?<br />
Die verschiedenen Verfahren unterschieden sich durch die Höhe des<br />
Amortisationsrisikos, das der Staat zu tragen hatte. Je größer dieses<br />
war, desto stärker wurden die Verfügungsrechte der Unternehmen<br />
bezüglich des Investitionsobjekts eingeschränkt. Eine zentrale Hypothese<br />
ist, dass die Präferenzen der Unternehmen für ein bestimmtes<br />
Instrument mit ihren Erwartungen bezüglich der Weltmarktfähigkeit<br />
der Produkte, die mit den neuen Anlagen hergestellt werden<br />
konnten, korrelierten.<br />
Diese Hypothese wurde anhand der Investitionsentscheidungen und<br />
Vertragsverhandlungen zwischen Staat und Unternehmen in der
67<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Abb. 3: Projekt „Der politische Lebensweg Hindenburgs (1914 bis 1934)“: Hindenburg<br />
mit seinem Enkel und Adolf Hitler. Die original Bildunterschrift lautete: „Der<br />
Jugend eine bessere Zukunft schaffen! Bei einem Besuch des Führers in Neudeck<br />
wurde dieses Bild aufgenommen: der Enkel Hindenburgs verbindet die beiden Führer<br />
des deutschen Geschicks“.
Vertriebene<br />
jüdische<br />
Wissenschaftler<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 68<br />
Zellwolleindustrie überprüft. Dabei hat sich herausgestellt, dass der<br />
Kapazitätsausbau in dieser Branche nur zu einem kleinen Teil durch<br />
staatlich verbürgte Kredite gefördert wurde. Das Amortisationsrisiko<br />
wurde überwiegend von den Unternehmen getragen – bei entsprechend<br />
geringen Mitspracherechten des Staates. Der Grund dafür<br />
war, dass die Unternehmen ohnehin erheblich in dieser Branche investieren<br />
wollten. Dabei orientierten sie sich an der Absatzentwicklung<br />
in solchen Ländern, in denen, wie etwa in den USA, im Unterschied<br />
zum Deutschen Reich, keine Autarkiepolitik betrieben wurde<br />
und in denen dennoch während der dreißiger Jahre eine erhebliche<br />
Ausdehnung des Chemiefaserkonsums zu beobachten war. Zugleich<br />
zeigte sich, dass die Verhandlungen zwischen den etablierten Chemiefaserproduzenten<br />
und dem Staat dem Bild normaler Vertragsverhandlungen<br />
entsprachen. In manchen Fällen kam es zu keinem Vertragsabschluss,<br />
weil Staat und Unternehmen sich nicht einigen konnten.<br />
Auf der Grundlage dieser Ergebnisse lassen sich erste Aussagen<br />
über eine weitere wichtige Fragestellung des Projekts machen, nämlich<br />
inwieweit die NS-Wirtschaftspolitik zu einer langfristigen Modernisierung<br />
der deutschen Industrie beigetragen hat. Für die Chemiefaserbranche<br />
kann demnach aus dem Umstand, dass die Produkte<br />
unter marktwirtschaftlichen Bedingungen nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg wettbewerbsfähig waren, nicht geschlossen werden, dass<br />
dies hauptsächlich eine, wenn auch nicht intendierte, Folge der Industriepolitik<br />
des NS-Regimes war. Diese, auf vergleichende Überlegungen<br />
gestützte, Methode der Rekonstruktion unternehmerischer<br />
Erwartungen empfiehlt sich grundsätzlich ebenfalls für die Betrachtung<br />
anderer industrieller Branchen im Dritten Reich. Nicht jede Änderung<br />
zwischen 1933 und 1939 muss nämlich, selbst wenn sie mit<br />
den Zielen des NS-Regimes konform ging, notwendigerweise von<br />
der NS-Wirtschaftspolitik angestoßen worden sein.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> stellte PD Dr. L. Mertens (Fakultät für Sozialwissenschaften,<br />
Universität Bochum) für das Projekt „Vertriebene jüdische<br />
Wissenschaftler“ Fördermittel zur Verfügung.<br />
In der Forschungsliteratur zur Emigration nach 1933 fehlt bislang ein<br />
Überblick darüber, wer an deutschen Hochschulen im Jahre 1933<br />
gelehrt hat. Von einzelnen Hochschulen gibt es zwar Verzeichnisse<br />
über die vertriebenen Ordinarien. Diese berücksichtigen jedoch selten<br />
Privatdozenten, Honorarprofessoren und Assistenten. Diese<br />
Lücke dürfte die systematische Auswertung eines 1998 von Dr. Mertens<br />
in den Hoover Institution Archives (Stanford University) aufgefundenen,<br />
archivalisch kaum erschlossenen, 221 Manuskriptkartons<br />
umfassenden Propagandabestandes mit dem Titel „Gesamtverband<br />
deutscher antikommunistischer Vereinigungen“ füllen. Diese Akten<br />
sind von den amerikanischen Besatzungstruppen in den Jahren<br />
1945/46 beschlagnahmt und in den 50er Jahren der auf die Erforschung<br />
des Dritten Reiches spezialisierten Hoover Institution of War,<br />
Revolution and Peace übergeben worden. Sie enthalten Übersichten
69<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Abb. 4: Projekt „Erforschung des Verbleibs der in der Zeit von 1933–1945 aus rassischen<br />
und politischen Gründen verfolgten Angehörigen der Friedrich-Wilhelms-Universität<br />
zu Berlin“: Mehr als 60 Jahre nach dem Exodus der jüdischen akademischen<br />
Gemeinschaft lädt Prof. J. Mlynek, Präsident der Humboldt Universität zu Berlin, die<br />
„Kommilitonen von 1933“ für die Woche vom 15. – 20. 10. <strong>2001</strong> an ihre alte Alma<br />
mater ein. Die Schirmherrschaft übernahm Bundespräsident Wolfgang Thierse.
Friedrich-<br />
Wilhelms<br />
Universität<br />
Berlin<br />
Schwarzhandel<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 70<br />
aller 900 jüdischer Hochschullehrer und Assistenten, die am 1.4.1933<br />
an den Universitäten und Hochschulen gelehrt haben.<br />
Das Ergebnis umfangreicher Archivrecherchen in Deutschland und<br />
im Ausland wird die Rekonstruktion ihrer weiteren Lebensschicksale<br />
bzw. der wissenschaftlichen Karrierewege in den Zufluchtsstaaten<br />
sein. Die dabei ermittelten Angaben sollen in einer Datenbank erfasst<br />
und in einer Monographie publiziert werden.<br />
Prof. R. Schröder (Philosophische Fakultät) und Prof. R. vom Bruch<br />
(Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität, Berlin)<br />
erhalten für die „Erforschung des Verbleibs der in der Zeit von<br />
1933–1945 aus rassischen und politischen Gründen verfolgten Angehörigen<br />
der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin“ Fördermittel.<br />
Im Jahre 1933 haben sich etwa 2500 Studenten und Doktoranden jüdischer<br />
Herkunft an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin in<br />
der Ausbildung befunden. 2.300 davon sind datenmässig erfasst<br />
(Name, Geburtsdatum, -ort, Studienfach, Studienzeit, z.T. Promotionsdaten).<br />
Die Auflistung basiert auf Archivalien der Humboldt-<br />
Universität (Studentenkartei 1933, jüdische Studentenverbindungen,<br />
Stammrolle reichsdeutscher Juden, studentische Fragebögen, Promotionsakten,<br />
Relegierungen, Aberkennungsschreiben) sowie auf<br />
Auskünften von Zeitzeugen. 115 ehemalige Studenten sowie 3 Doktoranden,<br />
denen ihr Titel aberkannt wurde, konnten aufgefunden<br />
und Kontakt mit ihnen aufgenommen werden. Die Anzahl der medizinischen<br />
Doktoren, denen die Approbation verweigert wurde, beträgt<br />
derzeit 115. In der Schweiz haben 160 Studenten ihr in Berlin<br />
abgebrochenes Studium mit der Promotion beendet. Von insgesamt<br />
über 320 Personen liegen mehr oder weniger detaillierte Angaben<br />
über ihren Lebenslauf vor (Briefliche Mitteilungen, Telefonate, Interviews).<br />
Hinzu kommen 35 vage Angaben sowie 200 Angaben über<br />
Todesdatum und -ort (nur USA). Mit 45 Verwandten ehemaliger Studenten<br />
bestehen Kontakte nach Israel, Großbritannien, Australien,<br />
Brasilien, Argentinien, Uruguay, Schweiz, Österreich, USA, Deutschland<br />
und Dänemark.<br />
Die „Woche der Kommilitonen von 1933“ fand im Oktober <strong>2001</strong> unter<br />
großer Resonanz der Medien statt. Der Präsident der Universität,<br />
Prof. J. Mlynek, hatte 50 ehemalige Studenten und Absolventen der<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität, die während der Naziherrschaft von<br />
der Universität und aus Deutschland vertrieben wurden, an ihre alte<br />
Alma mater eingeladen. Die Schirmherrschaft übernahm Bundestagspräsident<br />
Wolfgang Thierse, ebenfalls ehemaliger Student der<br />
Humboldt-Universität.<br />
Von Schiebern und Schwarzen Märkten. Zur Geschichte des Berliner<br />
Schwarzhandels im Übergang vom Zweiten Weltkrieg zur Nachkriegszeit<br />
handelt ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt, das Prof.<br />
H.-P. Ullmann am Historischen Seminar, Universität Köln, durchführt.
71<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Mit dem Schwarzmarkt untersucht es eines der wichtigsten Phänomene<br />
der Kriegs- und Nachkriegszeit, das bisher weitgehend unerforscht<br />
geblieben ist. Die Analyse konzentriert sich auf die unterschiedlichen<br />
Märkte und das Marktgeschehen des Berliner Schwarzhandels<br />
im Übergang von der nationalsozialistischen Diktatur zur<br />
Besatzungszeit und zu den Anfängen der beiden deutschen Staaten.<br />
Das, was nicht zuletzt in den Berichten der Zeitgenossen als<br />
„Schwarzmarkt“ bezeichnet wird, beschränkte sich nicht auf die<br />
Transaktion von Waren gegen Geld, sondern war ein überaus komplexes<br />
Tauschgeschehen. Während die ersten „verdeckten“<br />
Schwarzhandelsformen bereits mit dem Beginn der einschneidenden<br />
Lebensmittelrationierung auftraten, begann der räumlich bestimmbare<br />
öffentliche Schwarzmarkt in Berlin spätestens im Oktober 1944.<br />
Zu einem Phänomen, welches das Stadtbild wie die Lebenswirklichkeit<br />
der Menschen prägte, wurde er in der Zeit zwischen Anfang<br />
1945 und der Währungsreform im Sommer 1948. Einzelne Schwarzhandelspraktiken<br />
hielten sich – wenigstens im Ostteil der Stadt – bis<br />
in die fünfziger Jahre.<br />
Das Projekt begreift den Schwarzhandel erstens als einen Hohlspiegel,<br />
der gesellschaftliche Phänomene der Zeit wie die Neuorientierung<br />
im Angesicht von Zusammenbruch und beginnendem Wiederaufbau<br />
bündelt. Am Schwarzmarkt lassen sich mehrere Entwicklungslinien<br />
der Kriegs- und Nachkriegszeit studieren: die wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen im Übergang von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft,<br />
die Frage nach dem Verhältnis von Konsum und<br />
staatlicher Obrigkeit sowie die Veränderung der sozialen Ordnung<br />
einer sich wandelnden Gesellschaft. Zweitens wird die Organisation<br />
der Berliner Schwarzmärkte systematisch beschrieben. Ins Blickfeld<br />
rücken die räumliche Dimension und der Teilnehmerkreis, die Praktiken<br />
der Akteure und nicht zuletzt die Tauschwaren und Dienstleistungen.<br />
Deshalb gehört zur Geschichte der Berliner Schwarzmärkte<br />
mit dem Zusammenspiel von Schwarzhandel und Prostitution<br />
eine geschlechtergeschichtliche Perspektive. Betrachtet man den<br />
Schwarzmarkt in diesem Sinn auch als Kontaktbörse und Ort sozialer<br />
Interaktion, kommt ein weiterer Themenkomplex ins Spiel. Denn<br />
Schwarzmarktplätze waren häufig jene Orte, an denen Deutsche<br />
zum ersten Mal mit „Fremden“, ab 1945 also mit alliierten Besatzungssoldaten<br />
in Kontakt kamen, mit ihnen handelten oder in Konflikt<br />
gerieten, wenn die Soldaten als Ordnungsmacht etwa bei Razzien<br />
auftraten.<br />
Mit der Thematik „Jugend 1945 – Jugend im Umbruch“ ist ein von<br />
der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt befasst, das Dr. M. Rüther (NS-Dokumentationszentrum,<br />
EL-DE-Haus, Köln) betreut.<br />
Das Vorhaben gilt als Pilotprojekt für eine umfassende Erforschung<br />
der Mentalitätsgeschichte der frühen Bundesrepublik sowie einer wissenschaftlichen<br />
Annäherung an die Frage der Beeinflussung von Jugendlichen<br />
durch Politik und Schule. Ziel des Projektes ist – demonstriert<br />
am Beispiel des traditionsreichen Kölner Dreikönigsgymnasi-<br />
Jugend<br />
1945
Theodor<br />
Heuss<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 72<br />
ums (DKG) – die Erfassung, Erschließung und digitale Aufarbeitung<br />
einer zentralen seriellen Quelle. Die Lebensläufe der Abiturienten, die<br />
ergänzenden Beurteilungen durch die Lehrer sowie ausgewählte<br />
Deutschaufsätze werden Aufschlüsse über Einstellungen und Verhaltensweisen<br />
von Jugendlichen in den Jahren 1931 bis 1952 sowie deren<br />
Veränderungen geben. Herangezogen werden hierzu die Abiturjahrgänge<br />
1931–1933, 1937/38, 1941–1944 sowie 1946–1952. Durch die<br />
Einbeziehung der Endphase der Weimarer Republik und der Zeit des<br />
Nationalsozialismus dürften Beeinflussungen von Jugendlichen hinsichtlich<br />
von Mechanismen in Erziehung, Propaganda und weiterer<br />
Manipulationsformen besonders greifbar werden.<br />
Mittlerweile sind sämtliche Dokumente digital erfasst, die Grundprogrammierung<br />
fertiggestellt, die Bearbeitung und Kategorisierung<br />
der einzelnen Dokumente in Arbeit. Die Forschungsergebnisse werden<br />
in einer Internetversion zugänglich gemacht sowie im Rahmen<br />
einer Tagung und/oder Publikation präsentiert werden.<br />
Prof. H. Möller (Institut für Zeitgeschichte, München) erhält für das<br />
Forschungsprojekt „Theodor Heuss – eine Biographie“ Fördermittel<br />
der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>. Bearbeiter ist PD Dr. G. Müller.<br />
Gegenstand des Vorhabens ist die Erarbeitung einer wissenschaftlichen<br />
Biographie des ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik<br />
Deutschland, Theodor Heuss (1884–1963).<br />
Theodor Heuss gilt als eine der zentralen Persönlichkeiten des deutschen<br />
Liberalismus und der Geschichte und politischen Kultur der<br />
Bundesrepublik Deutschland überhaupt. Er repräsentierte das deutsche<br />
Bildungsbürgertum und zugleich den liberalen Intellektuellen.<br />
Auf verständliche Weise vermochte Heuss die Felder von Kultur, Politik<br />
und Wirtschaft, von Wissenschaft und Technik, von Bildung und<br />
Kunst zu verbinden und öffentlich darzustellen. Dies verschaffte ihm<br />
große und wachsende Resonanz bei der Mehrheit der bundesdeutschen<br />
Bevölkerung und seine Anerkennung als Repräsentant des<br />
„besseren“ Deutschland im Ausland während der fünfziger Jahre.<br />
Bereits zu Lebzeiten ist der große Liberale als beispielhafter bürgerlicher<br />
Demokrat und gebildeter Humanist zur Legende geworden.<br />
Das Projekt will ein neues Gesamtbild der Persönlichkeit, seiner öffentlichen<br />
Wirksamkeit und der sozialen Repräsentanz von Theodor<br />
Heuss entwerfen, das auch die Herausforderungen für seine Identität<br />
durch die epochalen Wandlungen und Umbrüche aufzeigt. Die unterschiedlichen<br />
Wirkungszusammenhänge der Biographie bilden die<br />
vier Epochen vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und das<br />
Dritte Reich bis zur Vorgeschichte und Entwicklung der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Ferner liegt eine wichtige Zielsetzung des Projekts<br />
darin, den selbststilisierten bürgerlichen Lebensentwurf von<br />
Theodor Heuss in der Auswahl, in der Kontinuität und im Wandel der<br />
Vorbilder, Muster und Motive zu rekonstruieren und zu seiner indi-
73<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
viduellen kulturellen und sozialen Repräsentanz in der deutschen<br />
Gesellschaft in Beziehung zu setzen.<br />
Dr. C. Goschler (Lehrstuhl für Zeitgeschichte, Humboldt-Universität<br />
Berlin) widmet sich mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> dem Projekt „Die<br />
Politik der Wiedergutmachung. Der Umgang mit den Verfolgten des<br />
Nationalsozialismus in Deutschland, 1945 bis <strong>2001</strong>“.<br />
Die Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts rückte<br />
in den vergangenen Jahren verstärkt in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit<br />
wie der Zeitgeschichte. Dafür waren vor allem die in den<br />
neunziger Jahren vorgebrachten Entschädigungsforderungen aus<br />
den USA und Osteuropa verantwortlich. Die politische Auseinandersetzung<br />
um die Wiedergutmachung reicht allerdings weiter in die<br />
Geschichte der beiden deutschen Staaten zurück. Sie scheint dabei<br />
bestimmten Zyklen zu folgen, die von veränderten innen- wie<br />
außenpolitischen Rahmenbedingungen ebenso wie von der Abfolge<br />
der Generationen und damit verbundenen Veränderungen der Perspektiven<br />
auf die Verbrechen des Nationalsozialismus bestimmt<br />
sind. Die zeitgeschichtliche Forschung hat die Geschichte der Wiedergutmachung<br />
bisher – abgesehen von der Frühzeit und dem Abkommen<br />
mit Israel und der Jewish Claims Conference von 1952 – lediglich<br />
punktuell erforscht.<br />
Die Studie zielt darauf, in einer Gesamtdarstellung die Politik der<br />
Wiedergutmachung in der alten und neuen Bundesrepublik sowie in<br />
der DDR vom Kriegsende bis in die jüngste Vergangenheit als einen<br />
zentralen Aspekt der „Vergangenheitspolitik“ der beiden deutschen<br />
Nachkriegsstaaten zu analysieren. Das Thema der Entschädigung<br />
für NS-Verfolgte bietet dabei eine Vergleichsperspektive, die einen<br />
wesentlichen Aspekt des Selbstverständnisses der beiden deutschen<br />
Staaten betrifft. Sowohl die Bundesrepublik als auch die DDR beanspruchten<br />
im Systemwettstreit, die bessere Antwort auf die nationalsozialistische<br />
Vergangenheit zu verkörpern. Dazu gehörte vor allem<br />
die Frage des Umgangs mit seinen früheren Opfern. Darüber hinaus<br />
lässt sich am Thema der Wiedergutmachung paradigmatisch die<br />
Frage der Folgen des deutschen Vereinigungsprozesses für die politische<br />
Kultur bzw. das Selbstverständnis der erweiterten Bundesrepublik<br />
erörtern.<br />
Für den Abschluss der „Erschließung und Sicherung von Quellen zur<br />
sowjetischen Deutschlandpolitik der Jahre 1941 bis 1949 aus dem Archiv<br />
für Außenpolitik des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten<br />
der Russischen Föderation“ stellte die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
dem Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam (Prof. Chr.<br />
Kleßmann) erneut Fördermittel zur Verfügung.<br />
Im Ergebnis einer umfangreichen Auswahl aus den relevanten Beständen<br />
des Archivs wurden mehr als tausend Dokumente vollständig<br />
kopiert und in dieser Form in Deutschland deponiert (über deren<br />
inhaltliche Schwerpunkte wurde in den vergangenen Jahren mehrfach<br />
berichtet, zuletzt im <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong>, S. 58–60). Um die<br />
Wiedergutmachung<br />
NS-Verfolgte<br />
Sowjetische<br />
Deutschlandpolitik
Verfassung<br />
SBZ/DDR<br />
1947 – 1949<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 74<br />
Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Erforschung<br />
der sowjetischen Außenpolitik speziell gegenüber Deutschland<br />
zu vertiefen, wird durch G. P. Kynin (Moskau) und J. P. Laufer<br />
(Potsdam) eine dreibändige (russische) Auswahledition vorbereitet.<br />
Band 1 und 2 sind bereits in russischer Sprache erschienen:<br />
SSSR i germanskij vopros 1941–49 = Die UdSSR und die deutsche<br />
Frage 1941–1949. Dokumente aus dem Archiv für Außenpolitik<br />
der Russischen Föderation. Hrsg.: Historisch-Dokumentarisches<br />
Department des MID Rußlands; Zentrum für Zeithistorische Forschung<br />
Potsdam. – Moskau: Verl. Internat. Beziehungen.<br />
T. 1. 22. 6. 1941 – 8. 5. 1945. 1996. 782 S.<br />
T. 2. 9. 5. 1945 – 3. 10. 1946. 2000. 878 S.<br />
Der etwa 800 Seiten umfassende Band 3 (6. 10. 1946–15. 6. 1948) befindet<br />
sich in der Drucklegung.<br />
Durch die deutsch-russische Historikerkommission wird die vollständige<br />
deutsche Übersetzung finanziert, die für die ersten beiden<br />
Bände bereits abgeschlossen ist. Die Veröffentlichung der im Dokumententeil<br />
unveränderten, aber im Kommentarteil verbesserten<br />
deutschen Ausgabe der gesamten Edition ist für 2003 geplant.<br />
Das Zentrum für Zeithistorische Forschung und das Historisch-Dokumentarische<br />
Departement beabsichtigen, vorbehaltlich der Unterstützung<br />
durch die Deutsch-Russische Historikerkommission, die<br />
Edition bis zum Ende der Stalin-Ära (1948–1953) fortzusetzen.<br />
Prof. R. Morsey und Prof. S. Fisch (Forschungsinstitut für öffentliche<br />
Verwaltung, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften,<br />
Speyer) erhalten für das Projekt „Die Entstehung der Verfassung in<br />
der Sowjetischen Besatzungszone/DDR 1947 bis 1949. Darstellung<br />
und Dokumentation“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Nach der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen<br />
Deutschlands beschlossen die Siegermächte in allen Besatzungszonen<br />
im Sommer 1945 (Potsdamer Konferenz) die Wiederherstellung<br />
demokratischer Zustände. In der Sowjetischen Besatzungszone<br />
(SBZ) wurden im Oktober 1946 in den fünf neu gebildeten Ländern<br />
Landtage konstituiert, die in einem relativ kurzen Prozess bis<br />
Februar 1947 Landesverfassungen verabschiedeten. Die Verfassungsberatungen<br />
der ostdeutschen Länder verliefen ausgesprochen<br />
turbulent. Nicht wenige der schließlich verabschiedeten Konstitutionen<br />
gingen auf die Initiative der bürgerlichen Parteien zurück. Letztlich<br />
jedoch setzte die SED ihre zentralen Verfassungsvorstellungen –<br />
u. a. Gewalteneinheit, unbegrenzte Souveränität des Landtags als<br />
des „höchsten demokratischen Organs“, planwirtschaftliche Prinzipien<br />
– durch.<br />
Die Verfassungsgenese in den fünf ostdeutschen Ländern unterschied<br />
sich deutlich von der auf zonaler Ebene 1948/49. Der unmit-
75<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
telbare Prozess der Verfassungsgebung begann mit der Volkskongreßbewegung<br />
im März 1948 und der Einsetzung eines Deutschen<br />
Volksrates, der zunächst mit dem Anspruch einer gesamtdeutschen<br />
Repräsentation konstituiert worden war, tatsächlich aber zur Bildung<br />
der Provisorischen Volkskammer und zur Verabschiedung einer separaten<br />
DDR-Verfassung am 7. Oktober 1949 führte. Die Teilnehmer<br />
des Volkskongresses waren nicht von der Bevölkerung gewählt, sondern<br />
von Parteien und Massenorganisationen delegiert worden.<br />
Volkskongreß und Volksrat wurden somit von der SED dominiert.<br />
Auch bei den Beratungen in dem vom Deutschen Volksrat am 19.<br />
März 1948 eingesetzten Verfassungsausschuss waren die Verfassungsexperten<br />
der SED federführend.<br />
Die im Verfassungsausschuss erarbeiteten Entwürfe einer Verfassung<br />
wurden nicht nur im Volksrat, sondern auch in Betrieben, staatlichen<br />
Institutionen und kulturellen Einrichtungen öffentlich diskutiert.<br />
Bis Februar 1949 sollen tausende Versammlungen stattgefunden<br />
haben, tausende Resolutionen verfasst und ca. 500 Änderungsvorschläge<br />
publik gemacht worden sein. Damit wollte die SED-<br />
Spitze mit Blick auf die parallelen Bonner Beratungen zum Grundgesetz<br />
den Eindruck einer mustergültig gründlichen und demokratischen<br />
Beratungsprozedur erzeugen. Die endgültige Form der Verfassung<br />
wurde nach einer weiteren Plenardebatte des Deutschen<br />
Volksrates am 19. März 1949 einstimmig verabschiedet. Am 7. Oktober<br />
1949 erklärte sich der Deutsche Volksrat zur „Provisorischen<br />
Volkskammer“ und setzte die Verfassung der Deutschen Demokratischen<br />
Republik in Kraft.<br />
Ziel des Projekts ist es, den historischen Prozess der Verfassungsgebung<br />
auf zonaler Ebene in der SBZ von Ende 1947 bis zur Annahme<br />
der DDR-Verfassung am 7. Oktober 1949 darzustellen, zu analysieren<br />
und zu bewerten.<br />
„Die Krise der DDR-Intelligenz 1956/57“ ist das Thema eines durch<br />
die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsprojekts von Prof. V. Gerhardt,<br />
Institut für Philosophie, Humboldt-Universität Berlin, erarbeitet von<br />
Dr. G. Herzberg.<br />
Im Zentrum des Vorhabens steht die Auseinandersetzung zwischen<br />
den Intellektuellen der DDR und der SED-Führung in den Jahren<br />
1956 und 1957, der Zeit des sogen. „Tauwetters“. Dabei geht es nicht<br />
so sehr um eine traditionell konzipierte Darstellung der Ideologiegeschichte<br />
jener Jahre, sondern um die Wissenschaftspolitik der SED,<br />
das differenzierte Verhältnis der Intelligenz zu ihrem Staat und zur<br />
Partei, um ihr Selbstverständnis, um die Kultur des Argumentierens<br />
und um den Umgang des Staates mit zweifelnden oder nachdenklichen<br />
Wissenschaftlern.<br />
Der von Chruschtschow in einer „Geheimrede“ auf dem XX. Parteitag<br />
der KPdSU im Februar 1956 angekündigte vorsichtige Abbau des<br />
Stalinismus weckte im gesamten Ostblock große Hoffnungen auf<br />
eine Lockerung des politischen Systems. In der DDR sind die Monate<br />
DDR-<br />
Intelligenz
DDR<br />
Polit-<br />
Emigranten<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 76<br />
nach dem sowjetischen Parteitag durch eine Fülle von Diskussionen,<br />
Veröffentlichungen und Auseinandersetzungen mit der Politik und<br />
Ideologie der SED charakterisiert – als „Kampf gegen den Dogmatismus“<br />
–, ohne dass die politischen und ideologischen Grundlagen des<br />
Sozialismus in Frage gestellt wurden. An den Hochschulen und Universitäten,<br />
in den Redaktionen und Verlagen, bei Künstlern und<br />
Schriftstellern wurden der Führungsstil der SED, die Person des Ersten<br />
Sekretärs Walter Ulbricht und das allzu enge ideologische Korsett<br />
der Wissenschaften und Künste kritisiert und Vorschläge für eine<br />
Demokratisierung des Sozialismus unterbreitet. Diese Diskussionen<br />
führten schließlich – forciert durch Veränderungen im Nachbarland<br />
Polen (Aufstand in Poznan) und den ungarischen Volksaufstand – zu<br />
einer erneuten (nach 1953) schweren Krise an der Spitze der SED.<br />
Nach anfänglichen Schwankungen ging die Führung im Herbst 1956<br />
in die Offensive – als „Kampf gegen den Revisionismus“ – und begann,<br />
die missliebigen Kritiker durch Repressionen (Parteiausschluss,<br />
Entlassungen, Haft etc.) zumindest mundtot zu machen.<br />
Die Untersuchung zielt darauf, die wissenschaftspolitischen und<br />
ideologischen (darunter auch die philosophischen) Ereignisse seit<br />
der sogen. „Freiheitskonferenz“ (März 1956) bis zur III. Hochschulkonferenz<br />
der SED, dem V. Parteitag der SED und den Verhaftungen<br />
des Jahres 1958 nicht nur am Beispiel der bekanntesten „Fälle“ (Harich,<br />
Bloch, Havemann, Behrens, Kuczynski usw.), sondern in seiner<br />
ganzen Breite an den Universitäten und Hochschulen der DDR zu rekonstruieren<br />
sowie Inhalte, Mittel und Formen der Auseinandersetzungen<br />
zu analysieren. Ferner werden die verschiedenen Verhaltensweisen<br />
der Kritiker und Opfer im Kontext der neueren Diskussionen<br />
über „widerständiges Verhalten – Dissidenz – Opposition –<br />
Widerstand“ beurteilt. Schließlich sollen die Auswirkung der Disziplinierung<br />
der Intelligenz durch die SED auf Lehre und Forschung,<br />
die wissenschaftliche Literatur und die Anpassungsstrategien der<br />
Wissenschaftler, wie sie für die sechziger und siebziger Jahre prägend<br />
wurden, skizzenhaft dargestellt werden.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. Chr. Kleßmann (Zentrum für Zeithistorische<br />
Forschung, Potsdam) bei dem Projekt „Die Polit-Emigranten“.<br />
Eine sozialhistorische Studie zu Fremde und Fremd-Sein in der DDR.<br />
Im Kalten Krieg bemühte sich die DDR-Regierung, durch die Aufnahme<br />
politisch Verfolgter – sog. Politischer Emigranten – aus den<br />
Diktaturen Südeuropas (Griechenland, Spanien), später Befreiungsbewegungen<br />
der zerfallenden Kolonialreiche und ab 1973 durch<br />
Flüchtlinge und politisch Verfolgte aus der Militärdiktatur Chile –<br />
außenpolitisches Profil und innenpolitische Legitimation als „Auswanderungsland<br />
DDR“ zu gewinnen. Diese Bedeutung konstrastierte<br />
scharf mit der individuellen Rechtlosigkeit von Ausländern in<br />
der DDR und deren Abhängigkeit von den außenpolitischen Interessen<br />
der SED-Führung, da kein einklagbarer Rechtsanspruch auf Asyl<br />
in der DDR existierte. Der ostdeutschen Bevölkerung wurden die Politemigranten<br />
als Freiheitskämpfer und „Objekte ihrer Solidarität“
77<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
präsentiert, die in der DDR eine neue Lebensperspektive gewonnen<br />
hatten. Doch erschienen sie in den Augen der DDR-Bevölkerung<br />
durch ihren politischen Status, staatliche Zuwendungen und die häufig<br />
aufrechterhaltene ausländische Staatsangehörigkeit privilegiert.<br />
Hiervon ausgehend sollen in diesem Projekt die rechtlich ungeregelte<br />
Aufnahmepraxis von Politemigranten in der DDR sowie deren<br />
Integrationsanstrengungen untersucht werden. Darüber hinaus soll<br />
die Behandlung der Ausländer- und Fremdenproblematik in der<br />
DDR in einen langfristigen Zusammenhang gestellt werden.<br />
„Zensur und Parteigeschichte. Die ,Heilige Schrift‘ der SED“ ist Gegenstand<br />
eines von der <strong>Stiftung</strong> geförderten Projektes des Zentrums<br />
für Zeithistorische Forschung Potsdam e.V., Potsdam (Prof. Chr. Kleßmann).<br />
Bearbeiter ist Dr. S. Lokatis.<br />
„Der rote Faden. Kommunistische Parteigeschichte und Zensur unter<br />
Walter Ulbricht“ lautet der Titel einer <strong>2001</strong> fertig gestellten Untersuchung<br />
von Siegfried Lokatis, die sich dem „Hochofen der SED-Zensurpolitik“<br />
gewidmet hat. In der SED waren Parteigeschichte und<br />
Zensur zwei Seiten derselben Medaille. Infolge des zentralen Stellenwerts<br />
von Parteigeschichte im Marxismus-Leninismus, die als<br />
Kern aller Revolutionstheorie verstanden wurde, ergibt sich aus der<br />
Thematisierung der Differenz zwischen internem Selbstverständnis<br />
und offizieller Selbstdarstellung in ihrem Wandel eine konkrete<br />
Ideologiegeschichte der SED unter Ulbricht.<br />
Es geht zunächst um den höchst selektiven editorischen Umgang mit<br />
der ideologisch sensibelsten Materie, mit den Texten der Parteiführer<br />
Lenin, Stalin, Thälmann, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg,<br />
Clara Zetkin usw. im Institut für Marxismus-Leninismus (IML) beim<br />
ZK der SED. Im Mittelpunkt steht jedoch der langjährige Forschungs-<br />
und Diskussionsprozess, der zur Fertigstellung der „Heiligen<br />
Schrift“ der SED führte, der achtbändigen „Geschichte der deutschen<br />
Arbeiterbewegung“ von 1966. Die Entstalinisierung von 1956<br />
wird als Orientierungskrise der SED und Ausgangspunkt einer geschichtlichen<br />
Selbstreflexion der Partei von gigantischem Ausmaß<br />
gefasst, die über Ulbrichts „Thesen zum Charakter der Novemberrevolution“<br />
von 1958 zur „Nationalen Grundkonzeption“, der „Theorie<br />
zum Mauerbau“ führte und dabei hunderte von Historikern und<br />
mehrere Institute in die Arbeit einbezog. Die konstitutive Rolle von<br />
Zensur für die Parteigeschichtsschreibung ergibt sich daraus, dass<br />
die selbstkritische Analysefunktion von parteigeschichtlicher Forschung<br />
sich mit deren Propaganda- und Erziehungsfunktion nur vereinbaren<br />
ließ, wenn ihr interner Charakter gewahrt werden konnte.<br />
Die entsprechenden Geheimhaltungsstrategien des Zentralen Parteiarchivs<br />
rücken genauso in den Blick wie die Arkana einer keineswegs<br />
reibungsfreien internationalen Rückkoppelung des IML zum<br />
Bruderinstitut in Moskau oder die Bestrebungen, die örtliche Parteigeschichtsforschung<br />
in den Bezirken zensurpolitisch zu disziplinieren.<br />
SED<br />
Zensur
BRD<br />
Ost-West-<br />
Konflikt<br />
1968 – 1972<br />
Im Ergebnis wird deutlich, dass die redaktionellen Zensurpraktiken<br />
zwar methodisch betrachtet kontinuierlich evolutionierten und verfeinert<br />
wurden, dass es aber immer wieder auch Rückgriffe auf die<br />
brachialen Methoden der Stalin-Zeit gab. Vor allem wenn es um die<br />
Geheimnisse des GULAG ging, nahm man offensichtliche Widersprüche<br />
und peinliche Eklats in Kauf. So konnte erstmals nachgezeichnet<br />
werden, wie in Verhandlungen mit Moskau im Vorfeld des<br />
„Kahlschlagplenums“ von 1965 Sprachregelungen und editorische<br />
Standards festgeschrieben wurden, die bis 1985 einen restriktiven<br />
Umgang mit der Stalin-Zeit determinierten.<br />
Die Durchsetzung solcher Tabumechanismen und Sprachregelungen<br />
war dabei nicht nur Angelegenheit der Zensurstellen, sondern erfolgte<br />
über autorisierte parteigeschichtliche Leittexte wie vor allem<br />
die achtbändige „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“.<br />
Deshalb werden nicht nur die Diskurse und Zensureingriffe geschildert,<br />
die der Entstehung des Leittextes vorausgingen, sondern auch<br />
dessen parteiöffentliche Durchsetzung, Kanonisierung und Breitenwirkung.<br />
Die Auflagenhöhe des Achtbänders betrug z. B. über eine<br />
Million und jedes SED-Mitglied wurde vier Jahre lang im Parteilehrjahr<br />
damit geschult. Die Texte der Hochschullehrbücher, die Lehrpläne<br />
der Schulen, das Fernsehprogramm und die Gestaltung der<br />
Museen wurden entsprechend dem „Achtbänder“ umgemodelt, die<br />
DDR gleichsam in ein großes Freilichtmuseum zur Geschichte der<br />
Arbeiterbewegung ausgebaut.<br />
Nach dem Sturz Walter Ulbrichts wurde auch dessen „Heilige<br />
Schrift“ in ihren deutschlandpolitischen Kernthesen außer Kraft gesetzt.<br />
Deshalb endet der Text mit der Reflexion des mit dieser Selbstdemontage<br />
verbundenen Verlustes an Glaubwürdigkeit bei der eigenen<br />
Mitgliederbasis. Honeckers Nachfolgeprojekt einer ähnlich<br />
voluminösen „Geschichte der SED“ gelangte nicht mehr über den<br />
kurz vor der „Wende“ erschienenen ersten Band und das Jahr 1917<br />
(!) hinaus.<br />
Prof. G. Niedhart (Seminar für Neuere Geschichte, Universität<br />
Mannheim) wurden <strong>Stiftung</strong>smittel für das Forschungsvorhaben<br />
„Die Bundesrepublik Deutschland im Ost-West-Konflikt 1968–1972;<br />
ihre Rolle im Westen und ihre ostpolitischen Ziele“ bereitgestellt.<br />
Nach dem mit der Überwindung der Kuba-Krise 1962 einsetzenden<br />
Vorlauf trat der Ost-West-Konflikt Ende der sechziger Jahre in eine<br />
Phase der Entspannung ein. Alte Formen der Konfrontation standen<br />
von nun an neben Bemühungen, in Verhandlungen zu einer Entspannung<br />
zwischen den Blöcken zu kommen. Von 1968 bis 1972 erfolgte<br />
der Übergang von der konzeptionellen Verdichtung der Entspannungspolitik<br />
zu einzelnen operativen Schritten und ersten Ergebnissen<br />
dieser Politik:<br />
– Moskauer und Warschauer Vertrag,<br />
– Grundlagenvertrag mit der DDR, SALT I,<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 78
79<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
– Vorgespräche für die KSZE.<br />
An Fortschritten in dieser Richtung war insbesondere der Bundesrepublik<br />
gelegen. Sie versprach sich davon eine Abschwächung der<br />
Teilung Deutschlands und Europas, die Herstellung einer europäischen<br />
Sicherheitsstruktur unter Einbeziehung der Sowjetunion sowie<br />
letztlich die politische Überwindung des Status Quo durch einen<br />
friedlichen Wandel im Warschauer Pakt. Mit den Veränderungen,<br />
welche die Entspannungspolitik für den Ost-West-Konflikt mit sich<br />
brachte, wandelte sich auch die Stellung der Bundesrepublik im internationalen<br />
System. Die Bundesrepublik als das Deutschland im<br />
Westen nutzte eine international günstige Konstellation, West- und<br />
Ostpolitik nicht mehr ausschließlich als Gegensätze erscheinen zu<br />
lassen.<br />
Das Projekt verfolgt das Ziel, die „neue“ Ostpolitik der Regierung<br />
Brandt/Scheel vor dem Hintergrund deutschlandpolitischer, ostpolitischer,<br />
europapolitischer und transatlantischer Problemstellungen<br />
zu analysieren und die Verzahnung von westdeutscher Außenpolitik<br />
und internationalen Beziehungen sowohl im Westen als auch nach<br />
Osten herauszuarbeiten.<br />
Die Untersuchung gliedert sich in drei Teilbereiche:<br />
– Die Einfügung der Bundesrepublik in die amerikanisch-sowjetischen<br />
Entspannungstendenzen und die Einwirkung der Bundesrepublik<br />
auf diesen Prozess. Hier ist herauszuarbeiten, welche<br />
Auswirkungen die Vorreiterrolle der Bundesrepbulik im Entspannungsprozess<br />
auf die deutsch-sowjetischen und deutsch-amerikanischen<br />
Beziehungen und darüber hinaus auf das Verhältnis<br />
der Bundesrepublik zu ihren westeuropäischen Partnern hatte.<br />
Insbesondere wird darauf abzuheben sein, dass die Entscheidungsträger<br />
im Bonner Regierungsapparat vermehrt die Kategorie<br />
des nationalen Interesses in den außenpolitischen Diskurs einbrachten<br />
und einen größeren Handlungsspielraum im Westen<br />
und gegenüber dem Osten reklamierten. Großes Gewicht wird<br />
auch der Frage der wechselseitigen Perzeptionen zugemessen<br />
werden, insbesondere der Wahrnehmung der neuen Ostpolitik<br />
seitens der westlichen Verbündeten.<br />
– Der europäische Rahmen: westeuropäische Integration und<br />
europäisches Sicherheitssystem. In diesem Zusammenhang ist<br />
der Beitrag der Bundesregierung zur Vorbereitung der Konferenz<br />
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu bestimmen.<br />
Ebenso gilt es, die Doppelfunktion der Bundesrepublik als Motor<br />
der Ost-West-Entspannung und der Fortführung der europäischen<br />
Union zu analysieren.<br />
– Deutschlandpolitik und friedlicher Wandel in den Staaten des<br />
Warschauer Paktes. Hier soll gezeigt werden, dass die sozialliberale<br />
Bundesregierung trotz der Anerkennung des Status Quo<br />
unter Einbeziehung der DDR die Option auf Wiederherstellung
Wahlkampf<br />
1949 – 1976<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 80<br />
eines deutschen Nationalstaates offen zu halten versuchte und<br />
sich durch die Intensivierung wirtschaftlicher Kontakte – in langfristiger<br />
Perspektive – eine fortschreitende Liberalisierung im<br />
Ostblock und, damit verbunden, einen Prozess des friedlichen<br />
Wandels in Europa erhoffte.<br />
Mit der Kulturgeschichte des Wahlkampfs in der Bundesrepublik<br />
1949–1976 zwischen Amerikanisierung und Demokratisierung befasst<br />
sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt, das von PD Dr. T.<br />
Mergel (Fakultät für Geschichtswissenschaft, Universität Bochum)<br />
durchgeführt wird.<br />
Das Projekt untersucht die Bundeswahlkämpfe zwischen 1949 und<br />
1976 als Selbstbeschreibung des politischen Systems und als Ausdruck<br />
des Wandels politischer Mentalitäten. Von besonderem Interesse<br />
sind, wie sich Darstellung und Wahrnehmung von Politik änderten<br />
und wie eine Kultur der politischen Werbung entstand, in der Politik<br />
als ein Markt begriffen werden konnte. Dabei wird Wahlkampf<br />
als Form der Interaktion des Politischen Systems mit seiner Umwelt<br />
und sich selbst verstanden. Der Wahlkampf dient mithin der Selbstvergewisserung<br />
der Akteure über den Stand des Gemeinwesens und<br />
ihre Rolle darin. In seinem Wandel zeigt sich nicht nur die Reaktion<br />
der Politik auf die Entwicklung hin zur Mediengesellschaft, sondern<br />
auch der Wandel der politischen Mentalitäten.<br />
Im Zentrum des Vorhabens steht der Zusammenhang von Amerikanisierung<br />
des Wahlkampfs und Demokratisierung der Gesellschaft.<br />
Unter „Amerikanisierung“ wird hier eine Veränderung der Kommunikationsstrategien<br />
des politischen Systems verstanden, die auf geplante,<br />
symbolisch konstituierte Identifikation zur Vermittlung des<br />
„Produkts“ setzen; darunter kann man die drei Prozesse der Professionalisierung,<br />
Personalisierung und Medialisierung verstehen.<br />
Im Rahmen des Projekts soll der These nachgegangen werden, dass<br />
die Amerikanisierung des Wahlkampfes im Grunde die innere Demokratisierung<br />
der bundesrepublikanischen Gesellschaft befördert<br />
hat: In dem Maße, in dem der Wahlkampf auf das Paradigma der<br />
Volkserziehung verzichtete, verlor die Politik ihr autoritäres Selbstbild<br />
und wuchs in eine dienende Rolle hinein. Diese Annahme gilt es<br />
im Sinne des Leitbegriffs der „Politischen Kommunikation“ sowohl<br />
im Hinblick auf die „Anbieter“, also die Politiker und Parteien, die<br />
um Unterstützung für ihre Politikkonzepte werben, als auch im Hinblick<br />
auf die „Nachfrager“, die Wähler, welche die Wahlkämpfe rezipieren<br />
und ihrerseits ihre Vorstellung einer „guten“ Politik artikulieren,<br />
zu überprüfen. Dabei knüpft das Forschungsvorhaben an ein<br />
Verständnis von „Symbolischer Politik“ an, wie es in der neueren Politikwissenschaft<br />
und modernen Kommunikationswissenschaft vertreten<br />
wird. Politische Kommunikation transportiert nach diesem<br />
Verständnis eine solche Vielzahl von Botschaften, dass diese ohne<br />
symbolische Verdichtung und Identitätskonstruktion durch Metaphern,<br />
Assoziationen und Bilder unverständlich, weil überkomplex
81<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
blieben. Darüber hinaus sind moderne Gesellschaften so vielfältig<br />
differenziert, dass nur die Vergemeinschaftung über Symbole und<br />
Inszenierungen Loyalität herstellen kann. Insofern ist die Geschichte<br />
des Strukturwandels der Öffentlichkeit im 20. Jahrhundert keine Geschichte<br />
des Verfalls, sondern die eines neuen Verhältnisses von Medien<br />
und Gesellschaft. In besonderem Maße konzentriert sich das<br />
Projekt deshalb auf die Darstellung der Wahlkämpfe in den Medien,<br />
sowohl auf die Berichte über die einzelnen Aktivitäten, als auch auf<br />
die Diskussion darüber, wie sie von den Wählern in ihren Leserbriefen<br />
geführt wurde. In diesen Reaktionen auf das „Angebot“ des<br />
Wahlkampfs wird die Legitimität der politischen Kommunikationsstrategien<br />
deutlich, wie auch der Wahlkampf selbst zur Nachricht<br />
wird.<br />
Prof. K. H. Pohl (Historisches Seminar, Universität Kiel) erhält Fördermittel<br />
der <strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Vom Wohltätigkeitsinstitut<br />
zum Eckpfeiler des modernen Sozialstaates. Zur Geschichte der Arbeitsverwaltung<br />
in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert“.<br />
Das Projekt soll die Geschichte der öffentlichen Arbeitsverwaltung in<br />
Deutschland von den ersten kommunalen Arbeitsnachweisen im<br />
Kaiserreich bis hin zu dem die gesamte Bundesrepublik Deutschland<br />
mit einem engmaschigen Netzwerk überspannenden System der<br />
staatlichen Arbeitsämter (mit der Bundesanstalt für Arbeit an der<br />
Spitze) nachzeichnen und – über eine reine Institutionengeschichte<br />
hinausgehend – in den Kontext der Geschichte des modernen Sozialstaats<br />
einbetten. Die Peripetien staatlicher Arbeitsverwaltung in der<br />
Endphase der Weimarer Republik, unter dem nationalsozialistischen<br />
Regime, in der Zusammenbruchgesellschaft nach 1945, im Zeichen<br />
des Wirtschaftswunders und der strukturellen Arbeitslosigkeit seit<br />
den 1970er Jahren sowie im vereinten Deutschland werden breit dargestellt.<br />
Aspekten wie der Kontroll-, Selektions- und Sanktionsfunktion<br />
der Arbeitsverwaltung an den Rändern der Arbeitsgesellschaft,<br />
dem Verhältnis von Selbstverwaltung und staalicher Kontrolle, der<br />
Entwicklung der Frauenerwerbstätigkeit und Ausländerbeschäftigung<br />
gilt das besondere Augenmerk. Damit soll ein bislang vernachlässigter<br />
Bereich der Gesellschaftsgeschichte in den Vordergrund<br />
gerückt und zugleich das 50jährige Bestehen der Bundesanstalt für<br />
Arbeit im Jahre <strong>2002</strong> gewürdigt werden. Ergebnis des Projekts ist<br />
eine Monographie, die kurz vor dem Abschluss steht und in der<br />
Schriftenreihe des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />
der Bundesanstalt für Arbeit erscheinen wird.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> stellte Prof. R. Spree (Seminar für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte,<br />
Universität München) für das Projekt „Ein Human<br />
Development Index für Deutschland. Die Entwicklung des Lebensstandards<br />
von 1920 bis 1960“ Fördermittel zur Verfügung.<br />
Ziel des Forschungsprojekts ist es, die Entwicklung des Lebensstandards<br />
breiter Bevölkerungsschichten in Deutschland zwischen 1920<br />
und 1960, vor allem während der NS-Zeit, und die Ursachen für<br />
Arbeitsverwaltung<br />
19./20. Jh.<br />
Human<br />
Development<br />
Index
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 82<br />
Trends und regionale sowie soziale, speziell geschlechtsspezifische<br />
Unterschiede zu analysieren.<br />
Als Referenzmaß wird der Human Development Index (HDI) verwendet,<br />
der sich aus den drei Wohlfahrtskomponenten Gesundheit,<br />
Bildung und Zugang zu Ressourcen zusammensetzt. Neben dem HDI<br />
wird der sogenannte GDI (Gender-related Development Index) eingesetzt,<br />
der die HDI-Werte um das Ausmaß der Ungleichheit zwischen<br />
Männern und Frauen korrigiert. Zudem wird ein erweiterter<br />
Development Index konstruiert, der sowohl eine vollständigere Erfassung<br />
des Lebensstandards gewährleistet als auch die regional differenzierte<br />
Analyse ermöglicht. Dieser Index setzt sich aus folgenden<br />
Indikatoren zusammen: Bruttoschulbesuchsraten im primären und<br />
sekundären Bildungssektor, Säuglings-, Kinder- und Müttersterblichkeit,<br />
Lebenserwartung ab dem fünften Lebensjahr, Morbiditätsraten,<br />
Einkommen und Arbeitslosigkeit.<br />
Ein weiterer zentraler Aspekt des Projektes ist die Erforschung der<br />
Ursachen für die während der Weltwirtschaftskrise und in der frühen<br />
Phase des NS-Regimes aufgetretenen Divergenzen zwischen der gesundheitlichen<br />
und der ökonomischen Entwicklung. Darüber hinaus<br />
soll ein Vergleich Deutschlands mit anderen westeuropäischen Ländern<br />
die deutsche Wohlfahrtsentwicklung im europäischen Kontext<br />
einzuschätzen helfen.<br />
Als wichtigste Quellen für das Projekt dienen die Angaben in den<br />
Publikationen der Statistischen Ämter. Die quantitativen Ergebnisse<br />
sollen in einer Datenbank aufbereitet und im Internet präsentiert<br />
werden.<br />
Schwerpunktmäßig konzentriert sich die Arbeit bislang auf die Erfassung<br />
der einschlägigen Daten aus den Veröffentlichungsreihen<br />
des Statistischen Reichsamtes und des Statistischen Bundesamtes sowie<br />
aus verschiedenen zeitgenössischen Periodika wie z. B. Reichsarbeits-<br />
und Reichsgesundheitsblatt. Ergänzend dazu wurden die relevanten<br />
Bestände des Bundesarchivs (Berlin, Koblenz) ausgewertet.<br />
Auf nationaler Ebene ist die Erfassung und Berechnung der zur Konstruktion<br />
der verschiedenen Indizes vorgesehenen Indikatoren und<br />
deren Aufbereitung zu Zeitreihen beendet. Für weitere acht westeuropäische<br />
Staaten ist die Ermittlung des HDI für mehrere Stichjahre<br />
abgeschlossen. Erste Ergebnisse der bisherigen Auswertungen wurden<br />
in einem Aufsatz mit dem Titel „Ein Human Development Index<br />
für Deutschland: Die Entwicklung des Lebensstandards von 1920 bis<br />
1960“ zusammengefasst (zur Veröffentlichung eingereicht beim<br />
Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte).<br />
Der Akzent der gegenwärtigen Phase der Untersuchung liegt auf der<br />
Durchführung der Regionalanalyse. Regionale Unterschiede in der<br />
Wohlfahrtsentwicklung sollen dabei auf Länderebene des Deutschen<br />
Reichs und der Bundesrepublik sowie anhand ausgewählter Regierungsbezirke<br />
und größerer Städte Westdeutschlands in den Volkszählungsjahren<br />
diskutiert werden. Im Moment werden deshalb die
83<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Auswertung der Publikationen der Statistischen Ämter der Länder/Städte<br />
sowie die Dateneingabe und Berechnung der Lebensstandardindikatoren<br />
für die ausgewählten Gebiete durchgeführt.<br />
Mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> arbeitet Prof. H. G. Hockerts (Historisches<br />
Seminar, Universität München) an dem Projekt „Die Entstehung<br />
der ,aktiven Arbeitsmarktpolitik‘ in der Reformära der Bundesrepublik.<br />
Genese, Kontext und Wirkung des Arbeitsförderungsgesetzes<br />
von 1969“.<br />
Bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nimmt in der Bundesrepublik<br />
die staatliche Arbeitsmarktpolitik eine herausragende Rolle ein.<br />
Deren grundlegende Neuordnung durch das Arbeitsförderungsgesetz<br />
von 1969 (AFG) war ein zentrales Reformwerk der Großen Koalition,<br />
das bis heute erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen hat.<br />
War Arbeitsmarktpolitik zuvor weitgehend reaktiv angelegt und vor<br />
allem auf die Linderung der Folgen von Arbeitslosigkeit durch Leistungsgewährung<br />
aus der Arbeitslosenversicherung gerichtet, so<br />
zielte die neue „aktive“ Arbeitsmarktpolitik nach 1969 darauf, Arbeitslosigkeit<br />
erst gar nicht entstehen zu lassen. Dabei verbanden<br />
sich sozialpolitische Motive mit dem Ziel der ökonomischen Wachstumsvorsorge:<br />
Mit den Mitteln einer dem Strukturwandel der Wirtschaft<br />
angepassten Qualifizierung des Arbeitskräftepotentials sollte<br />
sektorale Arbeitskräfteknappheit vermieden werden, die – durch<br />
den technischen Wandel bedingt – das Wachstum gefährden konnte.<br />
Die Arbeitsmarktpolitik sollte „vorausschauend“, „aktiv“ und „langfristig<br />
angelegt“ werden; dazu wurden neue Instrumente geschaffen<br />
und mit der Gründung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />
die wissenschaftsbasierten Informations- und Prognosekapazitäten<br />
deutlich erhöht. Das Arbeitsförderungsgesetz wurde daher<br />
als „Grundgesetz moderner Arbeitsmarktpolitik“ 1969 ebenso begeistert<br />
aufgenommen wie zwei Jahre zuvor das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz,<br />
welches das stetige Wachstum der Nachkriegszeit auf<br />
Dauer sichern sollte.<br />
Als das Arbeitsförderungsgesetz 1969 verabschiedet wurde, erschien<br />
die Kombination von wirtschaftlicher Stagnation und Massenarbeitslosigkeit<br />
unvorstellbar, die sich nach 1973 herausbildete und als<br />
„Krise der Arbeitsgesellschaft“ die gesellschaftlichen Grundmauern<br />
erschütterte. Bei der Regelung von 1969 war man von einer Situation<br />
der Vollbeschäftigung ausgegangen. Einen großen exogenen<br />
Schock wie den der ersten Ölkrise 1973 und den Zusammenbruch<br />
des Bretton-Woods-Systems hatte damals kaum jemand für möglich<br />
gehalten.<br />
Sechs Fragenbereiche stehen im Mittelpunkt der Untersuchung: Sie<br />
soll erstens die Entstehungsgeschichte der Reform empirisch klären.<br />
Zweitens wird am Beispiel der Reform die Neubesinnung des Verhältnisses<br />
von Wirtschafts- und Sozialpolitik und in diesem Zusammenhang<br />
auch die Relevanz ökonomischer Theorieansätze (z. B. des<br />
Keynesianismus) für sozialpolitische Innovationen in den Blick ge-<br />
BRD<br />
Arbeitsmarkt
Ezra Pound<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 84<br />
nommen werden. Bei der weiteren Einordnung in übergreifende Zusammenhänge<br />
wird drittens nach der neuen institutionellen Rolle<br />
des Staates als „aktivem“ Gestalter gesellschaftlicher Zusammenhänge<br />
und viertens nach der Wirkungsmacht gefragt, die allgemeine<br />
Reformtendenzen der Reformära der Bundesrepublik (1966–1974)<br />
auf dem speziellen Feld der Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik<br />
hatten (u. a. Planung, Verwissenschaftlichung, Zukunftsantizipation,<br />
politikfeldübergreifende Koordinierung). Fünftens sollen am Beispiel<br />
der Arbeitsmarktpolitik Grad und Reichweite der Internationalisierung<br />
des sozial- und wirtschaftspolitischen Handelns untersucht<br />
werden (u. a. Einflüsse internationaler Organisationen wie OECD<br />
und ILO, mögliche Vorbildfunktion Schwedens). Sechstens wird<br />
nach der Wirkungsgeschichte der Reform im Übergang von der Vollbeschäftigungsperiode<br />
zur „Krise der Arbeitsgesellschaft“ gefragt.<br />
Dabei soll ein spezifisch auf das AFG und seine Wirkungsgeschichte<br />
zugeschnittener Analyseansatz entwickelt werden, der ein historisches<br />
Urteil über die Adäquanz der zeitgenössischen Problemformulierung<br />
erlaubt und das Problem zu klären versucht, inwiefern das<br />
AFG Veränderungen der Struktur der Arbeitsgesellschaft wahrnehmen<br />
und auf sie reagieren konnte. Darüber hinaus wird gefragt, inwieweit<br />
die Instrumente des AFG im Rahmen des mit diesen Instrumenten<br />
Erreichbaren effizient eingesetzt wurden.<br />
Prof. C.-L. Holtfrerich und Prof. H. Ickstadt (John F. Kennedy-Institut<br />
für Nordamerikastudien, FU Berlin) erhalten von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel<br />
für das Projekt „Ezra Pounds ökonomische Korrespondenz<br />
(1933 bis 1945). Kommentierte Ausgabe“.<br />
Das Forschungsprojekt befasst sich mit Ezra Pounds ökonomischen<br />
Briefwechsel. Diese erste Phase der Arbeit wurde in erster Linie der<br />
Findung, Sammlung, Auswertung, Auswahl, Transkription und Zusammenstellung<br />
der Briefe Pounds in einem Buchentwurf gewidmet.<br />
Als Resultat einer Vorprüfung des Pound-Nachlasses im Archiv der<br />
Beinecke Library der Yale University wurden Kopien der verschiedenen<br />
Briefwechsel Pounds von dort erworben. Diese Briefe diskutieren<br />
die Arten und Natur des Geldes, Banken und Finanzen, Politik<br />
und Krieg in Amerika, England, Italien und Frankreich der dreißiger<br />
Jahre. 19 Briefwechsel, die auf Mikrofilm vorliegen, wurden inzwischen<br />
ausgewertet, transkribiert und in chronologischer Reihenfolge<br />
geordnet. Ein Forschungsaufenthalt im Archiv der Beinecke Library<br />
und im Harry Ransom Center der University of Texas at Austin ist geplant.<br />
Erstens soll dort Pounds gesamte allgemeine Korrespondenz<br />
der dreißiger Jahre durchsucht werden mit dem Ziel, ob die Zahl der<br />
relevanten Briefpartner vollständig ist. Zweitens sollen die bereits<br />
ausgewählten Texte mit Originalen verglichen und editorisch geprüft<br />
werden. Drittens sollen die Publikationen (Bücher und Artikel)<br />
von Pound und seinen Briefpartnern über Wirtschaftsfragen eingesehen<br />
werden, um sie für den wissenschaftlichen Apparat nutzbar zu<br />
machen. Nach Zusammenstellung der relevanten Briefe wird die
85<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />
Kommentierung der Edition im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.<br />
Die Briefe Pounds nehmen auf eine Vielzahl von Persönlichkeiten<br />
aus der Politik, Wissenschaft, Literatur und Zeitgeschichte Bezug<br />
und erwähnen viele aktuelle Ereignisse der dreißiger Jahre. Inzwischen<br />
ist eine umfangreiche Datenbank mit Informationen darüber<br />
entstanden. Zusammen mit den Briefen von Pounds Korrespondenzpartnern<br />
ist sie die wichtigste Grundlage für den wissenschaftlichen<br />
Apparat. Die Datenbank enthält biographische Daten, Erklärungen<br />
von Begriffen, z. B. des Sozialkredits, Angaben zu historischen Ereignissen<br />
und ähnliches.<br />
Prof. S. Breuer (Fachbereich Soziologie, Hamburger Universität für<br />
Wirtschaft und Politik) erhält von der <strong>Stiftung</strong> Finanzmittel für die<br />
Edition des Briefwechsels zwischen Ernst Jünger und Friedrich Hielscher.<br />
In der umfangreichen Korrespondenz, die Ernst Jünger (1895–1998)<br />
während seines langen Lebens führte, nimmt der erst kürzlich entdeckte<br />
Briefwechsel mit Friedrich Hielscher (1902–1990) eine Sonderstellung<br />
ein. Schon rein quantitativ gehört diese Korrespondenz<br />
Jüngers mit ca. 220 Briefen und Karten, die zwischen 1927 und 1985<br />
gewechselt wurden, zu den bedeutendsten, die nur von denjenigen<br />
mit Carl Schmitt, Hugo Fischer und Georg Jünger übertroffen wird.<br />
Angesichts der Tatsache, dass Jünger nach der nationalsozialistischen<br />
Machtübernahme aus Sicherheitsgründen erhebliche Teile<br />
seiner Korrespondenz vernichtet hat, stellt sein Briefwechsel mit<br />
Hielscher eine einzigartige Quelle dar, die wichtige Hintergrundinformationen<br />
zu den Essays und Aufsätzen Jüngers aus den 20er und<br />
30er Jahren enthält.<br />
In der Beziehung zwischen Jünger und Hielscher verschränken sich<br />
zwei Lebenswege von sehr unterschiedlichem Bekanntheitsgrad.<br />
Während Ernst Jünger zu den prominentesten und umstrittensten<br />
deutschen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts zählt, ist der Name<br />
Friedrich Hielscher nur Wenigen vertraut. Seine Karriere als politischer<br />
Publizist begann Hielscher 1926 bei der von Ernst Jünger und<br />
Helmut Franke herausgegebenen neonationalistischen Zeitschrift<br />
„Arminius“. 1931 erschien sein wichtigstes Werk „Das Reich“ im<br />
Verlag des Stahlhelm. Buch und Zeitschrift waren die geistige<br />
Grundlage für einen Kreis von politisch rechtsstehenden Intellektuellen,<br />
der sich zu dieser Zeit um Hielscher konstituierte. Neben seiner<br />
publizistischen Tätigkeit führte Hielscher häufig Gespräche mit<br />
verschiedenen Gruppen der Rechten. Zahlreiche Anhänger für seine<br />
neue Reichslehre konnte er auch aus Kreisen der bündischen Jugend<br />
rekrutieren. Während des Dritten Reiches arbeitet er im „SS-Ahnenerbe“,<br />
dass sich mit germanischer Brauchtums- und Vorgeschichtsforschung<br />
befasste. Hielscher, der von Anfang an gegen den Nationalsozialismus<br />
eingestellt war, organisierte die Widerstandsarbeit<br />
seines Kreises auf mehreren Ebenen. Er überzeugte einige seiner<br />
Ernst Jünger<br />
Friedrich<br />
Hielscher
Historia<br />
Scientiarum<br />
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN 86<br />
Anhänger, in NS-Organisationen einzutreten, um von innen heraus<br />
gegen die Partei zu arbeiten. An mehreren Fluchthilfeaktionen für<br />
Juden und andere Verfolgte des NS-Regimes war er beteiligt. Nach<br />
dem Kriegsende lebte Hielscher unter kärglichen Bedingungen auf<br />
einem hochgelegenen Einödhof im Schwarzwald. Der Schwerpunkt<br />
seines Engagements lag zuletzt hauptsächlich im religiösen Bereich.<br />
Der Briefwechsel Hielschers mit Jünger weist ein breites Themenspektrum<br />
auf, das von banalen Alltäglichkeiten bis ins Religiös-Metaphysische<br />
reicht. Am intensivsten scheint die Beziehung zwischen beiden<br />
zwischen 1927 und 1933 gewesen zu sein, als sie an diversen nationalrevolutionären<br />
Blättern zusammenarbeiteten, gemeinsam in<br />
Sammelbänden wie Jüngers „Krieg und Krieger“ (1930), „Mondstein<br />
– Magische Geschichten“ (1930), „Aufstand – Querschnitt durch den<br />
revolutionären Nationalismus“ (1931) und in einem „grünen Heft“ der<br />
NS-Briefe schrieben und sich gegenseitig besuchten. Als Jünger 1933<br />
Berlin verließ, lockerte sich der Kontakt. Hielscher besuchte ihn nur<br />
noch selten, u. a. 1943 in Paris, wo er ihn auch über die Ghettos im<br />
Osten und über die nationalsozialistische Vernichtungspolitik informierte.<br />
Nach dem Krieg rückten die Überlebenden zunächst wieder<br />
enger zusammen. Später kühlte sich ihre Beziehung jedoch wieder ab.<br />
Jüngers Tagebücher weisen nur noch wenige Eintragungen zu Hielscher<br />
auf.<br />
Der Briefwechsel zwischen Hielscher und Jünger gibt Aufschluss<br />
über das personelle Netzwerk des sog. „Neuen Nationalismus“, über<br />
die Ideologieentwicklung, insbesondere das Verhältnis von Politik<br />
und Religion, über die publizistischen Strategien und Querverbindungen<br />
zu einflussreichen Akteuren wie etwa zu Kapitän Ehrhardt<br />
oder zur nationalsozialistischen Führungsspitze. Die Briefe zeigen<br />
zugleich, wie seit Ende der 20er Jahre die Distanz Jüngers zum Nationalsozialismus<br />
zunimmt, um 1933 in eine oppositionelle Haltung<br />
überzugehen. Auch die nach dem Krieg gewechselten Briefe sind<br />
aufschlussreich über die dem NS-Regime entgegengebrachte Ablehnung,<br />
über konkrete Hilfeleistungen für verfolgte Juden und nicht<br />
zuletzt hinsichtlich der Selbstkritik an früheren nationalistischen Positionen.<br />
Die Briefe sind insofern eine notwendige Ergänzung zu den<br />
bereits bekannten politischen und literarischen Schriften Jüngers.<br />
Sie ermöglichen ferner neue Einblicke in die Entwicklung seiner politischen<br />
und religiösen Einstellungen, die zu einem nicht unerheblichen<br />
Teil durch Friedrich Hielscher beeinflusst wurden.<br />
Von vielen Autoren des 17., 18. und 19. Jahrhunderts, die für die historisch<br />
orientierten Geisteswissenschaften eine Quellengrundlage<br />
darstellen, fehlen Gesamtausgaben oder größere Teilsammlungen.<br />
Bei der bekannten Bestandsstreuung im deutschen Bibliothekswesen<br />
ist die Benutzung des Œuvres eines solchen Autors in seiner Gesamtheit<br />
praktisch kaum möglich.<br />
Das Editionsprogramm der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> macht wichtige<br />
Werke der deutschen Wissenschaftsgeschichte neu zugänglich. Es
87<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
erstreckt sich ebenso auf die Geisteswissenschaften wie auf die Naturwissenschaften.<br />
Es umfasst Werke, von denen es – trotz ihrer historischen<br />
Bedeutung und ihrer fortdauernden Wirkung – bislang weder<br />
moderne Ausgaben noch Nachdrucke gibt.<br />
Das gesamte Editionsprogramm wird Bibliotheken in Mittel- und<br />
Osteuropa in Form einer Bibliotheksbeihilfe zur Verfügung gestellt.<br />
Die Bände erscheinen seit Herbst 1996 in der Reihe „Historia Scientiarum<br />
– ein Editionsprogramm zur Geschichte der Wissenschaften in<br />
Deutschland“ (Hrsg. von Bernhard Fabian und Olaf Breidbach, Johannes<br />
Burkhardt, Knut Wolfgang Nörr, Bertram Schefold, Hans-<br />
Werner Schütt und Walter Sparn) im Olms Verlag Hildesheim.<br />
Archäologie; Altertumswissenschaft<br />
Die Erforschung alter, meist prähistorischer Kulturen hat weltweit zu<br />
einer dramatischen Expansion der Ausgrabungswissenschaften und zu<br />
einer Fülle neuer, oft hochspezialisierter Archäologien geführt. Dabei<br />
spielt die Zusammenarbeit zwischen Archäologen und Naturwissenschaftlern<br />
eine immer größere Rolle. Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> muss<br />
sich angesichts dieser Ausweitung der Forschungen auf bestimmte<br />
Bereiche konzentrieren. Im Zentrum ihrer Förderung steht traditionsgemäß<br />
der Mittelmeerraum, wobei der Schwerpunkt bei den griechischen<br />
und italienischen Kulturen und deren Beziehungen zu den<br />
Nachbarn liegt. Archäologie wird dabei als eine historische Disziplin<br />
im Rahmen der klassischen Altertumswissenschaft verstanden.<br />
Es können alle Formen der archäologischen Forschung, seien sie<br />
mehr theoretischer oder praktischer Art, gefördert werden. Das Interesse<br />
der <strong>Stiftung</strong> ist jedoch weniger auf reine Materialvorlagen<br />
und Katalogarbeiten als vielmehr auf Projekte gerichtet, die klar definierte<br />
historische Fragestellung verfolgen, sich durch methodisch<br />
interessante Ansätze auszeichnen oder neue Techniken im Bereich<br />
der Ausgrabungen oder der Datenverarbeitung anwenden.<br />
Einen Vorrang genießen Arbeiten, die spezifische Eigenarten und<br />
Veränderungen einer Kultur in konkreten historischen Kontexten<br />
beschreiben und analysieren. Als besonders vielversprechend wird<br />
z. B. die Erforschung antiker Städte unter Beteiligung von Forschern<br />
unterschiedlicher Spezialkompetenz angesehen. Auch die traditionellen<br />
kunsthistorischen Ansätze können im Rahmen einer solchen<br />
integrierten Betrachtungsweise neue Bedeutung gewinnen: Als Projektion<br />
der Werte und Ideale einer Gesellschaft steht die Bilderwelt<br />
in einem ständigen Spannungsverhältnis zur Alltagswelt. Als besonders<br />
fruchtbar haben sich in letzter Zeit Studien erwiesen, die kulturvergleichend<br />
arbeiten und Phänomene der Akkulturation oder des<br />
Kulturverfalls thematisieren.
Villa des<br />
Domitian<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 88<br />
Im Bereich der Alten Geschichte und der Klassischen Philologie werden<br />
insbesondere Vorhaben gefördert, die methodisch oder sachlich<br />
interdisziplinären Charakter haben und sich gegebenenfalls mit den<br />
Fragestellungen der Archäologie verbinden lassen. Für die Geschichtswissenschaft<br />
sind dies vornehmlich Projekte aus den Bereichen<br />
der Religions-, Wirtschafts-, Sozial- und Mentalitätsgeschichte,<br />
für die Philologie Untersuchungen von Texten im gleichen Fragehorizont.<br />
Beachtung verdient dabei der Dialog der altertumswissenschaftlichen<br />
Disziplinen und Teildisziplinen untereinander mit dem Ziel, die<br />
Erfahrung ausdifferenzierter Methoden der Einzelfächer in integrative<br />
Ansätze einzubringen. Analoges gilt für die alte Geschichte als<br />
Teil einer umfassenden Geschichtswissenschaft und für die Klassische<br />
Philologie als Sprach- und Literaturwissenschaft und in Relation<br />
zur Philosophie und zur antiken Wissenschaft.<br />
Schließlich sind Forschungsansätze zu begrüßen, die die Altertumswissenschaft<br />
insgesamt mit den anderen Kulturwissenschaften in Beziehung<br />
setzen.<br />
Prof. H. v. Hesberg (Archäologisches Institut, Universität Köln) erhält<br />
für Die Aufnahme der Kryptoportikus in der Villa Domitians in Castel<br />
Gandolfo Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Villa Domitians – zwischen den Ortschaften Albano und Castel<br />
Gandolfo und fast mit dem Areal der heutigen Papstvilla identisch<br />
gelegen – war der wichtigste, z.T. als Sommerresidenz genutzte<br />
Landsitz des Kaisers. Den noch verbliebenen Baumkomplexen nach<br />
handelt es sich – nach der Villa Hadrians bei Tivoli – um die größte<br />
unter den bislang bekannten Kaiservillen. Die Bedeutung der Anlage<br />
liegt in ihrer Monumentalität und prachtvollen Ausstattung. In<br />
ihr manifestierte sich ein neues Konzept von Herrschaft, in dem der<br />
„Palast“ des Kaisers zugleich auch ein öffentlicher Ort von zentraler<br />
Bedeutung zu sein hatte. In Rom fand es seinen Ausdruck in den<br />
Bauten des Palatin.<br />
Die Kryptoportikus bildete in der Villa eine Art Rückgrat. Bei einer<br />
Länge von 300 m, 7,50 m Breite und 10 m Höhe stellt diese die größte,<br />
bisher fassbare unterirdische Hallenanlage der Antike dar. Die Interpretation<br />
dieser Anlage schwankt zwischen einem Verständnis als<br />
vestibülartigem Zugang, in dem Besucher auf die Salutatio oder Audienz<br />
warteten und als Locus Amoenus für den Villenbesucher.<br />
Trotz der seit der Renaissance stattfindenden vereinzelten Grabungen<br />
fehlen systematische Untersuchungen modernen Standards. Aus<br />
diesem Grunde sollen nun sorgfältige Vermessungen und fotogrammetrische<br />
Aufnahmen durchgeführt werden mit dem Ziel, den Befund<br />
zu dokumentieren, die Bauphasen zu rekonstruieren und die<br />
Anlage selbst im Kontext der Villa darzustellen.<br />
In einer zweiwöchigen Kampagne im Oktober <strong>2001</strong> wurde der noch<br />
stehende Teil der Kryptoportikus durch Mitglieder des Instituts für
89<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Abb. 5: Projekt „Die Aufnahme der Kryptoportikus in der Villa Domitians in Castel<br />
Gandolfo“: Die langgestreckte Kryptoportikus ist in ihrem südlichen Abschnitt weitgehend<br />
erhalten. Für ihre Anlage wurde der dort anstehende Felsen ausgeschnitten<br />
und die Bogenkonstruktion darüber errichtet. Dieser Teil der Kryptoportikus erhielt<br />
ihr Licht aus einer Serie von Fenstern im Gewölbeansatz, im nördlichen, heute weitgehend<br />
zerstörten Teil hingegen von seitlich in der Wand sitzenden großflächigen<br />
Fenstern. Die Wände waren mit rotem Putz verkleidet. Dem heutigen Garten muss in<br />
der Antike eine ähnliche Anlage auf etwas höherem Niveau entsprochen haben,<br />
deren Entwässerungskanäle während der Arbeiten entdeckt wurden.
Römische<br />
Städte<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 90<br />
Photogrammetrie und Fernerkundung der Universität Karlsruhe<br />
photogrammetrisch aufgenommen und der übrige Abschnitt mit geodätischen<br />
Methoden. Eine einwöchige Überprüfung des Befundes<br />
im März <strong>2002</strong> kam hinzu, da zu diesem Zeitpunkt wichtige Abschnitte<br />
des Baus noch nicht wieder überwachsen waren. Auf diese<br />
Weise war es möglich, den Bauvorgang zu klären, die Datierung<br />
durch eine ganze Reihe von Ziegelstempeln zu sichern, eine Rekonstruktion<br />
der Gesamtanlage zu erarbeiten und auch Details wie z. B.<br />
den Dektor der Außen- und Innenwände zu klären.<br />
Dr. M. Heinzelmann (Kommission zur Erforschung des antiken Städtewesens,<br />
Bayerische Akademie der Wissenschaften, München) erhielt<br />
für das Projekt „Stadtbild und kulturelle Identität – Urbanistische<br />
Studien zur regionalen Vielfalt römischer Städte in der Kaiserzeit“<br />
Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Kultur des römischen Reiches ist vor allem eine städtische Kultur.<br />
Daher verwundert es nicht, dass die Erforschung der römischen<br />
Städte auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Während die<br />
Althistoriker sowohl die staatsrechtliche Organisation als auch die<br />
wirtschaftliche bzw. soziologische Entwicklung untersucht haben,<br />
ging es den Archäologen vor allem um zivilisatorische Aspekte<br />
(Fließwasserversorgung, Basiliken, Unterhaltungsbauten etc.). Erst<br />
in jüngerer Zeit wurde ein gesamtheitlicher Ansatz entwickelt, dem<br />
es um eine möglichst umfassende Rekonstruktion und Analyse des<br />
städtischen Lebens geht, wobei die optische Erscheinung der Stadt<br />
mit den Handlungs- und Kommunikationsstrategien der Bewohner<br />
und des Staates in Korrelation gebracht wird.<br />
Während sich diese neuere Stadtforschung vorwiegend auf Parallelentwicklungen<br />
innerhalb des Reichsgebiets konzentrierte, sollen in<br />
diesem Projekt die bislang wenig thematisierten charakteristischen<br />
Eigenheiten der Städte in den verschiedenen Regionen, die sich trotz<br />
einer einheitlichen Gesamtentwicklung bewahrt haben, herausgearbeitet<br />
werden. Das Ziel dieser überregionalen Vergleichsstudie ist,<br />
die Ursachen für die Ausprägung der unterschiedlichen urbanistischen<br />
Entwicklungsprozesse zu klären, wobei jeweils zwischen lokalen<br />
Besonderheiten, regionalen Traditionen und reichsweiten Einflüssen<br />
zu differenzieren ist. Am Beispiel der Unterschiede zwischen<br />
den Städten Perge, Thugga und Ostia kann die Vorgehensweise erläutert<br />
werden: Während sich in den griechisch geprägten und damit<br />
einer langen Polis-Tradition verpflichteten Städte im Osten des römischen<br />
Reiches (z. B. Perge) immer wieder Bürgerschaften zusammenschlossen,<br />
um Großbauprojekte zu realisieren (monumentale Säulenstraßen),<br />
mit denen sie ihrer Gemeinschaft im Konkurrenzkampf mit<br />
der Nachbarstadt Ausdruck verliehen, wurden die Neubaumaßnahmen<br />
im nordafrikanischen Thugga – meist unzusammenhängende<br />
Prachtbauten und Tempelanlagen – ausschließlich von Einzelpersonen<br />
oder Familien der Oberschicht getragen. Ausschlaggebend<br />
dafür war nicht der Wettbewerb der Städte untereinander, sondern<br />
die Konkurrenzsituation innerhalb der städtischen Führungsschicht.
91<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Ostia bietet mit seinen urbanistischen Defiziten wiederum eine andere<br />
Situation. Infolge der wirtschaftlichen Umbruchphase, die die<br />
Hafenstadt Roms zu einer auf privaten Gewinn ausgerichteten Großstadtgesellschaft<br />
mit ständiger Ab- und Zuwanderung werden ließ,<br />
entstanden zahlreiche kleinere identitätsstiftende Gruppierungen<br />
(Korporationen oder Kultgemeinschaften), denen nur wenig daran<br />
gelegen sein konnte, das unregelmäßig gewordene Straßensystem<br />
und die springenden Fahrbahnbreiten – verursacht durch die unterschiedlichen<br />
Grundstücksgrenzen – auf eigene Kosten zu erneuern.<br />
Die vergleichende urbanistische Studie ausgewählter Regionen des<br />
Römischen Reiches soll die zu untersuchenden Stadtveränderungen<br />
im Verlauf der frühen und mittleren Kaiserzeit (über dreißig Städte<br />
aus neun Regionen sind vorgesehen) in bezug auf die jeweiligen<br />
Identitäts- und Verhaltensmuster sowie die lokalen Traditionen und<br />
Wertvorstellungen analysieren. Dazu müssen Straßensysteme, Platzanlagen,<br />
die Ausgestaltung des öffentlichen Raumes genauso untersucht<br />
werden wie die wirtschaftliche Struktur der Stadt und das jeweilige<br />
Engagement der Bürger. Darüber hinaus muss u. a. nach den<br />
Trägern der städtebaulichen Entwicklung und den Motiven ihres<br />
<strong>Stiftung</strong>sverhaltens gefragt, die Rolle des Kaisers und der Kommunen<br />
sowie die Reaktionen der Öffentlichkeit geklärt werden.<br />
Prof. T. Hölscher (Archäologisches Institut, Universität Heidelberg)<br />
und HD Dr. B. Borg (Lehrstuhl für Klassische Archäologie, Universität<br />
Heidelberg) erhalten Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsvorhaben<br />
„Raum und Ritual im römischen Triumph“.<br />
In dem Vorhaben soll der Wegverlauf des römischen Triumphzuges<br />
als Selbstinszenierung des römischen Staates untersucht und das<br />
Wechselverhältnis zwischen topographischer bzw. architektonischer<br />
Gestaltung und ritueller Handlung verstehbar gemacht werden.<br />
Gestalt und Ausstattung des sakralen Raumes, die Form der Tempel<br />
und ihre Lage zu anderen Kultbauten haben sich nicht zufällig ergeben,<br />
sondern sind Ergebnis bewusster, religiös wie politisch motivierter<br />
Entscheidungen. Die Möglichkeit, den öffentlichen Raum im<br />
Zeichen des Kultes und der Macht zu formen, implizierte einen ständigen<br />
Wandel im Ritual (Kultvarianz) und in der Vorführung (Performanz),<br />
wobei der Festzug die Gestalt der umgebenden Architektur<br />
nach und nach beeinflusste und die Monumente umgekehrt Einfluss<br />
auf das kultische Handeln nahmen. In Verbindung mit zeichenhaften<br />
Symbolen und erzählerischen Bildelementen etc. konnten dabei<br />
Sinnzusammenhänge und Assoziationsfelder im Hinblick auf innenund<br />
außenpolitische Zielsetzungen gestiftet werden.<br />
Während die politische und religionshistorische Entwicklung derartiger<br />
Festakte bereits gut erschlossen, der Triumphbogen als prominentestes<br />
Monument des Prozessionsweges ausführlich erforscht<br />
worden ist, fand in der Forschung das Verhältnis zwischen kultischem<br />
Handeln und den urbanen Voraussetzungen nur am Rande<br />
Beachtung. Anhand literarischer, numismatischer und epigraphi-<br />
Römischer<br />
Triumph
Etrurien<br />
Stadtgenese<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 92<br />
scher Quellen sowie mit Hilfe der archäologischen Befunde soll am<br />
Beispiel eines bestimmten Triumphweges, nämlich vom südlichen<br />
Marsfeld vor der Porta Triumphalis durch das Stadtzentrum bis zum<br />
zentralen Heiligtum des Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol,<br />
der rituelle Handlungsraum rekonstruiert werden. In diesem Zusammenhang<br />
sollen Bilderschmuck, Inschriften und Architekturen in ihrer<br />
funktionalen, ikonographischen und religionshistorischen Beziehung<br />
zum Festzug untersucht werden, um die wechselseitige Durchdringung<br />
von religiöser Kommunikation, öffentlichem Raum und politischer<br />
Macht interpretieren zu können.<br />
„Stadtgenese und urabanistische Entwicklung in Etrurien (mit<br />
Schwerpunkt auf dem Zeitraum vom 8. bis zur 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts<br />
v.Chr.)“ ist Thema einer von der <strong>Stiftung</strong> geförderten Untersuchung<br />
von Prof. S. Steingräber (Deutsches Archäologisches Institut,<br />
Rom).<br />
In diesem Forschungsvorhaben soll die entscheidende Phase des<br />
Stadtwerdungsprozesses und der urbanistischen Entwicklung in<br />
Etrurien (Toskana, Nordlatium, Westumbrien) und den zeitweilig<br />
etruskisierten Zonen Italiens (Emilia-Romagna, Südlatium, Campanien)<br />
über etwa drei Jahrhunderte nachgezeichnet und in einer Publikation<br />
dargestellt werden. Die Zusammenarbeit mit italienischen<br />
und anderen Fachkollegen sowie die Anbindung an das DAI in Rom<br />
stellen die Voraussetzung dafür dar, auch Ergebnisse aus laufenden<br />
Siedlungsgrabungen, geophysikalischen, paläoanthropologischen,<br />
-zoologischen und -botanischen Untersuchungen sowie die Auswertung<br />
von Luftaufnahmen in die Recherchen miteinzubeziehen und<br />
im Kontext des eigenen Ansatzes zu analysieren. Dabei geht es vor<br />
allem um die Entstehung und Differenzierung von öffentlich-politischen<br />
sakralen und privaten Bereichen und Gebäuden, die im Verhältnis<br />
zum Vorderen Orient, zur griechischen Welt (vor allem: Ionien,<br />
Unteritalien und Sizilien) und zu Rom zu bewerten sind.<br />
Dem Einführungsteil, in dem es um Forschungsgeschichte sowie um<br />
Zielsetzung und Methoden des Forschungsvorhabens geht, soll sich<br />
ein sämtliche relevanten etruskischen Siedlungsreste erfassender<br />
Katalog anschließen. Die dort gewonnenen Einzelergebnisse werden<br />
im folgenden systematischen Teil vor allem unter der Fragestellung<br />
zu bewerten sein, wann und wo sich unterschiedliche Bereiche gemeinschaftlichen<br />
Zusammenlebens (öffentliche, sakrale und private<br />
Zonen, Gebäude und Räume) herausgebildet haben und wie sie sich<br />
innerhalb der Siedlungsstruktur darstellen. Von Bedeutung sind dabei<br />
Fragen der Siedlungsfläche, der Siedlungsdauer und -kontinuität,<br />
des Stadtplans, des Verhältnisses von bebauten zu unbebauten<br />
Zonen, möglicher Gesetzmäßigkeiten in der Anordnung öffentlicher,<br />
sakraler und privater Bauten, funktionaler, architektonischer<br />
und sozialer Unterschiede zwischen einzelnen Stadtquartieren, von<br />
Monumentalisierung und Innovation der Architektur und von Nekropolen<br />
als partielle Widerspiegelungen neuer urbanistischer Tendenzen.<br />
Im dritten Teil geht es um die kulturhistorische Einbindung der
93<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Abb. 6: Projekt „Stadtgenese und urbanistische Entwicklung in Etrurien“: Luftbildaufnahme<br />
aus ferngesteuertem Minihubschrauber der Felsgräbernekropole vom Pian<br />
del Vescovo bei Blera in Südetrurien.
Mykale-Survey<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 94<br />
urbanistischen Entwicklung Etruriens im italienischen und mediterranen<br />
Kontext. Dabei sollen die Rezeption (aus dem orientalischen<br />
und griechischen Bereich) und die Einflüsse (auf andere Teile Italiens)<br />
der etruskischen Kultur, das dynamische Beziehungsgeflecht<br />
zwischen „Stadt“, „Nekropole“ und „Territorium“ sowie politische<br />
und sozioökonomische Veränderungen untersucht werden. Im vierten<br />
Teil soll ein Ausblick auf die Entwicklung in nacharchaischer<br />
Zeit bis zur Romanisierung Etruriens gegeben werden. Auf der<br />
Grundlage der vorherigen Ergebnisse soll schließlich eine Definition<br />
erarbeitet werden, was „Stadt“ in Etrurien bedeutet und ab wann<br />
und in welchen Fällen man davon sprechen kann.<br />
Eine ausführliche Darstellung des Projekts ist derzeit im Druck in:<br />
Annali della Fondazione per il Museo „Claudio Faina“, Orvieto<br />
<strong>2001</strong>.<br />
Ein Artikel mit ersten Ergebnissen zur Thematik ist in Vorbereitung<br />
für: Etruscan Studies 8, <strong>2001</strong>.<br />
Prof. H. Lohmann (Institut für Archäologie, Universität Bochum) wurden<br />
von der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsprojekt „Mykale-Survey“<br />
Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />
Die historische Topographie des antiken Ionien und die Lage der<br />
Hauptorte der ionischen Amphiktyonie sind seit dem Ende des 19.<br />
Jhs. in großen Zügen bekannt. Dennoch hat über Jahrzehnte hinweg<br />
die Erforschung der Landschaft Ioniens nicht mit der seiner Metropolen<br />
Schritt gehalten. In besonderem Maße defizitär ist die Erforschung<br />
des Mykale-Gebirges, heute Dilek Dagˇlari, im südlichen Ionien,<br />
das trotz zahlreicher antiker Nachrichten zu seiner historischen<br />
Topographie und einer frühen archäologischen Karte von Karl<br />
Lyncker bis heute eine archäologische terra incognita blieb.<br />
Die Mykale ist ein westkleinasiatischer Gebirgszug, der den westlichen<br />
Abschnitt des Mäandergrabens im Norden begrenzt. Ihr Kamm<br />
»Mykales luftiger Scheitel« (Hom. Il. 2, 869), verläuft zwischen Söke<br />
im Osten und dem antiken Kap Trogilion im Westen in einem leicht<br />
nach Süden ausschwingenden Bogen, so dass die Nordhänge flacher<br />
ansteigen als die Südhänge. Das aus Gneis, Marmor, Kalkstein,<br />
Schiefer und Quarzit bestehende Gestein wechselt rasch. Die niederschlagsreicheren<br />
Nordhänge sind dicht bewaldet, ein verheerender<br />
Waldbrand hat 1996 den Waldbestand auf der Südseite westlich Tuzburgazi<br />
bis über Spilia hinaus vernichtet. An der Südflanke des Gebirges<br />
liegen von Ost nach West das jüngere Priene, ferner das bisher<br />
nicht sicher lokalisierte Naulochos und ganz im Westen Thebai<br />
an der Mykale. Auf der Nordflanke bei Güzelçamli wird das Panionion<br />
lokalisiert, die Stadt Melia vermutet man in einem karischen<br />
Ringwall auf dem Kale Tepe westlich dieses Ortes. Heute finden sich<br />
keine Dauersiedlungen im Gebirge, dessen Nordseite westlich Güzelçamli<br />
zum Nationalpark erklärt wurde.
95<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Abb. 7: Projekt „Mykale-Survey“: Ein Schwerpunkt der Kampagne bildete die<br />
Untersuchung und detaillierte Neuvermessung des antiken Thebai, das oberhalb des<br />
heutigen Korine auf einem langgestreckten wasserlosen Höhenrücken mit steilen<br />
Flanken in ca. 200 müM liegt.
Thugga<br />
Tunesien<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 96<br />
Mehr als hundert Jahre nach den ersten Ausgrabungen in Priene<br />
konnte ein Survey in der Mykale begonnen werden, der sich zum<br />
Ziel gesetzt hat, die menschliche Siedlungstätigkeit in diesem Gebirgsraum<br />
von ihren Anfängen bis in osmanische Zeit möglichst umfassend<br />
zu erforschen. Im Vorfeld der Geländearbeiten wurden aus<br />
Karten – namentlich der von Lyncker – und der Fachliteratur ca. 140<br />
presumtive Fundstellen ermittelt und eine neue Grundlage für eine<br />
archäologische Karte 1 : 50 000 geschaffen. Die ersten Untersuchungen<br />
betrafen das Gebiet von Thebai in der westlichen Mykale.<br />
Für die Archäologische Untersuchung zur frühen Siedlungsgeschichte<br />
von Thugga/Tunesien stellte die <strong>Stiftung</strong> PD Dr. S. Ritter<br />
(Archäologisches Institut, Universität Freiburg) Fördermittel bereit.<br />
Die im Hinterland von Karthago gelegene Stadt Thugga entwickelte<br />
sich im 2. Jh. v. Chr. zu einem bedeutenden urbanen Zentrum des<br />
Numiderreiches, bevor sie 46 v. Chr. dem römischen Imperium einverleibt<br />
wurde. Die heute sichtbaren Bauten entstanden größtenteils<br />
erst im 2. und 3. Jh. n. Chr., als das Stadtbild eine monumentalisierende<br />
Neugestaltung erfuhr. Bei den im Jahre 1891 einsetzenden<br />
Ausgrabungen ging es vor allem um die möglichst rasche und<br />
großflächige Freilegung dieser imposanten kaiserzeitlichen Ruinen,<br />
wogegen man sich weder für die früheren noch die späteren Perioden<br />
der Stadtentwicklung interessierte. Aufgrund des Fehlens dokumentierter<br />
Schichtengrabungen ist bis heute unklar, wie die Stadt,<br />
ihre Viertel und Häuser in den Jahrhunderten vor dem im 2. Jh. n.<br />
Chr. einsetzenden Bauboom aussahen und organisiert waren. Die<br />
Zeugnisse früherer Epochen liegen unter der heutigen Ruinenlandschaft<br />
versiegelt.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mittels der Ausgrabung eines<br />
größeren Areals im Süden Thuggas die Siedlungskontinuität der<br />
Stadt exemplarisch zu untersuchen. In diesem Areal lässt sich eine<br />
die gesamte Stadtgeschichte umfassende, von numidischer Zeit bis<br />
in die Spätantike reichende Siedlungsstratigraphie fassen. Die älteste<br />
Besiedlung ist bislang in zwei Bauten greifbar, die den Keramikbefunden<br />
zufolge in numidischer Zeit errichtet wurden. Bald nach<br />
dem Beginn der römischen Herrschaft wurde das Gebiet großflächig<br />
neustrukturiert: Die Vorgängerbebauung wurde abgerissen und einplaniert,<br />
und an der hier verlaufenden Durchgangsstraße errichtete<br />
man einen stattlichen Baukomplex, in dem sehr wahrscheinlich Keramikgefäße<br />
produziert wurden. Bereits im späteren 1. Jh. n. Chr.<br />
wurde dieser Handwerksbetrieb wieder aufgegeben; und im Zuge<br />
der Umgestaltung des Stadtviertels zu einem gehobenen Wohnbezirk<br />
wurde der Baukomplex durch verschiedene Einbauten umfunktioniert.<br />
In der Spätantike wurde das mittlerweile aufgelassene<br />
Gelände schließlich, wie einige Steinkistengräber zeigen, für Bestattungen<br />
genutzt.<br />
Zu fragen ist, wie sich diese strukturellen und funktionalen Veränderungen<br />
im Kontext der politischen, ökonomischen und kulturellen
97<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Wandlungen verstehen lassen, denen Thugga im Laufe seiner langen<br />
Geschichte unterworfen war. Die weiteren Grabungen sollen genaueren<br />
Aufschluss über die Struktur, Funktion und Zeitstellung der<br />
angetroffenen Bauten sowie über ihre Einbindung in die städtische<br />
Infrastruktur erbringen, um einen Einblick in die Organisation dieses<br />
Stadtbezirkes in den verschiedenen Phasen zu gewinnen. Da über<br />
das Wirtschaftsleben in Thugga bislang so gut wie nichts bekannt ist,<br />
kommt dabei dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass hier in<br />
der frühen Kaiserzeit ein größerer Handwerksbetrieb installiert<br />
wurde. Die Auswertung der zahlreichen Kleinfunde, insbesondere<br />
der Fundkeramik ist zugleich von überregionalem Interesse: denn<br />
aus dem Vergleich mit Befunden einerseits aus dem näheren Umland<br />
von Thugga, andererseits aus der Metropole Karthago sind weiterführende<br />
Ergebnisse zur Reichweite und Intensität von Handelsbeziehungen<br />
im vorrömischen und römischen Nordafrika zu erwarten.<br />
Dahinter steht die zentrale Frage, was der Prozess der ,Romanisierung‘<br />
für die Organisation alter städtischer Siedlungsräume in Nordafrika<br />
bedeutete.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt seit 1999 das Forschungsprojekt<br />
„Archäologische Untersuchung von vier römischen Landvillen<br />
und ihrer Territorien in Südportugal (Algarve)“ von Prof. H.-M. von<br />
Kaenel (Seminar für Griechische und Römische Geschichte, Universität<br />
Frankfurt a. M.).<br />
Innerhalb der römischen Provinz Lusitania (in etwa heutiges Portugal<br />
und spanische Extremadura) ist die ländliche Erschließung und Besiedlung<br />
derzeit nur punktuell bekannt. Im Rahmen des Forschungsprojektes<br />
sollen die bisherigen Ergebnisse der portugiesischen Bauund<br />
Bodendenkmalpflege zu vier römischen Villenplätzen nach einem<br />
einheitlichen System dokumentiert, durch kleine Geländearbeiten<br />
ergänzt und abschließend zusammengefasst werden.<br />
Über die bereits in den Vorjahren gepflegte Kooperation mit Kollegen<br />
der Universitäten Dublin, Galway und Budapest hinaus wurde in<br />
jüngster Zeit eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Bearbeitern<br />
des Corpus der römischen Mosaiken in Lusitanien (Prof. J. Lancha,<br />
Paris, und Prof. A. Alarcão, Coimbra) aufgenommen.<br />
Bei dem angestrebten Vergleich zwischen drei künstennahen Villen<br />
(Algarve) und einer binnenländischen Anlage (Alentejo) liegt ein besonderer<br />
Schwerpunkt auf der Erforschung der wirtschaftlichen<br />
Grundlagen jener Anwesen. So konnten im Berichtszeitraum die Untersuchungen<br />
in der römischen Villenanlage von Milreu abgeschlossen<br />
werden. Hier ist es gelungen, die bislang größte Olivenölpressenanlage<br />
auf dem Gebiet des heutigen Portugal systematisch zu untersuchen.<br />
Neben drei großen Kellerräumen mit noch 40 gut erhaltenen<br />
Vorratsgefäßen konnten die Presstenne mit insgesamt mindestens<br />
5 Pressen sowie den zugehörigen Gewichtssteinen aufgedeckt<br />
werden. Das keramische und numismatische Fundmaterial belegt<br />
eine ungewöhnlich lange Nutzung dieser landwirtschaftlichen Be-<br />
Portugal<br />
Römische Villen
Horvat<br />
Mazad<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 98<br />
triebsanlage von dem Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. bis weit in<br />
die Spätantike hinein. Nach Abschluss der Geländearbeiten wurde<br />
in Zusammenarbeit mit der örtlichen Denkmalpflege eine Teilrekonstruktion<br />
mit antiker Überdeckung der Anlage projektiert.<br />
Parallel zu diesen Arbeiten konnte die noch ausstehende Erfassung<br />
des Baubestandes in der Villenanlage auf dem Cerro da Vila (Vilamoura)<br />
vorangetrieben werden. Hier soll zur Abrundung des Gesamtprojektes<br />
eine künstennahe Siedlungsstelle mit ihren vermuteten<br />
Hafenanlagen und fischverarbeitenden Produktionsanlagen in<br />
ihrer zeitlichen Entwicklung untersucht werden. Dazu wurden neben<br />
kleinere Sondagen vor allen Dingen großflächige geophysikalische<br />
Geländeprospektionen durchgeführt. Aufgrund der zeitgleich<br />
begonnenen geomorphologischen Untersuchungen des Instituts für<br />
physikalische Geographie der Universität Jena ließen sich Fragen<br />
des antiken Küstenverlaufes und der das Landschaftsbild verändernden<br />
Erosionsprozesse klären.<br />
Alle Ergebnisse sollen zu einer Synthese zusammengefasst werden,<br />
nach der die Landschaftsentwicklung von der vorrömischen Eisenzeit<br />
über die Antike bis in das Frühe Mittelalter zu erkennen ist.<br />
Im Berichtszeitraum sind folgende Vorberichte erschienen:<br />
Hauschild, Th.; F. Teichner: Die römische Villa von Milreu. – In:<br />
Roteiros da Arqueologia Portuguesa. 7. Lissabon <strong>2002</strong>.<br />
Teichner, F.: From latifundium to monastery. – In: UCD Studies in<br />
the History of Art. 2. (Im Druck).<br />
Prof. M. Fischer (The Lester and Sally Entin Faculty of Humanities,<br />
Department of Classics, Tel Aviv University) erhält Fördergelder der<br />
<strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Horvat Mazad: Archaeology and history of a<br />
Jewish site before and after the First War against the Romans“.<br />
Die Stätte Horvat Mazad lag auf einer ca. 530 m hohen Bergkuppe<br />
und zwar an der bedeutenden antiken Verbindungsstraße zwischen<br />
Jaffa und Jerusalem. Hier haben sich in hellenistischer und<br />
hauptsächlich in römischer Zeit zahlreiche historisch und sozialgeschichtlich<br />
wichtige Ereignisse abgespielt. Seit Beginn der archäologischen<br />
Forschungen in Palästina ist dieses Areal von großem wissenschaftlichem<br />
Interesse, zumal sich hier die hellenistisch-römische<br />
Kultur inmitten einer jüdisch-geprägten Umgebung behaupten musste.<br />
Aber auch die Frage nach der jüdischen Besiedlung vor dem<br />
Krieg gegen die Römer soll geklärt werden. Hier dürften sich besonders<br />
eindrucksvoll die wechselnden Besiedlungsmuster nachweisen<br />
lassen, wie sie für die Randgebiete der hellenistischen und römischen<br />
Welt vom 2. Jahrhundert v. Chr. bis zum 6. Jahrhundert n. Chr.<br />
charakteristisch sind. Das Projekt basiert auf bereits geleisteten Grabungen<br />
und deren archäologisch-historischer Auswertung in den<br />
Jahren 1977–1995 durch das Department of Classical Studies, Tel<br />
Aviv University. Untersucht und dokumentiert werden sollen der<br />
geographisch-historische Hintergrund des Areals, seine Hauptarchi-
99<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
tekturkomplexe, klassifiziert nach ihrer Chronologie und ihrer Verwendung,<br />
sowie das übrige Kulturmaterial.<br />
Während <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> hat sich die Arbeit an diesem Projekt unter anderem<br />
auf die Untersuchung des geographisch-historischen Hintergrundes<br />
der Entwicklung des Areals konzentriert. Dabei wurden vor<br />
allem die wichtigsten Perioden hervorgehoben, die auch archäologisch<br />
nachweisbar sind. Es handelt sich vor allem um die intensivierte<br />
Neubesiedlung des Areals während der Makkabäerzeit<br />
(zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr.), um die Verbindung zwischen<br />
Jerusalem und dem Mittelmeer sicherzustellen, sowie um die<br />
frührömische Periode, als unter der Herrschaft von Herodes dem<br />
Großen und seinen Nachfolgern (Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr.<br />
bis etwa zum Jahr 66 n.Chr.) ein alljährlich dreimaliges jüdisches Pilgerwesen<br />
nach Jerusalem zu einem regelrechten Sicherheitsprojekt<br />
wurde.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte Prof. I. Roll (Department of Classics, Tel Aviv<br />
University) für die Erstellung des Ausgrabungsberichts „A Roman<br />
villa maritima at Apollonia – Arsuf: The material aspects of a coastal<br />
dwelling in the Land of Israel“ Fördermittel.<br />
Bei diesem in Apollonia-Arsuf (zwischen Jaffa und Caesarea, Israel)<br />
ausgegrabenen, auf einer mittelmeerischen Sandsteinklippe gelegenem<br />
Bau handelt es sich um ein römisches Landhaus. Den 1999 publizierten<br />
Untersuchungsergebnissen nach war diese Gegend bereits<br />
in vorgeschichtlicher, biblischer, persischer und hellenistischer Zeit<br />
kontinuierlich besiedelt. Die archäologischen Befunde ergaben, dass<br />
diese Villa in einer ersten Bauphase dem im römischen Westen gebräuchlichen<br />
Baustil (Peristyltypus) und Baumaterial (opus quadratum<br />
mit caementum) verpflichtet war. Ihr Besitzer muss entweder ein<br />
wohlhabender römischer Kaufmann oder eine lokale, dem römischen<br />
Einfluss gegenüber offene Persönlichkeit gewesen sein. Eine zweite<br />
Bauphase führte zu erheblichen Veränderungen von Struktur und<br />
Funktion, die auf eine Nutzung als Speicheranlage schließen lassen.<br />
Eine gewaltsame Einwirkung – möglicherweise das große Erdbeben<br />
von 113/114 oder 127/128 n. Chr. – führte zur Zerstörung des Komplexes,<br />
der nicht wieder instandgesetzt wurde. Das gesamte Areal<br />
diente ausschließlich als Abfallhalde.<br />
Anhand detaillierter Beschreibungen und der systematischen Analyse<br />
von Funden und Befunden sollen folgende, für diese Region bislang<br />
noch nicht gestellte Fragen beantwortet werden:<br />
– Architektur und Ausstattung der Villa, im Vergleich mit ähnlichen<br />
Anlagen<br />
– Analyse und vergleichende Studien der geborgenen Funde (Tongefäße,<br />
Öllampen, Glas, Metall, Knochen); Rekonstruktion des<br />
täglichen Lebens vom ersten bis zum dritten nachchristlichen<br />
Jahrhundert<br />
Apollonia-<br />
Arsuf
Palmyra<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 100<br />
– Rückschlüsse auf die kulturelle, wirtschaftliche, soziale und ethnische<br />
Situation in dieser Region, unter Berücksichtigung der<br />
historischen Quellenlage.<br />
Die Untersuchungsergebnisse zur vorrömischen Zeit dieser Gegend<br />
finden sich in:<br />
Roll, I.; O. Tal: Apollonia Arsuf. Final Report of excavations. Vol.<br />
1: The Persian and Hellenistic periods (with appendices on the<br />
Chalcolithic and Iron Age II remains). – Tel Aviv 1999. (Tel Aviv<br />
University, Monograph Series of the Institute for Archaeology;<br />
16).<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt das Forschungsprojekt „Die<br />
Urbanistik des hellenistischen Palmyra“ (Prof. A. Schmidt-Colinet,<br />
Institut für Klassische Archäologie, Universität Wien).<br />
Während man über die Geschichte und Kultur der syrischen Oasenstadt<br />
Palmyra in römischer Zeit durch literarische und archäologische<br />
Quellen gut informiert ist, ist das vorrömisch-hellenistische Palmyra<br />
bisher nur aus literarischen Quellen bekannt. Im Rahmen eines interdisziplinären<br />
Kooperationsprojektes des Deutschen Archäologischen<br />
Instituts und der Generaldirektion der Altertümer und Museen<br />
Syriens sollen daher die vorrömisch-hellenistische Siedlung von Palmyra<br />
lokalisiert und die urbanistischen Strukturen dieser frühen<br />
Stadt erforscht werden.<br />
Aus verschiedenen Gründen wurde die Lage der vorrömischen Siedlung<br />
von Palmyra außerhalb der späteren römischen Stadt südlich<br />
des großen Wadi vermutet. Dieses Areal von ca. 20 ha zeigt heute nur<br />
wenige oberirdische Bebauungen und ist in spätantiker und nachantiker<br />
Zeit nicht mehr überbaut worden. Durch eine geophysikalische<br />
Prospektion des betreffenden Geländes wurden im Magnetogramm<br />
auf der gesamten Fläche unterirdische Bebauungsstrukturen sichtbar:<br />
Haupt- und Nebenstraßen, kleinere und größere Wohneinheiten,<br />
Großbauten, Plätze und freie Flächen. Ausgehend von einer vorläufigen<br />
Interpretation des Magnetogrammes sollen durch Testgrabungen<br />
exemplarisch Ausschnitte der urbanistischen Strukturen dieser<br />
Siedlung erfasst werden. Stratigraphische Untersuchungen sollen<br />
darüber hinaus feste Anhaltspunkte für eine relative und absolute<br />
Datierung der entsprechenden Baustrukturen liefern.<br />
Erste 1999 und 2000 durchgeführte Sondagen erbrachten folgende<br />
Ergebnisse: Es wurde eine der Hauptstraßen mit angrenzender<br />
Wohnbebauung angeschnitten. Massive Kanalkonstruktionen belegen<br />
eine reiche Wasserversorgung des Quartiers. Die aufgehende<br />
Architektur besteht aus zwei Lagen Kalksteinquadern; darüber<br />
schließt eine mit Stuck verkleidete Lehmziegelarchitektur an. Öfen,<br />
große Pithoi mit inwendigen Resten von Färbematerial sowie zahlreiche<br />
Webgewichte lassen auf eine wirtschaftliche Nutzung, möglicherweise<br />
im Zusammenhang mit Textilproduktion, schließen. Relativ<br />
chronologisch lassen sich mehrere Bauphasen nachweisen, die
101<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Abb. 8: Projekt „Die Urbanistik des hellenistischen Palmyra“: Tessera aus Ton mit<br />
Darstellung der Stadtgöttin von Palmyra und Personifikation der Efqa-Quelle zu ihren<br />
Füßen.
Zafar/<br />
Jemen<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 102<br />
vom 3. Jahrhundert vor Chr. bis in das 2. Jahrhundert nach Chr. reichen.<br />
Im Keramikbefund auffällig und für Palmyra bisher erstmalig<br />
ist der hohe Anteil an hellenistischer Ware des 3. und 2. Jahrhunderts<br />
v. Chr.: u. a. Fischteller, Megarische Becher, rhodische Amphorenstempel.<br />
Insgesamt ergibt sich daraus zum ersten Mal für Palmyra<br />
eine gesicherte Keramik- und Siedlungsabfolge vom Hellenismus bis<br />
in die römische Kaiserzeit. Darüber hinaus lassen die Kleinfunde (neben<br />
der Keramik u. a. Gegenstände aus Bronze, Glas, Stuck und<br />
Münzen) die weitreichenden Handelsbeziehungen Palmyras schon<br />
in hellenistischer Zeit in neuem Licht erscheinen.<br />
Mit dem Nachweis der Existenz der hellenistischen Siedlung von<br />
Palmyra in dem betreffenden Areal eröffnet sich hier für den Vorderen<br />
Orient zum ersten Mal die Möglichkeit, vorrömisch-hellenistische<br />
Siedlungsstrukturen kontinuierlich über einen längeren Zeitraum<br />
sowie auf einer größeren Fläche zu untersuchen. Angesichts<br />
der Größe der Fläche kann dies nur exemplarisch in einzelnen Sondagen<br />
und Testgrabungen geschehen. Dabei erhalten die Befunde<br />
aus Palmyra gerade im Vergleich mit jüngst ergrabenen hellenistischen<br />
Befunden in benachbarten Regionen des syrischen Raumes (u.<br />
a. in Nisa, Dura Europos, Hierapolis, Apamea, Bosra, Gadara) besondere<br />
Bedeutung.<br />
Folgende Kurzberichte sind während des Berichtszeitraums erschienen:<br />
Schmidt-Colinet, Andreas; Kh. al-As’ad: Zur Urbanistik des hellenistischen<br />
Palmyra. Ein Vorbericht. – In: Damaszener Mitteilungen.<br />
12. 2000. S. 61–93; Taf. 7–16.<br />
Schmidt-Colinet, Andreas; G. Plattner: Geophysical survey and<br />
excavation in the „Hellenistic Town“ of Palmyra. – In: Archaeological<br />
Prospection. 4th International Conference on Archaeological<br />
Prospection, Vienna, 19. 13.9.<strong>2001</strong>. Ed.: M. Doneus et al. <strong>2001</strong>. S.<br />
175–177.<br />
Palmyra/Syrien: Kooperationsprojekt der Außenstelle Damaskus<br />
und der Orientabteilung des DAI, der Generaldirektion der Altertümer<br />
und Museen Syriens und des Instituts für Klassische<br />
Archäologie der Universität Wien. – In: Stadtforschung. Projekte<br />
des DAI. Berlin/Bonn/Rom <strong>2001</strong>/02. Hrsg.: Astrid Dostert. <strong>2002</strong>. S.<br />
76/77.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. W. Arnold (Seminar für Semitistik, Universität<br />
Heidelberg) bei der Ausgrabung bedrohter Denkmäler in Zafar<br />
(Hauptstadt der Himyaren) – spätvorislamische Frühgeschichte<br />
im Jemen.<br />
Nachdem die Himyaren im Jahre 280 n. Chr. als Sieger über Saba<br />
hervorgegangen waren und sich der Geltungsbereich ihrer neuen<br />
Hauptstadt Zafar bis Nordarabien ausgedehnt hatte, entbrannte ein<br />
lang andauernder Bürgerkrieg zwischen Juden und Christen.<br />
Zunächst entmachtete der jüdische König den christlichen Adel und
103<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Klerus, bevor er seinerseits von den Christen – unter Mithilfe von<br />
Axum (Äthiopien) und Byzanz – gestützt wurde. Im Jahre 570 beendeten<br />
die Sassaniden (iranisches Herrscherhaus) wiederum die<br />
christliche Herrschaft Axums und bestimmten die Geschicke der<br />
Stadt, bis ihr letzter Statthalter 632 zum Islam übertrat; fortan verlor<br />
Zafar an Bedeutung und verfiel.<br />
Die in der Forschung bislang nur unzureichend diskutierte Ruinenstadt<br />
Zafar erweist sich bei eingehender Betrachtung als unerwartet<br />
reiche Informationsquelle für die Zeit bis zur Ankunft des Islam. Im<br />
Zuge der vorgesehenen Grabungen sollen die vom Projektleiter, Dr.<br />
P. Yule, bereits lokalisierten Paläste von Sawhatan und Hrgm sowie<br />
ausgewählte kleinere Bauten untersucht und im Zusammenhang mit<br />
Inschriften und Plastiken interpretiert werden. Dabei sollen Aussagen<br />
über Stadtbefestigungen, Reichsbauten und die materielle Kultur<br />
der jüdisch-himyarischen Könige getroffen und mit Funden der<br />
nachfolgenden christlichen Kultur Himyars verglichen werden, um<br />
die Wechselwirkung zwischen Judentum und Christentum im frühen<br />
Mittelalter zu erhellen. Hierbei sollen vor allem Erkenntnisse über<br />
die religionsgeschichtliche Gemengelage von polytheistischen, jüdischen,<br />
christlichen und zaroastrisch vorislamischen Religionen getroffen<br />
und im Kontext der jeweiligen künstlerischen Manifestation<br />
untersucht werden.<br />
Die Gemmensammlung Heinrich Dressel in der Antikensammlung<br />
Berlin (Dr. G. Platz, Stellvertr. Direktorin der Antikensammlung,<br />
Staatliche Museen zu Berlin) wird mit Fördermitteln der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> wissenschaftlich bearbeitet und publiziert von Dr. C.<br />
Weiß, Würzburg.<br />
Von den 743 Gemmen, Glasgemmen und Kameen der Sammlung<br />
Heinrich Dressel sind bislang die Steingemmen (530 Stück) bearbeitet<br />
und für den Katalog erfasst worden. Dabei stieß die Bearbeiterin<br />
immer wieder auf hervorragende Einzelstücke, die hinsichtlich der<br />
Qualität ihres Schnittes oder der singulären Darstellung überraschten.<br />
Gemmen des augusteischen Klassizismus sind reich vertreten,<br />
ebenso zeitgeschichtliche Dokumente wie z. B. die Porträts des Octavian/Augustus<br />
oder seines Gegenspielers Marc Anton.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den für eine alte Sammlung ungewöhnlich<br />
häufigen Inschriftgemmen, deren Reichhaltigkeit sich<br />
aus den epigraphischen Arbeiten des Sammlers erklären. Dressel<br />
hatte in seinen Jahren am Deutschen Archäologischen Institut in<br />
Rom (1877–1885) für das Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL) gearbeitet,<br />
das Theodor Mommsen ins Leben gerufen und für die Preußische<br />
Akademie der Wissenschaften geleitet hatte. Er war nicht nur in<br />
vielen, oft sehr beschwerliche Reisen für die Autopsie und Aufnahme<br />
der Inschriften im Königreich Neapel (östlich und südöstlich von<br />
Rom) verantwortlich, sondern gab selbst den XV. Band heraus, der<br />
die Kleininschriften Roms, das Instrumentum domesticum, beinhaltete<br />
(1891, 1899). Zu den dort erfassten Inschriften auf Gegenständen<br />
Berlin<br />
Antike Gemmen
Winckelmann<br />
Nachlass<br />
Athribis<br />
Ägypten<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 104<br />
des täglichen Gebrauchs gehören neben Ziegel- und Amphorenstempeln<br />
auch die Gemmen. Dressel konnte dieses Werk nicht abschließen;<br />
die Gemmeninschriften blieben unpubliziert.<br />
Parallel zum Katalog arbeitet die Autorin an der Vita des Sammlers.<br />
Grundlegend dazu, aber auch eine reiche Quelle für die Geschichte<br />
der Archäologie, sind seine bislang unpublizierten Briefe im Archiv<br />
des Deutschen Archäologischen Instituts Rom, die gesichtet, transkribiert<br />
und ausgewertet wurden. Die Briefe stammen aus den römischen<br />
Jahren Dressels als Wissenschaftler am dortigen Institut, in denen<br />
er auch während der Sommermonate jeweils den Direktor offiziell<br />
zu vertreten hatte. Sie zeichnen ein lebendiges Bild der Arbeit der<br />
deutschen Archäologen auf dem Kapitol.<br />
PD Dr. M. Kunze, Präsident der Winckelmann-Gesellschaft e.V.,<br />
Stendal, erhält von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> für die „Erschließung<br />
des handschriftlichen Nachlasses von Johann Joachim Winckelmann<br />
und Einbindung der digitalisierten Manuskripte in die Winckelmann-<br />
Bilddatenbank“ Fördermittel.<br />
Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) gilt als Begründer der<br />
wissenschaftlichen Archäologie und der modernen Kunstwissenschaft.<br />
Seine Werke hatten bedeutende Wirkung auf das europäische<br />
Geistesleben. Sein ca. 10.000 Seiten umfassender und auf acht Bibliotheken<br />
in Europa verteilter Nachlass ist weitgehend unbekannt<br />
geblieben.<br />
Der Schwerpunkt der Arbeiten lag im Berichtszeitraum auf den bisher<br />
völlig unerschlossenen Nachlassbänden in Montpellier, Bibliothèque<br />
de la Faculté de Médecine, Bd. H 356 (Umfang 223 Seiten),<br />
Bd. 433 (92 Seiten), und dem Bd. in Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek,<br />
IV/82 (258 Seiten). Zusätzlich wurde das Manuskript<br />
in Savignano entsprechend bearbeitet.<br />
Für die Archäologische und philologische Erforschung der spätptolemäischen<br />
Stadt Athribis im 9. oberägyptischen Gau (Panopolites)<br />
stellt die <strong>Stiftung</strong> Prof. C. Leitz (Seminar für Ägyptologie, Universität<br />
Köln) Fördermittel zur Verfügung.<br />
Die Stadt Athribis in Mittelägypten ist trotz ihrer guten Erhaltung<br />
weitgehend unerforscht. Vom Tempel der Repit sind Einzelheiten<br />
bekannt, allerdings nur bruchstückhaft und falsch interpretiert. Darüber<br />
hinaus sind das Areal der Stadt sowie einzelne Grabanlagen<br />
bekannt. Neuere Sondagen des ägyptischen Antikendienstes eröffnen<br />
vielversprechende Möglichkeiten einer präziseren Erforschung.<br />
Besonderes Interesse gilt der Konstellation dieser Stadt, die ein Ensemble<br />
von Bauten der späten Ptolemäerzeit darstellt, und die später<br />
bei der Errichtung des sogenannten weißen Klosters, einem der zentralen<br />
koptischen Zentren, benutzt wurden.<br />
Geplant ist eine zweijährige Bauaufnahme der Tempelruine und der<br />
bisher freigelegten, von Zerstörung bedrohten Baublöcke, verbunden<br />
mit einer surveygestützten topographischen Erfassung des
105<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Stadtareals einschließlich der verschiedenen Grabanlagen. Daneben<br />
sollen die Inschriften fotografisch und zeichnerisch erfasst und ausgewertet<br />
werden. Die Untersuchungen sollen einerseits Kult und Eigenart<br />
der wenig bekannten Göttin Repit verdeutlichen und den Typus<br />
der Tempelanlage klären. Angesichts der bisherigen Daten und<br />
der Zeitstellung erwartet man eine Mischform zwischen ägyptischtraditionellen<br />
Elemente und griechisch-mediterranen Eigenheiten.<br />
Ferner sollen die Gräber erfasst werden, die ebenfalls aufschlussreiche<br />
Verbindungen von Vorstellungen und Bildmustern und Kulturen<br />
bezeugen.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt das von Prof. E. Blumenthal (Ägyptologisches<br />
Institut, Universität Leipzig) initiierte Forschungsprojekt<br />
„Staatsreligion und Volksfrömmigkeit unter Ramses II. Eine Studie<br />
zu Stifter, Kuhgöttin und Gottkönig auf der Stele Leipzig Ägyptisches<br />
Museum 5141“. Mitarbeiter sind: Dr. G. Meurer (Berlin) und G. Marohn,<br />
M.A. (Heidelberg).<br />
Gegenstand der Untersuchung ist eine Kalksteinstele des Ägyptischen<br />
Museums Leipzig, deren Vorderseite ein Relief mit der kuhgestaltigen<br />
Göttin Hathor und dem ihr beigegebenen Pharao Ramses II.<br />
(1279 – 1213 v. Chr.) zeigt, denen der kniende Stifter Penbui huldigt.<br />
In langjähriger Arbeit hat Prof. Blumenthal bereits umfangreiches<br />
Material gesammelt. Mit Unterstützung von zwei Absolventen des<br />
archäologischen Seminars sollen die Ergebnisse in einer ausführlichen<br />
Monographie zusammengefasst werden. Die Studie geht von<br />
unterschiedlichen methodischen Ansätzen aus:<br />
– Dokumentation der Stele mit Beschreibung, Datierung (Zeit Ramses’<br />
II.: 13. Jh. v. Chr.), Lokalisierung (Handwerkersiedlung Deir<br />
el-Medine in West-Theben/Luxor) und stilistische und inhaltliche<br />
Bestimmung des Bildteils (Göttin Hathor in Kuhgestalt, unter<br />
ihrem Kopf König Ramses II. kniend; Stifter kniend) und des<br />
Textteils (Hymnus an Hathor und Selbstvorstellung des Stifters).<br />
– Prosopographie des Stifters anhand von etwa 30 weiteren, vorwiegend<br />
religiösen Zeugnissen zu seiner Person, seiner Familie,<br />
seinem sozialen Status.<br />
– Kulttopographische und ikonographische Recherche zur<br />
Geschichte des Bildtypus von Hathorkuh und Königsgestalt in<br />
den Tempel- und Grabkulturen von West-Theben.<br />
– Religionspolitische und ikonographische Recherche zu Vergottungsbestrebungen<br />
Ramses’ II. in Staatskult (anhand des Bildtypus<br />
der sog. Schutzstatue) und Volksfrömmigkeit (Übernahme<br />
des Bildtypus in den Tempelkult von Deir el-Medine).<br />
Im Anhang dieser systematisch angelegten Untersuchung werden<br />
die Kataloge zweier Mitarbeiter die gesamte Dokumentation zur Person<br />
des Stifters sowie das Vorkommen des Bildtypus der Hathorkuh<br />
als Totengöttin in den Gräbern von Theben-West darbieten.<br />
Ramses II<br />
Staatsreligion
Altägyptisches<br />
Wörterbuch<br />
Altägyptische<br />
Literatur<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 106<br />
An PD Dr. St. J. Seidlmayer (Arbeitsstelle Altägyptisches Wörterbuch,<br />
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin)<br />
gewährte Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> dienen der Erarbeitung einer<br />
englischen Version des lexikalischen Thesaurus des Akademievorhabens<br />
,Altägyptisches Wörterbuch’ im Hinblick auf die Publikation des<br />
computergestützten Wörterbuchs und der Textdatenbank dieses Projekts<br />
im Internet.<br />
Das Vorhaben erarbeitet computergestützt ein umfassendes Corpus<br />
altägyptischer Texte. Dabei ist mit einem Umfang von etwa 10 Millionen<br />
Textwörtern zu rechnen. Dieses Textmaterial wird durch eine<br />
lexikalische Datenbank detailliert erschlossen, ihr Kernstück ist ein<br />
lexikalischer Thesaurus, eine Liste, die sämtliche Wörter der ägyptischen<br />
Sprache einschließlich aller Namen, Titel, Götterbezeichnungen<br />
usf. – derzeit insgesamt ca. 35.000 Einträge – mit Angaben zu<br />
Lautbestand, Bedeutung und grammatischen Eigenschaften umfasst.<br />
Das Textcorpus und die lexikalische Datenbank werden zusammen<br />
als „virtuelles“ Wörterbuch den längst nötigen, aktuellen Ersatz für<br />
das „Wörterbuch der ägyptischen Sprache“ (123 Bände, 1926–1963)<br />
schaffen, das seit 1897 an der Preußischen Akademie der Wissenschaften,<br />
der „Vorgängerin“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie<br />
der Wissenschaften, erarbeitet worden war. Über die Nutzung<br />
als Wörterbuch hinaus wird dieses Informationssystem Antworten<br />
auf eine Vielzahl philologisch-linguistischer Fragestellungen geben,<br />
und da bei der Materialerfassung auch unterstützende Information<br />
beigegeben wird (z. B. eine Übersetzung zu jedem Text), wird das digitale<br />
Textcorpus auch einem interdisziplinären Interessentenkreis<br />
einen ausgewogenen und vielfältigen Einblick in das Textgut des Alten<br />
Ägypten gewähren.<br />
Prof. E. Blumenthal (Sächsische Akademie der Wissenschaften, Leipzig)<br />
erhält für die Erstellung einer bibliographischen Datenbank zur<br />
altägyptischen Literatur Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Das Projekt gilt der Erstellung einer Datenbank der wissenschaftlichen<br />
Sekundärliteratur zu den literarischen Texten des alten Ägypten. Es ist<br />
der Arbeitsstelle Leipzig des Forschungsvorhabens Altägyptisches<br />
Wörterbuch der deutschen Wissenschaftsakademien angeschlossen,<br />
in dessen Rahmen eine relationale Datenbank der gesamten ägyptischsprachigen<br />
schriftlichen Überlieferung des pharaonischen und<br />
ptolemäisch-römischen Ägypten mit vorrangig lexikalischer Zielsetzung<br />
erarbeitet wird. In Abgrenzung von den Arbeitsfeldern der Arbeitsstellen<br />
der Akademien Berlin und Mainz (Standort Würzburg) ist<br />
der Arbeitsstelle der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu<br />
Leipzig die Schöne Literatur (mit Ausnahme der demotischen) zugeordnet.<br />
Dabei handelt es sich um ein Textcorpus unterschiedlicher<br />
Gattungen (Hymnen, Lyrik, Dialoge, Lebenslehren, Erzählungen) aus<br />
dem 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. mit etwa 95.000 Textwörtern. Entsprechend<br />
der großen Bedeutung dieser Texte für die ägyptische Kultur-<br />
und Literaturgeschichte und ihre antike und neuzeitliche Aus-
107<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
strahlung in die europäische Geistesgeschichte ist die Fachliteratur<br />
heute nur noch schwer überschaubar. Das ursprüngliche Ziel des Projekts,<br />
eine Gesamtbibliographie zu den Einzeltexten zu erstellen, musste<br />
daher zugunsten einer spezialisierten Version reduziert werden. Sie<br />
ist unmittelbar auf die Texteingabe und -erschließung in der Leipziger<br />
Arbeitsstelle bezogen und erfasst die relevanten Äußerungen zum<br />
grammatikalischen und lexikalischen Verständnis von Einzelstellen<br />
der Texte. Dabei werden nicht nur die bibliographischen Daten aufgeführt,<br />
sondern auch Argumentation und Resultat annotiert. Da es sich<br />
nicht als praktikabel erwies, parallel zur Texteingabe die gesamte<br />
Sekundärliteratur zu dem jeweiligen Literaturwerk durchzusehen, werden<br />
in einem Arbeitsgang die Äußerungen zu den philologischen Einzelproblemen<br />
aller literarischen Texte in Zeitschriften, Sammelschriften<br />
und wichtigen Monographien erfasst, wobei wegen der Materialfülle,<br />
aber auch mit Rücksicht auf die gebotene Aktualität der Untersuchungszeitraum<br />
auf die Zeit nach 1970 eingeschränkt wurde.<br />
„Typologie und Gebrauch der ägyptischen Hieroglyphenschrift“ ist<br />
der Gegenstand eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />
von Prof. O. Goldwasser (Department of Near Eastern Studies,<br />
The Hebrew University of Jerusalem) sowie Prof. F. Junge und<br />
PD Dr. F. Kammerzell (Seminar für Ägyptologie und Koptologie, Universität<br />
Göttingen).<br />
Ziel des Projektes ist, eine detaillierte Zeichenliste für das Altägyptische<br />
der Pyramidentexte vorzulegen. Sie soll als Grundlage dienen,<br />
die spezifischen Verwendungsweisen und die Interaktion der Vertreter<br />
aller hieroglyphischen Zeichenfunktionsklassen (Logogramme,<br />
mit einem oder mehreren Konsonanten korrespondierende Phonogramme<br />
und Klassifikatoren) in geschriebensprachlichen Äußerungen<br />
zu erfassen, für typologische Vergleiche aufzubereiten und in ihrer<br />
historischen Entwicklung zu beschreiben. In einem ersten Schritt<br />
wurden alle in der klassischen Edition von Kurth Sethe (Die altägyptischen<br />
Pyramidentexte, Leipzig 1908–22) zusammengetragenen<br />
Textzeugen aus der Zeit der Fünften und Sechsten Dynastie (ca.<br />
2500–2150 v.Chr.) im Kodierungsformat des einzigen derzeit verwendbaren<br />
stehenden Hieroglyphen-Textsatz-Programms als Teilkorpora<br />
erfasst. Infolge paläographischer Unzulänglichkeiten des<br />
von dem Programm zur Verfügung gestellte Zeicheninventars (im<br />
Hinblick auf das untersuchte Textkorpus) mussten mit Hilfe einer<br />
Programmerweiterung zahlreiche zusätzliche Zeichen konstruiert<br />
werden, um der Eigenheit des Textkorpus Rechnung zu tragen. In einem<br />
zweiten Schritt sind die Rohtexte nach den jüngeren Texteditionen<br />
Gustave Jéquiers (Les pyramides des reines Neit et Apouit, Kairo<br />
1933, Le monument funéaire de Pepi II, Kairo 1936), Raymond Faulkners<br />
(The Ancient Egyptian Pyramid Texts translated into English,<br />
Oxford 1969) und Jean Leclants (Les textes de la pyramide de Pépy<br />
I er , Kairo <strong>2001</strong>) ergänzt und gegebenenfalls korrigiert worden.<br />
Zur Auswertung des Datenmaterials sind von D. Werning zwei Computerprogramme<br />
entwickelt worden. Das eine dient dazu, die in den<br />
Hieroglyphenschrift
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 108<br />
fertig kodierten Texten enthaltenen Grapheminstanzen maschinell<br />
auszuzählen, und liefert Informationen über die absolute und relative<br />
Frequenz eines jeden Zeichens im Gesamtkorpus oder in den einzelnen<br />
Teilkorpora. Anschließend wurde das Ergebnis der maschinellen<br />
Auszählung aufgrund einiger Kodierungsspezifikationen des Textsatz-Programms,<br />
die nicht automatisch beherrscht werden können,<br />
in Teilen manuell überarbeitet. Das zweite Programm stellt sämtliche<br />
Belegstellen eines jeden Graphems unter Ausgabe eines definierten<br />
vorausgehenden und nachfolgenden Kotextes zusammen und ermöglicht<br />
es, einen Gesamtüberblick über spezifische Verwendungskontexte<br />
zu gewinnen. Als Nebenprodukt dieses Projektteils können<br />
mit geringem Aufwand elektronisch abfragbare Glossare, die sämtliche<br />
Graphievarianzen berücksichtigen, erstellt werden.<br />
Das für einen an allgemeiner Schriftgeschichte interessierten Adressatenkreis<br />
wohl spannendste Ergebnis der bisherigen Untersuchungen<br />
ist der Umstand, dass im geschriebenen Altägyptisch des 3. vorschriftlichen<br />
Jahrtausends dem „alphabetischen Prinzip“ (d. h. Graphem-Phonem-Beziehungen<br />
auf der Ebene der jeweils elementaren<br />
Entitäten der beiden Repräsentationsformen) eine bei weitem prominentere<br />
Rolle zukommt als es alle bisherigen Darstellungen der<br />
ägyptischen Hieroglyphenschrift vermuten lassen. Ziemlich genau<br />
zwei Drittel aller vorkommenden Zeicheninstanzen sind Repräsentanten<br />
von „einkonsonantigen“ Phonogrammen. Wenn man dann<br />
noch in Rechnung stellt, dass ein erheblicher Anteil der Logogramme<br />
und der „mehrkonsonantigen“ Phonogramme durch Elementargrapheme<br />
(teilweise oder vollständig) interpretiert werden, so wird<br />
deutlich, dass von der sprichwörtlichen Kompliziertheit der Hieroglyphenschrift<br />
– zumindest was die Leserperspektive angeht – nicht die<br />
Rede sein kann.<br />
Im Umfeld des Zentralunternehmens sind darüber hinaus mehrere<br />
Untersuchungen zum Klassifikatorengebrauch sowie zur Entstehung<br />
des ägyptischen Schriftsystems durchgeführt worden.<br />
An Veröffentlichungen in Buchform, die zum Teil auf ein älteres Projekt<br />
der Kooperationspartner zurückgehen, sind im Berichtszeitraum<br />
erschienen oder abgeschlossen worden:<br />
David, Arlette: De l’infériorité à la pertubation. L’oiseau du „mal“<br />
et la catégorisation en Egypte ancienne. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />
2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/1)<br />
(Classification and Categorizsation in Ancient Egypt; 1)<br />
Shalomi-Hen, Racheli: Classifying the divine. Determinatives and<br />
categorisation in CET 335 and BD 17. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />
2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/2)<br />
(Classification and Categorization in Ancient Egypt; 2)<br />
Goldwasser, Orly: Prophets, lovers, and giraffes. – Wiesbaden.<br />
Harrassowitz. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten,
109<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
38/3) (Classification and Categorization in Ancient Egypt; 3) (Im<br />
Druck).<br />
„Kunst und Technik in antiker Tradition“ ist ein von der <strong>Stiftung</strong> unterstütztes<br />
Forschungsvorhaben, das Prof. M. Bergmann und ihre<br />
Mitarbeiterin Dr. R. Amedick (Archäologisches Institut, Universität<br />
Göttingen) durchführen.<br />
Antike Autoren berichten von Wunderwerken der Technik: Automaten<br />
in Menschengestalt, Flugmaschinen, Kunstuhren, Orgeln, künstlichen<br />
Singvögel, Brunnen, aus denen Wasser, Wein, Milch und Honig<br />
strömte, und anderes mehr. Viele dieser Geschichten sind märchenhaft<br />
übertrieben, denn nur wenige Menschen verstanden die<br />
Funktionsweise der bewunderten Geräte. Sie zeigen aber, welch<br />
großen Eindruck die Meisterleistungen antiker Techniker hinterließen<br />
und was man von der technischen Entwicklung noch erwartete<br />
– Erwartungen, die zum Teil erst in der Neuzeit eingelöst wurden.<br />
Doch lassen sich die Möglichkeiten antiker Technik auch realistischer<br />
einschätzen, denn Handbücher mit Konstruktionsanleitungen<br />
für hydropneumatische Kunstwerke sind erhalten. Wichtig sind vor<br />
allem die Werke der alexandrinischen Autoren Philon und Heron aus<br />
hellenistischer bzw. römischer Zeit. Sie beschreiben detailliert den<br />
Bau von Pumpen, Orgeln, Wasseruhren und Trickgefässen. Sie arbeiten<br />
mit unterschiedlichem Druck von Wasser und Luft; Dampfkraft<br />
wird ebenfalls eingesetzt. Dabei erläutern sie die physikalischen<br />
Theorien, die ihre Erfindungen erst ermöglichten.<br />
Die Mechanismen Philons und Herons lassen verschiedene Flüssigkeiten<br />
fließen, künstliche Vögel zwitschern und Figuren setzen sich<br />
in Bewegung. Bei der Lektüre entsteht das Bild einer bukolisch lieblichen<br />
Gartenwelt, die von künstlichen Tierfiguren, Hirten und mythologischen<br />
Wesen bevölkert ist, in der scheinbar Überfluss herrscht<br />
und Arbeit von Automaten verrichtet wird. Die Gestaltung mechanischer<br />
Kunstwerke lässt sich mit archäologischen Funden verbinden,<br />
denn antike Brunnenfiguren und Gartenbilder griffen diese Motive<br />
auf. Hinzu kommen Funde von Teilen mechanischer Geräte.<br />
Diese Überlieferungslage erlaubt es, die Rekonstruktion antiker<br />
Wunder der Technik in Angriff zu nehmen. Die Glaubwürdigkeit der<br />
antiken Bauanleitungen ist am besten an Modellen nachzuprüfen,<br />
deren Gestaltung sich an antiken Vorbildern orientieren kann. Das<br />
Projekt „Kunst und Technik in antiker Tradition“ hat sich dies an<br />
ausgewählten Beispielen zum Ziel gesetzt. Wesentlich für den Eindruck<br />
dieser Geräte auf die Betrachter sind Bewegung und Klang.<br />
Das traditionelle Medium Buch kann dies nicht vermitteln. Für die<br />
Präsentation der gewonnenen Ergebnisse bietet sich vielmehr die<br />
Nutzung der multimedialen Möglichkeiten des Computers an: Videoaufnahmen<br />
von Modellen und Computer-Simulationen schaffen<br />
mit bewegten, vertonten Bildern ein unmittelbares Erlebnis, hinzu<br />
kommen antike Texte und Bilder, sowie Erläuterungen, die sich der<br />
Antike<br />
Technik
Archäologische<br />
Schriften<br />
18. Jh.<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 110<br />
Anwender am Computer zu seiner Information interaktiv hinzuholen<br />
kann.<br />
Als Ergebnis von Forschungen und experimenteller Archäologie soll<br />
eine CD-ROM publiziert werden, die interdisziplinär ein breiteres<br />
Publikum anspricht, um Meisterleistungen antiker Technik in ihrer<br />
Bedeutung für Kunst-, Kultur- Technikgeschichte zu erschließen.<br />
Prof. V. Kockel (Klassische Archäologie, Universität Augsburg) erhält<br />
Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Forschungsprojekt „Die Verbreitung<br />
archäologischer Kenntnisse in deutscher Sprache im 18. Jahrhundert.“<br />
Mit dem Ende des Latein als lingua franca und dem zunehmenden<br />
Gebrauch von Nationalsprachen für wissenschaftliche Werke, entstand<br />
im 18. Jahrhundert ein zunehmender Bedarf an Übersetzungen,<br />
um italienische, französische oder englische Publikationen einer<br />
deutschen Leserschaft zugänglich zu machen. Das trifft auch für jene<br />
Schriften zu, die archäologisches Wissen vermitteln sollten (Reiseberichte,<br />
Grabungspublikationen oder theoretische Arbeiten). Ihr Ziel<br />
war es, in Reisenden Erinnerungen wachzurufen, jenen aber, die die<br />
Reise nach Italien oder gar in den Orient nicht unternehmen konnten,<br />
eine möglichst genaue Vorstellung von den antiken Stätten und<br />
Kunstwerken zu vermitteln. Nicht nur die vielfältigen Sprachbarrieren,<br />
auch der hohe Preis der oft prächtigen Stichwerke führte zum<br />
Wunsch nach preisgünstigen Versionen in deutscher Sprache.<br />
Bisher hatte die Forschung nur Originalausgaben in den Blick genommen,<br />
wenn es um den Wissensstand der antikenbegeisterten<br />
Gesellschaft des späteren 18. Jahrhunderts ging. Das Forschungsvorhaben<br />
hat jedoch gezeigt, dass in dem untersuchten Zeitraum mehr<br />
als 80 nicht-deutsche Schriften vornehmlich archäologischen Inhalts<br />
übersetzt wurden und zum Teil in mehreren Auflagen erschienen<br />
sind. Der Übertragungsvorgang konnte dabei auf verschiedenem Niveau<br />
erfolgen. Viele Werke wurden wörtlich übersetzt und mit Nachstichen<br />
illustriert, die in Format und Qualität jenen der Vorlagen<br />
weitgehend zu entsprechen versuchten. Andere, wie die große<br />
Voyage pittoresque durch das Königreich beider Sizilien (1781 ff.),<br />
musste von groß-folio auf octavo reduziert werden. Statt hunderter<br />
von Ansichten und Plänen finden sich nur noch ein paar kleine Veduten,<br />
die dem Anspruch des Originals in keiner Weise gerecht werden.<br />
Aus Sparsamkeit verschmolz man sogar jeweils zwei Veduten<br />
aus dem Athen-Werk Le Roys (1758) zu einer, so dass für den ahnungslosen<br />
Betrachter die Akropolis plötzlich am Meer lag. In anderen<br />
Übertragungen nahmen die Übersetzer im Vorwort oder in Fußnoten<br />
ausführlich Stellung und ergänzten teilweise mit deutscher<br />
Gründlichkeit den originalen Text um gelehrte Verweisungen. Besonders<br />
interessant ist die deutsche Edition der Antichità di Ercolano,<br />
in denen die sensationellen Funde aus den Vesuvstädten vorgelegt<br />
und kommentiert wurden. Diese waren zunächst nur als Geschenk<br />
des Königs von Neapel zu erhalten. Der Augsburger Verleger und
111<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Abb. 9: Projekt „Die Verbreitung archäologischer Kenntnisse in<br />
deutscher Sprache im 18. Jahrhundert“: Das von Julien-David Le<br />
Roy 1758 publizierte Werk „Les ruines ... de la Grèce“ wurde 1759<br />
in London von Robert Sayer ohne Nennung der Urheberschaft plagiiert.<br />
Um Platz zu sparen, stellte Sayer je zwei Veduten der Vorlage<br />
zu einer Phantasieansicht zusammen. Diese Fassung erschien<br />
dann schon 1764 mit viersprachigen Unterschriften als Nachdruck<br />
bei Georg Christoph Kilian in Augsburg. Das Bild zeigt das Lysikratesmonument,<br />
das von seinem Standort am Fuß der Akropolis an das<br />
Meer bei Phaleron verrückt wurde.<br />
Stecher Georg Christoph Kilian kopierte auf billigem Papier und verkleinert<br />
– in einem Verfahren, das wohl dem heutigen print on demand<br />
entsprach – alle Bände jeweils nach Erscheinen. Während anfangs<br />
die Bilder noch eigenständig erläutert wurden, reduzierte sich<br />
die Ausgabe später allein auf die Abbildungen, die offenbar vor allem<br />
als Bildvorlagen für Künstler gedacht waren.<br />
Mit der Analyse der slawischen Körpergräber Mecklenburgs, Pommerns<br />
und Brandenburgs für die Rekonstruktion des Wandels von<br />
Sozialstrukturen und Glaubensvorstellungen zwischen dem 10. und<br />
13. Jahrhundert beschäftigt sich ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt,<br />
das von Prof. J. H. C. Callmer (Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte,<br />
Humboldt-Universität zu Berlin) und Dr. F. Lüth (Direktor<br />
des Archäologischen Landesmuseums – Landesamt für Bodendenkmalpflege<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Lübstorf) betreut wird.<br />
Slawische<br />
Körpergräber
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT 112<br />
Im Zentrum der Untersuchung steht der Wandel der slawischen Gesellschaften<br />
von der Aufgabe der Brandbestattung bis hin zur Durchsetzung<br />
christlicher Begräbnissitten – von den slawischen Gesellschaften<br />
zu den mittelalterlichen Neustämmen der Pommern, Brandenburger<br />
und Mecklenburger. Warum verändern sich die Grabsitten,<br />
welche Faktoren wirken darauf ein und wie lässt sich vor dieser<br />
Folie der einschneidende soziokulturelle Wandel im südlichen Ostseeraum<br />
beurteilen.<br />
Im Rahmen des Projektes werden alle slawischen Körpergräber dieses<br />
Raumes datentechnisch erfasst und analysiert. Für das Verständnis<br />
der sozialen Gliederung ist es fundamental, die strukturierende<br />
Wirkung der Verwandtschaftsverhältnisse zu berücksichtigen. Ein<br />
Teilbereich des Vorhabens beschäftigt sich daher mit der molekulargenetischen<br />
Analyse der Verwandtschaftsstrukturen eines besonders<br />
geeigneten spätslawischen Gräberfeldes (Penkun 28), die den<br />
archäologischen Methodenkanon entscheidend ausweitet.<br />
Mit großem Erfolg wurden die Ausgrabungen auf einem weiteren<br />
Fundplatz bei Penkun durchgeführt. Es wurden Bereiche des Kirchhofes<br />
eines bereits im Mittelalter aufgegebenen Dorfes ergraben.<br />
Wurde mit dem Bestattungsplatz Penkun 28 das Endstadium der autonomen<br />
slawischen Besiedlung dokumentiert, so hat man hier (Luftlinie<br />
4 km) exemplarisch die Initialphase der Umstrukturierung erfasst,<br />
die mit der Einwanderung westlicher Siedler begann und in der<br />
Bildung der sogenannten Neustämme mündet. Die Grabungen werden<br />
fortgesetzt.<br />
Bereits während der Untersuchung konnte eine spürbare „slawische“<br />
Komponente auf dem neuen Platz festgestellt werden. Eine<br />
molekulargenetische Analyse der Bestatteten des neuen Fundplatzes<br />
würde ein weiteres Instrument bereitstellen, das eine umfassende<br />
Analyse des Wandlungsprozesses von der slawischen zur „deutschen“<br />
Bevölkerung im Mittelalter ermöglichen könnte. Es gibt bislang<br />
kaum Erfahrungen auf diesem Gebiet.<br />
Aufgrund von Begehungen und geophysikalischen Prospektionen<br />
konnten zwei weitere slawische Gräberfelder in Penkun lokalisiert<br />
werden, von denen eines in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zentralort<br />
dieser slawischen Kleinlandschaft liegt.<br />
Das Projekt wird in zwei Richtungen vorangetrieben, der extensiven,<br />
systematischen Analyse aller slawischen Körpergräber der genannten<br />
Landschaften hinsichtlich des Wandels von Sozialstrukturen und<br />
Glaubensvorstellungen sowie der intensiven, fachübergreifenden<br />
Erforschung einer Mikroregion mit modernsten Methoden. Die Verzahnung<br />
beider Stränge wird die Kenntnis dieses einschneidenden<br />
soziokulturellen Wandlungsprozesses entscheidend erweitern.<br />
Folgende Publikationen zur Analyse slawischer Gräber und zu Penkun<br />
28 sind erschienen:
113<br />
ARCHÄOLOGIE; ALTERTUMSWISSENSCHAFT<br />
Pollex, Axel: Betrachtungen zu jungslawischen Mehrfachbestattungen.<br />
2 Abb. – In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 41. 2000.<br />
S. 407–422.<br />
Pollex, Axel: Die frühen pommerschen Denare aus dem slawischen<br />
Gräberfeld Penkun 28, Lkr. Uecker-Randow. – In: Bodendenkmalpflege<br />
in Mecklenburg-Vorpommern – Jahrbuch. 47.<br />
1999. Lübstorf 2000. S. 247–277.<br />
Pollex, Axel: Grabtiefen als Indikator gesellschaftlicher Strukturen?<br />
– In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 42. <strong>2001</strong>. S. 109–121.<br />
Prof. G. Bosinski, Forschungsinstitut für Ur- und Frühgeschichte,<br />
Universität Köln, und Leiter des Forschungsbereiches Altsteinzeit<br />
des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Schloss Monrepos,<br />
Neuwied, erhält von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für das Projekt „Der<br />
altpaläolithische Fundplatz Dmanisi im Kontext der frühen Menschheitsentwicklung“.<br />
Der rund 1,77 Mio. Jahre alte Fundplatz Dmanisi in Südost-Georgien,<br />
unweit der Grenze zu Armenien, wurde von 1991 bis 1999 in enger<br />
Zusammenarbeit des Forschungsbereiches Altsteinzeit des Römisch-<br />
Germanischen Zentralmuseums und des Archäologischen Zentrums<br />
der Georgischen Akademie der Wissenschaften untersucht.<br />
Dieser Platz belegt den ersten sicher nachgewiesenen Aufenthalt des<br />
Menschen im südlichen Eurasien. Damit wird die These, die menschliche<br />
Geschichte begänne allein in Afrika, relativiert. Dies macht<br />
wahrscheinlich, dass die Wurzeln der Gattung Homo auf einem<br />
größeren Terrain zu suchen sind, als bisher angenommen wurde.<br />
Wenige hunderttausend Jahre später mehren sich die außerafrikanischen<br />
Belege für eine frühmenschliche Anwesenheit (Ubeidiya, Israel).<br />
Bis zur Besiedlung weiter nördlich gelegener Gebiete verstreichen<br />
erneut mehrere Jahrhunderttausende. So gilt es zu untersuchen,<br />
warum der Süden Eurasiens so früh besiedelt wurde und welche<br />
Faktoren die Ausbreitung des Menschen in die Zone nördlich der<br />
eurasischen Hochgebirge zunächst verhinderten.<br />
Der Fundplatz Dmanisi im Vulkangebiet des Trans-Kaukasus liefert<br />
wegen der ausgezeichneten Erhaltungsbedingungen und der komplexen<br />
Fundsituation einen wichtigen Schlüssel zu diesen Fragen.<br />
Die Genese des Fundplatzes und seiner Ablagerungen fällt in einen<br />
vergleichsweise kurzen, nur wenige Jahrzehntausende währenden,<br />
wenn nicht sogar entschieden kürzeren Zeitabschnitt, während dessen<br />
es zu einem drastischen Klimawechsel von warm-gemäßigten<br />
subtropischen zu extrem trockenen kaltzeitlichen Klimabedingungen<br />
mit starken saisonalen Schwankungen kam.<br />
Dmanisi lag am Ufer eines großen Sees, der durch einen von der<br />
Dzˇavacheti-Kette ausgehenden und durch das Mazˇavera-Tal fließenden<br />
Lavastrom, der den Flusslauf des Pinezaouris blockierte, entstanden<br />
war. In der sich ausbreitenden Trockenheit zog dieser See<br />
das Wild an. Der See bot ausreichend Trinkwasser für Mensch und<br />
Dmanisi<br />
Georgien
Tier, doch in der Umgebung verdörrte die savannenartige Vegetation.<br />
Es scheint, als seien die Pflanzenfresser verhungert und so zu einer<br />
leichten Beute der Carnivoren geworden. Die große Zahl der in<br />
Dmanisi vertretenen Carnivoren bezeugt den Kollaps dieses Ökosystems.<br />
Letztlich fehlte aber auch den Raubtieren die Nahrung.<br />
Unter all den Tierknochen finden sich auch die fossilen Reste früher<br />
Menschen, und so scheint es auch, dass selbst die Menschen, deren<br />
Knochen in Dmanisi ungewöhnlich zahlreich gefunden wurden,<br />
letztlich an Hunger starben.<br />
Trotz der engen räumlichen Vergesellschaftung von Tier- und Menschenresten<br />
sowie der Steinartefakte ist bislang noch nicht geklärt,<br />
wozu die von den Menschen hergestellten Steinartefakte dienten.<br />
Auf den Tierknochen konnten bislang keine Schnittspuren von<br />
Steinmessern erkannt werden. Auch fehlen regelmäßige Zerschlagungsmuster<br />
der Knochen, wie sie etwa bei einer systematischen<br />
Gewinnung von Knochenmark zu erwarten wären. Vielmehr weist<br />
die Fragmentation des Knochenmaterials deutlich auf die Tätigkeit<br />
der Carnivoren, nicht aber auf eine menschliche Einflussnahme.<br />
Dieser Negativbefund der Nutzung tierischer Ressourcen in Dmanisi<br />
verwundert um so mehr, werden schließlich die steinernen Gerätschaften<br />
allgemein mit einem zu dieser Zeit bereits gesteigerten Bedarf<br />
der frühen Menschen an fleischlicher Nahrung in Verbindung<br />
gebracht. Dies machte den Menschen zum Nahrungskonkurrenten<br />
der großen Carnivoren. So interessiert in diesem Zusammenhang,<br />
welchem Zweck die ersten Steingeräte dienten. Waren es Geräte der<br />
Fleischgewinnung oder dienten sie vornehmlich etwa der Nutzung<br />
pflanzlicher Nahrung oder gar der Holzbearbeitung?<br />
Eine umfassende, monographische Vorlage der Bearbeitung des<br />
Fundplatzes Dmanisi wie auch weitere kürzere Artikel sind zu Anfang<br />
2003 vorgesehen. Die Monographie soll in der Reihe „Monographien<br />
des Römisch-Germanischen Zentralmuseums“ erscheinen.<br />
Kunstwissenschaften<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 114<br />
Die mit den Künsten befassten Disziplinen, insbesondere Kunstgeschichte<br />
und Musikwissenschaft, sowie Theater- und Medienwissenschaft<br />
sehen sich dank der Dynamik des kulturellen und sozialen<br />
Wandels in vielfacher Weise herausgefordert. Es geht heute weniger<br />
um neue Avantgarden oder künstlerische Fortschritte, vielmehr um<br />
eine dramatische Verschiebung der Kontexte, in denen diese Künste<br />
gedeihen. Ein verändertes Gegenwartsbewusstsein stellt sie vielfach<br />
in Frage, es ermöglicht aber auch eine Neuaneignung ihrer Inhalte<br />
und eine Erweiterung des wissenschaftlichen Problemkanons.<br />
Das lässt sich am Beispiel des Bildes, das auch Thema eines eigenen<br />
Projektbereichs der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ist, illustrieren. Waren Bil-
115<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
der bis vor kurzem vor allem der Gegenstand der Kunstgeschichte,<br />
haben sie durch die elektronische Revolution einen ganz anderen<br />
Status gewonnen. Das Bild ist zu einem universellen Medium der Information,<br />
der Verständigung und der Erkenntnis geworden, das<br />
sich einer einzelnen Disziplin kaum mehr zuordnen lässt. Es besitzt<br />
jetzt auch instrumentelle Funktionen.<br />
Dieses Beispiel verdeutlicht, das die Fortsetzung des „normalen Wissenschaftsprozesses“<br />
aktuelle Probleme ausblenden würde, die gebotenen<br />
Chancen und Herausforderungen nicht zu nutzen vermöchte.<br />
Eine Diskussion der im Gange befindlichen Veränderung ist<br />
gefordert, mehr noch: der daraus resultierenden Verschiebung der<br />
gültigen wissenschaftlichen Leitvorstellungen. Die Kunstwissenschaften<br />
insgesamt sind gehalten, ihre genuinen Beiträge im vielstimmigen<br />
Konzert der Disziplinen, die ihnen zukommende Rolle im<br />
kulturellen Kontext zu präzisieren.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> fördert Vorhaben aus dem gesamten Bereich<br />
der Kunstwissenschaften und ihrer Nachbargebiete, insbesondere<br />
aber solche Projekte, die sich mit Grundlagen und Quellen befassen,<br />
mit methodischen Fragen, der Erörterung von Leitkategorien,<br />
mit interdisziplinären Recherchen, insgesamt mit solchen wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen, die sich durch Problembewusstsein<br />
und hohes Reflexionsniveau auszeichnen. Die Finanzierung reiner<br />
Katalogisierungs- und Editionsprojekte zählt nicht zu den prioritären<br />
Förderanliegen der <strong>Stiftung</strong>.<br />
„REQUIEM – Die römischen Papst- und Kardinalsgrabmäler“, ein<br />
durch die <strong>Stiftung</strong> gefördertes, historisch-kunsthistorisches Kooperationsprojekt<br />
der Humboldt-Universität zu Berlin (Prof. H. Bredekamp,<br />
Kunstgeschichtliches Seminar) und der Universität Fribourg/<br />
Schweiz (Prof. V. Reinhardt, Lehrstuhl für Allgemeine und Schweizer<br />
Geschichte) ist der Erforschung der römischen Grabkultur in der<br />
frühen Neuzeit gewidmet.<br />
Zu allen Zeiten haben gesellschaftliche Eliten ihre Stellung durch die<br />
künstlerisch-visuelle Inszenierung der Vergangenheit zu legitimieren<br />
und ihre Zukunft zu sichern gesucht. Selten jedoch spielte die<br />
aufwendige Erinnerung an die Vorfahren eine so große Rolle wie in<br />
Rom der Renaissance und des Barock, wovon sich noch heute überzeugen<br />
kann, wer die zahlreichen römischen Kirchen betritt. Von der<br />
einfachen Marmorplatte bis zu kostspieligen skulpturalen Meisterwerken<br />
reicht die Bandbreite der Produktion und wirft die Frage<br />
nach dem warum dieser in Quantität wie Qualität einmaligen Grabkultur<br />
auf.<br />
Ein gewichtiger Grund liegt sicherlich in der einzigartigen politischen<br />
Verfassung des Kirchenstaates als einer kirchlichen Wahlmonarchie.<br />
Denn in raschem Rhythmus wechselten in Rom die<br />
Herrscher und zugleich mit ihnen die Herrscherfamilien und ihre<br />
Anhängerschaft. Daraus resultierte eine ungewöhnlich intensive<br />
Konkurrenz um den sozialen Aufstieg. Man ist versucht, von einer<br />
Papst- und<br />
Kardinalsgrabmäler
KUNSTWISSENSCHAFTEN 116<br />
„Hyperkonkurrenz“ zu sprechen, die den idealen Nährboden für<br />
eine intensive, bis heute bestaunte künstlerische Produktivität auf<br />
allen Gebieten schuf. Im Medium der Grabkunst galt es für die Angehörigen<br />
der römischen Oberschicht immer wieder auf herausragende<br />
Familienangehörige zu verweisen, um damit die gesellschaftliche<br />
Position in der Gegenwart und für die Zukunft zu stabilisieren<br />
und nach Möglichkeit zu dynamisieren. Diese Verweisung<br />
musste – eine Folge der intensiven Konkurrenzsituation – in möglichst<br />
neuen, aufsehenerregenden Formen erfolgen. Wer auf sich<br />
hielt, verfügte nicht nur über eine Grab- und Familienkapelle, sondern<br />
stattete diese nach unterschiedlichen Gesichtspunkten aus.<br />
Die scheinbar für die Ewigkeit bestimmte marmorne Erinnerung an<br />
die Vorfahren gewinnt aus der „Vogelperspektive“ über die Jahrhunderte<br />
hinweg eine erstaunliche Lebendigkeit; ältere Grabmäler<br />
werden immer wieder umgebaut oder verschwinden ganz, um Platz<br />
für jüngere Generationen zu machen – auch der Tod hat eine Halbwertzeit.<br />
Diese ist um so kürzer, je intensiver das Medium „Grabmal“ für propagandistische<br />
Zwecke genutzt wurde. Dabei musste es durchaus<br />
nicht immer nur um die Selbstdarstellung der Auftraggeberfamilie<br />
gehen. Vielmehr ergab sich eine Vielzahl von stets im Einzelfall zu<br />
untersuchenden Verwendungsmöglichkeiten. Ein Grabmal konnte<br />
als aggressives politisches Manifest dienen, wie im Falle des Monumentes<br />
für Papst Leo XI. de’Medici († 1605) oder zur Rechtfertigung<br />
eines in politischen Schwierigkeiten steckenden Ordens genutzt<br />
werden, wie sich am Beispiel der Grablege Papst Gregors XV.<br />
(† 1623) zeigen lässt. Darüber hinaus deutet sich nach den bisherigen<br />
Ergebnissen des Forschungsprojektes ein Mechanismus der Stil- und<br />
Formentwicklungen an, die in zahlreichen Fällen vom sozialen Stand<br />
des Toten und dessen Familie abhängen. Dabei geht es nicht um arm<br />
oder reich, sondern vielmehr um die hierarchische Stellung an der<br />
Kurie. Viele Faktoren deuten darauf hin, dass Künstlerwahl und<br />
Grabmalsform häufig von kommunal-, national- oder europapolitischen<br />
Situationen abhängen. Nach dem bisherigen Stand der Untersuchungen<br />
ist zu vermuten, dass Form und propagandistische Funktion<br />
in keiner Kunstgattung so eng verknüpft waren, wie im Falle der<br />
römischen Grabmalskultur. Die Papst- und Kardinalsgrabmäler sind<br />
dabei nur die Spitze des Eisberges, die aufgrund der guten Quellenlage<br />
ein ergebnisreiches Betätigungsfeld sind. Die Entstehungszusammenhänge,<br />
die Form und Funktion der Grabmonumente so deutlich<br />
prägen, veranschaulichen, in welchem Maße die Analyse der römischen<br />
Grabkultur zwischen 1420 und 1800 geeignet ist, nicht nur<br />
die Geschichte der Ewigen Stadt zu verstehen, sondern auch Rückschlüsse<br />
auf die Entwicklung von Kunst und Gesellschaft sowie deren<br />
Wechselverhältnis gestattet.<br />
Informationen zu Fragestellungen, Ergebnissen und Publikationen<br />
des Projektes sind unter www.requiem-project.de zu erhalten.
117<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Folgende Publikationen sind im Berichtszeitraum hervorgegangen:<br />
Bredekamp, Horst, et al.: Vom Nutzen des Todes für Zeit und<br />
Ewigkeit. Anmerkungen zu den römischen Papst- und Kardinalsgrabmälern<br />
der frühen Neuzeit. – In: Kritische Berichte – Zeitschrift<br />
für Kunst- und Kulturwissenschaft. 29,2. <strong>2001</strong>. S. 7–20.<br />
Karsten, Arne, und Philipp Zitzlsperger: Bilderkrieg in Neu-St.<br />
Peter. Alessandro Algardis Grabmal für Papst Leo XI. de’Medici<br />
und die „Borgia-Krise“ der Jahre 1632/34. – In: Städel Jahrbuch.<br />
N.F. Bd. 18. <strong>2001</strong>. S. 195–212.<br />
Behrmann, C., et al.: The Roman tombs for popes and cardinals of<br />
the Early Modern Age – form and demand. – In: Anlacta Romana<br />
Istituti Danimarci. 31. <strong>2002</strong>. [Im Druck]<br />
Büchel, D., u. a.: Mit Kunst aus der Krise? Das Grabmal Pierre Legros’<br />
für Papst Gregor XV. Ludovisi in der römischen Kirche Sant’Ignazio.<br />
In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft. <strong>2002</strong>. [Im Druck].<br />
Prof. A. Beyer (Institut für Kunstgeschichte, RWTH Aachen) widmet<br />
sich mit Unterstützung der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> dem Projekt „Die<br />
Papstgrabmäler – Strategien apostolischen Gedächtnisses. Zu Geschichte<br />
und Formen der päpstlichen Sepulkralkunst“.<br />
Das Forschungsprojekt wendet sich unter genuin kunsthistorischen<br />
Gesichtspunkten ausgewählten Papstgrabmälern zu, deren Analyse<br />
im Wesentlichen vier Fragekomplexe umfasst.<br />
Graborte: Beschloss ein Papst, sein Grabmal an einem individuellen Ort<br />
oder als Teil einer kollektiven Grablege errichten zu lassen, so war diese<br />
Entscheidung durch unterschiedliche Motive bestimmt, vornehmlich<br />
durch persönliche Anlässe und Bindungen, aber auch durch überpersönliche,<br />
kontinuitätsstiftende Bewusstseinshaltungen und möglicherweise<br />
auch durch eine gewollte Teilhabe am Ruhm bedeutender Vorgänger<br />
oder durch eine Wertschätzung von Orten und Räumen, die<br />
durch die Nähe zu bestimmten Bildern oder Reliquien auratisiert waren.<br />
Wenngleich die Klärung dieser Motivationen der Einzelanalyse vorbehalten<br />
bleiben muss, entscheidet der Ort des Papstgrabmals darüber<br />
hinaus häufig über die mit der Papstmemoria befassten Personen und<br />
Personengruppen. Unabhängig davon, ob diese durch die römische Gemeinde,<br />
den Bischof von Rom oder eigens eingerichtete klerikale wie<br />
monastische Memorialgemeinschaften verrichtet wurde, so zeigt doch<br />
die räumliche Kontextualisierung der Papstgrabmäler in den jeweiligen<br />
Grabkirchen, dass die Ortswahl stets der Möglichkeit der maximalen<br />
Gebetsmemoria durch den Rompilger Rechnung trug.<br />
Auftraggeber: Da Päpste in der Regel ihre eigenen Grabmäler stifteten,<br />
deren Fertigstellung jedoch selbst nicht erlebten, sind Papstgrabmäler<br />
oft Denkmäler der Hinterbliebenen, die weniger die Erinnerung<br />
an den Papst als die an das eigene Geschlecht sichern sollten.<br />
Bedingt durch die Wahlmonarchie des Papsttums gilt dies um so<br />
mehr, weil sie sich mit jedem Pontifikatswechsel neu formierenden<br />
Papstgrabmäler
KUNSTWISSENSCHAFTEN 118<br />
Eliten bestrebt waren, sich zunächst im gesellschaftlichen Gefüge<br />
Roms zu positionieren und ihren neu gewonnenen Status künstlerisch<br />
angemessen auszudrücken, um daraus – gerade im Hinblick<br />
auf die familiären Ambitionen im nächsten Konklave – zukünftige<br />
Ansprüche abzuleiten. Neben Palästen und Villen, Kunstsammlungen<br />
und Kapellen dürften somit auch Grabmäler probates Mittel familiärer<br />
Selbstdarstellung und Selbsterhaltung gewesen sein. Demnach<br />
ist vor allem der Frage nachzugehen, inwieweit testamentarische<br />
Vorgaben eines Pontifex berücksichtigt, modifiziert, ja sogar<br />
verworfen wurden, oder die Erinnerung an den Pontifex von den persönlichen<br />
Interessen der Auftraggeber seines Grabmals überlagert<br />
bzw. dominiert wurde.<br />
Künstler: War der Künstler bestrebt, sich über die gängigen Ausdrucksformen<br />
künstlerischen Selbstbewusstseins hinaus im Papstgrabmal<br />
ein Denkmal zu setzen, so darf davon ausgegangen werden,<br />
dass das einzigartige Prestige, das mit einem solchen Auftrag verbunden<br />
war, in besonderem Maße zu künstlerischen Höchstleistungen<br />
anspornte. Ein Künstler, der mit der Ausführung eines Papstgrabmals<br />
betraut war, wird jedenfalls in dem Bewusstsein gearbeitet haben,<br />
dass angesichts des mit dem Tod eines Papstes stets neu formulierten<br />
Auftrags sein Entwurf vornehmlich der Kritik künftiger Bildhauer im<br />
Dienste des Pontifex standzuhalten hatte. Dieses Bemühen um Individualität<br />
drückt sich nicht selten in einer kombinatorisch verfahrenden<br />
Entwurfspraxis aus, die sich zwar deutlich erkennbar mit den Bezugsgrößen<br />
päpstlicher Sepulkralkunst auseinandersetzte, jedoch gerade<br />
in der Kombinatorik und Modifizierung von Mustergültigem und<br />
Meisterhaftem durch Akzentverschiebungen Meisterhaftes zu überbieten<br />
oder neu zu definieren suchte. Diese Tendenzen sind vor allem<br />
für St. Peter als einem Ort zu belegen, an dem nicht nur verschiedene<br />
Bildhauer, sondern Skluptur, Malerei und Architektur in einen<br />
grundsätzlichen, alle Gattungen umfassenden Wettstreit involviert<br />
sind und gegeneinander „antreten“.<br />
Ikonographie: Obwohl Papstgrabmäler immer auch ein Spiegel der<br />
Interessen von Auftraggebern und Künstlern sind, dienen sie doch in<br />
erster Linie der apostolischen Memoria, deren Träger vor allem die<br />
Skulptur ist. Während die Assistenzfiguren eines Grabmals der Charakterisierung<br />
von Amt und Amtsträger dienen und ein spezifisch<br />
christliches Tugendkonzept zu reflektieren scheinen, treten die narrativen<br />
Reliefs, die meist in historisch fokussierenden Blicken ein bestimmtes<br />
politisches Ereignis aus dem Leben des Pontifex darstellen,<br />
in den Dienst einer retrospektiven Memoria. Mit diesem in die Vergangenheit<br />
gerichteten Blick korrespondiert mit der vollplastischen,<br />
thronenden Papststatue ein Darstellungsmodus, der oftmals im<br />
Dienst einer überpersönlichen Ikonographie und prospektiven Memoria<br />
steht. An der Inszenierung dieses in die Zukunft gewandten<br />
Blicks scheint wiederum gerade die Architektur maßgeblichen Anteil<br />
zu haben, weil sie – über das leitmotivisch verwendete Triumphbogenmotiv<br />
hinaus – pointiert eingesetztes Mittel ist, den Vicarius
119<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Christi als einen unverzichtbaren Bestandteil des determinierten<br />
göttlichen Heilplanes auszuweisen.<br />
„Kunst aus Metall. Designer und Hersteller von Luxus- und Gebrauchsgütern<br />
aus edlen und unedlen Metallen in Deutschland<br />
1871–1945. Ein Referenzhandbuch“ ist Thema eines von der <strong>Stiftung</strong><br />
erneut geförderten Projektes des Badischen Landesmuseums, Karlsruhe<br />
(Dr. R. Sänger).<br />
Im Zuge des ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt sich fortsetzenden<br />
Bevölkerungswachstums und der Verstädterung verlief parallel<br />
dazu ein allgemeiner Industrialisierungsprozess, der die zünftig organisierten<br />
Handwerke durch neue und arbeitsteilige Herstellungsmethoden<br />
zum großen Teil ersetzte. Dieses Phänomen betraf in besonderer<br />
Weise jene Berufszweige, die sich seit alters her der Herstellung<br />
von Gold- und Silberschmiedewaren (Prunk- und Tafelgeräte,<br />
Bestecke und Schmuck) sowie von Zinn- und Messingwaren für den<br />
Luxus- und Alltagsgebrauch widmeten. Vor allem mit dem Wegfall<br />
der Zoll- und Handelsschranken (bis 1868), der Reichsgründung von<br />
1871 sowie mit dem Sinken der Silberpreise expandierte diese Branche,<br />
so dass sich in jeder größeren Stadt des Deutschen Reiches Goldund<br />
Silberschmiede und Juweliere etablierten; in bestimmten Zentren<br />
(Berlin, Bremen, Düsseldorf, Hanau, Heilbronn, Schwäbisch<br />
Gmünd, Pforzheim) entstanden darüber hinaus Silberwaren- und Metallwarenfabriken<br />
von zum Teil internationaler Bedeutung.<br />
In den zwanziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich<br />
die wissenschaftliche Forschung fast ausschließlich der Erfassung<br />
der noch zünftig arbeitenden Kunsthandwerkern auf diesen Gebieten<br />
gewidmet. Sie endet spätestens mit der Phase der Auflösung der<br />
Zünfte, d. h. um die Mitte des 19. Jahrhunderts.<br />
Im Rahmen des Forschungsprojekts ist beabsichtigt, diese Standardwerke<br />
mit der inzwischen erfolgten Akzeptanz der kunst- und kulturgeschichtlichen<br />
„Epochen“ des Historismus, des Jugendstils und<br />
der Bauhausära fortzuschreiben und eine Forschungslücke für den<br />
Zeitraum 1860–1945 zu erschließen.<br />
In der inhaltlichen Konzeption soll sich das Arbeitsvorhaben insofern<br />
von den früheren Standardwerken unterscheiden, als es den völlig<br />
geänderten wirtschafts- und kunsthistorischen Rahmenbedingungen<br />
Rechnung tragen muss. Denn neben den „klassischen“ Gold- und<br />
Silberschmieden müssen nun auch die Manufakturen und Fabriken<br />
der Luxus- und Gebrauchsgüterindustrie berücksichtigt werden, da<br />
in bzw. für deren Firmenateliers namentlich bekannte Musterzeichner<br />
und Künstler als Entwerfer und „Designer“ arbeiteten, die, ihrem<br />
Individualstil folgend, moderne und zeittypische Modelle für die Fabrik<br />
lieferten. Somit soll gewährleistet sein, dass das gesamte Spektrum<br />
der am Zustandekommen eines Objekts Beteiligten erschlossen<br />
und dargestellt werden kann: der freie Künstler als Entwerfer, der<br />
ausführende bzw. individuell arbeitende Kunsthandwerker und der<br />
für die serielle Produktion notwendige Fabrikant.<br />
Kunst aus<br />
Metall
Möbelbaukunst<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 120<br />
Als Ergebnis sollen Einzeldarstellungen vorgelegt werden, die jeweils<br />
eine Biographie bzw. Firmengeschichte (Lebens-/Gründungsdaten,<br />
künstlerischer Werdegang, Hinweise auf Hauptwerke oder<br />
Produktionsschwerpunkte, kunsthistorische Würdigung etc.) und die<br />
Wiedergabe der von Künstler bzw. Hersteller verwendeten Signaturen<br />
(Wortmarken, Monogramme, Bildmarken) beinhalten.<br />
Bislang sind ca. 70 Künstlerbiographien und 48 Markenbilder publiziert<br />
worden. Bildmaterial von heute meist verschollenen Kunstwerken<br />
sind gesammelt und in das Referenzhandbuch übernommen<br />
worden.<br />
Dr. W. Savelsberg (Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, Dessau) wurden<br />
für das Projekt „Aneignung und Neuschöpfung in der Dessau-Wörlitzer<br />
Möbelkunst vor 1800“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> bewilligt.<br />
Die Möbelbaukunst in Anhalt-Dessau, die während der Regierungszeit<br />
Fürst Leopolds III. entstanden ist, soll erstmals Thema einer breit<br />
angelegten Studie werden. Die 502 z. T. noch am originalen Standort<br />
verbliebenen Stücke verteilen sich auf die vom Fürsten errichteten<br />
Häuser, dem Schloss Wörlitz, dem Luisium, dem Gotischen Haus, der<br />
Villa Hamilton, dem umgestalteten Barockschloss Oranienbaum sowie<br />
dem dortigen Chinesischen Teehaus. Dass sich die ursprünglich<br />
intendierte Ensemblewirkung von Architektur und Mobiliar hier<br />
noch größtenteils erhalten hat, ist ein außerordentlicher Glücksfall,<br />
denn im Gegensatz zu jedem anderen, im besten Sinne zusammengetragenen<br />
Museumsbestand, lassen sich hier noch praktisch-funktionale<br />
Zusammenhänge von der Dekoration bis hin zu höfischen Repräsentationsmechanismen<br />
erkennen.<br />
Im Jahre 1771 formulierte Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorf, Architekturfreund<br />
und künstlerischer Berater des Fürsten Leopold III.,<br />
seine „Gedanken über eine allgemein vorbereitende Unterrichtsanstalt<br />
zu mechanischen Gewerben und zu bildender Kunst für Dessau“<br />
und entwickelte dabei ästhetische und wirtschaftliche Überlegungen,<br />
die heimische Handwerker in die Lage versetzen sollten,<br />
Gegenstände von vorzüglicher Qualität für den europaweiten Export<br />
herzustellen. Auch wenn diese Anstalt nie gegründet wurde, konnten<br />
Fürst und Berater auf gemeinsamen Reisen durch England,<br />
Frankreich und Italien Eindrücke sammeln, die für die lokale Möbelproduktion<br />
vorbildlich wurden. So ist z. B. der in dreistelliger Stückzahl<br />
produzierte „Fürst-Franz-Stuhl“, der sich sowohl in Goethes<br />
Wohnhaus als auch im Mobiliar des Markgrafen von Baden und der<br />
Preußischen Könige findet, an englischen Vorbildern orientiert.<br />
Die Ausbildung eines guten Geschmacks und die beabsichtigte Wirtschaftlichkeit<br />
der Produktion – man fertigte z. B. in Birne statt in Mahagoni<br />
– sind genauso zu erforschen wie die Funktion der Möbel im<br />
architektonischen Kontext und die Wirkungsgeschichte der anhaltdessauischen<br />
Werkstatt. Inwieweit hatte die Produktion Auswirkung<br />
auf berühmte Möbelwerkstätten in Deutschland und benachbarte<br />
Herrscherhäuser (es bestanden gute Kontakte nach Berlin und Wei-
121<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
mar)? Grundlage für die wissenschaftliche Betrachtung soll ein Katalog<br />
sein, in dem die Einzelstücke beschrieben, analysiert und zugeschrieben<br />
werden sollen.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte J. Penndorf (Direktorin des Lindenau-Museums,<br />
Altenburg) für die Erarbeitung des Bestandskataloges der<br />
umbrischen Gemälde des 15. und 16. Jahrhunderts im Lindenau-Museum<br />
Fördermittel.<br />
Das Lindenau-Museum besitzt die größte Sammlung früher italienischer<br />
Gemälde nördlich der Alpen (180 Gemälde). Zwar wurde dieser<br />
Bestand in dem 1961 erstellten Katalog des Hauses erfasst, doch<br />
wird der allgemeine Charakter dieses verdienstvollen Werkverzeichnisses<br />
dem spezifischen Italienschwerpunkt nicht gerecht. Darüber<br />
hinaus ist der Stand der Italienforschung seit Erscheinen des Museumskatalogs<br />
erheblich angewachsen, so dass die wissenschaftliche<br />
Bearbeitung des Bestandes einen deutlichen Erkenntnisgewinn erwarten<br />
lässt. Zudem ist eine neuerliche Bearbeitung eine wichtige<br />
Grundlage für die breitere Vermittlung der oft nur in Fachkreisen bekannten<br />
Sammlung.<br />
An der Hamburger Kunsthalle (Direktor Prof. U. M. Schneede) wird<br />
mit der Förderung durch die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ein Bestandskatalog<br />
der flämischen und holländischen Zeichnungen des 16. und 18.<br />
Jahrhunderts im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle erarbeitet.<br />
Die Zeichnungen der holländischen und flämischen Schule bilden<br />
neben den Zeichnungen der italienischen Schule, der deutschen Romantik<br />
(Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge) und der klassischen<br />
Moderne einen Schwerpunkt des Hamburger Kupferstichkabinetts.<br />
Ein Katalog, der diesen Teilbestand der Sammlung erfasst<br />
und einer interessierten Öffentlichkeit sowie der kunsthistorischen<br />
Forschung zugänglich macht, existiert nicht. Der Bestandskatalog<br />
der flämischen und holländischen Zeichnungen soll den Auftakt einer<br />
Reihe weiterer Kataloge zum Bestand des Kupferstichkabinetts<br />
bilden.<br />
Die 1200 Zeichnungen der flämischen und holländischen Schule vom<br />
16. bis 18. Jahrhundert bilden eine der bedeutendsten Zeichnungssammlungen<br />
im In- und Ausland. Den Schwerpunkt bilden die<br />
Zeichnungen der holländischen Schule des 17. Jahrhunderts, sowohl<br />
die Qualität der Blätter als auch deren Anzahl betreffend.<br />
Der größte Teil der holländischen Zeichnungen geht auf die Sammlung<br />
des Ernst G. Harzen (1790–1863) zurück, der diese 1863 zusammen<br />
mit einem großen Graphik-Konvolut der Hamburger Kunsthalle<br />
vermachte. Harzen war einer der wichtigsten Kunstsammler und -<br />
händler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kontakte zum internationalen<br />
Kunsthandel, vor allem nach England, sowie zu den<br />
Museumssammlungen (u. a. war Harzen für die Kabinette in Berlin<br />
Altenburg<br />
Umbrische<br />
Gemälde<br />
Hamburg<br />
Flämische und<br />
holländische<br />
Zeichnungen
Frankfurt a. M.<br />
Holländische<br />
Gemälde<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 122<br />
und Dresden tätig) schufen die Voraussetzung für seine umfangreiche<br />
Sammlungstätigkeit.<br />
Ihren internationalen Rang erhält die Sammlung u. a. durch den umfangreichen<br />
Bestand der holländischen Landschaftszeichnungen des<br />
17. Jahrhunderts sowie durch die Zeichnungen Rembrandts und seiner<br />
Schule. So ist Jacob Ruisdael mit 17 Blättern, Pieter de Molijn mit<br />
11, Hendrik Averkamp mit 11 und Herman Saftleven mit 14 Blättern<br />
vertreten. Von Rembrandt besitzt das Kufperstichkabinett mehr als<br />
10 Zeichnungen sowie 30 von seinen Schülern oder Nachfolgern. Die<br />
Genredarstellung ist vor allem durch Adriaen van Ostade mit 40 Blättern<br />
vertreten. Hinzu kommt eine repräsentative Auswahl von frühen<br />
niederländischen Zeichnungen des 16. Jahrhunderts (Gerard David,<br />
Pieter Coecke van Aelst, Marten van Heemskerk mit 5 Blättern, Herri<br />
Bles, David Vinckboons) sowie die kleine Sammlung von flämischen<br />
Zeichnungen, darunter Blätter von Peter Paul Rubens, Anton van<br />
Dyck, Jacob Jordaens oder David Teniers, die nicht durch ihren Umfang,<br />
wohl aber durch ihre Qualität von Bedeutung ist. Auch das 18.<br />
Jahrhundert ist mit einer umfangreichen Sammlung von Blättern<br />
holländischer Künstler repräsentativ vertreten.<br />
Der Bearbeitung des ersten Bandes des wissenschaftlichen Bestandskataloges<br />
in drei Bänden zu den holländischen Gemälden des Barock<br />
(ca. 1550–1800) im Städelschen Kunstinstitut dienen Fördermittel für<br />
Prof. H. Beck, Direktor des Städelschen Kunstinstitutes und der Städtischen<br />
Galerie, Frankfurt a. M. Bearbeiterin ist Dr. M. Neumeister.<br />
Von dem ursprünglich 65 Gemälde umfassenden Bestand, der im ersten<br />
Band des insgesamt dreibändigen Bestandskataloges zu den<br />
holländischen Gemälden des Barock bearbeitet wird, wurden drei<br />
Werke aufgrund der Zuschreibung oder auf neueren Erkenntnissen<br />
beruhenden Lebensdaten in den zeitgleich erarbeiteten und vom<br />
Abb. 10: Projekt „Wissenschaftliche Katalogisierung der holländischen<br />
Gemälde des Barock (ca. 1550–1800) im Städelschen Kunstinstitut<br />
Frankfurt am Main“: Die Eigenhändigkeit des Gemäldes<br />
„David vor Saul“ von Rembrandt wurde wiederholt bestritten. Eingehende<br />
Untersuchungen im Rahmen der Katalogisierung bestätigen<br />
jedoch, dass es sich um ein frühes Werk des Meisters handelt.<br />
Unter Infrarotlicht wurden feine Kompositionslinien sichtbar, und<br />
die Betrachtung mit dem Mikroskop belegt die für Rembrandt charakteristische<br />
Behandlung der Farbmaterie sowie sein Bemühen um<br />
eine illusionistische Bildwirkung: Pastos aufgetragene Farbe<br />
bewirkt Lichtreflexe, die das Funkeln kostbarer Geschmeide glaubhaft<br />
machen. Rembrandts bevorzugtes Thema, die Darstellung des<br />
Affektes, kulminiert in dem zornig starrenden Blick von Saul. Sein<br />
im Schatten liegendes Auge erhält durch einen in die feuchte Farbe<br />
gekratzten Ring um die Iris ein geradezu magisches Glühen. Die<br />
Reproduktion zeigt den Zustand des Gemäldes nach der <strong>2001</strong><br />
erfolgten Restaurierung.
123<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN
Dessau<br />
Flämische<br />
Gemälde<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 124<br />
Städelschen Museums-Verein finanzierten zweiten Band aufgenommen.<br />
Bei weiteren drei Werken ist die Zuschreibung und damit die<br />
zeitliche Einordnung noch fraglich.<br />
Eine Sichtung der Gemäldedokumentation und Archivalien ergab –<br />
unter Zuhilfenahme des Getty Provenance Index – Erkenntnisse über<br />
Provenienzen und Kopien aller zu bearbeitenden Gemälde. Da ältere<br />
Berichte wie die Ersttaxation des von dem Stifter Johann Friedrich<br />
Städel hinterlassenen Bestandes von 1817 und Restaurierungsprotokolle<br />
aus dem 19. Jahrhundert die Restaurierungsgeschichte überliefern,<br />
konnten viele Beobachtungen, die sich aus den Untersuchungen<br />
des materiellen Bestandes ergaben, datiert werden. 20 von 55<br />
Gemälden wurden in einer ersten Kampagne dendrochronologisch<br />
untersucht, weitere Untersuchungstermine stehen noch an.<br />
Die für 24 Werke erfolgte Untersuchung des materiellen Bestandes<br />
mit UV-Licht, dem für holländische Gemälde des 17. Jahrhunderts<br />
bislang selten angewendeten Infrarotlicht und fallweise mit Röntgenstrahlen<br />
ergab wichtige neue Erkenntnisse. So ließen sich in<br />
mehreren Fällen Unterzeichnungen nachweisen, die Änderungen in<br />
der Bildkonzeption dokumentieren und häufig auch die Verteilung<br />
von Licht- und Schattenzonen festlegten. Der Befund, das den<br />
scheinbar leichthändig gemalten Werken ein kalkulierter Farbauftrag<br />
zugrunde lag, wird auch durch die mit dem Infrarotlicht sichtbar<br />
gemachte Unterlegung bestätigt, die oftmals Schattenpartien markiert.<br />
Später im Gemälde hell wirkende Partien wurden hingegen<br />
bewusst von der Unterlegung frei gehalten. Diese Beobachtungen<br />
wurden durch das Symposium „Art history and technical investigation“<br />
(29./30. 10. <strong>2001</strong>) im RKD in Den Haag bestätigt. Das negative<br />
Bild einer rasch und spontan angefertigten Massenproduktion für<br />
den freien Markt, beispielsweise bei den Landschaften von Jan van<br />
Goyen, kann so relativiert werden. Der überaus kalkulierte Bildaufbau<br />
zeigt, dass sich die Maler über die ästhetische Wirkung ihrer<br />
Schöpfungen genau im klaren waren. Dies belegt auch die Untersuchung<br />
mit dem Mikroskop. Hier wurde eine prononciert eigene<br />
Handschrift der Maler ersichtlich, die ihre Werke zu unverwechselbaren<br />
Markenprodukten machte. Dies wurde insbesondere deutlich<br />
bei einem in der Forschung häufig umstrittenen Frühwerk von Rembrandt:<br />
„David vor Saul“ konnte aufgrund der überaus differenzierten<br />
Farbbehandlung und typischer stilistischer Merkmale als authentisches<br />
Werk dem Meister zugeschrieben werden.<br />
Dr. N. Michels (Anhaltinische Gemäldegalerie Dessau) erhält für den<br />
Bestandskatalog der flämischen Gemälde aus dem Besitz der Anhaltinischen<br />
Gemäldegalerie Dessau Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Gemäldegalerie stellt mit ihrem Bestand von ca. 2.000 Gemälden<br />
des 16. bis 20. Jahrhunderts die größte Sammlung alter Meister in<br />
Sachsen-Anhalt dar. Die Provenienz einiger herausragender Stücke<br />
lässt sich lückenlos bis auf die prominenten Sammlungen der Amalia<br />
von Solms (1602–1675) und ihrer Tochter Henriette Catharina van
125<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Abb. 11: Projekt „Kritisches Bestandsverzeichnis der spanischen Gemälde der Gemäldegalerie<br />
Alte Meister Dresden“: Karl Louis Preusser, „In der Dresdner Galerie“,<br />
1881: Als einziges deutsches Museum hat sich die Dresdner Gemäldegalerie im 19.<br />
Jahrhundert gezielt um den Aufbau einer Spaniersammlung bemüht. Nach Eröffnung<br />
des Semperbaus wurden ihr besondere Ehrenräume zugewiesen.
Dresden<br />
Spanische<br />
Gemälde<br />
Verona<br />
Sammlung<br />
Maffei<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 126<br />
Oranje-Nassau (1637–1708), verheiratet mit Fürst Johann Georg II.<br />
von Anhalt-Dessau, zurückverfolgen. Um zahlreiche interessante<br />
Stücke ergänzt wurde die Sammlung durch die Erwerbungen des<br />
Fürstenhauses Anhalt-Dessau, vor allem der in Bockenheim bei<br />
Frankfurt/Main residierenden, hochgebildeten Prinzessin Henriette-<br />
Amalie von Anhalt-Dessau (1720–93). Diese schätzte neben Frankfurter<br />
Malern des 18. Jahrhunderts in erster Linie die niederländischen<br />
Künstler des 17. Jahrhunderts. Ihr als „Amalienstiftung“ bezeichneter<br />
Nachlass umfasste u. a. knapp 700 Gemälde, die 1927 neben<br />
Werken aus dem Beitz des Fürstenhauses den Grundstock der<br />
anhaltinischen Gemäldegalerie bildeten.<br />
Prof. H. Marx (Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen<br />
Dresden) wurden von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für ein Kritisches<br />
Bestandsverzeichnis der spanischen Gemälde der Gemäldegalerie<br />
Alte Meister bewilligt.<br />
Die Gemäldegalerie Alte Meister verfügt nach Anzahl und Bedeutung<br />
der Stücke über eine Sammlung von spanischen Gemälden von<br />
einzigartigem Rang in Deutschland. Es handelt sich um 31 erhaltene<br />
(und 2 verlorene) Gemälde, für die bisher noch kein Katalog vorliegt.<br />
Grundlage der Bearbeitung sollen neben den traditionellen kunsthistorischen<br />
Schwerpunkten Stilkritik und Ikonographie die neuen naturwissenschaftlichen<br />
Analysemöglichkeiten sowie die Darstellung<br />
der Sammlungsgeschichte sein.<br />
Inzwischen konnte nicht nur das Wissen über die Dresdner Bilder<br />
selbst erheblich vertieft werden. Aus ihrer Untersuchung abgeleitete<br />
Fragestellungen weisen weit über Dresden hinaus. Wenn etwa in der<br />
Gruppe von Gemälden des Jusepe Ribera, welche fast ein Drittel des<br />
Komplexes ausmacht, mehrere Werke aus dem eigenhändigen Œuvre<br />
ausgeschieden werden müssen, umgekehrt aber eine als vermeintliche<br />
Kopie im Depot schlummernde Arbeit sich den als Original<br />
geltenden Fassungen gegenüber als überlegen erwies, so ergeben<br />
sich hieraus neue Erkenntnisse für die frühe Ribera-Rezeption,<br />
über die von den Sammlern des 17. Jahrhunderts bevorzugten Themen<br />
und Stilmodi oder über die Struktur der Künstlerwerkstätten in<br />
Neapel, woher auch die nicht von Ribera selbst geschaffenen Bilder<br />
stammen. Allgemein haben die Untersuchungen nicht nur den herausragenden<br />
Rang der Dresdner Arbeiten von El Greco, Carducho,<br />
Pereyra, Velázquez, Murillo oder Zurbarán hervortreten lassen, sie<br />
erlauben zudem die Besonderheiten dieser Maler allgemein noch<br />
schärfer zu fassen. Auf gutem Wege ist zugleich die Suche nach den<br />
Urhebern mehrerer bislang noch anonymer Werke.<br />
Mit finanzieller Unterstützung durch die <strong>Stiftung</strong> wird im Archäologischen<br />
Institut, Forschungsarchiv für antike Plastik, Universität zu<br />
Köln (Prof. R. Förtsch) ein Wissenschaftlicher Katalog der Skulpturensammlung<br />
des Scipione Maffei in Verona erstellt. Bearbeiterin ist<br />
Dr. A. M. Pastorino.
127<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Das Museo Maffeiano wurde von Scipione Maffei 1744 in Verona gegründet.<br />
Seine nach didaktischen Gesichtspunkten, öffentlich zugängliche<br />
und damit nach völlig neuen Kriterien konzipierte Sammlung<br />
wurde für die Museen des 19. Jahrhunderts vorbildlich. Ein<br />
1749 erstellter Stichwerkkatalog bildete sowohl die vorhandenen als<br />
interessanterweise auch die noch zu erwerbenden Stücke ab und erläuterte<br />
sie. Bis jetzt wurden folgende Ergebnisse erreicht:<br />
Ein Grundkatalog der Skulpturensammlung ist in Form einer Datenbank<br />
entstanden. Primär wurden die Stücke erfasst, die sich in dem<br />
aus dem Jahr 1749 stammenden Stichwerk Maffeis befinden; die<br />
Auswahl wurde dann auf Stücke erweitert, die sich nicht im Katalog<br />
befinden, aber größtenteils zur ursprünglichen Sammlung Maffeis<br />
gehörten. Die Datenbank beinhaltet nunmehr etwa 220 Datensätze<br />
zu diesen Reliefs und Skulpturen. Die Auswahl der Stücke wurde<br />
nach bibliographischen Forschungen und verschiedenen Studienreisen<br />
nach Verona getroffen.<br />
Jeder Datensatz enthält neben den Eckdaten jedes Stücks wie Größe<br />
und Erhaltungszustand eingehende Beschreibungen und umfangreiche<br />
Literaturangaben. Katalogbegleitende Texte befassen sich mit<br />
dem Konzept des Museo Maffeiano, seiner Sammlungs- und Ausstellungsgeschichte<br />
und der von Scipione Maffei vorgenommenen Eingliederung<br />
älterer Sammlungen in seinen Bestand.<br />
Die fotographische Bestandsaufnahme wird vor Ort durch den Fotographen<br />
des Museums, U. Tomba, vorgenommen. Bis jetzt liegen Fotos<br />
von etwa einem Viertel der Stücke vor; im Forschungsarchiv gibt<br />
es jedoch zu vielen Stücken bereits einen umfangreichen Fotobestand,<br />
der bereits digitalisiert und in die Datenbank eingebunden<br />
wurde.<br />
Im Rahmen des Kolloquiums „Sammlungen antiker Skulpturen im<br />
19. Jahrhundert“, das im Wintersemester 2000/<strong>2001</strong> vom Archäologischen<br />
Institut der Universität zu Köln veranstaltet wurde, hielt Dr. A.<br />
M. Pastorino einen Vortrag zum Thema „Das Museum Maffeiano<br />
und die Sammlungen des 19. Jahrhunderts in Norditalien“. Ein Kolloquiumsband<br />
(Herausgegeben von Prof. D. Boschung Prof. R.<br />
Förtsch) ist in Vorbereitung.<br />
Dr. U. Pietsch (Porzellansammlung, Staatliche Kunstsammlungen<br />
Dresden) widmet sich mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> den Forschungsarbeiten<br />
zur ehemaligen königlichen Porzellansammlung<br />
Augusts des Starken und Augusts III. zu Dresden.<br />
Die im Dresdener Zwinger befindliche ehemalige königliche Porzellansammlung,<br />
die auf den sächsischen Kurfürsten-König August II.<br />
(August der Starke) und seinen Sohn August III. zurückgeht, zählt<br />
mit rund 18.000 Stücken weltweit zu den bedeutendsten Porzellansammlungen.<br />
Sie repräsentiert in exemplarischer Weise die Produktionen<br />
der japanischen, chinesischen Werkstätten und der Meißner<br />
Porzellanmanufaktur.<br />
Dresden<br />
Porzellansammlung
Deutschland/<br />
Frankreich<br />
Kunst nach 1945<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 128<br />
Vor allem im 19. Jahrhundert musste diese Sammlung aufgrund von<br />
Verkäufen umfangreiche Verluste hinnehmen; auch nach den beiden<br />
Weltkriegen gingen zahlreiche Stücke verloren.<br />
Das Projekt verfolgt, neben einer noch ausstehenden Katalogisierung<br />
der zentralen Bestände, auch die Behandlung einer Reihe von Problemen<br />
und Fragen zur Geschichte des Sammlungsbestandes und seiner<br />
kunst- und kulturgeschichtlichen Einordnung und Bewertung.<br />
Dabei stehen Fragen nach der Ostasienrezeption im Zeichen der sogenannten<br />
China-Mode und die Materialisierung der Begegnung<br />
der fernöstlichen mit der westlichen Kultur im Vordergrund des Interesses.<br />
Inzwischen wurde schwerpunktmäßig die Erfassung des<br />
Bestandes durch eine Datenbank sowie eine Identifikation, Abgleichung<br />
und Auswertung der entsprechenden Eintragungen in den alten<br />
Inventaren von 1721 und 1779 durchgeführt. Dabei wurden bereits<br />
geschlossene Sammlungsbestandteile wie das chinesische Yixing-Steinzeug<br />
und die Dehua-Porzellane, Teile der chinesischen<br />
Blau-Weiß-Porzellane sowie Meißener Porzellane aus den Anfängen<br />
der Manufakturgeschichte erfasst (insgesamt ca. 2.400 Stücke).<br />
Schwerpunkt der Recherchen sind die Sichtung und Auswertung der<br />
Archivalien, welche weitere Aufschlüsse über die urspünglichen<br />
Konzeptionen und Präsentationen der Porzellansammlung im<br />
Holländischen und Japanischen Palais geben werden. Von besonderer<br />
Bedeutung ist dabei die Untersuchung des Stellenwertes der Porzellansammlunng<br />
innerhalb der königlichen Kunstsammlungen;<br />
auch sollen die Intentionen und Vorstellungen der Sammlerpersönlichkeiten<br />
August des Starken und August III. geklärt werden.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Prof. T. W. Gaethgens (Deutsches Forum für<br />
Kunstgeschichte, Paris) bei dem Vorhaben „Französische Kunst im<br />
Nachkriegsdeutschland – Deutsche Moderne in Frankreich nach<br />
1945. Deutsch-französisches Forschungsprojekt zum Kunst- und Kulturtransfer<br />
im 20. Jahrhundert“.<br />
Im Oktober 1948 erhielt der Direktor der Karlsruher Kunsthalle, Kurt<br />
Martin, von der französischen Militärregierung in der Zone d’Occupation<br />
80 Graphiken der französischen Moderne, darunter Blätter<br />
von Chagall, Braque, Matisse und Picasso, zum Geschenk. Als Gegengabe<br />
wurde der Militärregierung das Gemälde Jour heureux von<br />
Willi Baumeister überreicht, das man nach Paris ins Musée de l’Art<br />
Moderne überführte. Dieser symbolische Kunsttausch bildete gewissermassen<br />
den offiziellen Auftakt der deutsch-französischen Kunstund<br />
Kulturbeziehungen nach 1945. Sehr schnell versuchten die ehemaligen<br />
Kriegsgegner, auf politischer, künstlerischer wie kunstkritischer<br />
Ebene die durch Krieg und Diktatur unterbrochenen Kontakte<br />
mit unterschiedlichen Mitteln und Intentionen wiederherzustellen<br />
und zu fördern.<br />
Diese intensiven und vielfältigen Beziehungen zwischen den beiden<br />
Nachbarländern von 1945 bis zur documenta II (1959), nach der die
129<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Abb. 12: Projekt „Französische Kunst im Nachkriegsdeutschland – Deutsche Moderne<br />
in Frankreich nach 1945“: Eröffnung der Ausstellung „Französische Malerei im 19.<br />
Jahrhundert“ 1949 in der Kestner-Gesellschaft Hannover.
Schloss<br />
Landsberg<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 130<br />
amerikanische Kunst die französische als Modell ablöste, stehen im<br />
Mittelpunkt des Projekts. Seine Aufgabe ist es, den bisher erst in Ansätzen<br />
erforschten deutsch-französischen Kunst- und Kulturtransfer<br />
zu rekonstruieren, die vielfältigen grenzüberschreitenden Kontakte<br />
in ihrem historischen Kontext zu beschreiben sowie nach den Trägern<br />
und unterschiedlichen Motivationen dieser bilateralen Beziehungen<br />
zu fragen. So soll untersucht werden, in welchem Verhältnis<br />
das deutsche Interesse, durch die Neuorientierung an der französischen<br />
Moderne wieder Anschluss an die internationale Kunstszene<br />
zu finden und sich zur westlichen Wertegemeinschaft zu bekennen,<br />
mit den kulturpolitischen Zielen der französischen Militärregierung<br />
stand, die Überlegenheit der französischen Kunst zu demonstrieren.<br />
Dem gegenüber stehen die Pionierleistungen einzelner Persönlichkeiten<br />
– Künstler, Sammler, Galeristen sowie Kunsthistoriker und -<br />
kritiker – als Kulturvermittler zwischen den zwei Nationen (u. a. Willi<br />
Baumeister, Ottomar Domnick, Will Grohmann, Édouard Jaguer,<br />
Michel Tapié).<br />
In einer Datenbank werden die wichtigsten kunstkritischen und -historischen<br />
Schriften (v. a. Zeitschriften), aber auch unbekanntes Archivmaterial<br />
erfasst und analysiert, eine Dokumentation der deutschfranzösischen<br />
Ausstellungen erstellt sowie durch die systematische<br />
Rekonstruktion der Künstlerkontakte der hohe Stellenwert der réconciliation<br />
franco-allemand für die Entwicklung der Nachkriegsmoderne<br />
und ihrer kunsttheoretischen Debatten über Abstraktion/Figuration<br />
in beiden Ländern aufgezeigt.<br />
Das deutsch-französische Forschungsunternehmen versteht sich als<br />
Beitrag zur europäischen Geschichte der Nachkriegsmoderne sowie<br />
als Möglichkeit der gezielten wissenschaftlichen Nachwuchsförderung.<br />
Seine bilaterale Grundlagenforschung erfolgt in enger Zusammenarbeit<br />
mit dem Kunsthistorischen Institut der Freien Universität<br />
Berlin sowie mit Kollegen und Institutionen beider Länder und unterschiedlicher<br />
Disziplinen.<br />
Seit Frühjahr 2000 fördert die <strong>Stiftung</strong> das interdisziplinäre Forschungsprojekt<br />
„August <strong>Thyssen</strong> und Schloss Landsberg. Ein Unternehmer<br />
und sein Haus“. Das Projekt verfolgt das Ziel, die bisher wenig<br />
beachtete Frage nach den Wohn- und Lebensformen wirtschaftlicher<br />
Führungsschichten im Ruhrgebiet um 1900 interdisziplinär zu erforschen.<br />
Zentraler Untersuchungsgegenstand ist der Alterswohnsitz von<br />
August <strong>Thyssen</strong> (1842–1926), Schloss Landsberg bei Essen-Kettwig, in<br />
der Verknüpfung mit seinem prominenten Bauherrn, einem der maßgeblichen<br />
Repräsentanten der industriellen Elite des rheinisch-westfälischen<br />
Wirtschaftsraumes, und dessen Wohn- und Repräsentationsbedürfnissen.<br />
Die beteiligten Lehrstühle und Institute sind die Universität<br />
zu Köln, Kunsthistorisches Institut/Abteilung Architekturgeschichte<br />
(Prof. N. Nußbaum/Projektleitung bau- und kunsthistorisches Teilprojekt),<br />
die Universität Dortmund, Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauforschung<br />
(Prof. U. Hassler), die Universität Frankfurt am Main, Lehrstuhl<br />
für Wirtschafts- und Sozialgeschichte (Prof. W. Plumpe/Projekt-
131<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
leitung wirtschafts- und sozialhistorisches Teilprojekt) sowie das Zentrum<br />
für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung ZEFIR der Ruhruniversität<br />
Bochum (R. Himmelmann, M.A.).<br />
Neben der Fortsetzung der Quellenrecherche und Literaturarbeit lag<br />
ein Schwerpunkt der Arbeit des bau- und kunsthistorischen Teilprojektes<br />
innerhalb des Berichtszeitraumes auf der vertieften Auseinandersetzung<br />
mit der materiellen Substanz von Schloss Landsberg.<br />
Hierbei wurden mit Unterstützung externer Fachleute durch Methoden<br />
der historischen Bauforschung einzelne Bereiche des Palas und<br />
des Bergfrieds eingehender untersucht und exemplarisch dokumentiert.<br />
Neben einer präzisen Vermessung der Außenkubatur, die u. a.<br />
zur Überlagerung der erhaltenen Planunterlagen genutzt werden<br />
soll, wurden bestimmte Bereiche des Hauses verformungsgerecht<br />
aufgemessen, um in die so entstehenden Pläne u. a. die exemplarisch<br />
erhobenen Befunde zu kartieren. Wesentliche Fragen betrafen dabei<br />
sowohl den Originalzustand um 1903 als auch die dokumentierbaren<br />
Veränderungen späterer Maßnahmen.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt des Teilprojektes lag auf einer breit angelegten<br />
Komparatistik zum Thema Wohn- und Repräsentationsformen<br />
um 1900. Mit Hilfe der vergleichenden Analyse soll Schloss Landsberg<br />
als Beispiel großbürgerlichen Bauens zwischen Späthistorismus<br />
und den Reformprogrammen der beginnenden Moderne adäquat<br />
eingeordnet und profiliert werden. Dabei werden insbesondere die<br />
Rahmenbedingungen in den Blick genommen, unter denen Schloss<br />
Landsberg als Projekt eines Industriellenwohnsitzes Gestalt annahm.<br />
Die Einordnung stützt sich vorwiegend auf die vorhandene Primärund<br />
Sekundärliteratur, soweit erforderlich aber auch auf Archivarbeit<br />
und Beobachtungen vor Ort. Die Auswahl der Vergleichsobjekte<br />
gliedert sich in verschiedene Bereiche: die Wohnsitze der Familienmitglieder,<br />
Wohnformen im rheinisch-westfälischen Wirtschaftsraum<br />
sowie überregional und international bedeutende Maßnahmen des<br />
Villen- und Landhausbaus und der Burgenrestaurierungen.<br />
Bezogen auf Schloss Landsberg zeichnen sich zwei Thesen ab, die<br />
auf den ersten Blick widersprüchlich und sich gegenseitig auszuschließen<br />
scheinen; bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich,<br />
dass hier zwei dem <strong>Thyssen</strong>schen Wohnsitz immanente Dimensionen<br />
aufscheinen:<br />
Die erste These bewertet den Umbau von Schloss Landsberg durch<br />
August <strong>Thyssen</strong> als bewusste Anknüpfung an das Vorgefundene sowie<br />
als dessen bauliche und künstlerische ,Fortschreibung’. Dabei<br />
steht der Industriellenwohnsitz im reichsweiten Vergleich als ein<br />
Beispiel von vielen für die bürgerliche Aneignung von Schlössern<br />
und Burgen, den Insignien der traditionellen Elite. Die um 1830 vom<br />
preußischen Königshaus begründete Tradition der Inbesitznahme<br />
der Höhenburgen im Rheintal verdeutlicht, dass auch der Umgang<br />
des Adels mit seinen Häusern bereits in der ersten Hälfte des 19.<br />
Jahrhunderts einem Wandel unterlag.
KUNSTWISSENSCHAFTEN 132<br />
Dem Bestreben des Bauherrn August <strong>Thyssen</strong>, sich der Tradition des<br />
Ortes und der Geschichte des Hauses zu vergewissern, liegt der Anspruch<br />
zugrunde, sich in Ermangelung einer eigenen Geschichte,<br />
diejenige des Hauses zu eigen zu machen und damit seine gesellschaftliche<br />
Stellung zu legitimieren. Dem Erwerb von Schloss Landsberg<br />
scheinen darüber hinaus Überlegungen zur Ausbildung eines<br />
Familienstammsitzes vorangegangen zu sein. Die Entscheidung der<br />
Familie für das nach dem Tode August <strong>Thyssen</strong>s auf Landsberg eingerichtete<br />
Mausoleum belegt die Rezeption dieser Vorstellung und<br />
ihre Verstärkung im Sinne einer Dynastiebildung.<br />
Die zweite These bewertet den Umbau von Schloss Landsberg als<br />
eine moderne, spezifisch bürgerliche Lösung. Seit der Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts werden Elemente des Burgenbaus in die bürgerliche<br />
Baukunst integriert, was um 1900 zu einer Transformation der Burgen<br />
zu Villen und Landhäusern führte. Dieses Phänomen manifestiert<br />
sich deutlich auf Schloss Landsberg. Die Planer des Anwesens<br />
bewegen sich mit ihren Konzepten in einem reformhistorischen Kontext,<br />
der damals einen ersten Ansatz zur Überwindung des Historismus<br />
darstellte. Das Eindringen internationaler Einflüsse, vorwiegend<br />
aus England und den USA, offenbart frühe Ansätze eines ,Internationalen<br />
Stils’. Hierbei zeichnet sich ab, dass gerade in dem der Avantgarde<br />
offenen Habitus des Wirtschaftsbürgers eine augenscheinliche<br />
Divergenz zu den zeitgleichen Maßnahmen und Repräsentationsformen<br />
der alten Elite, des Adels besteht. In diesem Zusammenhang<br />
stellt sich Schloss Landsberg – über die symbolhafte Aneignung von<br />
Bildern einer adeligen Lebenswelt hinausgehend – als eine spezifisch<br />
bürgerliche Kulturleistung dar.<br />
Beide Thesen reflektieren den Niederschlag der in den Jahren um<br />
1900 virulenten (bau)künstlerischen Konzepte und Programme im<br />
Spannungsfeld zwischen Konvention und Reform, Tradition und Modernität<br />
sowie die kulturellen Handlungsmaximen und Verhaltensweisen<br />
in einer von vielfältigen Auf- und Umbrüchen in Kultur und<br />
Gesellschaft geprägten Zeit.<br />
Der Schwerpunkt im sozialhistorischen Teilprojekt lag u. a. auf einer<br />
vergleichenden Betrachtung der Geselligkeitsformen in großbürgerlichen<br />
Haushalten. Die Besonderheiten in der Lebensführung August<br />
<strong>Thyssen</strong>s erschließen sich, wenn man die wirtschaftsbürgerlichen<br />
Alltagspraktiken in einer ,klassischen Bürgermetropole’ wie Frankfurt<br />
am Main vergleichend heranzieht.<br />
Auf Schloss Landsberg, das sich für August <strong>Thyssen</strong> zu einem Lebensmittelpunkt<br />
und zu einem Zentrum wirtschaftsbürgerlicher<br />
Kommunikationsprozesse entwickelte, lassen sich idealtypisch vier<br />
Geselligkeitsformen voneinander unterscheiden: Familientreffen,<br />
,Arbeitsessen’, Besuche, die der informellen ,Netzwerkbildung’ dienten<br />
(etwa die Einladung regionaler Verwaltungseliten), der Empfang<br />
größerer ,bürgerlicher’ Gesellschaften, die zum einen entweder einen<br />
eher offiziellen Charakter (u. a. Überreichung des Ehrenbürger-
133<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Abb. 13: Projekt „August <strong>Thyssen</strong> und Schloss Landsberg. Ein<br />
Unternehmer und sein Haus“: August <strong>Thyssen</strong> auf Schloss Landsberg,<br />
Pfingsten 1911, Fotograf: August <strong>Thyssen</strong>s Neffe Kurt Ernst.<br />
briefes der Stadt Mühlheim an der Ruhr am 22. Mai 1912) oder zum<br />
anderen einen eher privaten Anstrich besaßen und dazu beitrugen,<br />
freundschaftliche Beziehungen zu pflegen. Gewisse Rituale wurden<br />
offenbar bei jeder geselligen Zusammenkunft gepflegt. Nach dem<br />
Essen gehörte der gemeinsame ,Kaffeetrunk’ und die Besichtigung<br />
der Marmorplastiken Rodins im Wintergarten zum Pflichtprogramm,<br />
wie der obligatorische Spaziergang durch die Wald- und Parkanlagen.<br />
Zumindest einigen Gästen (z. B. Cläre Stinnes, Jules Huret)<br />
eröffnete <strong>Thyssen</strong> auch Einblicke in seine Privatgemächer. Die Nei-
Ottobeuren<br />
Abtei<br />
gung bei festlichen Anlässen einen eher luxuriösen Konsumstil zu<br />
pflegen, der ,feudal-üppige’ Anstrich mancher Geselligkeit und der<br />
unverkennbare Stolz auf ,sein’ Schloss Landsberg lassen sich möglicherweise<br />
mit den Eigenarten des bürgerlichen Leistungsethos erklären.<br />
Landsberg und seine Geselligkeitsformen symbolisierten den<br />
wohlverdienten Lohn für die zeitraubende und kräfteverzehrende<br />
Existenz des Eigentümer-Unternehmers.<br />
Auch wenn es auf Schloss Landsberg Zusammenkünfte mit ,privatbürgerlichem’<br />
Charakter gegeben und August <strong>Thyssen</strong> die grundlegenden<br />
Spielregeln bürgerlicher Geselligkeitsformen akzeptiert hat:<br />
Die Festlichkeiten und Einladungen bewegten sich – übrigens nicht<br />
erst in Landsberg, sondern bereits in seiner um 1872 errichteten Villa<br />
„Froschenteich“ – in ihrer großen Mehrheit im Fahrwasser unternehmerischer<br />
Interessen oder trugen familiären Charakter. Im Spiegel<br />
der Geselligkeitsformen werden zwei grundlegende Züge des ,<strong>Thyssen</strong>’schen<br />
Habitus’ greifbar: für den Ruhrindustriellen war – erstens –<br />
das eigene Unternehmen zentraler Orientierungspunkt individuellen<br />
Handelns. Das gesellige Leben blieb auf die Unternehmerrolle und<br />
die eigentliche Erfolgsgeschichte August <strong>Thyssen</strong>s bezogen.<br />
Ganz im Gegensatz zu den wirtschaftsbürgerlichen Wohnsitzen in<br />
Frankfurt am Main war Schloss Landsberg kaum ein Ort der ständigen<br />
bürgerlichen Selbstvergewisserung, an dem sich die regionale<br />
Elite an der Ruhr über die ,richtige’ bürgerliche Lebensführung verständigte<br />
und durch ihr Alltagshandeln immer wieder bestätigte.<br />
Zwar gehörten auch führende Repräsentanten der regionalen Industriekapitäne<br />
zu den Besuchern auf Landsberg (wie etwa Hugo Stinnes).<br />
Insgesamt erschienen die Namen herausragender Ruhrindustrieller<br />
allerdings sehr selten auf den Gästelisten. Hinzu kommt: Die<br />
Art und Weise der Geselligkeitsformen lassen auch auf Unsicherheiten<br />
im Umgang mit den bürgerlichen Verhaltensstandards schließen.<br />
Folgende Publikationen sind erschienen:<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 134<br />
Euskirchen, Claudia, u. a.: Hausforschung bei August <strong>Thyssen</strong>.<br />
Schloss Landsberg wird untersucht. – In: Denkmalpflege im<br />
Rheinland. 18. <strong>2001</strong>. S. 184–186.<br />
Lesczenski, Jörg; Birgit Wörner: „Ich werde mir Mühe geben ...<br />
den entzückten, liebenden Ehemann zu markieren ... .“ Moritz<br />
von Metzler und August <strong>Thyssen</strong>. Ideale und Alltagspraktiken<br />
wirtschaftsbürgerlicher Lebensführung zwischen Kaiserreich und<br />
Weltwirtschaftskrise. – In: Die deutsche Wirtschaftselite im 20.<br />
Jahrhundert. Kontinuität und Mentalität. Hrsg. : Klaus Tenfelde<br />
u. a. [Im Druck]<br />
Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte Prof. em. K. Schwager (Fakultät für Kulturwissenschaften,<br />
Universität Tübingen) für das Projekt „Die Benediktiner-Abtei<br />
Ottobeuren (1672–1803). Materialien zu Programm, Planung,<br />
Bau und Ausstattung“ Fördermittel.
135<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Ziel des Projektes ist es, für eine der geschichtlich und architektonisch-künstlerisch<br />
wichtigsten Klosterresidenzen des 17. und 18.<br />
Jahrhunderts in Süddeutschland eine Gesamtdokumentation der<br />
ihre Entstehung bestimmenden Konzepte und Fakten zu erstellen:<br />
von den ersten Planungsgedanken bis hin zum nahezu unverändert<br />
erhaltenen Bau. Bislang sind trotz vorhandener schriftlicher und bildlicher<br />
Quellen ältere und jüngere Untersuchungen unvollständig<br />
und oberflächlich geblieben. Die Quellen sollen im Rahmen des Projektes<br />
systematisch ausgewertet werden, um alle hier wirksamen<br />
Faktoren ökonomischer, politischer, spiritueller und künstlerischer<br />
Art zu erfassen und zu dokumentieren. Die vorgesehene Veröffentlichung<br />
soll zwei Teilbände umfassen (Teil I die Jahre 1672–1740, Teil<br />
II die Jahre 1740–1803).<br />
Bisher ist der folgende Aufsatz erschienen:<br />
Schwager, Klaus; Gabriele Dischinger: „Gelt, Gedult und Verstandt“.<br />
Programm und Realisierung der Ottobeurer Klosteranlage.<br />
In: Himmel auf Erden oder Teufelsbauwurm? Wirtschaftliche<br />
und soziale Bedingungen des süddeutschen Klosterbarock. Hrsg.:<br />
Markwart Herzog u. a. Konstanz <strong>2002</strong>. S. 289–319.<br />
Prof. R. Schumacher (Institut für hymnologische und musikethnologische<br />
Studien e.V., Köln) und Prof. M. Lütolf (Musikwissenschaftliches<br />
Institut, Universität Zürich) erhalten für das Projekt „Geistliche Gesänge<br />
des deutschen Mittelalters“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die „Geistlichen Gesänge des deutschen Mittelalters“ bilden die Abteilung<br />
II der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Edition des deutschen<br />
Kirchenlieds. In acht Bänden soll das weitgehend unerforschte<br />
und zahlreiche Überraschungen bergende Repertoire volkssprachiger<br />
geistlicher Gesänge der weiterführenden Forschung verschiedenster<br />
Fachrichtungen bereitgestellt werden. Die Bände 1, 2 und 6<br />
befinden sich beim Verlag, der Band 5, der im folgenden vorgestellt<br />
werden soll, im fortgeschrittenen Stadium der Bearbeitung.<br />
Es darf als Glücksfall betrachtet werden, das neben der offiziellen lateinischen<br />
Liturgie drei volkssprachige Zyklen überlebt haben. Der<br />
erste betrifft die sogenannten „Geisslerlieder“, eine Sammlung von<br />
acht Gesängen, die nach der Chronik Hugos von Reutlingen bei den<br />
1349 in Strassburg beobachteten, von der Bruderschaft der Flagellanten<br />
bei ihren Prozessionen und dem folgenden Ritual vorgetragen<br />
wurden. Dieser öffentliche Bussakt war der Ausdruck einer Massenbewegung,<br />
die in kurzer Zeit fast ganz Europa erfasste, dann aber<br />
bald wieder verschwand.<br />
Dem Umfang nach gewichtiger sind die beiden anderen Zeugen<br />
spätmittelalterlicher Geistesgeschichte. Wer den Versuchen der<br />
volkssprachigen Liturgie nachspürt, wird überrascht sein, schon im<br />
15. Jahrhundert auf zwei umfangreiche, in einer Wiener und einer<br />
Münchener Handschrift überlieferte Zyklen zu stossen, deren erstem<br />
der Psalter, dem zweiten die Formulare des Stundengebets zu acht<br />
Geistliche<br />
Gesänge
Jiddische<br />
Musik<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 136<br />
Hochfesten des Kirchenjahres (das Fragment eines Fronleichnahmformulars<br />
ist noch in einer dritten Quelle überliefert) zugrundeliegen.<br />
Der „Wochenpsalter“ beinhaltete die auf die sieben Wochentage<br />
verteilten 150 Psalmen mit den sie umgebenden Gesängen. Das<br />
„Festtagsantiphonar“ enthält ebenfalls alle für den Vollzug des Stundengebets<br />
erforderlichen Gesänge, der zweite Teil der Handschrift,<br />
das Brevier, die Gebete und Lektionen. In der Edition werden beide<br />
Teile der Handschrift in zwei Spalten synoptisch dargestellt.<br />
Die Umstände der Entstehung sind durch verschiedene Einträge ein<br />
Stück weit benennbar. Die Rubriken – beispielsweise die Anmerkung:<br />
„So hebt die Singerin an ...“ – verraten als Bestimmungsort beider<br />
Handschriften zweifelsfrei einen Nonnenkonvent. Als Schreiber<br />
der Wiener Handschrift gibt sich ein Erasmus Werbener von Delitzsch<br />
zu erkennen. Er dürfte im Auftrag von Kaiser Friedrich III. von Österreich,<br />
dessen Devise in der Vokalfolge A.E.I.O.V. zusammen mit der<br />
Jahreszahl 1477 auf der ersten Seite des Codex erscheint, gearbeitet<br />
haben. Der Kaiser hatte sich kurz zuvor für das Bistum Wien eingesetzt,<br />
und es scheint, dass ihm die Einführung deutschsprachiger<br />
Stundengebetsbücher, zumindest in Frauenstiften, ein Anliegen war.<br />
Die Frage, für welchen Nonnenkonvent die neuen Bücher bestimmt<br />
waren, kann nur hypothetisch beantwortet werden. Vieles spricht für<br />
den Augustinerinnen-Konvent Maria Magdalena vor dem Wiener<br />
Schottentor, der just zur Zeit der Entstehung der Stundengebetsbücher<br />
in ein Chorfrauenstift umgewandelt wurde. Auch die Münchener<br />
Quelle dürfte im Zusammenhang mit den in jenen Jahren<br />
durchgeführten Reformen zu tun haben. Was den beiden Quellen ihre<br />
Bedeutung verleiht, ist die Tatsache, dass hier – nach dem heutigen<br />
Kenntnisstand einmalig – ein dem lateinischen Modell nachgebildetes<br />
Stundengebet vorliegt, das einen Nonnenkonvent den Psalter, die<br />
Gesänge, Gebete und Lesungen vollständig in deutscher Übersetzung<br />
und mit den notwendigen Anpassungen der Melodien anbot.<br />
Für das Archivierungs- und Katalogisierungsprojekt „Jiddische Lieder<br />
und Klezsmermusik“ stellte die <strong>Stiftung</strong> Prof. K. E.Grözinger (Jüdische<br />
Studien, Universität Potsdam) Fördermittel zur Verfügung.<br />
Gegenstand des Projektes ist das von dem Jiddisten, Chasan (Vorbeter)<br />
und Musikwissenschaftler David Kohan in Berlin von 1945 bis ca.<br />
1990 angelegte Archiv von 325 Tonbändern und Audiocasetten.<br />
Die Sammlung wurde nach seinem Tod durch Mittel des Berliner Senats<br />
und der Universität Bamberg angekauft und anschließend von<br />
dem Musikethnologen Prof. Max Peter Baumann (Bamberg) der Universität<br />
Potsdam überlassen. Hervorzuheben ist vor allem die Bandbreite<br />
und Vollständigkeit der Sammlung Kohans. Neben seltenen<br />
ethnografischen Feldaufnahmen und selbst in osteuropäischen Archiven<br />
kaum zu findenden frühen Schallplattenaufnahmen enthält<br />
sie auch zahlreiche Rundfunksendungen zu jiddischer Musik aus aller<br />
Welt. Sie bildet damit nicht nur den Kern einer in Potsdam aufzubauenden<br />
Fonothek jiddischer Musik, sondern dient gleichzeitig als
137<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
Abb. 14: Projekt „Geistliche Gesänge des deutschen Mittelalters“:<br />
Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3079, f. 1, „Wochenpsalter“:<br />
Stiftervermerk Kaiser Friedrichs III. und Anfang der Sonntagsmatutin.<br />
Vergleichsmaterial für ein Projekt mit historischen Aufnahmen von<br />
jiddischen Liedern, Kleszmermusik und Purimspielen aus den<br />
Sammlungen Moishe Beregowskis und Sofia Magids aus Kiew und<br />
St. Petersburg, das ebenfalls in der Religionswissenschaft der Universität<br />
Potsdam beheimatet ist.
Hymnen<br />
„Beutekunst“<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN 138<br />
Die Bestände werden archiviert, katalogisiert, klangtechnisch bearbeitet<br />
und auf digitale Tonträger überspielt, bevor sie wissenschaftlich<br />
kommentiert und in eine Multimediadatei eingearbeitet werden.<br />
Das Projekt wird im Internet vorgestellt sowie in folgenden Zeitschriften:<br />
Jiddische Lieder und Kleszmermusik. Das Tonarchiv David<br />
Kohans in der Potsdamer Religionswissenschaft. – In: Portal. Die<br />
Potsdamer Universitätszeitung. 3/4. <strong>2002</strong>. S. 30.<br />
Eckstaedt, Aaron: Potsdam/Universität, Kollegium für Jüdische<br />
Studien: Das Tonarchiv David Kohans in der Potsdamer Religionswissenschaft.<br />
– In: Jiddistik Mitteilungen. 27. <strong>2002</strong>. S. 31–32.<br />
Für die Erstellung eines vollständigen Incipitariums liturgischer<br />
Hymnen der Russen vom 11. bis zum 13. Jahrhundert wurden Prof.<br />
em. H. Rothe, Arbeitsstelle Bonn der Patristischen Kommission der<br />
Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, Fördermittel<br />
bewilligt.<br />
Bei den liturgischen Hymnen handelt es sich um Gesänge, die in der<br />
griechisch-orthodoxen Welt an jedem Tag im Gottesdienst gesungen<br />
werden. Sie sind in mehreren Büchern erfasst und auch aufgrund der<br />
früheren gesellschaftspolitischen Verhältnisse in der ehemaligen<br />
UdSSR nur unzureichend ediert. Das Vorhaben wird in Kooperation<br />
mit Wissenschaftlern in Moskau und St. Petersburg durchgeführt.<br />
Seit Beginn des Projektes wurden von den 14 auszuwertenden Quellen<br />
(Menäen von September bis August; Triodion; Pentekostar) die<br />
Menäen für Dezember und April bis September nach 30 Handschriften<br />
und fünf Druckausgaben ausgewertet. Von den zu erwartenden<br />
ca. 23.000 Einheiten sind 19.500 erfasst. Für jede Hymne wird vermerkt:<br />
Incipit, Angaben zur Gattung, Tonart, Musterstrophe, zum<br />
Heiligen bzw. Fest mit Datum sowie, nach Möglichkeit das Incipit<br />
des griechischen Originals.<br />
Es steht aus Festtagsmenäen sowie Triodion und Pentekostar, danach<br />
erneute und besondere Suche nach griechischen Vorlagen<br />
durch Rückübersetzung und Zuhilfenahme des Incipitariums von E.<br />
Follieri. Es ist damit zu rechnen, dass für etwa 10 Prozent slavischer<br />
Hymnen eine Vorlage derzeit nicht zu finden ist. Weiter sind geplant<br />
Register zu Handschriften, Musterstrophen, Gattungen, Tonarten,<br />
Heiligen.<br />
Das Kolloquium „Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik 1933–1945“<br />
fand am 11. und 12. Dezember <strong>2001</strong> im Wallraf-Richartz-Museum/Fondation<br />
Corboud (Dr. R. Budde) mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> statt.<br />
Das Kolloquium ermöglichte über 200 internationalen Fachleuten,<br />
die Ankaufspolitik der Museen während der Zeit des Nationalsozialismus<br />
näher zu beleuchten. Das komplexe Thema „Raubkunst“<br />
wurde aus unterschiedlichen Perspektiven erstmals von Vertretern
139<br />
KUNSTWISSENSCHAFTEN<br />
der Museen, Archive, dem Kunsthandel sowie Provenienzforschern<br />
und Juristen präsentiert und öffentlich diskutiert.<br />
Ausgehend von Rheinischen Museen in Köln und Bonn konnte die<br />
Problematik und das Ausmass von Kunsterwerbungen während der<br />
Zeit zwischen 1933 und 1945 deutlich gemacht werden. Die Darlegung<br />
von Netzwerken kunsthistorischer Forschung und Politik im<br />
Kontext des Kunst- und Kulturgutraubs in Westeuropa lassen das<br />
Ausmaß organisierter Strukturen dieser Zeit erst erahnen. Zum<br />
blühenden Kunsthandel dieser Jahre zählt auch die Beschlagnahmung<br />
und Verwertung sogenannter „entarteter kunst“ und die<br />
Ankäufe für das von Hitler initiierte „Führermuseum Linz“.<br />
Während der Kriegsjahre ist besonders der niederländische und<br />
französische Kunstmarkt in den Handel mit NS-verfolgungsbedingt<br />
entzogenen Kunst- und Kulturgütern verwickelt. Eine Schweizer<br />
Studie zum Kunsthandel während der NS-Zeit prägte neben den<br />
bislang bekannten Begriffen von „Beutekunst“ und „Raubkunst“<br />
den neuen Begriff „Fluchtgut“. Auch im Bundesvermögen befindet<br />
sich ein Restbestand von etwa 2.200 damals in deutschen Reichsbesitz<br />
gelangten Kunst- und Kulturgütern mit ungeklärter Herkunft.<br />
Vertreter amerikanischer und deutscher Museen legten erste Ergebnisse<br />
der häufig langwierigen Nachforschungen zu ehemaligen<br />
Besitzverhältnissen von Kunstwerken dar. Auch im internationalen<br />
Kunsthandel sind zunehmend Provenienzforscher mit der Klärung<br />
von ehemaligen Besitzverhältnissen beauftragt. Die Suche nach<br />
Kunstwerken erleichtern inzwischen Datenbanken, die überwiegend<br />
über das Internet zugänglich sind. Das Kolloquium hat, nicht<br />
zuletzt auch durch die große Medienresonanz, zur Sensibilität im<br />
Umgang mit ungeklärten Besitzverhältnissen bei Kunstwerken wesentlich<br />
beigetragen und eine wichtige Grundlage für die zukünftigen<br />
Erforschungen von Provenienzen während der Jahre 1933–1945<br />
gelegt.<br />
Folgende Publikationen sind im Berichtszeitraum hervorgegangen:<br />
Beckmann, Eva-Maria: Ankaufspolitik der Museen zwischen<br />
1933 und 1945: nicht länger ein weißer Fleck. – In: Museen im<br />
Rheinland. <strong>2002</strong>, 1. S. 7–9.<br />
Kropmanns, Peter: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik<br />
1933–1945. Kolloquium im Wallraf-Richartz-Museum – Fondation<br />
Corboud, Köln, 11./12.12.<strong>2001</strong>. – In: Kunstchronik. 55. <strong>2002</strong>.<br />
S. 166–169.<br />
Terlau, Katja: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik 1933–1945. –<br />
In: Bulletin/Deutscher Museumsbund. <strong>2002</strong>, 1. S. 9/190. – In: Mitteilungen/ICOM-Deutschland.<br />
<strong>2002</strong>, 1. S. 21–23.<br />
Diese Beiträge erscheinen in Kürze zusammen mit denen der Hamburger<br />
Tagung vom Februar <strong>2002</strong> „Die eigene Geschichte“ in einer<br />
Publikation, die von der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste<br />
Magdeburg herausgegeben wird.
Deutscher<br />
Humanismus<br />
1480 – 1520<br />
Sprach- und Literaturwissenschaften<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 140<br />
Die Sprach- und Literaturwissenschaften haben – wie die meisten<br />
anderen Geisteswissenschaften – seit den 60er Jahren erhebliche<br />
Veränderungen erfahren. Dieser Wandel betrifft ebenso die Methodik<br />
dieser Fächer wie die Neubestimmung ihrer Gegenstände. Zu den<br />
Konsequenzen dieser Veränderung zählt nicht zuletzt die zunehmende<br />
Autonomie von Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft, die<br />
sich inzwischen zu weitgehend selbständigen und sehr ausdifferenzierten<br />
Fächern entwickelt haben. Maßgeblich für den skizzierten<br />
Veränderungsprozess war eine deutliche Theoretisierung, die für die<br />
Linguistik ein vorrangiges Interesse an synchronen Fragestellungen<br />
bewirkt hat. Für die Literaturwissenschaft ist spätestens seit den 70er<br />
Jahren eine intensive Debatte über die Möglichkeiten und Varianten<br />
einer Wissenschaft von der Literatur entstanden. Diese Bemühungen<br />
um eine fortschreitende Disziplinierung des Fachs haben eine Reihe<br />
von Paradigmen neben der traditionell dominanten Literaturgeschichte<br />
wie „Rezeptionsästhetik“, „Literatursoziologie“, „Literatursemiotik“<br />
oder „Dekonstruktion“ hervorgebracht. Mit der theoretischen<br />
Revision der Sprach- und Literaturwissenschaften ging die Veränderung<br />
ihres Gegenstandsbereichs einher. Nicht nur die vor allem<br />
schriftlich fixierten Hochsprachen oder ein überkommener Kanon von<br />
Texten bilden heute die Objekte der Forschung, zunehmend ist die<br />
Pluralität von sprachlichen wie literarischen Ausdrucksformen in den<br />
Blick dieser Disziplinen getreten. Zumal für die Literaturwissenschaft<br />
hat die in jüngerer Zeit geführte Diskussion um Eigenheiten und<br />
Funktionen der Medien noch einmal eine erhebliche Revision ihres<br />
Objektbereichs mit sich gebracht. Zunehmend treten die Beziehungen<br />
zwischen Literatur, Film, neuen Medien etc. in das Zentrum des<br />
Interesses. Zum Profil dieser Disziplinen gehört auch die aktuelle<br />
Debatte um ihren Status als Kulturwissenschaften.<br />
In Anbetracht der skizzierten Ausdifferenzierung der Sprach- und Literaturwissenschaften<br />
fördert die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> vorrangig<br />
Projekte, die grundlegende Fragen der Sprach- und Literaturwissenschaften<br />
zum Gegenstand haben. Vor allem ist sie an Forschungsvorhaben<br />
interessiert, bei denen die Untersuchung von Sprache und<br />
Text selbst im Zentrum steht. Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt ebenso Projekte,<br />
denen historische Fragestellungen zugrunde liegen, wie solche,<br />
die den theoretischen Grundlagen dieser Disziplinen gewidmet<br />
sind. Ein besonderes Augenmerk gilt Projekten, die Beziehungen zu<br />
anderen Fächern herstellen. Dabei ist vor allem an Disziplinen gedacht,<br />
die ebenfalls sprachliche Gegenstände erforschen, wie die<br />
Philosophie oder die Theologie.<br />
Für das Projekt „Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon“<br />
erhält Prof. F. J. Worstbrock (Institut für Deutsche Philologie,<br />
Universität München) Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Das Projekt soll ein Lexikon erbringen, das die zentrale Epoche des<br />
deutschen Humanismus durch Artikel über alle Autoren, die am li-
141<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
terarischen und wissenschaftlichen Leben der Zeit beteiligt waren,<br />
erstmals vollständig, gleichmässig und – strikt auf der Grundlage dokumentierter<br />
Quellen – zugänglich macht. Mit ca. 170 Einträgen und<br />
entsprechenden Registern soll das Lexikon das gesamte Netz des humanistischen<br />
Denkens in Deutschland erfassen und auch die bestehende<br />
Forschung zu diesem Zeitraum zusammenführen. Es will damit<br />
sowohl ein Defizit der deutschen Literaturwissenschaft ausgleichen,<br />
als auch ein Referenzwerk für die anderen an der Humanismusforschung<br />
beteiligten Disziplinen (einschließlich der Geschichte<br />
von Mathematik und Naturwissenschaften) bilden. Der disziplinären<br />
Vielfalt des Humanismus Rechnung tragend, soll es zudem einem<br />
verengten Humanismusbegriff entgegenwirken.<br />
Methodisches Muster für das Projekt soll das 1978–2000 in 10 Bänden<br />
erschienene (und demnächst durch einen Nachtragsband ergänzte)<br />
Verfasserlexikon der deutschen Literatur des Mittelalters<br />
(VL) sein.<br />
Mit der „frühen Literaturgeschichtsschreibung in der frühen Neuzeit.<br />
Petrus Crinitus’ De poetis Latinis (1505)“ ist ein von der <strong>Stiftung</strong><br />
gefördertes Projekt befasst, das Prof. G. Vogt-Spira am Institut für Altertumswissenschaften<br />
(Universität Greifswald) durchführt.<br />
Ziel des Projekts ist die Erschließung der Schrift von Petrus Crinitus<br />
„De poetis Latinis“, die ungeachtet ihrer hohen Bedeutung nur in alten,<br />
schwer zu benutzenden Drucken vorliegt, im kategorialen Horizont<br />
frühneuzeitlicher Literaturgeschichtsschreibung.<br />
Petrus Crinitus’ Schrift „De poetis Latinis Libri V“ (zuerst Florenz<br />
1505) ist die erste gedruckte lateinische Literaturgeschichte der Neuzeit.<br />
Crinitus’ Werk, das in 95 Kapiteln jeweils einen Autor behandelt<br />
und dabei eine Sammlung und Systematisierung der Überlieferung<br />
bietet, schließt an die antiquarische Literaturforschung an – explizit<br />
genanntes Modell bildet Suetons im 15. Jahrhundert wiederentdeckte<br />
Schrift „De grammaticis et rhetoribus“. Die Schrift bleibt für<br />
das gesamte 16. Jahrhundert maßgeblich und wird bis ins 18. Jahrhundert<br />
viel benutzt. Allein bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts erfährt<br />
sie neun weitere Auflagen und mindestens zehn Teilabdrucke.<br />
Sie ist damit ein Schlüsselwerk der Literaturgeschichtsschreibung<br />
und erfüllt eine Scharnierfunktion in der Vorstellungsbildung über<br />
die antike lateinische Dichtung; denn die „moderne“ Literaturgeschichtsschreibung<br />
der klassischen Philologie in den letzten beiden<br />
Jahrhunderten ist ihrerseits von den Weichenstellungen der Renaissance<br />
abhängig.<br />
Crinitus’ Schrift soll durch eine zweisprachige kritische Edition wieder<br />
zugänglich gemacht und in der Eigenart seiner literaturhistorischen<br />
Vorgehensweise sowohl für die Literaturgeschichte als auch<br />
als Paradigma frühneuzeitlicher Literaturgeschichtsschreibung im<br />
zeitgenössischen Umfeld erschlossen werden. Damit soll auch die in<br />
der Literaturgeschichtsschreibungsforschung bis in die 80er Jahre<br />
des 20. Jahrhunderts hinein als kanonisch geltende Anschauung kor-<br />
De poetis<br />
Latinis
Documenta<br />
Orthographica<br />
rigiert werden, dass von historischer Forschung auf dem Gebiet der<br />
römischen Literaturgeschichte vor der Begründung der philologischhistorischen<br />
Wissenschaften Anfang des 19. Jahrhunderts nicht die<br />
Rede sein kann. Das paradigmatische Verfolgen des wirkungsgeschichtlichen<br />
Aspekts verspricht außerdem, Fortschreibung und<br />
Transformation des Wissens sowie methodischen Wandel deutlich<br />
werden zu lassen – im Kontext der Frage, wie man zu verschiedenen<br />
Zeiten unterschiedlich mit Literatur umgegangen ist.<br />
Prof. R. Bergmann (Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaft und<br />
ältere deutsche Literatur, Universität Bamberg), Prof. F. Debus (Germanistisches<br />
Seminar, Universität Kiel) und Prof. D. Nerius (Institut<br />
für Germanistik, Universität Rostock) erhalten Fördermittel für das<br />
Projekt „Documenta Orthographica. Quellen zur Geschichte der<br />
deutschen Orthographie vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart“.<br />
Das Projekt beabsichtigt, bisher nicht oder seit langem nicht wieder<br />
veröffentlichte Arbeiten aus der Geschichte der deutschen Orthographie<br />
und der orthographischen Theorie sowie bisher unpublizierte<br />
oder weitgehend unzugängliche Dokumente zur Reform der deutschen<br />
Orthographie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.<br />
Die auf ca. 30 Bände angelegte Reihe „Documenta orthographica“<br />
soll sich in eine ältere und eine neuere Abteilung gliedern und nur<br />
schwer erreichbare oder unbekannte Arbeiten und Dokumente in<br />
kommentierter Fassung enthalten.<br />
In der älteren Abteilung A werden Quellenschriften zur Geschichte<br />
der deutschen Orthographie und zu den um die Orthographie geführten<br />
zeitgenössischen Auseinandersetzungen aus dem 16. bis 18.<br />
Jahrhundert ediert (u. a. Schriyfftspiegel, Köln o.J. [1527], Hager:<br />
Teütsche Orthographia. [Hamburg 1639], Die Bemühungen um die<br />
deutsche Orthographie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />
[Fulda/Nast/Hemmer/Klopstock u. a.]).<br />
Bereits publiziert wurden:<br />
Abt. A, 16.–18. Jahrhundert, Bd. 6: Freyer, H.: Anweisung zur<br />
Teutschen Orthographie. Hrsg. von Petra Ewald. – Hildesheim<br />
usw.: Olms, 1999.<br />
In Kürze werden erscheinen:<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 142<br />
Abt. A. 16.–18. Jahrhundert, Bd. 3: Lambeck, H.: Düedsche<br />
Orthographie, Hamburg 1633, und Chr. A. Hager: Teütsche<br />
Orthographia. Hamburg 1639. Hrsg. von Rolf Bergmann und<br />
Ursula Götz.<br />
Abt. A, 16.–18. Jahrhundert, Bd. 4: Gueintz, Chr.: Die deutsche<br />
Rechtschreibung. Halle 1645. Hrsg. von Claudine Moulin-Frankhänel.
143<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
Abt. A, 16.–18. Jahrhundert, Bd. 8, 1.2.: Die Bemühungen um die<br />
deutsche Orthographie in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.<br />
Hrsg. von Petra Ewald.<br />
In der neueren Abteilung B liegt der Schwerpunkt auf der Neuerschließung<br />
von z. T. weit verstreuten Arbeiten von Sprachwissenschaftlern<br />
des 19. und 20. Jahrhunderts, die die Einheitsorthographie<br />
maßgeblich beeinflusst haben (u. a. Schriften von J. Grimm, D. Sanders,<br />
W. Wilmanns, K. Duden) sowie auf der Publikation von Dokumenten<br />
zu den Bemühungen um eine Reform der deutschen Orthographie.<br />
Bereits erschienen sind:<br />
Dokumente zur neueren Geschichte einer Reform der deutschen<br />
Orthographie: die Stuttgarter und Wiesbadener Empfehlungen.<br />
Hrsg. von Hiltraud Strunk. – Hildesheim usw.: Olms, 1998.<br />
(Documenta Orthographica: Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert; Bd.<br />
10, 1.2) – Bd. 1. Stuttgarter Empfehlungen (1954). – Bd. 2. Wiesbadener<br />
Empfehlungen (1959)<br />
Dokumentation zur neueren Geschichte der deutschen Orthographie<br />
in der Schweiz. Hrsg. von Roman Looser. – Hildesheim usw.:<br />
Olms, 1998. (Documenta Orthographica: Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert;<br />
Bd. 9)<br />
Dokumentation zur neueren Geschichte der deutschen Orthographie<br />
in Österreich. Hrsg. von Richard Schrodt. – Hildesheim usw.<br />
Olms, 2000. (Documenta Orthographica: Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert;<br />
Bd. 8)<br />
Die orthographischen Konferenzen von 1876 und 1901. Hrsg. von<br />
Dieter Nerius. – Hildesheim usw.: Olms, <strong>2002</strong>. XVIII, 332 S.<br />
(Documenta orthographica; Abt. B, Bd. 5).<br />
Demnächst werden erscheinen:<br />
Die orthographischen Schriften von Daniel Sanders. Hrsg. von<br />
Ilse Rahnenführer. Abt. B, 19 und 20. Jahrhundert, Bd. 3<br />
Wilhelm Wilmanns: Die Orthographie in den Schulen Deutschlands.<br />
Hrsg. von F. Debus. Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 6<br />
Konrad Dudens Schriften zur deutschen Orthographie. Hrsg. von<br />
Dieter Nerius. Abt. B, 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 4.<br />
Der Band ,Heiligenleben’ des ,Katalogs der deutschsprachigen illustrierten<br />
Handschriften des Mittelalters’ wird mit Unterstützung der<br />
<strong>Stiftung</strong> unter Leitung von Prof. J.-D. Müller (Kommission für Deutsche<br />
Literatur des Mittelalters, Bayerische Akademie der Wissenschaften,<br />
München) erarbeitet. Bearbeiterin ist Dr. U. Bodemann-Kornhaas.<br />
Der Katalog erfasst sämtliche illustrierten oder zur Illustration bestimmten<br />
mittelalterlichen Handschriften deutscher Sprache bzw.<br />
mit deutschen Sprachanteilen. Ausgehend von literarischen Stoffen,<br />
Mittelalter<br />
Heiligenleben
Wartburgkrieg<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 144<br />
nach deren alphabetischer Anordnung der Katalog in 147 Sachgruppen<br />
gegliedert ist, versteht er sich als ein transdisziplinär angelegtes<br />
Arbeitsinstrument, das zur Erhellung der Wechselbeziehungen zwischen<br />
Literatur und Bildkunst beiträgt.<br />
Im Band ,Heiligenleben’ wird die bebilderte handschriftliche Überlieferung<br />
deutschsprachiger Lebensbeschreibungen einzelner Heiliger<br />
dokumentiert und erforscht. Diese Stoffgruppe ist abzugrenzen<br />
von derjenigen der ,Legendare’, in denen zahlreiche Heiligenleben<br />
sich zu umfangreichen, meist kalendarisch angeordneten Sammlungen<br />
zusammenfinden. Einzelviten dagegen sind an die lokale, ordensspezifische<br />
oder auch ganz private Verehrung bestimmter Heiliger<br />
gebunden. Häufig bebildert sind die Viten beliebter Heiliger wie<br />
Franz von Assisi oder Katharina von Siena, doch auch zu überregional<br />
unbekannteren Heiligen (Sebaldus, Wiborada) gibt es vereinzelte<br />
Bildüberlieferungen in Handschriften. Das Spektrum der Illustrationstypen<br />
reicht von umfangreichen Bildzyklen (z. B. 240 Federzeichnungen<br />
zu einem Franziskusleben in einer Pariser Handschrift)<br />
bis hin zu singulären Bildinitialen oder auch in den handschriftlichen<br />
Text eingeklebten Heiligenbildchen. Entsprechend der Befunde ist<br />
der Band ,Heiligenleben’ gegliedert in 34 Untergruppen (zu 34 Heiligen<br />
von Afra bis Wiborada). Er wird ca. 75 Katalogartikel zu illustrierten<br />
Heiligenlebenhandschriften enthalten; hinzu treten ca. 25<br />
Artikel zu illustrierten Frühdrucken, welche die handschriftliche<br />
Überlieferung seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts fortführen,<br />
ergänzen, z. T. auch neu anregen, sowie 34 in die Untergruppen<br />
einführende Übersichtsartikel, die über Grundzüge der jeweiligen<br />
Ikonographie, Zusammenhänge mit der lateinischen Text-Bild-<br />
Überlieferung u. ä. informieren.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> stellte PD Dr. B. Kellner (Seminar für Deutsche Philologie,<br />
Universität Göttingen) und Prof. P. Strohschneider (Institut für<br />
Deutsche Philologie, Ludwig-Maximilians-Universität München) für<br />
das Forschungsvorhaben „Kommentare zum Wartburgkrieg“ Fördermittel<br />
zur Verfügung.<br />
So prominent der ,Sängerkrieg auf der Wartburg’ in Deutschland als<br />
Mythos ist, so sehr bedarf das unter dem Sammeltitel „Wartburgkrieg“<br />
geführte komplexe Geflecht mittelhochdeutscher Sangspruch-<br />
und meisterlicher Dichtungen bis heute der systematischen<br />
editorischen, interpretatorischen sowie literarhistorischen und wissensgeschichtlichen<br />
Erschließung.<br />
Diese mangelnde Aufarbeitung ergibt sich zum einen aus der Komplexität<br />
der Überlieferungslage. Das Textkonglomerat liegt – unter<br />
verschiedenen Autorennamen – in 30 verschiedenen Codices und<br />
Fragmenten vor, die nicht nur nach Graphie und Wortlaut, sondern<br />
auch nach Strophenbestand und -anordnung so stark divergieren,<br />
dass alle Versuche einer systematischen oder editorisch plausiblen<br />
Sortierung bislang scheiterten. Zum anderen wird der Zugang erschwert<br />
durch die historische Fremdheit der hier begegnenden Text-
145<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
formen sowie durch deren vielfältige Verrätselungsverfahren auf allen<br />
Ebenen, die zu starken Verständnisschwierigkeiten führen.<br />
Um diese Forschungssituation zu ändern, soll das Projekt zunächst<br />
für den Kernbereich der „Wartburgkrieg“-Gedichte, nämlich „Fürstenlob“,<br />
„Rätselspiel“ und „Zabulons Buch“, eine Edition mit bereinigten<br />
Abdrucken der von den drei Haupthandschriften überlieferten<br />
Textfassungen bereitstellen. In einem zweiten Schritt soll für<br />
diese Texte eine ausführliche Kommentierung erarbeitet werden.<br />
Diese wird von der Annahme getragen sein, dass das Textfeld „Wartburgkrieg“<br />
in seiner ungewöhnlichen Problemdichte und Differenziertheit<br />
einen Literaturzusammenhang erhellt, dem paradigmatische<br />
Bedeutung für viele Aspekte der hoch- und spätmittelalterlichen<br />
höfischen Literatur zukommt. Diese Texte können als eine<br />
Selbstbeschreibung höfischer Literatur verstanden werden, ihrer<br />
Tradition und Geltungsansprüche, ihrer kommunikativen Kontexte<br />
und deren ritueller Strukturierung, ihrer poetischen Strategien und<br />
ästhetischen Theorien sowie ihrer Wissensansprüche.<br />
Um diese komplexen Zusammenhänge zu erhellen, sollen die Kommentare<br />
mehrschichtig angelegt werden: Erstens sollen sie konkrete<br />
Probleme der Wortbedeutung, Grammatik, der Textüberlieferung<br />
und zeitgenössischer Anspielungen klären; zweitens werden sie die<br />
Frage der Verschriftlichung von Mündlichkeit fokussieren, drittens<br />
die Verfahren der textuellen Kohärenzbildung (in Argumentationsmustern,<br />
Metaphorik etc.), viertens Methoden und Strategien der Popularisierung<br />
gelehrten Wissens in der Volkssprache; fünftens sollen<br />
sie die Forschung zu diesen Bereichen dokumentieren. Ausgespart<br />
wird dagegen das (einer eigenen Erschließung bedürftige) Feld der<br />
Rezeption des ,Sängerkrieges’ vom 19. Jahrhundert bis zur Frankfurter<br />
Schule.<br />
Mit der Edition und Kommentierung der Litauischen Postille von 1573<br />
sind Prof. H. Schmidt-Glintzer (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel)<br />
und Prof. J. Gippert (Institut für vergleichende Sprachwissenschaft,<br />
Phonetik und Slavische Philologie, Universität Frankfurt a. M.)<br />
befasst, finanziell unterstützt von der <strong>Stiftung</strong>. Bearbeiterin des Projekts<br />
ist Dr. J. Gelumbeckait . e.<br />
Die Handschrift der evangelischen Postille von 1573, auch Wolfenbütteler<br />
Postille genannt (das Unikat wird seit 1648–49 in der Herzog<br />
August Bibliothek aufbewahrt, Sign.: Cod. Guelf. 11.2. Aug. 2o ) ist<br />
die erste bisher bekannte litausche Predigtensammlung. Die Postille<br />
Abb. 15: Projekt „Edition und Kommentierung der Litauischen Postille<br />
von 1573“: Linke Seite: Titelblatt der Litauischen Postille von 1573<br />
(Sign. HAB: Cod. Guelf. 11. 2 Aug. 2º). Rechte Seite: Seite 1r der Litauischen<br />
Postille von 1573. Anfang der ersten Predigt Advents, die aus der<br />
lateinischen Postille (1561) des dänischen Theologen Niels Hemmingsen<br />
(Predigt „Dominica prima Adventus, Matth. 21.“) übersetzt wurde.<br />
Litauische<br />
Postille
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 146
147<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 148<br />
besteht aus 295 Folioblättern und stellt einen der umfangreichesten<br />
litauischen Texte des 16. Jhs. dar, zugleich den ersten zusammenhängenden<br />
handschriftlichen Text. Damit ist das Manuskript eine<br />
der wichtigsten Quellen der litauischen Sprache, Kultur- und Kirchengeschichte.<br />
Das einmalige Sprachdenkmal birgt wichtige Informationen<br />
über den litauischsprachigen Teil des Herzogtums Preußen<br />
im 16. Jh. Bis jetzt gibt es weder eine kritische Edition der Handschrift<br />
noch eine ausführliche Monographie über die Postille.<br />
Die Edition und Kommentierung der Postille soll das Werk als<br />
sprach-, literatur- und kulturhistorisches Dokument erschliessen, so<br />
dass weitere Forschung daran anschliessen kann. Aufgaben der Edition<br />
sind folgende:<br />
– Beschreibung der Handschrift (Geschichte, Feststellung der<br />
Quellen);<br />
– diplomatisch-dokumentarische Wiedergabe des Textes;<br />
– kritischer Apparat (Dokumentation der Textgenese);<br />
– Kommentare: sprachliche und fachliche Erläuterungen und<br />
Ergänzungen des Textes (Besonderheiten der Übersetzung; synoptischer<br />
Vergleich der vorkommenden Bibel- und Autorenzitate<br />
mit den Quellen, im Fall der Bibel mit den späteren Übersetzungen<br />
des 16. Jhs.);<br />
– Register: Erklärung der Abkürzungen, Personen-, Ortsnamen,<br />
Zitate;<br />
– Wortformenkonkordanz (Eingliederung in die Digitalisierte Konkordanz<br />
sämtlicher litauischer Manuskripte und Drucke des 16.-<br />
17. Jhs. und in das Litauische Sprachhistorische Wörterbuch).<br />
Die Postille besteht aus zwei Teilen: 29 Predigten Advent-Ostern und<br />
43 Predigten Ostern-Advent. Der Verfasser des Textes ist nicht bekannt.<br />
Die Identifikation der drei im Text und in Marginalien vorkommenden<br />
Handschriften erschließt nicht den Autor, weil die Postille<br />
eine Abschrift ist. Dafür zeugen z. B. Kommentare, einzelne<br />
Verschreibungen und Übersetzungsfehler. Laut Titelblatt wurden lateinische<br />
Originaltexte von mehr als neun Autoren übersetzt (Hemingsen,<br />
Corvinus, J. Spangenberg, Luther, Melanchthon, Brenz,<br />
Seehofer, Culmann, Willich); nur hinter 33 Predigten stehen Autorennamen.<br />
Die Quellen der anderen Predigten müssen noch gefunden<br />
werden. Die Postille scheint bis 1890 völlig vergessen worden zu<br />
sein. Ihre Entstehung, Geschichte und ihr Weg nach Wolfenbüttel<br />
lässt sich bis jetzt noch nicht nachvollziehen.<br />
Die Handschrift wurde zunächst graphisch digitalisiert. Der Text der<br />
Handschrift wird diplomatisch-getreu abgeschrieben. Um den Text<br />
möglichst exakt wiederzugeben, wurden spezielle Fonts entwickelt.<br />
Orthographie und Interpunktion werden konsequent beibehalten.<br />
Im Ergebnis soll der edierte Text die Entstehung des Manuskripts in<br />
allen Stufen nachvollziehen.<br />
j
149<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
Folgende Publikation sind aus dem Projekt hervorgegangen:<br />
Gelumbeckait . e, Jolanta: Wolfenbüttelio postil . e. Parenge ir vada<br />
parasˇ . e hum. m. dr. Juozas Karaciejus.– In: Archivum Lithuanicum.<br />
2. 2000. S. 173–194.<br />
Gelumbeckait . e, Jolanta: Bibliotheca Augusta, jos istorija ir lietuvisˇkos<br />
knygos. – In: Archivum Lithuanicum. 2. 2000. S. 75–98.<br />
Gelumbeckait . e, Jolanta: „In sensum barbaries gentium corrigatur“.<br />
Das Rätsel der litauischen Postille von 1573. – In: Wolfenbütteler<br />
Barock-Nachrichten. 27, 2. 2000. S. 85–107.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> fördert das Projekt „Rekonstruktion der Königsberger<br />
Bibliothekslandschaft um 1750 – Erstellung eines virtuellen Gesamtkatalogs<br />
und eines Handbuchs der Königsberger Bibliotheken“, das<br />
von Prof. K. Garber und Dr. A. E. Walter (Interdisziplinäres Institut<br />
für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit, Universität Osnabrück)<br />
durchgeführt wird.<br />
In Königsberg war seit der Säkularisierung eine Bibliothekslandschaft<br />
gewachsen, die aufgrund ihrer exponierten Lage – im engen Kontakt<br />
mit dem polnischen, baltischen und russischen Kulturraum – über<br />
Jahrhunderte hinweg ein spezifisches Profil ausgebildet hatte. Deshalb<br />
kam den Königsberger Bibliotheken der Rang einer herausragenden<br />
Memorialstätte zu. Sie bargen weit über eine Million Bände,<br />
darunter tausende von Handschriften, rund 1.000 Inkunabeln und<br />
weit mehr als 100.000 Altdrucke. Im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges<br />
ist diese Bibliothekslandschaft samt ihren Katalogen zerstört<br />
worden. Um so bemerkenswerter war der Fund des Kaliningrader<br />
Mathematikers und Universitätshistorikers Prof. Kazimir Lavrinovitch,<br />
der im russischen Staatsarchiv auf die handschriftlichen Kataloge<br />
verschiedener Königsberger Bibliotheken von ca. 1758 stieß.<br />
Mit diesen Katalogen, die auf mehr als 3.000 Seiten über 26.000 Titel<br />
aus fünf großen Königsberger Bibliotheken verzeichnen (und die für<br />
die Bibliothek des Osnabrücker Interdisziplinären Instituts für Kulturgeschichte<br />
verfilmt wurden), ist es erstmals möglich, einen nahezu<br />
vollständigen Überblick über den wertvollsten Buchbestand in Königsberg<br />
bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts zu gewinnen und damit –<br />
in einem bislang einzigartigen Versuch – unter Einsatz moderner Medien<br />
eine untergegangene Bibliothekslandschaft zu rekonstruieren.<br />
Ziel des Projektes ist es, einen über www.gateway allgemein zugänglich<br />
virtuellen Gesamtkatalog der Altdruckbestände der Königsberger<br />
Bibliotheken zu erstellen, der die Werke mit knappen bibliographischen<br />
Hinweisen identifizierbar macht und auf andere<br />
noch in osteuropäischen Bibliotheken verfügbare Exemplare verweist.<br />
Zudem soll ein Handbuch der Königberger Bibliotheken im 18.<br />
Jahrhundert erarbeitet werden. Der erste Teil des Handbuches soll in<br />
die Kulturgeschichte Königsbergs – insbesondere in deren ,Grosses<br />
(18.) Jahrhundert’ – einführen, der zweite Teil soll die Geschichte der<br />
Bibliotheken und ihrer Bestände (systematisch seit 1750) darstellen.<br />
Königsberg<br />
Bibliotheken
F. Schiller<br />
J. W. Goethe<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 150<br />
Im ersten Projektjahr sind die Kataloge der Geheimen Etats-Kanzlei<br />
(833 Katalognummern) und der Universitätsbibliothek (4.492 Nummern)<br />
komplett in eine Datenbank überführt worden. Zur Zeit wird der<br />
Katalog der Wallenrodtschen Bibliothek übertragen. In einem zweiten<br />
Arbeitsschritt werden die Daten aus den Katalogen, die in der Regel<br />
nicht mehr als einen Kurztitel aus zwei bis drei Worten, den Druckort<br />
und das Druckjahr verzeichnen, systematisch ergänzt, um sie bibliographisch<br />
identifizier- und recherchierbar zu machen. Dabei werden<br />
Exemplarnachweise aus internationalen Bibliotheken hinzugefügt.<br />
Soweit bislang Drucke, die ehemals in den Königsberger Bibliotheken<br />
standen, inzwischen wieder nachweisbar sind, werden diese an erster<br />
Stelle mit ihrer alten Signatur und ihrem heutigen Standort angegeben.<br />
Dieser zweite Arbeitsschritt ist inzwischen für die Bibliothek der<br />
Geheimen Etats-Kanzlei sowie für die Inkunabeln und Drucke des 16.<br />
Jahrhunderts aus der Universitätsbibliothek abgeschlossen.<br />
Der Kommentierung der Historischen Schriften von Friedrich Schiller<br />
innerhalb der Schiller-Nationalausgabe, die im Deutschen Literaturarchiv,<br />
Marbach (Prof. U. Ott) erarbeitet wird, dienen Fördermittel<br />
der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die sogenannte Schiller-Nationalausgabe, d. h. die Historisch-Kritische<br />
Edition samt Kommentar von Friedrich Schillers sämtlichen<br />
Werken und Briefen sowie der erhalten gebliebenen an ihn gerichteten<br />
Briefe, wurde 1940 von Julius Petersen begründet und wird seither<br />
im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar bzw. heute<br />
der „<strong>Stiftung</strong> Weimarer Klassik“ und des Schiller-Nationalmuseums<br />
in Marbach herausgegeben. Die Grundkosten der Ausgabe werden<br />
von den Ländern Baden-Württemberg und Thüringen getragen. Die<br />
vollständige Ausgabe wird 42 Bände in insgesamt 57 Teilbänden<br />
umfassen und soll bis zum Schiller-Jahr 2005 (dem 200. Todesjahr)<br />
abgeschlossen vorliegen. <strong>2001</strong> erschien der Kommentar zum letzten<br />
Band der Briefe an Schiller, zwei Bände mit Lebenszeugnissen stehen<br />
kurz vor dem Abschluss. Abgesehen vom Gesamtregister stehen<br />
die Bände 19 I und 19 II (Nachträge und der Kommentar zu den Historischen<br />
Schriften) noch aus.<br />
Im Anschluss an eine durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützte Tagung in Marbach/Steinbach<br />
wurde beschlossen, die Historischen Schriften, die in<br />
den Bänden 17 (1970) und 18 (1976) der Nationalausgabe ohne Apparat<br />
und Kommentar ediert worden waren, in zwei weiteren Bänden<br />
mit Ergänzungen, dem philologischen Apparat und einem geschichtswissenschaftlichen<br />
Kommentar zu versehen.<br />
Für die beiden Registerbände der bereits mehrfach von der <strong>Stiftung</strong><br />
geförderten Studienausgabe von Goethes Werken nach Epochen seines<br />
Schaffens (Münchner Ausgabe) stellte die <strong>Stiftung</strong> Prof. K. Richter<br />
(Fachrichtung Germanistik/Universität des Saarlandes, Saarbrücken)<br />
weitere Fördermittel bereit.<br />
Die Ausgabe „J. W. Goethe: Sämtliche Werke nach Epochen seines<br />
Schaffens“ (Münchner Ausgabe), hrsg. von Karl Richter in Zusam-
151<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
menarbeit mit Herbert G. Göpfert, Norbert Miller, Gerhard Sauder<br />
und Edith Zehm, München 1985 ff., stellt in neuer Weise zusammen,<br />
was den epochalen Konstellationen in Leben und Schaffen Goethes<br />
nach zusammengehört. Sie verläßt die bisher übliche bandweise Zusammenordnung<br />
nach Gattungen. Die neuartige Präsentation des<br />
viele tausende Titel umfassenden Goethe-Werkes machen gute Registerbände<br />
zu einem wichtigen ergänzenden Instrument der Orientierung.<br />
Der erste Band mit dem Namens- und Ortsregister ist weitgehend<br />
fertiggestellt. Der zweite Band mit dem Werk- und Sachregister ist<br />
bereits in Arbeit.<br />
Prof. F. Vollhardt (Institut für Neuere deutsche Literatur, Universität<br />
Gießen) wurden Fördermittel für das Projekt „Georg Büchner und<br />
die Wissenschaften. Ein Beitrag zur Methodologie der Kulturwissenschaften“<br />
bewilligt.<br />
Das Projekt hat eine doppelte, theoretisch-methodologische und<br />
praktisch-analytische Zielsetzung. Im Theoriebereich soll es sich mit<br />
dem Verhältnis der Literaturwissenschaft zu den Kulturwissenschaften<br />
auseinandersetzen, über das in den letzten Jahren in allen<br />
großen Philologien intensiv diskutiert wird.<br />
Das Forschungsvorhaben soll ermitteln, ob und wie eine kulturwissenschaftliche<br />
Erweiterung der traditionellen Philologie deren Leistungen<br />
steigern kann. Es soll eine Begründungstheorie des neuen<br />
Analysevorgehens entwickelt werden, die über die traditionelle Literaturwissenschaft<br />
hinausreicht. Diese soll reglementieren, welches<br />
die spezifischen Erkenntnisobjekte des dann „kulturwissenschaftlichen“<br />
Ansatzes sind, eine spezifische Terminologie entwickeln und<br />
die zugehörigen Erkenntnisverfahren sowie deren spezielle Darstellungsformen<br />
festlegen.<br />
Die Tauglichkeit des solcherart theoretisch entwickelten Analysevorgehens<br />
soll sich darin erweisen, wie effizient es zunächst eine bestimmte<br />
Forschungslücke zu schließen erlaubt, nämlich in bezug auf<br />
das wissenschafts- und philosophiegeschichtliche Œuvre von Georg<br />
Büchner. Büchner eignet sich für eine derartige Untersuchung ganz<br />
besonders, weil er in verschiedenen Wissens- und Handlungsfeldern<br />
tätig war, deren Verknüpfung in einer Studie ein Desiderat darstellt.<br />
Als vergleichender Anatom und Philosophiehistoriker schlug er gegen<br />
Ende seines kurzen Lebens eine wissenschaftlich-akademische<br />
Laufbahn ein und kam in seinen Naturforschungen zu Ergebnissen,<br />
die in dieser Fachdisziplin von weitreichender Bedeutung waren.<br />
Diese Tatsachen werden in der Büchner-Biographik zwar gesehen,<br />
sind aber nicht für den Entwurf eines Gesamtzusammenhangs innerhalb<br />
des Œuvres fruchtbar gemacht worden.<br />
So wurden erstens die in den letzten Jahren erlangten differenzierten<br />
Forschungserkenntnisse zu Unterschieden und Verbindungen zwischen<br />
der romantisch-naturphilosophischen und der neu entstehen-<br />
G. Büchner
Deutschjüdische<br />
Periodika<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 152<br />
den empirisch-wissenschaftlichen Denkweise nicht auf Büchner<br />
übertragen, weshalb seine Rolle in der szientistisch-philosophischen<br />
Revolution der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute noch zu<br />
erschließen bleibt.<br />
Zweitens wurde der innere Zusammenhang von Büchners sowohl<br />
philosophiegeschichtlichem wie naturwissenschaftlichem Schreiben<br />
mit seinem literarischen Werk nicht hinreichend erläutert. Im Zentrum<br />
von Büchners naturphilosophischer Begründungstheorie, die er<br />
seinen Studien voranstellte, steht ein „Gesetz der Schönheit“ als fundamentales<br />
„Urgesetz“ aller Naturphänomene, das ein Scharnier<br />
zwischen Ästhetik und Naturwissenschaft bildet.<br />
Diese beiden Forschungsdefizite soll ein kulturwissenschaftlicher<br />
Ansatz schließen: Büchners naturwissenschaftlichen wie philosophiegeschichtlichen<br />
Texte werden zunächst innerhalb ihrer eigenen<br />
Diskurstraditionen interpretiert und in einem „genetischen“ Zusammenhang<br />
gesehen. Vor diesem Hintergrund werden dann die Besonderheit<br />
von Büchners Dichtung und deren Bedeutung im Kontext des<br />
19. Jahrhunderts fassbar, die nicht zuletzt darin besteht, dass der Autor<br />
ihr Erkenntnisse eigener wie auch fremder naturwissenschaftlicher<br />
Studien einschrieb (die z.T. bis in dramaturgische oder narrative<br />
Strukturen hinein nachweisbar sind). Ziel des Projekts ist also eine<br />
differenzierte Analyse und Interpretation der Büchnerschen Texte,<br />
die zugleich eine textauslegende Fundierung kulturwissenschaftlicher<br />
Verfahren vor Augen führt.<br />
Für das von Prof. H. O. Horch (Germanistisches Institut, RWTH<br />
Aachen) initiierte Projekt „Von der Kritik zur Kulturzeitschrift: Die<br />
Kunstkritik deutsch-jüdischer Periodika 1837–1922“ wurden Fördermittel<br />
der <strong>Stiftung</strong> bewilligt. Bearbeiterin ist Dr. S. Rohde.<br />
Gibt es eine jüdische Kunstkritik? Zumindest gibt es seit 1837 kritische<br />
Beiträge über Kunst, Künstler und ihre Beziehung zum Judentum<br />
in deutsch-jüdischen Periodika. Sie berichten über Ausstellungen<br />
im In- und Ausland, reflektieren die Aufgaben einer »jüdischen«<br />
Kunst oder die Verantwortung jüdischer Künstler gegenüber dem<br />
Judentum. Sie erörtern Sinn und Ziele jüdischer Museen, skizzieren<br />
mögliche Wege einer Kunsterziehung in Europa und in Palästina. Sie<br />
bieten biographische Notizen zu zeitgenössischen Malern und Bildhauern,<br />
behandeln aber auch die künstlerische Darstellung einzelner<br />
Sujets. Keines der Genres in Malerei und Plastik wird ausgespart,<br />
jegliche Technik interessiert. Weitaus seltener werden Architektur<br />
und Kunstgewerbe in den Blick genommen.<br />
Bis Ende des 19. Jahrhunderts schreiben in den Periodika durchwegs<br />
Laien. Später kommen mit Karl Schwarz, Lothar Brieger, Rachel<br />
Wischnitzer-Bernstein, Paul Zucker oder Max Osborn zumeist professionelle<br />
Kunsthistoriker zu Wort, die gleichermaßen auf dem Gebiet<br />
der »jüdischen« wie der allgemeinen Kunstgeschichte forschen<br />
und dementsprechend auch in einem breiten medialen Spektrum publizieren.
153<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
»Jüdisch« ist diese Kunstkritik insofern sie von Juden für Periodika<br />
geschrieben wurde, die sich an ein vorwiegend jüdisches Publikum<br />
richten. Sie greift alle allgemein diskutierten Themen auf – die Auseinandersetzung<br />
um Impressionisten und Avantgardekünstler nicht<br />
minder wie die über Nationalkunst. Was sie von der allgemeinen Kritik<br />
unterscheidet, ist eine spezifische Perspektive: die Autoren stellen<br />
das Œuvre jüdischer Künstler ins Zentrum und vermitteln damit<br />
gleichzeitig deren Stellenwert im Kunstbetrieb. Langbehns »Rembrandtdeutscher»<br />
wird weniger unter dem Aspekt der »Nationalkunst«<br />
als unter dem Stichwort »Antisemitismus« diskutiert; Nationalkunst<br />
meint nicht nur deutsche oder französische Kunst, sondern<br />
fragt auch nach einer national-jüdischen Kunst; die Museumsfrage<br />
ist zugespitzt auf jüdische Museen.<br />
Erklärtes Ziel der Herausgeber und Kritiker jüdischer Periodika ist<br />
die Nutzung von Kunst als Erziehungsinstrument, zur Vermittlung<br />
von Bildung sowie als Spiegel der eigenen Geschichte und der Welthistorie.<br />
Im Forscher wecken ihre Berichte eine besondere Aufmerksamkeit<br />
für die Wahrnehmung der jüdischen wie der nichtjüdischen<br />
Welt, für Formen der Aneignung und Abgrenzung des Anderen innerhalb<br />
und außerhalb des Judentums durch die jüdischen Künstler<br />
und ihre Kritiker. Diesen Blick auf jüdische Augen auf die innerjüdische<br />
und die nichtjüdische Umwelt festzuhalten, ist Ziel des Projekts.<br />
Es werden ca. 25 einflussreiche Periodika unterschiedlicher religiöser<br />
und politischer Tendenz untersucht. Die eruierten Texte werden<br />
in einer Datenbank verwaltet, die nach Abschluss des Projekts auch<br />
dem allgemeinen Publikum im Internet zugänglich sein wird.<br />
Prof. Z. Shavit (School of Cultural Studies, Culture Research Unit, Tel<br />
Aviv University) arbeitet – unterstützt von der <strong>Stiftung</strong> – an dem<br />
Projekt „Im Angesicht der Katastrophe: Jüdische Kindheit und jüdische<br />
Kinderliteratur in Deutschland während des Dritten Reiches,<br />
1933–1941“.<br />
Zu Beginn der Jahres erfolgten zwischen den beteiligten Projektmitarbeiterinnen<br />
G. von Glasenapp (Frankfurt a. M.), O. Selinger, C.<br />
Livnat (beide Tel Aviv) in Absprache mit der Projektleiterin mehrere<br />
Koordinierungsgespräche, bei denen der genaue Charakter der Veröffentlichung<br />
der Forschungsergebnisse in zwei Bänden zusammengefasst<br />
wurde.<br />
Der erste Band soll folgende Beiträge enthalten:<br />
– Vorwort (von Z. Shavit und G. von Glasenapp)<br />
– Erstes Kapitel: „,Ich gehöre hier nicht mehr her’. Die Situation<br />
jüdischer Kinder und Jugendlicher in Deutschland zwischen 1933<br />
und 1941“<br />
– Zweites Kapitel: „Bücher und Zeitungen für jüdische Kinder und<br />
Jugendliche während des Dritten Reiches“<br />
Jüdische<br />
Kinderliteratur
Jüdische<br />
Literatur<br />
Lateinamerika<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 154<br />
– Drittes Kapitel: „Doppelte Identität. Die Spannung zwischen jüdischer<br />
und deutscher Identität jüdischer Kinder und Jugendlicher<br />
nach 1933 – die zionistische Bewegung und der Centralverein“<br />
– Viertes Kapitel: „,Ich will notieren, was ich weiß’. Jüdische Kindheit<br />
und Jugend während des Dritten Reiches in autobiographischen<br />
Texten“<br />
– Fünftes Kapitel: „Der private Lebensbereich jüdischer Kinder und<br />
Jugendlicher in Deutschland nach 1933“<br />
– Schlusswort/Zusammenfassung (von G. von Glasenapp und Z.<br />
Shavit)<br />
– Bibliographie der Quellen und der Primärtexte<br />
– Bibliographie der Sekundärliteratur.<br />
Der zweite Band sollte in einer ursprünglichen Planung Zeugnisse<br />
der Betroffenen selbst enthalten und zwar sowohl bereits veröffentlichte,<br />
autobiographische Zeugnisse als auch aussagekräftige Ausschnitte<br />
aus den noch unveröffentlichten Tagebüchern und Briefen<br />
sowie unbekannte Ausschnitte, die in Kinderzeitschriften und<br />
-büchern veröffentlicht wurden. Es zeigt sich jedoch, dass nur der<br />
zweite Teil dieses Vorhabens realisierbar war, da für den Ankauf der<br />
notwendigen Rechte von den betroffenen Verlagen keine finanziellen<br />
Mittel zur Verfügung standen. Außerdem sind genug (bislang<br />
unbekannte) Quellen vorhanden, um einen eigenen Quellenband zu<br />
edieren.<br />
„Das Vermächtnis von Sefarad. Die jüdisch-sephardischen Traditionen<br />
im Identitätsdiskurs der jüdischen Literatur Lateinamerikas im<br />
20. Jahrhundert“ ist Gegenstand eines von der <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />
Forschungsprojektes am Institut für Romanistik, Technische Universität<br />
Dresden (Prof. N. Rehrmann).<br />
Südamerika erlebte zwei große jüdische Einwanderungswellen. Die<br />
erste setzte bald nach 1492 ein, als sephardische Juden – auf der<br />
Flucht vor der Inquisitation – in großer Anzahl die ersten spanischen<br />
Kolonien bevölkerten. Da sich während des 16. Jahrhunderts auch<br />
die Inquisition in Lateinamerika etablierte und die jüdische Bevölkerung<br />
(u. a. mit Zwangskonversionen) verfolgte, war deren kultureller<br />
Einfluss im 19. Jahrhundert nahezu verschwunden.<br />
Ein zweiter – nun mehrheitlich von Aschkenasen gebildeter – Zustrom<br />
im 19. und 20. Jahrhundert ließ das jüdische Leben zu einem<br />
wichtigen Faktor in der lateinamerikanischen Gesellschaft und Kultur<br />
werden, v.a. in Brasilien und Argentinien. Diese Immigranten trafen<br />
auf einen Identitätsdiskurs der kreolischen Eliten, der sich seinerseits<br />
intensiv mit dem spanischen Mutterland auseinandersetzte.<br />
Das „Vermächtnis von Sefarad“, d. h. der kulturellen Traditionen des<br />
spanisch „jüdischen Goldzeitalters“ (Heine), wurde so für die aschkenasischen<br />
Einwanderer zum Medium ihrer Selbstdefiniton: Indem<br />
sie sich als Erben der sephardisch-spanischen Traditionen begriffen,
155<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
legitimierten sie sich als integraler Bestandteil der lateinamerikanischen<br />
Kultur. Zeitgleich erlebte die sephardische Tradition bei den<br />
Intellektuellen auch der alten Welt eine markante Aufwertung (u. a.<br />
wegen der Synthese von Glauben und Vernunft, an der Sepharden-<br />
Philosophen wie Maimonides gearbeitet hatten). Im kollektiven Gedächtnis<br />
aller Juden wurde Sefarad sogar ansatzweise mythisiert,<br />
nämlich als jene singuläre Gegebenheit in der europäischen Geschichte,<br />
die Juden, Mauren und Christen in einem friedlichen und<br />
kulturell äußerst fruchtbaren Zusammenleben jahrhundertelang vereinte.<br />
Diesen Tatsachen zufolge kam es in Lateinamerika im 19. Jahrhundert<br />
zu einer – von der Forschung bereits festgestellten – „Resephardisierung“<br />
bzw. einem „Neosephardismus“. Bis heute ist die Orientierung<br />
an der sephardischen Tradition ein zentraler Topos des Identitätsdiskurses<br />
der jüdischen Literatur, insbesondere in Argentinien.<br />
Sefarad fungiert dabei heute als historisches Leitbild für ein multikulturelles<br />
Zusammenleben in den heutigen Gesellschaften Lateinamerikas,<br />
als historische Folie zur Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen<br />
Antisemitismus, als thematisches Forum für eine<br />
grundsätzliche Auseinandersetzung mit jüdischer Identität in der<br />
Gegenwart. Eine entscheidende Erweiterung erfährt die Sepharad-<br />
Thematik im 20. Jahrhundert, als jüdisch-lateinamerikanische Autoren<br />
vor Antisemitismus oder argentinischer Diktatur nach Spanien<br />
ins Exil fliehen und dort dem Erbe der sephardischen Kultur unmittelbar<br />
begegnen.<br />
Das Projekt wird die Bedeutung und Funktion der sephardischen<br />
Traditionen im Identitätskurs der jüdischen Literatur Lateinamerikas<br />
erhellen und damit einen Beitrag zur Erforschung der kulturellen<br />
Identität Lateinamerikas insgesamt leisten. Materialbasis wird eine<br />
große Bandbreite von bislang weitgehend unerschlossenen Quellen<br />
sein: fiktionale und nichtfiktionale Literatur der „Gründerväter“ des<br />
sephardischen Identitätsdiskurses in Lateinamerika, argentinische<br />
Zeitschriften; Werke repräsentativer nichtjüdischer Autoren Argentiniens/Lateinamerikas,<br />
die sich mit der sephardisch-spanischen Thematik<br />
auseinandersetzten; der Neosephardismus im Œuvre neuerer<br />
und neuester aschkenasischer und sephardischer Autoren/innen,<br />
auch derjenigen, die seit den 70er Jahren nach Spanien auswanderten.<br />
Für die Erstellung einer kommentierten, wissenschaftlichen Ausgabe<br />
aller Briefe von und an Franz Kafka erhält Prof. G. Neumann, Institut<br />
für deutsche Philologie, Universität München, erneut Fördermittel<br />
der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, durch die Edition aller Briefe<br />
von und an Franz Kafka die Arbeit an der Kritischen Kafka-Ausgabe<br />
zum Abschluss zu bringen. Bisher konnten die Abteilungen „Schriften“<br />
und „Tagebücher“ im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
geförderten Projekts beendet werden.<br />
F. Kafka
Briefwechsel<br />
G. Bermann<br />
Fischer und<br />
C. Zuckmayer<br />
Die angestrebte fünfbändige Briefausgabe beinhaltet – nach derzeitigem<br />
Stand – 1.533 Briefe, von denen die meisten bereits durch vorangegangene<br />
Ausgaben (u. a. in den Editionen der „Gesammelten<br />
Werke“ Franz Kafkas durch seinen Freund Max Brod, 1937 bzw.<br />
1958; die größeren Konvolute der „Briefe an Felice“,1967, und der<br />
„Briefe an die Eltern“, 1990) bekannt sind. Von den Dokumenten liegen<br />
ca. zwei Drittel als Mikrofilmaufnahmen und Photokopien vor,<br />
lediglich ein Drittel ist heute im Original zugänglich.<br />
Die einzelnen Bände der Kritischen Edition der Briefe gliedern sich<br />
jeweils in einen Textteil, in dem die Briefe an Kafka in chronologischer<br />
Folge dargeboten werden, einen Kommentarteil mit den Erläuterungen<br />
und einen Anhang, der die an Kafka gerichteten Briefe und<br />
Widmungen enthält. Die Edition wird durch ein Register, das alle<br />
Briefe und Briefempfänger sowie die Werke des Autors verzeichnet,<br />
und einen Apparatteil, der die überlieferungsgeschichtlichen Darstellungen<br />
sowie die textkritischen Anmerkungen umfasst, abgeschlossen.<br />
Erschienen sind bislang:<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 156<br />
Kafka, Franz: Briefe 1900–1912. Hrsg. von Hans-Gerd Koch. –<br />
Frankfurt a. M.: S. Fischer, 1999, 909 S. (Kafka, Franz: Schriften,<br />
Tagebücher, Briefe; Kritische Ausgabe)<br />
Kafka, Franz: Briefe 1913–März 1914. Hrsg. von Hans-Gerd Koch.<br />
– Frankfurt a. M.: S. Fischer, <strong>2001</strong>. 833 S. (Kafka, Franz: Schriften,<br />
Tagebücher, Briefe; Kritische Ausgabe).<br />
Der dritte Band – Briefe April 1914–1917 – soll im Herbst 2003 erscheinen.<br />
Prof. U. Ott (Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv,<br />
Marbach am Neckar) wurden von der <strong>Stiftung</strong> für die Kommentierte<br />
Edition des Briefwechsels zwischen Gottfried Bermann Fischer und<br />
Carl Zuckmayer Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />
Carl Zuckmayer war neben Bertolt Brecht und Gerhart Hauptmann<br />
einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Theaterautoren des 20.<br />
Jahrhunderts. Obwohl wegen seines Hangs zur Volkstümlichkeit oft<br />
scharf attackiert, gehörte er zeitlebens zu den renommierten Autoren<br />
und hatte Verbindung zu vielen namhaften Persönlichkeiten des<br />
Kulturlebens seiner Zeit. Dies schlug sich in seiner umfangreichen<br />
Korrespondenz nieder: u. a. mit T. Bernhard, E. Block, B. Brecht, C.J.<br />
Burckhard, T. Dorst, F. Dürrenmatt, G. von Einem, G. Grass, G.<br />
Gründgens, G. Hauptmann, P. Hindemith, Ö. von Horváth, E. Jünger,<br />
G. von le Fort, I. Seidel, K. Lorenz, Th. Mann, M. Ophüls, P.<br />
Suhrkamp und A. Suhrkamp-Seidel. In Zuckmayers Briefen spiegelt<br />
sich also das deutschsprachige Kulturleben vom ersten Weltkrieg<br />
über die Zeit seines zunächst österreichischen, dann schweizerischen<br />
und US-amerikanischen Exils bis hin zur Studentenbewegung.
157<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
Von dieser Korrespondenz veröffentlichten diverse Ausgaben des<br />
Zuckmayer-Jahrbuches bisher die Briefwechsel mit Paul Hindemith,<br />
Annemarie Suhrkamp-Seidel, Ernst Jünger, Carl Jacob Buckhard<br />
und Max Frisch. Für den Band 6 dieses Jahrbuchs (2003) ist die Edition<br />
des Briefwechsels zwischen Zuckmayer und Gottfried Bermann<br />
Fischer vorgesehen.<br />
Zuckmayer war 1934, nachdem der arisierte Ullstein-Verlag die bestehenden<br />
Verträge gelöst hatte, ein Autor des Fischer Verlages geworden.<br />
Sein Briefwechsel mit Bermann Fischer umfasst mehr als<br />
500 Briefe, von denen bislang 47 veröffentlicht sind, und deckt mit einer<br />
bei Zuckmayer sonst nicht vorfindlichen Geschlossenheit einen<br />
Zeitraum von über 40 Jahren ab. Das Korpus dokumentiert chronologisch<br />
zunächst die Auseinandersetzung von Autor und Verleger mit<br />
der NS-Kulturpolitik, dann Probleme des Exils, in das beide gezwungen<br />
wurden, und nach 1945 die Schwierigkeiten der Rückkehr auf<br />
den deutschen Buchmarkt (zentral ist hier etwa die Auseinandersetzung<br />
zwischen Bermann Fischer und Peter Suhrkamp, die 1950 zum<br />
Eklat führte; Zuckmayer war mit beiden Verlegern befreundet).<br />
Nach 1950 reflektiert der Briefwechsel die rapide Konsolidierung des<br />
S. Fischer Verlages und bricht auch nach dessen Verkauf an den<br />
Holzbrinck-Konzern nicht ab. Damit reicht Bermann Fischers Austausch<br />
mit Zuckmayer historisch weit über seine 1955 endende Korrespondenz<br />
mit Thomas Mann hinaus, den einzigen Briefwechsel des<br />
Verlegers, der bis heute vollständig publiziert wurde. In seinem<br />
Schriftverkehr mit Zuckmayer werden zudem vielfältigere Themen<br />
angesprochen als zwischen ihm und Mann, etwa Fragen der Intermedialität:<br />
Zuckmayer war sehr an der Verfilmung seiner Werke interessiert<br />
und erweist sich in diesem Briefwechsel als ,Medienarbeiter’<br />
(Harro Segeberg). Daneben macht die Korrespondenz divergierende<br />
Urteile über gemeinsame Bekannte und Freunde sichtbar,<br />
etwa über das Verhalten Gerhart Hauptmanns während des NS-Regimes,<br />
und erhellt damit kulturhistorisch aufschlussreiche Konflikte.<br />
Der Projektplan sieht vor, alle Briefe abzudrucken. Der Kommentar<br />
enthält biographische Informationen zu allen darin genannten Personen,<br />
bibliographische Angaben aller erwähnten Werke sowie Sacherläuterungen<br />
und Erklärungen des historischen Kontextes, soweit<br />
dieser zum Verständnis der Briefe notwendig und nicht voraussetzbar<br />
ist. Der Band wird durch ein Personen- und ein Werkregister erschlossen.<br />
Die Rhetorische Begriffsbildung als Adaptions- und Übersetzungsprozess<br />
im ostslavischen Raum des 17. und 18. Jahrhunderts ist Gegenstand<br />
eines von der <strong>Stiftung</strong> geförderten Projekts von Prof. R.<br />
Lachmann (Fachgruppe Literaturwissenschaft / Slavistik, Universität<br />
Konstanz). Bearbeiter ist Dr. K. Bogdanov (Zentralinstitut für Russische<br />
Literatur, Sankt Petersburg).<br />
Mit Beginn des 17. Jahrhunderts lässt sich im ostslavischen Raum<br />
(Ukraine und Russland) ein Paradigmenwechsel in der literarischen<br />
Ukraine/<br />
Russland<br />
Rhetorische<br />
Begriffsbildung
Exklusionsstrategien<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 158<br />
Kultur beobachten. Vor allem durch die Aneignung der Rhetorik als<br />
beschreibende und normative Instanz eines einheitlichen (literatur-)<br />
sprachlichen Regelsystems begann die russische Kultur, sich der Entwicklung<br />
der westeuropäischen anzuschließen. Damit trat sie aus<br />
ihrem nach dem Zusammenbruch der byzantinischen Kultur besonders<br />
ausgeprägten Isolationismus heraus. Im Zuge dessen wurde an<br />
entsprechenden Bildungsstätten, die nach dem Vorbild der polnischen<br />
jesuitischen Kollegien konstruiert waren, eine rhetorische<br />
Lehrtradition begründet, welche entscheidend zur Ausformung einer<br />
einheitlichen Textpraxis betrugt.<br />
Rhetorik und Poetik als normative Instanzen waren der russischen<br />
Kultur vor dem 17. Jahrhundert weitgehend fremd gewesen, da die<br />
altrussische Kultur sich an paradigmatischen Texten orientierte und<br />
nicht – wie die westeuropäische, byzantinische oder westslavische<br />
Kultur – an Regelinventaren, die deren Generierung vorschrieben.<br />
Der Import der abendländischen Rhetorik-Tradition implizierte und<br />
bewirkte eine neue Einstellung zur Regel, die das bestehende Kommunikationsgefüge<br />
veränderte. Dabei sind zwei Aneignungsmodelle<br />
zu unterscheiden: zum einen die Fortführung der konventionellen lateinischen<br />
Terminologie, zum anderen der Versuch, durch Übersetzung,<br />
zunächst ins Kirchenslavische (die überlieferte sakrale und<br />
theoretische Sprache), hernach ins Russische, das Latein als Begriffssprache<br />
abzulösen – wobei dessen exemplarische Funktion erhalten<br />
blieb.<br />
Ziel des Projektes ist es, diesen interkulturellen Vorgang systematisch<br />
zu untersuchen und zwar anhand von handschriftlich überlieferten<br />
und edierten Abhandlungen zur Poetik und Rhetorik, die vom<br />
Anfang des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in der Ukraine und<br />
Russland entstanden sind. Beabsichtigt ist die Erstellung eines thematisch<br />
gegliederten Wörterbuchs rhetorischer Termini, das den Prozess<br />
rhetorischer Begriffbildung systematisch analysiert und aufschlüsselt.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt Dr. M. Dabag (Institut für Diaspora- und Genozidforschung,<br />
Universität Bochum), Prof. H. Gründer (Historisches<br />
Seminar, Universität Münster) und Prof. U.-K. Ketelsen (Germanistisches<br />
Institut, Universität Bochum) bei dem am Institut für Diasporaund<br />
Genozidforschung durchgeführten Forschungsprojekt „Sprachliche<br />
Strategien der Exklusion in politischer Gewalt: Der Herero-<br />
Nama-Aufstand 1904/07 in der zeitgenössischen deutschen Literatur“.<br />
Ziel des Projektes ist es, anhand zeigenössischer Texte über die Vernichtung<br />
der Herero in Deutsch-Südwestafrika sprachliche Strategien<br />
der Exklusion und Legitimation aufzuarbeiten. Damit soll ein<br />
Beitrag zur Erforschung der vorbereitenden und bedingenden Segregationsprozesse<br />
in kollektiver Gewalt und Genozid geleistet werden.<br />
Die Projektarbeiten schließen an Ergebnisse der komparativen Genozidforschung<br />
an, die nachweisen konnte, dass sprachlichen Strategien<br />
der Definition und Stigmatisierung der Opfergruppen eine zen-
159<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
trale Funktion in der Vorbereitung und Durchführung institutionalisierter<br />
Gewaltakte zukommt. In den Definitions- und Exklusionsstrategien<br />
der modernen Genozidpolitik werden dabei ebenso neu geschaffene<br />
wie generational überlieferte sprachliche Muster vermutet,<br />
die als vorgegebenes Wissen Gültigkeit beanspruchen.<br />
Grundlage der Forschungsarbeiten ist eine umfassende Analyse zeitgenössischer<br />
belletristischer Texte, Presseberichte, Reiseberichte,<br />
autobiographischer, populärwissenschaftlicher, kolonialwissenschaftlicher<br />
und historiographischer Veröffentlichungen sowie amtlichen<br />
Quellenmaterials. Im Rahmen der Projektarbeiten wurden bisher<br />
mehr als 650 Publikationen, die direkt oder mittelbar den Herero-<br />
Aufstand thematisieren oder als Folie seiner Codierung fungieren,<br />
zusammengetragen und mittels EDV erfasst. Für die Herausarbeitung<br />
und Charakterisierung einzelner sprachlicher Muster werden<br />
Methoden der historischen und semiotischen Diskursanalyse nutzbar<br />
gemacht. Codierungen des Völkermordes an den Herero in der ehemaligen<br />
deutschen Kolonie Südwestafrika vor dem Hintergrund eines<br />
kulturellen Wissens um 1900 wurden untersucht. In synchroner<br />
Perspektive werden argumentative Legitimationsstrategien und ihre<br />
rhetorische Organisation auf der Textoberfläche de-konstruiert; in<br />
diachroner Perspektive werden die diskursiven Dispositive jener<br />
Texte rekonstruiert, die bis in die Philosophie der Aufklärung<br />
zurückverfolgt werden können.<br />
Die Untersuchungen zeigen, dass der Genozid als ein legitimes<br />
Werkzeug im Kampf zwischen »Kultur« und »Wildnis« projiziert<br />
wird. In den literarischen Codierungen des Geschehens findet sich<br />
selten die Frage nach Ursache und Wirkung, nach Zahlen und Verantwortlichkeiten,<br />
es findet sich niemals der Versuch, die Vernichtung<br />
der Herero zu bestreiten oder allein als militärstrategische Notwendigkeit<br />
zu rechtfertigen, sondern sie wird als legitimer Beitrag<br />
zum Vollzug eines allgemeinen Prinzips entworfen, das mit Entschlossenheit<br />
beschleunigt werden müsse. Der sich bald in der Rede<br />
abzeichnende Übergang von der »Vernichtungspolitik« zur »Inwertsetzung«<br />
der verbliebenen »Eingeborenen« ist nicht als zeitgenössischer<br />
Bruch mit Vorstellungen von einer Legitimität der »Vernichtung«,<br />
sondern als deren »logische« Fortsetzung zu verstehen; als<br />
eine bald konsensuell allgemeine Gültigkeit beanspruchende Aktualisierung<br />
sprachlicher Muster bezüglich des vielschichtigen Konstrukts<br />
»Eingeborener«, zur Identifizierung des Widerständigen und<br />
zur Normalisierung des Geschehenen unter den politsch-wissenschaftlichen<br />
Vorzeichen projektierter Entwicklungserfordernisse.<br />
Die Legitimität der »Vernichtung« wird in den Texten nicht angezweifelt.<br />
Da es letztlich um einen Beitrag zur Reorganisation der kolonialen<br />
Zukunft geht, erweist sich der Einsatz der mit »Eingeborenen«<br />
befassten kolonialwissenschaftlichen Disziplinen als Bestandteil<br />
einer diskursiven Zivilisierung der »Vernichtung« und der Legitimierung<br />
eines auf der vorangegangenen »Vernichtung« aufbauenden<br />
ökonomischen Standpunktes. Die Verbreitung der Texte, ihre
Literarische<br />
Heterotopien<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 160<br />
Dispositive und die Rückbindung an ein kulturelles Wissen, lassen<br />
die gesellschaftliche Anschließbarkeit ihrer Argumentation folgern.<br />
Folgende Veröffentlichungen sind im Berichtszeitraum erschienen:<br />
Böttger, Jan Henning: Zivilisierung der „Vernichtung“. „Hereorokrieg“,<br />
„Eingeborene“ und „Eingeborenenrecht“ im Kolonialdiskurs.<br />
– In: Zeitschrift für Genozidforschung. 4, 1. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />
Ketelsen Uwe-K.: Ein Blick von der Cheopspyramide. Hans Paasches<br />
Bild vom kolonialen Afrika. – In: Literatur im Zeugenstand.<br />
Beiträge zur deutschsprachigen Literatur- und Kulturgeschichte.<br />
Festschrift zum 65. Geburtstag von Hubert Orlowski. Hrsg. von<br />
Edward Bialek u. a. Frankfurt/M. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />
Literarische Heterotopien untersucht ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes<br />
Projekt, das von Prof. R. Warning (Institut für Romanische Philologie,<br />
Universität München) durchgeführt wird.<br />
Michel Foucault bezeichnet als ,Heterotopien’ real existierende Orte<br />
innerhalb einer Gesellschaft, die deren Struktur ganz oder zum Teil<br />
in sich abbilden und sie zugleich – auf eine in ihrer Umgebung nicht<br />
gebräuchliche Weise – neu konfigurieren, so dass das Ergebnis diese<br />
Umgebung in Frage stellt. Heterotopien sind damit gleichsam kleine<br />
realisierte Utopien und Gegenbilder der Gesellschaft. Foucaults Auflistung<br />
von Heterotopien ist ein Katalog ohne systematischen An-<br />
Abb. 16: Projekt „Sprachliche Strategien der Exklusion in politischer<br />
Gewalt: Der Herero-Nama-Aufstand 1904/07 in der zeitgenössischen<br />
deutschen Literatur“: Buchdeckel von Meister, Friedrich:<br />
Muhérero riKárera! (Nimm dich in acht, Herero!) oder: Die Schiffsfähnriche.<br />
Ein Jugend- und Familienbuch, Leipzig: Abel & Müller<br />
1904. Friedrich Meister (1841–1918) gehörte zu den erfolgreichsten<br />
Jugendbuchautoren des wilhelminischen Kaiserreichs. Neben zahlreichen<br />
Reise- und Seefahrerromanen schrieb er Jugendbuchfassungen<br />
von Klassikern der „Abenteuerliteratur“ wie Coopers<br />
,Lederstrumpf‘ oder Defoes ,Robinson Crusoe‘. Der Buchdeckel dieses<br />
1904 erschienenen „Jugend- und Familienbuches“, den der um<br />
die Jahrhundertwende populäre Marinemaler Willy Stöwer<br />
(1864–1931) gestaltete, visualisiert dem Kolonialdiskurs inhärente,<br />
binär strukturierte Muster kolonialistischer Identitätskonstruktionen:<br />
Schwarz vs. Weiß, Natur vs. Kultur, Wildnis vs. Zivilisation,<br />
Chaos vs. Ordnung. Die Darstellung des „Herero“ in diesem Bild<br />
zitiert die von Walter Sintenis 1901 als „Wächter“ vor dem Afrikahaus<br />
der Woermann-Linie in Hamburg gestaltete Bronzestatue, eine<br />
stilisierte „afrikanische Kriegerfigur“. Durch das Einrücken dieser<br />
bekannten Krieger-Ikone in den Kontext des Krieges in Deutsch-<br />
Südwestafrika wird ein konventionalisiertes, abstraktes Bild des<br />
„wilden Eingeborenen“ und der ihm zugeschriebenen „Disposition<br />
zum Krieg“ auf die im Text geschilderten Ereignisse übertragen.
161<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN
Trauma<br />
Diskurs<br />
Literatur<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 162<br />
spruch: Sterbehospiz, Klinik, Gefängnis, Friedhof, Theater, Garten,<br />
Museum, Bibliothek, Jahrmarkt, Feriendorf, Bordell, Kolonie, Schiff.<br />
Das Forschungsvorhaben will das bei Foucault (wissens-)soziologisch<br />
verstandene Konzept der Heterotopie für die Literaturwissenschaft<br />
fruchtbar machen. Mit diesem Ansatz situiert sich das Projekt<br />
im Kontext des sog. „topographical turn“, d. h. der Ablösung der bis<br />
etwa 1900 vorherrschenden Beschäftigung mit Zeit und Geschichte<br />
durch ein dominantes Interesse an Räumen und Raumbeziehungen<br />
im 20. Jahrhundert, das mit der kulturwissenschaftlichen Öffnung<br />
der Literaturwissenschaft einhergeht. Dabei sollen die Begriffe ,Kulturwissenschaft’,<br />
,Literaturwissenschaft’ und die ihnen zugeordnete<br />
,Wende’ in der Untersuchung selbst erstens kritisch mitreflektiert<br />
werden, zweitens wird das Projekt zeigen, dass und inwiefern dieses<br />
Zeitdenken nicht völlig getilgt und ersetzt wird, sondern integraler<br />
Bestandteil auch der raumorientierten literarischen Entwürfe bleibt.<br />
Um diese Gegebenheiten mittels des Heterotopie-Konzepts fassbar<br />
zu machen, soll dieses zunächst in einem theoretischen Bezugsrahmen<br />
verortet werden, an dem sich die Literaturwissenschaft schon<br />
seit den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts vielfach<br />
orientiert: nämlich an der auf Raumkonzepten beruhenden Kultursemiotik<br />
J. Lotmans und einem literarischen Kulturmodell von M.<br />
Bachtin, das Raum und Zeit in dem Begriff des ,Chronotopos’ korreliert.<br />
Hinzugenommen werden sollen außerdem Theorien des Imaginären,<br />
v.a. die von C. Castoriadis. Castoriadis geht davon aus, dass<br />
sich soziale Institutionen letztlich einer ihnen zugeschriebenen imaginären<br />
Bedeutung verdanken, was gerade an literarischen Heterotopien<br />
nachweisbar ist. Da zudem schon Foucault selbst sein Hetertopie-Konzept<br />
mit dem der Heterochronie, d. h. einer Durchbrechung<br />
des linearen Zeitablaufs, verknüpft und sich laut Castoriadis das<br />
Imaginäre wesentlich entlang der Zeitachse, als Umgestaltung und<br />
Umschaffen, manifestiert, bietet sich diese Theorieverbindung an,<br />
um das spezifische Verhältnis von Raum und Zeit in literarischer Heterotopien<br />
zu beschreiben.<br />
Prof. H. Pfeiffer (Institut für Romanistik, Humboldt-Universität Berlin)<br />
bearbeitet mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> das Projekt „Traumatische<br />
Texte. Trauma – Diskurs – Literatur“.<br />
Die Fragestellung des Projekts profiliert den Zusammenhang zwischen<br />
Trauma und Diskurs, Geschichte, Erfahrung und Narration.<br />
Sie erarbeitet einerseits die historischen Voraussetzungen und Artikulationsspielräume<br />
einer diskursiven Figur, andererseits die ästhetischen<br />
Inszenierungen, in denen traumatische Erfahrungen zur Geltung<br />
gebracht werden. Im Mittelpunkt steht dabei die literarische<br />
Fiktion.<br />
Der Begriff des Traumas hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts<br />
zunächst im Kontext der Neurosenlehre als Fachterminus der Psychiatrie<br />
und der Freudschen Psychoanalyse herausgebildet. Die<br />
Übernahme des Begriffs aus der chirurgischen Medizin durch die
163<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
Psychoanalyse fasste traumatische Ereignisse als Schock, als Einbruch<br />
in die psychische Organisation und deren dauerhafte Schädigung.<br />
Im Verhältnis von Erfahrung und Erinnerung gehören die<br />
Feststellung der konstitutiven Nachträglichkeit und des Modus der<br />
Wiederholung sowie der kryptischen Faktur der sprachlichen Realien<br />
des Traumas zu den grundlegenden theoretischen Entdeckungen<br />
der Psychoanalyse.<br />
In der Folgezeit hat es sich eingebürgert, die historischen Katastrophen<br />
des 20. Jahrhunderts, insbesondere die beiden Weltkriege und<br />
den Holocaust, in ihrer Erfahrungsdimension mit dem Begriff des<br />
Traumas zu verbinden. Individuen und Gemeinschaften erscheinen<br />
als Opfer von Verwüstungen, deren Wirklichkeit ihnen immer nur<br />
schattenhaft und partiell zugänglich ist. Was als Ereignis eine tiefgehende<br />
Verletzung darstellt, manifestiert sich erst mit zeitlicher Verzögerung<br />
in traumatischen Wiederholungen, Phantasmen und<br />
nachträglichen Verarbeitungsbemühungen. Diese Struktur des<br />
Traumas impliziert seine Angewiesenheit auf Modalitäten der Inszenierung<br />
und der Fiktion. Was nicht gewusst oder erkannt werden<br />
kann, muss durchgespielt und durchgearbeitet werden, ohne allerdings<br />
an ein Ende zu kommen.<br />
Diese Inszenierung und Verarbeitung kollektiver und individueller<br />
Traumata ist sowohl in der Literatur des 20. Jahrhunderts als auch in<br />
den darstellenden Künsten und kommunikativen Medien auf vielfältige<br />
Weise geschehen. Dabei modellieren literarische Texte im Unterschied<br />
zu ästhetischen Medien den Verlust identitätsstiftender Erinnerung<br />
und identitätssichernden Gedächtnisses durch Erzählen in<br />
Fragmenten, Variationen, Wiederholungen und palimpsestartigen<br />
Überschreibungen, die sich als Inszenierungen von Biographie und<br />
Geschichte lesen lassen.<br />
Das Forschungsvorhaben umfasst zwei Arbeitsbereiche:<br />
– Die Rekonstruktion diskursiver Konzepte von Trauma, die im<br />
Umkreis medizinischer, psychiatrischer und psychoanalytischer<br />
Untersuchungen entwickelt worden sind (P. Janet, J. M. Charcot,<br />
S. Freud).<br />
Zum einen ist zu klären, welchen theoretischen Status Trauma in den<br />
methodischen Umbrüchen der Psychoanalyse hat. Dabei geht es u. a.<br />
darum die Ambivalenzen des Begriffs in den Relationen von Realität,<br />
Imagination und symbolischer Ordnung in den entsprechenden diskursiven<br />
und narrativen Figurationen zu untersuchen (J. Lacan, J.<br />
Laplanche, J.-B. Pontalis, N. Abraham, M. Torok).<br />
In diesem Kontext stellt sich auch die Frage nach den epochespezifischen<br />
Indikationen, die von den unterschiedlichen Traumakonzepten<br />
im Spannungsfeld von Metapsychologie und Philosophie ausgehen.<br />
Neben den Arbeiten des späten Freud geraten in diesem Zusammenhang<br />
Nietzsches Darlegungen zu den Verarbeitungsformen<br />
des menschlichen Gedächtnisses in den Blick, deren Konzeption des
Ästhetische<br />
Moderne<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 164<br />
Verhältnisses von Individualität und Geschichte als Konzeptualisierung<br />
von Trauma gelesen werden kann.<br />
– Die Verarbeitung und Inszenierung traumatischer Ereignisse in<br />
literarischen – zumeist fiktionalen und autobiographischen – Texten<br />
(u. a. von C. Baudelaire, M. Proust, L.-F. Céline, M. Blanchot,<br />
C. Simon, N. Sarraute, M. Duras, S. Kofman, G.Perec, R. Antelme,<br />
P. Levi, M. Leiris, R. Char).<br />
In diesem Zusammenhang wird das Verhältnis von Schock, Melancholie,<br />
Zeugnis und Trauma in literarischen Texten und ästhetischer<br />
Theorie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bestimmt.<br />
Daneben werden literarische Vermittlungen von Erfahrungen historischer<br />
Traumata wie Krieg, Verfolgung und Shoa im Verhältnis von<br />
Geschichte, Gewalt und Fiktion untersucht. Das Forschungsinteresse<br />
erstreckt sich auch auf Texte der frühen Neuzeit (Tasso, Motaigne,<br />
Agrippa d’Aubigné) und richtet sich u. a. auf die Frage nach strukturellen<br />
Mustern von traumarepräsentierenden bzw. -modellierenden<br />
Verfahren der Vermittlung zwischen traumatischer historischer Erfahrung<br />
und Narration.<br />
Bisher sind folgende Ergebnisse publiziert:<br />
Pfeiffer, Helmut: Traumatisches Gedächtnis. Claude Simons<br />
Route des Flandres. – In: Domänen der Literaturwissenschaft.<br />
Hrsg. Herbert Jaumann ... . Tübingen <strong>2001</strong>. S. 315–338.<br />
Pfeiffer, Helmut: Der Garten der Kultur und die Gewalt der<br />
Geschichte. Claude Simons Jardins des Plantes. – In: Poetologische<br />
Umbrüche. München <strong>2002</strong>. S. 156–176.<br />
Heymann, Brigitte: Inszenierungen der Unsterblichkeit – Figuren,<br />
Interpretationen und Verwandlungen der Gerusalemme liberata.<br />
– In: Spielwelten. Performanz und Inszenierung in der Renaissance.<br />
Hrsg.: K. W. Hempfer; H. Pfeiffer. Stuttgart <strong>2002</strong>. (Im<br />
Druck).<br />
Prof. G. Braungart (Institut für Germanistik, Universität Regensburg)<br />
erhält für das Projekt „Spiritismus und ästhetische Moderne. Berlin<br />
und München als Zentren“ <strong>Stiftung</strong>smittel.<br />
Die interdisziplinäre und kulturwissenschaftlich orientierte Forschung<br />
der letzten Jahre befasst sich zunehmend mit dem Okkultismus<br />
und verwandten Bewegungen, die insbesondere in den Jahrzehnten<br />
um 1900 das Profil der Epoche prägten. Dabei handelt es<br />
sich bei diesen spiritistischen Strömungen um ein Symptom, das im<br />
Kernbereich der Modernität anzusiedeln ist. Denn der Spiritismus<br />
macht sich zum einen die damals neuesten medial-technischen Errungenschaften<br />
zunutze (etwa Methoden der Spezialphotographie)<br />
und bildet zum anderen eine Subjektphilosophie aus, welche die<br />
Verabschiedung des autonomen Subjekts betreibt, wie es seit der<br />
Aufklärung und dem Idealismus bis ins 19. Jahrhundert modelliert<br />
war. Darin liegen entscheidende Berührungspunkte mit der moder-
165<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
nen (und sogar noch postmodernen) Poetik und Ästhetik: etwa versteht<br />
der späte Rilke – wie im Spiritismus – seine Texte als ,Diktat’,<br />
das des Autors nicht bedarf bzw. ihn zu einem bloßen Medium instrumentalisiert.<br />
Die spiritistische Annahme, dass ein Diskurs durch<br />
das Subjekt hindurchgeht, das solcherart nicht mehr Herr seines<br />
Textes’ ist, entspricht auch einer in der Postmoderne gängigen Vorstellung.<br />
Der bedeutende Beitrag, den der Spiritismus für die Ausbildung einer<br />
spezifisch modernen Ästhetik leistete, wurde zwar in der bisherigen<br />
Forschung punktuell angesprochen (v.a. in bezug auf Malerei<br />
und bildende Kunst oder die Sondergattung der phantastischen Literatur),<br />
aber nicht systematisch erforscht. Erstens fehlen dezidiert<br />
theoriegeschichtlich ausgerichtete Untersuchungen, die von einer<br />
ausgearbeiteten Theorie der ästhetischen Moderne her an die philosophischen<br />
Prämissen und kulturellen Praktiken des Spiritismus herangehen.<br />
Zweitens besteht bis heute keine Aufarbeitung der Quellengrundlage,<br />
denn die Zeugnisse der spiritistischen Bewegung (v.a.<br />
in fachspezifischen Schriften, Zeitschriften oder Briefen veröffentlicht)<br />
zählen nicht zum literaturwissenschaftlichen Kanon.<br />
Ziel des Projekts ist es, die vielfältigen Bezüge und Querverbindungen<br />
zwischen Spritismus und moderner Poetik und Ästhetik aufzuarbeiten,<br />
und zwar am Beispiel der großen Zentren sowohl des Spiritismus<br />
als auch der Moderne: München und Berlin. Primar geplant ist<br />
eine umfassende Dokumentation der für die Leitthese relevanten<br />
Quellen und von bis heute weitgehend unerschlossenen Textzeugnissen,<br />
die aus Archiven und entlegenen Zeitschriften zusammengetragen<br />
und mit entsprechenden Kommentaren und einer monographischen<br />
Einführung der Forschung zugänglich gemacht werden<br />
sollen.<br />
Auf der Basis dieser Materials soll erforscht werden, in welchen<br />
Aspekten der Spiritismus für die Herausbildung der ästhetischen<br />
Moderne von Bedeutung war. Ins Auge gefasst werden hier insbesondere<br />
drei Punkte: die poetologische Entwicklung neuer Verfahrensweisen,<br />
die Fragen des dichterischen Selbstverständnisses und<br />
die Problematik der Autorschaft. In einem zweiten Schwerpunkt soll<br />
das Projekt die institutionellen Konstellationen aufzeigen, innerhalb<br />
derer sich diese Bezüge von Literatur und Spiritismus herstellten,<br />
und den Personenkreis beschreiben, von dem diese getragen wurden.<br />
Prof. W. Oesterreicher (Institut für Romanische Philologie, Universität<br />
München) wurden für das Projekt „Nationalphilologische Traditionen<br />
der romanistischen Sprachgeschichtsschreibung – Aspekte<br />
der diskursiven Konstruktion nationaler Identität“ Fördermittel der<br />
<strong>Stiftung</strong> zur Verfügung gestellt.<br />
Nach der Konstituierung der Philologien als wissenschaftliche Disziplinen<br />
wurde im 19. Jahrhundert die Arbeit im sprachwisssenschaftlichen<br />
Bereich zunächst in engem Kontakt mit textphilologischen<br />
Romanistische<br />
Sprachgeschichtsschreibung
Semantisches<br />
Wissen<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 166<br />
und literaturwissenschaftlichen Fragestellungen vorangetrieben. Die<br />
paradigmatische Ausrichtung des Faches wurde dabei von der historisch-vergleichenden<br />
Sprachwissenschaft dominiert, welche die historische<br />
Grammatik (Lautlehre, Morphologie und Syntax) und Etymologie<br />
(historische Wortforschung) in den Vordergrund stellte. Die<br />
Sprachgeschichte für die romanischen Sprachen blieb zunächst ausgeblendet.<br />
Erst um die Jahrhundertwende erschienen in den romanischen<br />
Ländern Sprachgeschichten, die dann für einen mehr oder weniger<br />
langen Zeitraum kanonische Gültigkeit besaßen. Hier sind vor<br />
allem die Arbeiten von Ramón Menéndez Pidal oder von Ferdinand<br />
Eugène Brunot zu nennen, die in Spanien bzw. Frankreich den Wissenschaftsdiskurs<br />
bestimmen. Als Matrix für Folgediskurse waren<br />
diese Sprachgeschichten im wissenschaftlichen Kontext fundierend<br />
geworden und haben noch lange im letzten Jahrhundert Sprachbilder<br />
und Sprachbewertungen, den Sprachunterricht sowie das<br />
Sprachbewusstsein der jeweiligen Sprachgemeinschaft geprägt.<br />
Das Projekt setzt sich zum Ziel, die durch diese Sprachgeschichten<br />
hervorgerufene Veränderung von Disziplinstrukturen und Disziplingrenzen<br />
in den romanischen Philologien Spaniens und Frankreichs<br />
zu beschreiben. Dazu sollen die ideologischen Voraussetzungen und<br />
interesseorientierten Optionen der „Erweiterung“ der Disziplin<br />
durch neue Formen wissenschaftlicher Kommunikation analysiert<br />
und die Entstehung dieser traditionsbildenden Sprachgeschichten<br />
für die großen romanischen Sprachen nachgezeichnet werden.<br />
Außerdem muss für die vergleichende Analyse der sprachgeschichtlichen<br />
Gesamtdarstellungen eine Rastrierung entwickelt werden, die<br />
sich durch eine Reihe von Kategorien und thematischen Zentrierungen<br />
definiert. Derartige Kriterien können z. B. sein: die jeweils zugrundeliegende<br />
sprachtheoretische Grundanschauung, die Einschätzung<br />
des Verhältnisses von Sprache und Nation, die Gewichtung<br />
externer und interner sprachgeschichtlicher Fakten, die<br />
Berücksichtigung von Sprachvarietäten.<br />
Prof. J. Rolshoven (Institut für sprachliche Informations-Verarbeitung,<br />
Universität Köln) erhält für das Forschungsvorhaben „Selbstorganisierendes<br />
semantisches Wissen“ Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Der Umfang textbasierender Informationen hat in den letzten Jahren<br />
– maßgeblich aufgrund des Internets – stark zugenommen. Doch entziehen<br />
sich diese riesigen, unstrukturierten und nicht komprimierten<br />
Datenmengen weitgehend einer inhaltsorientierten Nutzung. Zugriffe<br />
auf diese Daten erfolgen meist ohne Einbeziehung der semantischen<br />
Dimension – durch bloßen Mustervergleich der verwendeten<br />
Zeichen oder, in komplizierteren Fällen, unter Auswertung der Verweise,<br />
die auf eine Website gerichtet sind. Mit keiner der beiden<br />
Möglichkeiten ist eine Bedeutungsanalyse verbunden.<br />
Die Ansätze zur Bedeutungsanalyse, welche die derzeitige Sprachwissenschaft<br />
anbieten kann, erweisen sich als unfähig, mit dieser Situation<br />
analytisch umzugehen: z.T. weil sie mit einer letztlich arbiträr
167<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />
festgelegten Metasprache operieren, die zu nah am Beschriebenen<br />
liegt und es so nur umschreibend reproduzieren kann, vor allem aber<br />
weil diese Ansätze den dynamischen kognitiven Prozess, in dem<br />
sprachliche Bedeutung angeeignet und erweitert wird, nicht beschreiben,<br />
geschweige denn reproduzieren können. Dieser Situation<br />
will das Projekt abhelfen, indem es den Prozess der Lern-Rückkoppelung<br />
sprachlicher Bedeutungsaufnahme bzw. die selbstorganisierende<br />
Semantik von natürlichen Sprachen analysieren und automatisch<br />
nachbilden will.<br />
Dafür wird davon ausgegangen, dass sprachliche Bedeutungsaufnahme<br />
in einem beständigen Prozess der Kategorisierung entsteht.<br />
Er dient dem Lernen, welches seinerseits als Redundanzaufbau, d. h.<br />
Steigerung der Möglichkeiten des Wieder-Erkennens, im lernenden<br />
System definiert wird. Ein solcher Redundanzaufbau vollzieht sich<br />
vermutlich mittels einer multiplen Kategorienbildung, die durch ein<br />
vierfaches Raummodell beschrieben werden soll. Es wird unterschieden<br />
nach dem Diskursraum, der Texte in ihrer sprach-zeitlichen Erstreckung<br />
umfasst, dem Ereignisraum, in dem diese Texte auf ihre<br />
Informationshaltigkeit ausgewertet und in ihrem Bedeutungsgehalt<br />
erfasst werden, dem Wissensraum, in dem diese Informationen auf<br />
außersprachliche Sachverhalte bezogen werden, und dem Systemraum,<br />
in dem sie auf Strukturen abstrakten Denkens transparent gemacht,<br />
d. h. weitestgehend paradigmatisiert, werden.<br />
Um diese Kategorien und deren Interagieren im Lernprozess zu ermitteln,<br />
werden drei Informationsquellen herangezogen: die Gebrauchsbedingungen<br />
sprachlicher Zeichen, wie sie sich in maschinenlesbaren<br />
Texten zeigen (etwa sprach-statistische Untersuchungen;<br />
wissenschaftstheoretische Annahmen; sprachwissenschaftliche<br />
Annahmen über universale Eigenschaften von Sprachen, v. a. deren<br />
Darstellbarkeit in Baumstrukturen). Damit werden bekannte, bislang<br />
aber nicht verbundene Einzeldisziplinen der Sprachwissenschaft,<br />
Lerntheorie und Informatik zu einem kognitionswissenschaftlichen<br />
Ansatz verbunden.<br />
Der Ertrag des Projekts soll ein dreifacher sein: kognitionswissenschaftlich<br />
soll es ein Modell für den Erwerb semantischen Wissens<br />
und damit semantischen Lernens erbringen; sprachwissenschaftlich<br />
würde dies eine Theorie semantischer Erzeugung implizieren; computerlinguistisch<br />
und anwendungsorientiert soll das System eine Basis<br />
für die Effizienzsteigerung und Verbesserung maschineller<br />
Sprachverarbeitung (Zugriff auf Daten des Internet, elektronische<br />
Übersetzung) bilden.<br />
Für die Erststellung eines Online-Index zur chinesischen Tageszeitung<br />
„Shenbao“ 1872–1898 erhält Prof. R. Wagner (Sinologisches Seminar,<br />
Universität Heidelberg) Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Shenbao wurde 1872 in Shanghai gegründet und war eine der<br />
frühesten und erfolgreichsten chinesischen Tageszeitungen. Ihr<br />
Gründer, der Brite Ernest Major, verstand es, seine Zeitung zu einer<br />
Shenbao
Japanischdeutsches<br />
Wörterbuch<br />
SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 168<br />
Institution in einer neuen in den internationalen Konzessionen<br />
Shanghais entstehenden chinesischen Öffentlichkeit zu machen. Der<br />
Shenbao-Verlag war der erste Verlag in China, der ein landesweites<br />
Vertriebsnetz aufbaute und dadurch auch eine nationale Ausstrahlung<br />
entfalten konnte. Die Leser kamen in erster Linie aus den Reihen<br />
der chinesischen wirtschaftlichen und politischen Eliten der weiteren<br />
Umgebung Shanghais und der Küstenprovinzen, aber auch Diplomaten<br />
und einflussreiche Regierungsbeamte zählten dazu. Damit<br />
übte die Shenbao in einer Zeit, als der chinesische Staat nicht zuletzt<br />
durch die westliche Expansion unter erheblichen Erneuerungsdruck<br />
geriet, eine Schlüsselfunktion für die Herausbildung eines chinesischen<br />
Modernisierungsdiskurses aus. In ihren Leitartikeln kommentierte<br />
sie aktuelle Entwicklungen und gab innovative Impulse für politische<br />
Entscheidungsprozesse, sie war das Medium par excellence<br />
für die Auseinandersetzung mit „dem Westen“, und durch ihr tägliches<br />
Erscheinen dokumentierte sie Diskussionen in einer unmittelbaren<br />
und nicht durch spätere Editionsprozesse manipulierten Form.<br />
Der thematische Rahmen war dabei denkbar umfassend: von der Misere<br />
von nach Übersee verschifften chinesischen Kulis und gekidnappten<br />
Mädchen und Frauen über das soziale Engagement lokaler<br />
Eliten bis hin zur Steuerpolitik und dem Zustand der Staatsfinanzen,<br />
von der Notwendigkeit der Einführung der Eisenbahn über Fragen<br />
der nationalen Verteidigung und der Militärreform bis hin zu Strategien<br />
für den Umgang mit dem Opiumhandel und -konsum wurde alles<br />
diskutiert. Gerade als eine ausländische chinesischsprachige Zeitung,<br />
die in diesen sensiblen Debatten, die letztlich alle von nationaler<br />
Bedeutung waren, weithin hörbar ihre Stimme erhob, ermöglichte<br />
es die Shenbao, die üblichen Kolonialismus/Imperialismus-Erklärungsmodelle<br />
zu hinterfragen und anhand sehr spezifischer Testfälle<br />
differenziertere Deutungsmuster zu entwickeln.<br />
Ziel des Projekts ist die systematische inhaltliche Erfassung der Leitartikel<br />
der Shenbao von ihrer Gründung im Jahr 1872 bis 1898, dem<br />
Jahr der Hunderttagereform. Damit wird der Zugang zu diesem reichen<br />
Quellenschatz ungeheuer erleichtert. Die Veröffentlichung im<br />
Internet wird derzeit vorbereitet, eine kontinuierliche Weiterarbeit<br />
an den Inhalten und die Integration von Kommentaren der Benutzer<br />
ist vorgesehen.<br />
Die Erstellung eines „Großen japanisch-deutschen Wörterbuches“ ist<br />
Gegenstand eines durch die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> mitfinanzierten<br />
Vorhabens von Prof. I. Hijiya-Kirschnereit, Deutsches Institut für Japanstudien,<br />
Tokyo.<br />
Das japanisch-deutsche Wörterbuch soll als verlässliche Grundlage<br />
für zukünftige Generationen von Japanforschern dienen und die<br />
deutsch-japanischen Beziehungen auf allen Ebenen (Politik, Gesellschaft,<br />
Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur) unterstützen. Das Wörterbuch<br />
ist als bilingual-lexikographische Dokumentation in erster Linie<br />
der japanischen Gegenwartssprache (seit dem Zweiten Weltkrieg)<br />
gedacht, schließt darüber hinaus aber auch die wissenschaftssprach-
169<br />
QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“<br />
lich prägende zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts (Anfang Meiji) ein.<br />
Es soll alles das aufnehmen, was in japanischen Tageszeitungen und<br />
nicht-fachspezifischen Periodika erklärungsfrei Verwendung findet,<br />
ferner das moderne Technik- und Wissenschaftsvokabular und Wendungen<br />
aus Sondersprachen wie Kinder- und Jugendsprache oder<br />
Slang. Insgesamt werden ca. 100.000 Stichwörter Aufnahme finden.<br />
Die Lemmata werden alphabetisch in Lateinumschrift und der üblichen<br />
japanischen Schreibweise gegeben; sie enthalten Angaben zu<br />
Wortklasse, Flexion etc. und eine am semantischen Netz des Deutschen<br />
orientierte Definitionsstruktur; ferner sollen sie durch möglichst<br />
lebendige und aktuelle Verwendungsbeispiele und Satzbelege<br />
illustriert werden.<br />
Querschnittbereich „Bild und Bildlichkeit“<br />
Die Entwicklung der Informationstechnologien zeitigt unabsehbare<br />
soziale, politische und kulturelle Nachwirkungen. Insbesondere<br />
die sogenannten Neuen Medien (Video, Internet, Cyberspace u. a.)<br />
lösten lebhafte Debatten aus, die sehr oft in spekulative Einschätzungen<br />
und historische Prognosen mündeten. Der Zeitpunkt ist<br />
mittlerweile gekommen, die veränderte Rolle des Bildes kritisch und<br />
wissenschaftlich zu untersuchen. Es zeigt sich sehr schnell, dass sich<br />
neben der Bildkultur in den Künsten instrumentelle Bildwelten in<br />
den Wissenschaften ausgeformt haben. Seitdem Bilder technisch<br />
erzeugbar sind, verstärkte und verfeinerte sich die Möglichkeit, sie<br />
im Erkenntnisprozess einzusetzen. Die fortschreitende Bildtechnologie<br />
fungiert immer öfter als ein Auge von genuiner Leistungskraft,<br />
welches aus Theorie und Praxis der Natur- und der Biowissenschaften,<br />
einschließlich der Medizin, nicht mehr wegzudenken ist. Mehr<br />
als ein bloßes Hilfsmittel, für das es lange gegolten hat, wirkt das<br />
Bild auf den Charakter dessen ein, was es zu erkennen gibt. Es ist<br />
deswegen angemessen, von einem ikonischen Erkenntnismodell<br />
oder Paradigma zu sprechen, das neben dasjenige der Sprache und<br />
der Mathematik tritt, als eines Mediums der Generierung, der Mitteilung,<br />
der Veranschaulichung von Wissen. Um so mehr, als es<br />
über eine eigene Logik zu verfügen scheint, deren Beschaffenheit<br />
und Tragweite einer genaueren Untersuchung harren. Die fortschreitende<br />
technische Verfeinerung des ikonischen Instrumentariums,<br />
seine Effizienz und Nutzbarkeit sind geeignet, den Blick auf<br />
seine erkenntnisleitende Rolle zu verstellen. Um so wichtiger ist die<br />
in Gang befindliche Ausbildung eines reflexiven Wissens, auch in<br />
den Naturwissenschaften bzw. der Wissenschaftsgeschichte.<br />
Der Aufstieg der Bilder, ihre veränderte Funktion im Haushalt des<br />
Wissens, setzt sie instand, das überkommene Gefüge der Disziplinen<br />
und Methoden neu zu erschließen. Die alte Teilung der zwei (oder<br />
auch drei) Kulturen beginnt sich zu verändern angesichts investigativer<br />
Bilder, die im Repräsentationsprozess der Naturwissenschaften
Porträt und<br />
Roman<br />
QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“ 170<br />
von der subatomaren Welt bis zu derjenigen der Astronomie, in der Erforschung<br />
und Therapie des menschlichen Körpers, aber auch in der<br />
Kunst oder Historie entwickelt bzw. eingesetzt werden. Eine neue<br />
Plausibilität gewinnen Kooperationen, z. B. zwischen Physik, Biowissenschaften,<br />
Neurologie, Psychologie, Wissenschaftsgeschichte,<br />
Kunstgeschichte, Medienwissenschaft, Geschichte, Kulturwissenschaft<br />
u. a. Der erweiterte Gebrauch der Bilder erfordert zugleich auch<br />
eine Kritik, die imstande ist, die Grenzen der Wirksamkeit, die damit<br />
verbundenen Verzerrungen und Verkennungen, zu durchschauen.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ist bestrebt, Forschungen im Bereich des<br />
ikonischen Erkenntnismodells anzuregen und zu unterstützen. Im<br />
Zentrum stehen dabei Analysen von bildlichen Erkenntnisvorgängen<br />
und Repräsentationsformen, was aber Projekte zu ihrer neuen<br />
oder veränderten Nutzung keineswegs ausschließt. Eine besondere<br />
Chance besitzen dabei jene Disziplinen, die – wie die Kunst- und<br />
Kulturgeschichte oder auch die Philosophie – über einen differenzierten<br />
Bildbegriff verfügen, dann, wenn sie sich den erweiterten<br />
transdisziplinären Aufgaben stellen. Willkommen sind insbesondere<br />
solche Projekte, welche die eingefahrenen Bahnen verlassen, zwischen<br />
den getrennten Wissensfeldern Verbindungen und Zusammenhänge<br />
herstellen, interfakultäre Problemstellungen als Anfang<br />
einer veränderten Wissenskultur nutzen. Gefördert werden u. a.<br />
auch solche Unternehmen, die sich mit der Logik der Bilder, der Bildanthropologie,<br />
Problemen der Bildwissenschaft, der Bildkultur und<br />
Bildgeschichte, dem Verhältnis ästhetischer und kognitiver Leistungen<br />
oder der instrumentellen Rolle des Bildes im Repräsentationsprozess<br />
der Wissenschaften befassen.<br />
Prof. R. Galle (Fachrichtung Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft,<br />
Universität Essen) erhält für das Forschungsvorhaben<br />
„Porträt und Roman. Personengestaltung und deren Interferenz<br />
mit der Darstellung bildhafter Porträts im Roman“ Fördermittel der<br />
<strong>Stiftung</strong>.<br />
Der seit der Antike tradierte Topos, in dem Malerei als stumme Poesie<br />
und Poesie als redende Malerei bezeichnet wird, steht für eine<br />
wechselseitige Befruchtung von Sprach- und Bildkunst. In dieser<br />
Funktion wirkt er auch ungeachtet der kategorialen Trennung, die<br />
Lessing im Laokoon zwischen beiden Kunstformen vorgenommen<br />
hat, bis in die Gegenwart hinein. Das Projekt setzt bei dieser Wechselbeziehung<br />
der Künste ein und stellt im weiteren eine sehr spezifische<br />
Konstellation des Romans, die Personengestaltung, in das Zentrum<br />
der Untersuchung.<br />
Grundlegend ist dabei eine berühmte These Benjamins, der zufolge<br />
„das Individuum in seiner Einsamkeit“ als die „Geburtskammer des<br />
modernen Romans“ anzusehen ist. Die für das Epos geltende Dominanz<br />
der Ereignisse wird durch die Abenteuer der Seele’ als Strukturprinzip<br />
des Romans abgelöst. Rückt mittels dieser These ein breites<br />
Spektrum von Formen der Individualisierung und De-Individuali-
171<br />
QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“<br />
sierung in den Vordergrund des Romans, wie er sich seit dem 17./18.<br />
Jahrhundert entwickelt hat, so avanciert die Personengestaltung wie<br />
selbstverständlich zum Herzstück dieser Gattung und gewinnt für<br />
deren weitere Aufarbeitung eine Schlüsselfunktion.<br />
Leitgedanke der Untersuchung ist, dass diese Personengestaltung<br />
durch die Tradition der bildenden Künste mitgeprägt wird und häufig<br />
als ein Zusammenspiel beider Kunstformen in Szene gesetzt wird.<br />
Dieser Ansatzpunkt wird nicht zuletzt gestützt durch die Beobachtung,<br />
dass annähernd parallel zum Primat der Individualitätsthematik<br />
und ihrer Formgebung im Roman die Porträtmalerei ihrerseits die<br />
sukzessive Herausbildung, Vervollkommnung und auch entschiedene<br />
Infragestellung von Individualiltät als zumindest latenten<br />
Fluchtpunkt ihrer Entwicklung kennt.<br />
Vor diesem kulturgeschichtlich markierten Hintergrund ist der gleichermaßen<br />
eingeschränkte und zentrale Gegenstand des Projekts<br />
folgendermaßen zu bestimmen: Es geht darum, die in Romanen rekurrente<br />
erzählerische Vergegenwärtigung von (gemalten) Porträts<br />
in ihrer Eigenschaft als sekundäre Personengestaltung zu analysieren<br />
(erstens), in Bezug zu setzen zur primären Personendarstellung<br />
der Protagonisten (zweitens) und die solchermaßen gewonnene Relationierung<br />
fruchtbar zu machen für eine am Individualitätsbegriff<br />
orientierte Funktionsbestimmung des Romans (drittens).<br />
Arbeitshypothese ist dabei, dass die Relation von primärer und sekundärer<br />
Personendarstellung als mise en abîme des Romans zu fungieren<br />
vermag. Für die Entfaltung der These bieten sich insbesondere<br />
drei historische Schwerpunktbildungen an:<br />
– der Roman des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts,<br />
der – nicht nur bezüglich der Personendarstellung – als Reaktion<br />
auf die Physiognomik-Debatte und im Kontext der kunsttheoretischen<br />
Porträt-Diskussion des 18. Jahrhunderts zu lesen ist.<br />
– Der Roman des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts,<br />
in dem die Krise des bürgerlichen Individuums und die<br />
darauf antwortende Krise des überkommenen Porträts in der bildenden<br />
Kunst zahlreiche Entsprechungen und Gegenreaktionen<br />
in der Literatur hervorruft.<br />
– Der Roman der Nachkriegszeit, der unter der doppelten Voraussetzung<br />
von Identitätsdiffusion und medialer Beschleunigung<br />
steht und hierauf mit spezifischen Veränderungen in der Personendarstellung<br />
reagiert.<br />
Folgende Publikation ist im Berichtszeitraum erschienen:<br />
Galle, Roland: „Das Porträt war ohne Kopf“. Über den Entzug der<br />
Ähnlichkeit in der Kunst der Jahrhundertwende. – In: Fin de<br />
siècle. Hrsg.: Rainer Warning; Winfried Wehle. München <strong>2002</strong>.<br />
[Im Druck]
<strong>Thyssen</strong>-<br />
Vorlesungen<br />
Ikonologie der<br />
Gegenwart<br />
QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“ 172<br />
Nach dem Modell angelsächsischer „Lectures“ richtete die <strong>Fritz</strong><br />
<strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> bereits 1979 eine Serie von <strong>Thyssen</strong>-Vorträgen ein.<br />
Gerade für Wissenschaftler in benachbarten Fachgebieten sind solche<br />
Vorträge wertvoll, da sie oft Zusammenfassungen neuer Forschungen<br />
darstellen, von denen viele Anregungen ausgehen können.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> betrachtet die Einführung solcher Vortragsreihen<br />
als ein von ihr besonders zu förderndes Anliegen.<br />
Bisher wurden fünf Vortragsfolgen abgeschlossen.<br />
– „Preußen – seine Wirkung auf die deutsche Geschichte“ in Berlin,<br />
– „Auseinandersetzungen mit der Antike“ in München,<br />
– „1945 und die Folgen – Kunstgeschichte eines Wiederbeginns“ in<br />
Köln,<br />
– „Das künftige Mitteleuropa – Tradition und Perspektiven“ in<br />
Prag,<br />
– „The Impact of German Tradition on the Humanitites and Sciences“<br />
in Tel Aviv und Jerusalem.<br />
Gemeinsam mit dem Präsidenten der Humboldt-Universität (Prof. J.<br />
Mlynek) eröffnete der Vorsitzende des Kuratoriums der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> (Dr. K. Liesen) im Dezember <strong>2001</strong> in Berlin eine neue<br />
Vorlesungsreihe unter dem Titel „Berliner <strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen zur<br />
Ikonologie der Gegenwart“. Verantwortlich für die wissenschaftliche<br />
Organisation und Durchführung sind Prof. G. Boehm, (Kunsthistorisches<br />
Seminar, Universität Basel) und Prof. H. Bredekamp (Kunstgeschichtliches<br />
Seminar, Humboldt-Universität Berlin).<br />
Visuelle Kompetenz gehört zu den Grundanforderungen so gut wie<br />
jeder wissenschaftlichen Disziplin und jeder Technik; sie verbindet<br />
gleichermaßen Kultur- wie Naturwissenschaften. Der ubiquitären<br />
Nutzung steht jedoch die Unsicherheit gegenüber, was Bilder den<br />
jeweiligen Anlass hinaus zu leisten vermögen und wie sie erkenntnistheoretisch<br />
zu beurteilen sind. So aufwendig auch vor allem<br />
technische Bilder gestaltet werden, so unbefriedigend erscheint es,<br />
dass bis heute eine weitgehend abbildhafte Theorie vorherrscht,<br />
welche die Bilder in ihrem eigenen Medium entwertet und entschärft.<br />
Aus diesem Grund steht die Vorlesungsreihe unter dem Generaltitel<br />
„Ikonologie der Gegenwart“. Mit dem Hinweis auf die vor etwa hundert<br />
Jahren gegründete, mit dem Namen Aby Warburg verbundene<br />
Ikonologie soll betont werden, dass Bilder eine unübertragbare Autonomie<br />
besitzen, gegenüber der eine umso höhere Anstrengung<br />
aufzuwenden ist, um sie historisch und begrifflich zu bestimmen.<br />
„Ikonologie der Gegenwart“ bedeutet in diesem Sinn die Begründung<br />
einer „Logik der Bilder“.
173<br />
QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“<br />
Abb. 17: „Berliner <strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der Gegenwart“, Frau Prof.<br />
Barbara Stafford am 26. Juni <strong>2002</strong> zum Thema „Image in the Middle: Analogy as<br />
Media Theory“.
QUERSCHNITTBEREICH „BILD UND BILDLICHKEIT“ 174<br />
Für die Auftaktveranstaltung am 4. 12. <strong>2001</strong> im Audimax der Humboldt-Universität<br />
zu Berlin konnte der Leiter der Documenta 11,<br />
Okwui Enwezor, gewonnen werden. Der Vortrag wurde im Frühjahr<br />
<strong>2002</strong> publiziert:<br />
Enwezor, Okwui: Großausstellungen und die Antinomien einer<br />
transnationalen globalen Form. – München: Fink, <strong>2002</strong>. 59 S. (Berliner<br />
<strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der Gegenwart; Bd. 1)<br />
Am 26. 6. <strong>2002</strong> hielt Frau Prof. Barbara Stafford (Universität Chicago/<br />
Arnheim-Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin) einen<br />
Vortrag zum Thema „Image in the Middle: Analogy as Media<br />
Theory“.<br />
Am 14. 11. <strong>2002</strong> sprach Prof. Karl Kardinal Lehmann (Vorsitzender<br />
der Deutschen Bischofskonferenz) zum Thema „Das Bild zwischen<br />
Glauben und Sehen“.
175<br />
Staat, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
Für die Moderne ist die zunehmende Beschleunigung des gesellschaftlichen<br />
Wandels von zentraler Bedeutung. Im Zeitalter der Globalisierung<br />
hat dieser Beschleunigungsprozess zu Veränderungen<br />
der sozialen Lebenswelt geführt, die die Grundlagen nationaler<br />
Rechts- und Wirtschaftsordnungen erschüttern, den Anspruch des<br />
demokratischen Verfassungsstaates, das einzig legitime Modell<br />
politischer Ordnung in der modernen Welt zu sein, in Frage stellen,<br />
traditionale Institutionen menschlichen Zusammenlebens verändern<br />
und bis in die Alltagswelt des einzelnen hinein Chancen für neue<br />
Kulturkontakte eröffnen, damit zugleich aber auch die Gefahren<br />
neuer Kulturkonflikte erhöhen. Diese Wandlungsprozesse stellen<br />
auch Selbstverständlichkeiten in Frage, die bisher in vielen Disziplinen<br />
erkenntnisleitend waren: wenn beispielsweise Nationalökonomien<br />
zunehmend in der Weltwirtschaft aufgehen, internationale<br />
Rechtsordnungen nationale Rechtsregime in die Schranken weisen<br />
und Nationalstaaten sich zu größeren Einheiten zusammenschließen<br />
und sich damit ihrer Souveränität begeben, können davon Wissenschaften<br />
nicht unberührt bleiben, deren Gegenstände die Wirtschaft,<br />
das Recht und der Staat sind.<br />
Im Förderungsbereich „Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ will die<br />
<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> insbesondere Forschungsvorhaben unterstützen,<br />
die die Voraussetzungen und die Folgen der Wandlungsprozesse<br />
untersuchen, die die heutigen Gesellschaften kennzeichnen. Sie konzentriert<br />
sich dabei auf Projekte, die sich den Wirtschaftswissenschaften,<br />
den Rechtswissenschaften, der Politikwissenschaft, der Soziologie<br />
und der Ethnologie zuordnen lassen. Sie schließt damit Forschungen<br />
in anderen Bereichen der Sozialwissenschaften nicht aus. Sie fördert<br />
Projekte, die die Methodenvielfalt produktiv befördern und komparativ<br />
orientiert sind – sowohl, was den europäischen Raum als auch<br />
europaübergreifende Fragestellungen angeht. Sie legt besonderen<br />
Wert auf die Förderung von Projekten, die an der Schnittstelle mehrerer<br />
Disziplinen angesiedelt sind. Nicht zuletzt werden solche interdisziplinären<br />
Projekte im Querschnittbereich der „Internationalen Beziehungen“<br />
unterstützt, welchen die <strong>Stiftung</strong> traditionell fördert.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> will sowohl Projekte exemplarischen Zuschnitts mit<br />
deutlich empirischem Charakter fördern als auch Arbeitsvorhaben,<br />
die vorrangig von theoretischen Interessen geleitet werden.<br />
Wirtschaftswissenschaften<br />
Gravierende Arbeitsmarktprobleme im Hinblick auf die erschreckend<br />
hohe und persistente Arbeitslosigkeit, Veränderungen<br />
der Verlaufsmuster von Wachstum und Konjunktur, ein tiefgreifender<br />
Wandel des institutionellen Gefüges der nationalen Wirtschaften und<br />
der internationalen Wirtschaftsbeziehungen im Rahmen des internationalen<br />
Standortwettbewerbs sowie globale Verteilungsfragen for-
Arbeitsmarktqualifikation<br />
Deutschland/<br />
Frankreich<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 176<br />
dern insbesondere die Wirtschaftswissenschaften heraus. Viele dieser<br />
Erscheinungen sind im Rahmen zuvor herrschender Erklärungssysteme<br />
nicht zutreffend analysiert worden. Der Bedarf an theoretisch<br />
abgestützten und empirisch sorgfältig überprüften Diagnosen und Erklärungen<br />
ist deshalb groß. Beiträge zur Erforschung noch nicht ausreichend<br />
verstandener wirtschaftlicher Erscheinungen und ihrer Konsequenzen<br />
für Wirtschaft, Gesellschaft und das politische System zu<br />
fördern, ist ein Ziel der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>. Die folgenden Stichworte<br />
mögen Hinweise auf Prioritäten geben. Doch sollen sie nicht<br />
davon abhalten, auch andere innovative Projekte zu unterbreiten.<br />
Im Mittelpunkt der Förderung sollen interdisziplinär und empirisch<br />
angelegte Projekte stehen. Dies betrifft zum einen die Teilgebiete<br />
der Wirtschaftswissenschaft wie beispielsweise Volkswirtschaftslehre,<br />
Betriebswirtschaftslehre, Ökonometrie, Wirtschaftsgeschichte,<br />
zum anderen die Nachbardisziplinen wie etwa Soziologie, Rechtswissenschaft<br />
und Politische Wissenschaften. Vorzug genießen Studien<br />
mit einer soliden theoretischen Grundlage, einer überzeugenden<br />
Überprüfung mit Hilfe anspruchsvoller Verfahren der empirischen<br />
Wirtschaftsforschung und wirtschaftspolitisch gehaltvollen, innovativen<br />
Schlussfolgerungen. International vergleichende Forschungen<br />
sind besonders willkommen.<br />
Themen für gesamtwirtschaftliche Analysen können sich beispielsweise<br />
auf die EU-Erweiterung, die internationale Migration, die institutionellen<br />
Regelwerke etwa auf dem Arbeitsmarkt und die Herausforderungen<br />
an die Systeme der sozialen Sicherung beziehen. Einzelwirtschaftliche,<br />
insbesondere betriebswirtschaftliche Studien können<br />
unter anderem Finanzmarktanalyse oder Aspekte aus dem Bereich der<br />
„Corporate Governance“ zum Inhalt haben, wohingegen die üblichen<br />
Befragungen von Unternehmen nur ausnahmsweise gefördert werden.<br />
Enge Bezüge zu den Wirtschaftswissenschaften weisen etwa das<br />
Arbeitsrecht und das Wettbewerbsrecht auf, die Soziologie kann wichtige<br />
Beiträge zu Erwerbsbiographien und die Politischen Wissenschaften<br />
zur Erklärung und Überwindung institutioneller Starrheiten liefern,<br />
um jeweils nur eines unter zahlreichen Beispielen aufzuführen.<br />
Prof. W. Franz und Dr. V. Steiner, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW), Mannheim, erhalten Fördermittel für das<br />
Projekt „Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg in Deutschland und<br />
Frankreich – Der Einfluss von bildungs- und familienpolitischen Maßnahmen<br />
im Vergleich“.<br />
In einer vergleichenden Analyse zwischen Deutschland und Frankreich<br />
wird der Zusammenhang zwischen individueller Qualifikation<br />
und dem daraus auf dem Arbeitsmarkt resultierenden Erfolg für<br />
Frauen und Männer untersucht. Da zum einen die nationalen Bildungssysteme<br />
erheblich voneinander abweichen, zum anderen Unterschiede<br />
in den Rahmenbedingungen bezüglich der Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf in beiden Ländern bestehen, sind unterschiedliche<br />
Auswirkungen auf die Ausbildungsentscheidung und
177<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />
das Erwerbsverhalten von Frauen und Männern zu erwarten. Eine<br />
mikroökonometrische Analyse des Bildungs- und Erwerbsverhaltens<br />
auf Basis von deutschen und französischen Individualdaten soll deshalb<br />
ermöglichen, Ansatzpunkte für eine effizientere Gestaltung der<br />
Bildungs- und Familienpolitik in Deutschland zu identifizieren.<br />
Zunächst wurden das deutsche und französische Bildungssystem<br />
miteinander verglichen, um eine Grundlage für das Verständnis beider<br />
Systeme in ihren institutionellen sowie kulturellen Merkmalen zu<br />
schaffen. Anschließend wurde eine Analyse der Bildungsstrukturen<br />
mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für Deutschland<br />
und der Enquête Emploi für Frankreich durchgeführt. In einem nächsten<br />
Schritt wurden die Einflussfaktoren des höchsten erreichten Bildungsniveaus<br />
in beiden Ländern untersucht und ein methodischer<br />
Rahmen für eine solche Analyse entwickelt. Die durchgeführten Untersuchungen<br />
zeigten, dass sich, trotz wesentlicher Unterschiede in<br />
der Gestaltung der Bildungssysteme und in der Verteilung der Bildungsabschlüsse,<br />
beide Länder in Bezug auf den Einfluss des familiären<br />
Hintergrunds erstaunlich ähnlich sind. Daran anknüpfend soll<br />
in einer weiteren Analyse die Auswirkung der Ausbildung auf die<br />
Arbeitsmarktaussichten in Deutschland und Frankreich verglichen<br />
werden. Ziel ist es, Erkenntnis über die relative Bewertung von Bildungsabschlüssen<br />
auf dem Arbeitsmarkt zu gewinnen.<br />
Um die Bewertung der im Laufe der Erwerbskarriere erworbenen<br />
Berufserfahrung in Deutschland zu ermitteln, wurde gefragt, inwieweit<br />
unterschiedliche Lohnprofile von Frauen und Männern durch<br />
zurückliegende Erwerbsunterbrechungen erklärt werden können. In<br />
einem weiteren Schritt wurde bei der Untersuchung diskontinuierlicher<br />
Erwerbsverläufe nach der Art der Unterbrechung unterschieden.<br />
Auf diese Weise konnten die jeweiligen Effekte auf den Lohn<br />
aufgrund von formalem Erziehungsurlaub, darüber hinausgehenden<br />
Erziehungsphasen, Arbeitslosigkeit und anderen Gründen identifiziert<br />
werden. Weiterhin wurde untersucht, welche Frauen ihre Erwerbstätigkeit<br />
nach der Geburt eines Kindes unterbrechen und welches<br />
die Einflussfaktoren für eine Unterbrechung in Deutschland<br />
sind. Im Anschluss an die Untersuchung der Determinanten der Inanspruchnahme<br />
von Erziehungsurlaub in Deutschland ist eine Analyse<br />
der entsprechenden Einflussfaktoren in Frankreich geplant. Zusätzlich<br />
soll untersucht werden, ob die steuerliche Behandlung des<br />
Einkommens im Ehegattensplitting oder Familiensplitting als negativer<br />
Anreiz auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen wirkt. Zu diesem<br />
Zweck sollen die Effekte einer Einführung des französischen Systems<br />
des Familiensplittings auf das Erwerbsverhalten in Deutschland,<br />
insbesondere von Frauen, simuliert werden.<br />
Im Berichtszeitraum sind folgende Publikationen erschienen:<br />
Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Erwerbspause kann teuer kommen.<br />
Einkommensverlust für Frauen. – In: EU magazin. 3/<strong>2001</strong>.<br />
S. 31/32.
Sozialtransfersysteme<br />
in<br />
Europa<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 178<br />
Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Die Folgekosten von Erwerbsunterbrechungen.<br />
– In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 71.<br />
<strong>2002</strong>. S. 83–94.<br />
Beblo, Miriam, und Elke Wolf: The wage penalities of heterogeneous<br />
employment biographies. An empirical analysis for Germany.<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim:<br />
ZEW, <strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW working paper)<br />
Lauer, Charlotte: Educational attainment A French–German comparison.<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim:<br />
ZEW, <strong>2001</strong>. 65 S. (ZEW Dokumentation; 01–02)<br />
Lauer, Charlotte: Family background, cohort and education. A<br />
French-German comparison. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />
– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 34 S. (ZEW discussion<br />
paper; 02–12)<br />
Lauer, Charlotte: A model of educational attainment. Application<br />
to the German case. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />
– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 31 S. (ZEW discussion paper;<br />
02–06)<br />
Weber, Andrea M.: Bestimmungsgründe der Inanspruchnahme<br />
von Erziehungsurlaub. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />
– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW mimeo).<br />
PD Dr. R. Schwager, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW), Mannheim, und Prof. G. Wagenhals, Institut für Volkswirtschaftslehre,<br />
Universität Hohenheim, erhielten für das Projekt „Sozialtransfersysteme<br />
in Europa: Ausgestaltung, Umverteilungseffekte<br />
und politökonomische Erklärungsansätze“ Fördermittel.<br />
Durch die ständig steigenden Sozialausgaben sowie die adversen Effekte<br />
von Sozialleistungen auf Arbeitsangebot und Wachstum geraten<br />
die europäischen Sozialsysteme zunehmend unter Druck. Entscheidend<br />
für die Sozialpolitik wird sein, ob die sozialen Sicherungssysteme<br />
ihr eigentliches Ziel, die Verminderung von Ungleichheit<br />
und Armut, erreichen. Es ist zu erwarten, dass die unterschiedlichen<br />
Ansätze zur sozialen Sicherung in Europa zu unterschiedlichen Ergebnissen<br />
im Hinblick auf die Umverteilung führen. Vor diesem Hintergrund<br />
sollen die Eigenschaften und die Verteilungswirkungen sozialer<br />
Sicherungssysteme in Europa untersucht und eine Basis für<br />
eine politökonomische Erklärung dieser Unterschiede erarbeitet<br />
werden. Das Projekt besteht aus drei Teilschritten:<br />
– Im ersten Teil des Projekts wurde eine Bestandsaufnahme und<br />
Klassifizierung der europäischen Sozialsysteme vorgenommen.<br />
Hinsichtlich der Einkommensersatzleistungen ist ein Trend weg<br />
von rein beitrags- bzw. einkommensabhängigen Leistungen zu einem<br />
Kombi-System aus beitrags- bzw. einkommensabhängigen<br />
Leistungen mit einer pauschalen Untergrenze festzustellen. Im<br />
Hinblick auf den Deckungsgrad ist eine Tendenz zur Ausweitung
179<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />
der Systeme auf Erfassung aller Arbeitnehmer und eines Teils der<br />
Selbständigen zu konstatieren. Die erstellten Klassifikationen sind<br />
hauptsächlich durch die Unterschiede in den Einkommensersatzsystemen<br />
determiniert. Die vielerorts befürchtete Konvergenz<br />
nach unten ist bisher nicht eindeutig festzustellen.<br />
– Im zweiten Teil wurde eine Analyse der Umverteilungseffekte<br />
durchgeführt. Dabei konnten sowohl für die Gesamtsysteme als<br />
auch für verschiedene Sozialversicherungszweige in den untersuchten<br />
europäischen Ländern unterschiedliche Wirkungen beobachtet<br />
werden. Die Analyse der distributiven Effizienz soll weiterhin<br />
Aufschluss darüber geben, wie sich die Berücksichtigung der<br />
für die Sozialleistungen aufgewandten Mittel bei den Berechnungen<br />
auswirkt. Diese Ergebnisse sollen mit den Resultaten des ersten<br />
Projektteiles verknüpft werden.<br />
– Im dritten Teil des Projektes schließlich sollen auf der Basis politökonomischer<br />
Modelle Hinweise darauf gewonnen werden, wie<br />
bestehende Unterschiede in den gewählten Sicherungsstrategien<br />
zu erklären sind.<br />
Zum Abschluss sollen Schlussfolgerungen für die politische Diskussion<br />
um die Vorteile und Schwächen verschiedener Sicherungsstrategien<br />
im Hinblick auf verteilungspolitische Ziele erarbeitet werden.<br />
Darüber hinaus sollen die Implikationen der Ausgestaltungsunterschiede<br />
für das Ziel einer harmonisierten europäischen Sozialpolitik<br />
diskutiert werden.<br />
PD Dr. A. Freytag, Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu<br />
Köln, wurden <strong>2001</strong> Mittel bewilligt für das Projekt „Technologieschocks,<br />
Konjunkturzyklus und Wachstumstrend: Implikationen für<br />
die Geldpolitik“.<br />
Die Konjunkturabschwächung in den USA und großen Teilen Europas<br />
hat, verbunden mit der Aktienbaisse, die Hoffnung zerstört, dass<br />
die „New Economy“ den Konjunkturzyklus abschaffen kann. Der<br />
Konjunkturabschwung in den USA Anfang <strong>2001</strong> zeichnete sich dadurch<br />
aus, dass am Ende des Aufschwungs keine steigenden Inflationsraten<br />
festgestellt werden konnten. Dies ist typisch für einen „investment-boom-and-bust-cycle“,<br />
wie er auch zu Ende des 19. und zu<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts aufgetreten ist. Die „Überinvestitionstheorien“<br />
(Hayek, Röpke, Wicksell, Cassel) erklären solche Konjunkturzyklen<br />
mit Schwankungen der Investitionen. Die Rolle des Geldes<br />
wird in diesem Prozess unterschiedlich betrachtet. Während Vertreter<br />
der monetären Überinvestitionstheorie Änderungen der Geldmenge<br />
als aktiv treibende Faktoren im Zyklus ansehen, geht die<br />
Schule der nichtmonetären Überinvestitionstheoretiker von einer<br />
eher passiven Rolle des Geldes aus. Insgesamt gehört die Rolle des<br />
Geldes im Konjunkturzyklus bis heute zu den umstrittensten Fragen<br />
der Makroökonomie.<br />
Technologieschocks<br />
und<br />
Geldpolitik
Gesundheit und<br />
Humankapital<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 180<br />
In den USA haben in den letzten Jahren zu hohe Erwartungen und<br />
ein übermäßiger Optimismus zu einer spekulativen Blase an den Finanzmärkten<br />
und zu „Überinvestitionen“ im realwirtschaftlichen<br />
Sektor geführt. Parallelentwicklungen sind bei der Entwicklung anderer<br />
bahnbrechender technologischer Neuerungen (Eisenbahn,<br />
Auto, Elektrizität) aufgetreten. Technologische Revolutionen bewirkten<br />
anscheinend eine überaus optimistische Erwartungshaltung<br />
gegenüber der Entwicklung der Unternehmensgewinne und Aktienkurse,<br />
die wiederum zu einer überhöhten Kreditgewährung, zu<br />
Überinvestitionen und einem ausgesprochenen Konsumoptimismus<br />
führten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt verringerten sich dann jedoch<br />
die Renditen der Investoren und die Unternehmen reduzierten<br />
ihre Investitionen, Konsumenten erhöhten ihre Ersparnisse und ein<br />
vorherrschender Optimismus wandele sich in einen dominierenden<br />
Pessimismus.<br />
Während einer solchen Entwicklung steht die Geldpolitik vor einer<br />
schwierigen Aufgabe. Sie muss die Frage beantworten, ob die Zentralbank<br />
eine Spekulationsblase identifizieren kann und wie sie darauf<br />
reagieren soll. Ist es der Zentralbank möglich, zu diagnostizieren,<br />
ob ein Technologieschock die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts<br />
dauerhaft erhöht und folglich der gleichgewichtige Realzins<br />
dauerhaft steigt? Ziel des Projektes ist es, diese Fragen näher zu untersuchen<br />
und zu analysieren, welches geldpolitische Konzept geeignet<br />
ist, um auf diese Herausforderung optimal zu reagieren.<br />
Prof. V. Ulrich, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität<br />
Greifswald, wurden <strong>2001</strong> Mittel für das Projekt „Gesundheitsnachfrage,<br />
Humankapitalakkumulation und endogenes Wachstum“<br />
bewilligt.<br />
Die Bedeutung der Gesundheit für die Bildung von Humankapital<br />
und damit für das ökonomische Wachstum soll untersucht werden.<br />
Damit sind sowohl ökonomische als auch medizinische und sozialpolitische<br />
Implikationen verknüpft.<br />
Der Zusammenhang zwischen Humankapital, dessen Akkumulation<br />
in der endogenen Wachstumstheorie eine zentrale Rolle für dauerhaftes<br />
Wachstum zukommt, und Gesundheit wurde bereits von Grossmann<br />
(1972) beschrieben. Das Wissen, über das ein Individuum verfügt,<br />
beeinflusst nach Grossmann seine Produktivität; der Gesundheitszustand<br />
beeinflusst hingegen die Zeit, die das Individuum auf<br />
Arbeits- sowie Freizeit und damit für die Produktion von Einkommen<br />
bzw. Erholung verwenden kann.<br />
Für das Forschungsprojekt sind die beiden Forschungsäste der Gesundheitsökonomie<br />
von besonderer Bedeutung: die Bedeutung medizinischer<br />
Leistungen als Produktionsfaktor im Gesundheitswesen<br />
und das Individuum als Produzent seiner Gesundheit. Beide Forschungsgebiete<br />
beschäftigen sich mit der Art und Weise wie Gesundheit<br />
„produziert“ wird. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge<br />
erscheint von unmittelbarer gesundheitspolitischer Relevanz, da die
181<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />
Gesundheitsproduktion die Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen<br />
determiniert. Aus der Überlegung, wie die eigene Gesundheit<br />
beeinflusst wird, ergibt sich die Frage, welchen Einfluss der individuelle<br />
Gesundheitszustand auf das Humankapital hat und durch<br />
welche Faktoren die Akkumulation des Humankapitals darüber hinaus<br />
bestimmt wird. Daraus folgt die weitere Frage, ob eine Verbesserung<br />
des Gesundheitszustandes und eine Erhöhung des Humankapitals<br />
die Produktivität des Produktionsfaktors Arbeit steigert.<br />
Der Zusammenhang zwischen Gesundheit, Länge und Qualität des<br />
Lebens sowie der endogenen Wachstumstheorie ist bis heute unzureichend<br />
erforscht. Ziel des Projektes ist, die theoretische Modellierung<br />
dieses Zusammenhangs weiterzuentwickeln und dazu Analysen<br />
mit Hilfe multivariater statistischer Verfahren durchzuführen.<br />
Für das Projekt „Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung USamerikanischer<br />
Konzepte des Corporate Restructuring auf Deutschland“<br />
erhielt Prof. A.-K. Achleitner, TU München, Fördermittel.<br />
In den letzten Jahrzehnten haben mehrere „Mergerwellen“ zur<br />
Schaffung von Konglomeraten geführt, deren Marktkapitalisierung<br />
zum Teil erheblich unter der aggregierten Summe der potenziellen<br />
Börsenwerte der einzelnen Unternehmensteile liegt. Man spricht in<br />
diesem Zusammenhang auch von einem „Holdingabschlag“ stark<br />
diversifizierter Unternehmen. Die konsequente Ausrichtung auf den<br />
Shareholder Value führt heute dazu, dass Unternehmensteile abgespalten<br />
und veräußert werden und sich nach Vollzug der Transaktion<br />
je nach Restrukturierungsmaßnahme in unterschiedlichem Maße frei<br />
am Markt für Eigenkapital bewegen können.<br />
In dem Forschungsvorhaben sollen Instrumente der Restrukturierung<br />
von „Ownership Relationships“ untersucht werden, die in der<br />
Vergangenheit in den USA zur Anwendung kamen und in Deutschland<br />
zunehmend auf Interesse stoßen. Es sind in erster Linie die folgenden<br />
Instrumente, die bei der unternehmenswertsteigernden<br />
Neustrukturierung von Eigentumsverhältnissen in Unternehmen mit<br />
konglomeraten Strukturen Anwendung finden:<br />
– Bei einem Sell-off werden Teile eines Unternehmens veräußert.<br />
– Im Zuge eines Equity Carve-outs werden Anteile an einer Tochtergesellschaft<br />
im Zuge einer Neuemission an die Börse gebracht.<br />
– Ein Spin-off bezeichnet ein Restrukturierungsinstrument, bei welchem<br />
die Aktien des abzuspaltenden Unternehmensteils ohne Gegenleistung<br />
an die bisherigen Aktionäre des Mutterunternehmens<br />
pro rata ausgegeben werden.<br />
– Bei einem Split-off wird den bisherigen Aktionären das Angebot<br />
gemacht, ihre Anteile am Mutterunternehmen im Zuge eines Aktientausches<br />
gegen Aktien der abgespaltenen Einheit einzutauschen.<br />
Corporate<br />
Restructuring
Wachstum in<br />
Transformationsländern<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN 182<br />
– Ein Split-up stellt eine Aufspaltung des gesamten Unternehmens<br />
dar, bei der mindestens zwei selbständige Unternehmen entstehen,<br />
an denen die bisherigen Aktionäre Anteile erhalten.<br />
– Die Aktiengattung Tracking Stocks bildet die Performance einer<br />
bestimmten Geschäftseinheit im Unternehmen nach, wobei die<br />
Tracking-Stocks-Aktionäre ein auf diesen Teilbereich des Gesamtunternehmens<br />
beschränktes Anrecht auf Gewinnausschüttung<br />
haben, jedoch keinerlei Eigentumsrechte an der Teileinheit<br />
oder dem Gesamtunternehmen besitzen.<br />
Im Zuge der Überprüfung der US-amerikanischen Restrukturierungskonzepte<br />
auf Deutschland hat sich herausgestellt, dass insbesondere<br />
die Einstellung der Unternehmensführung zum Shareholder<br />
Value sowie die ökonomischen Umfeldbedingungen eines Unternehmens<br />
einen entscheidenden Einfluss auf die Anwendung und<br />
Anwendbarkeit der einzelnen Restrukturierungskonzepte haben.<br />
Hierbei sind insbesondere sozio-kulturelle, (kapital-)marktliche und<br />
politisch-rechtliche Umweltfaktoren von Bedeutung, die einer Anwendbarkeit<br />
eines Restrukturierungsinstruments förderlich sind<br />
bzw. entgegen stehen.<br />
Das vorläufige Ergebnis der Untersuchung ist, dass die ökonomischen<br />
Umfeldbedingungen in Deutschland tendenziell für die<br />
Durchführung von Sell-offs und Equity-Carve-outs förderlich sind,<br />
während Spin-offs, Split-offs und Split-ups sowie Tracking Stocks in<br />
Deutschland nur in komplizierten, mehrstufigen Transaktionen oder<br />
mit hohen Kosten durchgeführt werden können bzw. durch gesetzliche<br />
Regelungen nahezu unmöglich sind.<br />
Für das Projekt „Determinanten des Wachstums und der Wohlfahrt<br />
in Transformationsländern“ wurden Prof. S. Klasen, Universität München,<br />
und Prof. H.-W. Sinn, ifo-Institut für Wirtschaftsforschung,<br />
München, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> bewilligt.<br />
Die Transformationsländer sind nach dem Transformationsschock zu<br />
Beginn der 90er Jahre auf dem Weg zu modernen Industriestaaten.<br />
Nach Selowsky und Martin (1997) würde man erwarten, dass anfangs<br />
die verbesserte Reallokation von Ressourcen die primäre<br />
Wachstumsdeterminante ist. In der zweiten Transformationsphase<br />
wäre zu erwarten, dass als Hauptgründe für das Wachstum allmählich<br />
die Kapitalakkumulation und der technische Fortschritt an ihre<br />
Stelle treten. Ziel des Projektes ist es, die Determinanten des Wirtschaftswachstums,<br />
der Ungleichheit und des Wohlstandes in Transformationsländern<br />
empirisch zu untersuchen.<br />
Das Projekt besteht aus zwei Teilprojekten:<br />
Das Teilprojekt 1 soll die Wachstumsdynamik in Transformationsländern<br />
behandeln. Es soll untersucht werden, ob eine langfristige<br />
Wachstumsdynamik zu beobachten ist, die das Potential hat, die<br />
Wohlstandskluft zu den EU-Staaten einzuebnen. Darüber hinaus soll<br />
analysiert werden, ob sich bereits ein Wachstumsmuster eingestellt
183<br />
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN<br />
hat, welches mit der neoklassischen Wachstumstheorie in Einklang<br />
steht, und welche Faktoren bisher das Wachstum getragen haben.<br />
Der zweite Teil des Projekts beschäftigt sich mit den Themen Ungleichgewicht,<br />
Wachstum und Wohlfahrt in den Transformationsländern.<br />
Bisher war im Transformationsprozess eine deutliche Vergrößerung<br />
der Ungleichgewichte zu beobachten, die erhebliche negative<br />
Einflüsse auf die Entwicklung der Wohlfahrt hat. In diesem<br />
Zusammenhang sollen zwei Fragen untersucht werden:<br />
– Wie hat sich Wachstum, Einkommensverteilung und Wohlfahrt in<br />
den Transformationsländern seit Mitte der 90er Jahre entwickelt?<br />
– Inwiefern fördert die sehr geringe anfängliche und jetzt noch immer<br />
moderate Ungleichheit (im Einkommen und auch geschlechtsspezifisch)<br />
das Wachstum in den Transformationsländern?<br />
Prof. W. Smolny, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Universität<br />
Bochum, erhielt Fördermittel für das Projekt „Wirkungen der Wirtschaftsförderung<br />
in Ostdeutschland auf die Produktivitätsanpassung<br />
nach der deutschen Vereinigung“.<br />
In den wirtschaftlichen Aufbau in Ostdeutschland sind seit der Wiedervereinigung<br />
jährlich 75 bis 100 Mrd. € geflossen. In Bezug auf die<br />
Angleichung der Lebensverhältnisse und die Förderung der Investitionen<br />
sind auch beachtliche Ergebnisse erzielt worden. Mehr als<br />
enttäuschend sind hingegen die Ergebnisse hinsichtlich Beschäftigung,<br />
Produktion und Produktivität. Diese Entwicklung ist wirtschaftspolitisch<br />
höchst brisant, denn auf Basis der Extrapolation der<br />
jetzigen Verhältnisse kann nicht mit der Konvergenz der ostdeutschen<br />
Wirtschaft gerechnet werden. Vielmehr ist zu befürchten, dass<br />
ein dauerhafter Bedarf für Transfers in Milliardenhöhe bestehen<br />
bleibt.<br />
Ziel des Projekts ist die Untersuchung der Gründe für die langsame<br />
Anpassung der Produktivität. Ausgangspunkt der theoretischen<br />
Analyse ist ein mikroökonomisches Modell des Investitions- und Innovationsverhaltens<br />
der Unternehmen. Auf der Basis des Modells<br />
werden Implikationen für die regionale und sektorale Entwicklung<br />
abgeleitet. Zentrale Themenbereiche sind die Produktivität der Investitionen,<br />
die Bedeutung der Qualifikationen von Arbeitskräften,<br />
die Folgen der Sektorstruktur und die Analyse der Standortwahl der<br />
Unternehmen.<br />
Im ersten Schritt wurde eine theoretische und empirische Analyse der<br />
ostdeutschen Produktivitätsanpassung vorgenommen. Diese erfolgte<br />
mit Hilfe eines Basisdatensatzes für Produktivität, Preise und Löhne,<br />
welcher auf Länder- und Sektorenebene zusammengetragen und für<br />
die EDV aufbereitet wurde. Anhand der Bundesländerdaten wurden<br />
empirische Untersuchungen vorgenommen, die eine Aufteilung der<br />
ostdeutschen Produktivitätsentwicklung auf Kapital-Arbeits-Substitution,<br />
Preisanpassung, zyklische Effekte und Konvergenz der Tota-<br />
Wirtschaftsförderung<br />
Ostdeutschland
len Faktorproduktivität ermöglichten. Dabei stellte sich heraus, dass<br />
nur ein kleiner Teil der ostdeutschen Produktivitätskonvergenz auf<br />
die Totale Faktorproduktivität zurückzuführen ist. Dies kann eine<br />
Verlangsamung des Produktivitätsanstiegs ab der Mitte der Neunziger<br />
Jahre erklären. Die Ergebnisse sind in einem ersten Arbeitspapier<br />
zusammengefasst, das im Mai <strong>2002</strong> auf der Tagung der DEGIT VII in<br />
Köln vorgestellt wurde, im Internet einzusehen unter http://<br />
www.ruhr-uni-bochum.de/agvwp1/forschung/forschungindex.htm.<br />
Im nächsten Schritt der Untersuchung stellt sich die Frage, ob die<br />
Produktivitätsanpassung bereits einen Gleichgewichtszustand erreicht<br />
hat. Später soll untersucht werden, welche wirtschaftspolitischen<br />
Instrumente am besten für die Verbesserung der wirtschaftlichen<br />
Lage in Ostdeutschland geeignet sind. Schließlich sollen die<br />
Implikationen der Ereignisse für das Vorgehen bei der Integration<br />
der osteuropäischen Länder im Rahmen der EU-Osterweiterung erarbeitet<br />
werden.<br />
Rechtswissenschaft<br />
RECHTSWISSENSCHAFT 184<br />
Die Rechtswissenschaft steht heute vor nur schwer miteinander zu<br />
vereinbarenden Aufgaben. Die klassische, systematisch-dogmatische<br />
Arbeit am Gesetzestext hat angesichts der Gesetzesflut und der<br />
Überfülle von Judikaten in einem Rechts- und Rechtswegestaat<br />
große praktische, aber auch wissenschaftliche Bedeutung. Die moderne<br />
Industriegesellschaft lässt die Konzentration allein auf Rechtsanwendung<br />
jedoch nicht mehr zu. Rechtspolitische Fragen drängen –<br />
etwa: Wie kann der Gesetzgeber seine Zwecke erreichen? Wo besteht<br />
überhaupt Regulierungsbedarf? Inwieweit tut Deregulierung<br />
(und damit verbunden Reregulierung) Not? Wie sollte das Zusammenspiel<br />
der Rechtssetzer, zu denen de facto längst auch das Bundesverfassungsgericht<br />
und die letztinstanzlichen Gerichte gehören,<br />
der verschiedenen Rechtsanwender und der Rechtswissenschaft ablaufen?<br />
Welche Sanktionen, rechtliche und außerrechtliche, versprechen<br />
Erfolg? Wie könnten Staatsaufsicht und self-regulation zusammenspielen?<br />
Dabei stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der<br />
Rechtswissenschaft zu anderen Disziplinen, namentlich zu den Wirtschaftswissenschaften,<br />
zur Politikwissenschaft, Rechts- und Staatsphilosophie<br />
und zur Soziologie. Bei alledem greift der klassische nationalstaatliche<br />
Rahmen für die Rechtsordnung und die Rechtswissenschaft<br />
heute allenthalben zu kurz. Kaum eine Rechtsmaterie ist<br />
mehr ohne Europarecht denkbar, das vorrangig ist und, wo es eingreift,<br />
auf nationale, systematisch-dogmatische Besonderheiten<br />
keine Rücksicht nehmen kann. Allerdings bietet das Europarecht<br />
keine flächendeckende Rechtsordnung, sondern ist schon nach dem<br />
Subsidiaritätsgrundsatz auf das Zusammenwirken mit den nationalen<br />
Rechtsordnungen und Rechtswissenschaft(en) angewiesen. Die<br />
Frage, wo die richtige Grenze zwischen europäischer und nationaler<br />
Regelung verläuft bzw. gezogen werden sollte, ist politisch, praktisch<br />
und wissenschaftlich ungelöst. Neben dem Europarecht ist das ei-
185<br />
RECHTSWISSENSCHAFT<br />
gentlich internationale und transnationale Recht, zumal in der Form<br />
zahlreicher Abkommen und angesichts internationaler Organisationen,<br />
denen Deutschland zugehört, wichtiger denn je. Das belegt zuletzt<br />
die WTO, die einen wichtigen Schritt hin zu einer Weltwirtschaftsordnung<br />
darstellt. Rechtsvergleichung ist längst zu einem<br />
Kerngebiet der Rechtswissenschaft geworden. Rechtsangleichung,<br />
etwa die Frage nach einem europäischen Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht,<br />
wird immer wichtiger.<br />
Institutioneller Wandel und Transformation vollziehen sich nicht nur<br />
in mittel- und osteuropäischen Ländern, sondern auch in Deutschland<br />
und den westlichen Industriestaaten, allen voran den USA, und<br />
stellen auch die Rechtswissenschaft vor ganz neue Herausforderungen.<br />
Gerichtliche, schiedsgerichtliche und andere Mechanismen für<br />
Streitbeilegung und Streitvermeidung sind gefordert.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> räumt solchen Projekten Priorität ein, die<br />
über klassische, innerdeutsche, systematisch-dogmatische Arbeit<br />
hinausgehen, also einzelne Gesetze, Rechtsgebiete, Disziplinen oder<br />
Staatsgrenzen überschreiten. Ob solche Untersuchungen eher privat-<br />
oder öffentlichrechtlich, eher materiell- oder verfahrensrechtlich<br />
oder z. B. dem Handels- und Wirtschaftsrecht, dem Umweltrecht<br />
oder anderen Rechtsgebieten zugehören, ist ohne Belang. Das heißt<br />
nicht, dass nur europarechtlich ausgreifende, rechtsvergleichende<br />
und interdisziplinäre Arbeiten gefördert würden. Aber Projekte, die<br />
Recht funktional untersuchen, genießen Vorrang: Die <strong>Stiftung</strong><br />
möchte einen Beitrag leisten zur Untersuchung von Recht in einer<br />
modernen, vielfältig international eingebundenen Industriegesellschaft.<br />
Für das Projekt „Informationsgesetzbuch“ von Prof. H. Garstka (Berlin),<br />
Prof. M. Kloepfer (Berlin, federführend seit Mitte <strong>2001</strong>) und Prof.<br />
F. Schoch (Freiburg) wurden weitere Fördermittel zur Verfügung gestellt.<br />
Das Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, die derzeitige Informationsordnung<br />
der Bundesrepublik Deutschland neu zu strukturieren, um<br />
sie an die bestehende technologische und gesellschaftliche Realität<br />
beim allgegenwärtigen Umgang mit Informationen anzupassen und<br />
einheitliche Maßstäbe für den rechtlichen Umgang mit neuen Entwicklungen<br />
des Informationsgeschehens zu schaffen. Es werden allgemeingültige<br />
Regeln und Prinzipien entwickelt, welche die Balance<br />
zwischen Informationsrestriktionsinteressen (Datenschutz) und Informationsfreiheitsinteressen<br />
(Informationszugang) herzustellen geeignet<br />
sind, und die den Vorgaben des Europa- und Völkerrechts<br />
entsprechen. Ziel der Arbeiten im Rahmen des Projekts ist es, einen<br />
ausformulierten wissenschaftlich begründeten Gesetzentwurf zur<br />
umfassenden Kodifikation des Informationsrechts zu schaffen.<br />
Das Projekt widmet sich zunächst dem Entwurf eines Allgemeinen<br />
Teils zum Informationsgesetzbuch. Grundlage ist die Analyse informationsbezogener<br />
Freiheitschancen und -risiken anhand empiri-<br />
Datenschutz
Grundrechte<br />
RECHTSWISSENSCHAFT 186<br />
scher Beobachtungen der technischen Entwicklungen und ihrer Einsatzmöglichkeiten<br />
im Verhältnis zu den bisherigen rechtlichen Gegebenheiten.<br />
Dabei wird im technischen Bereich beispielsweise die<br />
allgegenwärtige Nutzung von Chipkarten ebenso berücksichtigt wie<br />
etwa die Möglichkeiten der Kryptographie, im gesellschaftlichen Bereich<br />
die Reformdiskussion zum Datenschutzrecht, die Vorhaben eines<br />
Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes und eines Verbraucherinformationsgesetzes<br />
ebenso wie die Orientierung auf Selbstregulierung<br />
und Selbstschutz. Die weitverzweigten informationsbezogenen<br />
Einzelregelungen des Landes-, Bundes-, Europa- und Völkerrechts<br />
zum Datenschutz-, Medien-, Rundfunk-, Presse-, Post- und<br />
Telekommunikationsrecht und vieler weiterer Rechtsgebiete werden<br />
auf ihnen zugrundeliegende verallgemeinerbare Grundsätze untersucht,<br />
die Eingang in den Allgemeinen Teil finden.<br />
Bereits fertiggestellt ist der Abschnitt „Zugang zu staatlichen Informationen“<br />
mit einer systematischen Einführung, ausformulierten Paragraphen<br />
und einer Begründung, der als eigenständiger Entwurf eines<br />
Informationsfreiheitsgesetzes einen Beitrag zum aktuellen Gesetzgebungsverfahren<br />
leisten kann, als Publikation vorliegend unter:<br />
Schoch, Friedrich; Michael Kloepfer; unter Mitw. von Hansjürgen<br />
Garstka. Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE). Entwurf eines<br />
Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland.<br />
– Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 342 S. (Beiträge zum Informationsrecht;<br />
Bd. 1).<br />
Ebenfalls fertiggestellt sind einzelne Abschnitte des Datenrechts, so<br />
„Rechte der betroffenen Personen“, „Datenschutzstellen“, „Selbstregulierung“,<br />
„Datensicherheit“.<br />
In der Bearbeitung finden sich Abschnitte zum allgemeinen Datenverkehr,<br />
zum staatlichen Informationsverhalten, zu Statistiken und<br />
Registern des Bundes, zum Geheimnisschutz, zum technischen<br />
Selbstschutz und zum grenzüberschreitenden Datenverkehr.<br />
An der Finanzierung des Projekts ist auch der Stifterverband für die<br />
Deutsche Wissenschaft beteiligt.<br />
Prof. D. Merten, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />
Speyer, und Prof. H.-J. Papier, Universität München, Präsident<br />
des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe, erhalten von der <strong>Stiftung</strong><br />
Fördermittel für das Projekt „Handbuch der Grundrechte in Deutschland<br />
und Europa“.<br />
Das Handbuch wird den Grundrechtsbestand ausgewählter europäischer<br />
Staaten wie auch der Europäischen Gemeinschaft unter besonderer<br />
Berücksichtigung der deutschen Grundrechte aufbereiten und<br />
wechselseitige Einflüsse im Interesse eines „Jus Commune Europaeum“<br />
aufhellen. Die letzte Gesamtdarstellung der Grundrechte in<br />
Deutschland und Europa – von Bettermann, Neumann, Nipperdey<br />
u. a. herausgegeben – ist in den Jahren 1954 bis 1966 erschienen.
187<br />
RECHTSWISSENSCHAFT<br />
Das Handbuch soll den Lesern aus Wissenschaft und Praxis eine verlässliche<br />
Bestandsaufnahme der Grundrechte in Deutschland und<br />
Europa zur Verfügung stellen. Es soll Ursprung, Inhalt und Entwicklung<br />
der geltenden Grundrechte wiedergeben, dadurch die wissenschaftliche<br />
Diskussion anregen sowie die für die Rechtsanwendung<br />
benötigten Grundlagen bieten.<br />
Gegliedert ist in das Handbuch sechzehn Hauptteile: Auf die geschichtliche<br />
Entwicklung und die Grundlagen folgen die Allgemeinen<br />
Lehren deutscher Grundrechte sowie deren Einzeldarstellungen.<br />
Sodann werden die europäischen und internationalen Grundrechte<br />
behandelt. Hieran schließt sich die Darstellung der Grundrechte<br />
in den europäischen Staaten an.<br />
Das Handbuch ist auf ca. 7.500 Seiten in neun Bänden angelegt.<br />
Band I soll im Spätsommer 2003 erscheinen. Die Herausgeber werden<br />
durch einen wissenschaftlichen Beirat unterstützt, dem sechs<br />
deutsche und fünf ausländische Staatsrechtslehrer angehören. In der<br />
Vorbereitungsphase wurde ein Forschungskolloquium über „Aktuelle<br />
Probleme der Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland und<br />
Österreich“ gefördert, das auch Grundrechtsdogmatik und Grundrechtsschutz<br />
behandelte.<br />
Prof. H.-W. Rengeling, Institut für Europarecht, Universität Osnabrück,<br />
erhält weitere Mittel für das Projekt „Schutz der Grundrechte<br />
als allgemeine Rechtsgrundsätze in der Europäischen Union“.<br />
Das Projekt basiert auf Vorarbeiten von Prof. Rengeling im Rahmen<br />
eines von ihm erstellten Rechtsgutachtens im Auftrag des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft mit dem Titel „Grundrechtsschutz in der<br />
Europäischen Gemeinschaft. Bestandsaufnahme und Analyse der<br />
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Schutz der<br />
Grundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze“.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass der Grundrechtsschutz durch den<br />
Europäischen Gerichtshof nach wie vor ein brisantes Thema ist. Es<br />
bestehen große Unsicherheiten, wie die Gewährleistungsinhalte von<br />
Grundrechten in der Europäischen Union aussehen bzw. aussehen<br />
könnten. Bei fortschreitender Integration verdichten sich die Probleme,<br />
nicht zuletzt im Hinblick auf die geplante Osterweiterung der<br />
Gemeinschaft. Der Grundrechtsschutz wird nach zutreffender Einschätzung<br />
von Karlsruhe nach Luxemburg verlagert, und zwar auch<br />
im Hinblick auf die außerordentlich umfangreiche Richtliniengesetzgebung<br />
der Gemeinschaft.<br />
Ziele des Projektes sind:<br />
– Ermittlung der Gewährleistungsinhalte von Grundrechten, die<br />
vom Europäischen Gerichtshof als allgemeine Rechtsgrundsätze<br />
geschützt werden<br />
Grundrechtsschutz
Staatsrecht<br />
RECHTSWISSENSCHAFT 188<br />
– Ermittlung der Gewährleistungsinhalte einzelner Grundrechte in<br />
der Europäischen Union im Verhältnis zu den Grundfreiheiten des<br />
EG-Vertrages<br />
– Überprüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit bisher „faktisch“<br />
die Inhalte von Grundrechten durch Normen geschützt werden,<br />
die die Gemeinschaft erlassen hat (Sekundärrecht)<br />
– Verhältnis der Grundrechte innerhalb der Europäischen Union zu<br />
den Grundrechten der Europäischen Menschenrechtskonventionen<br />
– Vertiefung der „allgemeinen Grundrechtslehren“ (Funktionen der<br />
Grundrechte) auf Gemeinschaftsebene.<br />
Angesichts der Entwicklungen durch den Amsterdamer Vertrag und<br />
vor allem durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union<br />
haben sich erhebliche Veränderungen ergeben, so dass die Basis<br />
durch die Ausgangsstudie von 1993 nur sehr eingeschränkt verwendbar<br />
ist. Insbesondere ist auch die Literatur im Hinblick auf die<br />
Grundrechtscharta einzuarbeiten. Ein weiteres wichtiges Feld sind<br />
auch die Fragen zur Abgrenzung von Zuständigkeiten von<br />
EuGH/EuGHMR sowie zu den Zuständigkeiten des Bundesverfassungsgerichts.<br />
Prof. em. K. Stern, Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre,<br />
Universität zu Köln, wurden Fördermittel bewilligt für den Abschluss<br />
des von ihm verfassten Handbuchs „Staatsrecht der Bundesrepublik<br />
Deutschland, Band IV“.<br />
Im Rahmen dieses Werkes von Prof. Stern erschienen bisher die<br />
Bände I und II, welche die staatsrechtlichen Grundlagen und den organisatorischen<br />
Teil der Verfassung behandeln, die Bände III/1 und<br />
III/2 mit den allgemeinen Grundrechtslehren und Band V, der die<br />
historischen Grundlagen und die Wiedervereinigung Deutschlands<br />
umfasst. Band IV wird die einzelnen Grundrechte behandeln und soll<br />
das Gesamtwerk damit als in sich geschlossene Darstellung aus einem<br />
Konzept vollenden.<br />
Bisher gibt es zwar nicht wenige Staatsrechtslehrbücher, welche sich<br />
den einzelnen Grundrechten widmen, diese sind jedoch Werke kürzeren<br />
oder mittleren Umfangs. Neben den großen Grundrechtskommentaren<br />
existiert bisher kein umfassendes Werk nach den Ideen<br />
und der Grundkonzeption eines Verfassers.<br />
Es ist hier nicht beabsichtigt, den vielen Einzeldarstellungen der<br />
Grundrechte in Monographien, Lehrbüchern oder Kommentaren<br />
eine neue hinzuzufügen, vielmehr soll die Darstellung sich konzentrieren<br />
auf die jeweiligen Grundaussagen der Grundrechte und ihre<br />
Interpretation in der Gesamtrechtsordnung.<br />
Dabei wird eine Begrenzung des Umfangs des Bandes IV auf 1000<br />
bis 1200 Buchseiten mittels einer neuartigen Konzeption angestrebt,<br />
welche stärker auf Querschnittsdarstellungen als auf die Behand-
189<br />
RECHTSWISSENSCHAFT<br />
lung der einzelnen Grundrechtsartikel in jeweils einem Paragraphen<br />
abzielt. So sollen beispielsweise im Unterabschnitt „Schutz der<br />
Rechtsstellung des Individuums“ wesentliche Fragen zum Status des<br />
Menschen wie Staatsangehörigkeit, Wehrpflicht und Zivildienst zusammengefasst<br />
werden, die gemeinhin getrennt erklärt werden. Unter<br />
„Schutz der Persönlichkeit und Privatsphäre“ sollen wichtige<br />
Aspekte aus Art. 1 und 2 sowie Art. 10 und 13 GG unter einem Oberthema<br />
dargestellt werden.<br />
In allen Paragraphen wird überdies das Europäische Grundrechtssystem<br />
einbezogen, und es lassen sich gegebenenfalls rechtsvergleichende<br />
Grundrechtsaspekte der Verfassungen anderer Länder<br />
berücksichtigen.<br />
Prof. J.-M. Jehle, Juristisches Seminar, Universität Göttingen, wurden<br />
Mittel bewilligt für das Projekt „Die Funktion der Staatsanwaltschaft<br />
im Kriminaljustizsystem – ein europäischer Vergleich“.<br />
Ziel des Projektes ist es, durch vergleichende Untersuchung der<br />
Staatsanwaltschaften verschiedener europäischer Länder ihre nationale<br />
Rolle und Funktion innerhalb des Kriminaljustizsystems zu verstehen<br />
sowie Gemeinsamkeiten und wichtige Unterschiede herauszuarbeiten.<br />
Dadurch sollen Möglichkeiten aber auch Probleme der<br />
zum Teil bereits angebahnten europäischen Entwicklung ausgelotet<br />
werden sowohl in Bezug auf Harmonisierung als auch auf die geplante<br />
supranationale Staatsanwaltschaft (Eurojust).<br />
Um diese Ziele zu erreichen, wird das Projekt die Staatsanwaltschaften<br />
aus zwei Perspektiven untersuchen:<br />
– Aus kriminologischer Sicht. Hierbei wird die Staatsanwaltschaft als<br />
Teil des Kriminaljustizsystems als Ganzes betrachtet – ein System,<br />
das unter erheblichem Druck steht, mit ständig ansteigenden Fallzahlen<br />
fertig zu werden und in dem die staatsanwaltschaftliche<br />
Ebene immer mehr zum entscheidenden (ent)kriminalisierenden<br />
Stadium wird. Dies umfasst auch die organisations-soziologische<br />
Fragestellung, wie die Staatsanwaltschaften mit steigenden Fallund<br />
Verfahrenszahlen umgehen, indem sie ihre Arbeitsbelastung<br />
durch vereinfachte Methoden und Verfahren reduzieren.<br />
– Aus rechtswissenschaftlicher Sicht wird die Verlagerung der Kompetenzen<br />
auf die staatsanwaltschaftliche Ebene kritisch untersucht<br />
– unter den Aspekten des Legalitäts- und Opportunitätsprinzips,<br />
der Verfahrensgarantien und des Schutzes der Menschenrechte<br />
des Angeklagten.<br />
Die Studie wird durch ein Netzwerk von Experten aus unterschiedlichen<br />
europäischen Ländern (einschließlich Beitrittskandidaten der<br />
EU) unterstützt. Die Göttinger Projektbearbeiter werden mit Partnerinstitutionen<br />
in England und Wales, Frankreich, den Niederlanden,<br />
Polen und Schweden zusammenarbeiten, um die nötigen landesspezifischen<br />
Informationen zu erhalten. Auf diese Weise erarbeitet die<br />
Untersuchung eine Basis für die Entwicklung von Harmonisierungs-<br />
Staatsanwaltschaften<br />
in Europa
Strafjustiz<br />
und Medien<br />
RECHTSWISSENSCHAFT 190<br />
vorschlägen, aber auch für supra-nationale Lösungen der Zukunft,<br />
wo sie für erforderlich gehalten werden. Gleichzeitig wendet sich die<br />
Studie einem viel zu wenig erforschten Gebiet zu, das indes immer<br />
mehr zur zentralen Entscheidungsebene des sich wandelnden Justizsystems<br />
wird – mit weitreichenden Konsequenzen für die Gesellschaft<br />
und die grundlegenden Prinzipen eines Rechtsstaats.<br />
Für das Projekt „Strafjustiz und Medien“ wurden Prof. B.-D. Meier,<br />
Fachbereich Rechtswissenschaften, Universität Hannover, Fördermittel<br />
bewilligt.<br />
Die Möglichkeiten und Grenzen gesetzlicher Regelungen im Überschneidungsbereich<br />
von Strafjustiz und Medien sollen ausgelotet<br />
werden. Innerhalb des vorhandenen Systems von Straf- und Strafprozessrecht<br />
sollen hierzu anhand von ausgewählten Einzelproblemen<br />
Strukturen möglicher Lösungsansätze aufgezeigt werden.<br />
Zunächst werden zentrale Bestimmungsmerkmale des Verhältnisses<br />
zwischen Justiz und Medien betrachtet. Trotz unterschiedlicher Zielsetzungen<br />
und Öffentlichkeitsfunktionen beider Sphären ergeben<br />
sich erhebliche Berührungspunkte, welche eine Klärung des wechselseitigen<br />
Verhältnisses geboten erscheinen lassen.<br />
Auch Medien erfüllen eine öffentliche Aufgabe, die durch verfassungsrechtliche<br />
und gesetzliche Regelungen abgesichert ist. Daneben<br />
übt ihre Berichterstattung in vielfältiger Weise erheblichen faktischen<br />
Einfluss auf strafrechtliche Ermittlungen und Verfahren aus.<br />
Umgekehrt sind Fälle der Nutzung von Medien durch Angehörige<br />
der Strafjustiz oder zu Fahndungszwecken zu beobachten.<br />
Aus dem wechselseitigen Bezugsverhältnis von Medien und Strafjustiz<br />
erwachsen allerdings auch sensible Konfliktfelder. Dem justiziellen<br />
Anliegen nach Klärung eines Sachverhaltes und dem Schutz<br />
von Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten steht häufig<br />
das mediale Interesse an öffentlichkeitswirksamer Präsentation und<br />
weitreichender Berichterstattung entgegen. Lösungsansätze für eine<br />
Klärung sind bislang primär durch das Handeln der beteiligten Akteure<br />
bestimmt, bedürfen aber eines verbindlichen rechtlichen Rahmens.<br />
Folgende rechtliche Regelungen sind in diesem Bereich bereits vorhanden:<br />
der verfassungsrechtliche Rahmen; gesetzliche Grundlagen,<br />
die aber oft unspezifisch bleiben; Regelungen unterhalb der gesetzlichen<br />
Ebene, insbesondere Richtlinien für Straf- und Bußgeldverfahren<br />
sowie für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, die Rechtsprechung<br />
der Zivilgerichte sowie eigenverantwortliche Richtlinien der Medien<br />
(wie beispielsweise der „Pressekodex“).<br />
Insgesamt zeichnet sich die aktuelle rechtliche Situation aber dadurch<br />
aus, dass verbindliche und zugleich spezifische rechtliche<br />
Maßstäbe weitgehend fehlen. Insbesondere ist eine gesetzliche<br />
Grundlage für die Zusammenarbeit von Strafverfolgungsorganen<br />
und Medienvertretern nicht vorhanden.
191<br />
RECHTSWISSENSCHAFT<br />
Klärungsbedürftig sind vor allem folgende Themen:<br />
– die Rolle der Öffentlichkeit in einzelnen Verfahrensstadien,<br />
– die Bedeutung von Verfahrensbeteiligten als Personen der Zeitgeschichte,<br />
– Auskunftserteilung gegenüber den Medien,<br />
– Verletzungen der Unschuldsvermutung durch Medien,<br />
– Fernseh- und Filmaufnahmen aus der Hauptverhandlung sowie<br />
ihrem Umfeld,<br />
– Mitteilung von personenbezogenen Informationen aus Strafakten,<br />
– Strategien zur Verhinderung von Fehlverhalten,<br />
– Aspekte des Verletztenschutzes sowie<br />
– die Überwachung von Medienvertretern durch die Strafjustiz.<br />
Ziel ist die Erstellung eines Entwurfes, der – soweit möglich – in Form<br />
von Gesetzen oder Leitsätzen ausformuliert ist.<br />
Für das Forschungsvorhaben „Gesamtkodifikation eines einfachen<br />
und gerechten Steuergesetzbuches“ von Prof. P. Kirchhof, Institut für<br />
Finanz- und Steuerrecht, Universität Heidelberg, wurden Fördermittel<br />
bewilligt.<br />
Das Projekt setzt sich zur Aufgabe, die gegenwärtige Vielfalt und<br />
Widersprüchlichkeit des geltenden Steuerrechts durch eine einheitliche<br />
Kodifikation zu ersetzen. Es ist vorgesehen, die Fülle von mehr<br />
als 100 Einzelgesetzen in einem Gesetzbuch zusammenzufassen, die<br />
36 Bundessteuern auf vier zurückzusetzen und die ausufernde Vielfalt<br />
der Steuerprinzipien in der Systematik eines Allgemeinen Teils<br />
zusammenzufassen.<br />
Das Steuerrecht in Deutschland muss als nicht mehr verständlich und<br />
einsichtig bezeichnet werden. Eine Vielzahl von Interventionstatbeständen,<br />
Steuersubventionen und gesetzlichen Formulierungsmängeln<br />
hat die sachgerechten Prinzipien der Besteuerung – insbesondere<br />
des Einkommens- und Körperschaftssteuerrechts – so verfremdet,<br />
dass der steuerliche Belastungsgrund wenig ersichtlich, für den<br />
Zahlungspflichtigen nicht mehr berechenbar, für die Planer kaum<br />
noch voraussehbar ist.<br />
So hindert etwa ein unverständliches und widersprüchliches Einkommenssteuergesetz<br />
den Steuerpflichtigen daran, seine Steuererklärungspflichten<br />
ordnungsgemäß zu erfüllen, obwohl er seine Erklärung<br />
strafbewehrt zu vertreten hat. Einzelne Steuern haben überdies<br />
ihre Belastungs- und Finanzfunktion nahezu eingebüßt; so ist<br />
etwa die Gewerbesteuer fast zu einem bloßen Instrument des Finanzausgleichs<br />
geworden.<br />
Steuerrecht
Umwelt und<br />
Bauleitplanung<br />
RECHTSWISSENSCHAFT 192<br />
Auch die Einbettung des deutschen Staates und der Wirtschaftssubjekte<br />
in Deutschland in einem weltoffenen Markt begründet einen<br />
dringenden Reformbedarf. So wird etwa die Abstimmung der jeweiligen<br />
Besteuerungshoheit unter den Staaten mittels bilateraler Abkommen<br />
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) durch die<br />
gegenwärtige Entwicklung mit grundsätzlich neuen Fragen konfrontiert,<br />
da beispielsweise die internationale Zuordnung von Einkünften<br />
aus elektronischen Dienstleistungen im Bereich des e-business bislang<br />
kaum gelöst sei.<br />
Möglicherweise ließen sich hier durch sachgerechte Besteuerung<br />
grenzüberschreitender Sachverhalte nach nationalem Gesetz die<br />
Doppelbesteuerungsabkommen zurückdrängen.<br />
Im Hinblick auf Vereinheitlichungstendenzen auf europäischer<br />
Ebene besteht zur Bewahrung deutscher Besteuerungsprinzipien die<br />
Notwendigkeit, die einsichtigen und verallgemeinerungsfähigen<br />
Grundgedanken im geltenden Recht von Verfremdungen und Überwucherungen<br />
durch Lenkungs- und Interventionsbestände wieder<br />
zu befreien und sie so für den Export nach Europa tauglich zu machen.<br />
Deshalb wird die zu entwickelnde reformierte Kodifikation die 105<br />
Bundesgesetze in einem Steuergesetz zusammenfassen und 36 Bundessteuern<br />
auf vier reduzieren:<br />
– eine Einkommensteuer (einschließlich Körperschaftsteuer)<br />
– eine Umsatzsteuer<br />
– eine Erbschaftsteuer (einschließlich Schenkungsteuer)<br />
– eine Sonderverbrauchsteuer auf verschiedene Verbrauchsteuervorgänge.<br />
Diese sind sodann auf der Grundlage eines vorangestellten Allgemeinen<br />
Teils, der Belastungsprinzipien und –verfahren regelt, so in<br />
der Gesamtkodifikation zusammenzufügen, dass Widersprüche ausgeräumt,<br />
Einzelbelastungen in einer Gesamtsteuerlast aufeinander<br />
abgestimmt, Formulierungsmängel in einer einheitlichen Terminologie<br />
behoben und die steuerlichen Belastungsgründe einsichtig und<br />
planbar vermittelt werden.<br />
Gesondert zu regeln sind dabei die Ober- und Untergrenzen der<br />
Steuerbelastung, das Zusammenwirken verschiedener Steuern in einer<br />
Steuerkonkurrenz- und Steuerkollisionsregel, die Inpflichtnahme<br />
Privater für die Steuerverwaltung und das Zusammenwirken<br />
der Steuerrechtsordnung mit dem Europarecht und den Doppelbesteuerungsabkommen.<br />
Prof. W. Erbguth, Ostseeinstitut für Seerecht und Umweltrecht, Universität<br />
Rostock, arbeitet mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> an dem Projekt<br />
„Möglichkeiten und Grenzen der Harmonisierung und Vernetzung<br />
der umweltrechtlichen Anforderungen in der Bauleitplanung“.
193<br />
POLITIKWISSENSCHAFT<br />
Das Recht der Europäischen Gemeinschaften erlangt zunehmende<br />
Bedeutung für die Bauleitplanung und erzwingt insbesondere im Bereich<br />
der umweltbezogenen Anforderungen vielfältige Änderungen<br />
des nationalen Rechts. Das Vorhaben soll die in der Bauleitplanung<br />
zu berücksichtigenden umweltbezogenen Aspekte aufzeigen, Möglichkeiten<br />
der Vernetzung der verschiedenen umweltrelevanten Gesichtspunkte<br />
herausarbeiten und diesbezüglich Vorschläge unterbreiten<br />
sowie untersuchen, wo die dergestalt zu systematisierenden<br />
und harmonisierenden umweltrechtlichen Anforderungen an die<br />
Bauleitplanung am sinnvollsten zu integrieren sind.<br />
Das Recht der Bauleitplanung wird in zunehmendem Maße durch<br />
das europäische Umweltrecht beeinflusst. Dies gilt insbesondere für<br />
Rechtsakte des gebietsbezogenen Umweltschutzes, aber auch für<br />
Regelungen des flächenbezogenen Umweltschutzes. Schließlich<br />
werden von der am 27.06.<strong>2001</strong> erlassenen Richtlinie des Europäischen<br />
Parlamentes und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen<br />
bestimmter Pläne und Programme gewichtige Wirkungen<br />
für das Recht der Bauleitplanung ausgehen.<br />
Ansatzpunkte für die Untersuchung sind folgende Themenbereiche:<br />
– Harmonisierung und Abschichtung der UVP für Projekte mit der<br />
Umweltprüfung für Pläne und Programme<br />
– Integration der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sowie<br />
der Verträglichkeitsprüfung nach §§ 34, 35 BNatSchG in das Verfahren<br />
der UVP bzw. Umweltprüfung.<br />
Ziel des Projektes ist es, Vorschläge für eine bessere Handhabbarkeit<br />
des Planungsrechts zu entwickeln. Hierbei können drei Lösungen in<br />
Betracht kommen:<br />
– Regelung im Rahmen des in der Diskussion befindlichen Umweltgesetzbuches,<br />
in das umweltplanungsrechtliche Materien einbezogen<br />
werden können<br />
– Verankerung der umweltrelevanten Aspekte im BauGB<br />
– stärkere Systematisierung und Harmonisierung der Materie in<br />
den vorhandenen Rechtsquellen.<br />
Politikwissenschaft<br />
Unter den Fragen, denen sich die Politikwissenschaft im Übergang<br />
vom 20. in das 21. Jahrhundert gegenübersieht, hat die nach der Zukunft<br />
des demokratischen Verfassungsstaates besonderen Rang.<br />
Sein Anspruch, auf die Dauer das einzig legitime Modell politischer<br />
Ordnung in der modernen Welt zu sein, ist durch das zu Ende gehende<br />
Jahrhundert bekräftigt worden. Aber die Gegenfrage, ob er<br />
nicht doch das voraussetzungsreiche Produkt einer spezifischen Kultur<br />
sei, ist noch keineswegs definitiv beantwortet. Es könnte sein,<br />
dass der weltweite Prozess der Erosion der Bestandsbedingungen
Bürgerengagement<br />
POLITIKWISSENSCHAFT 194<br />
nicht-demokratisch organisierter Herrschaft und der Prozess des<br />
Aufbaus der Voraussetzungen für den demokratisch-verfassungsstaatlichen<br />
Modus der Politik zwei ganz verschiedene Dinge sind.<br />
Auch ist die Frage offen, wie sich der demokratische Verfassungsstaat<br />
gegenüber den neuartigen Herausforderungen bewähren wird,<br />
vor denen er schon steht oder demnächst stehen wird. Welche Möglichkeiten<br />
wenn nicht der Steuerung gesellschaftlicher Entwicklungen<br />
so doch der Einflussnahme auf gesellschaftliche Entwicklungen<br />
hat Politik der demokratisch-verfassungsstaatlichen Spielart in der<br />
Welt des 21. Jahrhunderts? Wie wird sie umgehen mit dem wachsenden<br />
Problemdruck beispielsweise der Umweltkrise? Wie wird sie fertig<br />
mit der außerordentlichen Beschleunigung, auch der Intensität,<br />
mit der Prozesse des sozialen Wandels ablaufen, von denen dramatischen<br />
demographischen Entwicklungen bis zum „Wertewandel“?<br />
Und wie verändern diese Prozesse die Rahmenbedingungen, die<br />
Handlungsmöglichkeiten der Politik? Ebenso dringlich ist die Frage,<br />
wie die Politik, die gerade als demokratisch verfasste Politik an umgrenzte<br />
Räume gebunden bleibt, mit der zunehmenden Erosion der<br />
Bedeutung territorialer Grenzen zurecht kommt. Einfacher gefragt:<br />
Wie lässt sich in entgrenzten Räumen noch regieren?<br />
Es ist denkbar, dass unterschiedliche Ausprägungen des demokratischen<br />
Verfassungsstaates unterschiedlich gut mit den Herausforderungen<br />
umzugehen vermögen, die zu bestehen sind. Das ist eine<br />
Frage, die das besondere Interesse der vergleichenden Forschung<br />
verdient. In jedem Fall ist es wahrscheinlich, dass das Ensemble von<br />
Institutionen und Regeln, das den demokratischen Verfassungsstaat<br />
ausmacht, einem gesteigerten Entwicklungsdruck ausgesetzt sein<br />
wird. Die Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit dieses Typus von<br />
politischer Ordnung ist deshalb ein Thema, auf das viele Fragestellungen<br />
hinführen. Dabei kommt über die empirische Forschung hinaus<br />
auch die politische Philosophie ins Spiel, insofern es nämlich notwendig<br />
zu jeder Weiterentwicklung des demokratischen Verfassungsstaates<br />
gehört, sich stetig der Legitimitätsbedingungen demokratischer<br />
Politik zu vergewissern.<br />
Es ist dieser Gesamtkomplex von Fragen, dessen Bearbeitung durch<br />
die Politikwissenschaft die <strong>Stiftung</strong> insbesondere unterstützen möchte.<br />
Mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> arbeiten Prof. O. W. Gabriel und A. Vetter,<br />
Abteilung für politische Systeme und politische Soziologie, Institut<br />
für Sozialwissenschaften, Universität Stuttgart, an einem Forschungsvorhaben<br />
zum Thema „Bürgerschaftliches Engagement, soziales<br />
Kapital und Demokratie. Ein deutsches und internationales<br />
Forschungsprojekt“.<br />
Gegenwärtig bestimmen die Konzepte „Bürgerschaftliches Engagement“<br />
und „Sozialkapital“ die Diskussion über die Zukunft der Demokratie<br />
in der westlichen Welt. In Wissenschaft und politischer Praxis<br />
werden vor allem zwei Gründe für die Aufwertung des bürgerschaftlichen<br />
Engagements als Handlungsressource moderner Gesell-
195<br />
POLITIKWISSENSCHAFT<br />
schaften genannt: Zum einen stehen die westlichen Wohlfahrtsstaaten<br />
vor neuen Anforderungen (durch veränderte Altersstrukturen,<br />
Zunahme grenzüberschreitender Migration, veränderte Arbeitsmarktstruktur),<br />
vor deren Hintergrund sich ehrenamtliche soziale<br />
Tätigkeit in Freiwilligenorganisationen zu einem wichtigen Faktor<br />
des gesellschaftlichen Zusammenlebens in ökonomischer und sozialer<br />
Hinsicht entwickeln kann. Zum anderen wird die Integrationskapazität<br />
von sozialem Kapital hervorgehoben. Mit Hilfe eines lebendigen<br />
Vereinslebens lernen die Bürger, einander zu vertrauen und erfolgreich<br />
zu kooperieren.<br />
In der empirischen Forschung wurden jedoch die in der Sozialkapital-Debatte<br />
vorgetragenen Argumente bisher noch nicht überzeugend<br />
belegt. Lediglich eine der theoretischen Annahmen scheint bislang<br />
unumstritten: Die erwarteten positiven Folgen des Sozialkapitals<br />
für eine Demokratie entwickeln sich vorzugsweise in denjenigen<br />
Handlungskontexten, in denen die meisten sozialen Interaktionen<br />
stattfinden: auf der lokalen Ebene.<br />
Das Projekt ist Teil eines seit 1999 von der European Science Foundation<br />
(ESF) finanzierten internationalen Forschungsprojektes zum<br />
Thema „Citizenship, Involvement, Democracy“ (CID). Das Ziel des<br />
Projektes besteht darin, das Entstehen, die Verteilung und die politischen<br />
Effekte von sozialem Kapital (verstanden als bürgerschaftliches<br />
Engagement, soziales Vertrauen und gemeinschaftsbezogene<br />
Werte und Normen) im Rahmen einer international vergleichenden<br />
Studie empirisch zu untersuchen. Eine deutsche Repräsentativbefragung<br />
zu diesem Thema, von Jan van Deth und Sigrid Roßteutscher<br />
(Universität Mannheim) durchgeführt und finanziell von der DFG<br />
unterstützt, wurde im Februar <strong>2001</strong> abgeschlossen. Eine solche Repräsentativbefragung<br />
kann aber nicht auf alle Aspekte des Problemkomplexes<br />
eingehen. Sie liefert keine hinreichend detaillierten Informationen<br />
über den theoretisch wichtigen organisatorischen Kontext,<br />
innerhalb dessen sich die soziale Beteiligung vollzieht.<br />
Zur Erhebung dieser Kontextdaten werden im Rahmen des hier geförderten<br />
Teilprojektes Organisations- und Mitgliederstudien durchgeführt,<br />
die Aufschlüsse darüber geben sollen, ob und unter welchen<br />
Umständen bestimmte Organisationsgruppen tatsächlich Einfluss<br />
auf die Einstellungen und Verhaltensweisen ihrer Mitglieder ausüben<br />
und welcher Art diese Einflüsse sind. Sie ermöglichen außerdem<br />
Rückschlüsse darauf, wie sich Einstellungs- und Verhaltensmuster<br />
durch den Kontext erklären lassen, in denen Freiwilligenorganisationen<br />
tätig werden. Dazu dienen Gemeindestudien in fünf<br />
Städten und Gemeinden Ost- und Westdeutschlands. Entsprechende<br />
Studien wurden bereits in Mannheim (und Aberdeen) von einer ESF-<br />
Forschergruppe durchgeführt, ebenso in der Schweiz, Großbritannien<br />
und Spanien. Dasselbe Design kommt nun in einer weiteren<br />
Großstadt in den neuen Bundesländern (Chemnitz, als Vergleichsstadt<br />
zu Mannheim) sowie in jeweils einer Mittelstadt und einer<br />
Landgemeinde in den alten und neuen Bundesländern zum Einsatz.
Parteien in<br />
Mittel- und<br />
Osteuropa<br />
POLITIKWISSENSCHAFT 196<br />
Die Auswahl der Gemeinden erfolgte nach dem most-similar-case-<br />
Design. In der Organisationsstudie werden sämtliche Freiwilligenorganisationen<br />
in den ausgewählten Städten und Gemeinden erfasst.<br />
Auf der Basis dieser Totalerhebung werden anschließend aktive Mitglieder<br />
jeweils typischer Organisationen über ihre Einstellungen und<br />
ihr Verhalten befragt. Im Einzelnen sollen die folgenden Probleme<br />
untersucht werden:<br />
– Welche Typen von gesellschaftlichen Organisationen und welche<br />
Beziehungsgeflechte zwischen ihnen finden sich in den untersuchten<br />
Städten und Gemeinden?<br />
– Wie beeinflussen unterschiedliche Typen von Organisationen und<br />
deren organisatorische Merkmale die Produktion von Sozialkapital<br />
im Sinne von Vertrauen, Bürgertugenden, Solidarität, usw.?<br />
– Welche Rolle spielt die Größe des Ortes bei der Produktion von<br />
Sozialkapital bzw. bei der Integration gesellschaftlicher Gruppen<br />
und Organisationen in den politischen Prozess?<br />
– Führen unterschiedliche historisch-kulturelle Eigenschaften des<br />
Umfeldes, in dem die Organisationen operieren, wie sie sich z. B.<br />
in den alten und neuen Bundesländern manifestieren, in dieser<br />
Hinsicht zu signifikanten Unterschieden?<br />
Seit 1999 fördert die <strong>Stiftung</strong> das Projekt „Parteienwettbewerb, freie<br />
Wahlen und die Entwicklung neuer Parteiensysteme in Mittel- und<br />
Osteuropa II“ von Prof. H.-D. Klingemann, Wissenschaftszentrum<br />
Berlin für Sozialforschung.<br />
Das Projekt betrachtet die Entstehung und Konsolidierung der Parteiensysteme<br />
in den neuen Demokratien Mittel- und Osteuropas.<br />
Dazu werden von ausgewiesenen Wissenschaftlern dieser Länder<br />
die nationalen Parlamentswahlen nach einem vergleichbaren Leitfaden<br />
analysiert. Die Ergebnisse werden in der Reihe „Founding Elections<br />
in Eastern Europe“ publiziert. Im Anhang der Bände werden<br />
das Parteien- und das Wahlgesetz in einer englischen Fassung dokumentiert<br />
und auf repräsentative Wahlumfragen hingewiesen, die der<br />
akademischen Öffentlichkeit für Sekundäranalysen zur Verfügung<br />
stehen. Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt die hierzu erforderlichen<br />
Fachkonferenzen und Publikationsvorbereitungen.<br />
Im Berichtszeitraum wurde an den folgenden Einzelprojekten gearbeitet:<br />
– Die Arbeiten an dem Band zu den Wahlen in der Tschechischen<br />
Republik, herausgegeben von Zdenka Mansfeldová, wurden abgeschlossen.<br />
– Die Editierung des Manuskripts für den Band „Elections in Macedonia“<br />
(Svetomir Skaric) ist abgeschossen.<br />
– Das Manuskript zu den Wahlen in Albanien (Kosta Barjaba) wird<br />
ediert.
197<br />
POLITIKWISSENSCHAFT<br />
– Die Kapitel des Bandes „Elections in Latvia“, herausgegeben von<br />
Andris Runcis, werden von den Autoren überarbeitet.<br />
– Vom 21.– 23. Juni <strong>2002</strong> fand an der European University, Sankt<br />
Petersburg, Russland, eine Konferenz der Autoren des zweiten<br />
Bandes über Wahlen in Russland statt. Die Reihenherausgeber beginnen<br />
mit der Editierung des bereits vorliegenden Manuskripts.<br />
Die bisher mit Hilfe der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> veröffentlichte Reihe<br />
zu den Wahlen in Mittel- und Osteuropa ist damit auf neun Bände<br />
angewachsen. Informationen zu den Bänden sind unter http://www.<br />
wz-berlin.de/siv/iw/founding_elections.de.htm zugänglich.<br />
Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />
Slovenia between continuity and change, 1990–1997. Analyses,<br />
documents and data. Niko Tosˇ, Miheljak Vlado [eds.]; Wissenschaftszentrum<br />
Berlin für Sozialforschung. – Berlin: Ed. Sigma,<br />
<strong>2002</strong>. – 242 S. (Founding elections in Eastern Europe).<br />
Für das Projekt „Parteien in Indien: formelle und institutionelle<br />
Aspekte ihrer gesellschaftlichen Verankerung“ wurden Prof. J. Betz,<br />
Deutsches Übersee-Institut, Hamburg, Mittel bewilligt.<br />
Das Vorhaben untersucht am Beispiel Indiens die Frage, ob sich Parteien<br />
in Entwicklungsländern mit demokratischen Traditionen denen<br />
in westlichen Industriestaaten angleichen oder ob sie unterschiedliche<br />
Funktionsweisen entwickeln. Im besonderen soll dabei geprüft<br />
werden, ob Parteien die ihnen üblicherweise zugeschriebenen Funktionen<br />
in einer anderen Zusammensetzung und Intensität wahrnehmen<br />
und in welcher Weise ihre Anbindung an die Gesellschaft geleistet<br />
wird. Insgesamt soll damit das westeuropäische Referenzmodell<br />
der Parteienforschung kritisch hinterfragt und durch einen möglicherweise<br />
besser geeigneten Ansatz ersetzt werden.<br />
Zwei übergreifende Forschungsperspektiven stehen im Zentrum:<br />
– die parteipolitische Durchdringung der indischen Gesellschaft sowie<br />
– der parteipolitische Einfluss auf das Regierungshandeln.<br />
Konkreter betrachtet werden sollen in Bezug auf den erstgenannten<br />
Komplex der Rückhalt der Parteien in der Bevölkerung, die Stärke<br />
und der Wandel der institutionellen Strukturen, die Widerspiegelung<br />
gesellschaftlicher Konfliktlinien, die Interessenaggregation durch<br />
Parteien sowie der sozioökonomische Hintergrund von Parteiführern,<br />
Amtsträgern und Mitgliedern und die Ausprägung der innerparteilichen<br />
Demokratie.<br />
Der zweitgenannte Komplex umfasst im Einzelnen den Grad der Entscheidungsfindung<br />
durch gewählte Politiker, das Ausmaß des Einflusses<br />
von Parteien auf Inhalte des Regierungshandelns und die Rekrutierung<br />
von Entscheidungsträgern, den Umfang der Kompensa-<br />
Parteien<br />
in Indien
Demokratische<br />
Verfassungsstaaten<br />
POLITIKWISSENSCHAFT 198<br />
tion formaler Schwächen durch informelle Praktiken sowie die Abhängigkeit<br />
des „Mix“ aus formalen und informellen Elementen von<br />
der sozioökonomischen Entwicklung.<br />
Die Umsetzung des Vorhabens wird sich auf drei indische Distrikte<br />
und drei Unionsstaaten konzentrieren, in denen durch teilnehmende<br />
Beobachtung, Erfassung von Dokumenten und intensive Befragung<br />
die forschungsleitenden Themen behandelt werden. Insbesondere<br />
durch Teilnahme an Parteiversammlungen sowie durch Interviews<br />
und Gespräche mit Funktionären und Mitgliedern sollen Struktur,<br />
Entscheidungsverfahren, Kandidatenrekrutierung, innerparteiliche<br />
Demokratie, programmatische Ausrichtung und der Einfluss auf die<br />
Regierung erfasst werden. Kernpunkt ist die Beschreibung der organisatorischen<br />
Realität indischer Parteien auf lokaler, Distrikts-, Landes-<br />
und nationaler Ebene. Als Untersuchungsobjekte werden die<br />
Kongresspartei, die BJP und die kommunistische CPI-M (Communist<br />
Party of India – Marxist) ausgewählt, da diese Gruppierungen über<br />
eine nationale Verbreitung und eine relativ straffe Struktur verfügen.<br />
Prof. E. Jesse, Fachgebiet Politikwissenschaft, Technische Universität<br />
Chemnitz, wurden <strong>2002</strong> Fördermittel bewilligt für das Projekt „Demokratische<br />
Verfassungsstaaten. Institutionelle Grundform und Policy-Leistungen“.<br />
Das Projekt setzt sich ein zweifaches Ziel. Zum einen sollen vergleichend<br />
die Strukturen, Funktionen und spezifischen Probleme von<br />
sechs institutionellen Grundformen der Demokratie analysiert werden;<br />
zum zweiten soll die Frage geklärt werden, ob ein empirischer<br />
Zusammenhang zwischen diesen Grundformen und den Leistungen<br />
einer Demokratie in den Feldern Freiheit, (innere) Sicherheit und<br />
(wirtschaftliche) Wohlfahrt besteht.<br />
Die institutionellen Grundformen ergeben sich zunächst aus dem<br />
Unterschied zwischen parlamentarischen, präsidentiellen sowie präsidentiell-parlamentarischen<br />
Regierungssystemen.<br />
Diese Kategorisierung soll mit verschiedenen Ausprägungen des<br />
Wahlsystems in Bezug gesetzt werden. Hierzu wird ein Mehrheitsbzw.<br />
Majorzsystem, in dem alle Mandate eines Wahlkreises an die<br />
siegreiche Partei/Kandidaten gehen, von einem Verhältnis- bzw.<br />
Proporzsystem unterschieden, in dem die Mandate anteilig nach dem<br />
Stimmenerfolg verteilt werden.<br />
Durch die Kombination der Demokratieformen und der Wahlsysteme<br />
entstehen sechs institutionelle Grundformen: die parlamentarische,<br />
die präsidentielle sowie die parlamentarisch-präsidentielle Variante<br />
der Mehrheits- und der Proporzdemokratie. Diese sind zunächst auf<br />
Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin zu untersuchen; zudem soll<br />
analysiert werden, ob sich in der Regierungspraxis Tendenzen zur<br />
Annäherung oder Entfernung der einzelnen Grundformen erkennen<br />
lassen.
199<br />
POLITIKWISSENSCHAFT<br />
In einem zweiten Schritt soll versucht werden, einen Zusammenhang<br />
zwischen diesen Grundformen und den Leistungen politischer Systeme<br />
in den Bereichen Freiheit, Wohlfahrt und (innere) Sicherheit zu<br />
ergründen und damit einen Beitrag zur Frage nach der „besten“<br />
Form der Demokratie zu offerieren.<br />
Zur Operationalisierung der Politikfelder sollen zunächst verschiedene<br />
internationale Datensammlungen mit empirischen Indikatoren<br />
herangezogen werden. So werden im Bereich der Freiheit Bürgerund<br />
politische Rechte identifiziert. Im Hinblick auf die Wohlfahrt<br />
sind das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf sowie die Arbeitslosenquote<br />
und Inflationsrate zentrale Messgrößen. Die Dimension der Sicherheit<br />
kann daran abgelesen werden, dass politisch motivierte Gewalt<br />
und Aufstände fehlen, dass die Zahl der Gewaltdelikte Mord- und<br />
Totschlag sowie die des Eigentumsdeliktes Einbruch gering ist.<br />
Im Anschluss sollen 40 Länder nach den einzelnen institutionellen<br />
Grundformen kategorisiert und dann auf die erstellten Indikatoren<br />
hin überprüft werden. Die Auswahl bezieht Länder von mindestens<br />
500.000 Einwohnern ein, die zwischen 1945 und 2000 eine mehr als<br />
25jährige demokratische Praxis aufweisen können.<br />
Dr. M. Brzoska, Bonn International Center for Conversion (BICC),<br />
Bonn, erhielt im Bewilligungszeitraum Fördermittel für das Projekt<br />
„The implementation of arms embargoes – analytical foundations for<br />
improving their effectiveness (Die Umsetzung von Waffenembargos<br />
– analytische Grundlagen zur Verbesserung ihrer Wirksamkeit)“.<br />
Zur Frage der Wirksamkeit von Waffenembargos sollen systematische<br />
Grundlagen erarbeitet werden. Dafür soll ein analytischer Rahmen<br />
erstellt und empirisch getestet werden, der verschiedene Elemente<br />
in Bezug auf eine effektive Durchsetzung von Embargos enthält.<br />
Hierzu gehören:<br />
– die aktuellen Beziehungsgeflechte des Waffentransfers,<br />
– der Typ und die Art des sanktionierten Verhaltens,<br />
– die Entscheidungsfindung innerhalb des (vom Embargo) betroffenen<br />
Landes oder der betroffenen Ländergruppe,<br />
– die Identifizierung innenpolitischer Akteure, die Gewinne oder<br />
Verluste von Embargos zu erwarten haben und<br />
– die Umsetzung von Embargos durch waffenliefernde Staaten.<br />
Insgesamt wird in pragmatischer Absicht versucht, eine Verbesserung<br />
der Durchführung gezielter Sanktionen, speziell von Waffenembargos,<br />
zu erreichen, um damit zu einer Verhinderung oder einer<br />
Beendigung von gewalttätigen Konflikten und von Kriegen beizutragen.<br />
Die erkenntnisleitende Hypothese lautet, dass wirksame Sanktionsmechanismen<br />
in hohem Maße von der Fähigkeit abhängen, Anreize<br />
Waffenembargos
Informationstechnologien<br />
in Tansania<br />
POLITIKWISSENSCHAFT 200<br />
und Hemmnisse zu schaffen, die sowohl in den Zielländern (von Embargos)<br />
als auch in den Versorgerländern (mit Waffen) greifen. Davon<br />
ausgehend wird versucht, in Form eines analytischen Rahmens<br />
Bedingungen zu formulieren, unter denen Embargos gelingen können.<br />
Der Rahmen soll in der empirischen Beobachtung durch Fallstudien<br />
auf seine Relevanz hinsichtlich folgender Elemente überprüft werden:<br />
– den Instrumenten von Waffenembargos: hier sollen die Diskussionen<br />
über die Wirkungsebenen von Waffenembargos und die Logistik<br />
des Waffennachschubs untersucht werden;<br />
– den Zielstaaten (von Embargos): in diesem Feld sind die Ökonomie<br />
der Schwarzmärkte, der Wandel im militärischen Verhalten<br />
und die inländische Waffenproduktion zu analysieren;<br />
– den Waffen liefernden Staaten: hier stehen die Beteiligung dieser<br />
Staaten an einem Embargo, die ökonomischen und politischen Kosten<br />
dieser Staaten sowie ihre rechtlichen Instrumente zur Durchsetzung<br />
eines Embargos im Zentrum des Interesses.<br />
Das Vorhaben wird durch ein kleines Forschungsteam von jüngeren<br />
Wissenschaftlern und erfahrenen Experten am Bonn International<br />
Center for Conversion (BICC) in Bonn in Zusammenarbeit mit Prof.<br />
George Lopez, Kroc Institute an der University of Notre Dame, durchgeführt.<br />
Am Partnerinstitut in den USA wird parallel zu anderen Formen<br />
von Embargos (Wirtschaftsembargos, Reisebeschränkungen)<br />
geforscht.<br />
Für das Projekt „Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
(IKTs) in Afrika. Die Bedeutung von IKTs im Entwicklungsprozess<br />
Tansanias“ wurden Prof. C. Jakobeit, Institut für Afrika-Kunde, Hamburg,<br />
Fördermittel bewilligt.<br />
Die Bedeutung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
(IKTs) für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Tansania soll<br />
untersucht werden. Dabei stehen enormen Entwicklungschancen,<br />
die durch technologische Errungenschaften geboten werden, erhebliche<br />
Risiken gegenüber, die sich in einer zunehmenden digitalen<br />
Kluft zwischen Nord und Süd äußern.<br />
Es sollen wesentliche Probleme einer breiteren Nutzung von IKTs,<br />
Strategien zu deren Überwindung sowie Bedingungen einer nachhaltigen<br />
Informationsinfrastruktur herausgearbeitet werden. Diese<br />
Aufgabe stellt zwar nur eine Komponente innerhalb der gesamten<br />
Entwicklungsproblematik dar, zugleich wird ihr aber eine zentrale<br />
Rolle zur Lösung umfassender Probleme zugeschrieben.<br />
Tansania bietet für eine derartige Untersuchung günstige Voraussetzungen,<br />
die sich insbesondere in politischer und gesellschaftlicher<br />
Stabilität, anhaltender wirtschaftlicher Neuorientierung sowie in einsetzenden<br />
Reformen innerhalb des Telekommunikationssektors
201<br />
POLITIKWISSENSCHAFT<br />
äußern. Die Erarbeitung einer Einzelfallstudien wird einem komparativen<br />
Vorgehen vorgezogen; allerdings sollen den gewonnenen Erkenntnissen<br />
Referenzentwicklungen gegenübergestellt werden. Damit<br />
will sich das Projekt von den bislang dominierenden theorielastigen,<br />
spekulativen und einseitig makroökonomisch geprägten Studien<br />
absetzen.<br />
Bisher fehlen empirische, länderspezifische und kontextabhängige<br />
Analysen sowie Fakten zu Anwendungsmöglichkeiten, Nutzeranalysen<br />
und Folgewirkungen der Technologie. Zudem ist bislang trotz<br />
allgemeiner Maßnahmenkataloge und unverbundener Politikempfehlungen<br />
keine kohärente Strategie generiert worden.<br />
Für das Projekt ist ein Zugang auf vier Ebenen vorgesehen:<br />
– den globalen und regionalen – afrikaspezifischen – Strukturen<br />
und Charakteristika,<br />
– den Leitbildern einer Sektorstrategie der tansanischen Regierung,<br />
– den Akteuren und Entscheidungsprozessen innerhalb der tansanischen<br />
Sektorpolitik,<br />
– den Anwendungsmöglichkeiten und Nutzergruppen und deren<br />
Auswirkungen auf die Entwicklungsbilanz.<br />
Insgesamt sollen damit die Entstehungs- und Gestaltungsprozesse<br />
tansanischer IKT-Politik durch einen akteurs- und handlungsbezogenen<br />
Analyserahmen untersucht werden. Hierzu wird ein dreiteiliger<br />
Forschungsansatz gewählt, welcher die Elemente internationales<br />
Umfeld, nationale Sektorpolitik sowie Entwicklungen und Perspektiven<br />
der IKT-Nutzung enthält.<br />
Prof. G. Göhler, Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, FU<br />
Berlin, und Prof. H. Buchstein, Institut für Politikwissenschaft, Universität<br />
Greifswald, wurden Mittel bewilligt für das Projekt „Ernst<br />
Fraenkel – eine politische Biographie“.<br />
Projektziel ist die Erstellung einer politischen Biographie Ernst Fraenkels,<br />
eines führenden Vertreters der deutschen Politikwissenschaft<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg. Hierzu sollen auf der Grundlage zusammengetragener<br />
Materialien und gezielter Recherchen die Zusammenhänge<br />
zwischen lebensgeschichtlichen Ereignissen und dem<br />
Werk herausgearbeitet werden. Insbesondere soll untersucht werden,<br />
wie inhaltliche Positionen mit unmittelbaren Lebenserfahrungen<br />
korrespondierten. Dabei wird davon ausgegangen, dass Fraenkel<br />
als Grundbeispiel eines deutschen Intellektuellen jüdischer Herkunft<br />
gelten kann.<br />
Eine geschlossene Darstellung seines Lebens fehlt jedoch bislang.<br />
Bis auf einzelne Versatzstücke liegt auch keine Autobiographie vor.<br />
Forschungslücken bestehen bei wesentlichen Stationen des Lebens<br />
von Fraenkel. Da die Vita Fraenkels von heftigen Brüchen geprägt<br />
Ernst Fraenkel
Ernst Fraenkel<br />
Lecture Series<br />
POLITIKWISSENSCHAFT 202<br />
war, ist es zudem wichtig, sich eingehender mit zentralen Wendepunkten<br />
zu befassen.<br />
Ungeklärt ist insbesondere die Bedeutung seiner religiösen und kulturellen<br />
Prägung in der Kindheit und Jugend, die Rolle seiner<br />
Schwester, seine Erfahrungen während der Kriegszeit und der Novemberrevolution,<br />
seine anwaltliche Tätigkeit in enger Verbindung<br />
mit der Gewerkschaftsbewegung und die Mitgliedschaft in der Sozialdemokratie<br />
sowie die Verfolgung und der Widerstand im Dritten<br />
Reich. Diese lebensgeschichtlichen Zusammenhänge sind in enger<br />
Verknüpfung mit seinem politischen Denken zu betrachten, das zu<br />
jener Zeit noch deutlich marxistisch beeinflusst gewesen ist.<br />
Die sich anschließende Zeit der Emigration in die USA und die dort<br />
auf ihn einwirkenden Einflüsse bedürfen ebenfalls einer vertieften<br />
Beschäftigung. Schließlich ist über die unmittelbar nach dem Kriege<br />
erfolgte Tätigkeit für die US-Regierung in Korea und die dortigen<br />
Versuche einer Demokratisierung zu forschen.<br />
Die Rückkehr nach Deutschland und die hierfür maßgeblichen Motive<br />
sowie die dann erfolgende Hinwendung zur Politischen Wissenschaft<br />
bilden einen weiteren wesentlichen Teil der Forschungsarbeit.<br />
Die Tätigkeit Fraenkels an der Berliner Deutschen Hochschule für<br />
Politik bzw. später an der Freien Universität, seine Rolle und Status<br />
im inneruniversitären Leben sowie sein wissenschaftliches wie persönliches<br />
Umfeld bedürfen schließlich einer detaillierteren Klärung.<br />
Im Sinne einer politischen Biographie sollen weiterführende Fragen<br />
zum Verständnis des Wirkens und Denkens Fraenkels, insbesondere<br />
nach den identitätsstiftenden Momenten, behandelt werden. Seine<br />
politischen wie auch fachlichen Umorientierungen bilden hierfür einen<br />
wesentlichen Hintergrund. Es ist darauf hinzuweisen, dass Fraenkel<br />
selbst versucht hat, dabei sein persönliches Schicksal auszublenden<br />
und allein durch seine Arbeiten politischen Wandel zu bewirken.<br />
Das Vorhaben folgt insgesamt einer historisch-chronologischen Linie.<br />
Parallel zu einzelnen Lebensphasen sollen theoretische Arbeiten<br />
Fraenkels gegengeblendet werden; zudem sollen Erinnerungen<br />
und/oder Biographien anderer Personen mit einem ähnlichen<br />
Schicksal einbezogen werden.<br />
Das Projekt wird sich vor allem auf die Edition der Gesammelten<br />
Schriften Fraenkels stützen, die unter Leitung der Projektleiter erstellt<br />
wurde.<br />
Studenten, Wissenschaftler und eine USA-interessierte Öffentlichkeit<br />
will die Ernst Fraenkel Lecture Series ansprechen, die unter der<br />
Leitung von Prof. C.-L. Holtfrerich am John F. Kennedy-Institut für<br />
Nordamerikastudien (Freie Universität Berlin) mit zwei bis vier Vorträgen<br />
je Semester stattfindet.<br />
Für diese sowohl vom Präsidium der Freien Universität Berlin als<br />
auch von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> geförderte Vorlesungsreihe
203<br />
SOZIOLOGIE<br />
konnten international renommierte Wissenschaftler gewonnen werden.<br />
Die Palette der Themen ist breit gefächert: neben den Schwerpunkten<br />
Politik-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften auch solche<br />
aus Kultur-, Literatur- und Geschichtswissenschaften.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
Novick, Peter: Is the Holocaust an American memory? – In: Ernst<br />
Fraenkel Vorträge zur amerikanischen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft,<br />
Geschichte und Kultur. 8. <strong>2002</strong>. S. 1–19.<br />
Suleiman, Susan Rubin: History, memory, and moral judgement in<br />
documentary film. On Marcel Ophul’s hotel terminus: The life and<br />
times of Klaus Barbie. – In: Ernst Fraenkel Vorträge zur amerikanischen<br />
Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte und Kultur. 8.<br />
<strong>2002</strong>. S. 21–61.<br />
Soziologie<br />
Seit ihrer Entstehung versteht sich die Soziologie als Schlüsseldisziplin<br />
der modernen Industriegesellschaft. Der Wandel der Industriegesellschaft<br />
stellt die Soziologie daher vor besondere Herausforderungen.<br />
Der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> möchte in dieser Umbruchperiode<br />
insbesondere sozialwissenschaftliche Forschungsvorhaben fördern,<br />
die den Wandel von der Arbeits- zur Wissenschaftsgesellschaft zum<br />
Thema haben und Ausblicke auf künftige Entwicklungen der Industriegesellschaft<br />
eröffnen. Dieser Wandel soll in all seinen Auswirkungen<br />
untersucht werden, die nicht nur die Arbeitswelt, sondern beispielsweise<br />
auch biographische Karrieren, Veränderungen familialer<br />
Strukturen und Umbrüche der Mentalitäten sowie Innovationen der<br />
Lebensstile und der Lebensführung betreffen. Dazu gehören Untersuchungen<br />
zu neuen Formen der Erwerbsarbeit und der Berufswege<br />
ebenso wie Wandlungen traditioneller Biographiemuster und des<br />
Freizeitverhaltens. Von Bedeutung wären Analysen zum Wandel der<br />
Geschlechterbeziehungen, die sich durch den Wertzuwachs bestimmter<br />
Tätigkeitsfelder ergeben (Kindererziehung, Altenpflege,<br />
Betreuungsaktivitäten) sowie Untersuchungen zur Veränderung der<br />
Generationenbeziehungen, die sich heute aufgrund dramatischer<br />
demographischer Umbrüche unübersehbar wandeln. Erwünscht<br />
wären Studien, die sich dem Umbau der traditionalen Arbeitsgesellschaft<br />
zur Wissensgesellschaft widmen, in der die Schaffung neuen<br />
Wissens, dessen intelligente Nutzung und schnelle Anwendung von<br />
vorrangiger Bedeutung sind. Aufmerksamkeit sollte neuen Prozessen<br />
des Lehrens und Lernens gewidmet werden, die traditionale Sozialisationsagenturen<br />
von der Schule bis zur Universität verändern;<br />
wir stehen vor entscheidenden Revisionen der Didaktik und der Curricula.<br />
Im Bereich der Soziologie räumt die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> Projekten<br />
eine hohe Priorität ein, die unser Verständnis des sozialen Wandels
Europa<br />
Wohlfahrtsentwicklung<br />
SOZIOLOGIE 204<br />
in der Gegenwart mit Blick auf die Gesellschaft der Zukunft befördern<br />
könnten.<br />
Prof. W. Zapf und Dr. R. Habich, Abteilung Sozialstruktur und Sozialberichterstattung,<br />
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung<br />
(WZB), Berlin, erhalten Mittel für das Projekt „Wohlfahrtsentwicklung<br />
in Beitrittsländern zur Europäischen Union“.<br />
Die Sozialberichterstattung hat sich lange Zeit auf die eigene Bevölkerung<br />
konzentriert. Mit dem politischen und wirtschaftlichen Zusammenwachsen<br />
Europas stellt sich die Frage, ob Europa auch sozial<br />
zusammenwächst. Im Projekt wird deshalb die Wohlfahrtsentwicklung<br />
zweier Beitrittsländer zur Europäischen Union, Sloweniens und<br />
Ungarns, im Vergleich zu Deutschland, Schweden und Spanien als<br />
EU-Referenzländern mit unterschiedlichem Modernisierungsgrad<br />
untersucht. Unter Wohlfahrt werden objektive Lebensbedingungen,<br />
subjektives Wohlbefinden und Aspekte der Qualität der Gesellschaft<br />
verstanden. Die Hauptdatenbasis ist das Euromodul, eine Umfrage,<br />
die speziell für europäische Wohlfahrtsvergleiche entwickelt wurde.<br />
Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, wie groß der Wohlfahrtsrückstand<br />
der Erweiterungsländer zur EU ist (im Sinne einer Nullmessung)<br />
und welche Schwerpunkte beim sozialen Integrationsprozess<br />
zu setzen sind. Das Projekt versteht sich als ein Beitrag zu einer<br />
sozialen Evaluierungsforschung der EU-Erweiterung, der mit den Ergebnissen<br />
politischer und wirtschaftlichen Evaluationsstudien verbunden<br />
werden soll.<br />
In einem ersten Schritt wurde die Osterweiterung der EU aus dem<br />
Blickwinkel der Modernisierung mit früheren Erweiterungen verglichen.<br />
Mit der Aufnahme von bis zu 13 neuen Mitgliedern aus Ostmitteleuropa<br />
und dem Mittelmeerraum erhöht sich die Heterogenität<br />
der Gemeinschaft stärker als in früheren Erweiterungsrunden. Folgen<br />
hat dies u. a. für die Verteilung der EU-Fördermittel.<br />
Im Rahmen des Projekts wurde ein Analysemodell entwickelt, wie<br />
sich die EU-Mitgliedschaft auf die Lebensqualität in geringer modernisierten<br />
Ländern auswirkt. Die überwiegend positive Wirkung eines<br />
EU-Beitritts wurde anhand der Wohlfahrtsentwicklung Irlands, Griechenlands,<br />
Portugals und Spaniens analysiert. In den Bereichen Einkommen,<br />
soziale Absicherung und Lebenszufriedenheit konnten<br />
diese sog. „Kohäsionsländer“ nach ihrem Beitritt gegenüber den reicheren<br />
Kernländern der EU überwiegend aufholen. Eine alles in allem<br />
positive Entwicklung ist auch für die kommenden Beitrittsländer<br />
zu erwarten.<br />
Das West-Ost-Gefälle der sozialen Entwicklung wird viel zitiert.<br />
Doch ist Beitrittskandidat nicht gleich Beitrittskandidat. Das zeigen<br />
die Umfragen für Slowenien und Ungarn. Deutlich schlechtere Lebensbedingungen<br />
als in den EU-Staaten, die sich auch in geringen<br />
Zufriedenheiten niederschlagen, sind in Ungarn vorherrschend. Zugleich<br />
sind die Unterschiede im Wohlbefinden zwischen „Oben“ und
205<br />
SOZIOLOGIE<br />
„Unten“ innerhalb der ungarischen Gesellschaft stark ausgeprägt.<br />
Den Slowenen geht es ungleich besser. Ihr Lebensstandard und<br />
Wohlbefinden erreicht zwar nicht das deutsche und schwedische Niveau,<br />
wohl aber das spanische.<br />
Untersuchungen zum sozialen Zusammenhalt untermauern dieses<br />
Bild. Darunter versteht man z. B., wie stark eine Gesellschaft durch<br />
Konflikte oder Kriminalität belastet ist. Ungarn ist in dieser Hinsicht<br />
am stärksten problembelastet. Die slowenische Gesellschaft verfügt<br />
über einen stärkeren Zusammenhalt, vergleichbar der deutschen<br />
und spanischen Gesellschaft. Ein im europäischen Vergleich sehr hoher<br />
Zusammenhalt kennzeichnet die schwedische Gesellschaft. Das<br />
Beispiel Ungarn zeigt, dass es bei der Integration in die EU nicht nur<br />
um ökonomische und materielle Modernisierung geht, sondern auch<br />
um die Bekämpfung gravierender Anomietendenzen.<br />
Im Berichtszeitraum sind folgende Publikationen erschienen:<br />
Delhey, Jan: Die Entwicklung der Lebensqualität nach dem EU-<br />
Beitritt. Lehren für die Beitrittskandidaten aus früheren Erweiterungen.<br />
– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 1–2. <strong>2002</strong>. S. 31–38.<br />
Delhey, Jan, et al.: The Euromodule. A new instrument for comparative<br />
welfare research. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin<br />
für Sozialforschung/WZB: Arbeitspapier; FS III 01–401).<br />
Delhey, Jan: Korruption in Bewerberländern zur Europäischen<br />
Union. Institutionenqualität und Korruption in vergleichender<br />
Perspektive. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. –<br />
Berlin: WZB, <strong>2002</strong>. 32 S. (WZB Forschungsschwerpunkt Sozialer<br />
Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse; FS III 02–401).<br />
Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />
Lessons for the accession countries to the European Union from<br />
previous enlargements. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin<br />
für Sozialforschung (WZB): Arbeitspapier; FS III 01–403).<br />
Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />
Lessons for the accession countries to the European Union from<br />
previous enlargements. – In: Social Indicators Research. 56. <strong>2001</strong>.<br />
S. 205–231.<br />
Delhey, Jan, et al.: Quality of life in a European perspective. The<br />
Euromodule as a new instrument for comparative welfare research.<br />
– In: Social Indicators Research. 58, 1. <strong>2002</strong>. S. 161–176.<br />
Zapf, Wolfgang; Jan Delhey: Deutschland und die vierte EU-Erweiterung.<br />
– In: Lebenszeiten. Erkundigungen zur Soziologie der<br />
Generationen. Hrsg.: Günter Burkart; Jürgen Wolf. Opladen <strong>2002</strong>.<br />
S. 359–371.<br />
Delhey, Jan: Lebensbedingungen und Wohlbefinden in Europa. –<br />
In: Datenreport <strong>2002</strong>. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik<br />
Deutschland. Hrsg.: Statistisches Bundesamt Bonn. (Im Druck)
Öffentlicher<br />
Dienst<br />
in Europa<br />
SOZIOLOGIE 206<br />
Delhey, Jan: Sozialer Zusammenhalt in europäischen Gesellschaften.<br />
– In: Datenreport <strong>2002</strong>. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik<br />
Deutschland. Hrsg.: Statistisches Bundesamt Bonn. (Im<br />
Druck)<br />
Für das Projekt „Sozialstruktur, soziale Sicherung und soziale Lage<br />
des öffentlichen Dienstes: Europäische Muster und nationale Fallstudien“<br />
erhielt Dr. F. Rothenbacher, Mannheimer Zentrum für Europäische<br />
Sozialforschung (MZES), Universität Mannheim, Mittel der<br />
<strong>Stiftung</strong>.<br />
Im Jahre <strong>2001</strong> wurde die Arbeit an einer Monographie über den öffentlichen<br />
Sektor in Europa in einer soziologischen Perspektive intensiviert.<br />
Für drei große europäische Länder, Großbritannien,<br />
Frankreich und Deutschland, wurden erste Versionen von Länderstudien<br />
verfasst. Weiterhin gab es Fortschritte an den vergleichenden<br />
Teilen des Projekts: diese Teile untersuchen die drei Länder<br />
Großbritannien, Frankreich und Deutschland in Hinblick auf alle<br />
drei Forschungsdimensionen. Die Monographie rekonstruiert für<br />
diese drei Länder die historische Entwicklung der Alterssicherungssysteme<br />
der Beamten und ihrer Abhängigen seit ihrem frühen Beginn<br />
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ihre sukzessive<br />
Ausdehnung von den Staatsbeamten auf andere Berufsgruppen des<br />
öffentlichen Dienstleistungsbereichs.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass in allen drei Ländern die Regelungen<br />
über die soziale Sicherheit für Beamte eine der ersten Systeme der<br />
Alterssicherung waren und vor der allgemeinen Altersversorgung für<br />
Industriearbeiter bestanden. Außerdem war seit ihrem Beginn die<br />
Altersversorgung für Beamte erheblich günstiger als andere Systeme<br />
der Alterssicherung. Die bessere Altersversorgung der Beamten in<br />
allen drei Ländern führt zu überdurchschnittlich hohen Alterseinkommen<br />
wie auch zu überdurchschnittlich guten sozio-ökonomischen<br />
Bedingungen der Gesundheits- und Wohnverhältnisse.<br />
Obgleich dieses Muster in allen drei Ländern vorhanden ist, bestehen<br />
dennoch bemerkenswerte institutionelle Unterschiede und Unterschiede<br />
in den Wohlfahrtserträgen. Frankreich und Deutschland<br />
besitzen „kontinentale“ Beamtensysteme mit einer großen Zahl von<br />
Beamten und speziellen Systemen der Altersversorgung für Beamte,<br />
welche eine erste und eine zweite Säule in einer einzigen Alterspension<br />
kombinieren. In Großbritannien – mit einem Beveridge-Typus<br />
der sozialen Sicherheit – ist der Civil Service klein und die meisten<br />
Beschäftigten in den öffentlichen Dienstleistungen sind öffentliche<br />
Angestellte. Alterspensionen in den öffentlichen Dienstleistungen<br />
sind typischerweise Berufsrenten (occupational pensions). Alterspensionsbezieher<br />
in den öffentlichen Dienstleistungen beziehen die<br />
staatliche Grundrente (basic state pension) und zusätzlich die Alterspension<br />
aus der zweiten Säule, die Berufsrente aus ihrem Beschäftigungsverhältnis<br />
(occupational pension).
207<br />
SOZIOLOGIE<br />
Es wurde die Hypothese formuliert, und diese soll in der weiteren Arbeit<br />
geprüft werden, dass „kontinentale“ Beamtensysteme für die<br />
Lebenschancen der Beamten vorteilhafter sind als die angelsächsischen<br />
Beamtensysteme, obgleich eine Beschäftigung in den öffentlichen<br />
Dienstleistungen generell bessere Lebenschancen für alle öffentlichen<br />
Beschäftigten bietet.<br />
Seit Januar <strong>2002</strong> wird die Fragestellung des Projektes in komparativer<br />
Perspektive auch für die Schweiz und die Niederlande bearbeitet.<br />
Im Berichtszeitraum ist folgende Publikation erschienen:<br />
Rothenbacher, Franz: The public service and social protection in<br />
Europe. A comparative research project. – In: EURODATA Newsletter.<br />
14/15. Autumn/Spring. <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>. S. 1–9.<br />
Prof. M. Diewald, Fachbereich 1 / Soziologie, Universität Duisburg,<br />
wurden Fördermittel bewilligt für das Projekt „Die Destandardisierung<br />
und Flexibilisierung der Erwerbsarbeit und ihre Folgen für soziale<br />
Ungleichheiten und soziale Integration“.<br />
Umfang und Formen der Erwerbsarbeit sind nach allgemeiner Einschätzung<br />
im Wandel begriffen, in Deutschland wie in anderen westlichen<br />
Gesellschaften: Muster der Erwerbsarbeit sind heterogener,<br />
unstetiger und risikoreicher geworden. Zunehmen wird außerdem, im<br />
Zuge von Deregulierungs- und Flexibilisierungstendenzen, auf der<br />
Ebene von Kontraktformen das „Normalarbeitsverhältnis“ (Mückenberger<br />
1985) durch von vornherein befristete bzw. temporäre Arbeitsverhältnisse,<br />
Teilzeitarbeit, Scheinselbständigkeit sowie komplexere,<br />
heterogene Gratifikationsmuster ersetzt. Diese Tendenzen sind zwar<br />
vielfach beschrieben worden. Es gibt jedoch zwei Defizite in der bisherigen<br />
Forschung, auf die das beantragte Projekt zielt:<br />
– Unklar ist, welche Reichweite dieser Wandel hat und welche Konsequenzen<br />
sich daraus auf die Verteilung sozialer Ungleichheiten<br />
ergeben, d. h., wie sind Destandardisierungen eingebettet in die<br />
Gesamtheit der Beschäftigungsmerkmale wie Einkommen und<br />
Arbeitsbedingungen; wie hängen Destandardisierungen zusammen<br />
mit individuellen Ressourcen in Form von Ausbildungsabschlüssen<br />
aber auch allgemeinen Kompetenzen; wie sind Destandardisierungen<br />
in die Lebensführung von Partnerschaften und Familien<br />
eingebettet?<br />
– Kaum Informationen gibt es hinsichtlich der Konsequenzen der<br />
Ausbreitung neuer Beschäftigungsformen für die Mechanismen<br />
und die Qualität der sozialen Integration. Hoffnungen auf eine Erweiterung<br />
der Optionen der Lebensgestaltung stehen mehrheitlich<br />
jedoch Befürchtungen von gesellschaftlicher Desintegration<br />
und wachsenden Risiken gegenüber – jeweils ohne empirische<br />
Absicherung der Thesen.<br />
Diese Fragestellungen sollen im vorliegenden Projekt mit bereits<br />
vorhandenen, aber komplexen und in der Aufbereitung sehr arbeits-<br />
Flexibilisierung<br />
der Arbeit
Wirtschaftsverbände<br />
SOZIOLOGIE 208<br />
intensiven quantitativen Datensätzen bearbeitet werden. Dabei handelt<br />
es sich um das Sozio-ökonomische Panel (bisher verfügbar SOEP<br />
1984–1999), die Familiensurveys 1988, 1994 und 2000 des Deutschen<br />
Jugendinstituts (DJI), sowie die verfügbaren Mikrozensen (derzeit<br />
1989, 1991, 1993, 1995, 1996, 1997). Die Verwendung verschiedener<br />
Datensätze hat den Vorteil, dass die Ergebnisse weniger abhängig<br />
sind von bestimmten Operationalisierungen (der Erwerbsformen wie<br />
ihrer Auswirkungen) und dass eine größere Breite und Detailliertheit<br />
der Information möglich wird, gerade durch ihre komplementären<br />
Stärken bei der Abbildung sozialer Ungleichheiten, Wohlfahrtslagen<br />
und subjektiver Lebensqualität sowie der Abbildung der verschiedenen<br />
Dimensionen sozialer Integration.<br />
Die Auswertung der Daten soll, soweit möglich, auf der Basis von<br />
Längsschnittanalysen erfolgen, um die Abstimmungsprozesse zwischen<br />
verschiedenen Lebensbereichen sowie innerhalb von Partnerschaften<br />
und Haushalten in ihrer zeitlichen Ordnung abbilden zu<br />
können. Besser als in Querschnittanalysen können damit auch die<br />
wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Prozessen untersucht<br />
werden, die parallel verlaufen: Prozesse der Erwerbstätigkeit, der<br />
Genese sozialer Ungleichheiten und der Grade und Mechanismen<br />
der sozialen Integration. Dabei sollen die Besonderheiten neuer im<br />
Vergleich mit traditionelleren Beschäftigungsformen herausgearbeitet<br />
werden. Außerdem soll die Wahrscheinlichkeit des Eintritts in solche<br />
neuen Beschäftigungsformen sowohl mit der Wahrscheinlichkeit<br />
für reguläre Beschäftigungsverhältnisse als auch für Arbeitslosigkeit<br />
vor dem Hintergrund unterschiedlicher individueller Ressourcen verglichen<br />
werden.<br />
Ausgangsthese ist, dass sowohl die Verbreitung atypischer Beschäftigungsformen<br />
und –verläufe als auch deren Konsequenzen für die<br />
soziale Integration und die soziale Lage wesentlich von der Integration<br />
in verschiedene Muster der individuellen Lebensführung (einschl.<br />
Verpflichtungen in anderen Bereichen wie Freizeit, Familie, informelle<br />
Netzwerke, ehrenamtlicher Bereich) sowie der Moderation<br />
im Rahmen von partnerschaftlichen und familiären Abstimmungsprozessen<br />
und Lebensführungsstrategien abhängen.<br />
Prof. B. Kohler-Koch, Lehrstuhl für Politische Wissenschaft II, Universität<br />
Mannheim, erhielt Mittel für das Projekt „Die Europäisierung<br />
der Interessenvermittlung: französische Wirtschaftsverbände in<br />
vergleichender Perspektive“.<br />
Europäisierung ist in aller Munde, doch 40 Jahre Wirtschaftsgemeinschaft<br />
und 15 Jahre Binnenmarkt haben kein „europäisches Modell“<br />
der Interessenvermittlung entstehen lassen. Insbesondere Frankreich<br />
scheint europäische Politik nach eigenen Regeln zu spielen.<br />
Die in einer vergleichenden Befragung aufgetretenen Unterschiede<br />
in der Interessenvertretung französischer, deutscher, britischer und<br />
europäischer Wirtschaftsverbände waren der Ausgangspunkt für<br />
eine vertiefte Studie Frankreichs. Anliegen war, die Varianz in der
209<br />
SOZIOLOGIE<br />
Erscheinungsform europäischer Interessenvermittlung zu überprüfen<br />
und zu erklären.<br />
Basis des Projektes war eine als Vollerhebung der Dach-, Branchenund<br />
Fachverbände durchgeführte schriftliche Befragung von Wirtschaftsverbänden.<br />
Ergänzend wurden mehr als 50 qualitative Interviews<br />
mit französischen Verbänden und Ministerien sowie mit Vertretern<br />
der Europäischen Kommission geführt.<br />
Die Studie zeigt zum einen deutliche Gemeinsamkeiten: Französische<br />
Wirtschaftsverbände haben sich nachhaltig auf die EU eingestellt.<br />
Sie haben ihre Aktivitäten auf die europäische Ebene ausgeweitet,<br />
ohne dadurch ihre Kontakte zu den nationalen Akteuren zu<br />
vernachlässigen. Französische Verbände haben, wie ihre Partnerorganisationen<br />
in anderen EU-Staaten, auf die zunehmende Kompetenzverlagerung<br />
nach Brüssel mit einer Mehrebenenstrategie geantwortet.<br />
Gleichwohl bestehen zwischen französischen und deutschen Wirtschaftsverbänden<br />
noch immer Unterschiede. Dabei konnte nachgewiesen<br />
werden, dass die erkennbaren Verhaltensvariationen nicht<br />
auf Unterschiede in den Wirtschafts- oder Organisationsstrukturen<br />
zurückzuführen sind. Mit Ausnahme der schwächeren Ressourcenausstattung<br />
gibt es keine charakteristischen Organisationseigenschaften,<br />
die eine Verhaltensabweichung der französischen Verbände<br />
plausibel machen. Vielmehr sind es die politischen Kontextbedingungen,<br />
die immer noch spürbar sind. Der französische „Etatismus“,<br />
der sich in der Autonomie der politischen Führung ebenso<br />
ausdrückt wie in der Selbstbezogenheit der französischen Ministerialbürokratie<br />
und dem erheblichen Entscheidungsspielraum der Verwaltung<br />
im Gesetzesvollzug, spielt dabei eine ebenso große Rolle<br />
wie die höhere Konfliktbereitschaft der Kontrahenten in der politischen<br />
Auseinandersetzung.<br />
Darüber hinaus erbrachte die Analyse, dass „Lobbying à la française“<br />
nicht zwangsläufig hinderlich für die Interessendurchsetzung<br />
in der EU ist. Die französische Vorliebe für schriftliche Festlegungen,<br />
juristisch ausgefeilte Vorlagen und die wissenschaftliche Absicherung<br />
der eigenen Argumentation fügt sich reibungslos in den europäischen<br />
Politikprozess ein. Anpassungsprobleme treten dort auf, wo<br />
deutliche Divergenzen im Politikstil bestehen und die Verbände gezwungen<br />
sind, sich auf zwei unterschiedliche Einflusslogiken einzustellen.<br />
Die vergleichsweise geringen Kontakte zur Arbeitsebene der<br />
Kommission und die relativ späte Intervention im Politikprozess sind<br />
Indiz dafür, dass französische Verbände Schwierigkeiten haben, ihre<br />
Praxis an die Anforderungen eines erfolgreichen EU-Lobbyings anzupassen.<br />
Ein Grund ist, dass für französische Verbände traditionell<br />
weniger die politische Interessenvertretung als die Dienstleistung für<br />
ihre Mitglieder, Mitwirkung an Normgebung und Standardisierung<br />
und Aktivitäten zur Marktkoordinierung im Vordergrund stehen.<br />
Anders als in Deutschland vertrauen die französischen Fachver-
Migration<br />
Integration<br />
SOZIOLOGIE 210<br />
bände die politische Interessenvertretung den Dach- und Spitzenverbänden<br />
an und verlassen sich in der europäischen Interessenpolitik<br />
sehr viel mehr auf die Euroverbände.<br />
Trotzdem gibt es deutliche Anzeichen für einen durch die EU ausgelösten<br />
Aufgaben- und Rollenwandel. Französische Wirtschaftsverbände<br />
haben vor allem organisatorische Veränderungen vorgenommen,<br />
um aktiver in die Europapolitik eingreifen zu können. Ihre stärkere<br />
Präsenz in der öffentlichen Debatte zeigt, dass sie nicht nur bei<br />
sozialpolitischen Themen, sondern auch in wirtschaftspolitischen<br />
Fragen auf nationaler und europäischer Ebene gehört werden wollen.<br />
Eine Buchveröffentlichung ist in Vorbereitung.<br />
Im Berichtszeitraum sind folgende Publikationen erschienen:<br />
Kohler-Koch, Beate: Die Gestaltungsmacht organisierter Interessen.<br />
– In: Europäische Integration. Hrsg.: Markus Jachtenfuchs;<br />
Beate Kohler-Koch. 2. Aufl. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />
Kohler-Koch, Beate, u. a.: Organisierte Interessen in der europäischen<br />
Politik. – In: Europäische Integration – Europäisches Regieren.<br />
Hrsg.: Beate Kohler-Koch u. a. Opladen <strong>2002</strong>. Kap. 14. (Im<br />
Druck)<br />
Quittkat, Christine: Les organisations professionelles françaises.<br />
Européanisation de la médiation des intérêts. <strong>2002</strong>. (Politique européenne;<br />
Nr. 7) (Im Druck)<br />
Prof. K. J. Bade und PD Dr. J. Oltmer, Institut für Migrationsforschung<br />
und Interkulturelle Studien (IMIS), Universität Osnabrück,<br />
Prof. P. C. Emmer, Institute for the History of European Expansion,<br />
University of Leiden, erhielten Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Projekt<br />
„Migration – Integration – Minderheiten seit dem 17. Jahrhundert:<br />
eine europäische Enzyklopädie“.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist eine Geschichte der Integration<br />
von Zuwanderergruppen in europäischen Staaten vom 17. bis zum<br />
Ende des 20. Jahrhunderts. Die historische und aktuelle Bedeutung<br />
dieses Zusammenhangs für alle europäischen Länder, mit jeweils unterschiedlichen<br />
Gewichtungen, wird hervorgehoben. Es sollen Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschiede bei der Generationen übergreifenden<br />
Eingliederung zugewanderter Gruppen in Mittel- und Westeuropa<br />
herausgearbeitet werden. Integration und vor allem Assimilation<br />
werden dabei als lange, mitunter Generationen übergreifende<br />
Kultur- und Sozialprozesse verstanden, bei denen nur aus dem aktuellen<br />
Erleben schöpfende Urteile (z. B. wirklichkeitsfremde Ängste<br />
oder sozial-romantische Träume) historisch „kurzsichtig“ sind. Weiter<br />
soll nach den Determinanten dieses jeweils zweiseitigen Prozesses<br />
gefragt werden, der sich in überschaubaren sozialen Einheiten<br />
abspielt.<br />
In Umkehrung gängiger Forschungsfragen soll damit geklärt werden,<br />
warum einzelne Zuwanderergruppen in bestimmten Aufnah-
211<br />
SOZIOLOGIE<br />
mekontexten im Zeiterlebnis und im kollektiven Gedächtnis auf beiden<br />
Seiten vergleichsweise lange als zugewanderte Minderheiten<br />
bzw. als Diaspora erkennbar blieben, während andere Zuwanderungen<br />
unter ähnlichen oder anderen Bedingungen nur wenige bzw. historisch<br />
„kurze“ oder gar keine Spuren hinterließen.<br />
Im Zuge der Operationalisierung wird dabei zunächst von einer<br />
Reihe von allgemeinen, im Eingliederungsprozess wirksamen bzw.<br />
diesen Prozess beschreibbar machenden Grundkriterien ausgegangen,<br />
in Anlehnung u. a. an den Fragenkatalog der „Harvard Encyclopedia<br />
of American Ethnic Groups“. Auf der historischen Zeitachse<br />
soll dann in einem zweiten Schritt gefragt werden nach Veränderungen<br />
in der Gewichtsverteilung bzw. nach sich wandelnden Prioritäten<br />
in der internen Hierarchie dieser Kriterien. Diese Veränderungen<br />
können Auskunft geben über Wirkungen und Veränderungen der<br />
Konstellation von Bindung/Lösung (bzw. Kohäsion/Diffusion) und<br />
damit über Anfangsintensität, Wandel und Nachlassen gruppeninterner<br />
Bindungskräfte im Eingliederungsprozess.<br />
Die geplante Enzyklopädie soll gegliedert werden in:<br />
– Teil I: Einleitende Überblicke und Hintergrundinformationen<br />
Neben einem allgemeinen Überblick über die Geschichte der Migration<br />
in, aus und nach Europa sind Artikel vorgesehen zu Leitaspekten<br />
und Schlüsselfragen; Erscheinungsformen des Wanderungsgeschehens;<br />
Beschreibungsformen, mit Hilfe derer die<br />
Gruppen erschlossen und intergenerativ verfolgt werden können;<br />
strukturierte Raumübersichten.<br />
– Teil II: Hauptteil mit Gruppenartikeln<br />
Dazu gehören Artikel zu Gruppen mit personaler Identität (z. B.<br />
„Ruhrpolen“) und zu gruppenbildenden Wanderungssystemen<br />
mit struktureller Identität (z. B. „Nordsee-System“).<br />
Prof. D. Oberndörfer, Arnold-Bergstraesser-Institut für kulturwissenschaftliche<br />
Forschung, Freiburg, erhält seit 1998 Fördermittel für das<br />
Projekt „Zuwanderungsorientierte Stadtpolitik in Deutschland und<br />
den Niederlanden: Vergleich und politisch-praktische Schlussfolgerungen“.<br />
In dem Forschungsprojekt wird untersucht, wie Aufgaben kommunaler<br />
staatlicher Integrationspolitik in ausgewählten großstädtischen<br />
Ballungsräumen Deutschlands und der Niederlande teils anders,<br />
teils ähnlich identifiziert, definiert und gelöst werden. Die Schnittmenge<br />
gemeinsamer Probleme in beiden Ländern ist groß. Die niederländische<br />
Politik hat in den letzten Jahren Integrationsschwierigkeiten<br />
zunehmend als ein großstädtisches Problem interpretiert und<br />
die Integrationspolitik der allgemeinen Stadtentwicklungspolitik angenähert.<br />
Das Projekt möchte zu politisch-praktischen Schlussfolgerungen<br />
gelangen, wie das Integrationsvermögen deutscher Städte<br />
gefördert werden kann. Vor dem Hintergrund einer jeweils unter-<br />
Zuwanderungspolitik
BSE-Konflikt<br />
schiedlichen Einwanderungsgeschichte, Nationalstaatsideologie<br />
und politischen Kultur ist u. a. „best practice“ ein praktischer Zugang<br />
zum Vergleich. Am holländischen Beispiel lässt sich das Entstehen<br />
einer neuen politischen Kultur im großstädtischen Raum beobachten.<br />
Die Niederlande haben zur Bewältigung der typischen urbanen Einwanderungskonflikte<br />
die Bildung einer Vielzahl von konsultativen<br />
Gremien ermutigt. In Deutschland, wo sich die Integration von Zuwanderern<br />
vorwiegend in der Fläche als Aufgabe kleiner und mittlerer<br />
Städte stellt, sind Zuwanderer eher Stiefkinder der Stadtentwicklung<br />
geblieben. Aber auch hier ist die Erweiterung von Partizipationsmöglichkeiten<br />
für Immigranten von den Kommunen und Städten<br />
ausgegangen.<br />
Das Projekt hat besondere Aktualität gewonnen, nachdem deutsche<br />
Politiker in der Immigrationspolitik neuerdings ein „Modell Holland“<br />
zitieren, in dem Einwanderern im Nachbarland Rechte und Pflichten<br />
zugleich gegeben werden. Tatsächlich ist das Beispiel der Niederlande<br />
wegen der Spannweite des dort bereits Erprobten und des<br />
markanten Wechsels von der multikulturellen „Minderheitenpolitik“<br />
der 1980er Jahre zu einer stärker regulativen und obligatorischen<br />
„Integrationspolitik“ seit den 1990er Jahren besonders instruktiv.<br />
Die niederländischen Städte wenden ein umfassendes Programm der<br />
Erwachsenenbildung und Zivilintegration an. Neue Einwanderer<br />
werden seit 1998 gesetzlich verpflichtet, Sprachkurse und Programme<br />
zur Arbeitsmarktintegration zu besuchen. Das Praxisbeispiel<br />
der Niederlande mitsamt der dort aufgetretenen Probleme ist<br />
aufschlussreich für die deutsche Integrationspolitik: Das Zuwanderungsgesetz<br />
sieht ebenfalls solche Kurse zur Erstintegration vor. Zugleich<br />
bietet es sich an, den Themenkomplex „Sprache als Integrationsmittel“<br />
praktisch und ideologiekritisch zu diskutieren.<br />
Nicht erst seit dem Auftreten einer rechtspopulistischen Partei<br />
bröckelt in den Niederlanden der Konsens in der Integrations- und<br />
Immigrationsfrage. Sie hat eine weitere Politisierung erfahren. Diese<br />
Entwicklung wird in das vor dem Abschluss stehende Projekt einbezogen.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
SOZIOLOGIE 212<br />
Berndt, Uwe: Das strenge und das gütige Gesicht von Frau Antje.<br />
Die Niederlande fahren in der Zuwanderungspolitik mit dem Modell<br />
des Gebens und Nehmens nicht schlecht. – In: Frankfurter<br />
Rundschau. Nr. 15, 18. 05. <strong>2001</strong>. S. 16 (Dokumentation)<br />
Berndt, Uwe: Sprache als Integrationsmittel. Das Praxisbeispiel der<br />
Niederlande. – In: Zeitschrift des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung<br />
(DIE): Themenheft „Zuwanderung“. <strong>2002</strong>, Sept.<br />
Prof. K. P. Japp, Lehrstuhl „Soziologie ökologischer Risiken“, Universität<br />
Bielefeld, wurden <strong>2001</strong> Fördermittel bewilligt für das Projekt<br />
„Der europäische BSE-Konflikt: Zur Funktion von Schemata der öffentlichen<br />
Meinung für ein transnationales Regulierungsregime“.
213<br />
SOZIOLOGIE<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Relevanz von kommunikativen<br />
Schemata für die Strukturierung der öffentlichen Meinung – und<br />
damit zusammenhängend für politisches Entscheiden und die massenmediale<br />
Kommunikation – am Beispiel des BSE-Regimes aufzuzeigen.<br />
Die meisten soziologischen Zugriffe auf dieses Thema rekurrieren<br />
entweder auf Interessen oder auf (politische) Kulturen. Mit<br />
dem Interessenbegriff allein kann nicht geklärt werden, wie etwa<br />
das britische Segment des Regimes jahrelang gegen elementare (gesundheitliche<br />
und ökologische) Belange der öffentlichen Meinung<br />
operieren konnte. Mit einem Rekurs auf nationalstaatlich spezifische<br />
Kulturen (der Gefahrenabwehr bzw. der Risikovorsorge) kann dies<br />
ebensowenig geklärt werden, denn diese Kulturen können ebensowenig<br />
wie wirtschaftliche Interessen einfach als geltend unterstellt<br />
werden: Beide Relevanzhorizonte müssen ja durch relevante Teile<br />
der öffentlichen Meinung akzeptiert werden. Mit einem Wort: Interessen<br />
spielen eine Rolle, ebenso wie Kulturen, aber man muss zeigen<br />
können, wie sie mit der öffentlichen Meinung zurecht kommen.<br />
Kommunikative Schemata sind „frames“, die man als Komponenten<br />
der öffentlichen Meinung betrachten kann, soweit diese als Gedächtnis<br />
des politischen Systems (bzw. des aktuellen Risikoregimes)<br />
fungieren. Solche Schemata verhalten sich zu aktuellen Kommunikationen<br />
der Massenmedien, die die öffentliche Meinung repräsentieren,<br />
wie Themen zu Beiträgen. Im BSE-Konflikt kommen etwa<br />
Übertragbarkeits-, Sicherheits-, Vertrauens-, Risikovorsorge- und<br />
Gefahrenabwehrschemata vor. Es wird davon ausgegangen, dass die<br />
Rekursivität der Kommunikation von Massenmedien und Politik –<br />
gekoppelt durch die öffentliche Meinung – sich in solchen Schemata<br />
gleichsam konzentriert. Es werden dann Interessen vergessen, wenn<br />
sie dominanten Schemata widersprechen, oder aber kulturelle Präferenzen<br />
(z. B. für Gefahrenabwehr und gegen Risikovorsorge) stabilisiert,<br />
wenn sie diese Schemata stützen.<br />
Die Relevanz von Schemata wird nicht kausal begründet, sondern<br />
dadurch, dass Bezug genommen wird auf die Rekursivität politischer<br />
und massenmedialer Kommunikation – gekoppelt durch das Medium<br />
der öffentlichen Meinung. Kommunikative Schemata werden als<br />
Korrelate dieser rekursiven Operationen aufgefasst. Formal führt das<br />
zu dem allgemeinen Argument, dass die Unterscheidung zwischen<br />
politischem Entscheiden und öffentlicher Kommunikation (über dieses<br />
Entscheiden) eine Unterscheidung ist, die sich in den Schemata<br />
eben der öffentlichen Meinung dokumentiert.<br />
Durch eine Dokumentenanalyse wurde versucht, diese Zusammenhänge<br />
zu belegen. Die skizzierten Zusammenhänge konnten im<br />
Kontext eines Zweiphasenzyklus plausibilisiert werden, der aus einer<br />
ersten Phase (1988–1996) besteht, die sich auf Konflikt und institutionelle<br />
Intransparenz zwischen den britischen und den kontinentaleuropäischen<br />
Segmenten des Regimes bezieht, und einer zweiten<br />
Phase (1996–2000), die eine allmähliche Umschichtung dieser Variablen<br />
in Richtung Verständigungsbereitschaft und institutionelle
Preis für<br />
sozialwissenschaftliche<br />
Arbeiten<br />
SOZIOLOGIE 214<br />
Transparenz zeigt. Plausibilitäten sprechen dafür, dass diese Entwicklungen<br />
sich in den analysierten Schemata nicht nur dokumentieren,<br />
sondern dass sie von diesen maßgeblich beeinflusst werden.<br />
Mit dem Preis für sozialwissenschaftliche Arbeiten soll der Zeitschriftenaufsatz<br />
als Mittel der wissenschaftlichen Kommunikation hervorgehoben<br />
werden. Es ist dies der einzige Zeitschriftenpreis in den Sozialwissenschaften<br />
außerhalb des englischsprachigen Bereichs.<br />
Nach Meinung der Gründer des Preises ist der Zeitschriftenaufsatz<br />
das wichtigste Mittel der wissenschaftlichen Kommunikation innerhalb<br />
der Soziologie und den angrenzenden Gebieten; das Buch ist<br />
dagegen bevorzugt das Mittel, um über die Fachgrenzungen hinaus<br />
und tendenziell abgeschlossene Entwicklungen eines Fachs darzustellen.<br />
Zeitschriftenaufsätze sind aber selbst im deutschen Sprachbereich<br />
über so viele Periodika verstreut, dass der wissenschaftliche<br />
Dialog sehr aufgesplittert ist. Durch Versenden von Sonderdrucken<br />
wird diese Zersplitterung nur unvollkommen ausgeglichen. Mit der<br />
Preisverleihung sollen als Korrektiv über die Grenzen der Leserschaft<br />
jeweiliger Zeitschriften allgemeine Maßstäbe bekräftigt werden.<br />
Zum einundzwanzigsten Mal wurden am Institut für Angewandte<br />
Sozialforschung der Universität zu Köln die Preise der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> für die besten sozialwissenschaftlichen Aufsätze in deutscher<br />
Sprache vergeben. Über die Preisverleihungen der früheren<br />
Jahre wurde in den zurückliegenden <strong>Jahresbericht</strong>en ausführlich berichtet<br />
(zuletzt <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong>, S. 181–183).<br />
Die Auswahl der Arbeiten erfolgt in zwei Stufen. Die Herausgeber<br />
und Redakteure von dreizehn deutschsprachigen Zeitschriften in<br />
den Sozialwissenschaften schlagen jeweils bis zu zwei Aufsätze vor.<br />
Die Zeitschriften sind: Angewandte Sozialforschung, Berliner Journal<br />
für Soziologie, Geschichte und Gesellschaft, Kölner Zeitschrift für<br />
Soziologie und Sozialpsychologie, Leviathan, Österreichische Zeitschrift<br />
für Soziologie, Politische Viertelsjahresschrift, Schweizerische<br />
Zeitschrift für Soziologie, Sociologia Internationalis, Soziale Welt,<br />
Zeitschrift für Politik, Zeitschrift für Sozialpsychologie und Zeitschrift<br />
für Soziologie.<br />
Die Jury setzt sich zur Zeit zusammen aus den Professoren:<br />
R. Geißler (Universität-GHS Siegen)<br />
G. Nunner-Winkler (MPI für Psychologische Forschung, München)<br />
E. K. Scheuch (Universität zu Köln, Vorsitz)<br />
H.-G. Soeffner (Universität Konstanz)<br />
K. Tenfelde (Ruhr-Universität Bochum)<br />
J. Weiß (Universität-GHS Kassel)<br />
P. Windolf (Universität Trier).<br />
Für das Jahr <strong>2001</strong> wurden von den Zeitschriftenredaktionen 24 Arbeiten<br />
zur Prämierung vorgeschlagen. In ihrer Sitzung am 5. Juli
215<br />
ETHNOLOGIE<br />
<strong>2002</strong> vergab die Jury jeweils einen ersten und zweiten Preis, sowie<br />
zwei dritte Preise:<br />
Den ersten Preis (dotiert mit € 1.500,–) erhielten:<br />
Michael Hartmann und Johannes Kopp (Darmstadt): „Elitenselektion<br />
durch Bildung oder durch Herkunft? Promotion, soziale Herkunft<br />
und der Zugang zu Führungspositionen in der deutschen<br />
Wirtschaft“ (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,<br />
Jg. 53, Heft 3, S. 436–466);<br />
den zweiten Preis (dotiert mit € 1.000,–) erhielt:<br />
Stefan Kühl (München): „Über das erfolgreiche Scheitern von<br />
Gruppenarbeitsprojekten. Rezentralisierung und Rehierarchisierung<br />
in Vorreiterunternehmen der Dezentralisierung“ (Zeitschrift<br />
für Soziologie, Jg. 30, Heft 3, S. 199–222);<br />
die beiden dritten Preise (dotiert mit jeweils € 500,–) erhielten:<br />
Frank Kalter (Mannheim): „Die Kontrolle von Drittvariablen bei<br />
der Messung von Segregation. Ein Vorschlag am Beispiel der familialen<br />
Assimilation von Migranten“ (Zeitschrift für Soziologie,<br />
Jg. 30, Heft 6, S. 452 – 464) und<br />
Thomas Schwinn (Heidelberg): „Staatliche Ordnung und moderne<br />
Sozialintegration“ (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,<br />
Jg. 53, Heft 2, S. 211–232).<br />
Ethnologie<br />
Die Ethnologie, entstanden als Wissenschaft ,fremder‘, d. h. nichtwestlicher<br />
Kulturen, ist zu einer Sozialwissenschaft geworden, die<br />
prinzipiell alle Gesellschaften analysiert und daher dem umfassenden<br />
Kulturenvergleich in der Gegenwart besondere Chancen eröffnet.<br />
Wie in der Geschichte schärft sich heute auch in der Ethnologie<br />
das Bewusstsein von der Pluralität der Moderne. Im Bereich der Ethnologie<br />
möchte die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> – ohne Hervorhebung einer<br />
bestimmten Region – insbesondere kulturvergleichende Studien<br />
fördern, die im Zeitalter der Globalisierung unser Bewusstsein dafür<br />
schärfen, dass im Leben der Menschen und Völker die Einbettung in<br />
lokale Kontexte des Lebens und Arbeitens keineswegs an Bedeutung<br />
verloren hat. Zugleich möchte sie durch die von ihr geförderten<br />
Projekte das Bewusstsein dafür schärfen, dass Interdependenzen, die<br />
Gesellschaften und Kulturen übergreifen, immer stärker unser Leben<br />
bestimmen. Die <strong>Stiftung</strong> fördert dabei Projekte, die sich mit der<br />
‘nicht-westlichen’ Welt befassen, ebenso wie Studien, die aus der<br />
verfremdenden Perspektive des Ethnologen einen frischen Blick auf<br />
Probleme entwickelter Industriegesellschaften werfen oder sich der<br />
Analyse von Gegenwartsgesellschaften im Übergang zu Markt, Demokratie<br />
und Rechtsstaat widmen. Die geförderten Projekte sollten
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 216<br />
dabei unter einer systematischen Fragestellung stehen; Einzelfallstudien<br />
und ethnographische Feldforschungen werden in der Regel<br />
nicht gefördert. Von besonderer Bedeutung wären Studien, die verdeutlichen,<br />
wie eng die Geschichte und Gegenwart westlicher Kulturen<br />
mit der außerwestlichen Welt verknüpft sind. In der Analyse<br />
solcher ‘connected histories’ hätte auch die Historische Anthropologie<br />
ihren Platz. Im Rahmen einer so verstandenen Ethnologie soll<br />
Studien eine hohe Priorität eingeräumt werden, die sich mit den Folgen<br />
der demographischen Revolution in verschiedenen Regionen der<br />
Erde beschäftigen. Erwünscht wären ferner Projekte, die Fragestellungen<br />
‘klassischer’ Disziplinen durch die Einbeziehung des ethnographischen<br />
Vergleichs eine neue Dimension eröffnen: Dies gilt insbesondere<br />
für den Bereich der Wirtschaft und des Rechts.<br />
Querschnittbereich „Internationale Beziehungen“<br />
Die Verdichtung der Staatsgrenzen überschreitenden Beziehungen<br />
ist eine der bestimmenden Entwicklungen der letzten Jahrzehnte<br />
gewesen und wird eine der bestimmenden Entwicklungen<br />
der nächsten Jahrzehnte bleiben. Es ist wichtig, diesen Prozess wissenschaftlich<br />
zu begleiten. Dabei sind insbesondere die Politikwissenschaft,<br />
die Rechtswissenschaft und die Wirtschaftswissenschaften<br />
gefordert. Während die Ökonomie sehr rasch die Chancen ergreift,<br />
die sich aus der zunehmenden ökonomischen Irrelevanz von Staatsgrenzen<br />
ergeben, fällt es der Politik viel schwerer, sich grenzüberschreitend<br />
regional oder gar weltweit handlungsfähig zu machen.<br />
Sie bleibt in hohem Maße an die territorial begrenzte Staatlichkeit<br />
gebunden. Auch das Recht tut sich nicht leicht, mit dem Tempo, in<br />
dem die Verdichtung der internationalen Beziehungen fortschreitet,<br />
mitzuhalten. Die Frage, inwieweit der Verdichtung eine Verrechtlichung<br />
folgen wird und aus normativen Gründen auch folgen soll, ist<br />
ein wichtiges Untersuchungsobjekt. Es sind die Wechselwirkungen<br />
zwischen den ganz unterschiedlich verlaufenden Prozessen der Entterritorialisierung<br />
der Ökonomie, des Rechtes und der Politik, deren<br />
Untersuchung die <strong>Stiftung</strong> besonders fördern möchte. Dabei geht sie<br />
davon aus, dass bei der Bewältigung dieser Aufgaben die Zusammenarbeit<br />
zwischen deutschen und ausländischen Instituten, Forschergruppen<br />
und Wissenschaftlern besonders sachdienlich und daher<br />
förderungswürdig ist.<br />
– Politikwissenschaft<br />
Verdichtung der internationalen Beziehungen heißt insbesondere,<br />
dass internationale Organisationen, internationale Regime und andere<br />
neuartige Formen internationaler Zusammenarbeit an Bedeutung<br />
gewinnen. Die Potentiale – Chancen wie Grenzen – multilateraler<br />
institutionalisierter Konflikt- und Problembearbeitung in dem sich<br />
wandelnden internationalen System zu untersuchen, ist eine der besonders<br />
zukunftsbedeutsamen Aufgaben der Politikwissenschaft.<br />
Dabei betrifft ein wichtiger Aspekt der Entwicklung das wachsende
217<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
Gewicht von Nicht-Regierungsorganisationen. Eine Sonderstellung<br />
kommt der EU zu. Sie ist weltweit die einzige Staatengemeinschaft,<br />
in der der Zusammenschluss bisher souveräner Staaten zu einer echten<br />
Föderation gelungen ist. Die Entwicklung der EU analytisch zu<br />
begleiten, bleibt deshalb eine zentrale Aufgabe für die Wissenschaft.<br />
Das Interesse der <strong>Stiftung</strong> an den sich mehr und mehr institutionalisierenden<br />
multilateralen Formen der Problem- und Konfliktbearbeitung<br />
ist kein ausschließliches. Insbesondere die transatlantische<br />
Partnerschaft, der die Aufmerksamkeit der <strong>Stiftung</strong> immer schon<br />
galt, bleibt für sie ein Thema.<br />
In der zunehmenden Verdichtung der Weltverhältnisse haben regionale<br />
Entwicklungen, regionale Krisen oft starke Auswirkungen auf<br />
die Weltpolitik. Die <strong>Stiftung</strong> kann und will nicht beliebige Regionalstudien<br />
fördern. Wohl aber möchte sie Untersuchungen unterstützen,<br />
die den Wechselwirkungen zwischen regionalen Krisenkonstellationen<br />
und der Weltpolitik nachgehen. Dabei lässt sich die <strong>Stiftung</strong><br />
auch von der Überlegung leiten, dass es in Deutschland nach wie vor<br />
an breiter wissenschaftlicher Kompetenz für wichtige Weltregionen<br />
(Ost- und Südasien, Lateinamerika, Schwarzafrika, den Nahen und<br />
den Mittleren Osten, die asiatischen Gebiete der ehemaligen Sowjetunion)<br />
fehlt. Diese Kompetenzen aufzubauen, ist dringlich geboten.<br />
Die Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und angewandter<br />
Forschung ist auch für den Bereich „Internationale Beziehungen“<br />
nicht ohne Bedeutung. Gleichwohl erscheint es gerade hier nicht<br />
sinnvoll, die Förderung strikt auf die Grundlagenforschung zu beschränken.<br />
Ohne die Bereitschaft und Fähigkeit der Wissenschaft,<br />
die Gestaltungsaufgaben internationaler Politik auch als wissenschaftliche<br />
Herausforderungen hinreichend konkret aufzunehmen,<br />
bleibt die Grundlagenforschung unfruchtbar. Es bedarf eines Dialoges<br />
mit der Praxis. Wissenschaftliche Aktivitäten, die sich um solche<br />
Offenheit zur Praxis hin bemühen, können deshalb durchaus förderungswürdig<br />
sein.<br />
– Rechtswissenschaft<br />
Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sind klassische<br />
Gebiete der Rechtswissenschaft, die seit jeher den grenzüberschreitenden<br />
Sachverhalten und der Regelung in anderen Rechtsordnungen<br />
als eigenem Erkenntnisgegenstand und als Beispiel für das eigene<br />
Recht Aufmerksamkeit schenken. Die Einbettung des deutschen<br />
Rechts in die Europäische Union hat nicht nur ein neues<br />
Rechtsgebiet, das Europarecht, begründet, sondern zu einer unauflösbaren,<br />
flächendeckenden Durchdringung von europäischem und<br />
nationalem Recht geführt. Das reicht vom Staatsrecht über das Verwaltungs-,<br />
insbesondere Wirtschaftsverwaltungsrecht bis hin in alle<br />
Teile des Privat- und Wirtschaftsrechts, die heute allesamt nicht<br />
mehr rein national begriffen werden können. Hinzu kommt die Verflechtung<br />
mit anderen europäischen und außereuropäischen Staaten<br />
mittels internationaler Verträge und Organisationen, in vielfältigen
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 218<br />
bilateralen und multilateralen Wirtschaftsbeziehungen und durch<br />
ganz verschiedenartige, teils rechtliche, teils außerrechtliche Formen<br />
der internationalen Kooperation.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> räumt solchen Projekten Priorität ein, die<br />
über das klassische, deutsche Internationale Privatrecht hinausgehen<br />
und Kooperationen und Verflechtungen vor allem in Europa und<br />
mit den USA, aber auch mit anderen Ländern untersuchen. Ein besonderes<br />
Augenmerk gilt selbstverständlich der europäischen Integration<br />
einschließlich des Heranrückens der mittel- und osteuropäischen<br />
Länder an die EU. Interessant und wünschenswert wären z. B.<br />
auch Untersuchungen zum gemeineuropäischen Recht, wie sie für<br />
das Vertrags-, Delikts-, Bereicherungs- und Verfassungsrecht bereits<br />
begonnen worden sind, u. a. im Handels-, Gesellschafts-, Bank-, Insolvenz-<br />
und Prozessrecht. Dabei geht es um mehr als bloße bilaterale<br />
Rechtsvergleichung, sondern über die Aufarbeitung der Rechtsangleichung<br />
in der Europäischen Union hinaus um die Erfassung der<br />
gemeineuropäischen Grundstrukturen.<br />
– Wirtschaftswissenschaften<br />
Alte und neue Konflikte belasten die internationalen Wirtschaftsbeziehungen<br />
zu Beginn des neuen Jahrhunderts. Die Integration der<br />
Entwicklungsländer sowie der ehemals sozialistischen Staaten in die<br />
Weltwirtschaft ist nach wie vor mit immensen Problemen behaftet,<br />
und internationale Finanzkrisen stellen immer noch ein Gefahrenpotential<br />
dar. Neue Konflikte resultieren aus tatsächlichen und vermeintlichen<br />
Nachteilen der Globalisierung und als zu gering angesehenen<br />
Fortschritten im internationalen Umweltschutz und der Welthandelsordnung.<br />
Zunehmend geraten internationale Institutionen in<br />
die Kritik, welche in verstärktem Umfang von Nicht-Regierungsorganisationen<br />
getragen wird, wie etwa Attac.<br />
Die zunehmende Integration der Weltwirtschaft ist mithin von Krisen<br />
vielfältiger Art begleitet. Sie verlangen sowohl von den politischen<br />
Instanzen der einzelnen Staaten als auch von den mannigfachen<br />
zwischenstaatlichen Koordinationsinstanzen und den internationalen<br />
Organisationen Entscheidungen. Allerdings ist der Charakter der<br />
den Krisen zugrundeliegenden Veränderungen vielfach noch nicht<br />
ausreichend geklärt. Und noch weniger Klarheit herrscht hinsichtlich<br />
der wünschenswerten Kompetenzverteilung zur Regelung von internationalen<br />
Wirtschaftsbeziehungen und über die verfügbaren Methoden<br />
der Stabilisierung der Güter- und Finanzmärkte. Deshalb erscheinen<br />
– auch bei grundsätzlicher Anerkennung der Bedeutung<br />
der Selbstregulierung der Märkte – vertiefende Analysen der politischen<br />
Gestaltungsnotwendigkeiten und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
internationaler Wirtschaftsbeziehungen höchst dringend.<br />
Von anhaltend großem Interesse ist die Analyse der Wechselbeziehungen<br />
zwischen den Prioritäten der nationalen Politik und der<br />
Außenwirtschaftspolitik der Staaten bzw. der Staatenverbände<br />
(EWG, EU). Über längere Zeit hinweg schienen nach dem II. Welt-
219<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
krieg die aus der Zwischenkriegszeit bekannten Konflikte zwischen<br />
binnenwirtschaftlichen Zielsetzungen und außenwirtschaftlichen Erfordernissen<br />
von geringerem Gewicht. Internationale Verteilungskämpfe<br />
standen nicht im Vordergrund der öffentlichen Auseinandersetzung.<br />
Das hat sich im Zusammenhang mit grundlegenden Veränderungen<br />
der Standortbedingungen der Produktion, erhöhter Mobilität<br />
von Kapital und Arbeit, rasch angewachsener Arbeitslosigkeit<br />
und deutlicher hervortretenden Grenzen der Finanzierung der erhöhten<br />
Staatsausgaben verändert. Es ist eine wichtige Frage, ob die<br />
Spielräume autonomer Politik der Staaten, wie vielfach behauptet<br />
wird, tatsächlich geringer geworden sind und gar weiter schwinden<br />
werden. In zunehmendem Maße werden nationale Institutionen und<br />
Regelwerke einschließlich der Steuer- und Sozialversicherungssysteme<br />
unter internationalen Wettbewerbsdruck geraten. Diesen Herausforderungen<br />
muss sich die nationale Wirtschaftspolitik stellen.<br />
Die europäische Integration wirft eine Fülle neuartiger Fragen auf,<br />
für deren Beantwortung Methodenvielfalt besonders nützlich erscheint.<br />
Interessieren sollte u. a., von welchen Kräften eine Eigendynamik<br />
erwartet werden könnte, die die gegenwärtig bestehenden<br />
Abwehrmechanismen im Hinblick auf die schrittweise Ausbildung<br />
bundesstaatlicher Ordnungselemente überwindet.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> ist besonders interessiert an Arbeiten zur empirischen<br />
Überprüfung der Ergebnisse von politischen Maßnahmen im Bereich<br />
der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, sei es von Maßnahmen<br />
einzelner Staaten, von international abgestimmtem Verhalten oder<br />
von Maßnahmen internationaler Organe. Wie auch im nationalen<br />
Rahmen werden im Feld der internationalen Beziehungen viel zu selten<br />
Kontrollen des Erfolgs von Programmen durchgeführt. Sie sollten<br />
Aufschluss über die Treffsicherheit von Prognosen und die Wirkungsbedingungen<br />
von Politik geben.<br />
Prof. K. Kaiser (Direktor des Forschungsinstituts), Deutsche Gesellschaft<br />
für Auswärtige Politik (DGAP), Berlin, erhält Fördermittel für<br />
das Projekt „Die USA in der neuen Weltpolitik: Innenpolitische Voraussetzungen,<br />
außenpolitische Führungsfähigkeit“. Wissenschaftlicher<br />
Bearbeiter ist seit Herbst <strong>2001</strong> PD Dr. G. Schild.<br />
Das Ende der „Imperial presidency“ wirft im Hinblick auf internationale<br />
Führungsfähigkeit eine Reihe neuer Probleme auf. Seit Mitte<br />
der 70er Jahre ist die amerikanische Legislative aufgrund neuer und<br />
erweiterter Vorrechte wie der „War Powers Resolution“ (1973) und<br />
dem „Impound and Budget Control Act“ (1974) zu einem funktionsfähigen<br />
Gesetzgebungs- und Kontrollorgan geworden. Sie kontrolliert<br />
nicht nur außerordentlich intensiv die Administration, sie greift<br />
auch in die Außenpolitik ein, so dass in der Wissenschaft immer häufiger<br />
von einem System der „separated powers“ statt von einem präsidentiellen<br />
Regierungssystem gesprochen wird. Im Verlauf des letzten<br />
Jahrzehnts herrschte außerdem ein „divided government“, d. h.<br />
die Mehrheit im Kongress und der Präsident gehörten verschiedenen<br />
USA<br />
Weltpolitik
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 220<br />
Parteien an. Mit dem Einfluss des Kongresses auf außenpolitische<br />
Entscheidungen wuchs jedoch nicht notwendigerweise die Expertise<br />
in den legislativen Gremien zu internationalen Problemfeldern.<br />
Mangelnde innenpolitische Durchsetzungsfähigkeit des Weißen<br />
Hauses unter Clinton erschwerte ebenfalls eine sinnvolle und notwendige<br />
Zusammenarbeit mit dem Kongress. Die (ausgesetzte) Zahlung<br />
der Mitgliedsbeiträge an die Vereinten Nationen, die (abgelehnte)<br />
Mitgliedschaft im neugeschaffenen Internationalen Strafgerichtshof,<br />
die (gescheiterte) Ratifizierung des Nuklearteststopabkommens<br />
und Gesetzgebungen wie der „Helms-Burton-Act“ wurden<br />
entweder durch außenpolitische Wortführer im Kongress oder mit<br />
Rücksicht auf sie unternommen.<br />
Zudem tritt seit dem Ende des Ost-West-Konflikts in den USA wieder<br />
eine größere Bandbreite außenpolitischer Positionen innerhalb der<br />
Regierungsorgane und der interessierten Öffentlichkeit zu Tage. Die<br />
derzeitige Debatte über die internationale Rolle und Verantwortung<br />
der „einzig verbleibenden Supermacht“ hat den vorherigen weitgehenden<br />
Konsens zur Außenpolitik abgelöst und lässt immer tiefer<br />
gehende grundsätzliche Unterschiede erkennen. Dabei überraschte<br />
insbesondere das Erstarken neo-isolationistischer (d. h. vor allem nationalistischer<br />
und anti-internationalistischer) Positionen im republikanisch<br />
dominierten Kongress.<br />
In den vergangenen Jahrzehnten ist auch die Rolle der Medien, der<br />
öffentlichen Meinung und der Interessenverbände sowie der außenpolitischen<br />
Forschungsinstitute (think tanks) gestiegen, nicht zuletzt<br />
aufgrund ihrer personellen Verflechtungen mit Administration und<br />
Kongress. Dadurch sind auch neue Impulse der Außenpolitik entstanden<br />
(CNN-Effekt), die für die Frage der Führungsfähigkeit von<br />
Bedeutung sind.<br />
Vor diesem Hintergrund behandelt das Forschungsprojekt die folgenden<br />
Fragenkomplexe:<br />
– Wie haben sich die Veränderungen der Führungsfähigkeit der<br />
USA in zentralen Feldern der Außen-, Sicherheits- und Außenwirtschaftspolitik<br />
in den vergangenen Jahren ausgewirkt? Welche<br />
Trends zeichnen sich für die absehbare Zukunft (d. h. die kommenden<br />
fünf Jahre) ab? Gegenstand dieser Analyse ist die Politik<br />
der USA in den Vereinten Nationen, in der NATO, im Internationalen<br />
Währungsfonds, in der World Trade Organisation und der<br />
Krisenregion Balkan, überdies die amerikanische Nichtverbreitungspolitik<br />
und die Haltung Washingtons in der internationalen<br />
Umweltpolitik.<br />
– Wie sind die Auswirkungen des „Verlusts von Führung“ auf die<br />
internationale Ordnungsbildung zu beschreiben und zu bewerten?<br />
– Wie wird der „Verlust von Führung“ in den USA (Wissenschaft,<br />
Publizistik, Kongress) diskutiert? Welche Möglichkeiten einer ge-
221<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
meinsamen Außenpolitik von Präsident und Kongress oder der<br />
„Congressional Leadership“ sind erkennbar? Welche Rolle spielt<br />
die öffentliche Meinung? Gibt es außenpolitische Führungsfähigkeit<br />
jenseits der „Imperial Presidency“?<br />
– Welche Herausforderungen können sich für die Europäer ergeben,<br />
d. h. welche Rolle können die EU-Staaten als Partner der USA<br />
spielen, inwieweit können oder müssen sie mangelnde amerikanische<br />
internationale Führung ausgleichen oder ersetzen?<br />
Auf der Grundlage eines Forschungsaufenthaltes in Washington, DC<br />
im Sommer 2000 wurden erste Ergebnisse des Projekts im Winter<br />
und Frühjahr 2000/<strong>2001</strong> auf internationalen Fachkonferenzen vorgetragen.<br />
Im Dezember 2000 fand ein Symposium zum Thema „Domestic<br />
Dimensions of U.S. International Leadership After the Cold War“<br />
mit namhaften deutschen und amerikanischen Experten am Forschungsinstitut<br />
der DGAP in Berlin statt.<br />
Die Beiträge sind publiziert in:<br />
The Uncertain superpower. Domestic dimensions of U.S. Foreign<br />
policy after the Cold War. Hrsg.: Bernhard May; Michaela Hönicke.<br />
Opladen <strong>2002</strong>.<br />
Weitere Publikationen im Rahmen des Projekts:<br />
Hönicke, Michaela: Absichten und Ambivalenzen in der amerikanischen<br />
Europapolitik. – In: Die euro-atlantischen Beziehungen im<br />
Spannungsfeld von Regionalisierung und Globalisierung. Hrsg.:<br />
Reinhard C. Meier-Walser; Susanne Luther. München <strong>2001</strong>.<br />
Hönicke, Michaela: USA – innenpolitische Unversöhnlichkeiten<br />
und außenpolitische Handlungsfähigkeit. – In: Jahrbuch Internationale<br />
Politik. 1999–2000. München <strong>2001</strong>.<br />
Im Projekt werden die Konsequenzen der terroristischen Anschläge<br />
vom 11. September <strong>2001</strong> für den außenpolitischen Entscheidungsprozess,<br />
insbesondere die Rolle von Präsident, Ministerien und Kongress<br />
sowie für die amerikanische Rolle in der Welt eingehend analysiert.<br />
Insbesondere die Auswirkungen auf das atlantische Bündnis<br />
und die bilateralen Beziehungen zu wichtigen Partnerstaaten sollen<br />
hierbei berücksichtigt werden.<br />
Prof. K. Kaiser (Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts), Deutsche<br />
Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Berlin, wurden Mittel<br />
für einen „Gesprächskreis Transatlantische Beziehungen“ bewilligt.<br />
Unter dem Vorsitz von Prof. H. Haftendorn , FU Berlin, und K.<br />
Voigt, Koordinator für deutsch-amerikanische Beziehungen, soll damit<br />
ein Forum in der Hauptstadt Berlin geschaffen werden, das dem<br />
kontinuierlichen Dialog über aktuelle und mittelfristige Probleme<br />
der transatlantischen Beziehungen dient.<br />
Der Mitgliederkreis umfasst ca. 60 überwiegend jüngere Vertreter<br />
aus Ministerien, dem Bundestag, aus Wissenschaft, Wirtschaft und<br />
Gesprächskreis<br />
Transatlantische<br />
Beziehungen
Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 222<br />
Medien, die sich mit den transatlantischen Beziehungen beschäftigen.<br />
Der Gesprächskreis will durch Diskussion aktueller transatlantischer,<br />
amerikanischer oder europapolitischer Themen mit amerikanischen<br />
Referenten seinen Mitgliedern die Gelegenheit zur konstruktiven<br />
Kritik wichtiger transatlantischer Probleme geben und damit<br />
zur Verbesserung der transatlantischen Beziehungen beitragen.<br />
Bisher fanden die folgenden Sitzungen statt:<br />
– am 23. Januar <strong>2001</strong>, Prof. Stephen F. Szabo (associate Dean, Paul<br />
Nitze School of advanced International Studies): „The Future of<br />
Transatlantic Relations under the New U. S. Administration“<br />
– am 28. Mai <strong>2001</strong>, Prof. J. S. Nye Jr. (Dekan der John F. Kennedy<br />
School, Harvard): „America as Number One. How long Will it<br />
Last? Implications for Transatlantic Relations“.<br />
– am 1. Oktober <strong>2001</strong>, Col. William Wise (USAF, ret.): „International<br />
Terrorism as a Transatlantic Issue“<br />
– am 10. Januar <strong>2002</strong>, Ambassador Robert Hunter (US Ambassador<br />
to NATO 1993–98 RAND Corporation, Washington DC): „European<br />
Security and Defense Policy as a Transatlantic Issue“<br />
– am 16. Januar <strong>2002</strong>, Prof. Angela Stent (Professor of Government<br />
and Director of the Center for Eurasian, Russian and East European<br />
Studies in the Georgetown School of Foreign Service): „Russia<br />
as a New Strategic Partner of the United States of America“<br />
– am 27. Mai <strong>2002</strong>, Prof. Henry Nau (Professor of Political Science<br />
and International Affairs at The Elliott School of International Affairs,<br />
The George Washington University, Washington, DC):<br />
„Transatlantic Economic Relations after September 11th : what has<br />
changed?“<br />
– am 19. November <strong>2002</strong>, Prof. Stephen S. Szabo (Professor of European<br />
Studies, The Paul H. Nitze School of Advanced International<br />
Studies, John Hopkins University, Washington, DC): „Transatlantic<br />
Relations after the Elections in Germany and the United States:<br />
Problems and Prospects“.<br />
Für das Projekt „Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik<br />
Deutschland im euro-atlantischen Integrationszusammenhang,<br />
1990–1999“ erhielten Prof. L. Kühnhardt und Dr. F. J. Meiers,<br />
Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI), Bonn, Fördermittel<br />
der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Gegenstand ist eine Untersuchung der deutschen Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik als Kernbestand der deutschen Außenpolitik<br />
seit der Wiedervereinigung 1990. Das Projekt konzentriert sich auf<br />
drei zentrale Politikfelder, die nach der Zeitenwende Ende der<br />
80er/Anfang der 90er Jahre die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
im euro-atlantischen Integrationsverbund maßgeblich<br />
bestimmen: die Stärkung der transatlantischen und europäischen
223<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
Handlungszusammenhänge, die Reform der Streitkräfte in flexible,<br />
über strategische Entfernungen schnell verlegbare Interventionsarmeen<br />
und die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Missionen<br />
außerhalb des NATO-Vertragsgebietes.<br />
Im Mittelpunkt des ersten Problembereichs steht die Haltung der<br />
Bundesrepublik zur neuen NATO und der EG/EU mit einer sicherheits-<br />
und verteidigungspolitischen Dimension. Untersucht werden<br />
zum einen die funktionale und geographische Erweiterung sowie die<br />
Europäisierung des Atlantischen Bündnisses, zum anderen die Entwicklung<br />
einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
vom Vertrag von Maastricht über den von Amsterdam<br />
bis hin zum „Signal von St. Malo“.<br />
Im zweiten Problemfeld werden die beiden Reformansätze der Bundeswehr<br />
im Kontext des Strategischen Konzepts der NATO von 1991<br />
und 1999 stehen. Besonders beachtet werden sollen ihre Ausrichtung<br />
in Umfang, Struktur und Ausrüstung auf die Kernaufgaben von<br />
Streitkräften nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und die Entwicklung<br />
des Verteidigungshaushaltes.<br />
Im dritten Problemfeld wird der Beitrag der Bundeswehr zu Krisenprävention<br />
und Konfliktmanagement diskutiert. Im Mittelpunkt stehen<br />
dabei der zweite Golf-Krieg, die humanitären Einsätze auf dem<br />
Balkan, in Afrika und Asien sowie die Beteiligung an den Friedensmissionen<br />
in Bosnien-Herzegowina und der NATO-Luftoperation<br />
„Allied Force“ in und um den Kosovo.<br />
In der wissenschaftlichen Literatur werden unterschiedliche Schlussfolgerungen<br />
über das Akteursverhalten des vereinten Deutschland gezogen.<br />
Unterstellt wird entweder die Rückkehr zu einer traditionellen<br />
Großmachtpolitik, ein Festhalten an der für die alte Bundesrepublik bestimmenden<br />
Verhaltensweise eines Handelsstaates, einer Zivilmacht<br />
oder einer zurückhaltenden Macht. Anhand der drei zentralen Politikfelder<br />
wird überprüft, ob das Verhalten des vereinten Deutschland in<br />
den drei Problembereichen mit dem von den vier führenden Denkschulen<br />
der Internationalen Beziehungen – Neorealismus, Institutionalismus,<br />
demokratischer Liberalismus und Konstruktivismus – unterstellten<br />
Verhaltensmuster übereinstimmt. Anhand dieser vier Erklärungsansätze<br />
werden die vier zentralen Fragen des Projektes diskutiert:<br />
– Ausmaß und Ausprägung von Wandel bzw. Kontinuität der deutschen<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik seit der Vereinigung,<br />
– Außen- und Innensteuerung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,<br />
– Handlungsspielräume der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,<br />
– künftiges Akteursverhalten des vereinten Deutschlands, das an<br />
den Gegensatzpaaren Führungsrolle und Führungsvermeidungsreflex<br />
festgemacht wird.
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 224<br />
Die Handlungsmaximen und Prinzipien der Außenpolitik des vereinten<br />
Deutschlands behalten auch unter den grundlegend veränderten<br />
internationalen Rahmenbedingungen ihre unveränderte Gültigkeit.<br />
Im Gegensatz zum radikalen Neuanfang der deutschen Außenpolitik<br />
nach 1945 ist Kontinuität die beherrschende Denkfigur in der Außenpolitik<br />
des vereinten Deutschland. Lässt die Betonung der außenpolitischen<br />
Kontinuität genügend Raum für Wandel, der aus einem veränderten<br />
Anforderungsprofil an die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
resultiert? Wie haben sich die Grundorientierungen,<br />
Strategien und Mittel der Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
des vereinten Deutschland unter den Bedingungen tiefgreifenden<br />
Wandels im externen Umfeld entwickelt? Wenn der euro-atlantische<br />
Integrationszusammenhang eine so zentrale Bedeutung für die deutsche<br />
Außenpolitik hat, übernimmt das vereinte Deutschland mehr<br />
Verantwortung für Frieden und Sicherheit in Europa, wie es von den<br />
euro-atlantischen Partnern erwartet wird, auch wenn dieses veränderte<br />
Anforderungsprofil nicht mit dem der alten Bundesrepublik<br />
übereinstimmt?<br />
Die Frage, wie sich Kontinuität und/oder Wandel in der deutschen<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik erklären lässt, wirft die Frage<br />
nach dem Wechselspiel von Innen- und Außenpolitik auf. Wie werden<br />
die veränderten sicherheits- und verteidigungspolitischen Anforderungen<br />
im politisch-gesellschaftlichen Umfeld wahrgenommen<br />
und wie reagiert die deutsche Außenpolitik auf die innergesellschaftlichen<br />
Erwartungen und Forderungen? Folgen die politisch<br />
Verantwortlichen den Erwartungen und Forderungen, die an<br />
Deutschland von den euro-atlantischen Partnern gestellt werden,<br />
auch wenn diese vor allem in der Frage der militärischen Machtanwendung<br />
von in der Gesellschaft tiefverwurzelten Präferenzen für<br />
kooperative, nicht-militärische Strategien und Instrumente der Konfliktverarbeitung<br />
abweichen? Gilt für das vereinte Deutschland wie<br />
für die Bundesrepublik, dass die externen Bestimmungsfaktoren<br />
stärker wirksam sind als die, die vom innenpolitischen System nach<br />
außen wirken?<br />
Aus der empirischen Analyse sollen die wesentlichen Strukturen,<br />
Muster und Modi abgeleitet werden, die die künftige deutsche Sicherheits-<br />
und Verteidigungspolitik im euro-atlantischen Kontext<br />
kennzeichnen. Dabei geht es um die Frage, ob sich die Handlungsspielräume<br />
der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufgrund<br />
des neuen Status des vereinten Deutschlands im internationalen<br />
System vergrößert haben und wie sie die politischen Entscheidungsträger<br />
genutzt haben. Daraus leitet sich die abschließende<br />
Frage ab, ob die Bundesrepublik im Bereich der Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik eine Führungs- oder eine Sekundärrolle übernimmt.<br />
Die zentrale Hypothese dieses Projektes lautet: Eine Führungs- bzw.<br />
Sekundärrolle Deutschlands in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
korreliert mit der militärischen bzw. nicht-militärischen Di-
225<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
mension eines Problembereichs. Deutschland übernimmt eine<br />
Primärrolle in Bereichen mit einer nicht-militärischen Dimension<br />
(Europäisierung und Osterweiterung des Bündnisses, und die politisch-institutionellen<br />
Aspekte der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits-<br />
und Verteidigungspolitik). Das Akteursverhalten der Bundesrepublik<br />
in den Politikbereichen mit einer nichtmilitärischen Dimension<br />
wird durch die Erklärungsansätze des Institutionalismus<br />
und des demokratischen Liberalismus am besten prognostiziert. In<br />
den Bereichen mit einer militärischen Dimension (Beteiligung an<br />
„out-of-area“-Einsätzen oder militärisch-operative Aspekte der<br />
„neuen NATO“ (Projektionsstreitkräfte) und der GESVP (Konvergenzkriterien))<br />
präferiert Deutschland eine Sekundärrolle. Dieser<br />
„Führungsvermeidungsreflex“ in Problembereichen mit einer militärischen<br />
Dimension lässt sich auf den konstruktivistischen Erklärungsansatz<br />
zurückführen, in dessen Mittelpunkt die für Deutschland<br />
historisch bedingte „Kultur der Zurückhaltung“ steht.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
Meiers, Franz-Josef: The reform of the Bundeswehr. Adaption or<br />
fundamental renewal? – In: European Security. 10, 3. <strong>2001</strong>. S. 1–22.<br />
Meiers, Franz-Josef: Deutschland. Der dreifache Spagat. – In:<br />
Viertelsjahresschrift für Sicherheit und Frieden. 19, 2. <strong>2001</strong>.<br />
S. 62–68. – In: Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />
Hrsg.: Hans-Georg Ehrhart. Baden-Baden <strong>2002</strong>. S. 35–48.<br />
Meiers, Franz-Josef: Die Gemeinsame Europäische Sicherheitsund<br />
Verteidigungspolitik als Zankapfel zwischen den USA und<br />
Europa. – In: Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik <strong>2001</strong>.<br />
Hrsg.: Erich Reiter. Hamburg usw. <strong>2001</strong>. S. 433–452.<br />
Meiers, Franz-Josef: La réforme de la Bundeswehr. Adaption ou<br />
rénovation intégrale? – <strong>2001</strong>. 44 S. (Les Notes de l’ifri; No. 35)<br />
Meiers, Franz-Josef: Was zählt und wer zählt? Die Transatlantischen<br />
Beziehungen nach dem 11. September. – In: Europäische Sicherheit.<br />
51, 8. <strong>2002</strong>.<br />
Prof. W. Wessels, Seminar für Politikwissenschaft, Universität Köln,<br />
erhielt Fördermittel für das Projekt „Die Europäische Sicherheitsund<br />
Verteidigungspolitik (ESVP) im transatlantischen Kontext – Entfremdung<br />
oder neue Partnerschaft?“.<br />
Das Projekt stellt sich zur Aufgabe, die Auswirkungen der Schaffung<br />
einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf<br />
die transatlantischen Beziehungen zu untersuchen. Hierzu wird zum<br />
einen die institutionelle, operative und strategische Entwicklung der<br />
ESVP analysiert, zum anderen werden die Grundlinien und spezifischen<br />
Ausprägungen der US-amerikanischen Außen- und Verteidigungspolitik<br />
behandelt; beide Stränge sollen in einem weiteren Schritt<br />
in Bezug zueinander gesetzt werden. Eine wichtige Rolle kommt dabei<br />
den nationalen Positionen bedeutender EU-Staaten (Deutschland,<br />
ESVP
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 226<br />
Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweden) sowie der USA zu.<br />
Diese sollen durch internationale Projektpartner beigesteuert werden.<br />
Zentrale Frage ist, ob sich durch die Entwicklung der ESVP eine Entfremdung<br />
ergeben wird, oder ob sich neue Formen der Partnerschaft<br />
zwischen den USA und der EU entwickeln werden. Nach den Ereignissen<br />
des 11. September <strong>2001</strong> haben diese Fragen eine neue Brisanz<br />
und Relevanz erfahren. Die außen- und sicherheitspolitischen Grundorientierungen<br />
der USA und der EU stehen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit<br />
mehr denn je im Zentrum des Interesses.<br />
In den ersten fünf Monaten der Projektlaufzeit wurden die konzeptionellen<br />
und empirischen Arbeitsschritte in die Wege geleitet, die in<br />
erster Linie die Sammlung von Dokumenten und Materialien zur<br />
Entwicklung sowie zu institutionellen und rechtlichen Grundlagen<br />
der ESVP wie auch die Aufarbeitung des Forschungsstandes umfassen.<br />
Mit den internationalen Projektpartnern ist zudem die Abstimmung<br />
der gemeinsamen Arbeit vorgenommen worden.<br />
In Washington fand im Mai <strong>2002</strong> im Center for Strategic and International<br />
Studies (CSIS) eine erste Vorabsprache zwischen den Projektpartnern<br />
statt, in der zum einen die Entwicklung der ESVP resümiert,<br />
zum anderen vor aktuellem Hintergrund, die US-amerikanische Position<br />
zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik diskutiert<br />
wurde. Unter Leitung des US-amerikanischen Projektpartners<br />
fand ergänzend hierzu ein Colloquium zwischen europäischen und<br />
US-amerikanischen Experten zu „US-Positionen zur ESVP nach dem<br />
11. September“ statt, das als Teil des Projektprogramms eine erste<br />
Gelegenheit zum Meinungsaustausch bieten sollte; dabei stellten Ivo<br />
Daalder (Brookings Institution) und Kori Schake (National Defence<br />
University) die amerikanischen Sichtweisen vor. Deutlich zeichneten<br />
sich divergierende Bewertungen im transatlantischen Raum ab: die<br />
amerikanische Seite legt mehr denn je Wert auf die Kapazitäten und<br />
die Handlungsfähigkeit der EU, weniger auf die institutionelle und<br />
prozedurale Ausgestaltung der ESVP; nach dem 11. September<br />
scheint die Befürchtung zu überwiegen, dass die EU kaum imstande<br />
sein wird, substantiell militärische Aufgaben zu übernehmen; gefordert<br />
werden in Washington sowohl deutlich höhere Ausgaben im Verteidigungsbereich<br />
seitens der Europäer als auch Anstrengungen zur<br />
Schließung der technologisch-strategischen Lücke, die sich zwischen<br />
den USA und den europäischen NATO-Partnern auftut. Eine ‘schwache’<br />
ESVP stellt derzeit in den USA eine häufig geäußerte Befürchtung<br />
dar. Zudem hat der 11. September eine Präferenz Washingtons<br />
zugunsten bilateraler Kontakte bewirkt, welche für die EU als Organisation<br />
Probleme der Profilierung schafft.<br />
Dieser Befund wird in die Projektarbeit einfließen und weiter ausgebaut<br />
werden. Die Arbeit zu den rechtlichen Grundlagen und der institutionellen<br />
Entwicklung stehen kurz vor dem Abschluss. Die Projektpartner<br />
werden einen ersten Entwurf ihrer Berichte zu den nationalen<br />
Positionen abgeben, der dann in einem Projekttreffen diskutiert<br />
werden soll.
227<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
Prof. K. Kaiser, Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für<br />
Auswärtige Politik (DGAP), Berlin, wurden <strong>2001</strong> Fördermittel bewilligt<br />
für das Projekt „Die EU und China zu Beginn des 21. Jahrhunderts.<br />
Die interregionalen Beziehungen unter Bedingungen globalisierter<br />
Wirtschafts- und Sicherheitspolitik sowie der europäischen<br />
Neuordnung“.<br />
Das vorliegende Projekt hat die Aufgabe, innenpolitische wie internationale<br />
Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die EU-China-<br />
Beziehungen zu untersuchen. Dabei sollen systematische wie theoretische<br />
Ansätze genutzt werden.<br />
Vier strategische Trends sind für die Thematik von erheblicher Bedeutung:<br />
– die Entwicklung der globalen Politik und des Kontextes der Globalisierung,<br />
– die Entwicklung in Asien im Zusammenhang mit dem Aufstieg<br />
Chinas zur Großmacht,<br />
– der Verlauf der ökonomischen und politischen Transformationsprozesse<br />
und ihre Folgen für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
sowie für die weltwirtschaftliche Integration Chinas,<br />
– die Entwicklungen innerhalb der EU mitsamt ihrer ökonomischen<br />
und politischen Auswirkungen.<br />
Die Debatte um die angemessene westliche Strategie gegenüber<br />
China bewegt sich schon lange zwischen den Polen „Engagement“<br />
und „Eindämmung“ und weist daneben eine Vielzahl von kombinatorischen<br />
Varianten auf. Eine kooperative Haltung zu China ist insgesamt<br />
zwar geboten, zu beachten sind jedoch auch die innenpolitischen<br />
Unwägbarkeiten und ihre Konsequenzen für die Außenpolitik<br />
des Landes.<br />
Auch das Fehlen einer kohärenten europäischen Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik stellt sich als Problem dar. Die Asien- und<br />
Chinapolitik der EU hat zwar seit den neunziger Jahren unter maßgeblicher<br />
Beteiligung Deutschlands eine Aufwertung erfahren, wird<br />
aber nicht zuletzt durch die innereuropäische wirtschaftliche Konkurrenz<br />
erschwert. Die Zusammenarbeit im Rahmen des Asia-Europe-Meetings<br />
(ASEM) entspricht zwar einer interregionalen Logik<br />
und einem Streben nach wirtschaftlichem Austausch und internationaler<br />
Sicherheit, sie muss im Laufe des Projekts aber noch eingehend<br />
auf ihre Erfolgsbilanz hin geprüft werden.<br />
Im Kontext der europäischen Asienstrategie hat sich seit den frühen<br />
90er Jahren eine Politik herausgebildet, die durch das China-Konzept<br />
von 1998 eine neue Grundlage erhalten hat. Darin wird auf die<br />
Verstärkung des politischen Dialogs, die Unterstützung des Reformprozesses<br />
und verstärkte finanzielle Hilfeleistungen verwiesen. Sicherheitspolitische<br />
Fragen erweisen sich dagegen als problematisch.<br />
EU und<br />
China
Bevölkerungsentwicklung<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 228<br />
Die chinesische Politik und die Beziehungen Chinas zur EU werden<br />
in Zukunft vor allen Dingen geprägt sein durch sicherheitspolitische<br />
Kooperation sowie sozioökonomische Herausforderungen Chinas.<br />
Trotz bereits bestehender sicherheitspolitischer Kooperations- und<br />
Dialogformen muss die Zusammenarbeit zwischen der EU und China<br />
angesichts globaler Herausforderungen erheblich intensiviert werden.<br />
Die Nichtverbreitung von Massenvernichtungsmitteln und die<br />
Rüstungskontrolle bilden hier zentrale Bezugspunkte.<br />
Im sozioökonomischen Bereich wird der anstehende WTO-Beitritt<br />
Chinas weitere Reformen erfordern und damit Auswirkungen auf<br />
das gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Gefüge des Landes<br />
zeitigen. Das Projekt wird sich deshalb den innenpolitischen<br />
Transformationsprozessen und der Entwicklung des politischen Systems<br />
widmen.<br />
Im Berichtszeitraum wurden Dr. A. Zunker, <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft<br />
und Politik (SWP), Berlin, Mittel zur Verfügung gestellt für das Projekt<br />
„Demographische Entwicklungen in und um Europa – politisch<br />
relevante Konsequenzen“.<br />
Die Bevölkerung Europas stagniert, ja schrumpft tendenziell – trotz<br />
laufender Zuwanderung. Da die Weltbevölkerung weiterhin kräftig<br />
zunimmt, wird im Laufe der nächsten 25 Jahre der Anteil der europäischen<br />
an der Weltbevölkerung deutlich sinken. Die Bevölkerung<br />
der heutigen EU wird im Fall der Aufnahme aller derzeit aussichtsreichen<br />
Beitrittskandidaten zwar um rund 100 Mio. auf dann<br />
annähernd 500 Mio. zunehmen, aber an der negativen Bevölkerungsentwicklung<br />
wird dies grundsätzlich nichts ändern: Das Forschungsprojekt<br />
befasst sich mit der Frage nach den politischen Konsequenzen<br />
und wie darauf konstruktiv reagiert werden könnte.<br />
Der erste politikrelevante Bereich betrifft den fortschreitenden Alterungsprozess,<br />
der nicht nur auf erhöhter Lebenserwartung beruht,<br />
sondern vor allem auf gesunkener Fertilität (=durchschnittliche Zahl<br />
der Geburten je Frau). Dieser Prozess hat eine Reihe ernster Konsequenzen,<br />
die Europas politische sowie wirtschaftliche Position im internationalen<br />
Umfeld tangieren.<br />
Der zweite politikrelevante Bereich betrifft die Außen- und Sicherheitspolitik.<br />
Das Gewicht der Staaten innerhalb des internationalen<br />
Systems hängt vor allem von ihrer wirtschaftlichen, technologischen<br />
und/oder militärischen Potenz, ihrer territorialen Ausdehnung und<br />
ihrer Ressourcenausstattung ab. Jene bevölkerungsreichen Entwicklungsländer,<br />
denen es gelingt, ihre Bürger zu mobilisieren, ihr Potential<br />
zu entfalten und zu nutzen, werden den westlichen Einfluss in ihrer<br />
Region zurückdrängen, verstärkt auf Prozesse regionaler Integration<br />
Einfluss nehmen, zu relevanten wirtschaftlichen Partnern bzw.<br />
Konkurrenten der Industrieländer avancieren, eine „gerechtere“<br />
Vertretung in den internationalen Organisationen verlangen und<br />
nachdrücklicher globale Mitgestaltung beanspruchen.
229<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
Die Staaten der EU zusammen erreichen zwar eine relevante Größenordnung.<br />
Ihr Anteil an der Weltbevölkerung geht aber rapide zurück.<br />
Relevant ist unter diesem Aspekt vor allem die an Europa angrenzende<br />
südliche und südöstliche Region. Die dortige Mischung von alten,<br />
ungelösten und nachwachsenden neuen Problemen wird durch<br />
das dort anhaltende Bevölkerungswachstum an Brisanz gewinnen.<br />
Auch eine erfolgreiche Wirtschafts-, Struktur- und Sozialpolitik wird<br />
nicht automatisch innen- und außenpolitischen Tendenzen zur<br />
Durchsetzung verhelfen, die aus EU-Sicht positiv zu bewerten<br />
wären. Geradezu katastrophal indes wäre eine Konstellation aus hohem<br />
Bevölkerungswachstum, anhaltender Unterentwicklung und<br />
politischer Instabilität.<br />
Der dritte politikrelevante Bereich betrifft die transnationalen Migrationen.<br />
Europa ist in den letzten Jahrzehnten – mehr nolens als volens<br />
– zu einer Einwanderungsregion geworden. Integrations- und<br />
Akzeptanzprobleme sind offensichtlich. Es ist nicht zu erwarten, dass<br />
die Ursachen und Motive für transnationale Migration abnehmen<br />
werden – im Gegenteil. Gleichzeitig wird das starke Wachstum der<br />
Weltbevölkerung – namentlich in den armen Ländern – mindestens<br />
noch 50 Jahre anhalten und die Migrationsproblematik weiter verschärfen.<br />
Das trifft auch die EU. Selbst eine Verbesserung der kollektiven<br />
Lebensqualität in den Herkunftsländern könnte paradoxerweise<br />
dazu führen, dass der Wanderungsdruck zunimmt, weil die<br />
Zahl der mobilitätswilligen und –fähigen Personen steigt.<br />
Die EU-Staaten stehen vor einem Dilemma: Bevölkerungsrückgang<br />
und Alterung machen kontinuierliche Zuwanderung wünschenswert,<br />
aber die Zahl und die Art der bisherigen Migranten lassen fragen,<br />
ob die EU-Staaten noch wesentlich mehr Zuwanderer „vertragen“.<br />
Jedenfalls ist die einzelstaatliche Asyl-, Ausländer- und Einwanderungspolitik<br />
nicht mehr problemadäquat.<br />
Das Forschungsvorhaben ist interdisziplinär angelegt und wird von<br />
Dr. M. Wöhlcke (Projektleiter/SWP), Prof. Ch. Höhn (Direktorin des<br />
Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung) sowie der Projektassistentin<br />
S. Schmid fächerübergreifend bearbeitetet.<br />
Für das Projekt „Elitenwechsel in der arabischen Welt“ erhält PD Dr.<br />
V. Perthes, <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin, Fördermittel<br />
der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Der Tod von gleich vier altgedienten arabischen Führern zwischen<br />
1999 und 2000 hat internationale Beobachter erstmals darauf gestoßen,<br />
dass die arabische Welt in der kommenden Dekade einen nahezu<br />
umfassenden politischen Führungs- und Generationenwechsel<br />
erleben dürfte, der sich auf die inneren Strukturen dieser Staaten (in<br />
wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht) und auf ihre internationalen<br />
Beziehungen auswirken kann.<br />
Heutige arabische Gesellschaften sind vergleichsweise jung (die unter<br />
18jährigen machen bis zu 60 Prozent der Bevölkerung arabischer<br />
Elitenwechsel<br />
in der<br />
arabischen Welt
MERCOSUR<br />
und NAFTA<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 230<br />
Staaten aus). Den Generationenwechsel durchzuführen und Arbeitsplätze<br />
und soziale Sicherheit für die heranwachsende Generation bereitzustellen,<br />
ist eine Hauptherausforderung für alle diese Staaten.<br />
Gleichzeitig bietet die überwiegend junge Bevölkerung den<br />
Führungsperönlichkeiten und Eliten der arabischen Staatenwelt die<br />
Chance einer Verjüngung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen<br />
Strukturen und eröffnet die Möglichkeit, die regionalen Beziehungen<br />
der arabischen Staaten untereinander wie auch zu ihrer internationalen<br />
Umgebung neu zu bestimmen.<br />
Vorgesehen sind eine Querschnittsanalyse für die gesamte Region<br />
sowie Fallstudien zu ausgewählten Staaten. Das Augenmerk liegt<br />
dabei auf den politischen Eliten, d. h. den politisch „Einflussreichen“<br />
im Sinne der Definition von Harold Lasswell (1958). Damit sind nicht<br />
allein die obersten Entscheidungsträger der einzelnen Staaten gemeint,<br />
sondern ganz wesentlich die Entscheidungsträger der zweiten<br />
und dritten Reihe und insgesamt die Mitglieder einer im Einzelfall<br />
operational zu bestimmenden politischen Klasse.<br />
Folgende, miteinander verbundene Themenkomplexe werden behandelt:<br />
– Struktur und Zusammensetzung der neuen bzw. heranwachsenden<br />
politischen Eliten der arabischen Staaten selbst,<br />
– Zusammenhänge zwischen dem Generationswechsel bei den politischen<br />
Eliten und den politischen und sozio-ökonomischen<br />
Transformationsprozessen in den arabischen Staaten,<br />
– Zusammenhang zwischen dem Wechsel der politischen Eliten und<br />
den regionalen bzw. internationalen Beziehungen der arabischen<br />
Staaten.<br />
Sieben Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler (drei<br />
aus Europa und vier aus arabischen Staaten) gehören zu dem internationalen<br />
Team des Forschungsprojektes, an dem darüber hinaus<br />
einzelne Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler beteiligt<br />
sind.<br />
Im Rahmen des Projekts wurde folgende Studie erstellt:<br />
Abdelnasser, Gamal: Political change in Egypt. The parliamentary<br />
elections of 2000 and horizons of reform. – Berlin: <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft<br />
und Politik, <strong>2001</strong>. 25 S. (SWP-Studie).<br />
Für ein Forschungsvorhaben zum Thema „MERCOSUR und NAFTA:<br />
Institutionen und Entscheidungsstrukturen in asymmetrischen Integrationsprozessen<br />
der ‘zweiten Generation’“ erhält Prof. K. Bodemer,<br />
Institut für Iberoamerikakunde (IIK), Hamburg, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
MERCOSUR und NAFTA sind heute die dominanten Integrationsprozesse<br />
auf den beiden amerikanischen Kontinenten. Beide Institutionen<br />
sind am Ende des Kalten Krieges im Kontext von Globalisie-
231<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
rung und „offenem Regionalismus“ entstanden. Insofern bilden sie<br />
Integrationsprozesse der zweiten Generation. Zwischen beiden Zusammenschlüssen<br />
bestehen eine Reihe von Gemeinsamkeiten, wie<br />
insbesondere die enormen Entwicklungs- und Größenunterschiede<br />
zwischen und innerhalb ihrer Mitgliedsstaaten, ein schwacher zwischenstaatlicher<br />
institutioneller Unterbau, das Vorhandensein einer<br />
zentralen Führungsmacht und die Herausforderung der Vertiefung<br />
und Erweiterung.<br />
Es gibt allerdings auch beträchtliche Unterschiede zwischen MER-<br />
COSUR und NAFTA. Während der MERCOSUR auf die Errichtung<br />
eines gemeinsamen Marktes abzielt, ist die NAFTA wenig mehr als<br />
eine Freihandelszone. Im Hinblick auf die Ergebnisse weist die<br />
NAFTA jedoch eine weitaus größere wirtschaftliche Verflechtung<br />
zwischen den Mitgliedsstaaten auf als der MERCOSUR. Der so genannte<br />
Regionalisierungsgrad ist unterschiedlich stark ausgeprägt:<br />
der Handelsaustausch zwischen den NAFTA-Ländern beträgt über<br />
50 Prozent, innerhalb des MERCOSUR ist er im Zuge der Argentinien-Krise<br />
und der rezessiven Tendenzen generell auf 18 Prozent gesunken.<br />
Unterschiede bestehen auch in Bezug auf die Methode der<br />
Integration: MERCOSUR ist ein primär politischer, von den Regierungen<br />
gesteuerter, auf Verhandlungen basierender Prozess ohne<br />
umfassenden Grundvertrag, NAFTA ist aufgrund des umfassenden<br />
Abkommens stark regelorientiert und wird maßgeblich vom Privatsektor<br />
vorangetrieben.<br />
Vor diesem Hintergrund zielt das Forschungsprojekt darauf ab, die<br />
oft vergessene politisch-institutionelle Dimension von Integrationsprozessen<br />
durch einen systematischen Vergleich zwischen MERCO-<br />
SUR und NAFTA zu bewerten. Während sich die NAFTA durch die<br />
vertraglich gesicherte Verregelung durch einen sehr geringen Institutionalisierungsgrad<br />
auszeichnet, hat der MERCOSUR ein vergleichsweise<br />
dichtes institutionelles Gefüge geschaffen, das jedoch<br />
in der Praxis immer stärker von der Gipfeldiplomatie zwischen Argentinien<br />
und Brasilien verdrängt wird.<br />
Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts steht einerseits die Frage,<br />
welche Chancen und Grenzen für eine sektorale und institutionelle<br />
Vertiefung (spill-over) des MERCOSUR und der NAFTA bestehen<br />
und andererseits, welche Mechanismen geeignet wären, um bestehende<br />
Asymmetrien innerhalb beider Blöcke abzuschwächen. Unter<br />
Einbezug der neueren Integrationstheorien wird u. a. untersucht, wie<br />
effizient die bestehenden Institutionen und Entscheidungsstrukturen<br />
sind, welche Defizite bestehen, in welchen Bereichen weiterer<br />
Steuerungsbedarf besteht und wie politische und wirtschaftliche Ungleichgewichte<br />
in Bezug auf die Entscheidungsmechanismen und<br />
die jeweiligen Entwicklungsniveaus der Länder abgebaut werden<br />
könnten. Von Bedeutung ist hier auch die Frage, wo die Reformperspektiven<br />
an ihre (nationalstaatlichen) Grenzen stoßen und welche<br />
Lektionen das Beispiel des auf Supranationalität basierenden europäischen<br />
Integrationsmodells bieten kann.
Europarecht<br />
Lehrveranstaltungen<br />
Europäisches<br />
Recht<br />
Das Forschungsprojekt wird vom IIK in Hamburg mit Unterstützung<br />
von wissenschaftlichen Mitarbeitern aus Lateinamerika koordiniert<br />
und durchgeführt. Zwischenergebnisse werden in der Instituts-Reihe<br />
„Arbeitspapiere“ vorgestellt, die abschließenden Ergebnisse in einer<br />
Buchpublikation in deutscher und spanischer Sprache.<br />
Prof. M. Hilf, Fachbereich Rechtswissenschaft, Universität Hamburg,<br />
wurden weitere Fördermittel für auslandsrechtliche, rechtsvergleichende<br />
und europarechtliche Lehrveranstaltungen bereitgestellt.<br />
Mit Hilfe der Mittel werden ausländische Rechtswissenschaftler nach<br />
Hamburg eingeladen, um hier als Gastprofessoren auslandsrechtliche,<br />
rechtsvergleichende und europarechtliche Lehrveranstaltungen<br />
– wenn möglich in ihrer Muttersprache – abzuhalten. Im Sommersemester<br />
<strong>2001</strong> fanden in diesem Rahmen folgende Vorlesungen statt:<br />
– Prof. Jean-Claude Gautron und Dr. Olivier Dubos (Universität<br />
Montesquieu Bordeaux IV): Les approches françaises du droit<br />
Communautaire<br />
– Prof. Michael Whincup (Universität Keele): English legal system<br />
– Prof. Michael Whincup (Universität Keele): English contract law,<br />
im Wintersemester <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>:<br />
– Prof. Susanne Kalss (Universität Klagenfurt): Introduction and selected<br />
questions on European and national corporate and securities<br />
law<br />
sowie im Sommersemester <strong>2002</strong>:<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 232<br />
– Prof. Michael Whincup (University of Keele): English legal system/<br />
Introduction to English contract law<br />
– Prof. Guido Ferrarini (Centro di Diritto e Finanza (CE.DI.F.), Università<br />
degli Studi di Genova): European Securities Regulation<br />
– Dr. Joanne Scott (Centre for European Legal Studies (CELS), University<br />
of Cambridge): Law and New Approaches to Governance<br />
in the EU: From Comitology to the Post-Nice Process.<br />
Prof. S. Grundmann, Juristische Fakultät, Universität Halle-Wittenberg,<br />
und Prof. A. K. Schnyder, Juristische Fakultät, Universität Basel,<br />
werden seit Frühjahr 2000 Mittel für das Projekt „IUS COMMU-<br />
NITATIS – 10 Lehrbücher zum Europäischen materiellen Recht“ bereitgestellt.<br />
Geplant ist die Herausgabe einer Reihe von rechtswissenschaftlichen<br />
Lehrbüchern zu den zehn vielleicht wichtigsten Materien des substantiellen<br />
Gemeinschaftsrechts: dem Europäischen Schuldrecht,<br />
Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Banken- und Versicherungsrecht,<br />
Wettbewerbsrecht, Zivilprozessrecht, Umweltrecht, Verwaltungsrecht,<br />
Außenwirtschaftsrecht und dem Recht des geistigen Eigen-
233<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
tums. Der erste Band ging <strong>2002</strong> in den Druck, die anderen sollen je<br />
zur Hälfte 2003 und 2004 folgen.<br />
Der Dynamik des Gemeinschaftsrechts folgend haben sich auch in<br />
diesen Gebieten seit dem letzten Bericht tiefgreifende Veränderungen<br />
ergeben. Genannt seien nur: der Einfluss der EU-Kaufrechtsrichtlinie,<br />
die zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz und damit<br />
zur tiefgreifendsten Reform im Herzstück des deutschen Zivilrechts<br />
seit einem Jahrhundert führte und jetzt gefolgt wird von konkreten<br />
Schritten hin zu einem Europäischen Vertragsgesetzbruch; die Einführung<br />
der ersten einheitlichen europäischen Rechtsform für einen<br />
großen Gesellschaftstyp (Societas Europaea); und im Bankrecht die<br />
Kodifizierung des Aufsichtsrechts und die Einführung einer neuen<br />
Währung, des Euro.<br />
Die 10 Bände sollen eine verlässliche Darstellung jedes der 10 Gebiete<br />
geben, zugleich jedoch auch die Diskussionsgrundlagen für<br />
diese dynamische Entwicklung offenlegen. Da Gemeinschaftsrecht<br />
weit überwiegend nur über die nationalen Rechte (durch Umsetzung<br />
in diese) wirkt, zielt die Förderung auf zweierlei: die genannte Darstellung<br />
des Gemeinschaftsrechts, also einer europaweit einheitlich<br />
geltenden Rechtsquelle; sowie die Rechtsvergleichung, die die Herkunft<br />
von Gemeinschaftsrecht aus den nationalen Modellen verständlich<br />
macht, zugleich dort, wo es noch an Gemeinschaftsrecht<br />
fehlt, Entwicklungslinien in den nationalen Rechten offenlegt, und<br />
nicht zuletzt auch hilft zu sehen, wie weit die nationalen Rechte nach<br />
Harmonisierung einander tatsächlich vergleichbar sind. Beispielsweise<br />
ist im Gesellschaftsrecht der Kauf und Verkauf von Anteilen<br />
(Kapitalmarkt) weitestgehend europaweit vereinheitlicht, umgekehrt<br />
ist der rechtliche Rahmen für die Entscheidungsfindung in Gesellschaften<br />
in wichtigen Teilen nicht harmonisiert. Unter dem Begriff<br />
der „Corporate Governance“ wird dieser rechtliche Rahmen<br />
rechtsvergleichend diskutiert. Zwischen beiden stehen die sogenannten<br />
Übernahmen, der massenweise Verkauf von Anteilen an<br />
neue Eigentümer, die typischerweise die Entscheidungsträger auswechseln,<br />
d. h. ein Mechanismus, der per Kauf und Verkauf auf die<br />
Entscheidungsträger und damit auf die Entscheidungsstrukturen<br />
Einfluss nimmt. Dass all dies in dem Lehrbuch Gesellschaftsrecht zusammen<br />
dargestellt wird, zeigt auch, dass organische Zusammenhänge<br />
in der Lebenswirklichkeit eine besondere Rolle in der Lehrbuchreihe<br />
spielen.<br />
Mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> arbeitet Prof. E.-J. Mestmäcker, Max-Planck-<br />
Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht, Hamburg,<br />
weiter an einer Neubearbeitung seines Lehrbuchs „Europäisches<br />
Wettbewerbsrecht“.<br />
Die erste Ausgabe ist 1974 erschienen und inzwischen vergriffen.<br />
Dieses Lehrbuch war zugleich als Handbuch konzipiert worden und<br />
berücksichtigte die Rechtsprechung des EuGH und die Entscheidungspraxis<br />
der EG-Kommission.<br />
Wettbewerbsrecht
Europäisches<br />
Insolvenzrecht<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 234<br />
Aufgrund der inzwischen eingetretenen Entwicklung wurde es notwendig,<br />
eine Neuauflage mit geänderter Konzeption vorzusehen.<br />
Die Aufgabe besteht darin, das Europäische Wettbewerbsrecht unter<br />
Konzentration auf seine grundlegenden Prinzipien als Teil des Binnenmarktes<br />
und der Wirtschaftsverfassung der EU in Auseinandersetzung<br />
mit den jüngsten Entwicklungen darzustellen. Auch die Bezüge<br />
zum Recht der Welthandelsorganisation (WTO) sind dabei einzubeziehen.<br />
Die Arbeit an dem Projekt war geprägt durch grundlegende Veränderungen<br />
des Europäischen Wettbewerbsrechts, welche durch die<br />
EG-Kommission initiiert sind. Zu den grundsätzlichen, auch verfassungsrechtlichen<br />
Fragen der von der EG-Kommission beabsichtigten<br />
veränderten Anwendung des Kartellverbots in Art. 81 wurde wiederholt<br />
und umfassend Stellung genommen, zuletzt in dem Aufsatz<br />
„The E.C. Commission’s Modernization of Competition Policy: A<br />
Challenge to the Community’s Constitutional Order“, EBOR 2000.<br />
Ähnlich grundlegende Bedeutung kommt der neuen Rechtsprechung<br />
des Europäischen Gerichtshofs zu den Staatsmonopolen im<br />
Energiebereich zu. Dazu wurde in einem Aufsatz „Grenzen staatlicher<br />
Monopole im EG-Vertrag“, in: FIW-Schriftenreihe, Erfahrungen<br />
mit der Privatisierung von Monopolunternehmen, 1999, S. 71–82,<br />
Stellung genommen.<br />
Zusätzlich zu den unternehmensbezogenen Wettbewerbsregeln<br />
wird das Lehrbuch das Vergaberecht und das Recht der Beihilfen<br />
behandeln.<br />
Prof. H. Prütting, Institut für Verfahrensrecht, Universität Köln, erhält<br />
Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für das Projekt „Das neue europäische Insolvenzrecht“.<br />
Der Rat der Europäischen Union hat am 29. Mai 2000 die Verordnung<br />
Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren verabschiedet. Diese<br />
Verordnung ist am 31. Mai <strong>2002</strong> in Kraft getreten. Sie soll nunmehr<br />
ein einheitliches europäisches Insolvenzverfahren ermöglichen. Im<br />
Bereich des insolvenzrechtlich relevanten materiellen Rechts verweist<br />
die Verordnung allerdings auf die nationalen Rechte der Mitgliedsstaaten.<br />
Die Verordnung stellt den Abschluss langfristiger europäischer<br />
Bemühungen um ein europäisches Insolvenzrecht dar. Angesichts<br />
der fehlenden nationalen Regelungen und der bisher nur in geringem<br />
Umfang vorhandenen bilateralen Übereinkommen wird die<br />
neue europäische Verordnung einen ganz wesentlichen Fortschritt<br />
im Bereich der europäischen Rechtsentwicklung bringen. Das vorliegende<br />
Vorhaben hat sich deshalb zur Aufgabe gestellt, die neue europäische<br />
Verordnung und das ihr zugrunde liegende nationale materielle<br />
Recht wissenschaftlich zu erforschen, darzustellen und zu systematisieren.
235<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
Das Vorhaben sieht eine Ermittlung des relevanten Rechts der europäischen<br />
Staaten auf dem Gebiet des sachlichen Insolvenzrechts<br />
vor. Hierzu werden zu einzelnen Sachbereichen Fragebögen entworfen<br />
und versandt. Für die Mitarbeit sind in den europäischen Mitgliedstaaten<br />
ausgewiesene Spezialisten gewonnen worden. Ziel der<br />
Arbeit ist es, innerhalb von zwei Jahren eine wissenschaftlich vertiefte<br />
Ausarbeitung vorzulegen, die für Theorie und Praxis ein Arbeiten<br />
mit der im Mai <strong>2002</strong> in Kraft getretenen Verordnung ermöglichen<br />
soll.<br />
Prof. A. von Bogdandy, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches<br />
öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg, erhält Mittel<br />
für das Projekt „Figuren, Positionen und Entwicklungsperspektiven<br />
der europäischen Verfassungsrechtswissenschaft“.<br />
Ziel des Projekts ist eine kritische Bestandsaufnahme von Grundfiguren<br />
des Verfassungsrechts der Europäischen Union. Es wurden zu<br />
seinen zentralen Problembereichen die rechtswissenschaftlichen<br />
Grundpositionen aufbereitet, also diejenigen Konzeptionen, welche<br />
einen Rechtsbereich strukturieren können und zugleich einen kritischen<br />
Gehalt gegenüber gegenwärtigen oder möglichen zukünftigen<br />
Entwicklungen haben.<br />
Kernbereich des Projekts sind wissenschaftliche Diskurse im Dienste<br />
der Selbsttransparenz der Wissenschaft(ler) vom Europarecht. Das<br />
breite Spektrum der Themen, die auf drei gemeinsamen Tagungen<br />
diskutiert wurden, soll gewährleisten, dass jedes Thema im Lichte<br />
der anderen großen Fragenkreise gespiegelt wird und so die „Einheit<br />
der Europarechtswissenschaft“ zumindest eine „konkrete<br />
Chance“ erhält. Darüber hinaus ist ein Politikwissenschaftler in das<br />
Projekt mit einbezogen, der bei den einzelnen Themen auf korrespondierende<br />
oder divergierende politikwissenschaftliche Theorieangebote<br />
hinweisen kann, die dann in die rechtswissenschaftlichen<br />
Arbeiten integriert werden können.<br />
Strategische Zielsetzung ist die Begründung eines Netzwerks jüngerer<br />
Europarechtswissenschaftler, von denen erwartet werden kann,<br />
dass sie in den nächsten Jahrzehnten Maßgebliches bei der Bearbeitung<br />
dieses Rechtsgebietes leisten. Der Springer-Verlag wird das Ergebnis<br />
des Projekts unter dem Titel „Europäisches Verfassungsrecht“<br />
publizieren. Eine spätere englische Fassung des Buches soll<br />
der internationalen Fachöffentlichkeit, die sich derzeit nur punktuell<br />
und unzureichend über die Rechtswissenschaft im deutschen<br />
Sprachraum informieren kann, den Stand der einschlägigen Wissenschaft<br />
präsentieren und zugleich die Mitarbeiter international vorstellen<br />
und ihnen den Zugang zur internationalen Diskussion erleichtern.<br />
Mit Mitteln der <strong>Stiftung</strong> arbeitet Prof. J. Schwarze, Institut für Öffentliches<br />
Recht, Abteilung Europa- und Völkerrecht, Universität<br />
Freiburg, an dem „Grundlagenteil eines Europäischen Verfassungsvertrages“.<br />
Europäisches<br />
Verfassungsrecht<br />
Europäischer<br />
Verfassungsvertrag
Multinationale<br />
Unternehmen<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“ 236<br />
Im Anschluss an ein inzwischen abgeschlossenes und von der <strong>Fritz</strong><br />
<strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> gefördertes Projekt über die Entstehung einer Europäischen<br />
Verfassungsordnung (s. J. Schwarze, Die Entstehung einer<br />
europäischen Verfassungsordnung, Nomos-Verlag 2000) sollen<br />
im Rahmen einer deutsch/französischen Arbeitsgruppe die einzelnen<br />
Schwerpunkte des Grundlagenteils eines Europäischen Verfassungsvertrages<br />
erarbeitet und sodann konkrete Vorschläge für den<br />
Entwurf eines kohärenten Vertragstextes vorgelegt werden.<br />
Anders als bei bereits vorliegenden Studien soll es auch Ziel des Projekts<br />
sein, zu inhaltlichen Neugestaltungsvorschlägen bei der Kompetenzabgrenzung<br />
zwischen Europäischer Union und den Mitgliedsstaaten<br />
zu gelangen. Wie für den von der EU eingesetzten Verfassungskonvent<br />
gilt es, auch alternative Lösungen für den Bereich der<br />
Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens, des Rechtsschutzes und<br />
der Hierarchisierung der Rechtsnormen zu bedenken. Dabei ist zugleich<br />
darauf zu achten, dass der vorzuschlagende Vertragstext im<br />
Grundlagenteil nicht über das sachlich Notwendige hinausreicht. Es<br />
ist vorgesehen, dem Entwurf des Vertragstextes bzw. einzelnen Artikeln<br />
knappe Begründungen beizufügen.<br />
Prof. H. Klodt, Leiter der Forschungsabteilung I Wachstum, Strukturwandel<br />
und internationale Arbeitsteilung am Institut für Weltwirtschaft<br />
an der Universität Kiel, arbeitet mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong><br />
an dem Projekt „The Role of Multinational Enterprises in Globalization“.<br />
Das Forschungsprojekt analysiert multinationale Unternehmen<br />
(MNU) im Globalisierungsprozess in ihrer zentralen Position im internationalen<br />
Handel sowie im grenzüberschreitenden Transfer von<br />
Sachkapital, Wissen und Technologie. Dafür wird in einem ersten<br />
Schritt ein theoretisches Modell entwickelt werden, das in einem<br />
zweiten Schritt einer empirischen Überprüfung unterzogen werden<br />
soll. Die Arbeit konzentriert sich auf die Industrieländer, da ein Großteil<br />
der internationalen Transaktionen weiterhin zwischen diesen<br />
Ländern abgewickelt wird.<br />
Das Forschungsvorhaben will drei Richtungen ökonomischer Forschung<br />
vereinen: Die breit angelegte, hauptsächlich empirische Forschung<br />
zur Globalisierung, die mikroökonomische Theorie der MNU<br />
und den evolutionären Ansatz, der von der Forschung zur neuen<br />
ökonomischen Geographie entwickelt wurde. Das empirische Bild<br />
aus der Globalisierungsliteratur motiviert eine theoretische Analyse<br />
der Aktivitäten von MNUs im Globalisierungsprozess. Der Globalisierungsprozess<br />
entwickelt sich als Anpassung von Unternehmen<br />
und Individuen auf im Zeitablauf (exogen) fallende Distanzkosten.<br />
Da die Wirtschaftssubjekte sich ständig ändernden Bedingungen anpassen,<br />
„bewegen“ sich die Volkswirtschaften von disintegrierten<br />
nationalen Ökonomien zu einer globalen Ökonomie.<br />
Annahmen und Ergebnisse der theoretischen Arbeit werden empirisch<br />
untersucht. Die wichtigste Annahme des Modells liegt in der
237<br />
QUERSCHNITTBEREICH „INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN“<br />
Produktionsstruktur, die von spezifischen Zwischenprodukten ausgeht,<br />
die in die Produktion der Endprodukte eingehen. Unternehmen<br />
verwenden Zwischenprodukte ihres „Netzwerks“ auch im ausländischen<br />
Tochterunternehmen. Kurzfristig sind heimische Zwischenprodukte<br />
nicht substituierbar, müssen so von der Tochter im<br />
Ausland importiert werden. Querschnittsanalysen fanden diese Annahme<br />
für sechs OECD Länder für den Zeitraum der frühen siebziger<br />
Jahre bis 1990 bestätigt. Eine Zeitreihenuntersuchung, die mit deutschen<br />
Daten durchgeführt wurde, bekräftigte dieses Ergebnis. Ferner<br />
beruht das Modell auf der impliziten Annahme einer positiven<br />
Beziehung zwischen der Größe des heimischen Marktes und der Unternehmensgröße,<br />
deren Gültigkeit noch getestet werden wird.<br />
Der andere Schwerpunkt des empirischen Teils liegt auf der Überprüfung<br />
der Ergebnisse und Implikationen der modelltheoretischen<br />
Analyse. Danach vollzieht sich die Internationalisierung von Unternehmensstrukturen<br />
anfangs durch zunehmende Exporte, denen die<br />
Internationalisierung der Produktion erst später folgt. Unternehmen<br />
aus großen Ländern internationalisieren ihre Produktion eher als Unternehmen<br />
aus kleineren Ländern. Die theoretischen Ergebnisse<br />
weisen auf eine sektorale Konzentration bei der Internationalisierung<br />
der Produktion hin. Eine ausführliche deskriptive Untersuchung<br />
der ökonomischen Integration der japanischen Volkswirtschaft<br />
in die Weltwirtschaft in den neunziger Jahren fand Unterstützung<br />
für die Modellergebnisse. Da andere OECD-Länder als Vergleich<br />
für die Internationalisierungstendenzen in Japan herangezogen<br />
wurden, lassen sich diese Aussagen verallgemeinern.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
Kleinert, Jörn: The Role of multinational enterprises in globalization.<br />
An empirical overview. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft an<br />
der Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 30 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel working<br />
papers; Nr. 1096)<br />
Kleinert, Jörn: Japan’s integration into the world economy in the<br />
1990s. – In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 70,4. <strong>2001</strong>.<br />
S. 1–14.<br />
Kleinert, Jörn: Trade and the internalization of production. – Kiel:<br />
Institut für Weltwirtschaft an der Univ. Kiel, <strong>2002</strong>. 43 S. (Kieler Arbeitspapiere<br />
= Kiel working papers; Nr. 1104).
Doublecortin<br />
Medizin und Naturwissenschaften<br />
Einem Anliegen der Stifterinnen entsprechend erfährt die medizinische<br />
Forschung die besondere Aufmerksamkeit der <strong>Stiftung</strong>sgremien.<br />
Zur Zeit konzentriert sich die <strong>Stiftung</strong> auf den Förderungsschwerpunkt<br />
„Molekulare Pathogenese und Modelle der Krankheitsentstehung“.<br />
Es werden in diesem Programm molekularbiologische<br />
Untersuchungen über solche Krankheiten unterstützt, deren Entstehung<br />
entscheidend auf Gendefekten beruht oder bei denen Gene<br />
zur Entstehung komplexer Krankheiten beitragen.<br />
Besonders gefördert werden Vorhaben zur Identifizierung und funktionellen<br />
Analyse von Genen für monogene und komplex-genetische<br />
Krankheiten in vitro und in vivo, zur Etablierung und Evaluation<br />
von Zell- und Tiermodellen der Krankheitsentstehung, sowie zur<br />
Analyse von prädisponierenden oder die Krankheit modifizierenden<br />
Genen.<br />
Rein methodische Untersuchungen, deskriptive populationsgenetische<br />
und Linkage-Studien sowie Forschungsvorhaben ohne direkten<br />
Krankheitsbezug werden grundsätzlich nicht in das Förderungsprogramm<br />
aufgenommen.<br />
Bevorzugt unterstützt werden jüngere Wissenschaftler mit einschlägigen<br />
Erfahrungen auf dem Gebiet des Forschungsschwerpunktes.<br />
Bei klinisch tätigen Forschern geht die <strong>Stiftung</strong> davon aus, dass<br />
der/die Geförderte während der Projektlaufzeit zu mindestens 80<br />
Prozent von der klinischen Arbeit freigestellt wird.<br />
Für aus dem Ausland zurückkehrende Nachwuchswissenschaftler<br />
vergibt die <strong>Stiftung</strong> im Rahmen des Förderungsschwerpunktes<br />
Rückkehrstipendien mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr. Klinische<br />
Forscher sollen hierdurch die Möglichkeit erhalten, unter Freistellung<br />
von Tätigkeiten innerhalb der Patientenversorgung, ihre im<br />
Ausland begonnenen Projekte zu beenden und neu erlernte Methoden<br />
in Deutschland zu implementieren.<br />
Eine von der <strong>Stiftung</strong> bestellte Kommission von Wissenschaftlern<br />
berät die <strong>Stiftung</strong> bei der Förderung in diesem Schwerpunkt, regt<br />
Forschungsvorhaben an, prüft die Anträge und Berichte und verfolgt<br />
die Entwicklung des Programms. Die <strong>Stiftung</strong> versendet Hinweise<br />
für Antragsteller, die auch unter der Internet-Adresse der <strong>Stiftung</strong><br />
(http://www. fritz-thyssen-stiftung.de.) direkt abrufbar sind.<br />
„Molekulare Grundlagen Epilepsie-assoziierter neuronaler Migrationsstörungen“<br />
ist das Thema eines durch die <strong>Stiftung</strong> geförderten<br />
Forschungsvorhabens von Dr. L. Aigner, Dr. H.-G. Kuhn und Dr. J.<br />
Winkler, Neurologische Universitätsklinik Regensburg.<br />
Das menschliche Gehirn verdankt seine Leistungsfähigkeit einem<br />
höchst komplexen räumlichen Aufbau aus Nerven- und anderen Zellen.<br />
Damit sich diese Struktur im Embryo ausbilden kann, müssen<br />
238
239<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
die Vorläufer der Nervenzellen z. T. über weite Strecken durch das<br />
Gewebe wandern (Migration), ein Vorgang, der wie die gesamte<br />
Embryonalentwicklung von Genen gesteuert wird. Störungen der<br />
Nervenzellmigration führen zu anormalen Anordnungen von Nervenzellen<br />
im Gehirn, die sich – soweit sie nicht schon vor der Geburt<br />
tödlich wirken – in Form schwerer Krankheitsbilder äußern, u. a. als<br />
Epilepsie.<br />
Die Entstehung eines Typs solcher anormaler Anordnungen, der sog.<br />
Bandheterotopien, wurde kürzlich mit Mutationen in einem Gen namens<br />
doublecortin in Verbindung gebracht. Das Produkt dieses<br />
Gens, ein Protein namens DCX, ist ersten Befunden zufolge in den<br />
Zellen mit den Mikrotubuli assoziiert, diese Strukturen sind an Bewegungen<br />
der Zellen beteiligt. Wie DCX die Nevenzellmigration im<br />
einzelnen beeinflusst, ist jedoch nicht bekannt.<br />
Ziel des Projekts ist deshalb, die Rolle von DCX bei der Migration der<br />
Nervenzellvorläufer genauer zu untersuchen. Der Regensburger Arbeitsgruppe<br />
stehen zu diesem Zweck sowohl gentechnisch hergestellte,<br />
unveränderte als auch mutierte, beliebig manipulierbare Formen<br />
von doublecortin sowie mehrere Zellkultursysteme zur Verfügung.<br />
Die verschiedenen genetischen Konstrukte sollen zunächst in<br />
Nerven-Vorläuferzellen eingeschleust und zur Bildung ihrer jeweiligen<br />
normalen bzw. veränderten Produkte veranlasst werden; durch<br />
Beobachtung des Verhaltens der so veränderten Zellen in Zellkulturen<br />
und in Ratten, denen Sie implantiert werden, sollen dann folgende<br />
Fragen beantwortet werden:<br />
– Führt die völlige Ausschaltung von doublecortin zu Migrationsstörungen?<br />
– Führen die Mutationen von doublecortin, die man bei Patienten<br />
mit den fraglichen Krankheiten gefunden hat, zu Migrationsstörungen?<br />
– Beeinflussen die pathogenen Mutationen die Assoziation von<br />
DCX mit den Mikrotubuli?<br />
Für das Projekt „Stimulierung der α-Sekretase durch Hemmung der<br />
Cholesterin-Biosynthese – ein Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-<br />
Erkrankung?“ wurden Prof. F. Fahrenholz und Dr. E. Kojro, Institut<br />
für Biochemie, Universität Mainz, Fördermittel bewilligt.<br />
Die Alzheimer-Krankheit ist die häufige Nerven-Verfallskrankheit<br />
des höheren Lebensalters. Im Rahmen des Krankheitsgeschehens<br />
wird bei genetisch entsprechend disponierten Personen ein als Amyloid-Vorläuferprotein<br />
(APP) bezeichnetes Protein von Enzymen zum<br />
Amyloidprotein verarbeitet, das im Gehirn pathologische Ablagerungen<br />
(Plaques) bildet. Bei Gesunden entstehen dagegen aus APP andere,<br />
nichtpathogene Proteine. Schon länger ist bekannt, dass die<br />
Bildung von Amyloidprotein bei einem hohen Cholesteringehalt der<br />
Zellen verstärkt wird. Wie die Mainzer Arbeitsgruppe nachweisen<br />
konnte, steigt die Aktivität eines Enzyms, das die nichtpathogene<br />
α-Sekretase
APP<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 240<br />
Proteinverarbeitung begünstigt, wenn man die Zellen mit einem<br />
Cholesterin senkenden Wirkstoff (Statin) behandelt. Dieses Enzym,<br />
eine so genannte α-Sekretase, stellt damit einen wichtigen Ansatzpunkt<br />
dar, wenn man die Bildung des pathogenen Amyloidproteins<br />
verhindern oder zumindest verlangsamen will.<br />
Es soll daher an Zellkulturen sowie im Tiermodell untersucht werden,<br />
welcher Mechanismus die Aktivitätssteigerung der α-Sekretase<br />
bewirkt. Besonders naheliegend ist die Annahme, dass ein verminderter<br />
Cholesterinspiegel für eine verstärkte Expression des α-Sekretase-Gens<br />
ADAM 10 sorgt. Zur Überprüfung dieser Hypothese hat<br />
die Mainzer Arbeitsgruppe inzwischen den Promotor des Gens kloniert.<br />
Dr. S. Kins, ZMBH-Zentrum für Molekulare Biologie, Universität Heidelberg,<br />
erhält Förderungsmittel der <strong>Stiftung</strong> für die Charakterisierung<br />
der axonalen Sortierungssequenz von APP und Identifizierung<br />
der zugrunde liegenden molekularen Sortierungsmaschinerie.<br />
Im Verlauf der Alzheimer-Krankheit sammelt sich ein Protein namens<br />
Abeta im Gehirn an, und Nervenzellen werden zerstört. Abeta<br />
entsteht durch Spaltung aus einem Vorläuferprotein namens APP,<br />
das normalerweise in den Zellmembranen angesiedelt ist und dort<br />
eine physiologische Funktion erfüllt. Der Anteil des APP-Moleküls,<br />
der durch die Spaltung zu Abeta wird, dient vermutlich als Signal,<br />
das von den Molekültransportmechanismen im Inneren der Nervenzellen<br />
und insbesondere ihrer Fortsätze (Axone) erkannt wird und<br />
nach der Synthese des Proteins für dessen Transport an die richtige<br />
Stelle in den Zellen sorgt. Auch ein Protein namens PAT1, dessen<br />
Funktion bisher nicht näher bekannt ist, tritt mit dem gleichen Abschnitt<br />
von APP in Wechselwirkung. Vermutlich ist an den Wechselwirkungen<br />
aber nicht der gesamte Abeta-Abschnitt des APP-Moleküls<br />
beteiligt, sondern nur ein Teil davon.<br />
Dr. Kins will genauer untersuchen, welcher Abschnitt von APP für<br />
die Wechselwirkungen mit den zellulären Transportmechanismen<br />
notwendig ist und wie diese Transportmechanismen im einzelnen<br />
aussehen. Zu diesem Zweck sollen Nervenzellen in Gewebekultur<br />
mit gentechnischen Methoden zur Produktion von Proteinen veranlasst<br />
werden, deren Molekülkette zum Teil zu einem anderen, ebenfalls<br />
in den Nervenzellen transportierten und leicht nachweisbaren<br />
Protein entspricht, andererseits aber auch genau definierte Abschnitte<br />
aus der Abeta-Region von APP enthält. Dazu sollen jeweils<br />
andere Abschnitte der Abeta-Region benutzt werden, und dann soll<br />
jeweils mit zellbiologischen und immunologischen Verfahren überprüft<br />
werden, ob der Transport noch stattfindet und ob der betreffende<br />
Abschnitt demnach das Transportsignal beinhaltet.<br />
Im zweiten Teil des Projektes möchte Dr. Kins herausfinden, welche<br />
Funktion das Protein PAT1, das ebenfalls an die Abeta-Region von<br />
APP bindet, in den Zellen erfüllt. Zu diesem Zweck möchte er mit<br />
gentechnischen Methoden die Wechselwirkungen zwischen PAT1
241<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
und einzelnen Abschnitten der Abeta-Region von APP nachvollziehen<br />
und dann weitere Proteine identifizieren, die mit PAT1 in Wechselwirkung<br />
treten.<br />
In einem dritten Teilprojekt schließlich soll mit molekular- und zellbiologischen<br />
sowie immunologischen Methoden untersucht werden,<br />
an welchen Stellen in der Zelle sich PAT1 normalerweise befindet,<br />
um daraus Rückschlüsse auf seine physiologische Funktion zu ziehen.<br />
„Cerebral Amyloid Angiopathy: Genetics, Mechanism, and Significance“<br />
ist das Thema einer durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsarbeit<br />
von PD Dr. M. Jucker, Institut für Neuropathologie der<br />
Universität Basel.<br />
Bei alternden Menschen sind gelegentlich Amyloidablagerungen im<br />
zerebralen Gefäßsystem zu beobachten (nach der englischen Bezeichnung<br />
cerebral amyloid angiopathy auch kurz als CAA bezeichnet).<br />
CAA kommt besonders häufig bei der Alzheimerschen Erkrankung<br />
vor, und es besteht der Verdacht, dass diese an der Entstehung<br />
der alzheimerschen Demenz beteiligt sein könnte. Auch bei verschiedenen<br />
genetisch bedingten Erkrankungen kommt es gehäuft zu<br />
solchen Ablagerungen, deren Folge unter Umständen tödliche Hirnblutungen<br />
sein können.<br />
Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Tiermodellen sind die<br />
Fortschritte im Bereich der CAA-Forschung eher schleppend, in vergangenen<br />
Studien hat man sich weitgehend auf natürlich vorkommende<br />
CAA-Ablagerungen bei alternden Primaten und Hunden gestützt.<br />
Der Arbeitsgruppe von Dr. Jucker ist es gelungen, in Plaques<br />
und Gefäßen im Gehirn alternder transgener Mäuse, die das Amyloid-�-Vorläuferprotein<br />
exprimieren, Amyloid-Ablagerungen nachzuweisen.<br />
Diese ähneln denen bei alternden Menschen und Alzheimer-Patienten,<br />
auch bei ihnen beobachtet man die Degeneration von<br />
Nervenzellen sowie das Auftreten von Hirnblutungen im mikroskopischen<br />
Bereich. Kürzlich konnte die Arbeitsgruppe von Dr. Jucker<br />
zeigen, dass Hirnblutungen als seltene Nebenwirkung thrombolytischer<br />
Therapie durch CAA als Risikofaktor begünstigt werden können.<br />
Es gibt verschiedene autosomal dominante Formen von schwerer<br />
CAA, bei denen man die ursächliche Mutation kennt (HCHWA-D-<br />
Hereditary Cerebral Hemorrhage With Amyloidosis Dutch-Type,<br />
HCHWA-I-Hereditary Cerebral Hemorrhage With Amyloidosis Iceland-Type<br />
und die britische Form der familiären CAA – Familial British<br />
Dementia): In allen Fällen handelt es sich um Punktmutationen,<br />
die entweder das Amyloidvorläuferprotein A�PP (beziehungsweise<br />
im Falle der britischen Variante das „British-Amyloid-Vorläuferprotein“<br />
ABriPP) oder das Gen für Cystatin C betreffen. Dr. Jucker versucht<br />
transgene Tiere zu schaffen, in denen diese drei fehlerhaften<br />
Proteine exprimiert werden, um an ihnen der Frage nachzugehen,<br />
auf welche Weise die erwähnten Punktmutationen zur Entstehung<br />
CAA
Serotonintransporter<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 242<br />
von CAA, Härmorrhagien, zur Degeneration von Nervenzellen und<br />
schließlich zur Entwicklung einer Demenz führen. Ein erstes transgenes<br />
Mausmodell für HCHWA-D ist der Forschungsgruppe kürzlich<br />
gelungen und wird jetzt analysiert.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
Jucker, Mathias, et al.: Pathogenesis and mechanism of cerebral<br />
amyloidosis in APP transgenic mice. – In: Research and perspectives<br />
in Alzheimer’s diseases. Eds.: Konrad Beyreuther et al. Heidelberg<br />
<strong>2001</strong>. S. 87–95.<br />
Winkler, David T., et al.: Spontaneous hemorrhagic stroke in a<br />
mouse model of cerebral amyloid angiopathy. – In: The Journal of<br />
Neuroscience. 21(5). <strong>2001</strong>. S. 1619–1627.<br />
Winkler, David T., et al.: Thrombolysis induces cerebral hemorrhage<br />
in a mouse model cerebral amyloid angiopathy. – In: Annals<br />
of Neurology. 51. <strong>2002</strong>. S. 790–793.<br />
Für die konditionale Überexpression des Serotonin- und Noradrenalin-Transporters<br />
in Mäusen als molekulargenetisches Modell der Depression<br />
erhielten Prof. D. Bartsch, PD Dr. P. Gass und PD Dr. P.<br />
Schloss, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Fördermittel<br />
der <strong>Stiftung</strong>.<br />
In den Industrieländern sind bis zu 5 Prozent der Bevölkerung von einer<br />
schweren, bisweilen lebensbedrohlichen Depression betroffen,<br />
und etwa 15 Prozent leiden mindestens einmal im Leben vorübergehend<br />
daran. Eine Ursache ist ein Mangel des Neurotransmitters<br />
Serotonin im synaptischen Spalt, der Übergangsstelle, an der Nervensignale<br />
von einer Nervenzelle zur nächsten weitergeleitet werden.<br />
Dieser Mangel kann entstehen, wenn der physiologische Prozess<br />
der Serotonin-Wiederaufnahme, durch den das Serotonin nach<br />
erfolgter Impulsübermittlung in die vorgeschaltete Nervenzelle<br />
zurückkehrt, über sein Ziel hinausschießt. Medikamentenwirkstoffe,<br />
mit denen die Serotonin-Wiederaufnahme gehemmt wird, kann man<br />
deshalb erfolgreich zur Therapie schwerer Depressionen einsetzen.<br />
Verantwortlich für den Wiederaufnahmevorgang ist der humane<br />
Serotonintransporter (SERT), ein in die Zellmembran an der Synapse<br />
eingelagertes Protein. Auf welche Weise der Serotoninmangel an<br />
den Synapsen die Depressionen verursacht, ist jedoch weitgehend<br />
unklar.<br />
Zur Aufklärung der Mechanismen soll ein Tiermodell der Depression<br />
konstruiert werden: Zunächst sollen mit gentechnischen Methoden<br />
verschiedene Mausstämme und Zellkulturen hergestellt werden, bei<br />
denen das menschliche Gen für den SERT in allen Zellen vorhanden<br />
ist. In einem Mausstamm soll das SERT-Gen ständig übermäßig stark<br />
ausgeprägt werden, zwei andere und auch die Zellkulturen sollen so<br />
gestaltet sein, dass das SERT-Gen sich in zwei verschiedenen Typen<br />
von Gehirnzellen durch geeignete Manipulationen nach Belieben<br />
ein- und ausschalten lässt. Es wird erwartet, dass die übermäßig
243<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
große SERT-Menge zu einem Serotoninmangel an den Synapsen<br />
und damit zu depressionsartigen Symptomen führt, die mit verhaltensphysiologischen<br />
Methoden nachgewiesen werden sollen. Des<br />
weiteren sollen die Zellkulturen, bei denen das SERT-Gen eingeschaltet<br />
wurde, mit pharmakologischen Hemmstoffen für die Serotonin-Wiederaufnahme<br />
behandelt werden. Mit biochemischen und<br />
cytologischen Methoden soll dann genauer untersucht werden, wie<br />
der SERT sich biochemisch verhält, wie die Medikamente auf die<br />
Zellen wirken und wie der SERT sich innerhalb der Zelle verteilt. In<br />
einem letzten Teilprojekt soll mit molekularbiologischen Methoden<br />
der Einfluss der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer auf andere<br />
Gene der Gehirnzellen genauer untersucht werden, die bekanntermaßen<br />
ebenfalls auf diese Wirkstoffe ansprechen.<br />
Dr. G. Kempermann, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin<br />
(MDC), Berlin, erhielt Fördermittel für das Projekt „Molekulare<br />
Mechanismen der Wirkung von Antidepressiva auf neurale Stammzellen:<br />
pathogenetische Erklärungsansätze zur Depression“.<br />
Schätzungen zufolge verfällt allein in Deutschland jeder Fünfte mindestens<br />
einmal in seinem Leben in eine Depression. Kennzeichnend<br />
sind Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Kontaktarmut, Teilnahmslosigkeit<br />
etc. Man unterscheidet symptomatische Depression<br />
infolge organischer Erkrankungen (z. B. Hirntumor, Alkoholismus)<br />
und die endogene Depression ohne erkennbare äußere Ursache.<br />
Für die endogene Depression konnten Erbfaktoren als wesentliche<br />
Ursache nachgewiesen werden. Neurobiologische Befunde belegen,<br />
dass im Gehirn bestimmte biochemische Prozesse „entgleisen“. Aus<br />
der Beobachtung, dass antidepressiv wirkende Medikamente den<br />
Noradrenalin- und Serotonin-Spiegel anheben, schloss man zurück,<br />
dass ein Mangel an diesen Substanzen die Ursache für die Depression<br />
sein könnte.<br />
Dr. Kempermann will in seinem Projekt einer neuen, noch spekulativen<br />
Theorie nachgehen, die bestimmte Aspekte der Depression erklären<br />
könnte. Diese Theorie setzt am Hippocampus an, einem halbmondförmigen<br />
Bereich des Gehirns. Der Hippocampus gehört zum<br />
limbischen System, das von zentraler Bedeutung für Emotionen und<br />
Motivation ist, und trägt maßgeblich dazu bei, auf neuartige Reize<br />
und Erfahrungen zu reagieren, zielgerichtet Bewegungen auszuführen,<br />
neue Informationen in anderen Hirnareale zu speichern, dort<br />
gespeicherte Informationen wieder abzurufen und zu erkennen, welche<br />
Bedeutung ein Reiz für den Organismus hat. Damit er seine Funktion<br />
erfüllen kann, werden im Hippocampus eines Erwachsenen lebenslang<br />
neue Nervenzellen gebildet (adulte hippocampale Neurogenese).<br />
Diese Neubildung ist um so ausgeprägter, wie Dr. Kempermann<br />
in Vorarbeiten herausfinden konnte, je komplexer die Umwelt<br />
ist und je aktiver, auch körperlich aktiver er sein Leben gestaltet.<br />
Der neuen These zufolge sollen einige Schlüsselsymptome der Depression<br />
wie etwa die Antriebslosigkeit auf eine Fehlregulation bei<br />
Antidepressiva
Tief-Mittelton-<br />
Schwerhörigkeit<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 244<br />
der Neubildung der Nervenzellen im Hippocampus zurückzuführen<br />
sein. Gestützt wird diese These unter anderem durch die Tatsache,<br />
dass sich fast alle bekannten Behandlungsmethoden der Depression<br />
– von antidepressiv wirkenden Pharmaka über die Elektroschocktherapie<br />
bis hin zu körperlicher Aktivität – auch positiv auf die hippocampale<br />
Neurogenese auswirken. Damit beruht die antidepressive<br />
Wirkung von Pharmaka offensichtlich noch auf anderen Mechanismen,<br />
als bisher angenommen wurde. Dr. Kempermann geht von der<br />
Hypothese aus, dass die Medikamente auch in die Regulation von<br />
Genen eingreifen, die an der adulten hippocampalen Neurogenese<br />
beteiligt und damit unter Umständen auch für die Pathogenese der<br />
Depression interessant und relevant sind.<br />
Für die Positionsklonierung eines Kandidatengens für Tief-Mittelton-<br />
Schwerhörigkeit wurden PD Dr. J. Kunz, Zentrum für Humangenetik,<br />
Universität Marburg, Fördermittel bewilligt.<br />
Hörstörungen zählen zu den häufigsten angeborenen Sinnesdefekten<br />
des Menschen. Sie haben tiefgreifende Auswirkungen auf die<br />
Kommunikationsfähigkeit und damit auf das gesamte Leben der Betroffenen,<br />
insbesondere wenn sie zu einer Störung des Spracherwerbs<br />
führen. Ein erheblicher Teil der Defekte hat genetische Ursachen.<br />
Es wurden zahlreiche Mutationen beschrieben, die mit Hörstörungen<br />
verbunden sind. Das klinische Bild kann dabei je nach<br />
dem betroffenen Gen unterschiedlich ausfallen.<br />
Die Gruppe in Marburg arbeitet seit längerer Zeit mit einer Familie,<br />
in der eine seltene Form der Schwerhörigkeit für tiefe und mittlere<br />
Frequenzen auftritt, die einem autosomal-dominanten Erbgang folgt.<br />
Betroffene sind Personen aus drei Generationen. Der zugrunde liegende<br />
Gendefekt konnte von der Arbeitsgruppe in einer als<br />
DFNA6/DFNA14 bezeichneten Region auf dem kurzen Arm von<br />
Chromosom 4 lokalisiert werden.<br />
Im Rahmen des Human-Genomprojektes wurde die Feinstruktur dieser<br />
Chromosomenregion aufgeklärt. Neben insgesamt 37 Genen,<br />
viele davon mit bisher unbekannter Funktion, konnte das WFS1-Gen<br />
in diese Region kartiert werden. Kürzlich wurden Mutationen in diesem<br />
Gen entdeckt, die mit dem klinischen Bild einer Tief-Mittelton-<br />
Schwerhörigkeit einhergehen. Auch bei der in Marburg untersuchten<br />
Familie konnte eine Mutation in diesem Gen festgestellt werden.<br />
Neben der autosomal-dominanten Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit<br />
führen Mutationen die beide Allele des WFS1-Gens betreffend zum<br />
autosomal-rezessiven Wolfram-Syndrom. Diese Erkrankung ist auch<br />
unter dem Synonym DIDMOAD bekannt, das für eine genetische<br />
Störung mit Diabetes insipidus, Diabetes mellitus, Optikusatrophie<br />
und Deafness (Schwerhörigkeit) steht.<br />
Das WFS1-Protein ist wahrscheinlich ein Transmembranprotein. Innerhalb<br />
der Zelle ist das Protein in einem Zellorganell, dem Endoplasmatischen<br />
Reticulum (ER), lokalisiert. Es wird auf Grund der Lo-
245<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
kalisation im ER vermutet, dass das WFS1-Protein möglicherweise<br />
am Membrantransport, an der Veränderung von Proteinen bzw. an<br />
der Regulation der Kalzium-Konzentration im ER verantwortlich sein<br />
könnte. Neueste Ergebnisse konnten eine Genexpression von WFS1<br />
im Bereich des Innenohrs von Mäusen nachweisen. Insbesondere<br />
wurde hierbei eine Lokalisation in der Spitze der Hörschnecke<br />
(Cochlea) festgestellt. Diese Region der Cochlea ist für die Wahrnehmung<br />
tiefer Frequenzen während des Hörens verantwortlich. Die Arbeitsgruppe<br />
in Marburg möchte in den weiteren Untersuchungen die<br />
physiologischen Aufgaben des WFS1-Proteins analysieren, um auf<br />
diesem Wege ein besseres Verständnis seiner Funktion im Innenohr<br />
zu erhalten.<br />
Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />
Brodwolf, S., et al.: Further evidence for linkage of low mid frequency<br />
hearing impairment to the candidate region on chromosome<br />
4p16.3. – In: Clin.Genet. 60. <strong>2001</strong>. S. 155–160.<br />
„Connexin-assoziierte Hörstörungen – molekulare Pathogenese und<br />
Funktionsaufklärung der Pathomechanismen“ ist das Thema eines<br />
mit Mitteln der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />
von Prof. H.-A. Kolb, Institut für Biophysik, Universität Hannover,<br />
Prof. A. Ernst, HNO-Klinikum Berlin, und Dr. H. Bürger, Institut<br />
für Humangenetik, Humboldt-Universität Berlin.<br />
Schwerhörigkeit im Kindesalter führt zu sozialer Isolation und verzögerter<br />
Entwicklung. Nichtsyndromale (d. h. nicht mit einem umfassenden<br />
Krankheitsbild gekoppelte) Hörstörungen haben in vielen<br />
Fällen genetische Ursachen. Man kennt eine ganze Reihe von Genveränderungen,<br />
die mit diesen Störungen in Verbindung stehen. Betroffen<br />
ist insbesondere ein Gen namens GJB2, das den Bauplan für<br />
Connexin darstellt, ein Protein, das Verbindungen zwischen Zellen<br />
herstellt und in den so genannten Stützzellen des Gehörorgans für<br />
die Reizweiterleitung eine große Rolle spielt. Die häufigste Mutation<br />
von GJB2 trägt die Bezeichnung 35delG. Wie sie sich im einzelnen<br />
auf die Funktion des Connexins auswirkt, ist jedoch bisher nicht bekannt.<br />
Ebenso wenig weiß man, ob unterschiedliche Mutationen von<br />
GJB2 auch mit Unterschieden in der Ausprägung der Hörstörung assoziiert<br />
sind.<br />
Die Funktionsstörungen des Connexins bei verschiedenen Mutationen<br />
von GJB2 sollen daher genauer untersucht werden. Dabei soll<br />
zunächst bei 183 Patienten mit Hörstörungen eine genaue DNA-<br />
Analyse des Gens GJB2 mit molekularbiologischen Methoden durchgeführt<br />
werden. Aus den Daten soll dann jeweils die genaue chemische<br />
Struktur des Connexins abgeleitet werden.<br />
Im zweiten Teil des Projekts sollen mit gentechnischen Methoden interessant<br />
erscheinende DNA-Veränderungen im DNA-Molekül vorgenommen<br />
und an der so konstruierten DNA die zugehörige mRNA<br />
hergestellt werden, aus der dann in isolierten Eizellen des Frosches<br />
Connexinassoziierte<br />
Hörstörungen
Hyperekplexie<br />
Myoklonus-<br />
Dystonie<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 246<br />
Xenopus laevis das zugehörige Protein gebildet werden kann. An<br />
diesen Zellen soll anschließend mit biophysikalischen und zellbiologischen<br />
Verfahren die elektrische Reizleitung untersucht werden.<br />
Insbesondere geht es um die Frage, ob durch ein verändertes Connexin<br />
die Weiterleitung elektrischer Reize von Zelle zu Zelle verändert<br />
wird. Außerdem soll geklärt werden, ob das veränderte Connexin<br />
auch Anomalien bei Regulationsvorgängen im Zellinneren hervorruft.<br />
PD Dr. H. Weiher, Abteilung Biochemie und Molekularbiologie, Institut<br />
für Diabetesforschung, München, und Prof. D. Swandulla, Institut<br />
für Physiologie II, Universität Bonn, erhielten für das Forschungsvorhaben<br />
„Vererbte Hyperekplexie: Studium der Pathogenese<br />
menschlicher Glycinrezeptorkomplexe in transgenen Mäusen“<br />
Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Bei der vererbten Hyperekplexie, auch geläufig unter der Bezeichnung<br />
stiff baby syndrome oder Startle-Syndrom, handelt es sich um<br />
eine seltene, monogen verursachte neuromotorische Erkrankung.<br />
Die Patienten leiden unter Bewegungsstörungen, Krämpfen und einer<br />
ausgeprägten Neigung zu Muskelspasmen, das EMG-Muster<br />
weist deutliche Veränderungen auf. Ausgelöst wird diese Krankheit<br />
z. B. durch Mutationen in einem Neurotransmitter-Rezeptor, einem<br />
wichtigen Vermittler bei der synaptischen Signalübertragung. Solche<br />
Rezeptoren befinden sich unter anderem jenseits des synaptischen<br />
Spalts auf der Oberfläche von Nervenzellen: Eine elektrisch<br />
erregte Nervenzelle schüttet über ihre Synapse ihren Botenstoff in<br />
den synaptischen Spalt, dieser wird von den Rezeptoren auf der gegenüberliegenden<br />
Zelle gebunden, und je nachdem, ob es sich um<br />
einen inhibitorischen oder einen exitatorischen Rezeptor handelt,<br />
werden in dieser Zelle entsprechende Veränderungen ausgelöst. Ist<br />
dieser Signalübertragungsweg unterbrochen oder in seiner Wirksamkeit<br />
verringert, kann der Impuls zwangsläufig nicht oder nicht<br />
mehr so effizient weitergeleitet werden. Im Falle der Hyperekplexie<br />
ist die Inhibition von Motoneuronen gestört, hierfür kann beispielsweise<br />
der inhibitorische Glycerinrezeptor verantwortlich sein. Durch<br />
die permanente Erregung verharrt die Muskelzelle im kontrahierten<br />
Zustand, dies erklärt die in solchen Fällen beobachteten Spasmen.<br />
Über das Projekt wurde zuletzt im <strong>Jahresbericht</strong> 2000/<strong>2001</strong> (S. 216 ff.)<br />
ausführlich berichtet.<br />
Für klinische und molekulargenetische Untersuchungen zur Myoklonus-Dystonie<br />
erhielten PD Dr. C. Klein, Prof. P. Vieregge, Dr. B. Kis,<br />
Klinik für Neurologie, und PD Dr. C. Zühlke, Institut für Humangenetik,<br />
Medizinische Universität Lübeck, eine Sachbeihilfe.<br />
Die Myoklonus-Dystonie (M-D) ist ein Syndrom aus schnellen Muskelzuckungen<br />
(Myoklonus) und anhaltenden drehenden und schraubenden<br />
Bewegungen, aus denen abnorme Körperhaltungen resultieren<br />
(Dystonie). Die Erkrankung beginnt typischerweise im Kindesoder<br />
frühen Erwachsenenalter, und die Symptome bessern sich er-
247<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
heblich unter Alkoholeinfluss. Neben den motorischen Störungen<br />
finden sich bei zahlreichen M-D-Patienten auch psychiatrische Auffälligkeiten.<br />
Der Erbgang ist autosomal-dominant mit herabgesetzter<br />
Penetranz, d. h. nicht jeder Mutationsträger ist auch erkrankt.<br />
Molekulargenetische Untersuchungen der M-D zeigten, dass Mutationen<br />
in drei unterschiedlichen Genen eine M-D verursachen können.<br />
Zunächst ergab die von Dr. Klein durchgeführte Sequenzanalyse<br />
des D2-Dopaminrezeptor-(DRD-2)-Gens bei einer M-D-Familie<br />
eine Mutation in einem wichtigen Bereich des Proteins. Der DRD2-<br />
Rezeptor stellt ein exzellentes Kandidaten-Gen für die M-D dar, da<br />
er nicht nur wichtige Aufgaben bei der Bewegungskontrolle hat, sondern<br />
möglicherweise auch eine Rolle bei der Alkoholabhängigkeit<br />
und bestimmten psychiatrischen Störungen spielt. Anschließende<br />
Mutations- und Kopplungsanalysen des DRD2-Gens an weiteren<br />
neun der Arbeitsgruppe zur Verfügung stehenden M-D-Familien<br />
waren dagegen negativ, was für eine genetische Heterogenität bei<br />
der M-D spricht. Dementsprechend wurde unter Mitbeteiligung der<br />
Arbeitsgruppe Klein ein weiterer Genort bei einer Familie auf Chromosom<br />
7q beschrieben und diese Region anschließend näher eingegrenzt.<br />
Weitere Kopplungsstudien von verschiedenen anderen Arbeitsgruppen<br />
bestätigten, dass diese Region den Haupt-Genort für<br />
die M-D darstellt. Kürzlich wurde das e-Sarcoglycan-(SGCE)-Gen in<br />
dieser Region bei sechs M-D-Familien als das krankheitsverursachende<br />
Gen identifiziert. Schließlich wurde unter Mitarbeit der Arbeitsgruppe<br />
Klein bei einer weiteren Familie mit dem klinischen Bild<br />
einer M-D eine neue Mutation im DYT1-Gen beschrieben, das gewöhnlich<br />
mit einer Torsionsdystonie von frühem Beginn assoziiert<br />
ist.<br />
Neben den rein genetischen Untersuchungen hat sich die Arbeitsgruppe<br />
Klein in Zusammenarbeit mit amerikanischen Kollegen mit<br />
der genaueren Charakterisierung der psychiatrischen Auffälligkeiten<br />
bei der M-D befasst. Mit Hilfe von vergleichenden Untersuchungen<br />
des klinischen (neuropsychologischen und psychiatrischen) Erscheinungsbildes<br />
und der entdeckten genetischen Veränderung<br />
(Phänotyp-Genotyp-Vergleich) wurden Zwangserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen,<br />
bipolare affektive Störungen sowie Alkoholabhängigkeit<br />
als wahrscheinlicher Teil des Krankheitsspektrums<br />
der M-D identifiziert.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
Saunders-Pullman, R., et al.: Myoclonus dystonia. Possible association<br />
with obsessive-compulsive disorder and alcohol dependence.<br />
– In: Neurology. 58. <strong>2002</strong>. S. 242–245.<br />
Doheny, D., et al.: Clinical findings of a myoclonus-dystonia family<br />
with two distinct mutations. – In: Neurology. (Im Druck)<br />
Klein, Christine: Myoclonus and myoclonus-dystonias. – In: Genetics<br />
of movement disorders. Ed.: S.M.Pulst. (Im Druck)
Ataxie<br />
Muskelatropie<br />
Typ Kennedy<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 248<br />
Für die Charakterisierung induzierbarer transgener Mäuse für die<br />
spinozerebelläre Ataxie Typ 3 erhielt Prof. O. Rieß, Abteilung Medizinische<br />
Genetik, Universität Tübingen, Fördermittel.<br />
Eine ständig wachsende Anzahl erblicher neurodegenerativer Erkrankungen<br />
wird durch die Expansion eines CAG-Trinukleotidrepeats<br />
in der kodierenden Region von bestimmten Genen hervorgerufen.<br />
Diese CAG-Einheiten werden im Protein in eine Polyglutaminkette<br />
überschrieben, so dass man diese Erkrankungsgruppe auch Polyglutaminerkrankungen<br />
nennt. Die normale Funktion der meisten<br />
betroffenen Gene, als auch der pathogene Prozess, der dem selektiven<br />
Nervenzelltod zugrunde liegt, sind bisher nicht bekannt. Fest<br />
steht jedoch, dass es bei den Patienten zu einer Aggregation der normalerweise<br />
zytoplasmatisch vorliegenden betroffenen Proteine in<br />
den Zellkernen neuronaler Zellen kommt (nukleäre Einschlusskörperchen).<br />
Zu den Polyglutaminerkrankungen gehört die spinozerebelläre Ataxie<br />
Typ 3 (SCA3). Die Erkrankung wird autosomal dominant vererbt,<br />
d. h. 50 Prozent der Nachkommen von Patienten werden wiederum<br />
erkranken. Klinisch ist die SCA3 durch eine fortschreitende Gangunsicherheit,<br />
Sprach- und Schluckstörungen, Augenbewegungsstörungen<br />
und zahlreiche weitere neurologische Symptome gekennzeichnet.<br />
Die Erkrankung manifestiert sich meist zwischen dem 30. und<br />
40. Lebensjahr, verläuft progredient und führt schließlich zum Tode<br />
der Patienten. Eine Heilung bzw. Medikamente zur Verlangsamung<br />
des Krankheitsprozesses gibt es bisher nicht. Um die Pathogenese<br />
der SCA3 besser analysieren zu können und um potentielle Therapien<br />
in Zukunft anhand eines Tiermodells testen zu können (natürliche<br />
Tiermodelle für diese Erkrankung gibt es nicht) werden im Rahmen<br />
der Förderung durch die <strong>Stiftung</strong> transgene Tiere für SCA3 generiert<br />
und charakterisiert.<br />
„A Drosophila model for the molecular characterization of the syndrome<br />
of spinal bulbar muscular atrophy (Kennedy’s disease)“ ist das<br />
Thema eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />
von Prof. A. Cato, Institut für Toxikologie und Genetik, Forschungszentrum<br />
Karlsruhe GmbH.<br />
Die bulbospinale Muskelatrophie (spinal and bulbar muscular atrophy,<br />
SBMA),auch Muskelatrophie Typ Kennedy genannt, ist eine im<br />
3. bis 5. Lebensjahrzehnt auftretende, erbliche Erkrankung der motorischen<br />
Nervenzellen, die mit Muskelschwäche, Unfruchtbarkeit<br />
und anderen Symptomen einhergeht. Das Gen, dessen Defekt die<br />
Krankheit verursacht, liegt auf dem X-Chromosom; betroffen sind<br />
deshalb fast ausschließlich Männer, da sie den Defekt nicht durch ein<br />
zweites, intaktes X-Chromosom kompensieren können. Bei dem<br />
Gendefekt selbst handelt es sich um einen längeren DNA-Abschnitt,<br />
in dem sich die drei Nukleotide CAG vielfach wiederholen: bei normalen<br />
Personen findet man rund 20 CAG-Einheiten, bei Patienten<br />
mit SBMA mehr als dreimal so viele. Ähnliche Phänomene kennt
249<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
man auch von anderen neurodegenerativen Leiden, so u. a. von der<br />
Huntington-Krankheit. Wie die CAG-Wiederholungen die SBMA<br />
entstehen lassen, konnte man bisher mangels geeigneter Tiermodelle<br />
kaum untersuchen.<br />
Prof. Cato hat das defekte Gen mit gentechnischen Methoden in<br />
Taufliegen (Drosophila) eingeschleust, die nun dazu genutzt werden<br />
sollen, den Entstehungsmechanismus der SBMA genauer zu untersuchen.<br />
Mit molekularbiologischen und biochemischen Verfahren<br />
sollen dabei folgende Fragen beantwortet werden:<br />
– Spielt es für die Entstehung der SBMA eine Rolle, wo ARQ77, das<br />
von dem eingeschleusten Gen codierte Protein, sich in den Nervenzellen<br />
befindet?<br />
– Aktiviert der von dem langen CAG-Abschnitt codierte Proteinbereich<br />
möglicherweise proteinspaltende Enzyme, und spielt dies<br />
dann für die Krankheitsentstehung eine Rolle?<br />
– Zieht der von dem langen CAG-Abschnitt kodierte Proteinbereich<br />
ein Protein namens CRB an, das normalerweise an der Genregulation<br />
in den Zellen mitwirkt und hier möglicherweise gehemmt<br />
wird, so dass allgemeine Störungen der Genausprägung auftreten?<br />
(Befunde, die dies vermuten lassen, gibt es bei der Huntington-Krankheit.)<br />
– Woran liegt es, dass das durch den langen CAG-Abschnitt veränderte<br />
Protein seine anormale Wirkung nur in Nervenzellen eines<br />
ganz bestimmten Typs entfaltet?<br />
PD Dr. H. Lochmüller und Dr. A. Abicht, Genzentrum, Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München, wurden für das Projekt „Gestörte Erregungsübertragung<br />
an der neuromuskulären Synapse: Genetische<br />
und funktionelle Charakterisierung kongenitaler myasthener Syndrome<br />
(CMS)“ Fördermittel bewilligt.<br />
Die kongenitalen myasthenen Syndrome (CMS) sind eine heterogene<br />
Gruppe angeborener, genetisch bedingter Muskelkrankheiten.<br />
Die Symptome sind sehr unterschiedlich: Das Spektrum reicht von<br />
geringfügig erhöhter Ermüdbarkeit bis zu einer Schwächung der<br />
Atemmuskulatur, die zum Tod führen kann. Ursache sind Defekte an<br />
den Nerv-Muskel-Endplatten, den Synapsen, die Nervensignale von<br />
den Nervenzellen auf die Muskeln übertragen. Diese Defekte werden<br />
ihrerseits durch Mutationen in Genen verursacht, deren Proteinprodukte<br />
an der beschriebenen Signalübertragung mitwirken. Betroffen<br />
sind verschiedene Gene, und in diesen wiederum liegen unterschiedliche<br />
Mutationen vor. Dr. Abicht und Dr. Lochmüller haben<br />
in Familien mit CMS bereits mehrere Mutationen identifiziert, die<br />
mit der Krankheit in Verbindung stehen.<br />
Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, die bereits identifizierten Mutationen<br />
genauer zu untersuchen und weitere genetische Defekte zu<br />
CMS
Inclusion-Body-<br />
Myositis<br />
finden und zu analysieren, die zu Störungen der Signalübertragung<br />
an der Nerv-Muskel-Endplatte und damit zum CMS führen.<br />
Zunächst sollen alle Patienten mit humangenetischen und molekularbiologischen<br />
Methoden auf Mutationen in den bereits bekannten<br />
CMS verursachenden Genen untersucht werden. Darüber hinaus<br />
sollen weitere, bisher unbekannte Gene identifiziert werden, deren<br />
Mutationen ebenfalls CMS hervorrufen können. Die Analyse soll<br />
sich dabei auf Gene konzentrieren, deren Proteinprodukte ihre Aufgaben<br />
bekanntermaßen in der Nerv-Muskel-Endplatte erfüllen und<br />
die demnach als Krankheitsursache in Frage kommen. An den so gefundenen,<br />
veränderten Genen sollen durch gentechnische und zellbiologische<br />
Charakterisierung Aufschlüsse über die Funktionsstörungen<br />
gewonnen werden. Weiterhin soll mit molekularbiologischen<br />
Methoden untersucht werden, wie die Aktivität der fraglichen<br />
Gene reguliert wird.<br />
Im Berichtszeitraum wurden publiziert:<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 250<br />
Abicht, Angela, et al.: A newly identified chromosomal microdeletion<br />
and a N-box mutation of the AChRε gene cause a congenital<br />
myasthenic syndrome. In: Brain. 125. <strong>2002</strong>. S. 1005–1013.<br />
Karcagi, V., et al.: Congenital myasthenic syndrome in South-<br />
Eastern European Roma (gypsies). – In: Acta Myologica. 20. <strong>2001</strong>.<br />
S. 231–238.<br />
Ohno, Kinji, et al.: A modified alignment of human and rodent 5’<br />
untranslated sequences of the acetylcholine receptor epsilon subunit<br />
gene reveals additional regions of high homology. – In: Neuromuscular<br />
Disorders. 10. 2000. S. 213/214.<br />
Dr. S. Hinderlich, Institut für Molekularbiologie und Biochemie, Freie<br />
Universität Berlin, und Prof. S. Mitrani-Rosenbaum, Hadassah University<br />
Hospital, University Jerusalem, erhielten Fördermittel für das<br />
Projekt „Mechanism of pathogenesis of UDP-N-acetylglucosamine 2epimerase/N-acetylmannosamine-kinase<br />
in Hereditary Inclusion<br />
body Myopathy“.<br />
Die Inclusion-Body-Myositis (IBM) ist eine außergewöhnliche Form<br />
einer entzündlichen Muskelerkrankung von Erwachsenen, die bevorzugt<br />
den Musculus quadriceps des Oberschenkels befällt. Die autosomal<br />
rezessiv vererbte Inclusion-Body-Myopathie (HIBM) setzt<br />
zwar ebenfalls erst im Erwachsenenalter ein, unterscheidet sich aber<br />
dadurch, dass keine Entzündung, sondern eine langsam fortschreitende<br />
Muskelschwäche auftritt und als zusätzliches besonderes Charakteristikum<br />
der Oberschenkelmuskel verschont bleibt. Beide Formen<br />
verdanken ihren Namen der Tatsache, dass man im Kern oder<br />
im Cytoplasma der Muskelzellen entsprechender Patienten Einschlusskörperchen<br />
findet, die aus tubulären Filamenten bestehen.<br />
An der HIBM erkrankt jeweils einer von 1500 iranischen Juden; damit<br />
ist sie die häufigste erblich bedingte, langsam fortschreitende
251<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
Muskelerkrankung, die mit einer bestimmten Volksgruppe assoziiert<br />
ist.<br />
Wie es zu dieser progressiven Muskelschwäche kommt, soll mit Hilfe<br />
molekularbiologischer Methoden erforscht werden. Ausgangspunkt<br />
ist dabei das Gen für das Enzym UDP-N-acetylglucosamin-2-epimerase/N-acetylmannosamin-kinase<br />
(GNE). Wie bisher gezeigt werden<br />
konnte, ist eine einzige Missensmutation in diesem Gen für die Ausprägung<br />
dieser autosomal rezessiven Erbkrankheit verantwortlich.<br />
Bei allen betroffenen iranischen Juden und anderen jüdischen Patienten<br />
des Mittleren Ostens, die untersucht wurden, wurde diese Mutation<br />
gefunden. Dieser Umstand bestätigt die Vermutung, dass die<br />
Krankheit von Juden des Mittleren Ostens ausgegangen ist. Mittlerweile<br />
findet man dieselbe Form der HIBM mit der Aussparung des<br />
Quadriceps jedoch auch bei Familien in anderen Teilen der Welt,<br />
wobei das Gen dann unterschiedliche Missensmutationen enthält.<br />
Daher scheint die Krankheit geographisch wohl viel weiter verbreitet<br />
zu sein, als bisher angenommen wurde.<br />
Im Projekt soll geklärt werden, wie der Gendefekt die Krankheit auslöst.<br />
Bisher weiß man nur, dass die GNE das Schlüsselenzym in der<br />
Biosynthese der Sialinsäure ist. Die Sialinsäure ist ein Zuckermolekül,<br />
das sehr häufig auf der Oberfläche eukaryotischer Zellen vorkommt<br />
und für eine Reihe biologischer Prozesse wie etwa die neurologische<br />
Plastizität, das Lernen und das Gedächtnis entscheidend ist.<br />
Daher liegt es nahe, davon auszugehen, dass GNE-Mutationen die<br />
Bindung der Sialinsäurereste an biologische Strukturen beeinträchtigen<br />
und auf diese Weise damit zusammenhängende Funktionen unterbinden.<br />
Für Untersuchungen zur molekularen Pathogenese erblicher Erkrankungen<br />
des Darmnervensystems am Modell Sox10- und Sox-8-defizienter<br />
Mäuse erhält Prof. M. Wegner, Institut für Biochemie, Universität<br />
Erlangen-Nürnberg, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Das komplex aufgebaute Nervensystem des Darms gehört zum vegetativen<br />
Nervensystem. Es ist aufgrund eigener vollständiger Reflexbögen<br />
vom Zentralnervensystem funktionell unabhängig und beeinflusst<br />
sowohl die Motilität, als auch die Sekretion des Darms. Das<br />
Zentralnervensystem greift dabei lediglich modulierend ein.<br />
Erbliche gastrointestinale Motilitätsstörungen beruhen häufig auf<br />
Entwicklungs- und Funktionsstörungen im Nervensystem des<br />
Darms, das vollständig aus den Zellen der Neuralleiste hervorgeht.<br />
Der distale Abschnitt des Colons ist besonders häufig von Störungen<br />
des enterischen Nervensystems betroffen. Fehlen dort von Geburt an<br />
die Ganglienzellen (angeborene Aganglionose), so entwickelt sich<br />
die sogenannte Hirschsprung-Krankheit. Dabei bleibt das Colon<br />
über einen unterschiedlich langen Bereich enggestellt und zeigt<br />
keinerlei peristaltische Bewegungen. Der Darminhalt sammelt sich<br />
vor diesem scheinbaren Verschluss (Pseudoobstruktion) an und<br />
dehnt an dieser Stelle den Darm zu einem Megacolon aus. Das kann<br />
Hirschsprungkrankheit
T-Zell-<br />
Selektion<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 252<br />
lebensbedrohliche Sekundärkomplikationen wie eine Enterokolitis<br />
oder eine Bauchfellentzündung zur Folge haben.<br />
Projektziel ist, besser zu verstehen, welche Bedeutung die Transkriptionsfaktoren<br />
Sox10 und Sox8 im Mausmodell für die Entwicklung<br />
des enterischen Nervensystems haben. Sox10 ist offensichtlich<br />
für die Entwicklung des enterischen Nervensystems essentiell. Fehlen<br />
bei der Maus beide Sox10-Allele, so kann sich im Darm überhaupt<br />
kein Nervensystem ausbilden. Sind die Tiere dagegen heterozygot<br />
in bezug auf Sox10, so bilden bis zu 30 Prozent von ihnen ein<br />
Megacolon aus. In vielen Fällen wie etwa bei der Hirschsprung-<br />
Krankheit fehlt dann das Darmnervensystem ganz oder ist unterentwickelt,<br />
während man in anderen Fällen trotz Megacolons im Nervensystem<br />
des Darms keine morphologischen Veränderungen erkennen<br />
kann. Beim Menschen findet man in Übereinstimmung mit<br />
diesen Befunden bei Patienten, die an Morbus Hirschsprung erkrankt<br />
sind, oder solchen, die eine Pseudoobstruktion ohne Aganglionose<br />
zeigen, ebenfalls heterozygote Sox10-Mutationen.<br />
Die Bedeutung von Adhäsionsmolekülen bei intrathymischen Selektionsabläufen<br />
im Rahmen monogener und polygener Erkrankungen<br />
des Immunsystems ist Gegenstand eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />
Forschungsvorhabens von Prof. K. Scharffetter-Kochanek,<br />
Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie,<br />
Ulm.<br />
Die T-Zellen, eine der wichtigsten Zellpopulationen des Immunsystems,<br />
entstehen im Thymus. Dort findet eine strenge Selektion der<br />
neu gebildeten T-Zellen statt, und nur solche, die körperfremde Substanzen<br />
angreifen, körpereigene aber unversehrt lassen, gelangen<br />
ins Blut. Störungen dieser „intrathymischen Selektion“ können zu<br />
Erkrankungen des Immunsystems (z. B. Autoimmunerkrankungen)<br />
führen. Entscheidenden Einfluss auf den Selektionsprozess haben<br />
spezielle Oberflächenproteine der T-Zellen, insbesondere zwei Adhäsionsmolekülarten<br />
mit den Bezeichnungen CD11 und CD18. Mutationen<br />
in den Genen, die den Bauplan für diese Proteine enthalten,<br />
sollten deshalb zu Beeinträchtigungen bei der T-Zell-Selektion<br />
führen. Prof. Scharffetter-Kochanek konnte mit gentechnischen Methoden<br />
zwei Mausstämme herstellen, bei denen das CD18-Gen verändert<br />
ist. In einem davon hat das Gen noch eine Restaktivität von 10<br />
Prozent, im anderen ist es völlig inaktiv. Der erste Stamm zeigt<br />
Symptome, die einer Psoriasis (Schuppenflechte, einer bekannten<br />
Autoimmunkrankheit) ähneln, die Symptome des anderen ähneln<br />
denen der Blutkrankheit Leukozyten-Adhäsionsdefizienz-Syndrom<br />
Typ 1 (LAD1). Die beiden Stämme zeigen also bei einem unterschiedlichen<br />
Grad der genetischen Veränderung unterschiedliche<br />
Krankheitsbilder.<br />
Im Rahmen des Projekts sollen die Auswirkungen des fehlerhaften<br />
CD18-Gens auf die Reifung der T-Zellen genauer untersucht werden.<br />
Zu diesem Zweck sollen die beiden genannten Mauslinien
253<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
zunächst mit einem weiteren Stamm gekreuzt werden, der auf Grund<br />
gentechnischer Manipulationen genau definierte T-Zellen erzeugt.<br />
An den so entstandenen, doppelt mutierten Mäusen mit genau bekannter<br />
genetischer Konstitution sollen dann mit immunologischen<br />
und molekularbiologischen Methoden folgende Fragen beantwortet<br />
werden:<br />
– Wie verändert sich das Erscheinungsbild der T-Zellen durch die<br />
Mutationen des CD18-Gens?<br />
– Wie unterscheiden sich die immunologischen Funktionen der so<br />
entstandenen T-Zellen vom Normalzustand?<br />
– Welche Zelltypen sind für die fehlerhafte T-Zell-Selektion im<br />
Thymus verantwortlich?<br />
Das „Wiskott-Aldrich-Syndrom-Protein – Molekulare Analyse und<br />
funktionelle Implikationen für die zelluläre Migration“ ist Gegenstand<br />
eines Forschungsprojekts von Prof. Ch. Klein, Sektion Experimentelle<br />
Hämatologie/Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover.<br />
Das Wiskott Aldrich Syndrom ist ein X-chromosomal vererbter Immundefekt,<br />
der sich durch rezidivierende Infektionen, ein Ekzem sowie<br />
durch eine Blutungsneigung mit Thrombozytopenie manifestiert.<br />
Der komplexe Phänotyp wird verursacht durch Mutationen in einem<br />
Gen (WASP – Wiskott Aldrich Syndrom Protein), welches in allen<br />
Zellen des hämatopoetischen Systems exprimiert wird und eine Kontrollfunktion<br />
bei der Regulation des Aktin Zytoskeletts ausübt. In T-<br />
Zellen spielt WASP eine zentrale Rolle bei der Übertragung eines aktivierenden<br />
Signals über den antigenspezifischen T-Zell-Rezeptor.<br />
Die Funktion von WASP in anderen Zellen des hämatopoetischen Systems<br />
ist weniger gut untersucht.<br />
Die Arbeitsgruppe von Prof. Klein konnte anhand einer WASP-<br />
Knockout-Maus verschiedene Aspekte der WASP-Funktion beleuchten.<br />
Zum einen konnte gezeigt werden, dass WASP für die zelluläre<br />
Migration von T Zellen und dendritischen Zellen von Bedeutung ist.<br />
Darüber hinaus konnte Prof. Klein in kompetitiven Repopulationsexperimenten<br />
zeigen, dass WASP-exprimierende Zellen gegenüber<br />
WASP-negativen Zellen einen selektiven Vorteil haben. Diese Ergebnisse<br />
haben grosse Bedeutung für die Entwicklung gentherapeutischer<br />
Strategien.<br />
Prof. T. Möröy, Institut für Zellbiologie – IFZ, Universitätsklinikum<br />
Essen, wurden für das Projekt „Genetische Prädisposition und Modifikation<br />
der Autoimmunerkrankung Systemischer Lupus erythematodes“<br />
Fördermittel bewilligt.<br />
Der Systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine schwere Erkrankung,<br />
die mit einer Reihe verschiedener Organschäden einhergeht.<br />
Insbesondere kommt es häufig zum terminalen Nierenversagen.<br />
Wiskott-<br />
Aldrich-<br />
Syndrom<br />
Systemischer<br />
Lupus<br />
erythematodes
Fanconi-<br />
Anämie<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 254<br />
Es handelt sich um eine Autoimmunkrankheit: Das Immunsystem<br />
greift fälschlicherweise körpereigene Strukturen an, beim SLE insbesondere<br />
Strukturen der Zellkerne einschließlich der DNA. Der Entstehungsmechanismus<br />
ist nicht im einzelnen geklärt. Bekannt ist<br />
aber, dass die Betroffenen häufig anormal geringe Mengen an<br />
DNase 1 aufweisen, eines Enzyms, das nicht mehr benötigte DNA<br />
(insbesondere solche aus abgestorbenen Zellen, aber auch aus eingedrungenen<br />
Bakterien und Viren) im Organismus abbaut. Außerdem<br />
geht man aufgrund der vorliegenden Befunde allgemein davon<br />
aus, dass bestimmte genetische Faktoren über Schweregrad und<br />
Verlauf bestimmen. Darüber hinaus wurde wiederholt die Vermutung<br />
geäußert, dass Bakterieninfektionen ebenfalls zum Ausbruch<br />
der Krankheit beitragen könnten.<br />
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, über diese genetischen Faktoren<br />
genaue Aufschlüsse zu gewinnen. Prof. Möröy stehen verschiedene<br />
gentechnisch veränderte Mausstämme zur Verfügung, in denen<br />
jeweils ein in Frage kommendes Gen verändert ist. Er hat selbst<br />
einen Mausstamm hergestellt, der DNase 1 in zu geringer Menge<br />
produziert. Mäuse aus diesem Stamm bekommen schon in sehr geringem<br />
Alter eine dem SLE vergleichbare Krankheit. In diese Tiere<br />
sollen mit genetischen Methoden neue Kombinationen weiterer Faktoren<br />
eingebracht und jeweils untersucht werden, wie sich die genetischen<br />
Veränderungen auf die Immunantwort und die Entstehung<br />
der Krankheit auswirken.<br />
Für Untersuchungen zum molekularen Defekt der Fanconi-Anämie<br />
erhielten Dr. W. Ruppitsch und Prof. M. Schweiger, Institut für Biochemie,<br />
Freie Universität Berlin, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Bei der Fanconi-Anämie handelt es sich um eine ererbte Form von<br />
aplastischer Anämie, einer Krankheit, bei der das Knochenmark<br />
nicht mehr in der Lage ist, die verschiedenen Blutstammzellen<br />
(weiße und rote Blutkörperchen, Blutplättchen) zu produzieren. Der<br />
Verlauf ist durchweg schwer, neben den Blutbildanomalien kommt<br />
es zu Skelettfehlbildungen, Nierenschäden, Pigmentstörungen, Minderwuchs<br />
und geistiger Retardierung, sowie einem stark erhöhten<br />
Krebsrisiko. Die Fanconi-Anämie wird autosomal rezessiv vererbt,<br />
man weiß von sieben potentiell verantwortlichen Genen (FANCA-<br />
G). Fast alle Gene sind kloniert, aber über die Funktion der Proteine<br />
ist bisher nichts bekannt.<br />
Hauptmerkmal der Fanconi-Anämie auf zellulärer Ebene ist eine<br />
drastisch erhöhte Chromosomeninstabilität. In früheren Arbeiten<br />
konnte Prof. Schweiger zeigen, dass Zellen von Fanconi-Patienten<br />
überdies eine extrem erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Sauerstoff<br />
und hoch reaktive Sauerstoffzwischenverbindungen aufweisen,<br />
durch die sich die Chromosomeninstabilität zusätzlich erhöht.<br />
Freier Sauerstoff ist für die Zelle eine potentielle Gefahrenquelle und<br />
muss daher im Rahmen von Oxidationsreaktionen gebunden werden.<br />
Eines der zellulären Enzymsysteme, die dies bewerkstelligen,
255<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
ist das Cytochrom-P450-System. Es konnte gezeigt werden, dass oxidative<br />
DNA-Schäden durch antioxidative Substanzen vermindert<br />
werden. So ließ sich die Zahl der Chromosomenbrüche durch eine<br />
Hemmung des Cyt-P450-Systems herabsetzen. Projektziel ist, die Ursachen<br />
für das Versagen der Blutzell-Bildung zu verstehen und entsprechende<br />
Gegenmaßnahmen zu entwickeln.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> bewilligte Dr. M. Ristow, Deutsches Institut für Ernährungsforschung,<br />
Freie Universität Berlin, Fördermittel für das Projekt<br />
„Dominant-negative Inaktivierung eines Regulators des nicht-oxidativen<br />
Glukosestoffwechsels im transgenen Tiermodell“.<br />
Diabetes mellitus Typ 2 ist eine der häufigsten Zivilisationskrankheiten<br />
ungeklärter genetischer Grundlage. Die am frühesten detektierbaren<br />
Störungen, die der Entstehung des Diabetes vorausgehen, sind<br />
eine verminderte nichtoxidative Glukoseverwertung, sowie eine<br />
Verminderung der Oszillationen der Insulinsekretion der pankreatischen<br />
b-Zelle.<br />
Das schrittmachende Enzym der nichtoxidativen Glukoseverwertung<br />
ist die Phosphofrukto-1-kinase (PFK1). Die autosomal-rezessiv vererbte,<br />
seltene Glykogenspeicherkrankheit Typ VII ist bedingt durch<br />
ein Fehlen des Muskelsubtyps dieses Enzyms, PFK1-M. Dr. Ristow<br />
hat in Vorarbeiten zeigen können, dass Patienten mit diesem Enzymdefekt<br />
eine gestörte Insulinsekretion sowie verminderte Insulinoszillationen<br />
aufweisen, somit in allen klinischen Kriterien einem frühen<br />
Stadium des Diabetes mellitus Typ 2 entsprechen. PKF1 gehört somit<br />
zu den zahlreichen, sogenannten Kandidatengenen des Diabetes<br />
mellitus Typ 2.<br />
Projektziel ist die pathophysiologische Analyse der gestörten b-Zell-<br />
Funktion. Hierzu soll eine bereits funktionell charakterisierte, dominant-negative<br />
Mutante der PFK1-M im Tiermodell der Maus betazellspezifisch<br />
exprimiert werden. Das so generierte Tiermodell soll<br />
physiologisch bezüglich seines Glukosestoffwechsels und seiner Insulinsekretion<br />
untersucht werden.<br />
Prof. G. Walz, Innere Medizin, Universitätsklinikum Freiburg, erhält<br />
Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für die Entwicklung therapeutischer Ansätze<br />
für die autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung<br />
(Hemmung der ER-Retention von Polycystin-2 als therapeutisches<br />
Prinzip).<br />
Die autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung (AD-<br />
PKD), eine der häufigsten erblichen Krankheiten, führt zu einer<br />
Schädigung der Nieren und am Ende häufig zum terminalen Nierenversagen.<br />
Man kennt zwei Gene namens PKD1 und PKD2, deren<br />
Mutation die Krankheit verursachen kann. Die von diesen Genen codierten<br />
Proteine werden als Polycystin-1 und Polycystin-2 bezeichnet;<br />
ihre biologische Funktion ist ebenso wenig bekannt wie der Mechanismus,<br />
durch den sie in mutierter Form zur ADPKD beitragen.<br />
Man weiß jedoch, dass sie normalerweise während der Embryonal-<br />
Diabetes<br />
Polycystische<br />
Nierenerkrankung
Lysomen<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 256<br />
entwicklung in der Zellmembran der Nierenzellen lokalisiert sind;<br />
später sind sie dort nicht mehr nachweisbar. Polycystin-1 und Polycystin-2<br />
treten untereinander in Wechselwirkung und werden dann<br />
zur Zellmembran transportiert. Fällt Polycystin-1 jedoch wegen einer<br />
Mutation von PKD1 aus, verbleibt auch Polycystin-2 nach seiner Synthese<br />
im endoplasmatischen Reticulum (ER), einem System von<br />
Kanälen im Zellinneren. Wie Prof. Walz nachweisen konnte, bindet<br />
Polycystin-2 im ER an einen Proteinkomplex namens AP-1/PACS-1<br />
und wird deshalb dort festgehalten. Damit stellt sich die Frage, ob<br />
man diese Retention im ER mit Medikamentenwirkstoffen unterdrücken<br />
kann, so dass Polycystin-2 trotz des Fehlens von Polycystin-1<br />
zur Zellmembran transportiert werden und dort seine Funktion zumindest<br />
teilweise erfüllen kann.<br />
Für die Analyse des pathogenetischen Potentials des ,lysosomal apyrase<br />
like proteins of 70kDa‘ (LALP70) am LALP70-knout-out-Mausmodell<br />
wurden Prof. H.-P. Elsässer, Institut für klinische Zytobiologie<br />
und Zytopathologie, Universität Marburg, Fördermittel bewilligt.<br />
Lysosomen sind Zellorganellen, die dazu dienen, bestimmte Stoffe<br />
innerhalb der Zelle abzubauen. Um diesen Zweck erfüllen zu können,<br />
enthalten sie zahlreiche hydrolytische Enzyme, die als lösliche<br />
Proteine im Lumen dieser Organellen vorkommen. Fällt eines dieser<br />
Enzyme aufgrund genetischer Defekte aus, resultiert eine sogenannte<br />
lysosomale Speicherkrankheit wie das Hurler-Syndrom oder<br />
die Tay-Sachs Krankheit. Lysosomale Speichererkrankungen haben<br />
eine schlechte Prognose und können zur Zeit nur palliativ behandelt<br />
werden.<br />
Neben den löslichen Hydrolasen kommen in der Membran der Lysosomen<br />
spezifische Proteine vor, über deren Funktion man bisher nur<br />
wenig weiß. Eines von ihnen konnte jedoch bereits mit einer Krankheit<br />
in Verbindung gebracht werden, dem sogenannten Danon-Syndrom,<br />
das mit Herzmuskelerkrankungen und geistiger Retardierung<br />
einhergeht. Ein neues lysosomales Membranprotein wurde in der Arbeitsgruppe<br />
von Prof. Elsässer entdeckt und kloniert, das „lysosomal<br />
apyrase like protein of 70 kDa“ (LALP70). Dieses Protein ist eine<br />
Apyrase, also ein Enzym, das Bausteine aus dem Nukleotidstoffwechsel<br />
spaltet und möglicherweise eine Rolle bei der Rückgewinnung<br />
von Di- und Mononukleotiden spielt. LALP70 ist die erste intrazelluläre<br />
Apyrase, die in höheren eukaryonten Zellen gefunden<br />
wurde. Alle anderen bekannten Apyrasen kommen an der Aussenseite<br />
der Plasmamembran vor und sind sogenannte Ektoenzyme.<br />
Die genaue Funktion von LALP70 sowie dessen pathogenetisches<br />
Potential sollen an einem Maus-knock-out-Modell untersucht werden.<br />
Hierzu ist eine genauere Kenntnis des LALP70-Gens der Maus<br />
Voraussetzung. Bislang hatte die Arbeitsgruppe von Prof. Elsässer<br />
nur das menschliche LALP70-Gen charakterisiert, das eine Grösse<br />
von etwa 18 kb hat und 12 Exons enthält. Mit Hilfe verschiedener<br />
Datenbanken, sowie durch Kartierung eines genomischen Cosmid-
257<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
Klons, der das LALP70-Gen der Maus enthält und vom Deutschen<br />
Ressourcenzentrum für Genomforschung in Berlin bezogen wurde,<br />
konnte gezeigt werden, dass die Genstruktur homolog ist zu der des<br />
menschlichen LALP70-Gens. Die genomische Sequenz der Maus<br />
steht jetzt zur Verfügung, so dass im nächsten Schritt der LALP70knock-out-Vektor<br />
konstruiert werden kann.<br />
Dr. R. Jores, Dipt. Scienze Biomediche e Biotecnologie, Universität<br />
Cagliari, erhielt für die molekulare Analyse der T-Zellen in der Gluten-sensitiven<br />
Enteropathie bei Patienten, die homozygot für den<br />
prädisponierenden HLA-dQ2 sind, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Die Zöliakie ist eine krankhafte Überempfindlichkeit gegen Gluten,<br />
einen Bestandteil der meisten Getreideprodukte; glutenhaltige<br />
Ernährung führt bei den Betroffenen zu pathologischen Veränderungen<br />
der Darmschleimhaut; die Folge sind Unterernährung und andere<br />
Krankheitserscheinungen, die jedoch bei glutenfreier Ernährung<br />
verschwinden. Die Krankheit lässt sich also durch Ernährungsumstellung<br />
beliebig hervorrufen und wieder beseitigen.<br />
Die Ursache der Zöliakie ist nicht geklärt. Insbesondere die frühen,<br />
nach dem Wechsel zu glutenhaltiger Ernährung sehr schnell einsetzenden<br />
Krankheitsmechanismen wurden bisher kaum untersucht. Es<br />
handelt sich offensichtlich um einen Mechanismus des Immunsystems,<br />
denn bei den Betroffenen stößt man immer wieder auf einen<br />
Zusammenhang mit dem Gen HLA-DQ2, welches zum Immunsystem<br />
gehört. Da die Zöliakie in Sardinien häufiger vorkommt als in allen<br />
anderen Regionen Europas (auf der Insel ist ca. 1 Prozent der Bevölkerung<br />
betroffen), findet man dort auch homozygote Personen, d.<br />
h. solche mit zwei Exemplaren (väterlich/mütterlich) von HLA-DQ2<br />
besonders häufig. Dr. Jores untersucht die frühen Vorgänge bei Eintritt<br />
der Zöliakie und die Bedeutung von HLA-DQ2 für diesen Mechanismus.<br />
Als Versuchsmaterial dient Darmgewebe, das von homozygoten<br />
Patienten nach kurzfristiger Gabe einer glutenhaltigen Diät<br />
gewonnen wurde.<br />
Die Untersuchung der T-Zellen (Zellen des Immunsystems) in der<br />
Darmschleimhaut zeigt, dass ihre Zahl bei Patienten mit glutenfreier<br />
Ernährung vergleichbar ist mit der von Kontrollpersonen, jedoch<br />
schon nach 2–3 Tagen glutenhaltiger Diät stark ansteigt, ebenso die<br />
Expression von HLA-DQ2. In diesem frühem Stadium ist die<br />
Schleimhaut noch intakt; daher scheinen die Zellen Ursache der<br />
Schädigung zu sein und nicht eine Reaktion auf existierenden Schaden.<br />
Im nächsten Schritt soll das Spektrum dieser Zellen bei Patienten<br />
gentechnisch analysiert werden, um festzustellen, ob es von dem gesunder<br />
Menschen abweicht. In in vitro Versuchen regt Gluten T-Zellen<br />
aus dem Blut von homozygoten Patienten, aber nicht von Kontrollpersonen,<br />
zur Sekretion von Cytokinen (Regulationssubstanzen<br />
des Immunsystems) an. Von den verschiedenen Cytokinen wird besonders<br />
TNF-α produziert; dies wird durch Blockierung von HLA-<br />
Zöliakie
Peroxisomen<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 258<br />
DQ2 verhindert. TNF-α kann direkt den Tod von Schleimhautzellen<br />
hervorrufen und beeinflusst das Immunsystem zu einer T H1-Reaktion.<br />
Immunantworten vom Typ T H1 sind aggressiv und führen zur<br />
Aktivierung weiterer Zellen die noch mehr Schaden anrichten (im<br />
Gegensatz zu Antworten vom Typ T H2, die regulierend wirken). Die<br />
Sekretion hat einen „Schneeballeffekt“, der die Schnelligkeit der Infiltration<br />
erklärt: Kontakt weniger residenter T-Zellen mit Gluten<br />
führt zu ihrer Aktivierung, TNF-α „ruft“ weitere Zellen aus dem Blut<br />
in die Schleimhaut und aktiviert sie, worauf diese dann weiteres<br />
TNF-α sezernieren. IL-10 dagegen, ein Cytokin, das T H2 Antworten<br />
konditioniert, wird von den T-Zellen der Zöliakie-Patienten kaum<br />
produziert. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine grundsätzliche<br />
Fehlregulation der T-Zellen Ursache der Zöliakie und HLA-<br />
DQ2 ein zentraler Bestandteil der Krankheitsentwicklung ist.<br />
Insgesamt verspricht sich Dr. Jores von den Arbeiten neue Aufschlüsse<br />
über die Entstehung der Zöliakie, die sich später auch auf<br />
nicht homozygote Patienten übertragen lassen und für die Behandlung<br />
der Krankheit von Interesse sein dürften. Darüber hinaus sollen<br />
die Befunde auch allgemein neue, für das Verständnis vieler Krankheiten<br />
wichtige Erkenntnisse über die Funktionsweise des Immunsystems<br />
liefern.<br />
Peroxisomale Biogenese-Erkrankungen sind Gegenstand eines Forschungsprojektes<br />
von PD Dr. G. Dodt und Prof. W.-H. Kunau, Institut<br />
für Physiologische Chemie, Universität Bochum.<br />
Peroxisomen sind Zellorganellen – von einer Membran umgebene<br />
Funktionsuntereinheiten innerhalb des Cytoplasmas. Zu ihren<br />
Hauptaufgaben gehört der Abbau von langkettigen Fettsäuren, die<br />
sogenannte �-Oxidation. Überdies erhalten Peroxisomen bestimmte<br />
Enzyme, die an wichtigen Entgiftungsreaktionen innerhalb der Zelle<br />
beteiligt sind, so sorgen sie beispielsweise vermittels verschiedener<br />
Oxidationsreaktionen dafür, dass hochreaktiver Sauerstoff in für die<br />
Zelle ungefährliche Verbindungen eingebunden wird.<br />
Peroxisomen enthalten – im Unterschied zu anderen Organellen wie<br />
den Mitochondrien – keine eigene DNA und sind daher zu ihrer Biogenese,<br />
d. h., um wachsen und sich teilen zu können, auf den Import<br />
von Proteinen aus dem Zellplasma angewiesen. Als Importsignal<br />
dient eine spezielle Sequenz aus drei Aminosäuren am carboxyterminalen<br />
Ende eines Proteins.<br />
Ist dieser Importmechanismus gestört, können nicht genügend funktionsfähige<br />
Peroxisomen entstehen. Dies führt zu schweren Erkrankungen<br />
wie dem Zellweger-Syndrom, das oft bereits im Neugeborenenstadium<br />
zum Tode führen kann, der neonatalen Adrenoleukodystrophie<br />
(NALD) oder der infantilen Refsum’schen Erkrankung (IRD),<br />
die oft ein Überleben bis ins Erwachsenenalter möglich macht. Die<br />
Betroffenen weisen ein breites Spektrum an schweren Anomalien<br />
von Leber, Niere und Gehirn auf. Man weiß heute, dass alle drei
259<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
Krankheiten unterschiedliche Schweregrade desselben Krankheitsbildes<br />
darstellen.<br />
In Hefe hat man im Laufe der vergangenen Jahre dreiundzwanzig<br />
verschiedene Gene identifizieren können, die an der Biogenese von<br />
Peroxisomen beteiligt sind, und diese im Falle eines Defekts massiv<br />
stören können. Durch Homologievergleiche hat man beim Menschen<br />
dreizehn entsprechende Gene (die sogenannten PEX-Gene) identifiziert.<br />
Mutationen in jedem dieser PEX-Gene können die oben erwähnten<br />
Erkrankungen auslösen. Besonders häufig involviert ist das<br />
Gen PEX 1, es ist bei 60 Prozent aller untersuchten Patienten mutiert,<br />
wobei nach Untersuchungen von Prof. Kunau zwei Mutationen mit<br />
besonderer Häufigkeit auftreten. Das Produkt dieses Gens gehört zu<br />
den AAA-Proteinen (ATPases associated with diverse cellular activities),<br />
deren Funktion im Detail bislang weitgehend unbekannt ist.<br />
Es war bekannt, dass eine der beiden Mutationen zu einer temperatursensitiven<br />
Variante führt. Es konnte nun gezeigt werden, dass in<br />
Patientenzellen mit dieser PEX-1-Variante die Menge an PEX-1-Protein<br />
auf 5–15 Prozent reduziert ist. Die wahrscheinlich verminderte<br />
Stabilität dieses mutierten PEX 1 kann durch verschiedene Maßnahmen,<br />
z. B. durch Erniedrigung der Temperatur, so beeinflusst werden,<br />
dass die PEX 1 Menge auf 20–30 Prozent ansteigt und gleichzeitig<br />
die Funktion der Peroxisomen wiederhergestellt wird. Dies erhöht<br />
die Hoffnung, dass pharmakologische Maßnahmen zur Stabilisierung<br />
des mutierten Proteins, erste Ansätze zu einer Therapie darstellen<br />
könnten. Prinzipiell scheint das Vorhandensein einer Restmenge<br />
an funktionsfähigem PEX-1-Protein mit den milderen Erkrankungsformen<br />
NALD und IRD korreliert zu sein, ein vollständiges<br />
Fehlen führt immer zum Zellweger-Syndrom. Ein weiteres wichtiges<br />
Genprodukt scheint das PEX-6-Protein, ein anderes AAA-Protein zu<br />
sein. Es ist bei 16 Prozent aller Patienten mutiert und interagiert im<br />
Verlauf der normalen Biogenese mit PEX 1. Auch gibt es Hinweise,<br />
dass das PEX-15-Protein mit dem PEX-6-Protein ATP-abhängig Verbindungen<br />
eingeht. Dabei scheinen die beiden AAA-Proteine PEX 1<br />
und PEX 6 zum Teil an den Peroxisomen und zum Teil im Cytosol der<br />
Zelle lokalisiert zu sein. PEX 15 hingegen befindet sich in der peroxisomalen<br />
Membran.<br />
Ziel des Projekts ist es nun weiterhin, der Funktion der AAA-Proteine<br />
PEX 1 und PEX 6 nachzugehen: Mit welchen Proteinen interagieren<br />
sie? Welche Mutationen machen die Proteine funktionsuntüchtig?<br />
Welche Auswirkungen haben diese Mutationen auf die Peroxisomenbiogenese<br />
im einzelnen? Kann man bei Mutationen, die zu einem<br />
instabilen aber sonst funktionstüchtigen Protein führen, die Stabilität<br />
durch pharmakologische Maßnahmen erhöhen?<br />
Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />
Walter, Claudia, et al.: Disorders of peroxisome biogenesis due to<br />
mutations in PEX 1. Phenotypes and PEX 1 protein levels. – In:<br />
American Journal of Human Genetics. 69. <strong>2001</strong>. S. 35–48.
CHILD-<br />
Syndrom<br />
Keratine<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 260<br />
Ghenea, Simona, et al.: The cDNA Sequence and expression of the<br />
AAA-family peroxin genes pex-1 and pex-6 from the nematode<br />
Caenorhabditis elegans. – In: Zoological Science. 18. <strong>2001</strong>.<br />
S. 675–681.<br />
Für Untersuchungen zur molekularen Pathogenese des CHILD-Syndroms<br />
erhält Prof. K.-H. Grzeschik, Zentrum für Humangenetik, Universität<br />
Marburg, Fördermittel der <strong>Stiftung</strong>.<br />
Cholesterin hat im Körper vielfältige Funktionen, beispielsweise bei<br />
der Synthese der Steroidhormone oder beim Lipidtransport. Außerdem<br />
ist es ein wichtiger Partner von Signalmolekülen aus der Hedgehog-Genfamilie.<br />
Dabei ist es seine Aufgabe, diese Signalmoleküle<br />
in Biomembranen zu verankern. Durch Membranaustausch gelangen<br />
Signale wie das Hedgehog-Signalpeptid zu anderen Zielorten<br />
und bestimmen somit, von wo aus Steuerungskaskaden ausgehen,<br />
die in den Empfängerzellen Gene an- oder abschalten. Diese Signale<br />
spielen in der frühen Embryonalentwicklung eine wichtige Rolle bei<br />
der Festlegung der linken und rechten Körperhälfte und steuern später<br />
die Entwicklung einer Reihe von Organen.<br />
Fehler in der Cholesterolsynthese können die Entwicklung stark beeinträchtigen.<br />
Ein Beispiel dafür ist das CHILD-Syndrom (CHILD ist<br />
die englische Abkürzung für „genetisch bedingte Hemidysplasie mit<br />
ichtyosiformer Erythrodermis und Glieddefekten“). Diese an das X-<br />
Chromosom gekoppelte, dominante Erbkrankheit ist im männlichen<br />
Geschlecht letal. Frauen überleben trotz des Gendefekts, weil bei ihnen<br />
immer ein X-Chromosom inaktiviert wird. Allerdings geht das<br />
Syndrom bei heterozygoten Merkmalsträgern mit einer auf eine Körperhälfte<br />
beschränkten Verkleinerung von Gehirn, Lunge, Herz,<br />
Gliedmaßen und Skelett sowie einem entzündlichen Naevus der<br />
Haut dieser Körperhälfte einher. Wie es dazu kommt ist unklar. Man<br />
vermutet aber, dass dabei sowohl die X-Inaktivierung als auch die<br />
Links-Rechts-Determination eine Rolle spielen.<br />
Wie Prof. Grzeschik nachweisen konnte, wird das CHILD-Syndrom<br />
durch Mutationen im NSDHL-Gen ausgelöst, das ein Enzym für die<br />
Cholesterolsynthese codiert. Aufgrund dieses Fehlers kann Cholesterol<br />
nicht mehr an das Signalmolekül gekoppelt werden. Prof.<br />
Grzeschik geht davon aus, dass Zwischenprodukte aus der Cholesterolsynthese,<br />
die aufgrund des Enzymblocks anfallen, die für die Entwicklung<br />
essentielle Hedgehog-Signalkaskade blockieren. In einer<br />
Reihe von Untersuchungen soll geklärt werden, ob sich die Krankheitssymptome<br />
durch diesen Ausfall des Signals erklären lassen.<br />
„Generation of Mouse Models für Ichthyosis Hystrix and Epidermolytic<br />
Hyperkeratosis“ ist Gegenstand eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten<br />
Forschungsvorhabens von Prof. T. M. Magin und Dr. J. Reichelt,<br />
Institut für Physiologische Chemie, Universität Bonn.<br />
Die Keratine sind eine vielgestaltige Gruppe von Proteinen, die zur<br />
mechanischen Festigkeit der Zellen beitragen und deshalb insbeson-
261<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
dere in Hautzellen eine wichtige Rolle spielen. Man kennt mindestens<br />
25 verschiedene Keratintypen, deren Baupläne in ebenso vielen<br />
Genen festgelegt sind. Mutationen in den Keratingenen führen<br />
zu verschiedenen Hautkrankheiten. Häufig ist die Haut dann besonders<br />
verletzungsanfällig oder übermäßig stark verhornt (Hyperkeratose);<br />
das Krankheitsbild ist aber bei jeder Mutation ein anderes. Mutationen<br />
in den Genen für die Keratine des Typs 1 und 10 (K1 und<br />
K10) wurden u. a. mit den Krankheiten epidermolytische Hyperkeratose<br />
(EHK), nichtepidermolytische Palmoplantarkeratose (NEPPK)<br />
und Ichthyosis Hystrix Curth-Macklin (IHCM) in Verbindung gebracht.<br />
Welchen Beitrag die Mutationen und andere Keratintypen<br />
zur Krankheitsentstehung leisten, ist aber nicht im einzelnen bekannt.<br />
Im Rahmen des Projekts soll deshalb an Tiermodellen genauer untersucht<br />
werden, nach welchem Mechanismus verschiedene Mutationen<br />
im Gen für K1 die Krankheiten EHK, NEPPK und IHCM entstehen<br />
lassen.<br />
„Desmosomale Cadherin-Gene: Klonierung der humanen Desmocolline,<br />
Charakterisierung ihrer genomischen Struktur und Kandidaten-<br />
Gen-Analyse“ ist das Thema eines Forschungsprojekts von Dr. J. A.<br />
Frank, Hautklinik des Universitätsklinikums der RWTH Aachen.<br />
Für die Struktur aller Gewebe sind ordnungsgemäße Verbindungen<br />
zwischen den Zellen von allergrößter Bedeutung. Diese Verbindungen<br />
werden durch eine ganze Reihe von Proteinen hergestellt, unter<br />
anderem auch durch die so genannten Desmocolline, die zur größeren<br />
Gruppe der Cadherine gehören. Diese drei Proteine (Desmocollin<br />
1, 2 und 3) spielen vor allem im Hautgewebe offenbar eine große<br />
Rolle. Über ihre Eigenschaften weiß man bisher wenig; bekannt ist<br />
aber, dass sich das zugehörige Gen in einem kleinen Abschnitt auf<br />
dem Chromosom 18 befindet. In genau derselben Chromosomenregion<br />
konnte Dr. Frank auch die genetische Ursache für zwei erbliche<br />
Hauterkrankungen (Haarverlust und Verhornungsstörungen) lokalisieren;<br />
es liegt also der Verdacht nahe, dass Mutationen der Desmocollin-Gene<br />
für diese Erkrankungen verantwortlich sind.<br />
Projektziel ist die Isolierung und Analyse der Gene für Desmocollin<br />
1, 2 und 3. Da solche Gene in aller Regel gestückelt sind (d. h. die<br />
DNA enthält Abschnitte, zu denen es im zugehörigen Protein keine<br />
Entsprechung gibt), möchte Dr. Frank Feinstruktur und Basensequenz<br />
der Gene entschlüsseln und dabei insbesondere untersuchen,<br />
welche DNA-Abschnitte tatsächlich zur Codierung der Desmocollin-<br />
Proteine dienen. Mit diesen Arbeiten sollen neben der allgemeinen<br />
Charakterisierung der Gene auch molekularbiologische Reagenzien<br />
gewonnen werden, mit denen sich die Desmocollin-Gene bei Patienten<br />
auf Veränderungen untersuchen lassen.<br />
„Construction of a mouse model of FGFR-associated craniosynostosis<br />
and analysis of QTLs modifying the phenotype“ ist das Thema eines<br />
durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens von Prof. U.<br />
Desmocolline<br />
Kraniosynostose
Townes-<br />
Brocks-<br />
Syndrom<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 262<br />
Müller, Institut für Humangenetik, Universität Gießen, und Dr. W.<br />
Wurst, MPI für Psychiatrie, München.<br />
Unter Kraniosynostose versteht man den vorzeitigen Verschluss einer<br />
oder mehrerer Nähte des Schädels. Dieser vorzeitige Verschluss<br />
führt zu Schädeldeformitäten und kann aufgrund erhöhten intracraniellen<br />
Drucks eine neurologische und ophthalmologische Symptomatik<br />
zur Folge haben. Die Ätiologie von Kraniosynostosen ist heterogen.<br />
So können sowohl Umwelt- und genetische Faktoren als auch<br />
verschiedene assoziierte Erkrankungen zu einer Kraniosynostose<br />
führen. Ein kleiner Prozentsatz von Kraniosynostosen wird autosomal<br />
dominant vererbt und konnte auf Mutationen in den für die Fibroblasten-Wachstumsfaktor<br />
Rezeptoren 1,2,3 (FGFR1,2,3) kodierenden<br />
Genen zurückgeführt werden. Bis auf wenige Ausnahmen lässt eine<br />
bestimmte Mutation jedoch keine Aussagen über die Ausprägung einer<br />
Kraniosynostose zu. Bei gleicher Mutation kann selbst innerhalb<br />
einer Familie der Schweregrad der Erkrankung stark variieren, was<br />
auf Gene schließen lässt, welche die Ausprägung der Mutation in<br />
den FGF-Rezeptoren modifizieren.<br />
Langfristiges Ziel des Forschungsvorhabens ist die Identifizierung<br />
derartiger „modifier genes“ unter Verwendung von Mausmodellen.<br />
Mutationen im FGFR2-Gen, welche beim Menschen zu Kraniosynostosen<br />
führen, werden an entsprechender Stelle in das orthologe<br />
FGFR2-Gen der Maus eingeführt und der Phänotyp dieser „knockin“-Mäuse<br />
auf verschiedenem genetischen Hintergrund analysiert.<br />
So ist zu erwarten, dass sich in Abhängigkeit vom genetischen Hintergrund<br />
starke Unterschiede in der Ausprägung identischer Mutationen<br />
ergeben. Durch geeignete Kreuzungen lassen sich dann chromosomale<br />
Regionen bei der Maus identifizieren, welche für die Ausprägung<br />
des Phänotyps eine wichtige Rolle spielen.<br />
Die Isolierung und Analyse von Protein-Interaktionspartnern von<br />
SALL1 und Untersuchungen zu ihrer Bedeutung hinsichtlich der Pathogenese<br />
des Townes-Brocks-Syndroms sind Gegenstand eines<br />
durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Vorhabens von Dr. J. Kohlhase und<br />
PD Dr. S. K. Bohlander, Institut für Humangenetik, Universität Göttingen.<br />
Beim Townes-Brocks-Syndrom handelt es sich um ein autosomal dominant<br />
vererbtes Fehlbildungssyndrom, das durch Fehlbildungen<br />
von Anus, Extremitäten, Ohren und Nieren gekennzeichnet ist, weitere<br />
Auffälligkeiten umfassen geistige Retardierung, Herzfehler,<br />
Hirnnervenlähmungen und Nierenversagen. Die Symptomatik variiert<br />
innerhalb einer Familie, beziehungszweise zwischen verschiedenen<br />
Familien sehr stark. Aus Analysen an zwei betroffenen Familien<br />
hat man den Genlocus bei 16q12.1 festmachen können. Die Göttinger<br />
Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass Mutationen im Gen SALL1 an<br />
der Entwicklung des Townes-Brocks-Syndroms ursächlich beteiligt<br />
sind.
263<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
SALL1 kodiert für einen sogenannten Transkriptionsfaktor, ein Protein,<br />
das an gewisse Erkennungssequenzen seines Zielgens bindet<br />
und so dessen Expression positiv oder negativ beeinflusst, wobei allein<br />
die Bindung an die DNA noch nicht hinreicht, die Funktion zu<br />
regulieren. Hierzu bedarf es einer Wechselwirkung des Transkriptionsfaktors<br />
mit anderen Proteinen der Transkriptionsmaschinerie und<br />
weiteren Kofaktoren. Im Falle des Genprodukts von SALL1 handelt<br />
es sich um einen Zinkfinger-Transkriptionsfaktor, der eng mit dem<br />
vom Drosophila-Gen spalt kodierten Protein verwandt ist. Die bekannten<br />
Mutationen in SALL1 führen mit („frameshift mutation“)<br />
oder ohne Verschiebung des Leserasters („Nonsense mutation“) immer<br />
zu einem vorzeitigen Translationsstop; in beiden Fällen kommt<br />
wahrscheinlich kein funktionstüchtiges Protein zustande. Auf welche<br />
Weise die verminderte Menge an funktionellem SALL1-Protein<br />
zum Erkrankungsbild führt, ist bislang unklar. Überdies war bislang<br />
nur bei etwa einem Viertel der untersuchten Patienten mit vermutetem<br />
Townes-Brocks-Syndrom eine Mutation in SALL1 nachzuweisen,<br />
wobei Patienten mit „klassischem“ Krankheitsbild zu etwa 60<br />
Prozent eine Mutation aufweisen.<br />
Damit erhebt sich die Frage, ob in den Fällen ohne SALL1-Mutation<br />
Mutationen in den zu erwartenden Interaktionspartnern von SALL1<br />
für die Entstehung der Krankheit verantwortlich sein könnten. Im<br />
Rahmen des geförderten Projekts sollen solche Interaktionspartner<br />
gesucht und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Entstehung des<br />
Townes-Brocks-Syndroms charakterisiert werden. Bislang konnte<br />
nachgewiesen werden, dass SALL1 tatsächlich die Expression von<br />
Genen beeinflusst und das SALL1-Protein an Promotoren eine reprimierende<br />
Wirkung entfaltet. Der TBS-Phänotyp scheint also dadurch<br />
verursacht zu werden, dass – bedingt durch den Ausfall eines<br />
SALL1-Allels – bestimmte, bislang unbekannte Gene stärker exprimiert<br />
werden. Darüber hinaus konnte die intrazelluläre Lokalisation<br />
von SALL1 bestimmt werden: Mittels Fluoreszenzmikroskopie ließ<br />
sich das Protein an pericentromerischem Heterochromatin nachweisen,<br />
also in einem chromosomalen Bereich, dem bis vor kurzem niemand<br />
eine entwicklungsgenetische Bedeutung zugeschrieben hat.<br />
Die Regulation genomischer Stabilität durch Myc in der Tumorentstehung<br />
ist das Thema eines durch die <strong>Stiftung</strong> unterstützten Forschungsvorhabens<br />
von Prof. M. Eilers, Institut für Molekularbiologie<br />
und Tumorforschung (IMT), Universität Marburg, und Prof. T.<br />
Möröy, Institut für Zellbiologie (Tumorforschung), Universität Gesamthochschule<br />
Essen.<br />
Krebs entsteht, wenn sich in einer Zelle so viele genetische Veränderungen<br />
ansammeln, dass die normale Regulation der Zellteilung verloren<br />
geht und die Zelle sich unkontrolliert zu vermehren beginnt.<br />
Mutationen ereignen sich im Leben der Zellen ständig. Normalerweise<br />
sorgen aber so genannte Checkpoint-Mechanismen an verschiedenen<br />
Stellen im Lebenszyklus einer Zelle dafür, dass diese sich<br />
im Fall schädlicher Mutationen nicht weiter vermehrt oder sogar ab-<br />
Myc
Transposition<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 264<br />
stirbt. Eine Beeinträchtigung der Checkpoint-Mechanismen, die<br />
natürlich ebenfalls von Mutationen betroffen sein können, ist eine<br />
wichtige Ursache der Krebsentstehung.<br />
In diesem Zusammenhang spielt ein Protein namens Myc eine wichtige<br />
Rolle: es reguliert die Aktivität zahlreicher Gene und kann ihre<br />
Ausprägung sowohl verstärken als auch unterdrücken. Die Myc-<br />
Menge ist in vielen Tumorzellen gegenüber dem Normalgewebe erhöht.<br />
Prof. Eilers und Prof. Möröy haben ein weiteres Protein namens<br />
Miz-1 entdeckt, das sich in den Zellen mit Myc verbinden kann;<br />
außerdem haben sie nachgewiesen, dass Miz-1 in Verbindung mit<br />
Myc die Reaktion der Zellen auf DNA-Schäden beeinflusst. Auf<br />
Grund der bisherigen Arbeiten vermuten sie, dass Myc über die<br />
Wechselwirkungen mit Miz-1 in die Checkpoint-Mechanismen eingreift<br />
und so zur Krebsentstehung beiträgt. Diese Hypothese soll im<br />
Rahmen des Forschungsvorhabens überprüft werden.<br />
Dr. G. Schumann, Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie<br />
und Immunologie, Universität Hamburg, erhält Fördermittel zur<br />
Untersuchung der Regulation von Transkription und Retrotransposition<br />
des menschlichen poly(A)-Retrotransposons LINE1.<br />
Die im Jahre <strong>2001</strong> veröffentlichte Sequenz des humanen Genoms<br />
führte die große Bedeutung des poly(A)-Retrotransposons LINE1 (L1)<br />
für Organisation, Struktur und Evolution des Genoms beeindruckend<br />
vor Augen. L1 ist der aktivste Vertreter der Gruppe der sogenannten<br />
mobilen genetischen Elemente, die in der Lage sind, Kopien ihrer eigenen<br />
DNA in nahezu beliebige Orte innerhalb des menschlichen<br />
Genoms „springen“ zu lassen. Diesen Vorgang bezeichnet man als<br />
Retrotransposition. „Landet“ ein derartiges mobiles Element innerhalb<br />
oder in unmittelbarer Nähe eines Gens, so wird dieses häufig in<br />
seiner Funktion beeinträchtigt. Die Folge sind dann – je nachdem,<br />
welches Gen betroffen ist – unterschiedliche genetische Erkrankungen<br />
wie Hämophilie oder muskuläre Dystrophie. Insgesamt wurden<br />
bisher 21 unterschiedliche genetische Erkrankungen identifiziert,<br />
die auf die Aktivität der L1-Elemente zurückzuführen sind. Das<br />
menschliche Genom besitzt ca. 1 Million Kopien dieses Elements,<br />
von denen jedoch nur 61 zur Transposition befähigt sind. Dabei wird<br />
L1 zunächst in RNA umgeschrieben, und mit dieser RNA als Matrize<br />
wird eine neue L1-Kopie gebildet, die dann an anderer Stelle im Genom<br />
eingebaut wird. Die Gene, welche die für diesen Prozess essentiellen<br />
Enzyme kodieren, sind auf L1 selbst kodiert.<br />
Eines der Ziele ist es, die Regulation dieser Gene genauer zu analysieren.<br />
Ohne diese Regulation würde das menschliche Genom mit<br />
Retrotranspositionsereignissen überschwemmt werden, was zu einer<br />
dramatischen Steigerung genetischer Erkrankungen führen würde.<br />
Es war bekannt, dass die Aktivität des auf L1 lokalisierten Promotors<br />
durch die Anheftung von Methylgruppen unterdrückt wird, und Dr.<br />
Schumann will die Frage klären, welcher Mechanismus hierfür verantwortlich<br />
ist. In Zellkulturexperimenten konnte gezeigt werden,
265<br />
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN<br />
dass das methyl-CpG-bindende Protein 2 (MeCP2) in menschlichen<br />
Zellen über die Bindung an die Methylgruppen in der Promotorregion<br />
die Expression der L1-kodierten Proteine unterdrückt. Überraschenderweise<br />
hat dasselbe Protein den gegenteiligen Effekt auf die<br />
Regulation der Expression von Alu-Elementen, einer zweiten<br />
Gruppe von mobilen Elementen des menschlichen Genoms, die mit<br />
L1 verwandt und auch für genetische Erkrankungen verantwortlich<br />
sind: MeCP2 beseitigt die durch Methylierung induzierte Repression<br />
der Alu-Transkription.<br />
Im zweiten Teilprojekt wird untersucht, in welchem Differenzierungszustand<br />
in den Zellen der Keimbahn bzw. zu welchem Zeitpunkt<br />
der Embryonalentwicklung die Repression von L1 aufgehoben<br />
ist und eine Transposition dieser Elemente stattfinden kann. Mit<br />
Hilfe immunologischer und biochemischer Methoden wurde Keimbahngewebe<br />
verschiedener Entwicklungsstadien und unterschiedliche<br />
embryonale Gewebe auf die Anwesenheit der von L1 kodierten<br />
Proteine untersucht. Es ist gelungen, diese in embryonalen männlichen<br />
Keimzellen, in Endothelzellen adulten Hodengewebes, sowie<br />
in Placentagewebe nachzuweisen. Damit wurden zum ersten Mal<br />
überhaupt solche L1-Proteine nachgewiesen, die für die Integration<br />
dieser Elemente beim Transpositionsvorgang essentiell sind. Experimentell<br />
belegt wird damit die in der Literatur beschriebene Hypothese<br />
zur Erklärung der Evolutionsgenetik von L1-Elementen, der<br />
zufolge diese in der Keimbahn und/oder während der frühen Embryonalentwicklung<br />
des Menschen exprimiert sein sollten.<br />
Schließlich soll der Mechanismus der Transposition von L1 aufgeklärt<br />
und die darin beteiligten Proteine der Wirtszelle identifiziert<br />
werden. Mit Hilfe genetischer und biochemischer Methoden wurden<br />
bisher zwei menschliche Proteine isoliert, die eindeutig mit der von<br />
L1 kodierten Endonuklease wechselwirken. Es handelt sich dabei<br />
um das „Cytokine Receptor like Molecule 9“ (CREME9) und um ein<br />
neues Protein, das bisher noch nicht beschrieben wurde. Es schließen<br />
sich Experimente an, die deren biologische Bedeutung für die Retrotranspositon<br />
von L1 aufklären sollen.<br />
Im Berichtszeitraum wurde publiziert:<br />
Yu, F. et al.: Methyl-CpG-bindung protein 2 represses LINE-1 expression<br />
and retrotransposition but not Alu transcription. – In:<br />
Nucleic Acids Research. 29. <strong>2001</strong>. S. 4493–4501.<br />
Dr. S. Glasauer, Zentrum für Sensomotorik und Prof. T. Brandt, Neurologische<br />
Klinik, Ludwig-Maximilians-Universität München, wurden<br />
Fördermittel für die Entwicklung eines 3D-mathematischen Modells<br />
zur Simulation der Augenbewegungsreflexe bei Kopfbewegungen<br />
im Schwerefeld bewilligt.<br />
Bei neurologischen Erkrankungen der hinteren Schädelgrube kann<br />
es zum Auftreten des sogenannten Lageschwindels kommen, eines<br />
durch Neigung des Kopfes ausgelösten Schwindelgefühls. Begleitet<br />
Lageschwindel
MEDIZIN UND NATURWISSENSCHAFTEN 266<br />
wird dieser Schwindel von unwillkürlichen Augenbewegungen, dem<br />
„Augenzittern“ oder Nystagmus, in diesem Fall als Lagenystagmus<br />
bezeichnet. Ursache für Lageschwindel und Lagenystagmus ist eine<br />
gestörte Reizübertragung innerhalb des Gleichgewichtssinns, zu<br />
dem unter anderem die Otolithen im Innenohr gehören, die dem Gehirn<br />
die Lage des Kopfes relativ zur Schwerekraft mitteilen. Ist die<br />
Reizübertragung von den Otolithen zu den Gleichgewichts- und Augenbewegungszentren<br />
des Gehirns gestört, kann es zum Lageschwindel<br />
und -nystagmus kommen.<br />
In der Neurologie gab es bisher jedoch keine schlüssige Vorstellung<br />
über den Mechanismus des Lagenystagmus und den Ort der Schädigung<br />
im weit vernetzten zentralnervösen System der Augenbewegungskontrolle.<br />
Daher soll auf der Grundlage bekannter Nervenbahnen<br />
und quantitativer Reiz-Wirkungs-Beziehungen, z. B. zwischen<br />
Kopfneigung und Augenbewegung, ein mathematisches Modell erstellt<br />
werden, mit dem die Auswirkungen der Unterbrechung einzelner<br />
Verbindungswege auf die Augenbewegung simuliert werden<br />
können.<br />
Das im ersten Förderungsjahr erstellte vereinfachte Modell der Reizübertragung<br />
von den Otolithen zu den Augenmuskeln beschreibt,<br />
wie die Reizung der Otolithen die dreidimensionale Position des Auges<br />
im Kopf ändert. Bei Unterbrechung bestimmter Signalwege im<br />
Modell, die anatomisch vermutlich über das Kleinhirn führen, kann<br />
damit bereits ein Lagenystagmus simuliert werden. Um dieses Modell<br />
dem viel komplizierteren biologischen System anzunähern, wird<br />
im nächsten Schritt die unterstützende Rolle des Kleinhirns für die<br />
Blickhaltefunktion in das mathematische Modell integriert.<br />
Im Berichtszeitraum wurden zum Thema publiziert:<br />
Brandt, T.: Modelling brain function: the vestibulo-ocular reflex. –<br />
In: Current Opinion in Neurology. 14. <strong>2001</strong>. S. 1–4.<br />
Glasauer, S., et al.: Central positional nystagmus simulated by a<br />
mathematical ocular motor model of otolith-dependent modification<br />
of listing’s plane. – In: J Neurophysiol. 86. <strong>2001</strong>. S. 1546–1554.<br />
Glasauer, S.: Modelling neural control of the orientation of listing’s<br />
plane. – In: Soc. Neurosci. Abstr. 27, Program No. 71.92. <strong>2001</strong>.<br />
Schneider, E., et al.: Comparison of human ocular torsion patterns<br />
during natural and galvanic vestibular stimulation. – In: J. Neurophysiol.<br />
87. <strong>2002</strong>. S. 2064–2073.
267 Internationale Stipendien- und<br />
Austauschprogramme<br />
Erfahrungsaustausch und Kooperation zwischen Wissenschaftlern<br />
aus verschiedenen Ländern erweisen sich in vielen Fällen als stimulierend<br />
für die Weiterentwicklung in den meisten Forschungsfeldern.<br />
Dies gilt für die Arbeit des erfahrenen Hochschullehrers wie<br />
auch für die des Nachwuchswissenschaftlers.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> ist flexibel beim Einsatz benötigter Mittel, kann auch<br />
ausländische Wissenschaftler in eine Projektkooperation einbeziehen<br />
helfen und unterstützt vielfach Projekte, an welchen deutsche<br />
und ausländische Wissenschaftler gemeinsam arbeiten. In gleicher<br />
Weise dient z. B. auch eine gezielte Förderung eines internationalen<br />
Austausches von Nachwuchswissenschaftlern der internationalen<br />
wissenschaftlichen Zusammenarbeit und hilft, die engeren fachlichen<br />
Verbindungen aufrechtzuerhalten, die von Emigranten nach<br />
dem Kriege wieder aufgenommen waren.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> hat seit der Gründung in 1991 einen Betrag von insgesamt<br />
€ 2,1 Mio. bereitgestellt, mit dem Fellow-Stipendien am Collegium<br />
Budapest finanziert wurden. Ab dem akademischen Jahr<br />
2000/<strong>2001</strong> finanziert die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> jährlich drei Senior-<br />
Fellowships für die Dauer von drei Jahren mit einer Summe von insgesamt<br />
rund € 380.000. Auf Initiative des Wissenschaftskollegs zu<br />
Berlin, eingebettet in einen europäischen Förderverbund, ist mit dem<br />
Collegium Budapest das erste Institute for Advanced Study in Ost-/<br />
Mitteleuropa entstanden, das die dortigen Wissenschaften fördern<br />
und die Wissenschaftsbeziehungen zwischen West und Ost verstärken<br />
soll. Geleitet wird das Collegium vom Rektor, Imre Kondor, Professor<br />
der Physik, dem zwei Permanent Fellows: Gábor Klaniczay,<br />
Professor der Mediävistik sowie Eörs Szathmáry, Professor für Biologie<br />
zur Seite stehen. Die Mitgliederversammlung, in der die Förderer<br />
vertreten sind, bestimmt die Richtlinien des Instituts. Roger Fauroux,<br />
ehemaliger französischer Minister und Président d’honneur von<br />
Saint Gobain war von 1998 bis <strong>2002</strong> deren Vorsitzender; sein Nachfolger<br />
in diesem Amt ist Charles Kleiber, Staatssekretär für Wissenschaft<br />
und Forschung der Schweiz. Ein wissenschaftlicher Beirat<br />
berät den Rektor bei den Einladungen. Im Wissenschaftlichen Beirat<br />
sind alle Disziplinen vertreten; er ist international besetzt. Seit Herbst<br />
1999 ist Helga Nowotny, Professorin für Wissenschaftssoziologie an<br />
der ETH Zürich und vormals Permanent Fellow am Collegium, Vorsitzende<br />
dieses Gremiums.<br />
In von Jahr zu Jahr wechselnden Fachkonstellationen und Schwerpunktbildungen<br />
soll im Collegium Budapest durch die Arbeit hervorragender<br />
Wissenschaftler aus Ost und West die Chance genutzt wer-<br />
Collegium<br />
Budapest
Modernisierung<br />
im östlichen<br />
Mitteleuropa<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 268<br />
den, in der Nachkriegszeit voneinander getrennte kulturelle und<br />
wissenschaftliche Traditionen wieder zusammenzuführen. Es werden<br />
jährlich bis zu 30 wissenschaftliche Mitglieder berufen, die jeweils<br />
für einen Zeitraum von bis zu 10 Monaten in Budapest arbeiten.<br />
Der wissenschaftliche Betrieb wurde 1992 aufgenommen. Seither<br />
sind mehr als 350 Wissenschaftler zu einem Aufenthalt an das<br />
Collegium eingeladen worden.<br />
Besondere Förderung erfahren jüngere Wissenschaftler aus Mittelund<br />
Osteuropa. Dazu schreibt das Collegium seit Beginn Junior-Fellowships<br />
aus. Durch dieses Verfahren bewarben sich in den vergangenen<br />
Jahren weit mehr als 500 Nachwuchswissenschaftler. In jedem<br />
Jahr werden daneben eine Reihe von Berufungen im Rahmen<br />
von Schwerpunktthemen ausgesprochen. Die thematischen Hauptgewichte<br />
dieser Schwerpunktgruppen liegen auf dem Prozess der<br />
Umgestaltung in Mittel- und Osteuropa, den vergleichenden Sozialund<br />
Geisteswissenschaften sowie der theoretischen Biologie.<br />
Für das am Collegium Budapest angesiedelte Projekt „Multiple Antiquities,<br />
Substitute Antiquities and Fragile Modernities in East Central<br />
Europe“ wurden durch die <strong>Stiftung</strong> ebenfalls Mittel bereit gestellt.<br />
Die Konstitution der europäischen Nationen im modernen Sinn ab<br />
Ende des 18. und dann vor allem im 19. Jahrhundert wurde bisher<br />
vor allem mit zwei komplementären Vorgängen in Zusammenhang<br />
gebracht: mit der Modernisierung der europäischen Gesellschaften<br />
und der damit einhergehenden Historisierung des Blicks, den diese<br />
auf sich selbst entwickelten. In diesem Modell wurde den ökonomischen<br />
und politischen Faktoren eine prägende Rolle zugeschrieben.<br />
Demgegenüber sind in den letzten beiden Jahrzehnten die kulturellen<br />
Einflüsse mehr in den Vordergrund getreten, insbesondere seit<br />
man von dem westeuropäischen Modell einen gewissen Abstand genommen<br />
und auch die mittel- und osteuropäischen Entwicklungen<br />
miteinbezogen hat. Der Prozess der Nationenbildung verlief in Europa<br />
nicht nur mit spezifischen zeitlichen Verzögerungen, sondern<br />
auch nach unterschiedlichen Modellen ab, die jedoch alle auf Homogenisierung<br />
zielten. Die Rolle der Geisteswissenschaften im Prozess<br />
der europäischen Nationenbildung ist noch nie übergreifend und<br />
vergleichend analysiert worden. Am Collegium Budapest soll die<br />
vergleichende politische Geschichte der Geisteswissenschaften in<br />
Angriff genommen werden, unter der spezifischen Frage nach dem<br />
Bild der Antike, das die verschiedenen Traditionen dieser Fächer in<br />
Europa geprägt hat. Die Konstruktionen von Antike und von Moderne<br />
standen nämlich in einem Wechselverhältnis. Kaum ein Moderne-Projekt<br />
war nicht begleitet von Bildern, Repräsentationen und<br />
Konstruktionen von Vergangenheit, so wie auf der anderen Seite<br />
kaum eine historische Rekonstruktion von antiker Vergangenheit<br />
ohne Bezug zu Modernisierungsentwürfen und den jeweiligen politischen<br />
Alternativen zu beobachten ist. Das Forschungsprojekt soll<br />
eine vergleichende Analyse des Zusammenhangs von Situationen
269<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />
langfristiger gesellschaftspolitischer Entscheidung und den jeweils<br />
spezifischen Auffassungen von Antike und Moderne durchführen,<br />
wobei die Unterschiede der verschiedenen Diskurstypen (Fachforschung,<br />
Populärwissenschaft, Pädagogik, politische Rhetorik) und<br />
ihrer Adressaten besondere Beachtung verdienen.<br />
An den Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en, Halle (Direktor: Prof. H. Obst), fördert<br />
die <strong>Stiftung</strong> ein Geisteswissenschaftliches Stipendienprogramm.<br />
Die Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en wurden von dem Theologen August<br />
Hermann Francke Ende des 17. Jahrhunderts gegründet und über<br />
Jahrhunderte als Schulstadt fortgeführt. Zu den <strong>Stiftung</strong>en gehören<br />
heute 19 pädagogische, soziale, wissenschaftliche und kulturelle<br />
Einrichtungen verschiedener Träger.<br />
Innerhalb des Förderprogrammes kooperieren drei wissenschaftlich<br />
arbeitende Institutionen: das „Studienzentrum August Hermann<br />
Francke“ mit Bibliothek und Archiv der Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en,<br />
das „Interdisziplinäre Zentrum für Pietismusforschung der Martin-<br />
Luther-Universität in Verbindung mit den Franckeschen <strong>Stiftung</strong>en“<br />
sowie das „Interdisziplinäre Zentrum zur Erforschung der Europäischen<br />
Aufklärung der Martin-Luther-Universität“.<br />
Das Förderprogramm widmet sich der Erforschung von Pietismus<br />
und Aufklärung im Zusammenhang mit der Geschichte der Institutionen,<br />
insbesondere des 18. Jahrhunderts, auch im internationalen<br />
Kontext und konzentriert sich auf folgende Themen:<br />
– Frömmigkeitsbewegungen in Europa vom 17. bis zum 19. Jahrhundert;<br />
– Hallescher Pietismus und europäische Aufklärung;<br />
– Evangelische Theologie und kirchliches Leben in Deutschland im<br />
18. und 19. Jahrhundert;<br />
– Kulturkontakte zu Rußland, Indien, Amerika, Holland, Ungarn im<br />
18. Jahrhundert.<br />
Innerhalb des allgemeinen Rahmenthemas werden jährlich sechs<br />
Forschungs- und sechs Doktoranden-Stipendien vergeben, um die<br />
Zusammenarbeit von Theologen, Philosophen, Historikern, Naturwissenschaftlern<br />
und Pädagogen in Halle zu fördern.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> förderte ein auf fünf Jahr befristetes<br />
„Gaststipendienprogramm“ am Max-Kade-Zentrum für deutschsprachige<br />
Gegenwartsliteratur an der Washington University, St. Louis,<br />
Mo. (Direktor: Prof. P. M. Lützeler).<br />
Das Max-Kade-Zentrum für deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />
ist vor siebzehn Jahren mit dem Ziel der Vertiefung des kulturellen<br />
Austausches zwischen den USA und den deutschsprachigen Ländern<br />
gegründet worden. Es erhält von über 140 Verlagen in den<br />
deutschsprachigen Ländern jährlich ca. 900 literarische Erstveröf-<br />
Franckesche<br />
<strong>Stiftung</strong>en<br />
Deutsche<br />
Gegenwartsliteratur
Columbia<br />
Law School<br />
Princeton<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 270<br />
fentlichungen. Als Gegenleistung erstellt das Zentrum kommentierte<br />
Jahresbibliographien, die German Departments oder Sections amerikanischer<br />
bzw. kanadischer Universitäten und deutschen Universitäten<br />
und Literaturarchiven zur Verfügung gestellt werden.<br />
Im Frühjahr 2000 besuchte Prof. E. Fischer-Lichte, im Frühjahr <strong>2001</strong><br />
Prof. H.-G. Bayerdörfer und im Frühjahr <strong>2002</strong> Prof. K. Scherpe das<br />
Zentrum. Die Wissenschaftler veranstalteten ein Wochenend-Seminar<br />
zur Gegenwartsliteratur oder hielten einen Vortrag bei einem<br />
Symposium an der Washington University.<br />
An der Columbia Law School, Columbia University, New York (Prof.<br />
D. W. Leebron, Dean) wurde 1999 ein „<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> Foundation Visiting<br />
Professorship in European Economic Law“ eingerichtet.<br />
Die Columbia Law School, New York, zählt zu den best ausgewiesenen<br />
juristischen Lehr- und Forschungseinrichtungen der USA. An<br />
der Law School wurde 1998 ein European Legal Studies Center gegründet.<br />
An diesem Center wird ein spezifisches, europaorientiertes<br />
Programm in Forschung und Lehre etabliert.<br />
An der Law School unterrichten eine Reihe von Professorinnen und<br />
Professoren unter anderem Recht mit Europabezug. Der Lehrstuhl ist<br />
ein wichtiger erster Schritt, um ein Curriculum zum Europäischen<br />
Wirtschaftsrecht zu entwickeln und einen anderen Gastlehrstuhl, der<br />
vorwiegend für das Europäische Öffentliche Recht eingerichtet worden<br />
ist, auf dessen Zielsetzung hin zu konzentrieren.<br />
<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> wurden berufen:<br />
– Prof. J.-V. Louis, European University Institute (Florenz), zu Geldpolitik<br />
und gemeinsamer Währung<br />
– Prof. K. Riechenberg, Europäischer Gerichtshof, zu Umweltvorschriften<br />
– Prof. D. Geradin, Collège d’Europe (Brügge) und Universität Lüttich,<br />
zu Vorschriften im Bereich Telekommunikation.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> fördert am Institute for Advanced Study,<br />
Princeton, ein Gaststipendienprogramm.<br />
Gegenstand der Initiative der <strong>Stiftung</strong> ist ein Stipendienprogramm<br />
für die „School of Historical Studies“ am Institute for Advanced<br />
Study in Princeton. Die „School of Historical Studies“ wurde 1935 als<br />
„School of Humanistic Studies“ gegründet. Die Verbindung mit der<br />
deutschen Wissenschaft war über Emigranten und deren Schüler bis<br />
in die sechziger Jahre besonders intensiv. Die wissenschaftliche Arbeit<br />
an den „Schools“ des Institute für Advanced Study ist geprägt<br />
durch die gleichzeitige Anwesenheit von ständigen „Faculty Members“,<br />
den „Members with Long-term Appointments“ sowie den „Visiting<br />
Members“. Die gemeinsamen Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
garantieren den „Visiting Members“ einen offenen Gedankenaustausch<br />
und eine intensive Arbeitsatmosphäre. Als Mitglieder des
271<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />
Instituts sind sie berechtigt, die Lehr- und Forschungseinrichtungen<br />
der Princeton University in vollem Umfang zu nutzen.<br />
Das Institut wird in die Lage versetzt, in größerem Umfang als bisher<br />
deutsche Wissenschaftler zu einem Forschungsaufenthalt einzuladen.<br />
Das Stipendienprogramm soll deutschen Wissenschaftlern, die<br />
den Disziplinen Altertumswissenschaften, Geschichtswissenschaft<br />
oder Kunstgeschichte angehören sollten, einen Forschungsaufenthalt<br />
ermöglichen. Die Auswahl der Stipendiaten erfolgt durch das Institute<br />
for Advanced Study.<br />
Am Deutschen Historischen Institut in Washington wurde <strong>2001</strong> ein<br />
„Jürgen-Heideking-Fellowship der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> für moderne<br />
und internationale Geschichte“ eingerichtet.<br />
Im Rahmen des Fellowshipprogramms werden Forschungen zur<br />
amerikanischen, deutschen und internationalen Geschichte sowie<br />
zur Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen unterstützt.<br />
Das Programm wird durch ein paralleles Fellowship des Annette<br />
Kade Charitable Trust Funds (New York City) ergänzt, das an<br />
Doktoranden vergeben wird. Dieses komplementäre Förderungsmodell<br />
zielt auf hochqualifizierte deutsche und amerikanische Wissenschaftler.<br />
Den von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützten Fellows<br />
soll ermöglicht werden, ein großes wissenschaftliches Projekt dem<br />
Abschluss zuzuführen und sich durch einen einjährigen Gastaufenthalt<br />
mit der akademischen Welt des jeweiligen anderen Landes zu<br />
vernetzen. Die Arbeitsorte der Fellows sind Washington, D.C., Köln<br />
und Madison, WI. Zielgruppe sind hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler,<br />
die eine abgeschlossene Promotion vorweisen können,<br />
aber noch keinen Lehrstuhl (full professorship) erhalten haben. Die<br />
Auswahl der Stipendiaten erfolgt durch eine gemeinsame Kommission<br />
des Deutschen Historischen Instituts Washington und des Historischen<br />
Seminars der Universität Köln.<br />
Das erste Heideking-Kade-Fellowship ging an Dr. Markus Hünemörder<br />
von der Universität München. Hünemörder arbeitet zum Thema<br />
„Conspiracy Theories in the Critical Period: The Society of the Cincinnati<br />
Scare“. Träger des ersten Jürgen-Heideking-Fellowships der<br />
<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> ist Dr. Frank P. Bies von der University of California<br />
in San Diego. Ab Sommer <strong>2002</strong> wird er sich dem Abschluss<br />
eines Buchmanuskripts zum Thema „The Protracted War: Returning<br />
POWs and the Making of East and West German Citizens,<br />
1945–1955“ widmen.<br />
Prof. E. Rothschild und Prof. G. Stedman-Jones, Direktoren des Centre<br />
for History and Economics, King’s College, Cambridge/GB, wurden<br />
Mittel für ein „Programme of exchange between German and<br />
British scholars in connection with research on 19th century historical<br />
political economy“, bewilligt.<br />
Das Programm ist der „Historischen Schule“ (Wilhelm Roscher,<br />
Bruno Hildebrand, Karl Knies und Gustav Schmoller) gewidmet. Die<br />
DHI<br />
Washington<br />
Cambridge
Jerusalem<br />
Weizmann<br />
Institute<br />
Vietnam<br />
Germanistik<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 272<br />
Programmkoordination wird von Professor Nancy Cartwright, Director<br />
of the Centre for the Philosophy of Natural and Social Sciences an<br />
der London School of Economics, wahrgenommen.<br />
Das Programm sieht vor, jährlich zwei ausgewiesenen deutschen<br />
Wissenschaftlern sowie zwei deutschen Nachwuchswissenschaftlern<br />
einen Aufenthalt in Cambridge sowie zwei Nachwuchswissenschaftlern<br />
aus Cambridge einen Aufenthalt an deutschen Institutionen zu<br />
ermöglichen.<br />
Prof. Y. Becker, International School for Molecular Biology and<br />
Microbiology, Hebrew University of Jerusalem, wurden Mittel zur<br />
Vergabe von Stipendien im Bereich der Medizinischen Mikrobiologie<br />
bereitgestellt.<br />
Mit Hilfe dieser Mittel konnten bisher drei palästinensische Studenten<br />
ihre Studien an der International School for Molecular Biology<br />
and Microbiology (ISMBM) in Jerusalem aufnehmen bzw. fortsetzen.<br />
Das Center for Experimental Physics am Weizmann Institute in Rehovot,<br />
Israel, erhält Mittel für ein auf drei Jahre befristetes Stipendienprogramm.<br />
Das Harari Center ist in erster Linie Fragestellungen im Bereich der<br />
Teilchenphysik gewidmet. Das durch die <strong>Stiftung</strong> finanzierte Programm<br />
soll deutschen Physikern einen Forschungsaufenthalt am<br />
Center ermöglichen.<br />
Im Berichtszeitraum wurde die Arbeit von Dr. Roman Krahne unterstützt,<br />
die sich mit dem „Ein-Elektron-Transistor“ und der Physik<br />
mesoskopischer Systeme (Nanophysik) beschäftigt.<br />
Es konnte eine elegante und neuartige Methode zur großflächigen<br />
Herstellung von Elektroden entwickelt werden, deren Abstände zueinander<br />
jeweils nur wenige Nanometer betragen. Die Grundidee<br />
ist, Elektrodenabstände durch Molekularstrahl-Epitaxie mit der Präzision<br />
von Bruchteilen eines Nanometers zu steuern.<br />
Bei dem Verfahren von Dr. Krahne wird eine durch Molekularstrahl-<br />
Epitaxie hergestellte III-V Halbleiter „Sandwich“-Struktur benutzt.<br />
Prof. C. H. Ngan, Hanoi University of Foreign Studies, Vietnam, erhält<br />
Fördermittel der <strong>Stiftung</strong> für die Teilnahme vietnamesischer<br />
Germanistik-Dozenten am Magister-Aufbaustudiengang „Deutsch<br />
als Fremdsprache“ an der Ramkhamhaeng University in Bangkok,<br />
Thailand.<br />
Deutsch wird in Vietnam zwar bereits seit über dreißig Jahren unterrichtet,<br />
aber bis Anfang der neunziger Jahre handelte es sich dabei<br />
ausschließlich um Intensiv-Sprachkurse, mittels derer vietnamesische<br />
Stipendiaten aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften auf<br />
ein Studium in der DDR vorbereitet wurden. – Der Aufbau einer Germanistik<br />
oder des Fachbereiches „Deutsch als Fremdsprache“ wurde<br />
unter den damaligen Bedingungen nicht in Erwägung gezogen. Von
273<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />
Abb. 18: Die Arbeit von Dr. R. Krahne am „Weizmann Institute of Science“ in Rehovot,<br />
Israel, wurde von der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> im Rahmen des Center for Experimental<br />
Physics unterstützt.
Nobelpreisträgertagung<br />
<strong>Stiftung</strong>sinitiative<br />
J. G. Herder<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 274<br />
daher fungierten als Deutsch-Dozenten neben den damaligen DDR-<br />
Lektoren ausschließlich ehemalige Stipendiaten aus den Ingenieurwissenschaften,<br />
die nach ihrer Rückkehr nach Vietnam entsprechend<br />
umgeschult worden waren. Erst nach der „Wende“ begann<br />
man in Vietnam mit dem Aufbau von B.A.-Studiengängen in Germanistik.<br />
Seit 1998 ist eine Vielzahl junger Deutsch-Absolventen am Hanoier<br />
Goethe-Institut in jeweils viermonatigen Spezialkursen in Methodik<br />
und Didaktik Deutsch als Fremdsprache ausgebildet worden. Die erfolgreichsten<br />
Teilnehmer unterrichten nun an den Deutsch-Abteilungen<br />
der Hochschulen. Neben regelmäßigen Fortbildungen in Methodik<br />
und Didaktik – am örtlichen Goethe-Institut – erhalten die<br />
Nachwuchslehrer Unterricht in Literaturwissenschaft und Linguistik<br />
und ebenfalls Anleitungen zum Unterricht in diesen Fächern. Dies<br />
geschieht zum einen im Rahmen der örtlichen DAAD-Fortbildungsmaßnahmen,<br />
zum anderen durch ihre Teilnahme an Veranstaltungen<br />
deutscher Gastprofessoren in Vietnam. Da es aus den eingangs<br />
genannten Gründen jedoch noch nicht möglich ist, in Vietnam einen<br />
Magister-Abschluss in Germanistik zu erreichen, verfügen die Absolventen<br />
noch über keine Möglichkeit einer formalen Weiterqualifikation<br />
im eigenen Land.<br />
Hier kann nun kurzfristig die Einladung der Bangkoker Ramkhamhaeng-Universität<br />
Abhilfe schaffen, deren Deutschabteilung den vietnamesischen<br />
Nachwuchsdozenten die Teilnahme an ihrem zweijährigen<br />
Magister-Aufbaustudiengang „Deutsch als Fremdsprache“<br />
ermöglicht.<br />
Seit 1951 finden in Lindau am Bodensee jährlich Tagungen der Nobelpreisträger<br />
statt. Sie werden vom Kuratorium für die Tagungen<br />
der Nobelpreisträger in Lindau e.V. (Präsidentin: Gräfin Sonja Bernadotte)<br />
veranstaltet. Aus allen Teilen der Welt kommen im Sommer<br />
Nobelpreisträger zusammen, um einen lebhaften Dialog zwischen<br />
Wissenschaftlern über Grenzen, Staaten und Generationen hinweg<br />
zu führen. Durch die Bereitstellung von Stipendien ermöglichte die<br />
<strong>Stiftung</strong> die Teilnahme von jungen Nachwuchswissenschaftlern an<br />
diesen Symposien.<br />
Auch mehr als zehn Jahre nach der friedlich Revolution in den Ländern<br />
Ostmittel- und Osteuropas stellt die dort gegebene Mangellage<br />
an den Hochschulen eine Herausforderung, auch für private Förderungseinrichtungen,<br />
dar. Nach wie vor fehlt es häufig an ausreichender<br />
technischer Ausstattung, aber auch an befähigten Lehrkräften.<br />
Die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> beteiligt sich daher gemeinsam mit der Alfried<br />
Krupp von Bohlen und Halbach-<strong>Stiftung</strong>, der Gemeinnützigen<br />
Hertie-<strong>Stiftung</strong>, der Robert Bosch <strong>Stiftung</strong> GmbH und dem Stifterverband<br />
für die Deutsche Wissenschaft an der <strong>Stiftung</strong>sinitiative „Johann<br />
Gottfried Herder“. Diese Initiative, deren Durchführung beim<br />
Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK) liegt, soll die Entsendung erfahrener,
275<br />
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME<br />
emeritierter deutscher Hochschullehrer zur Übernahme von Lehraufgaben<br />
an mittel- und osteuropäischen Hochschulen ermöglichen.<br />
Schon seit 2000 ermöglicht die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> der Alexander<br />
von Humboldt-<strong>Stiftung</strong>, Bonn, ein Sonderprogramm für den wissenschaftlich-kulturellen<br />
Wiederaufbau in Südosteuropa durchzuführen.<br />
Vorrangiges Ziel ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />
aus Südosteuropa schnell und unbürokratisch mit Fachkollegen in<br />
Deutschland in Kontakt zu bringen. Besonders jüngere Nachwuchswissenschaftler<br />
aus der vom Krieg betroffenen Region sollen in kurzen<br />
Forschungsaufenthalten von bis zu 5 Monaten, verteilt auf bis zu<br />
3 Jahre, neue wissenschaftliche Kontakte knüpfen. Pate stehen hierbei<br />
rund 1.400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Südosteuropa,<br />
die in den vergangenen viereinhalb Jahrzehnten von der<br />
Alexander von Humboldt-<strong>Stiftung</strong> als Forschungsstipendiaten und -<br />
preisträger („Humboldtianer“) gefördert wurden. 18 Humboldtianer<br />
haben bisher im Rahmen des Sonderprogramms ihr Forschungsstipendium<br />
in Deutschland nach längerer Unterbrechung fortgesetzt<br />
und 17 hochqualifizierte wissenschaftliche Nachwuchskräfte zum<br />
Abschluss ihrer Promotion oder Postdoc-Studien mit Fachkollegen an<br />
Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland bekannt<br />
gemacht. Nachhaltige Wirkung wird durch die Möglichkeit eines<br />
weiteren Forschungsaufenthaltes in Deutschland im Folgejahr erzielt.<br />
Zusätzlich fördern die beiden <strong>Stiftung</strong>en die Fortsetzung der<br />
Forschungsarbeit in den jeweiligen Heimatländern durch Bücherund<br />
kleinere Gerätespenden.<br />
Zur Förderung des regionalen Wissenschaftsdialogs können Humboldtianer<br />
im Rahmen des Sonderprogramms eine finanzielle Unterstützung<br />
zur Organisation und Durchführung von Fachtagungen zu<br />
Themen erhalten, die für sie besondere Priorität haben. Voraussetzung<br />
ist die Teilnahme von Wissenschaftlern aus mehreren Ländern<br />
der Region sowie die Einbeziehung von Wissenschaftlern aus<br />
Deutschland. Die Beteiligung von mindestens 25 Prozent Nachwuchswissenschaftlern<br />
ist erwünscht, die auf diese Weise an die Zusammenarbeit<br />
mit Wissenschaft und Forschung in Deutschland herangeführt<br />
werden. Bis Mai <strong>2002</strong> wurden bereits vier Tagungen erfolgreich<br />
veranstaltet, z. B. zum Thema „Valenztheorie – Bestandsaufnahme<br />
und Perspektiven“ mit 65 Teilnehmern aus 12 Ländern,<br />
„What is decisive for successful transition?“ mit 15 Vortragenden aus<br />
10 Ländern, „Zeitanalyse und Kulturkritik in der Philosophie des 20.<br />
Jahrhunderts: Die Jahre 1900–1918“ mit 27 Teilnehmern aus 7 Ländern<br />
sowie „Science and Higher Education. Legal Regulations in<br />
Central and South-Eastern European Countries“ mit 10 Vortragenden<br />
aus 10 Ländern.<br />
Die von beiden <strong>Stiftung</strong>en initiierte Südosteuropa-Tagung mit 80<br />
Humboldtianern aus 12 Ländern bildete die Plattform für einen grenzüberschreitenden<br />
Wissenschaftsdialog zu Themen wie die „Europäische<br />
Kultursynthese“, „Wissenschaftskulturen und Wissenschafts-<br />
Südosteuropa
INTERNATIONALE STIPENDIEN- UND AUSTAUSCHPROGRAMME 276<br />
sprachen“, „Fallbeispiele von interethnischen Konflikten“, „Die Zukunft<br />
des Staates“, „Justiz im Wandel – Gerichtsorganisation und Zivilverfahren<br />
in Südosteuropa“, „Historiker im Transformationsprozess<br />
zwischen Rückzug und Engagement“ und viele andere.<br />
Während der Tagung sind zahlreiche neue Anregungen zur grenzüberschreitenden<br />
Kooperation diskutiert und innovative Projektvorschläge<br />
zur Organisation von regionalen Fachtagungen erarbeitet<br />
worden.
Finanzübersicht<br />
Bilanz zum 31. Dezember <strong>2001</strong><br />
Aktiva<br />
Anlagevermögen<br />
FINANZÜBERSICHT 310<br />
Stand Ab- Stand<br />
1. 1. <strong>2001</strong> Zugang Abgang schreibung 31. 12. <strong>2001</strong><br />
€ € € € €<br />
Finanzanlagen<br />
Aktien der<br />
<strong>Thyssen</strong> Krupp AG<br />
im Nennwert von<br />
€ 65.372.160,00 92.377.985,82 92.377.985,82<br />
Sonstige Finanzanlagen 68.543.165,94 27.911.155,58 96.454.321,52<br />
160.921.151,76 27.911.155,58 188.832.307,34<br />
Sachanlagen<br />
Bebautes Grundstück 197.007,81 12.096,15 184.911,66<br />
Geschäftsausstattung 96.040,87 15.307,15 5.917,53 38.240,58 67.189,91<br />
Umlaufvermögen<br />
293.048,68 15.307,15 5.917,53 50.336,73 252.101,57<br />
Forderungen 5.563.145,70<br />
Kassenbestand 218,19<br />
Bankguthaben 199.936,59<br />
5.763.300,48<br />
194.847.709.39
311<br />
FINANZÜBERSICHT<br />
Kapital<br />
€ €<br />
Passiva<br />
<strong>Stiftung</strong>skapital 122.619.011,35<br />
Rücklagen<br />
Rücklage gemäß § 58 Ziff. 7a AO 41.281.480,00<br />
Rücklage für noch zu bewilligende<br />
Förderungsmaßnahmen 6.000.000,00<br />
47.281.480,00<br />
Ergebnisvortrag 2.061.037,25<br />
Rückstellungen<br />
Rückstellungen für bewilligte<br />
Zuwendungen an die Wissenschaft 20.621.513,53<br />
Pensionsrückstellungen 2.201.217,00<br />
Verbindlichkeiten<br />
22.822.730,53<br />
63.450,26<br />
194.847.709,39
313<br />
FINANZÜBERSICHT<br />
Ertrags- und Aufwandsrechnung<br />
<strong>2001</strong><br />
Erträge<br />
Erträge aus dem <strong>Stiftung</strong>svermögen<br />
€ €<br />
Erträge aus Beteiligungen 19.152.000,00<br />
Erträge aus Investmentfonds 3.254.830,97<br />
Zinserträge 531.616,38<br />
Sonstige Erträge 1.972,21<br />
Aufwendungen<br />
Zuwendungen an die Wissenschaft 13.837.094,73<br />
Erstattungen und Auflösungen<br />
von Rückstellungen – 665.486,51<br />
Rückfluß aus Druckbeihilfen – 21.470,30<br />
22.940.419,56<br />
13.150.137,92<br />
Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit 32.469,14<br />
Aufwendungen für <strong>Stiftung</strong>sgremien 12.270,96<br />
Verwaltungskosten 1.026.763,34<br />
Abschreibungen auf Sachanlagen 50.336,73<br />
Jahresergebnis<br />
14.271.978,09<br />
8.668.441,47<br />
Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr 1.919.075,78<br />
Entnahme aus der Rücklage für noch<br />
zu bewilligende Förderungsmaßnahmen 5.113.000,00<br />
Einstellung in die Rücklage für noch<br />
zu bewilligende Förderungsmaßnahmen – 6.000.000,00<br />
Einstellung in die Rücklage<br />
gemäß § 58 Ziffer 7a AO – 7.639.480,00<br />
Ergebnisvortrag 2.061.037,25
Bewilligte Mittel <strong>2001</strong> nach Förderungsbereichen<br />
und Förderungsarten<br />
FINANZÜBERSICHT 314<br />
Projekte Stipendien<br />
€ €<br />
Geschichte, Sprache und Kultur 7.174.350,93 426.940,35<br />
Bild und Bildlichkeit 42.938,00<br />
Staat, Wirtschaft und Gesellschaft 1.365.161,00 82.391,00<br />
Internationale Beziehungen 743.821,94 56.976,00<br />
Medizin und 1.664.037,00 130.615,00<br />
Naturwissenschaften 3.640,79<br />
Internationale Stipendienund<br />
Austauschprogramme 573.543,29<br />
10.947.370,87 1.317.044,43
315<br />
FINANZÜBERSICHT<br />
Wissenschaftliche<br />
Veranstaltungen Druckbeihilfen Sonstiges insgesamt<br />
€ € € €<br />
668.406,14 286.208,00 123.436,14 8.679.341,56<br />
35.489,44 78.427,44<br />
207.854,00 23.311,00 23.489,22 1.702.206,22<br />
82.482,00 14.581,00 12.808,88 910.669,82<br />
65.982,00 28.631,61 1.889.265,61<br />
3.640,79<br />
573.543,29<br />
1.060.213,58 324.100,00 188.365,85 13.837.094,73<br />
Vorstand: Jürgen Chr. Regge
FINANZÜBERSICHT 316<br />
Auszug aus dem Bericht der PwC Deutsche Revision AG zur Prüfung des<br />
Rechnungswesens und des Jahresabschlusses der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
zum 31. Dezember <strong>2001</strong>.
317 Anhang<br />
Bibliographie der in den Jahren <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> mit Unterstützung<br />
der <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> erschienenen Publikationen<br />
Die Bibliographie verzeichnet nach Sachgebieten sowohl Monographien<br />
als auch unselbständig erschienene Schriften der Berichtsjahre<br />
<strong>2001</strong>/<strong>2002</strong> sowie Nachträge aus vergangenen Jahren, die aus<br />
Projekten und Stipendien hervorgegangen oder durch Druckkostenoder<br />
sonstige Beihilfen unterstützt worden sind.<br />
Philosophie<br />
Anfänge der DDR-Philosophie. Ansprüche, Ohnmacht, Scheitern.<br />
Volker Gerhardt; Hans-Christoph Rauh [Hg.]. – Berlin: Links, <strong>2001</strong>.<br />
567 S. (Forschungen zur DDR-Gesellschaft)<br />
Bayer, Oswald, unter Mitarb. von Benjamin Gleede und Ulrich<br />
Moustakas: Vernunft ist Sprache. Hamanns Metakritik Kants. –<br />
Stuttgart-Bad Cannstadt: frommann-holzboog, <strong>2002</strong>. XIV, 504 S.<br />
(Spekulation und Erfahrung: Texte und Untersuchungen zum Deutschen<br />
Idealismus; Abt. 2: Untersuchungen; Bd. 50)<br />
Daiber, Hans: Die Aristotelesrezeption in der syrischen Literatur. –<br />
In: Die Gegenwart des Altertums. Formen und Funktionen des<br />
Altertumsbezugs in den Hochkulturen der Alten Welt. Ed. by. Dieter<br />
Kuhn und Helga Stahl. Heidelberg <strong>2001</strong>. S. 327–345.<br />
Dilthey, Wilhelm: Sobranie Sočinenij v sˇesti tomach. Pod obsˇčej<br />
redakciej: A. V. Michajlova i N. S. Plotnikova. – Moskva: Dom intellektualnoj<br />
knigi.<br />
Tom 1. Vvedenie v nauki o duche ... . Perevod s nemeckogo pod<br />
redakciej: V. S. Malachova. 2000. 762 S.<br />
Tom 4. Germenevtika i teorija literatury. Perevod s nemeckogo pod<br />
redakciej: V. V. Bibichina i N. S. Plotnikova. <strong>2001</strong>. 531 S.<br />
Eberhard, Johann August: Neue Apologie des Sokrates, oder Untersuchung<br />
der Lehre von der Seligkeit der Heiden. – Hildesheim usw.:<br />
Olms-Weidmann. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Philosophie)<br />
Bd. 2. Nachdr. der Ausg. Berlin, Stettin, Nicolai, 1778. <strong>2001</strong>. 528 S.<br />
Eberhard, Johann August: Ueber Staatsverfassungen und ihre Verbesserungen.<br />
Nachdr. der Ausg. Berlin 1793 und 1794. Hrsg. von<br />
Walter Sparn. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. 136 S.<br />
(Historia Scientiarum: Fachgebiet Philosophie)<br />
Erkenntnistheorie. Positionen zwischen Tradition und Gegenwart.<br />
Thomas Grundmann [Hrsg.]. – Paderborn: mentis Verl., <strong>2001</strong>. 417 S.
ANHANG 318<br />
Farrenkopf, John: Prophet of decline. Spengler on world history and<br />
politics. – Baton Rouge: Louisiana State Univ. Pr., <strong>2001</strong>. XVII, 304 S.<br />
Feuerbach, Paul Johann Anselm: Ueber Philosophie und Empirie in<br />
ihrem Verhältnisse zur positiven Rechtswissenschaft. Eine Antrittsrede<br />
(1804). [Nachdr. der Ausg. Landshut, Attenkofer, 1804]. Mit<br />
einer Einführung von Wolfgang Naucke. – Baden-Baden: Nomos<br />
Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XVIII, 40 S. (Juristische Zeitgeschichte: Kleine<br />
Reihe; Bd. 3)<br />
Gädeke, Nora: Ein „Who is Who“ der europäischen Gelehrten des<br />
17. Jahrhunderts in Leibniz’ Hand. Eine Ausstellung der Niedersächsischen<br />
Landesbibliothek Hannover vom 30. Mai bis 15. August<br />
<strong>2002</strong>. – Hameln: Niedermeyer, <strong>2002</strong>. 16 S. (Lesesaal – Kleine Spezialitäten<br />
aus der Niedersächsischen Landesbibliothek; H. 2)<br />
Germenevtika Psichologija Istorija. Vilgelm Diltej isovremennja filosofija.<br />
Pod red. H. C. Plotnikova. – Moskva: Tri Kvadrata, <strong>2002</strong>.<br />
208 S.<br />
[Hermeneutics, psychology, history. Wilhelm Dilthey and the contemporary<br />
philosophy]<br />
Gretić, Goran: Sloboda i vremenitost bitka. Bergson i Heidegger. –<br />
Zagreb: Demetra, <strong>2002</strong>. IX, 280 S. (Demetra filosofska biblioteka)<br />
Greve, Ylva: Naturrecht und „Criminalpsychologie“. – In: Legitimation,<br />
Kritik und Reform. Naturrecht und Staat im 18. und 19. Jahrhundert.<br />
Hrsg.: Diethelm Klippel. Wien 2000. (Zeitschrift für Neuere<br />
Rechtsgeschichte, 2000, H. 1). S. 69–94.<br />
Günzel, Stefan: Geophilosophie. Nietzsches philosophische Geographie.<br />
– Berlin: Akademie Verl., <strong>2001</strong>. 337 S.<br />
Günzel, Stefan: Nietzsches philosophische Geographie. – In: Nietzsches<br />
Labyrinthe. Weimar <strong>2001</strong>. S. 102–126.<br />
Günzel, Stefan: Nietzsches philosophische Geographie. Eine geophilosophische<br />
Propädeutik. – In: Zeitenwende – Wertewende. Berlin<br />
<strong>2001</strong>. S. 279–285.<br />
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Naukata Logika. Prva čast. Obektivnata<br />
logika. [Hrsg.:] Genčo Dončev. – Sofija: Izd. Evropa, <strong>2001</strong>.<br />
743 S. (Das geistige Erbe Deutschlands; No. 2)<br />
[Wissenschaft der Logik. T.1: Die objektive Logik]<br />
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Naukata Logika. Vtora čast. Obektivnata<br />
logika ili učenieto za ponjatieto. [Hrsg.:] Genčo Dončev. – Sofija:<br />
Izd. Evropa, <strong>2001</strong>. 335 S. (Das geistige Erbe Deutschlands; No. 3)<br />
[Wissenschaft der Logik. T. 2: Die subjektive Logik oder die Lehre<br />
vom Begriff]<br />
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Über die Reichsverfassung. Hrsg. von<br />
Hans Maier. Nach der Textfass. von Kurt Rainer Meist. – München:<br />
Beck, <strong>2002</strong>. 275 S. (Bibliothek des deutschen Staatsdenkens; Bd. 10)
319<br />
ANHANG<br />
Interpretationen der Wahrheit. Günter Figal [Hrsg.] in redaktioneller<br />
Zusammenarbeit mit Frank Rebmann. Allgemeine Gesellschaft<br />
für Philosophie in Deutschland (Tübingen). – Tübingen: Attempto-<br />
Verl., <strong>2002</strong>. 303 S. (Tübinger Phänomenologische Bibliothek)<br />
Kabashima, Hiroshi: Attentat, Terror, Gerechtigkeit. Eine vergleichende<br />
Studie zu B. Savinkov, J. Osaragi, K. Takahashi und A.<br />
Camus. – Würzburg: ERGON Verl., <strong>2002</strong>. 263 S. (Spektrum Philosophie;<br />
Bd. 23)<br />
Kultur – Kunst – Öffentlichkeit. Philosophische Perspektiven auf<br />
praktische Probleme. Festschrift für Otto Pöggeler zum 70. Geburtstag.<br />
Hrsg. von Annemarie Gethmann-Siefert und Elisabeth Weisser-<br />
Lohmann. – München: Fink, <strong>2001</strong>. 289 S.<br />
Kunst – Zeugung – Geburt. Theorien und Metaphern ästhetischer<br />
Produktion in der Neuzeit. Christian Begemann; David E. Wellbery<br />
[Hg.]. – Freiburg i.Br.: Rombach, <strong>2002</strong>. 423 S.<br />
(Rombach Wissenschaften: Reihe Litterae; Bd. 82)<br />
Kwon, Jeong-Im: Hegels Bestimmung der Kunst. Die Bedeutung der<br />
„symbolischen Kunstform“ in Hegels Ästhetik. – München: Fink,<br />
<strong>2001</strong>. 355 S.<br />
Zugl.: Hagen, FernUniv., Diss., 1998<br />
Lukian: Philopseydeis ē apistōn. Die Lügenfreunde oder: der Ungläubige.<br />
Eingel., übers. und mit interpretierenden Essays vers. von<br />
Martin Ebner ... . – Darmstadt: Wiss. Buchges., <strong>2001</strong>. 214 S. (SAPERE<br />
– Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam REligionemque pertinentia;<br />
Bd. 3)<br />
Martha C. Nussbaum. Ethics and political philosophy. Lecture and<br />
colloquium in Münster 2000. Angela Kallhoff [ed.]. – Münster: LIT,<br />
<strong>2001</strong>. 152 S. (Münsteraner Vorlesungen zur Philosophie; Bd. 4)<br />
Peetz, Siegbert: Kann Rhetorik Philosophie sein. Ciceros Erfahrung<br />
mit der Urteilskraft. – In: Erfahrung und Urteilskraft. Hrsg. von Rainer<br />
Enskat. Würzburg <strong>2001</strong>. S. 55–70.<br />
Philosophische Denkrichtungen. Hrsg. von Johannes Rohbeck. Red.:<br />
Peter-Ulrich Philipsen. – Dresden: Thelem, <strong>2001</strong>. (Dresdner Hefte für<br />
Philosophie; H. 4; Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik; 2)<br />
Platon als Mythologe. Neue Interpretationen zu den Mythen in Platons<br />
Dialogen. Markus Janka; Christian Schäfer [Hrsg.]. – Darmstadt:<br />
Wiss. Buchges., <strong>2002</strong>. VI, 326 S.<br />
Probleme der Subjektivität in Geschichte und Gegenwart / Heidemann.<br />
Dietmar H. Heidemann (Hrsg.). – Stuttgart: Stuttgart – Bad<br />
Cannstatt: frommann-holzboog, <strong>2002</strong>. 310 S. (Problemata; 146)<br />
Rahman, Shahid; Helge Rückert: Dialogical connexive logic. – In:<br />
Synthese. 127. <strong>2001</strong>. S. 105–139.
ANHANG 320<br />
„Eine Religion in philosophischer Form auf naturwissenschaftlicher<br />
Grundlage“. Gideon Spickers Religionsphilosophie im Kontext seines<br />
Lebens, seines Werkes, seiner Zeit. Zweites Gideon-Spicker-<br />
Symposion. Hrsg. von Ulrich Hoyer und Harald Schwaetzer. – Hildesheim<br />
usw.: Olms, <strong>2002</strong>. 255 S. (Philosophische Texte und Studien;<br />
Bd. 65)<br />
Rentsch, Thomas, und Johannes Rohbeck: Essays schreiben – aber<br />
mit Methode. Hinweise. – In: Information Philosophie. Jg. 30, H. 1.<br />
<strong>2002</strong>. S. 48–52.<br />
Der Rheinische Reformkreis. Dokumente zu Modernismus und<br />
Reformkatholizismus 1942–1955. Nach Vorarb. von Uwe Scharfenecker<br />
unter Mitarb. von Andreas Ochs und Barbara Wieland<br />
hrsg. von Hubert Wolf und Claus Arnold. – Paderborn usw.: Schöningh,<br />
<strong>2001</strong>.<br />
Bd. 1. VI, 667 S.<br />
Bd. 2. VI, 753 S.<br />
Rohbeck, Johannes: Denkrichtungen der Philosophie in didaktischer<br />
Perspektive. – In: Information Philosophie. Jg. 29, H. 5. <strong>2001</strong>.<br />
S. 66–71.<br />
Rohbeck, Johannes: Didaktische Potentiale philosophischer Denkrichtungen.<br />
– In: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik.<br />
2000, H. 2. S. 82–93.<br />
Rohbeck, Johannes: Methoden des Philosophie- und Ethikunterrichts.<br />
– In: Methoden des Philosophierens. Hrsg.: Johannes Rohbeck.<br />
(Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik; 1) Dresden<br />
2000. S. 146–174.<br />
Rohbeck, Johannes: Philosophische Kompetenzen. – In: Zeitschrift<br />
für Didaktik der Philosophie und Ethik. <strong>2001</strong>, H. 2. S. 86–94.<br />
Rohbeck, Johannes: Zehn Arten einen Text zu lesen. – In: Philosophische<br />
Ethik. 23. <strong>2001</strong>. S. 186–292.<br />
Rückert, Helge; Shahid Rahman: New perspectives in dialogical<br />
logic. Preface. – In: Synthese. 127. <strong>2001</strong>. S. 1–6.<br />
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Werke – Historisch-kritische<br />
Ausgabe. Im Auftr. der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie<br />
der Wissenschaften hrsg. von Hans Michael Baumgartner;<br />
Wilhelm G. Jacobs ... . – Stuttgart: frommann-holzboog.<br />
7. Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie. Hrsg. von<br />
Wilhelm G. Jacobs und Paul Ziche. <strong>2001</strong>. VIII,539 S.<br />
Schröder, Jürgen: Die Sprache des Denkens. – Würzburg: Königshausen<br />
& Neumann, <strong>2001</strong>. 249 S.<br />
Spinoza im Deutschland des achtzehnten Jahrhunderts. Zur Erinnerung<br />
and Hans-Christian Lucas. Hrsg. von Eva Schürmann, Norbert<br />
Waszek und Frank Weinreich. – Stuttgart – Bad Cannstatt: from-
321<br />
ANHANG<br />
mann-holzboog, <strong>2002</strong>. 293 S. (Spekulation und Erfahrung; Abt. 2:<br />
Untersuchungen; Bd. 44)<br />
Staat, Politik und Recht beim frühen Hegel. Michael Henkel [Hrsg.].<br />
– Berlin: Berlin Verl. Arno Spitz, <strong>2002</strong>. 173. (Schriften des Hellmuth-<br />
Loening-Zentrums für Staatswissenschaften Jena; Bd. 12)<br />
Takahashi, Hidemi: Simeon of Qal c a Rumaita, Patriarch Philoxenus<br />
Nemrod and Bar c Ebroyo. – In: Hugoye. Journal of Syriac Studies.<br />
4,1. <strong>2001</strong>. S. 1–25.<br />
Wahrnehmung der Natur – Natur der Wahrnehmung. Studien zur<br />
Geschichte visueller Kultur um 1800. Hrsg. von Gabriele Dürbeck,<br />
Bettina Gockel ... . - Dresden: Verl. der Kunst, <strong>2001</strong>. 319 S.<br />
Ziche, Paul: Gehört das Ich zur Natur? Geistige und organische<br />
Natur in Schellings Naturphilosophie. – In: Philosophisches Jahrbuch.<br />
108. <strong>2001</strong>. S. 41–57.<br />
Theologie und Religionswissenschaft<br />
Die deutsche Reformation zwischen Spätmittelalter und Früher<br />
Neuzeit. Hrsg. von Thomas A. Brady unter Mitw. von Elisabeth Müller-Luckner.<br />
– München: Oldenbourg, <strong>2001</strong>. XX, 258 S. (Schriften<br />
des Historischen Kollegs: Kolloquien; 50)<br />
Dion von Prusa: Olympikos ē peri tēs prōtes yops theoy ennoias =<br />
Olympische Rede oder über die erste Erkenntnis Gottes. Eingel.,<br />
übers. und interpretiert von Hans-Josef Klauck. Mit einem archäolog.<br />
Beitr. von Balbina Bäbler. 2. Aufl. - Darmstadt: Wiss. Buchges.,<br />
<strong>2002</strong>. 250 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam<br />
REligionemque pertinentia; Bd. 2)<br />
Dochhorn, Jan: Ein Inschriftenfund auf Panchaia. Zur Ιέρα<br />
Αναγρα�ή des Euhemeros von Messene. – In: Münsteraner Judaistische<br />
Studien. Bd. 6. 2000. S. 265–295.<br />
Dochhorn, Jan: Porphyrius über Sanchuniathon. Quellenkritische<br />
Überlegungen zu Praep Ev 1, 9, 21. – In: Die Welt des Orients.<br />
Bd. 32. <strong>2002</strong>. S. 121–145.<br />
Dochhorn, Jan: Vegetationskult in der Urzeit. Euseb, P. E. 1, 10, 6–7<br />
und die Anfänge der Kultur- und Religionsgeschichte bei Philo von<br />
Byblos. – In: Rheinisches Museum für Philologie. N. F. 144. <strong>2001</strong>.<br />
S. 397–429.<br />
Dochhorn, Jan: Zur Entstehungsgeschichte der Religion bei Euthemeros<br />
– mit einem Ausblick auf Philo von Byblos. – In: Zeitschrift für<br />
Religions- und Geistesgeschichte. 53. <strong>2001</strong>. S. 289–301.<br />
Godman, Peter: Die geheime Inquisition. Aus den verbotenen Archiven<br />
des Vatikans. Übers. von Monika Noll und Ulrich Enderwitz,<br />
Ulrich. – München: List, <strong>2001</strong>. 399 S.
ANHANG 322<br />
Jansenismus, Quietismus, Pietismus. Im Auftrag der Historischen<br />
Kommission zur Erforschung des Pietismus. Hrsg. von Hartmut Lehmann;<br />
Hans-Jürgen Schrader und Heinz Schilling. – Göttingen:<br />
Vandenhoeck & Ruprecht, <strong>2002</strong>. 298 S. (Arbeiten zur Geschichte des<br />
Pietismus; Bd. 42)<br />
Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Hrsg. von: Lichtenberger,<br />
Hermann ... . – Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.<br />
Bd. 6. Supplementa. Einführung zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer<br />
Zeit. Hrsg. von Hermann Lichtenberger und<br />
Gerbern S. Oegema. Lfg. 1,5. Oegema, Gerbern S.: Apokalypsen.<br />
<strong>2001</strong>. IX, 209 S.<br />
Müller, Hans-Peter: Eva und das Paradies. – In: Alter Orient und<br />
Altes Testament. Bd. 281. <strong>2002</strong>. S. 501–510.<br />
Müller, Hans-Peter: History-oriented foundations myths in Israel<br />
and its environment. – In: Studies in Theology and Religion (STAR).<br />
3. <strong>2001</strong>. S. 156–168.<br />
Müller, Hans-Peter: „Jhwh gebe seinem Volke Kraft“. Zum Hintergrund<br />
der alttestamentlichen Geschichtsreligion. – In: Zeitschrift für<br />
Theologie und Kirche. 98. <strong>2001</strong>. S. 265–281.<br />
Müller, Hans-Peter: Der Libanon in altorientalischen Quellen und<br />
im Hohen Lied. Paradigma einer poetischen Topographie. – In: Zeitschrift<br />
des Deutschen Palästina-Vereins. 117,1. <strong>2001</strong>. S. 116–128.<br />
Müller, Hans-Peter: Der Mond und die Plejaden. Griechisch-orientalische<br />
Parallelen. – In: Vetus Testamentum. LI, 2. Leiden <strong>2001</strong>.<br />
S. 206–218)<br />
Müller, Hans-Peter: Ein phönizischer Totenpapyrus aus Malta. – In:<br />
Journal of Semitic Studies. 46. <strong>2001</strong>. S. 251–265.<br />
Müller, Hans-Peter: Religion [der Phönizier und Punier]. – In: Der<br />
Neue Pauly – Enzyklopädie der Antike. Bd. 9. Altertum. Stuttgart;<br />
Weimar <strong>2001</strong>. Sp. 931–933.<br />
Müller, Hans-Peter: Ein wanderndes Kulturwort? Isoglossen zu Phönizisch<br />
HBRK KAI 26 A I 1( 1 ). – In: Rivista di Studi Fenici. Vol. 29,1.<br />
<strong>2001</strong>. S. 13–26.<br />
Mu’g˘am al-samā’āt al-dimasˇqiyya. Recueil de documents fac-similés<br />
des certificats d’audition à Damas 550–750h. / 1155–1349. [Eds.]:<br />
Stefan Leder; Yāsīn Muhammad al-Sawwās; Ma’mūn al-Sāg˙arg˘ī.<br />
Institut Français d’Etudes Arabes de Damas; Deutsches Archäologisches<br />
Institut in Damaskus. – Damaskus, 2000.<br />
Plutarch: Ei kalōs eirētai to lathe biosas = Ist „Lebe im Verborgenen“<br />
eine gute Lebensregel? Eingel., übers. und mit interpretierenden<br />
Essays vers. von Ulrich Berner ... . 2. Aufl. - Darmstadt: Wiss.<br />
Buchges., <strong>2001</strong>. 176 S. (SAPERE – Scripta Antiquitatis Posterioris ad<br />
Ethicam REligionemque pertinentia; Bd. 1)
323<br />
ANHANG<br />
Reventlow, Henning Graf: Epochen der Bibelauslegung. – München:<br />
Beck. Bd. 4. Von der Aufklärung bis zum 20. Jahrhundert. <strong>2001</strong>. 448 S.<br />
Sauter, Gerhard: Evangelische Theologie an der Jahrtausendschwelle.<br />
– Leipzig: Evangelische Verl.-Anst., <strong>2002</strong>. 118 S. (Forum<br />
Theologische Literaturzeitung; H. 4)<br />
Stumpf, Christoph A.: Vom heiligen Krieg zum gerechten Krieg. Ein<br />
Beitrag zur alttestamentlichen und augustinischen Tradition des<br />
kanonistischen Kriegsvölkerrechts bei Gratian. – In: Zeitschrift der<br />
Savigny-<strong>Stiftung</strong> für Rechtsgeschichte. Bd. 118. Kan. Abt. <strong>2001</strong>.<br />
S. 1–30.<br />
Tillich, Paul: Berliner Vorlesungen I (1919–1920): Das Christentum<br />
und die Gesellschaftsprobleme der Gegenwart (1919) ... . Hrsg. und<br />
mit einer histor. Einl. vers. von Erdmann Sturm. – Berlin; New York:<br />
de Gruyter, <strong>2001</strong>. XXI, 667 S. (Ergänzungs- und Nachlaßbände zu<br />
den Gesammelten Werken von Paul Tillich; Bd. 12)<br />
Unbedingtes Verstehen?! Fundamentaltheologie zwischen Erstphilosophie<br />
und Hermeneutik. Joachim Valentin; Saskia Wendel [Hg.].<br />
– Regensburg: Pustet, <strong>2001</strong>. 181 S.<br />
Geschichtswissenschaften<br />
Ab Imperio. Theory and history of nationalism and empire in the<br />
Post-Soviet space.<br />
Ilya V. Gerasimov; Serguei V. Glebov; Alexandre P. Kaplounovski<br />
[russ. Hrsg.]. Seymour Becker et al. [amerikan.Hrsg.]. – No. 2. –<br />
Kazan/Russia, <strong>2002</strong>.<br />
[Interdisziplinäre Ost-West-Vierteljahreszeitschrift]<br />
Afflerbach, Holger: Der Dreibund. Europäische Großmacht- und<br />
Allianzpolitik vor dem Ersten Weltkrieg. – Wien usw.: Böhlau, <strong>2002</strong>.<br />
983 S. (Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte<br />
Österreichs; Bd. 92)<br />
Arbusˇauskaite˙ , Arūne˙ Liucija: Gyventoju˛ mainai tarp Lietuvos ir<br />
Vokietijos pagal 1941 met? sausio 10 dienos sutart . – Klaipeda: S.<br />
Jokuzˇio leidykla-spaustuve˙ , <strong>2002</strong>. 310 S [Zusammenfassung in deutscher<br />
Sprache S. 287–294 u. d. T.: Der Bevölkerungsaustausch zwischen<br />
Litauen und Deutschland gemäß dem Vertrag vom 10. 1. 1941]<br />
Arisierung und Restitution. Die Rückerstattung jüdischen Eigentums<br />
in Deutschland und Österreich nach 1945 und 1989. Hrsg. von<br />
Constantin Goschler und Jürgen Lillteicher. – Göttingen: Wallstein,<br />
<strong>2002</strong>. 286 S.<br />
Balde, Jakob: Panegyricus Equestris (1628). Edition und Übersetzung<br />
mit einem historischen Kommentar. Hrsg. von Veronika Lukas<br />
und Stephanie Haberer. Red.: Theresia Hörmann und Eva-Maria<br />
Seitz. – Augsburg: Wißner, <strong>2002</strong>. 200 S. (Documenta Augustana;<br />
Bd. 8)<br />
j
ANHANG 324<br />
Baur, Siegfried: Franz Leopold Ranke, the Ranke Library at Syracuse,<br />
and the open future of scientific history. – In: Syracuse University<br />
Library Associates Courier. 33. 1998–<strong>2001</strong>. S. 7–41.<br />
Becher, Johann Joachim: Chymisches Laboratorium, oder Untererdische<br />
Naturkündigung. Nachdr. der Ausg. Frankfurt (Main),<br />
Haaß, 1680. Hrsg. von Hans-Werner Schütt. – Hildesheim usw.:<br />
Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Chemie)<br />
Teilbd. 1. XX, 341 S.<br />
Teilbd. 2. S. 342–732.<br />
Becher, Johann Joachim: Experimentum chymicum novum oder<br />
neue chymische Prob, worinnen die künstliche gleich-darstellige<br />
Transmutation oder Verwandelung derer Metallen augenscheinlich<br />
dargethan. An statt einer Zugabe in die Physicam subterraneam ... .<br />
Nachdr. der Ausg. Frankfurt [Main], 1680. Hrsg. von Hans-Werner<br />
Schütt. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. 192, 175, 156 S.<br />
(Historia Scientiarum: Fachgebiet Chemie)<br />
Bohemismus-Diskurs. Hrsg.: Steffen Höhne. Deutscher Akademischer<br />
Austauschdienst.– Bonn: DAAD, <strong>2002</strong>. 308 S. (Germanistisches<br />
Jahrbuch Tschechien – Slowakei; 2000)<br />
Brenner, Christiane: Mir träumte von Teddy Thälmann ... : Sozialistische<br />
Helden. Eine Kulturgeschichte von Propagandafiguren in<br />
Osteuropa und der DDR. – In: Bohemia Band. 42. <strong>2001</strong>. S. 426–429.<br />
Burgdorf, Wolfgang: Der Untergang der Reichskirche und die Subdelegationskommission<br />
für das transrhenanische Sustentationswesen.<br />
– In: Das Reichskammergericht am Ende des Alten Reiches und<br />
sein Fortwirken im 19. Jahrhundert. Köln usw. <strong>2002</strong>. S. 143–188.<br />
China’s communist revolutions. Fifty years of the People’s Republic<br />
of China. Ed. by Werner Draguhn, David S.G. Goodman. – London:<br />
RoutledgeCurzon, <strong>2002</strong>. VI, 279 S.<br />
Cornelißen, Christoph: Gerhard Ritter. Geschichtswissenschaft und<br />
Politik im 20. Jahrhundert. – Düsseldorf: Droste, <strong>2001</strong>. X, 757 S.<br />
(Schriften des Bundesarchivs; 58)<br />
Zugl.: Düsseldorf, Univ., Phil.Fak., Habil.-Schr., 1999/2000<br />
Corpus der älteren Germania-Karten. Ein annotierter Katalog der<br />
gedruckten Gesamtkarten des deutschen Raumes von den Anfängen<br />
bis um 1650. Bearb. von Peter H. Meurer. – Alphen aan den<br />
Rijn: Uitgeverij Canaletto / Repro- Holland, <strong>2001</strong>. XII, 504 S. + Schuber<br />
mit zahlr. Karten<br />
Deutsch-amerikanische Begegnungen. Hrsg. von Frank Trommler<br />
und Elliott Shore. – Stuttgart: Deutsche Verl.-Anst., <strong>2001</strong>. 456 S.<br />
Deutsche im amerikanischen Bürgerkrieg. Briefe von Front und<br />
Farm 1861–1865. Hrsg. von Wolfgang Helbich; Walter D. Kamphoefner.<br />
– Paderborn usw. Schöningh, <strong>2002</strong>. 580 S.
325<br />
ANHANG<br />
Die Dresdener Konferenz 1850/51. Föderalisierung des Deutschen<br />
Bundes versus Machtinteressen der Einzelstaaten. Hrsg. von Jonas<br />
Flöter und Günther Wartenberg. – Leipzig: Leipziger Univ.-Verl.,<br />
<strong>2002</strong>. 371 S. (Schriften zur sächsischen Landesgeschichte; Bd. 4)<br />
Eberhard, Johann August: Der Geist des Urchristentums. Hrsg. von<br />
Walter Sparn. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2002</strong>. (Historia<br />
Scientiarum: Fachgebiet Philosophie und Theologie)<br />
1. Nachdr. der Ausg. Halle, Renger, 1807. VIII, 416 S.<br />
2. Nachdr. der Ausg. Halle, Renger, 1807. VIII, 462 S.<br />
3. Nachdr. der Ausg. Halle, Renger, 1808. XIV, 386 S.<br />
Eckert, Andreas: An African statesman. A portrait of Julius Nyerere<br />
as politician, 1950s to 1980s. – In: Afrikanische Beziehungen, Netzwerke<br />
und Räume. Hrsg.: Laurence Marfaing; Brigitte Reinwald.<br />
Hamburg; Münster <strong>2001</strong>. S. 309–325.<br />
Eckert, Andreas: Kulturelle Pendler. Zwei afrikanische Bürokraten<br />
im kolonialen Tansania. – In: Akteure des Wandels. Lebensläufe<br />
und Gruppenbilder an Schnittstellen von Kulturen. Studien 14. Berlin<br />
2000. S. 179–201.<br />
Entstalinisierungskrise in Ostmitteleuropa 1953–1956. Vom 17. Juni<br />
bis zum ungarischen Volksaufstand. Politische, militärische, soziale<br />
und nationale Dimensionen. Hrsg. und eingel. von Jan Foitzik. –<br />
Paderborn usw.: Schöningh, <strong>2001</strong>. 393 S.<br />
Escaping satiation: the demand side of economic growth. Ulrich Witt<br />
[ed.]. – Berlin u. a.: Springer, <strong>2001</strong>. 197 S.; 17 fig.; tab.<br />
Europäische lieux de mémoire? Hrsg.: Heinz Duchhardt; Institut für<br />
Europäische Geschichte. – In: Jahrbuch für Europäische Geschichte.<br />
Bd. 3. <strong>2002</strong>. S. VI–100.<br />
Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs:<br />
zwanzig internationale Beiträge zu Praxis, Problemen und Perspektiven<br />
der historischen Komparatistik. Michael Borgolte [Hg.]. Red.:<br />
Ralf Lusiardi. – Berlin: Akademie Verl., <strong>2001</strong>. 421 S. (Europa im Mittelalter;<br />
Bd. 1)<br />
Gentz, Friedrich: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Günther Kronenbitter.<br />
– Hildesheim usw.: Olms-Weidmann. (Historia Scientiarum:<br />
Fachgebiet Geschichte und Politik)<br />
Bd. 8. Schriften von Friedrich Gentz: Ein Denkmal.<br />
8,1. Briefe und vertraute Blätter. Nachdr. der Ausg. Mannheim,<br />
Hoff, 1838. <strong>2002</strong>. LII, 368 S.<br />
8,2. Kleinere Schriften. T. 1. Nachdr. der Ausg. Mannheim, Hoff,<br />
1838. <strong>2002</strong>. 431 S.<br />
8,3. Kleinere Schriften. T. 2. Nachdr. der Ausg. Mannheim, Hoff,<br />
1839. <strong>2002</strong>. II, 366 S.<br />
8,4. Briefwechsel zwischen Gentz und Johannes v. Müller.<br />
Nachdr. der Ausg. Mannheim, Hoff, 1840. <strong>2002</strong>. XIV, 370 S.
ANHANG 326<br />
8,5. Ungedruckte Denkschriften, Tagebücher und Briefe. Nachdr.<br />
der Ausg. Mannheim, Hoff, 1840. <strong>2002</strong>. VIII, 325 S.<br />
Bd. 9. Briefwechsel zwischen Friedrich Gentz und Adam Heinrich<br />
Müller. Nachdr. der Ausg. Stuttgart, Cotta, 1857. <strong>2002</strong>. VI, 410 S.<br />
Bd. 10. Briefe von Friedrich von Gentz an Pilat. Ein Beitrag zur<br />
Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert. Nachdr. der Ausg.<br />
Leipzig, Vogel, 1868. <strong>2002</strong>.<br />
10,1. XIV,480 S.<br />
10,2. 458 S.<br />
Bd. 11. Briefe von und an Friedrich von Gentz.<br />
11,1. Briefe an Elisabeth Braun, Christian Garve, Karl August<br />
Böttiger u.a. Nachdr. der Ausg. München, Berlin, Oldenbourg,<br />
1909. <strong>2002</strong>. X, 365 S.<br />
11,2. Briefe an und von Carl Gustav von Brinckmann und Adam<br />
Müller. Nachdr. der Ausg. München, Berlin, Oldenbourg,<br />
1910. <strong>2002</strong>. X, 480 S.<br />
11,3. Schriftwechsel mit Metternich. T. 1. 1803–1819. Nachdr. der<br />
Ausg. München, Berlin, Oldenbourg, 1913. <strong>2002</strong>. XL, 485 S.<br />
11,4. Schriftwechsel mit Metternich. T. 2. 1820–1832. Nachdr. der<br />
Ausg. München, Berlin, Oldenbourg, 1913. <strong>2002</strong>. VIII, 378 S.<br />
Gierke, Otto von: Aufsätze und kleinere Monographien. Nachdr. Mit<br />
einer Einl. hrsg. von Wolfgang Pöggeler. – Hildesheim usw.: Olms-<br />
Weidmann, <strong>2001</strong> (Historia Scientiarum: Fachgebiet Rechtswissenschaft)<br />
Bd. 1. 604 S.<br />
Bd. 2. S. 607–1095.<br />
Gleichschaltung unter Stalin? Die Entwicklung der Parteien im östlichen<br />
Europa 1944–1949. Hrsg. von Stefan Creuzberger; Manfred<br />
Görtemaker. – Paderborn usw.: Schöningh, <strong>2002</strong>. 468 S.<br />
Griechische Urkunden der Papyrussammlung zu Leipzig (P. LIPS.<br />
II). Hrsg. von Ruth Duttenhöfer. Mit einem Beitr. von Reinhold<br />
Scholl. – München; Leipzig: Saur, <strong>2002</strong>. XXII, 261 S.; 30 Taf. (Archiv<br />
für Papyrusforschung und verwandte Gebiete; Beih. 10)<br />
Gries, Rainer; Silke Satjukow: Von Menschen und Übermenschen.<br />
Der „Alltag“ und das „Außeralltägliche“ der „sozialistischen Helden“.<br />
– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 17/<strong>2002</strong>. S. 39–46.<br />
Gruner, Wolf: Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung. Wechselwirkung<br />
lokaler und zentraler Politik im NS-Staat (1933–1942). –<br />
München: Oldenbourg, <strong>2002</strong>. 362 S.<br />
(Studien zur Zeitgeschichte; Bd. 62)<br />
Die Hamburger Kauffrau Glikl. Jüdische Existenz in der Frühen<br />
Neuzeit. Monika Richarz (Hrsg.). – Hamburg: Christians, <strong>2001</strong>. 312 S.<br />
Hanisch, L.: Ausgegrenzte Kompetenz – Porträts vertriebener Orientalisten<br />
und Orientalistinnen 1933–1945. Eine Hommage anläßlich
327<br />
ANHANG<br />
des 28. Deutschen Orientalistentags Bamberg 26. – 30. 3. <strong>2001</strong>. – In:<br />
Orientwissenschaftliche Hefte. Bd. 1. <strong>2001</strong>.<br />
Hanssen, Jens: „Public morality and marginality in fin de siècle<br />
Beirut“ in outside. – In: Shifting boundaries of marginality in the<br />
Muslim world. Ed. by. E Rogan. – London <strong>2002</strong>.<br />
Hirschbiegel, Jan: Fürstliche Höfe im spätmittelalterlichen Reich –<br />
ein Projekt der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften<br />
in Göttingen. – In: Burgenbau im 13. Jahrhundert. Hrsg.<br />
von der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und<br />
Schlössern in Verbindung mit dem Germanischen Nationalmuseum.<br />
Red.: G. U. Grossmann. München u. a. <strong>2002</strong>. S. 73–82.<br />
Hornbogen, Jens-Peter: Travail national – nationale Arbeit. Die handelspolitische<br />
Gesetzgebung in Frankreich und Deutschland vor<br />
dem Hintergrund der Debatte über Freihandel und Schutzzoll<br />
1818–1892. – Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 230 S. (Tübinger<br />
Schriften zum internationalen und europäischen Recht; Bd. 58)<br />
Hubel, Helmut: Nachbarschaft mit (Sowjet-)Rußland. Die Erfahrung<br />
europäischer Länder im 20. Jahrhundert am Beispiel Finnlands,<br />
Schwedens und der Baltischen Staaten. – In: Außenpolitische Prioritäten<br />
für (Süd)Kaukasien im 21. Jahrhundert. Bündniszugehörigkeit<br />
oder Neutralität? Europäische Erfahrung. Tagung, Batumi,<br />
Georgien, 3./4. 3. <strong>2001</strong>. S. 13–18.<br />
Hyperboreus. Studia classica / Bibliotheca Classica Petropolitana. –<br />
München: Beck.<br />
Vol. 7, Fasc. 1.2. <strong>2001</strong>.<br />
Vol. 8, Fasc. 1. <strong>2002</strong>.<br />
Johann Beckmann und die Folgen. Erfindungen – Versuch der historischen,<br />
theoretischen und empirischen Annäherung an einen vielschichtigen<br />
Begriff. Gerhard Banse, Hans-Peter Müller (Hrsg.) –<br />
Münster usw.: Waxmann, <strong>2001</strong>. 297 S. (Cottbuser Studien zur<br />
Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt; Bd. 17)<br />
Jörn, Nils: Gerichtstätigkeit, personelle Strukturen und politisch<br />
relevante Rechtsprechung am Wismarer Tribunal 1653–1815. – In:<br />
Prozeßakten als Quelle. Hrsg.: Anette Baumann ... . – Köln: usw.<br />
<strong>2001</strong>. S. 219–257.<br />
Kiecol, Daniel: Selbstbild und Image zweier europäischer Metropolen.<br />
Paris und Berlin zwischen 1900 und 1930 / Kiecol, Daniel. –<br />
Frankfurt a. M. usw.: Lang, <strong>2001</strong>. 367 S. (Europäische Hochschulschriften:<br />
Geschichte und ihre Hilfswissenschaften; Bd. 909)<br />
Zugl. Duisburg, Univ., Diss., 1999<br />
Der Körper der Königin. Geschlecht und Herrschaft in der höfischen<br />
Welt. Unter Mitw. von Pernille Arenfeldt, Martin Kohlrausch und<br />
Xenia von Tippelskirch hrsg. von Regina Schulte. – Frankfurt; New<br />
York: Campus Verl., <strong>2002</strong>. 366 S. (Campus Historische Studien;<br />
Bd. 31)
ANHANG 328<br />
Kowalzik, Barbara: Das Jüdische Schulwerk in Leipzig 1912–1933. –<br />
Köln usw.: Böhlau, <strong>2002</strong>. VII, 374 S. (Geschichte und Politik in Sachsen;<br />
Bd. 18)<br />
Krankenhaus-Report 19. Jahrhundert. Krankenhausträger, Krankenhausfinanzierung,<br />
Krankenhauspatienten. Alfons Labisch; Reinhard<br />
Spree [Hg.]. – Frankfurt; New York: Campus Verl., <strong>2001</strong>. 466 S.<br />
Lipsius, Justus: De Militia Romana Libri Quinque De Constantia<br />
Libri Duo. Nachdr. der Ausg. Antwerpen, Moretum, 1605. Mit einer<br />
Einl. hrsg. von Wolfgang Weber. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann,<br />
<strong>2002</strong>. XVIII, 366; XXIX, 86 S. (Historia Scientiarum: Fachgebiet<br />
Geschichte und Politik)<br />
Mader, Eric-Oliver: Das Alte Reich in neuem Licht. Perspektiven auf<br />
sein Ende und sein Nachwirken im frühen 19. Jahrhundert. – In:<br />
Wege in die Frühe Neuzeit. Werkstattberichte, eine Linksammlung<br />
sowie Bildmaterialien zu München im Dreißigjährigen Krieg und zur<br />
Hexenverfolgung auf CD-ROM. Hrsg.: Arndt Brendecke; Wolfgang<br />
Burgdorf. Neuried <strong>2001</strong>. S. 235–256.<br />
Mader, Eric-Oliver: „Heilige Schulden“ des aufgelösten Reichs. Das<br />
Problem der Entschädigung des Reichskammergerichtspersonals für<br />
den Verlust ihrer Stellen. – In: Das Reichskammergericht am Ende<br />
des Alten Reiches und sein Fortwirken im 19. Jahrhundert. Köln<br />
usw. <strong>2002</strong>. S. 105–142.<br />
Nationalismen in Europa. West- und Osteuropa im Vergleich. Hrsg.<br />
von Ulrike von Hirschhausen, und Jörn Leonhard. – Göttingen:<br />
Wallstein, <strong>2001</strong>. 452 S.<br />
Novick, Peter: Is the Holocaust an American memory? – In: Ernst<br />
Fraenkel Vorträge zur amerikanischen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft,<br />
Geschichte und Kultur. 8. <strong>2002</strong>. S. 1–19.<br />
Politiker und Bürger. Gustav Stresemann und seine Zeit. Hrsg. von<br />
Karl Heinrich Pohl. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, <strong>2002</strong>.<br />
311 S.<br />
Petry, Klaus: Aspekte des Geldumlaufs in Trier und St. Goar<br />
während der letzten Hälfte des 13. Jahrhunderts : zwei Schatzfunde<br />
im Vergleich. – In: Trierer Zeitschrift für Geschichte und Kunst des<br />
Trierer Landes und seiner Nachbargebiete. 61. 1998. S. 249–278.<br />
Petry, Klaus: Bewegte Zeiten – auf Straßen aus Gold und Silber.<br />
Aspekte des Geldumlaufs und der Wirtschaftsbeziehungen des<br />
lotharingischen Raumes im frühen und hohen Mittelalter. – In:<br />
Zwölfter. Internationaler Numismatischer Kongress – Berlin 1997.<br />
Berlin 2000. S. 943–961.<br />
Petry, Klaus: Geprägte Geschichte. Die Münzen und Medaillen der<br />
Mittelmosel (15.–18. Jahrhundert). – Wittlich, 2000. 22 S.
329<br />
ANHANG<br />
Petry, Klaus: Der Münzschatz von Idesheim, Kr. Bitburg-Prüm, vergraben<br />
nach 983 : ein Beitrag zu seiner Stellung im lotharinigischen<br />
„Schatzfundhorizont“ des 10. Jahrhunderts und zur frühen Münzprägung<br />
in Bonn. – In: Landesgeschichte als multidisziplinäre Wissenschaft.<br />
Trier <strong>2001</strong>. S. 1–18.<br />
Petry, Klaus: Sens oder Straßburg. Die XP-Gepräge Ludwigs des<br />
Frommen mit Beizeichen S unter dem Tempel im Münzschatz von<br />
Pilligerheck (Kr. Mayen-Koblenz). – In: Numismatisches Nachrichtenblatt.<br />
49,2. 2000. S. 47–54.<br />
Principes. Dynastien und Höfe im späten Mittelalter. Interdisziplinäre<br />
Tagung des Lehrstuhls für Allgemeine Geschichte des Mittelalters<br />
und Historische Hilfswissenschaften in Greifswald in Verbindung<br />
mit der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften<br />
zu Göttingen vom 15.–18. Juni 2000. Hrsg. von Cordula<br />
Nolte, Karl-Heinz Spieß, Ralf-Gunnar Werlich. – Stuttgart: Thorbecke,<br />
<strong>2002</strong>. 447 S. (Residenzenforschung; Bd. 14)<br />
Les Plus anciens documents originaux de l’abbaye de Cluny. Publ.<br />
par Hartmut Atsma, Sebastien Barret et Jean Vezin. Avec le concours<br />
de la Bibliothèque nationale de France, de l’Institut historique<br />
allemand de Paris ... . – Turnhout: Brepols. (Monumenta Paleographica<br />
Medii Aevi; Series Gallica)<br />
T. 3. Doc. nos 61 à 90: Paris Bibl. nat. de France, Collection des<br />
Bourgogne, vol. 77, nos 62 à 89. Préf. de Giles Constable. <strong>2002</strong>.<br />
140 S.<br />
Pütter, Johann Stephan: Beyträge zum Teutschen Staats- und Fürstenrechte.<br />
Hrsg. von Bernhard Martin Scherl. – Hildesheim usw.:<br />
Olms. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Rechtswissenschaft)<br />
1. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck, 1777. <strong>2002</strong>. LXIV,<br />
362 S.<br />
2. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck, 1779. <strong>2001</strong>. 340 S.<br />
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen<br />
Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Mit einer Einl. hrsg. von<br />
Bernhard Martin Scherl. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann, <strong>2001</strong>.<br />
(Historia Scientiarum: Fachgebiet Rechtswissenschaft)<br />
1. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht, 1798.<br />
LXVI, 460 S.<br />
2. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht, 1798.<br />
292 S.<br />
3. Nachdr. der Ausg. Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht, 1798.<br />
454 S.<br />
Rödder, Andreas: Die radikale Herausforderung. Die politische Kultur<br />
der englischen Konservativen zwischen ländlicher Tradition und<br />
industrieller Moderne (1846–1868). – München: Oldenbourg, <strong>2002</strong>.<br />
574 S. (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts<br />
London; Bd. 52)<br />
Zugl.: Stuttgart, Univ., Habil.-Schr., <strong>2001</strong>
ANHANG 330<br />
Russische Aufklärungsrezeption im Kontext offizieller Bildungskonzepte<br />
(1700–1825). Gabriela Lehmann-Carli ... [Hrsg.]. Wiss. Red.:<br />
Birgit Scholz. – Berlin: Spitz, <strong>2001</strong>. XXXVII, 681 S. (Aufklärung und<br />
Europa: Schriftenreihe des Forschungszentrums Europäische Aufklärung<br />
e. V.)<br />
Sächsische Parlamentarier 1869–1918. Die Abgeordneten der II.<br />
Kammer des Königreichs Sachsen im Spiegel historischer Photographien.<br />
Ein biographisches Handbuch. Bearb. von Elviara Döscher<br />
und Wolfgang Schröder. Mit einem Vorw. von Gerhard A. Ritter.<br />
Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen<br />
Parteien e. V. (Bonn). – Düsseldorf: Droste Verl., <strong>2001</strong>. XII,<br />
568 S. (Photodokumente zur Geschichte des Parlamentarismus und<br />
der politischen Parteien; Bd. 5)<br />
Sammeln als Wissen. Das Sammeln und seine wissenschaftsgeschichtliche<br />
Bedeutung. Hrsg. von Anke te Heesen und E.C. Spary.<br />
– Göttingen: Wallstein, <strong>2001</strong>. 223 S. (Wissenschaftsgeschichte)<br />
Satjukow, Silke; Rainer Gries: Sozialistische Heldinnen. Eine Kulturgeschichte<br />
von Propagandafiguren in Osteuropa und der DDR.<br />
Tagung in der Villa Decius in Krakau, 13. bis 16. September <strong>2001</strong>. –<br />
In: L’Homme. 12. <strong>2001</strong>. S. 335–340.<br />
Schulze, Winfried: Die Frühe Neuzeit zwischen individueller Erfahrung<br />
und strukturgeschichtlichem Zugriff. Erfahrungen, Defizite<br />
Konzepte. – In: Wege in die Frühe Neuzeit. Werkstattberichte, eine<br />
Linksammlung sowie Bildmaterialien zu München im Dreißigjährigen<br />
Krieg und zur Hexenverfolgung auf CD-ROM. Hrsg.: Arndt<br />
Brendecke; Wolfgang Burgdorf. Neuried <strong>2001</strong>. S. 11–35.<br />
Sozialistische Helden. Eine Kulturgeschichte von Propagandafiguren<br />
in Osteuropa und der DDR. Silke Satjukow; Rainer Gries [Hg.].<br />
– Berlin: Links, <strong>2002</strong>. 312 S.<br />
Suleiman, Susan Rubin: History, memory, and moral judgment in<br />
documentary film. On Marcel Ophul’s hotel terminus: The life and<br />
times of Klaus Barbie. – In: Ernst Fraenkel Vorträge zur amerikanischen<br />
Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte und Kultur. 8.<br />
<strong>2002</strong>. S. 21–61.<br />
Theisen, Frank: Mittelalterliches <strong>Stiftung</strong>srecht. Eine Untersuchung<br />
zur Urkundenüberlieferung des Klosters Fulda im 12. Jahrhundert. –<br />
Köln usw.: Böhlau, <strong>2002</strong>. 491 S. (Forschungen zur kirchlichen<br />
Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht; Bd. 26)<br />
Tilitzki, Christian: Die Beurlaubung des Staatsrechtslehrers Albert<br />
Hensel im Jahre 1933. Ein Beitrag zur Geschichte der Königsberger<br />
Universität. – In: Mendelssohn-Studien. Beiträge zur neueren deutschen<br />
Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Bd. 12. <strong>2001</strong>. S. 243–261.<br />
Tilitzki, Christian: Professoren und Politik. Die Hochschullehrer der<br />
Albertus-Universität zu Königsberg/Pr. in der Weimarer Republik<br />
(1918–1933). – In: 450 Jahre Universität Königsberg. Beiträge zur
331<br />
ANHANG<br />
Wissenschaftsgeschichte des Preußenlandes. Hrsg.: Bernhart Jähnig.<br />
Marburg <strong>2001</strong>. S. 131–178.<br />
Tilitzki, Christian: Vordenker der Vernichtung? Neue Beiträge zur<br />
Kontroverse über „Ostforschung“ und Politik im Dritten Reich. – In:<br />
Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands. Bd. 47.<br />
<strong>2001</strong>. München <strong>2002</strong>. S. 301–318.<br />
[Unter bes. Berücks. des Wissenschaftsstandorts Königsberg]<br />
Von der Grenzland-Universität zum Zentrum der nationalsozialistischen<br />
„Neuordnung des Ostraums“? Aspekte der Königsberger Universitätsgeschichte<br />
im Dritten Reich. – In: Jahrbuch für die<br />
Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands: Zeitschrift für vergleichende<br />
und preußische Landesgeschichte. Bd. 46. 2000. München <strong>2001</strong>.<br />
S. 233–269.<br />
Wellenreuther, Hermann: Ausbildung und Neubildung. Die<br />
Geschichte Nordamerikas vom Ausgang des 17. Jahrhunderts bis<br />
zum Ausbruch der Amerikanischen Revolution 1775. – Hamburg:<br />
LIT, <strong>2001</strong>. VII, 794 S. (Geschichte Nordamerikas in atlantischer Perspektive<br />
von den Anfängen bis zur Gegenwart; Bd. 2)<br />
Wettlaufer, Jörg; Jan Hirschbiegel: Fürstliche Höfe und Residenzen<br />
im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches<br />
Handbuch. – In: Mitteilungen der Residenzen-Kommission. 11,2.<br />
2000. S. 9–14.<br />
Zhenhuan, Zou: Aufsatz zum Thema Neusprachen-Unterricht in<br />
China (1860–1895) – In: Dang’an yu shuxue = Geschichtswissenschaft<br />
und Archive. 1. Shanghai <strong>2002</strong>. [chines.]<br />
Zirngibl, Thomas: Gesamtverzeichnis der Datenbank „Amburger-<br />
Archiv“ am Osteuropa-Institut München. – T. 3. – München 1999.<br />
S. 341–588. (Mitteilungen / Osteuropa-Institut München; Nr. 45)<br />
Zwischen Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />
Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von<br />
Irina Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />
– Berlin <strong>2002</strong>. 140 S.<br />
Archäologie; Altertumswissenschaft<br />
Abaris. H. 2000; H. <strong>2001</strong>. – St. Petersburg 2000–01.<br />
Aspects of friendship in the Graeco-Roman world. Proceedings of a<br />
conference held at the Seminar für Alte Geschichte, Heidelberg, on<br />
10–11 June, 2000. Ed. by Michael Peachin. – Portsmouth, Rhode<br />
Island, <strong>2001</strong>. 160 S. (Journal of Roman Archaeology: Supplementary<br />
Series; No. 43)<br />
Bauer, Franz Alto, et Michael Heinzelmann: L’église épiscopale<br />
d’Ostie. – In: Ostia, port et porte de la Rome antique. Austellung,<br />
Genf <strong>2001</strong>. S. 278–282.
ANHANG 332<br />
Bauer, Franz Alto; Michael Heinzelmann; Archer Martin: Ostia. Ein<br />
urbanistisches Forschungsprojekt in den unausgegrabenen Bereichen<br />
des Stadtgebiets. Vorbericht zur 2. Grabungskampagne 1999.<br />
Mit Beitr. von ... . – In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen<br />
Instituts, Römische Abteilung. Bd. 107. 2000. S. 375–415.<br />
Bienert, Hans-Dieter, et al.: Ba’ja. Archäologie einer Landschaft in<br />
Jordanien. Bericht über archäologische Feldforschungen. – In: Ausgrabungen<br />
und Surveys im Vorderen Orient. 1. <strong>2002</strong>. S. 162–213.<br />
Blech, Michael; Michael Koch; Michael Kunst: Denkmäler der Frühzeit.<br />
Deutsches Archäologisches Institut (Madrid). – Mainz a. Rh.:<br />
von Zabern, <strong>2001</strong>. (Hispania Antiqua)<br />
Textbd. XI, 708 S.<br />
Tafelbd. 64 Farbtaf.; 246 SW-Taf.<br />
Blumenthal, Elke: Kuhgöttin und Gottkönig. Frömmigkeit und<br />
Staatstreue auf der Stele Leipzig Ägyptisches Museum 5141. – Leipzig:<br />
Ägyptisches Museum der Universität, <strong>2001</strong>. 64 S. (Siegfried-<br />
Morenz-Gedächtnis-Vorlesung; 11)<br />
Bonatz, Dominik: Nicht von Gestern. Megalithismus auf Nias (Indonesieien).<br />
– In: Antike Welt. 33. <strong>2002</strong>. S. 25–32.<br />
Brandt, Hartwin: Wird auch silbern mein Haar. Eine Geschichte des<br />
Alters in der Antike. – München: Beck, <strong>2002</strong>. 302 S.<br />
David, Arlette: De l’infériorité à la pertubation. L’oiseau du „mal“ et<br />
la catégorisation en Egypte ancienne. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />
2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/1) (Classification<br />
and Categorization in Ancient Egypt; 1)<br />
Demokratie, Recht und soziale Kontrolle im klassischen Athen.<br />
Hrsg. von David Cohen unter Mitarb. von Elisabeth Müller-Luckner.<br />
– München: Oldenbourg, <strong>2002</strong>. IX, 205 S.<br />
(Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien; 49)<br />
Dochhorn, Jan: Die auf Menander von Ephesus zurückgehende<br />
Liste der Könige von Tyrus in C 1:116–126. Ein Beitrag zur Textkritik<br />
des Josephus und des Menander sowie zur absoluten Chronologie<br />
der Könige von Tyrus. – In: Münsteraner Judaistische Studien.<br />
Bd. 10. <strong>2001</strong>. S. 77–102.<br />
Gärtner, Thomas: Arnulf von Orléans zu Ov. rem. 777–784. – In:<br />
Studi Medievali. 42. <strong>2001</strong>. S. 319–323.<br />
Gärtner, Thomas: Drei Konjekturen zu hochmittelalterlichen „Dramen“.<br />
– In: Latomus. 59. 2000. S. 647–651.<br />
Gärtner, Thomas: Klassische Vorbilder mittelalterlicher Trojaepen. –<br />
Stuttgart; Leipzig, 1999. 580 S. (Beiträge zur Altertumskunde;<br />
Bd. 133)
333<br />
ANHANG<br />
Gärtner, Thomas: Kritisch-Exegetisches zur Marcellus-Vita des Vulfinus<br />
von Die (MGH poet. lat. IV 3 p. 963–976 Strecker). – In: Eranos.<br />
99. <strong>2001</strong>. S. 18–27.<br />
Gärtner, Thomas: Quellenkritische und überlieferungsgeschichtliche<br />
Bemerkungen zu Quilichinus de Spoleto. – In: Historia Alexandri<br />
Magni. Revue d’Histoire des Textes. 30. 2000. S. 263–276.<br />
Gärtner, Thomas: Textkritische Bemerkungen zur ,ars poetica‘ des<br />
Gervasius de Saltu Lacteo. – In: Studi Medievali. 41. 2000.<br />
S. 849–861.<br />
Gärtner, Thomas: Der Turmbau zu Babel bei Walter von Châtillon<br />
und der englische Bibeldichter Laurentius von Durham – eine neue<br />
Quelle der ,Alexandreis‘. – In: Eranos. 97. 1999. S. 45–49.<br />
Gärtner, Thomas: Ein umstrittener Metamorphosenvers im pseudoovidischen<br />
Epos ,De vetula‘. – In: Classica et Mediaevalia. 51. 2000.<br />
S. 185–190.<br />
Gärtner, Thomas: Das Urteil des Alanus ab Insulis über die ,Alexandreis‘<br />
des Walter von Châtillon (Anticl. I 166–170). – ein übersehenes<br />
Silvenzitat im ,Anticlaudian‘. – In: Mittellateinisches Jahrbuch.<br />
35. 2000. S. 71–76.<br />
Gärtner, Thomas: Vier Anmerkungen zum Einleitungsgedicht von<br />
,De planctu nature‘. – In: Filologia Mediolatina. 6/7. 1999/2000.<br />
S. 273–278.<br />
Gärtner, Thomas: Zu den klassichen und zeitgenössischen Vorbildern<br />
im ,Liber ad honorem Augusti‘ des Petrus von Eboli. – In: Deutsches<br />
Archiv für Erforschung des Mittelalters. 55. 1999. S. 477–498.<br />
Gärtner, Thomas: Zum ,Karolinus‘ des Aegidius von Paris. – In: Traditio.<br />
55. 2000. S. 171–179.<br />
Gärtner, Thomas: Zur Eustachius-Vita ,Ne mea segnicie‘. – In: Mittellateinisches<br />
Jahrbuch. 34. 1999. S. 175–178.<br />
Gärtner, Thomas: Zur Rekonstruktion eines mittellateinischen Kommentars<br />
zu den Heroidenbriefen. – In: Archivum Latinatis Medii<br />
Aevi. 58. 2000. 151–210.<br />
Gärtner, Thomas: Zwei Textvorschläge zur metrischen Eustachiusvita<br />
BHL 2768. – In: Analecta. Bollandiana. 118. 2000. S. 43–36.<br />
Gonçalves, A. et al.: New aspects of the Romanization of the Alto<br />
Alentejo (Portugal). Evidence from a geophysical and archaeological<br />
survey at the Monte da Nora (Terrugem). – In: Arqueologia. 24.<br />
1999. S. 101–110.<br />
Hauschild, Th.; F. Teichner: Die römische Villa von Milreu. – In:<br />
Roteiros da Arqueologia Portuguesa. 7. Lissabon <strong>2002</strong>.
ANHANG 334<br />
Heilmeyer, Wolf-Dieter: Die Heilige Restituta und ihr Museum. – In:<br />
Berliner museologische Forschungen auf Ischia. – In: Museumsjournal.<br />
15,1. <strong>2001</strong>. S. 91–93.<br />
Herzog, Reinhart: „Wir leben in der der Spätantike“. Eine Zeiterfahrung<br />
und ihre Impulse für die Forschung. – In: Herzog, Reinhart:<br />
Spätantike. Studien zur römischen und lateinisch-christlichen Literatur.<br />
Hrsg. von Peter Habermehl. Mit einem Beitr. von Manfred<br />
Fuhrmann. Göttingen <strong>2002</strong>. S. 321–348.<br />
Höckmann, Olaf: Harbour investigation at Histria. – In: Studia Archaeologica<br />
et Historica Nicolao Gudea dicata. Zalău <strong>2001</strong>. S. 169–178.<br />
Höckmann, Olaf, et al.: Zur Lage des Hafens von Histria. Die Prospektionskampagne<br />
von 1996. – In: Dacia. N. S. 40–42. 1996–1998.<br />
S. 55–102)<br />
Humanismus und Menschenbildung. Zu Geschichte, Gegenwart<br />
und Zukunft der bildenden Begegnung der Europäer mit der Kultur<br />
der Griechen und Römer. Erhard Wiersing (Hg.). – Essen: Die blaue<br />
Eule, <strong>2001</strong>. 491 S. (Detmolder Hochschulschriften; Bd. 4)<br />
Kockel, Valentin, und Ulrike Steiner: Die Verbreitung archäologischer<br />
Kenntnisse in deutscher Sprache im 18. Jahrhundert. – In: Mitteilungen/Institut<br />
für Europäische Kulturgeschichte der Universität<br />
Augsburg. H. Nr. 10. <strong>2002</strong>. S. 74–85.<br />
Kolb, Anne: Transport und Nachrichtentransfer im Römischen<br />
Reich. – Berlin: Akademie Verl., 2000. 380 S. (Klio – Beiträge zur<br />
Alten Geschichte; Beihefte, N.F. Bd. 2)<br />
Martin, Archer; Michael Heinzelmann: The joint AAR-DAI research<br />
project at Ostia: 1998 and 1999 seasons. American Academy in<br />
Rome/AAR; Deutsches Archäologisches Institut/DAI (Rom). – In:<br />
Memoirs of the American Academy in Rome. 45. 2000. S. 277–283.<br />
Palmyra/Syrien: Kooperationsprojekt der Außenstelle Damaskus<br />
und der Orientabteilung des DAI, der Generaldirektion der Altertümer<br />
und Museen Syriens und des Instituts für Klassische Archäologie<br />
der Universität Wien. – In: Stadtforschung. Projekte des DAI.<br />
Berlin/Bonn/Rom <strong>2001</strong>/02. Hrsg.: Astrid Dostert. <strong>2002</strong>. S. 76/77.<br />
Pöllath, Ralph: Karolingerzeitliche Gräberfelder in Nordostbayern.<br />
Eine archäologisch-historische Interpretation mit der Vorlage der<br />
Ausgrabungen von K. Schwarz in Weismain und Thurnau-Alladorf.<br />
– München: Arethousa Verl., <strong>2002</strong>.<br />
Diss., München, Univ., 1998 u. d. T.: Die Karolingerzeit in Nordostbayern.<br />
Bd. 1: Text. 233 S.<br />
Bd. 2. Abbildungen, Listen, Literatur. Mit zwei anthopologischen<br />
Beiträgen zu den Gräberfeldern von Alladorf und Weismain von<br />
Olaf Röhrer-Ertl. 258 S.<br />
Bd. 3. Katalog. 320 S.<br />
Bd. 4. Tafeln. 202 Taf.
335<br />
ANHANG<br />
Pollex, Axel: Betrachtungen zu jungslawischen Mehrfachbestattungen.<br />
2 Abb. – In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 41. 2000. S. 407–422.<br />
Pollex, Axel: Die frühen pommerschen Denare aus dem slawischen<br />
Gräberfeld Penkun 28, Lkr. Uecker-Randow. – In: Bodendenkmalpflege<br />
in Mecklenburg-Vorpommern – Jahrbuch. 47. 1999. Lübstorf<br />
2000. S. 247–277.<br />
Pollex, Axel: Grabtiefen als Indikator gesellschaftlicher Strukturen?<br />
– In: EAZ, Ethnogr.-Archäol. Z. 42. <strong>2001</strong>. S. 109–121.<br />
Roll, I.; O. Tal: Apollonia Arsuf. Final Report of excavations. Vol.1:<br />
The Persian and Hellenistic periods (with appendices on the Chalcolithic<br />
and Iron Age II remains). – Tel Aviv 1999. (Tel Aviv University,<br />
Monograph Series of the Institute of Archaeology; 16)<br />
Schmidt-Colinet, Andreas; Kh. al-As’ad: Zur Urbanistik des hellenistischen<br />
Palmyra. Ein Vorbericht. – In: Damaszener Mitteilungen.<br />
12. 2000. S. 61–93; Taf. 7–16.<br />
Schmidt-Colinet, Andreas; G. Plattner: Geophysical survey and<br />
excavation in the „Hellenistic Town“ of Palmyra. – In: Archaeological<br />
Prospection. 4 th International Conference on Archaeological Prospection,<br />
Vienna, 19. 9. <strong>2001</strong>. Ed.: M. Doneus et al. <strong>2001</strong>. S. 175–177.<br />
Shalomi-Hen, Racheli: Classifying the divine. Determinatives and<br />
categorisation in CT 335 and BD 17. – Wiesbaden: Harrassowitz,<br />
2000. (Göttinger Orientforschungen; Reihe 4: Ägypten, 38/2) (Classification<br />
and Categorization in Ancient Egypt; 2)<br />
Strobel, Karl; Christoph Gerber: Feldforschungen in Tavium im Jahr<br />
2000. Vorbericht. – In: Aras¸tirma sonuçlari toplantisi. 19, 2. cilt.<br />
Ankara <strong>2001</strong>. S. 1–8.<br />
Strobel, Karl: State formation by the Galatians of Asia Minor. Politico-historical<br />
and cultural processes in Hellenistic Central Anatolia. –<br />
In: Anatolica. 28. <strong>2002</strong>. S. 1–46.<br />
Kunstwissenschaften<br />
Die altniederländischen und flämischen Gemälde des 16. bis 18.<br />
Jahrhunderts. Bearb von Bettina Werche. – Weimar: Böhlaus Nachf.,<br />
<strong>2001</strong>. 240 S. (Kataloge der Anhaltinischen Gemäldegalerie Dessau;<br />
Bd. 9: Kritischer Bestandskatalog; Bd. 2)<br />
Beckmann, Eva-Maria: Ankaufspolitik der Museen zwischen 1933<br />
und 1945: nicht länger ein weißer Fleck. – In: Museen im Rheinland.<br />
<strong>2002</strong>,1. S. 7–9.<br />
Bonatz, Dominik: Wandel einer Megalithkultur im 20. Jahrhundert<br />
(Nias/Indonesien). – In: Anthropos. 96. <strong>2001</strong>. S. 105–118.
ANHANG 336<br />
Bredekamp, Horst, et al.: Vom Nutzen des Todes für Zeit und Ewigkeit.<br />
Anmerkungen zu den römischen Papst- und Kardinalsgrabmälern<br />
der frühen Neuzeit. – In: Kritische Berichte – Zeitschrift für<br />
Kunst- und Kulturwissenschaft. 29,2. <strong>2001</strong>. S. 7–20.<br />
Eckstaedt, Aaron: Potsdam/Universität, Kollegium für Jüdische Studien:<br />
Das Tonarchiv David Kohans in der Potsdamer Religionswissenschaft.<br />
– In: Jiddistik Mitteilungen. 27. <strong>2002</strong>. S. 31–32.<br />
Enwezor, Okwui: Großausstellungen und die Antinomien einer<br />
transnationalen globalen Form. – München: Fink, <strong>2002</strong>. 59 S. (Berliner<br />
<strong>Thyssen</strong>-Vorlesung zur Ikonologie der Gegenwart; Bd. 1)<br />
Euskirchen, Claudia, u. a.: Hausforschung bei August <strong>Thyssen</strong>.<br />
Schloss Landsberg wird untersucht. – In: Denkmalpflege im Rheinland.<br />
18. <strong>2001</strong>. S. 184–186.<br />
Giovanni Battista Piranesi. Die Wahrnehmung von Raum und Zeit.<br />
Akten des internationalen Symposiums Staatsgalerie Stuttgart<br />
25. bis 26. Juni 1999. Corinna Höper; Jeannette Stoschek; Elisabeth<br />
Kieven [Hg.]. – Marburg: Jonas Verl. für Kunst und Literatur, <strong>2002</strong>.<br />
124 S.<br />
Jiddische Lieder und Klesmermusik. Das Tonarchiv David Kohans in<br />
der Potsdamer Religionswissenschaft. – In: Portal. Die Potsdamer<br />
Universitätszeitung. 3/4. <strong>2002</strong>. S. 30.<br />
Karsten, Arne, und Philipp Zitzlsperger: Bilderkrieg in Neu-St.<br />
Peter. Alessandro Algardis Grabmal für Papst Leo XI. de’Medici und<br />
die „Borgia-Krise“ der Jahre 1632/34. – In: Städel Jahrbuch. N. F.<br />
Bd. 18. <strong>2001</strong>. S. 195–212.<br />
Ketelsen, Thomas, unter Mitarb von Claudia Brink und Gerrit<br />
Walczak: Die Niederländischen Gemälde 1500–1800. – Hamburg<br />
<strong>2001</strong>. 360 S. (Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle; Bd. 2)<br />
Klotz, Sabine: <strong>Fritz</strong> Landauer (1883–1968). Leben und Werk eines<br />
jüdischen Architekten. Hrsg. vom Architekturmuseum Schwaben. –<br />
Berlin: Reimer, <strong>2001</strong>. 333 S. (Schriften des Architekturmuseums<br />
Schwaben; Bd. 4)<br />
Zugl. München, Univ., Fak. für Architektur, Diss., 1999<br />
Kropmanns, Peter: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik<br />
1933–1945. Kolloquium im Wallraf-Richartz-Museum – Fondation<br />
Corboud, Köln, 11./12. 12. <strong>2001</strong>. – In: Kunstchronik. 55. <strong>2002</strong>.<br />
S. 166–169.<br />
Meulen, Nicolaj van der: Wann man dich ins Grab gesencket. Das<br />
Coemeterium des spätbarocken Münsters Zwiefalten. – In: Studien<br />
und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner<br />
Zweige. 113. <strong>2002</strong>. S. 407–440.
337<br />
ANHANG<br />
Orfèvrerie d’apparat. Allemagne XV e –XVII e siècle. Collection du<br />
Hessisches Landesmuseum, Kassel. [Ausstellung im Musée Bonnat,<br />
Bayonne, 1. 3. – 6. 5. <strong>2001</strong>; Musée des Arts décoratifs, Bordeaux,<br />
18. 5. – 6. 8. <strong>2001</strong>.]. Bernadette de Boysson et al. – Bordeaux: Le<br />
Festin, <strong>2001</strong>. 110 S.<br />
Plakat v revoljucii – revoljucija v plakate 1917. Multimedalnyj<br />
kompjuternyj kurs po istorii russkogo i sovetskogo plakata. Hrsg.:<br />
Nina Baburina; Klaus Vaschik; Konstantin Charin. Lotman-Institut<br />
für russische und sowjetische Kultur (Ruhr-Universität Bochum). –<br />
Bochum <strong>2002</strong>.<br />
Projekt „Werben für die Utopie. Kulturgeschichtliche Entwicklungsaspekte<br />
des politischen Plakats in der Sowjetunion 1917–1991“.<br />
[CD-Rom]<br />
Renda, Günsel: Padis¸ah Portreleri. Mevlânâ Müzesi Albümü. –<br />
Konya: T.C. Kültür Bakanlig˘ i, <strong>2001</strong>. 95 S.<br />
[Ikonographie der osmanischen Sultane]<br />
Schumann, Robert: Neue Ausgabe sämtlicher Werke. [Deutsch und<br />
Englisch]. – Mainz usw.: Schott.<br />
Serie 8, Supplemente. Bd. 2. Literarische Vorlagen der ein- und<br />
mehrstimmigen Lieder, Gesänge und Deklamationen. <strong>2002</strong>. XLIV,<br />
470 S.<br />
Schwager, Klaus; Gabriele Dischinger: „Gelt, Gedult und Verstandt“.<br />
Programm und Realisierung der Ottobeurer Klosteranlage.<br />
In: Himmel auf Erden oder Teufelsbauwurm? Wirtschaftliche und<br />
soziale Bedingungen des süddeutschen Klosterbarock. Hrsg.: Markwart<br />
Herzog u. a. Konstanz <strong>2002</strong>. S. 289–319.<br />
Schwarm-Tomisch, Elisabeth: „... Das sehr kostbare Palais in Alt-<br />
Dreßden, so man das Japanische nennt ...“. Das Japanische Palais in<br />
der Zeit zwischen 1727 und 1763. – In: Dresdner Kunstblätter. 46.<br />
<strong>2002</strong>. S. 179–187.<br />
Schwarm-Tomisch, Elisabeth: „... wo hohe Potentaten ihr Plaisirs finden<br />
können ...“. Das Königlich Holländische Palais zu Altdresden<br />
bis zu seinem Umbau im Jahr 1727. – In: Dresdner Kunstblätter. 46.<br />
<strong>2002</strong>. S. 56–66.<br />
Störtkuhl, Beate; Jerzy Ilkosz: Architekten der Breslauer Kunstakademie<br />
in den Zwanziger Jahren. – In: Von Otto Mueller bis Oskar<br />
Schlemmer – Künstler der Breslauer Akademie. <strong>2002</strong>. S. 40–65.<br />
Störtkuhl, Beate [=Szymanski-Störtkuhl, Beate]; Jerzy Ilkosz: Bauernhaus<br />
und Turmvilla Zur Architektur der Künstlerkolonie im Riesengebirge<br />
[deutsch und polnisch]. – In: Die imposante Landschaft.<br />
Künstler und Künstlerkolonien im Riesengebirge im 20. Jahrhundert<br />
– Austellungskatalog. Hrsg.: Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch<br />
e.V., Berlin; Muzeum Okre˛ gowe w Jeleniej Górze. Warschau<br />
1999. S. 104–126.
Störtkuhl, Beate [=Szymanski-Störtkuhl, Beate]: Interwar Silesian<br />
architecture in the tension-zone of national assertiveness. – In: Borders<br />
in Art – revisiting Kunstgeographie. Proceedings of the 4th<br />
Joint Conference of Polish and English art historians, University of<br />
East Anglia, Norwich. Ed.: Katarzyna Murawska-Muthesius. Warszawa<br />
2000. S. 211–220.<br />
Störtkuhl, Beate [=Szymanski-Störtkuhl, Beate]: Plac powstańców<br />
warszawy (Lessingplatz). Projekty, utopie i realizacja zabudowy. –<br />
In: Architektura Wrocl⁄awia. Tom 4. Gmach. 1998. S. 387–410.<br />
[Warschauer Lessingplatz – Projekte, Utopien und Realisation der<br />
Bebauung]<br />
Störtkuhl, Beate: Verfehmte Moderne – vergessene Moderne. Die<br />
Breslauer Siedlung Pilsnitz 1930–1939. – In: Jahrbuch des Bundesinstituts<br />
für ostdeutsche Kultur und Geschichte. Berichte und Forschungen.<br />
Bd. 7. 1999. S.139–152.<br />
Störtkuhl, Beate: Von „deutscher Bauart“ und „steingewordenen<br />
Symbolen polnischer Kultur“. Architektur der Zwischenkriegszeit in<br />
Schlesien als Manifestation nationalen Behauptungswillens. – In:<br />
Deutschlands Osten – Polens Westen. Vergleichende Studien zur<br />
geschichtlichen Landeskunde. Frankfurt a. M. <strong>2001</strong>. S. 113–147.<br />
Störtkuhl, Beate: Wykle˛ta nowoczesno´sć? – zapomniana nowoczesno´sć.<br />
Wrocl⁄awskie osiedle Pilczyce 1930–1939. – In: Rocznik Wroclawski.<br />
6. 2000. S. 213–223<br />
[Verfehmte Moderne – vergessene Moderne. Die Breslauer Siedlung<br />
Pilsnitz 1930–1939]<br />
Terlau, Katja: Museen im Zwielicht – Ankaufspolitik 1933–1945. –<br />
In: Bulletin/Deutscher Museumsbund. <strong>2002</strong>,1. S. 9/10. – In: Mitteilungen/ICOM-Deutschland.<br />
<strong>2002</strong>,1. S. 21–23.<br />
Werben für die Utopie. Kulturgeschichtliche Entwicklungsaspekte des<br />
politischen Plakats in der Sowjetunion 1917–1991/Lotman-Institut für<br />
russische und sowjetische Kultur (Ruhr-Universität Bochum). – Bochum,<br />
<strong>2002</strong>. [Zwei CD-Rom: Plakat Gesamtprojekt 1 – 1/2 und 2 – 2/2]<br />
Wilhelm Worringers Kunstgeschichte. Hannes Böhringer; Beate<br />
Söntgen [Hrsg.]. – München: Fink, <strong>2002</strong>. 237 S.<br />
Die Zukunft der Alten Meister. Perspektiven und Konzepte für das<br />
Kunstmuseum von heute. Hrsg. von Ekkehard Mai unter Mitarb.<br />
von Eva Hartmann. – Köln usw.: Böhlau, <strong>2001</strong>. VII, 257 S.<br />
Sprach- und Literaturwissenschaften<br />
ANHANG 338<br />
Augenmensch. Zur Bedeutung des Sehens im Werk Goethes.<br />
Hrsg.: Dorothea von Mücke; David E. Wellbery. – Stuttgart: Metzler<br />
und Poeschel, <strong>2001</strong>. S. 3–122. (Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft<br />
und Geistesgeschichte; Jg. 57, H. 1)
339<br />
ANHANG<br />
Bauer, Roger: Die schöne Décadence. Geschichte eines literarischen<br />
Paradoxons. – Frankfurt a. M.: Klostermann, <strong>2001</strong>. 421 S. (Das<br />
Abendland – Forschungen zur Geschichte europäischen Geisteslebens;<br />
N. F. 28)<br />
Bildersturm und Bilderflut um 1800. Zur schwierigen Anschaulichkeit<br />
der Moderne. Helmut J. Schneider; Ralf Simon; Thomas Wirtz<br />
[Hgg.]. – Bielefeld: Aisthesis Verl., <strong>2001</strong>. 335 S.<br />
Brücken nach Prag. Deutschsprachige Literatur im kulturellen Kontext<br />
der Donaumonarchie und der Tschechoslowakei. Festschrift für<br />
Kurt Krolop zum 70. Geburtstag. Hrsg. von Klaas-Hinrich Ehlers ... .<br />
2., korr. Aufl. – Frankfurt a. M. usw.: Lang, <strong>2001</strong>. 505 S.<br />
La Bruyére – le métier du moraliste. Actes du Colloque international<br />
pour le Tricentenaire de la mort de la Bruyère (Paris, 8–9 novembre<br />
1996). Textes recueillis et présentés par Jean Dagen, Elisabeth Bourguinat<br />
et Marc Escola. – Paris: Champion, <strong>2001</strong>. 261 S. (Moralia; 5)<br />
Carl Zuckmayer und die Medien. Beiträge zu einem internationalen<br />
Symposion. Gunther Nickel (Hrsg.). Red.: Ulrike Weiß. – T. 1.2. –<br />
St. Ingbert: Röhrig, <strong>2001</strong>. (Zuckmayer-Jahrbuch; Bd. 4,1.2.)<br />
Entgrenzte Repräsentationen – gebrochene Realitäten. Danilo Kisˇ im<br />
Spannungsfeld von Ethik, Literatur und Politik. Materialien der<br />
internationalen Konferenz vom 4. bis 6. Juli 1999 an der Martin-<br />
Luther-Universität Halle-Wittenberg (Tagungsort: Lutherstadt Wittenberg).<br />
Hrsg. von Angela Richter, unter Mitw. von Tatjana Petzer.<br />
– München: Sagner, <strong>2001</strong>. 226 S. (Die Welt der Slaven; Bd. 10)<br />
Es hat sich viel ereignet, Gutes wie Böses. Lateinische Geschichtsschreibung<br />
der Spät- und Nachantike. Hrsg. von Gabriele Thome<br />
und Jens Holzhausen unter Mitarb. von Silke Anzinger. – München;<br />
Leipzig: Saur, <strong>2001</strong>. 213 S. (Beiträge zur Altertumskunde; Bd. 141)<br />
Fabian, Bernhard; Marie-Luise Spieckermann: Pope in eighteenthcentury<br />
Germany. A bibliographical essay (2). – In: Swift Studies. 16.<br />
<strong>2001</strong>. S. 5–30.<br />
Finkenstein, Kurt: Briefe aus der Haft 1935–1943. Hrsg., komm. und<br />
eingel. von Dietfried Krause-Vilmar. Mitarb.: Susanne Schneider. –<br />
Kassel: Jenior, <strong>2001</strong>. 480 S. (Nationalsozialismus in Nordhessen:<br />
Schriften zur regionalen Zeitgeschichte; Bd. 19)<br />
Fragen der Liedinterpretation, Hrsg. von Hedda Ragotzky; Gisela;<br />
Vollmann-Profe; Gerhard Wolf. – Stuttgart: Hirzel, <strong>2001</strong>. 225 S.<br />
Gelumbeckaite˙, Jolanta: Bibliotheca Augusta, jos istorija ir lietuviˇskos<br />
knygos. – In: Archivum Lithuanicum. 2. 2000. S. 75–98.<br />
Gelumbeckaite˙, Jolanta: „In sensum barbaries gentium corrigatur“.<br />
Das Rätsel der litauischen Postille von 1573. – In: Wolfenbütteler<br />
Barock-Nachrichten. 27,2. 2000. S. 85–107.<br />
j
ANHANG 340<br />
Gelumbeckaite˙, Jolanta: Wolfenbüttelio postile˙. Parenge˙ ir vada<br />
paraˇse˙ hum. m. dr. Juozas Karaciejus. – In: Archivum Lithuanicum.<br />
2. 2000. S. 173–194.<br />
Gurvic-Lisˇčiner, Sofja: Tvorečstvo Aleksandra Gercena i nemeckaja<br />
literatura. Očerki i materialy. – Frankfurt a. M.: Lang, <strong>2001</strong>. 349 S.<br />
(Deutsch-russische Literaturbeziehungen; Bd. 11)<br />
[Alexander Herzens Schaffen und die deutsche Literatur]<br />
Handbuch der lateinischen Literatur der Antike. Hrsg. von Reinhart<br />
Herzog und Peter Lebrecht Schmidt. – München: Beck. (Handbuch<br />
der Altertumswissenschaft; Abt. 8)<br />
Bd. 1. Die Archaische Literatur von den Anfängen bis Sullas Tod.<br />
Die vorliterarische Periode und die Zeit von 240 bis 88 v. Chr. Hrsg.<br />
von Werner Suerbaum unter Mitarb. von Jürgen Blänsdorf ... .<br />
XLVIII, 611 S.<br />
Hochsprachen in Europa. Entstehung, Geltung, Zukunft. Akten<br />
zweier Tagungen in München, 2./3. Dezember 1998, und Bad Homburg<br />
v. d. H., 18.–20. November 1999. Konrad Ehlich, Jakob Ossner,<br />
Harro Stammerjohann [Hrsg.]. – Freiburg i. Br.: Fillibach, <strong>2001</strong>.<br />
389 S.<br />
Hrotsvit (Gandeshemensis): Opera omnia. Ed. Walter Berschin. –<br />
Monachii; Lipsiae: Saur, <strong>2001</strong>. XXXIV, 334 S. (Bibliotheca Teubneriana)<br />
Hundertfünfzig Jahre „Mabinogion“. Deutsch-walisische Kulturbeziehungen.<br />
Hrsg. von Berhard Maier und Stefan Zimmer unter<br />
Mitw. von Christiane Batke. – Tübingen: Niemeyer, <strong>2001</strong>. X, 283 S.<br />
(Buchreihe der Zeitschrift für celtische Philologie; Bd. 19)<br />
Igboanusi, Herbert: A dictionary of Nigerian English usage. – Mokola<br />
Roundabout Ibadan: Enicrownfit Publ., <strong>2002</strong>. VII, 307 S.<br />
Das Imaginäre des Fin de Siècle. Ein Symposium für Gerhard Neumann.<br />
Christine Lubkoll [Hg.]. – Freiburg: Rombach, <strong>2002</strong>. 519 S.<br />
(Rombach Wissenschaften – Reihe Litterae; Bd. 88)<br />
Jahrbuch der Jean Paul Gesellschaft (Würzburg). Jg. 34/35. 2000/<strong>2001</strong>.<br />
– Weimar: Verl. Hermann Böhlaus Nachf., <strong>2001</strong>. VI, 320 S.<br />
Das Jerusalemer Heine-Symposium. Gedächtnis, Mythos, Modernität.<br />
Hrsg. von Klaus Briegleb und Itta Shedletzky. – Hamburg:<br />
Dölling und Galitz, <strong>2001</strong>. 218 S.<br />
Kafka, Franz: Briefe 1913 – März 1914. Hrsg. von Hans-Gerd Koch. –<br />
Frankfurt a. M.: S. Fischer, <strong>2001</strong>. 833 S. (Kafka, Franz: Schriften,<br />
Tagebücher, Briefe; Kritische Ausgabe)<br />
Kemp, Friedhelm: Das europäische Sonett. – Bd. 1. 2. – Göttingen:<br />
Wallstein, <strong>2002</strong>.<br />
(Münchener Universitätsschriften; Bd. 2)
341<br />
ANHANG<br />
Kodzis, Bronislav: Literaturnye centry russkogo zarubezˇ’ ja 1918–1939.<br />
Pisateli, tvorčeskie, obedinenija, periodika, knigopečatanie. – München:<br />
Sager in Komm., <strong>2002</strong>.<br />
(Arbeiten und Texte zur Slavistik; 70)<br />
Kratz, Gottfried: Ličnye i obsˇčestvennye sobranija v fonde biblioteki<br />
Institutov Krasnoj professury (GRIB). Sudby kollekcij nemeckojazynych<br />
knig. – In: Biblioteka ličnaja – biblioteka obsˇčestvennaja.<br />
Materialy naučnoj konferencii, 7–8 okt. 1998 goda. Moskva <strong>2001</strong>.<br />
S. 52–60.<br />
[Teilergebnisse des Projektes „Deutsch-sprachige Drucke russischer<br />
Verlage in der Moskauer Historischen Bibliothek, unter bes.<br />
Berücks. der Literatur zur russisch-deutschen wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Ideengeschichte“]<br />
Lessing international – Lessing reception abroad. Proceedings of the<br />
Lessing Society Conference, held at Vanderbilt University, Nashville,<br />
Tennessee, 28–31 Oct. 1999. Ed. for the Lessing Society by John<br />
A. McCarthy, Herbert Rowland and Richard E. Schade. – Göttingen:<br />
Wallstein, <strong>2001</strong>. 431 S. (Lessing Yearbook; 31. 2000)<br />
Literary history / cultural history. Force-fields and tensions. Ed. by<br />
Herbert Grabes. – Tübingen: Narr, <strong>2002</strong>. VIII, 386 S.(REAL: Yearbook<br />
of Research in English and American Literature; Vol. 17)<br />
Literaturstraße. Chinesisch-deutsches Jahrbuch für Sprache, Literatur<br />
und Kultur. Hrsg. von Zhang Yushu; Winfried Woesler; Horst<br />
Thomé. – Beijing: Volksliteratur Verl.<br />
Bd. 2. <strong>2001</strong>.<br />
Lotichius und die römische Elegie. Hrsg. von Ulrike Auhagen und<br />
Eckart Schäfer. – Tübingen: Narr, <strong>2001</strong>. 322 S. (NeoLatina; 2)<br />
Mythen in nachmythischer Zeit. Die Antike in der deutschsprachigen<br />
Literatur der Gegenwart. Hrsg. von Bernd Seidensticker und<br />
Martin Vöhler. – Berlin; New York: de Gruyter, <strong>2002</strong>. XIII, 378 S.<br />
Neubauer, Paul: Zwischen Tradition und Innovation. Das Sonett in<br />
der amerikanischen Dichtung des zwanzigsten Jahrhunderts. – Heidelberg:<br />
Winter, <strong>2001</strong>. 451 S. (American studies – a monograph<br />
series; Vol. 93)<br />
Die orthographischen Konferenzen von 1876 und 1901. Hrsg. von<br />
Dieter Nerius. – Hildesheim usw.: Olms, <strong>2002</strong>. XVIII, 332 S. (Documenta<br />
orthographica; Abt. B, Bd. 5)<br />
Pfeiffer, Helmut: Der Garten der Kultur und die Gewalt der<br />
Geschichte. Claude Simons Jardin des Plantes. – In: Poetologische<br />
Umbrüche. München <strong>2002</strong>. S. 156–176.<br />
Pfeiffer, Helmut: Traumatisches Gedächtnis. Claude Simons Route<br />
des Flandres. – In: Domänen der Literaturwissenschaft. Hrsg.: Herbert<br />
Jaumann ... . Tübingen <strong>2001</strong>. S. 315–338.
ANHANG 342<br />
Rose, Anna: Filippo Beroaldo der Ältere und sein Beitrag zur Properz-Überlieferung.<br />
– München; Leipzig: Saur, <strong>2001</strong>. XI, 474 S.<br />
(Beiträge zur Altertumskunde; Bd. 156)<br />
Ruhnken, David: Oratio de doctore umbratico. Ed. Helgus [= OLeg]<br />
Nikitinski. – Napoli: Vivarium, <strong>2001</strong>. 90 S. (L’Umanesimo Europeo;<br />
Series Latina; 2)<br />
Sannwald, Daniela: Nicht von Zuckmayer: Die Weisse Rose. Carl<br />
Zuckmayer, ein Filmprojekt über die Geschwister Scholl und ein<br />
Forschungsirrtum. Mit dem Manifest zu einem Film über die Weisse<br />
Rose von Otl Aicher und Inge Scholl. – In: Zuckmayer-Jahrbuch.<br />
Bd. 5. <strong>2002</strong>. S. 511–552.<br />
Sauerland, Uli [Ulrich]: A contrast to a trace. – In: WCCFL 20 [twenty]<br />
Proceedings. Eds.: K. Megerdoomian and L.A. Bar-el. Somerville,<br />
MA <strong>2001</strong>. S. 498–509<br />
Silbenschnitt und Tonakzente. Hrsg. von Peter Auer, Peter Gilles<br />
und Helmut Spiekermann. – Tübingen: Niemeyer, <strong>2002</strong>. VI, 294 S.<br />
(Linguistische Arbeiten; 463)<br />
Special issue on the origin of the Finnic peoples and languages<br />
dedicated to Richard Indreko (1900–1961). Ed.: Urmas Sutrop. –<br />
Tartu / Estland: Estonian Academy of Sciences, <strong>2001</strong>. 103 S. (Trames:<br />
Journal of the Humanities and Social Sciences; <strong>2001</strong>,1)<br />
Stefan George. Werk und Wirkung seit dem „Siebenten Ring“. Für<br />
die Stefan-George-Gesellschaft hrsg. von Wolfgang Braungart; Ute<br />
Oelmann und Bernhard Böschenstein. – Tübingen: Niemeyer, <strong>2001</strong>.<br />
XI, 456 S.<br />
Stotz, Peter: Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters. –<br />
München: Beck. (Handbuch der Altertumswissenschaft; Abt. 2, T. 5,1)<br />
Bd. 1. Einleitung: Lexikologische Praxis; Wörter und Sachen; Lehnwortgut.<br />
<strong>2002</strong>. XXXI,723 S.<br />
Theorie der Komödie – Poetik der Komödie. Ralf Simon (Hg.). – Bielefeld:<br />
Aisthesis Verl., <strong>2001</strong>. 223 S. (Aisthesis Studienbuch; Bd. 2)<br />
Uebe, Götz: Podgotovka serii bibliografičeskich ukazatelej „Gosudarstvennaja<br />
vlast v dorevoljucionnoj Rossii b biografijach ee predstavitelej<br />
(XIX v. – načalo XX v)“. – In: Biblioteka ličnaja – biblioteka<br />
obsˇčestvennaja. Materialy naučnoj konferencii, 7–8 okt. 1998<br />
goda. Moskva <strong>2001</strong>. S. 95–102.<br />
[Teilergebnisse des Projektes „Deutsch-sprachige Drucke russischer<br />
Verlage in der Moskauer Historischen Bibliothek, unter bes.<br />
Berücks. der Literatur zur russisch-deutschen wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Ideengeschichte“]<br />
Yang, Wenliang; Armin Burkhardt; Zhong Zhao: Chinesisch-deutsches<br />
Universitätswörterbuch. – Ismaning: Hueber, <strong>2001</strong>. XIV, 232 S.
343<br />
ANHANG<br />
Zwischen Goethezeit und Realismus. Wandel und Spezifik in der<br />
Phase des Biedermeier. Hrsg. von Michael Titzmann. – Tübingen:<br />
Niemeyer, <strong>2002</strong>. VII, 505 S. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte<br />
der Literatur; Bd. 92)<br />
Zwischen Rauschen und Offenbarung. Zur Kultur- und Mediengeschichte<br />
der Stimme. Hrsg. von Friedrich Kittler, Thomas Macho<br />
und Sigrid Weigel. – Berin: Akademie Verl., <strong>2002</strong>. XII, 416 S.<br />
Wirtschaftswissenschaften<br />
Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck.<br />
Fehlentwicklungen und Lösungsansätze aus institutionenökonomischer<br />
Sicht: Hrsg. von Thomas Apolte und Uwe Vollmer. Mit Beitr.<br />
von ... . – Stuttgart: Lucius & Lucius, <strong>2002</strong>. VIII, 472 S. (Schriften zu<br />
Ordnungsfragen der Wirtschaft; Bd. 68)<br />
Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Erwerbspause kann teuer kommen.<br />
Einkommensverlust für Frauen. – In: EU magazin. 3/<strong>2001</strong>. S. 31/32.<br />
Beblo, Miriam, und Elke Wolf: Die Folgekosten von Erwerbsunterbrechungen.<br />
– In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 71.<br />
<strong>2002</strong>. S. 83–94.<br />
Beblo, Miriam, und Elke Wolf: The wage penalities of heterogeneous<br />
employment biographies. An empirical analysis for Germany.<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim: ZEW,<br />
<strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW working paper)<br />
Contemporary economic ethics and business ethics. Peter Koslowski<br />
(ed.). – Berlin etc.: Springer, 2000. IX, 265 S. (Studies in economic<br />
ethics and philosophy)<br />
Diehl, Markus: International trade in intermediate inputs. The case<br />
of the automobile industry. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft an der<br />
Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 44 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel working papers;<br />
Nr. 1027)<br />
Döhrn, Roland: Inlandsbeschäftigung in deutschen Multinationalen<br />
Unternehmen. – In: RWI-Mitteilungen. 51. 2000. S. 289–301.<br />
Döhrn, Roland: The RWI data base on the globalisation of German<br />
companies. – In: Schmollers Jahrbuch: Zeitschrift für Wirtschaftsund<br />
Sozialwissenschaften. 121. <strong>2001</strong>. S. 427–434.<br />
Fifty years of the German Mark. Essays in honour of Stephen F. Frowen.<br />
Ed. by Jens Hölscher in ass. with Anglo-German Foundation<br />
for the Study of Industrial Society. – Houndmills, Basingstoke,<br />
Hampshire: Palgrave, <strong>2001</strong>. XXXI, 229 S.<br />
Freytag, Andreas, and Pia Weiß: Imperfect labour markets, globalisation<br />
and the new economy. Institut für Wirtschaftspolitik an der<br />
Universität Köln. – Köln, <strong>2001</strong>. 22 S. (IWP Discussion Paper; <strong>2001</strong>,5)
ANHANG 344<br />
Hansen, Hendrik: Globaler Dschihad? Die Freund-Feind-Unterscheidung<br />
im Islam und in der Theorie des Gesellschaftsvertrag. –<br />
In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B18/<strong>2002</strong>. S. 17–25.<br />
Hansen, Hendrik: Karl Marx. Humanist oder Vordenker des GULag?<br />
– In: Politisches Denken. Jahrbuch <strong>2002</strong>. S. 152–174.<br />
Hansen, Hendrik: Die Soziale Marktwirtschaft. Das deutsche Modell<br />
eines „dritten Weges“. – In: Politik im Netz. Hrsg. von W. Gellner.<br />
Baden-Baden <strong>2001</strong>.<br />
Hölsch, Katja: The effect of social transfers in Europe. An empirical<br />
analysis using generalised Lorenz curves.<br />
– http:// wwwceps.lu/iriss/iriss_wp.htm. <strong>2002</strong>. 21 Bl. (IRISS Working<br />
Paper Series; Nr. <strong>2002</strong>–02)<br />
Hölsch, Katja, und Margrit Kraus: European schemes of social assistance.<br />
An empirical analysis of set-ups and distributive impacts.<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim: ZEW,<br />
<strong>2002</strong>. 31 S. (ZEW discussion paper; No.02–51)<br />
s.a. http://www.lisproject.org/publications/liswps/312.pdf<br />
Hölsch, Katja, und Margit Kraus: European schemes of social assistance.<br />
An empirical analysis of set-ups and distributive impacts. Universität<br />
Hohenheim, Institut für Volkswirtschaftslehre (Stuttgart). –<br />
Stuttgart, <strong>2002</strong>. 29 S. (Hohenheimer Diskussionsbeiträge; Nr. 208/<br />
<strong>2002</strong>)<br />
Jasper, Jörg, und Iouri Tokarev: Anmerkungen zur neueren russischen<br />
Protektionismus-Diskussion. Trägt eine Infant-Industry-Strategie?<br />
– In: Aussenwirtschaft – Schweizerische Zeitschrift für internationale<br />
Wirtschaftsbeziehungen. 57. <strong>2002</strong>. S. 221–247.<br />
Kleinert, Jörn: Japan’s integration into the world economy in the<br />
1990s. – In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung. 70,4. <strong>2001</strong>.<br />
S. 1–14.<br />
Kleinert, Jörn: The Role of multinational enterprises in globalization.<br />
An empirical overview. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft an der<br />
Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 30 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel working papers;<br />
Nr. 1096)<br />
Kleinert, Jörn: Trade and the internalization of production. – Kiel:<br />
Institut für Weltwirtschaft an der Univ. Kiel, <strong>2002</strong>. 43 S. (Kieler<br />
Arbeitspapiere = Kiel working papers; Nr. 1104)<br />
Kombi-Einkommen. Ein Weg aus der Sozialhilfe? Sabine Dann; Andrea<br />
Kirchmann; Alexander Spermann; Jürgen Volkert [Hrsg.]. Institut<br />
für Angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen. – Baden-<br />
Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. 175 S.<br />
Lauer, Charlotte: Educational attainment A French-German comparison.<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. – Mannheim:<br />
ZEW, <strong>2001</strong>. 65 S. (ZEW Dokumentation; 01–02)
345<br />
ANHANG<br />
Lauer, Charlotte: Family background, cohort and education. A<br />
French-German comparison. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.<br />
– Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 34 S. (ZEW dicussion paper; 02–12)<br />
Lauer, Charlotte: A model of educational attainment. Application to<br />
the German case. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. –<br />
Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 31 S. (ZEW dicussion paper; 02–06)<br />
Lehmann, Karen: Stabilität und Veränderung der Flächentarifbindung<br />
von Arbeitgebern in Deutschland. Eine theoretische und empirische<br />
Analyse. - Münster usw. : LIT Verl., <strong>2002</strong>. XIV, 323 S. (Empirische<br />
Wirtschaftsforschung; Bd. 30)<br />
Nicolai, Alexander T.: Reflections on the utilization of management<br />
knowledge. The case „competitive strategy“. Universität Witten/<br />
Herdecke; Fakultät für Wirtschaftswissenschaft. – Witten, <strong>2002</strong>. VI,<br />
42 S. (Wittener Diskussionspapiere; H. 93)<br />
Nunnenkamp, Peter, und Julius Spatz: Globalisierungsverlierer in<br />
der Automobilindustrie? Internationaler Wettbewerb und Arbeitsmarkteffekte<br />
in Deutschland, Japan und den Vereinigten Staaten. –<br />
In: Die Weltwirtschaft. 2. <strong>2001</strong>. S. 149–172.<br />
Pierenkemper, Toni: Die Industrialisierung europäischer Montanregionen<br />
im 19. Jahrhundert. - Stuttgart: Steiner, <strong>2002</strong>. 424 S. (Regionale<br />
Industrialisierung; Bd. 3)<br />
Preuße, Heinz Gert: Mercosur. Another failed move towards regional<br />
integration?. – In: The World of Economy. 24. <strong>2001</strong>. S. 911–931.<br />
Spatz, Julius: Explaining intra- and intersectoral wage differentials<br />
in simple general equilibrium trade models. – Kiel: Institut für Weltwirtschaft<br />
an der Univ. Kiel, <strong>2001</strong>. 46 S. (Kieler Arbeitspapiere = Kiel<br />
working papers; Nr. 1042)<br />
Spatz, Julius; Peter Nunnenkamp: Globalisierung der Automobilindustrie.<br />
Wettbewerbsdruck, Arbeitsmarkteffekte und Anpassungsreaktionen.<br />
– Berlin usw.: Springer, <strong>2002</strong>. XII, 116 S. (Kieler Studien; 317)<br />
Spatz, Julius; Peter Nunnenkamp: Globalization of the automobile<br />
industry. Traditional locations under pressure? – Kiel: Institut für<br />
Weltwirtschaft an der Univ. Kiel, <strong>2002</strong>. 45 S. (Kieler Arbeitspapiere<br />
= Kiel working papers; Nr. 1093)<br />
Vida, Alexander: Unbefugter Imagetransfer. – In: transfer – Werbeforschung<br />
& Praxis. Jg. 46, Folge 191,2. <strong>2001</strong>. S. 6–12.<br />
Weber, Andrea M.: Bestimmungsgründe der Inanspruchnahme von<br />
Erziehungsurlaub. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. –<br />
Mannheim: ZEW, <strong>2002</strong>. 23 Bl. (ZEW mimeo)<br />
Weiß, Pia: How to finance unemployment benefits in an economy<br />
with search generated equilibrium unemployment. Institut für Wirtschaftspolitik<br />
an der Universität Köln. – Köln, <strong>2001</strong>. 22 S. (IWP Discussion<br />
Paper; <strong>2001</strong>,1)
Weiß, Pia: Unemployment in open economics. A search theoretic<br />
analysis. – Berlin etc.: Springer, <strong>2001</strong>. XII,226 S. (Lecture notes in<br />
economics and mathematical systems; 496)<br />
Rechtswissenschaft<br />
ANHANG 346<br />
Brand, Jürgen: Untersuchungen zur Entstehung der Arbeitsgerichtsbarkeit<br />
in Deutschland. – Bd. 2: Von der Ehre zum Anspruch. –<br />
Frankfurt a. M.: Klostermann, <strong>2002</strong>. XII, 757. (Studien zur europäischen<br />
Rechtsgeschichte; Bd. 151)<br />
Deutsche Verwaltung an der Wende zum 21. Jahrhundert. Klaus<br />
König [Hrsg.]. – Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. 636 S.<br />
Entstehung des Strafgesetzbuchs. Kommissionsprotokolle und Entwürfe.<br />
Werner Schubert; Thomas Vormbaum [Hrsg.]. – Baden-<br />
Baden: Nomos Verl.-Ges. (Juristische Zeitgeschichte: Abt. 3; Bd.<br />
10,1)<br />
Erster Europäischer Juristentag: Nürnberg <strong>2001</strong> = 1st European<br />
Jurists Forum = 1ère Journée des Juristes Européens. – Baden-<br />
Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 308 S.<br />
Europäisches Privatrecht in der Phase der Verdichtung. Beiträge des<br />
ZEuP-Symposions auf Schloss Ringberg, 1. – 3. 6. 2000. – In: Zeitschrift<br />
für Europäisches Privatrecht. <strong>2001</strong>. S. 533–685.<br />
Finanzverfassungsrecht. Kommentierung des Artikels 110. – In: Bonner<br />
Kommentar zum Grundgesetz (Gröpl). 98. Lfg. <strong>2001</strong>. S. 1–299.<br />
Finanzverfassungsrecht. Kommentierung des Artikels 111. – In: Bonner<br />
Kommentar zum Grundgesetz (Gröpl). 101. Lfg. <strong>2002</strong>. S. 1–83.<br />
Gremienwesen und staatliche Gemeinwohlverantwortung. Beiträge<br />
zu einem Forschungssymposium des Forschungsinstituts für öffentliche<br />
Verwaltung am 27. und 28. April 2000 in Speyer. Hrsg. von<br />
Karl-Peter Sommermann. – Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2001</strong>. 192 S.<br />
(Schriftenreihe der Hochschule Speyer; Bd. 145)<br />
Hopt, Klaus J.: Konzernrecht für Europa. Zur Diskussion um die Vorschläge<br />
des Forum Europaeum Konzernrecht. – In: Aufbruch nach<br />
Europa. Tübingen <strong>2002</strong>. S. 17–38.<br />
Justiz und Justizverwaltung zwischen Ökonomisierungsdruck und<br />
Unabhängigkeit. Hrsg. von Helmuth Schulze-Fielitz; Carsten Schütz.<br />
– Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 234 S. (Die Verwaltung; Beih. 5)<br />
Kantorowicz, Hermann (d. i. Flavius, Gnaeus [Pseud.]): Der Kampf<br />
um die Rechtswissenschaft (1906). [Nachdr. der Ausg. Heidelberg,<br />
Winter, 1906]. Mit einer Einführung von Karlheinz Muscheler. –<br />
Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XXIII, 41 S. (Juristische Zeitgeschichte:<br />
Kleine Reihe; Bd. 2)
347<br />
ANHANG<br />
Krawietz, Birgit: Cut and paste in legal rules. Designing islamic<br />
norms with Talfíq. – In: Die Welt des Islam. 42. <strong>2002</strong>. S. 3–40.<br />
Liszt, Franz von: Der Zweckgedanke im Strafrecht (1882/83). [Nachdr.<br />
der Ausg. Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. Bd.<br />
3. 1883. S. 1 ff.]. – Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XVIII,<br />
54 S. (Juristische Zeitgeschichte: Kleine Reihe; Bd. 6)<br />
Das Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin des Europarates<br />
- taugliches Vorbild für eine weltweit geltende Regelung? = The<br />
Convention on Human Rights and biomedicine of the Council of<br />
Europe – a suitable model for world-wide regulation? Jochen Taupitz<br />
[Hrsg.]. – Berlin; Heidelberg: Springer, <strong>2002</strong>. XXVIII, 833 S.<br />
(Veröffentlichungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und<br />
Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der<br />
Universitäten Heidelberg und Mannheim; 7)<br />
Möser, Justus: Politische und juristische Schriften. Hrsg. von Karl<br />
H.L. Welker. – München: Beck, <strong>2001</strong>. 81 S. (Bibliothek des deutschen<br />
Staatsdenkens; Bd. 19)<br />
Projektgruppen in Organisationen. Praktische Erfahrungen und<br />
Erträge der Forschung. Hrsg. von Rudolf Fisch, Dieter Beck und<br />
Birte Englich. – Göttingen: Verl. für Angewandte Psychologie, <strong>2001</strong>.<br />
378 S. (Wirtschaftspsychologie)<br />
Prütting, Hanns: Quo vadis Insolvenzverwalter? Ein Interview. – In:<br />
INDAT-Report. H. 3. <strong>2001</strong>. S. 8.<br />
Radbruch, Gustav: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht<br />
(1946). [Nachdr. der Ausg. Süddeutsche Juristenzeitung. Jg. 1. 1946,<br />
S. 105–108]. Mit einer Einführung von Winfried Hassemer. – Baden-<br />
Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. XXI, 17 S. (Juristische Zeitgeschichte:<br />
Kleine Reihe; Bd. 4)<br />
Recht und Internet. 6. „Deutsch-Schwedisches Juristentreffen“ vom 31.<br />
März bis 2. April 2000 in Lund. Gerhard Hohloch (Hrsg.). – Baden-<br />
Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 175 S. (Arbeiten zur Rechtsvergleichung:<br />
Schriftenreihe der Gesellschaft für Rechtsvergleichung; Bd. 197)<br />
Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung. Tendenzen der<br />
Rechtsentwicklung in Deutschland und Japan zur Jahrhundertwende.<br />
(Tagung), Toin-Univ. Yokohama, 4. – 6. Oktober 2000. Hrsg. von<br />
Zentaro Kitagawa ... . – Tübingen: Mohr Siebeck, <strong>2001</strong>. VIII, 350 S.<br />
Roggemann, Herwig: Die internationalen Strafgerichtshöfe. Einführung,<br />
Rechtsgrundlagen, Dokumente. 2., neubearb. und erw.<br />
Aufl. – Berlin: Berlin Verl., 1998. 420 S.<br />
Erg.Bd.: Das Statut von Rom für den Ständigen Internationalen<br />
Strafgerichtshof (ICC). Mit einer Einf. 1998. 102 S.<br />
Roggemann, Herwig: Internationales Strafrecht. Studienmaterialien zur<br />
Einführung. 2., neubearb. und erw. Aufl. – Berlin 2000. 171 S. (Arbeitspapiere<br />
des Osteuropa-Instituts der Freien Universität Berlin; 2000,1)
Roggemann, Herwig: The problem of legality and the limits of a sub<br />
poena duces tecum decision in the Blasˇić-Case. – In: Zbornik Radova<br />
Pravnog Fakulteta u Splitu. 49/50,1/2. 1998. S. 17–40.<br />
Roggemann, Herwig: Der Ständige Internationale Strafgerichtshof<br />
und das Statut von Rom. – In: Neue Justiz. 1998. S. 505–509.<br />
Schlechtriem, Peter: Restitution und Bereicherungsausgleich in<br />
Europa. Eine rechtsvergleichende Darstellung. – Tübingen: Mohr<br />
Siebeck, 2000.<br />
Bd. 1. 2000. XL, 899 S.<br />
Bd. 2. <strong>2001</strong>. XXIV, 492 S.<br />
Schlosser, Peter F.: Common law undertakings aus deutscher Sicht.<br />
– In: Recht der Internationalen Wirtschaft; 47,2. <strong>2001</strong>. S. 81–93.<br />
Schoch, Friedrich; Michael Kloepfer; unter Mitw. von Hansjürgen<br />
Garstka: Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE). Entwurf eines<br />
Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. –<br />
Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2002</strong>. 342 S. (Beiträge zum Informationsrecht;<br />
Bd. 1)<br />
Umbach, Gaby: Sprache und Recht in der Europäischen Union. Juristen<br />
und Sprachwissenschaftler im Dialog. – In: Kölner Universitätsjournal.<br />
32,2. <strong>2002</strong>. S. 59/60.<br />
United Nations sanctions and international law. Ed. by Vera Gowlland-Debbas.<br />
With the ass. of Mariano Garcia Rubio and Hassiba<br />
Hadj-Sahraoui. The Graduate Institute of International Studies. –<br />
The Hague etc.: Kluwer, <strong>2001</strong>. XIV, 408 S. (The Graduate Institute of<br />
International Studies; Vol. 1)<br />
Wege zum Europäischen Recht. 7. Deutsch-Schwedisches Juristentreffen“<br />
(„20 Jahre Deutsch-Schwedische Juristentreffen“) vom<br />
25. bis 27. April [<strong>2002</strong>] in Freiburg i. Br. Gerhard Hohloch [Hrsg.]. –<br />
Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2002</strong>. 117 S.<br />
(Arbeiten zur Rechtsvergleichung/Schriftenreihe der Gesellschaft<br />
für Rechtsvergleichung Bd. 203)<br />
Politikwissenschaft (auch internat. Beziehungen)<br />
ANHANG 348<br />
Abdelnasser, Gamal: Political change in Egypt. The parliamentary<br />
elections of 2000 and horizons of reform. – Berlin: <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft<br />
und Politik, <strong>2001</strong>. 25 S. (SWP-Studie)<br />
Adams, Willi Paul: Amerikastudien in der Bundesrepublik. – In: Die<br />
USA und Deutschland im Zeitalter des Kalten Krieges 1945–1900.<br />
Hrsg.: Detlef Junker. Bd. 2. 1968–1990. <strong>2001</strong>. S. 451–465.<br />
Afghanistan – a country without a state? Christine Noelle-Karimi;<br />
Conrad Schetter; Reinhard Schlagintweit (eds.). – Frankfurt a. M.:<br />
IKO-Verl. für Interkulturelle Kommunikation, <strong>2002</strong>. XIII, 241 S.<br />
(Schriftenreihe der Mediothek für Afghanistan; Bd. 2)
349<br />
ANHANG<br />
Bannwart, Aino: A German view of the role of the EU and Nato in<br />
Baltic Security. – In: NATO, the EU and Northern European Security.<br />
Young Baltic perspectives. Conference report. Hrsg.: Karoliina<br />
Honkanen; Tomas Ries. Helsinki <strong>2001</strong>. S. 19–21.<br />
Berndt, Uwe: Sprache als Integrationsmittel. Das Praxisbeispiel der<br />
Niederlande. – In: Zeitschrift des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung<br />
(DIE): Themenheft „Zuwanderung“. <strong>2002</strong>, Sept.<br />
Berndt, Uwe: Das strenge und das gütige Gesicht von Frau Antje.<br />
Die Niederlande fahren in der Zuwanderungspolitik mit dem<br />
Modell des Gebens und Nehmens nicht schlecht. – In: Frankfurter<br />
Rundschau. Nr. 15, 18. 05. <strong>2001</strong>. S. 16 (Dokumentation)<br />
The Birth of a European Constitutional Order. The interaction of<br />
National and European Constitutional Law. Jürgen Schwarze (ed.). –<br />
Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 568 S. (Schriftenreihe<br />
Europäisches Recht, Politik und Wirtschaft; Bd. 249)<br />
Bouzas y Hernán Soltz, Roberto: Instituciones y mecanismos de decisión<br />
en procesos de integración asimétricos. El caso MERCOSUR. –<br />
Hamburg: IIK, <strong>2002</strong>. 46 S. (Arbeitspapiere – Institut für Iberoamerika-Kunde;<br />
<strong>2002</strong>,1)<br />
Der Bundesrat in Deutschland und Österreich. Hrsg. von Detlef<br />
Merten. – Berlin: Duncker & Humblot, <strong>2001</strong>. 184 S. (Schriftenreihe<br />
der Hochschule Speyer; Bd. 143)<br />
Delhey, Jan: Die Entwicklung der Lebensqualität nach dem EU-Beitritt.<br />
Lehren für die Beitrittskandidaten aus früheren Erweiterungen.<br />
– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 1–2. <strong>2002</strong>. S. 31–38.<br />
Delhey, Jan, et al.: The Euromodule. A new instrument for comparative<br />
welfare research. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin<br />
für Sozialforschung/WZB: Arbeitspapier; FS III 01–401)<br />
Delhey, Jan: Korruption in Bewerberländern zur Europäischen<br />
Union. Institutionenqualität und Korruption in vergleichender Perspektive.<br />
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. – Berlin:<br />
WZB, <strong>2002</strong>. 32 S. (WZB Forschungsschwerpunkt Sozialer Wandel,<br />
Institutionen und Vermittlungsprozesse; FS III 02–401)<br />
Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />
Lessons for the accession countries to the European Union from previous<br />
enlargements. – Berlin <strong>2001</strong>. (Wissenschaftszentrum Berlin für<br />
Sozialforschung (WZB): Arbeitspapier; FS III 01–403)<br />
Delhey, Jan: The prospects of catching up for new EU members.<br />
Lessons for the accession countries to the European Union from previous<br />
enlargements. – In: Social Indicators Research. 56. <strong>2001</strong>.<br />
S. 205–231.
ANHANG 350<br />
Delhey, Jan, et al.: Quality of life in a European perspective. The<br />
Euromodule as a new instrument for comparative welfare research.<br />
– In: Social Indicators Research. 58,1. <strong>2002</strong>. S. 161–176.<br />
EU enlargement and beyond. The Baltic States and Russia. Helmut<br />
Hubel with the assistance of ... – Berlin: Berlin Verl.; Spitz, <strong>2002</strong>.<br />
XVIII, 469 S. (Nordeuropäische Studien; Bd. 18)<br />
Evaluation of legislation. Proceedings of the Fourth Congress of the<br />
European Association of Legilation (EAL) in Warsaw (Poland), June<br />
15th – 16th, 2000. Ulrich Karpen (ed.). – Baden-Baden: Nomos Verl.-<br />
Ges., <strong>2002</strong>. 252 S. (European Association of Legislation (EAL); Bd. 6)<br />
Frieden und Sicherheit in (Südost-)Europa. EU-Beitritt, Stabilitätspakt<br />
und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />
Beiträge zu einer internationalen Konferenz des Jean Monnet-Lehrstuhls<br />
der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg in Koop. mit der<br />
Südosteuropa-Gesellschaft vom 27. bis 29. November 2000 Hrsg.<br />
von Heinz-Jürgen Axt; Christoph Rohloff. Südosteuropa-Gesellschaft.<br />
– München, <strong>2001</strong>. 436 S. (Südosteuropa-Studien; Bd. 70)<br />
Fröhlich, Stefan: „Auf den Kanzler kommt es an“. Helmut Kohl und<br />
die deutsche Außenpolitik. Persönliches Regiment und Regierungshandeln<br />
vom Amtsantritt bis zur Wiedervereinigung. – Paderborn<br />
usw.: Schöningh, <strong>2001</strong>. 311 S.<br />
Gänzle, Stefan, und Aino Bannwart: Laboratorium Ostsee-Region.<br />
Die Europäische Union (EU), die baltischen Staaten und die Russische<br />
Föderation. – In: WeltTrends. 30.<strong>2001</strong>. S. 202–204.<br />
Hönicke, Michaela: Absichten und Ambivalenzen in der amerikanischen<br />
Europapolitik. – In: Die euro-atlantischen Beziehungen im<br />
Spannungsfeld von Regionalisierung und Globalisierung. Hrsg.:<br />
Reinhard C. Meier-Walser; Susanne Luther. München <strong>2001</strong>.<br />
Hönicke, Michaela: USA – innenpolitische Unversöhnlichkeiten und<br />
außenpolitische Handlungsfähigkeit. – In: Jahrbuch Internationale<br />
Politik. 1999–2000. München <strong>2001</strong>.<br />
Hubel, Helmut; Stefan Gänzle: The Council of the Baltic Sea States<br />
(CBSS) as a subregional organisation for „Soft Security Management“<br />
in the North-East of Europe. Studie im Auftr. des Ausw.<br />
Amtes der BRD für die Mitgliedstaaten des Ostseerates (CBSS) anl.<br />
des 10. Ministerratstreffens am 7. 6. <strong>2001</strong> in Hamburg. Mai <strong>2001</strong>.<br />
Hubel, Helmut; Stefan Gänzle: Der Ostseerat. Neue Funktionen<br />
subregionaler Zusammenarbeit im Kontext der EU-Osterweiterung.<br />
– In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 19–20/<strong>2002</strong>. S. 3–11.<br />
Hubel, Helmut: Die Ostsee-Subregion. Laboratorium der künftigen<br />
Ordnung Europas. – In: Internationale Politik. 57,10. <strong>2002</strong>. S. 33–40.
351<br />
ANHANG<br />
Hubel, Helmut; Stefan Gänzle: Soft security risks in the region and<br />
the role of the CBSS. Council of the Baltic Sea States/CBSS. – In:<br />
CBSS expert analysis. <strong>2001</strong>. Umschlags.<br />
Ibrahim, Waleed: Der rechtliche Status der Westbank und des Gaza-<br />
Streifens unter Berücksichtigung neuerer Entwicklungen : eine völkerrechtliche<br />
Studie. – Jerash/Jordanien: Univ., Fak. of Law, <strong>2002</strong>.<br />
59 Bl.<br />
Ibrahim, Waleed: Die rechtlichen und faktischen Vorausetzungen<br />
eines zu bildenden palästinensischen Staates. Eine völkerrechtliche<br />
Studie. – Jerash/Jordanien: Univ., Fak. of Law, 1999. II, 50 Bl.<br />
Investitionen ohne Grenzen. Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehr<br />
in der gesamteuropäischen Rechtspraxis. Ausgewählte Beiträge<br />
des ersten Symposiums der Veranstaltungsreihe EUROPE<br />
BEYOND THE UNION vom 7. – 10. 10. 1999 in Berlin. Chris Mögelin<br />
[Hrsg.]. – Frankfurt a. M. usw.: Lang, <strong>2001</strong>. VI, 122 S.<br />
Klenner, Wolfgang; Hisashi Watanabe [eds.]: Globalization and<br />
regional dynamics. East Asia and the European Union from the<br />
Japanese and the German perspective. – Berlin etc.: Springer, <strong>2002</strong>.<br />
X, 253 S.;13 fig.; 51 tab.<br />
Konzepte politischen Handelns. Kreativität – Innovation – Praxen.<br />
Harald Bluhm; Jürgen Gebhardt [Hrsg.]. – Baden-Baden: Nomos<br />
Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 336 S. (Schriftenreihe der Sektion Politische Theorien<br />
und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische<br />
Wissenschaft; Bd. 1)<br />
Lithuanias’s Seimas election 1996. The third turnover. Analyses,<br />
documents and data. Algis Krupavičius (ed.). Wissenschaftszentrum<br />
Berlin für Sozialforschung. – Berlin: Ed. Sigma, <strong>2001</strong>. 365 S. (Founding<br />
elections in Eastern Europe)<br />
Managing asymmetric interdependencies within the Euro-Mediterranean<br />
partnership. Felix Maier [ed.]. Zentrum für Europäische Integrationsforschung.<br />
– Bonn: ZEI, <strong>2002</strong>. 42 S. (ZEI Discussion Paper; C<br />
101/<strong>2002</strong>)<br />
Manóvil, Rafael M.: Forum Europaeum sobre derecho de grupos.<br />
Algunas de sus propuestas vistas desde la perspectiva sudamericana.<br />
– In: Aufbruch nach Europa: 75 Jahre Max-Planck-Institut für<br />
Privatrecht. Tübingen <strong>2001</strong>. S. 215–228.<br />
Marx Ferree, Myra; William Anthony Gamson; Jürgen Gerhards;<br />
Dieter Rucht: Abortion talk in Germany and the united states. Why<br />
rights explanations are wrong. – In: Contexts. 1,2. <strong>2002</strong>. S. 27–33.<br />
Marx Ferree, Myra; William Anthony Gamson; Jürgen Gerhards;<br />
Dieter Rucht: Four models of the public sphere in modern. – In:<br />
Theory and Society. 31. <strong>2002</strong>. S. 289–324.
ANHANG 352<br />
Marx Ferree, Myra; William Anthony Gamson; Jürgen Gerhards;<br />
Dieter Rucht: Shaping abortion discourse. Democracy and the public<br />
sphere in Germany and the United States. – Cambridge: Univ. Pr.,<br />
<strong>2002</strong>. XX, 350 S. (Communcation, society and politics)<br />
Meiers, Franz-Josef: Deutschland. Der dreifache Spagat. – In: Vierteljahresschrift<br />
für Sicherheit und Frieden. 19,2. <strong>2001</strong>. S. 62–68. – In:<br />
Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Hrsg.: Hans-<br />
Georg Ehrhart. Baden-Baden <strong>2002</strong>. S. 35–48.<br />
Meiers, Franz-Josef: Die gemeinsame europäische Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik als Zankapfel zwischen den USA und Europa.<br />
– In: Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik <strong>2001</strong>. Hrsg.: Erich<br />
Reiter. Hamburg usw. <strong>2001</strong>. S. 433–452.<br />
Meiers, Franz-Josef: The reform of the Bundeswehr. Adaption or<br />
fundamental renewal?. – In: European Security. 10, 3. <strong>2001</strong>. S. 1–22.<br />
Meiers, Franz-Josef: La réforme de la Bundeswehr. Adaption ou<br />
rénovation intégrale? – <strong>2001</strong>. 44 S. (Les Notes de l’ifri; No. 35)<br />
Meiers, Franz-Josef: Was zählt und wer zählt? Die Transatlantischen<br />
Beziehungen nach dem 11. September. – In: Europäische Sicherheit.<br />
51,8. <strong>2002</strong>.<br />
La Naissance d’un ordre constitutionnel européen. L’interaction du<br />
droit constitutionnel national et européen. Jürgen Schwarze [éd.]. –<br />
Baden-Baden; Bruxelles: Nomos Verl.-Ges.; Bruylant, <strong>2001</strong>. 572 S.<br />
(Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik und Wirtschaft; Bd. 248)<br />
Ortiz Mena, Antonio: La solución ce controversias en el TLCAN : un<br />
esbozo sobre su desempeño y retos. – Hamburg: IIK, <strong>2002</strong>. 33 S.<br />
(Arbeitspapiere – Institut für Iberoamerika-Kunde; <strong>2002</strong>,2)<br />
Patzelt, Werner J.: Seiteneinsteiger, Neulinge, Ossis ... . Die Integration<br />
ostdeutscher Abgeordneter in ‘gesamtdeutsche’ Parlamente. –<br />
In: Zeitschrift für Parlamentsfragen. 31. 2000. S. 543–568.<br />
Patzelt, Werner J.: Professionalisierung und Bürgernähe. Entwicklungstrends<br />
im Amtsverständnis und in der Amtsführung ostdeutscher<br />
Parlamentarier. – In: Aufbau und Leistung des Parlamentarismus<br />
in den neuen Bundesländern. Hrsg.: Christine Lieberknecht;<br />
Heinrich Oberreuter. Darmstadt <strong>2001</strong>. S. 56–76.<br />
Politische Steuerung in Theorie und Praxis. Hans-Peter Burth; Axel<br />
Görlitz (Hrsg.). – Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., <strong>2001</strong>. 435 S.<br />
(Schriften zur Rechtspolitologie; Bd. 12)<br />
Reformen in Japan. Friederike Bosse und Patrick Köllner (Hrsg.).<br />
Institut für Asienkunde Hamburg. – Hamburg <strong>2001</strong>. X, 306 S. (Mitteilungen<br />
des Instituts für Asienkunde Hamburg; Nr. 337)
353<br />
ANHANG<br />
The Rules of integration. Institutionalist approaches to the study of<br />
Europe. Ed. by Gerald Schneider and Mark Aspinwall. – Manchester;<br />
New York: Manchester Univ. Pr., <strong>2001</strong>. XII, 217 S. (European<br />
Policy Research Unit Series)<br />
Sberro, Stephan: TLCAN. Una convergencia inesperada con el<br />
modelo de la Unión Europea. – Hamburg, <strong>2002</strong>. 26 S. (Arbeitspapiere<br />
– Institut für Iberoamerika-Kunde; <strong>2002</strong>,3)<br />
Schabert, Tilo: Wie Weltgeschichte gemacht wird. Frankreich und<br />
die deutsche Einheit. – Stuttgart: Klett-Cotta, <strong>2002</strong>. 592 S.<br />
Schild, Georg: Die bedrohte Supermacht. Die Außen- und Sicherheitspolitik<br />
der USA nach dem Ende des Kalten Krieges. Hrsg.:<br />
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Berlin. – Opladen:<br />
Leske + Budrich, <strong>2002</strong>. 157 S. (Berliner Schriften zur Internationalen<br />
Politik)<br />
Schubert, Hans-Joachim: Demokratie in der Kleinstadt. Eine empirische<br />
Studie zur Motivation lokalpolitischen Handelns. – Wiesbaden:<br />
Westdt. Verl., <strong>2002</strong>. 384 S.<br />
Schumann, Siegfried: Persönlichkeitsbedingte Einstellungen zu Parteien.<br />
Der Einfluß von Persönlichkeitseigenschaften auf Einstellungen<br />
zu politischen Parteien. – München; Wien: Oldenbourg, <strong>2001</strong>.<br />
VIII, 435 S. (Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft)<br />
Slovenia between continuity and change, 1990–1997. Analyses,<br />
documents and data. Niko Tosˇ, Miheljak Vlado [eds.]; Wissenschaftszentrum<br />
Berlin für Sozialforschung. – Berlin: Ed. Sigma, <strong>2002</strong>.<br />
242 S. (Founding elections in Eastern Europe)<br />
Südamerika zwischen US-amerikanischer Hegemonie und brasilianischem<br />
Führungsanspruch. Konkurenz und Kongruenz der Integrationsprozesse<br />
in den Amerikas. [Hrsg.]: Gilberto Calcagnotto; Detlef<br />
Nolte. Institut für Iberoamerika-Kunde, Hamburg. – Frankfurt a.M.:<br />
Vervuert, <strong>2002</strong>. 281 S. (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-<br />
Kunde, Hamburg; Bd. 56)<br />
Vetter, Angelika: Local political competence in Europe. A resource<br />
of legitimacy for higher levels of government? – In: International<br />
Journal of Public Opinion Research. 14,1. <strong>2002</strong>. S. 3–18.<br />
Vetter, Angelika: Lokale Politik als Ressource der Demokratie in<br />
Europa? Lokale Autonomie, lokale Strukturen und die Einstellungen<br />
der Bürger zur lokalen Politik. – Opladen: Leske + Budrich, <strong>2002</strong>.<br />
XVII, 265 S. (Städte und Regionen in Europa; Bd. 10)<br />
Werenfels, Isabelle: Algerien nach den Parlamentswahlen. <strong>Stiftung</strong><br />
Wissenschaft und Politik. – Berlin: SWP, <strong>2002</strong>. 8 S. (SWP-Aktuell; 19)
Zapf, Wolfgang; Jan Delhey: Deutschland und die vierte EU-Erweiterung.<br />
– In: Lebenszeiten. Erkundigungen zur Soziologie der Generationen.<br />
Hrsg.: Günter Burkart; Jürgen Wolf. Opladen <strong>2002</strong>.<br />
S. 359–371.<br />
Zehn Jahre Deutsche Einheit. Hrsg. von Klaus Stern. Arbeitskreis<br />
Staats- und Verfassungsrecht. – Köln usw.: Heymanns, <strong>2001</strong>. XI,<br />
187 S. (Deutsche Wiedervereinigung: Die Rechtseinheit; Bd. 5)<br />
Zwischen Demokratie und Diktatur. Zur Konzeption und Empirie<br />
demokratischer Grauzonen. Petra Bendel; Aurel Croissant; Friedbert<br />
W. Rüb [Hrsg.]. – Opladen: Opladen: Leske + Budrich, <strong>2002</strong>. 359 S.<br />
Soziologie<br />
ANHANG 354<br />
Alber, Jens: Die Debatte um das rechte Verhältnis von Arbeitsmarkt<br />
und Sozialstaat. Eine Einführung – In: Zeitschrift für Sozialreform.<br />
47. <strong>2001</strong>. S. 293–309.<br />
Andreß, Hans-Jürgen; Thorsten Heien; Dirk Hofäcker: Wozu brauchen<br />
wir noch den Sozialstaat? Der deutsche Sozialstaat im Urteil<br />
seiner Bürger. – Wiesbaden: Westdt. Verl., <strong>2001</strong>. 206 S.<br />
Andreß, Hans-Jürgen, und Thorsten Heien: Zerfällt der wohlfahrtstaatliche<br />
Konsens? Einstellungen zum Wohlfahrtsstaat im zeitlichen<br />
Wandel. – In: Sozialer Fortschritt. <strong>2001</strong>,7. S. 169–175.<br />
Erwerbslosigkeit. Ursachen, Auswirkungen und Interventionen.<br />
Jeannette Zempel; Johann Bacher; Klaus Moser (Hrsg.). – Opladen:<br />
Leske + Budrich, <strong>2001</strong>. 447 S. (Psychologie sozialer Ungleichheit;<br />
Bd. 12)<br />
Hausmann, Guido, und Manfred Hettling: Civil society. – In: Encyclopedia<br />
of European Social History from 1350 to 2000. Vol. 2.<br />
Detroit etc. <strong>2001</strong>. S. 489–498.<br />
Heien, Thorsten: Wohlfahrtsansprüche in Europa. Ausgangspunkt<br />
oder Hindernis auf dem Weg zu einer Sozialunion? Abschlußbericht<br />
des Projektes „Einstellungen zum Wohlfahrtsstaat im europäischen<br />
Vergleich“ (EWV). – Bielefeld: Universität, Fakultät für Soziologie,<br />
<strong>2001</strong>. 225 S.<br />
Hundt, Irina: Die Edition der Tagebücher von Louise Otto-Peters im<br />
Lichte der Publikationstraditionen des ADF/DStV. – In: Zwischen<br />
Tradition und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen<br />
Kontinuität und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von Irina<br />
Hundt und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband.<br />
Berlin <strong>2002</strong>. S. 85–93.<br />
Kontinuität und Wandel der Familie in Deutschland. Eine zeitgeschichtliche<br />
Analyse. Hrsg. von Rosemarie Nave-Herz. – Stuttgart:<br />
Lucius & Lucius, <strong>2002</strong>. VII, 342 S. (Der Mensch als soziales und personales<br />
Wesen; Bd. 19)
355<br />
ANHANG<br />
Luhmanns Funktionssysteme in der Diskussion. Tagungsband der 1.<br />
Luhmann-Gedächtnistagung in Budapest, 15.–16. September 2000.<br />
Jenö Bango; András Karácsony (Hrsg.). Mit einem Vorw. von Dirk<br />
Baecker. – Heidelberg: Verl. für Systemische Forschung im Carl-<br />
Auer-Systeme Verl., <strong>2001</strong>. 120 S.<br />
Migrationsforschung und Interkulturelle Studien. Zehn Jahre IMIS.<br />
Hrsg. von Jochen Oltmer. Institut für Migrationsforschung und<br />
Interkulturelle Studien / IMIS. – Osnabrück: Rasch, <strong>2002</strong>. 377 S.<br />
(Schriften des Instituts für Migrationsforschung und interkulturelle<br />
Studien (IMIS) der Universität Osnabrück – IMIS Schriften; Bd. 11)<br />
Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland. Hrsg.: Institut für Länderkunde,<br />
Leipzig. [Projektleiter: Mayr, Alois]. – Heidelberg; Berlin:<br />
Spektrum Akademischer Verl.<br />
Bd. 5. Dörfer und Städte. <strong>2002</strong>. 194 S.<br />
Bd. 6. Bildung und Kultur. <strong>2002</strong>. 182 S. [auch als CD-ROM]<br />
Populäre Kultur als repräsentative Kultur. Die Herausforderung der<br />
Cultural Studies. Udo Göttlich; Clemens Albrecht; Winfried Gebhardt<br />
[Hrsg.]. – Köln: von Halem, <strong>2002</strong>. 308 S. (Fiktion und Fiktionalisierung;<br />
Bd. 6)<br />
Reden von Gewalt. Hrsg. von Kristin Platt. – München: Fink, <strong>2002</strong>.<br />
386 S. (Genozid und Gedächtnis)<br />
Rothenbacher, Franz: The public service and social protection in<br />
Europe. A comparative research project. – In: EURODATA Newsletter.<br />
14/15. Autumn/Spring. <strong>2001</strong>/<strong>2002</strong>. S. 1–9.<br />
Schötz, Susanne: Zur Entstehungsgeschichte des Allgemeinen deutschen<br />
Frauenvereins vor 135 Jahren in Leipzig. – In: Zwischen Tradition<br />
und Moderne. Frauenverbände in der geschichtlichen Kontinuität<br />
und im europäischen Diskurs heute. Hrsg. von Irina Hundt<br />
und Ilse Kischlat. Deutscher Staatsbürgerinnen-Verband. Berlin<br />
<strong>2002</strong>. S. 11–33.<br />
Schreyögg, Jonas: Finanzierung des Gesundheitssystems durch<br />
„Medical Savings Account“. – In: List Forum für Wirtschafts- und<br />
Finanzpolitik. 28. <strong>2002</strong>. S. 157–173.<br />
Schreyögg, Jonas: Medical savings accounts als Instrument zur<br />
Reduktion von moral hazard Verlusten bei der Absicherung des<br />
Krankheitsrisikos. TU Berlin, Wirtschaftswissenschaftliche Dokumentation,<br />
Fak. VIII. – Berlin: Technische Universität, <strong>2002</strong>. 24 Bl.<br />
(Diskussionspapier/Technische Universität Berlin; <strong>2002</strong>,5)<br />
Theorie der Politik. Niklas Luhmanns politische Soziologie. Hrsg. von<br />
Kai-Uwe Hellmann und Rainer Schmalz-Bruns. – Frankfurt a. M.:<br />
Suhrkamp, <strong>2002</strong>. 319 S. (suhrkamp taschenbuch Wissenschaft; 1583)
Ethnologie<br />
Mallebrein, Cornelia: Living gods on earth. Exhibition: Indian folk<br />
and tribal traditions. – In: German News. 43, Febr. <strong>2002</strong>. S. 17/18.<br />
Mallebrein, Cornelia: Living gods on earth. Indian folk and tribal<br />
traditions. Exhibition of photographs. – New Delhi: Archana, <strong>2002</strong>.<br />
22 S.<br />
Medizin und Naturwissenschaften<br />
ANHANG 356<br />
Abicht, Angela, et al.: A newly identified chromosomal microdeletion<br />
and an N-box mutation of the AChRε gene cause a congenital<br />
myasthenic syndrome. In: Brain. 125. <strong>2002</strong>. S. 1005–1013.<br />
Ahrens, Wilhelm: Scherz und Ernst in der Mathematik. Geflügelte<br />
und ungeflügelte Worte. Nachdr. der Ausg. Leipzig 1904. Mit einer<br />
Einl. hrsg. von Jochen Brüning. – Hildesheim usw.: Olms-Weidmann,<br />
<strong>2002</strong>. X, 522 S. (Historia Scientiarum: Fachgebiet Mathematik<br />
und Astronomie)<br />
Aigner, Ludwig, et al.: Isolated lissencephaly sequence and doublecortex<br />
syndrome in a German family with a novel doublecortin<br />
mutation. – In: Neuropediatrics. 31. 2000. S. 195–198.<br />
Bayer, Thomas A., et al.: Key factors in Alzheimer’s disease. �-amyloid<br />
precursor protein processing, metabolism and intraneuronal<br />
transport. – In: Brain Pathology. 11. <strong>2001</strong>. S. 1–11.<br />
Becker, Lore, et al.: Disease-specific human glycine receptor α 1 subunit<br />
causes hyperekplexia phenotype and impaired glycine- and<br />
GABA A-receptor transmission in transgenic mice. – In: The Journal<br />
of Neuroscience. 22. <strong>2002</strong>. S. 2505–2512.<br />
Biniszkiewicz, Detlev, et al.: Dnmt1 overexpression causes genomic<br />
hypermethylation, loss of imprinting, and embryonic lethality. – In:<br />
Molecular and Cellular Biology. 22. <strong>2002</strong>. S. 2124–2135.<br />
Brandt, Thomas: Modelling brain function: the vestibulo-ocular<br />
reflex. – In: Current Opinion in Neurology. 14. <strong>2001</strong>. S. 1–4.<br />
Brocke, Katja S., et al.: The human intronless melanocortin 4-receptor<br />
gene is NMD insensitive. – In: Human Molecular Genetics. 11.<br />
<strong>2002</strong>. S. 331–335.<br />
Cahana, A., et al.: LIS1 homodimerization and brain development. –<br />
In: Proc Natl Acad Sci USA. 98. <strong>2001</strong>. S. 6429–6434.<br />
Couillard-Despres, S. et al.: Molecular mechanisms of neuronal<br />
migration disorder, quo vadis? – In: Current Molecular Medicine. 1.<br />
<strong>2001</strong>. S. 677–688.
357<br />
ANHANG<br />
Dalski, Andreas, et al.: Genomic organization of the human NFAT5<br />
gene : exon-intron structure of the 14-kb transcript and CpG-island<br />
analysis of the promoter region. – In: Cytogenetics and Cell Genetics.<br />
93. <strong>2001</strong>. S. 239–241.<br />
Danckwardt, S., et al.: Abnormally spliced �-globin mRNAs. A single<br />
point mutation generates transcripts sensitive and insensitive to<br />
nonsense-mediated mRNA decay. 99. <strong>2002</strong>. S. 1811–1815.<br />
Dono, Rosanna et. al.: FGF2 signaling is required for the development<br />
of neuronal circuits regulating blood pressure. – In: Circulation<br />
Research. 11/25. <strong>2002</strong>. S. 1–6.<br />
Endris, Volker, et al.: The novel Rho-GTPase activating gene<br />
MEGAP/srGAP3 has a putative role in severe mental retardation. –<br />
In: PNAS. 99. <strong>2002</strong>. S. 11754–11759.<br />
Fuchshuber, Arno, et al.: Refinement of the gene locus for autosomal<br />
dominant medullary cystic kidney disease type 1 (MCKD1) and construction<br />
of a physical and partial transcriptional map of the region.<br />
– In: Genomics. 72. <strong>2001</strong>. S. 278–284.<br />
Gall, Franz Joseph, und Johann Kaspar Spurzheim: Untersuchungen<br />
ueber die Anatomie des Nervensystems ueberhaupt, und des<br />
Gehirns insbesondere. Ein dem franzoesischen Institute ueberreichtes<br />
Mémoire. Nebst dem Berichte der H.H. Commissaire des Institutes<br />
und den Bemerkungen der Verfasser über diesen Bericht. Nachdr.<br />
der Ausg. Paris und Strasburg 1809. Mit einer Einl. hrsg. von<br />
Sigrid Oehler-Klein. – Hildesheim usw.: Olms, <strong>2001</strong>. LXXX, 467 S.<br />
(Historia Scientiarum: Fachgebiet Biowissenschaften)<br />
Gehring, Niels H., et al.: Increased efficiency of mRNA 3’ end formation.<br />
A new genetic mechanism contributing to hereditary thrombophilia.<br />
– In: Nature Genetics. 28. <strong>2001</strong>. S. 389–392.<br />
Ghenea, Simona, et al.: The cDNA sequence and expression of the<br />
AAA-family peroxin genes pex-1 and pex-6 from the nematode Caenorhabditis<br />
elegans. – In. Zoological Science. 18. <strong>2001</strong>. S. 675–681.<br />
Glasauer, Stefan, et al.: Central positional nystagmus simulated by a<br />
mathematical ocular motor model of otolith-dependent modification<br />
of listing’s plane. – In: J Neurophysiol. 86. <strong>2001</strong>. S. 1546–1554.<br />
Glasauer, Stefan: Modeling neural control of the orientation of<br />
listing’s plane. – In: Soc Neurosci Abstr. 27, Program No. 71.92.<br />
<strong>2001</strong>.<br />
Hellenbroich, York, et al.: Limited somatic mosaicism for Friedreich’s<br />
ataxia GAA triplet repeat expansions identifies by small<br />
pool PCR in blood leukocytes. – In: Acta Neurol Scand. 103. <strong>2001</strong>.<br />
S. 188–192.
ANHANG 358<br />
Helmholtz, Hermann von: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Jochen<br />
Brüning. – Hildesheim: usw. Olms. (Historia Scientiarum: Fachgebiet<br />
Kulturwissenschaften, Physik, Mathematik, Biowissenschaften)<br />
Bd. 4. Vorlesungen über theoretische Physik<br />
Bd. 1.1. Einleitung zu den Vorlesungen über theoretische Physik /<br />
Bd. 1.2. Die Dynamik discreter Massenpunkte. Nachdr. der<br />
Ausg. Leipzig, Barth, 1903, 1898. <strong>2002</strong>. 380 S.<br />
Bd. 2.1. Dynamik continuierlich verbreiterter Massen / Bd. 2.2.<br />
Die mathematischen Principien der Akustik. Nachdr. der Ausg.<br />
Leipzig, Barth, 1902, 1898. VIII, 256 S.<br />
Bd. 3. Elektrodynamik und Theorie des Magnetismus. Nachdr.<br />
der Ausg. Leipzig, Barth, 1907. X, 406 S.<br />
Bd. 4. Elektromagnetische Theorie des Lichts. Nachdr. der Ausg.<br />
Hamburg, Leipzig, Voss, 1897. XII, 370 S.<br />
Bd. 5. Theorie der Wärme. Nachdr. der Ausg. Leipzig, Barth,<br />
1903. XII, 419 S.<br />
Bd. 5. Vorträge und Reden. Nachdr. der 4. Aufl. Braunschweig,<br />
1896.<br />
Bd. 1. <strong>2002</strong>. XV,422 S.<br />
Bd. 2. <strong>2002</strong>. XII,434 S.<br />
Hindiyeh, Musa, et al.: Isolation and characterization of West Nile<br />
virus from the blood of viremic patients during the 2000 outbreak in<br />
Israel. – In: Emerging Infectious Diseases. 7. <strong>2001</strong>. S. 248–250.<br />
Horn, S., et al.: The inositol five-phosphatase SHIP is expressed as<br />
145 and 135 kDa proteins in blood and bone marrow cells in vivo,<br />
whereas carboxyl-truncated forms of SHIP are generated by proteolytic<br />
cleavage in vitro. – In: Leukemia. 15. <strong>2001</strong>. S. 112–120.<br />
Jucker, Mathias, et al.: Pathogenesis and mechanism of cerebral<br />
amyloidosis in APP transgenic mice. – In: Research and perspectives<br />
in Alzheimer’s diseases. Eds: Konrad Beyreuther et al. Heidelberg<br />
<strong>2001</strong>. S. 87–95.<br />
Karcagi, V., et al.: Congenital myasthenic syndrome in South-<br />
Eastern European Roma (gypsies). – In: Acta Myologica. 20. <strong>2001</strong>.<br />
S. 231–238.<br />
Kehlen, A., et al.: IL-1�- and IL-4-induced down-regulation of autotaxin<br />
mRNA and PC-1 in fibroblast-like synoviocytes of patients<br />
with rheumatoid arthritis (RA). – In: Clin Exp. Immunol. 123. <strong>2001</strong>.<br />
S. 147–154.<br />
Klein, Christine, et al.: Evaluation of the role of the D2 dopamine<br />
receptor in myoclonus dystonia. – In: Ann Neurol. 47. 2000. S.<br />
369–373.<br />
Klein, Christine: Myoclonus and myoclonus-dystonias. – In: Genetics<br />
of Movement Disorders. 25. <strong>2002</strong>. S. 449–469.
359<br />
ANHANG<br />
Kontou, Maria, et al.: Overexpressed thioredoxin compensates Fanconi<br />
anemia related chromosomal instability. – In: Oncogene. 21.<br />
<strong>2002</strong>. S. 2406–2412.<br />
Krahne, Roman, et al.: Fabrication of nanoscale gaps in integrated<br />
circuits. – In: Applied Physics Letters. 81. <strong>2002</strong>. S. 730–732.<br />
Kulozik, Andreas E.: Hemoglobin variants and the rarer hemoglobin<br />
disorders. – In: Pediatric Hematology. 2. ed. Ed. by John S. Lilleyman<br />
et al. <strong>2001</strong>. S. 231–256.<br />
Lorkowski, Stefan, et al.: Genomic sequence and structure of the<br />
human ABCG1 (ABC8) gene. – In: Biochemical and Biophysical<br />
Research Communications. 280. <strong>2001</strong>. S. 121–131.<br />
Lüers, Georg H., et al.: Genomic organization, chromosomal localization<br />
and tissue specific expression of the murine Pxmp2 gene<br />
encoding the 22 kDa peroxisomal membrane protein (Pmp22). – In:<br />
Gene. 272. <strong>2001</strong>. S. 45–50.<br />
Manthey, D., et al.: Intracellular domains of mouse connexin26 and<br />
–30 affect diffusional and electrical properties of gap junction channels.<br />
– In: Membrane Biology. 181. <strong>2001</strong>. S. 137–148.<br />
Maurer, B., et al.: Prevalence of Y chromosome microdeletions in<br />
infertile men who consulted a tertiary care medical centre: the<br />
Münster experience. – In: Andrologia. 33. <strong>2001</strong>. S. 27–33.<br />
Netzer, Christian, et al.: Interaction of the developmental regulator<br />
SALL1 with UBE2I and SUMO-1. – In: Biochemical and Biophysical<br />
Research Communications. 296. <strong>2002</strong>. S. 870–876.<br />
Netzer, Christian, et al.: SALL1, the gene mutated in Townes-Brocks<br />
syndrome, encodes a transcriptional repressor which interacts with<br />
TRF1/PIN2 and localizes to pericentromeric heterochromatin. – In:<br />
Human Molecular Genetics. 10. <strong>2001</strong>. S. 3017–3024.<br />
Neu-Yilik, Gabriele, et al.: Splicing and 3’ end formation in the definition<br />
of nonsense-mediated decay-competent human �-globin<br />
mRNPs. – In: The EMBO Journal. 20. <strong>2001</strong>. S. 532–540.<br />
Ohno, Kinji, et al.: A modified alignment of human and rodent 5’<br />
untranslated sequences of the acetylcholine receptor epsilon subunit<br />
gene reveals additional regions of high homology. – In: Neuromuscular<br />
Disorders. 10. 2000. S. 213/214.<br />
Prassolov, Vladimir, et al.: Functional identification of secondary<br />
mutations inducing autonomous growth in synergy with a truncated<br />
interleukin-3 receptor: implications for multi-step oncogenesis. – In:<br />
Experimental Hematology. 29. <strong>2001</strong>. S. 756–765.<br />
Quintana-Murci, L., et al.: The relationship between Y chromosome<br />
DNA haplotypes and Y chromosome deletions leading to male infertility.<br />
– In: Hum. Gen. 10. <strong>2001</strong>. S. 1–6.
ANHANG 360<br />
Reiss, J., et al.: A mutation in the gene for the neurotransmitter<br />
receptor-clustering protein gephyrin causes a novel form of molybdenum<br />
cofactor deficiency. – In: Am J Hum Genet. 68. <strong>2001</strong>.<br />
S. 208–213.<br />
Riecken, Bettina, et al.: No impact of repeated endoscopic screens on<br />
gastric cancer mortality in a prospectively followed chineses population<br />
at high risk. – In: Preventive Medicine. 34. <strong>2002</strong>. S. 22–28.<br />
Saunders-Pullman, R., et al.: Myoclonus dystonia. Possible association<br />
with obsessive-compulsive disorder and alcohol dependence. –<br />
In: Neurology. 58. <strong>2002</strong>. S. 242–245.<br />
Schell, T., et al.: Integration of splicing, transport and translocation<br />
to achieve mRNA quality control by decay pathway. – In: Genome<br />
Biology. 3. <strong>2002</strong>. 1006.1–1006.6.<br />
Schneider, Erich, et al.: Comparison of human ocular torsion patterns<br />
during natural and galvanic vestibular stimulation. – In: J Neurophysiol.<br />
87. <strong>2002</strong>. S. 2064–2073.<br />
Shmueli, O., et al.: DCX in PC12 cells. Downregulation of CREBmediated<br />
transcription. – In: Hum Mol Genet. 10. <strong>2001</strong>. S. 1061–1070.<br />
Shoichet, Sarah, A., et al.: Frataxin promotes antioxidant defense in a<br />
thiol-dependent manner resulting in diminished malignant transformation<br />
in vitro. – In: Human Molecular Genetics. 11. <strong>2002</strong>. S. 815–821.<br />
Taubert, Helge, et al.: Expression of cathepsin B, D and L protein in<br />
juvenile idiopathic arthritis. – In: Autoimmunity. 35. <strong>2002</strong>. S. 221–224.<br />
Taubert, Helge, et al.: The p53 status in juvenile chronic arthritis and<br />
rheumatoid arthritis. – In: Clin Exp Immunol. 123. <strong>2001</strong>. S. 147–154.<br />
Utech, Markus, et al.: Accumulation of RhoA, RhoB, RhoG, and Rac<br />
1 in fibroblasts from Tangier disease subjects suggests a regulatory<br />
role of Rho family proteins in cholesterol efflux. – In: Biochemical<br />
and Biophysical Research Communications. 280. <strong>2001</strong>. S. 229–236.<br />
Viedt, Christiane, et al.: Differential activation of mitogen-activated<br />
protein kinases in smooth muscle cells by angiotensin II : involvement<br />
of p22phox and reactive oxygen species et al. – In: Arteroscler<br />
Thromb Vasc Biol. 20. 2000. S. 940–948.<br />
Viedt, Christiane, et al.: MCP-1 induces inflammatory activation of<br />
human tubular epithelial cells : involvement of the transcription factors,<br />
nuclear factor-kB and activating protein-1. – In: J Am Soc<br />
Nephrol. 13. <strong>2002</strong>. S. 1534–1547.<br />
Viedt, Christiane, et al.: Monocyte chemoattractant protein-1 induces<br />
proliferation and interleukin-6 production in human smooth<br />
muscle cells by differential activation of nuclear factor-kB and<br />
activator protein-1. – In: Arterioscler Thromb Vasc Biol.22. <strong>2002</strong>.<br />
S. 914–920.
361<br />
ANHANG<br />
Walter, Claudia, et al.: Disorders of peroxisome biogenesis due to<br />
mutations in PEX1. Phenotypes and PEX1 protein levels. – In: Am J<br />
Hum Genet. 69. <strong>2001</strong>. S. 35–48.<br />
Winkler, David T., et al.: Spontaneous hemorrhagic stroke in a<br />
mouse model of cerebral amyloid angiopathy. – In: The Journal of<br />
Neuroscience. 21(5). <strong>2001</strong>. S. 1619–1627.<br />
Winkler, David T., et al.: Thrombolysis induces cerebral hemorrhage<br />
in a mouse model of cerebral amyloid angiopathy. – In: Annals of<br />
Neurology. 51. <strong>2002</strong>. S. 790–793.<br />
Wirths, Oliver, et al: Intraneuronal A� accumulation precedes plaque<br />
formation in �-amyloid precursor protein and presenilin-1 doubletransgenic<br />
mice. – In: Neuroscience Letters. 306. <strong>2001</strong>. S. 116–120)<br />
Wirths, Oliver, et al: Intraneuronal APP/A� trafficking and plaque<br />
formation in �-amyloid precursor protein and presenilin-1 transgenic<br />
mice. – In: Brain Pathol. 12. <strong>2002</strong>. S. 275–286.<br />
Wirths, Oliver, et al: Reelin in plaques of �-amyloid precursor protein<br />
and presenilin-1 double-transgenic mice. – In: Neuroscience<br />
Letters. 316. <strong>2001</strong>. S. 145–148.<br />
Yu, Fang, et al.: Methyl-CpG-binding protein 2 represses LINE-1<br />
expression and retrotransposition but not Alu transcription. – In:<br />
Nucleic Acids Research. 29. <strong>2001</strong>. S. 4493–4501.<br />
Zinn-Justin, Anne, et al.: Multipoint development of the weighted<br />
pairwise correlation (WPC) linkage method for pedigrees of arbitrary<br />
size and application to the analysis of breast cancer and alcoholism<br />
familial data. – In: Genetic Epidemiology. 21. <strong>2001</strong>. S. 40–52.<br />
Zühlke, Christine, et al.: Different types of repeat expansion in the<br />
TATA-binding protein gene are associated with a new form of inherited<br />
ataxia. – In: European Journal of Human Genetics. 9. <strong>2001</strong>.<br />
S. 160–164.<br />
Zühlke, Christine, et al.: Spinocerebellar ataxia type 1 (SCA1). Phenotype-genotype<br />
correlation studies in intermediate alleles. – In:<br />
European Journal of Human Genetics. 10. <strong>2002</strong>. S. 204–209.
363<br />
Register<br />
Das Register verzeichnet neben den Sachbegriffen auch die von der <strong>Stiftung</strong> im<br />
Berichtsjahr geförderten Institutionen. Die Ansetzung erfolgt mit Ausnahme der<br />
Archive, Bibliotheken und Museen (s. dort) sowie der als Abteilung, Fachbereich,<br />
Fakultät, Lehrstuhl, Professur oder Sektion ausgewiesenen Universitätsinstitute<br />
(s. Universität oder Fachhochschule) unter dem offiziellen Namen nach der<br />
gegebenen Wortfolge. Im Bericht werden auf den Seiten 279–309 weitere<br />
Bewilligungsempfänger genannt, die im Register nicht enthalten sind.<br />
Abtei Ottobeuren (1672 – 1803) 134 f.<br />
Ägypten<br />
– altägyptische Hieroglyphenschrift<br />
107 ff.<br />
– altägyptische Literatur 106 f.<br />
– altägyptisches Wörterbuch 106<br />
– Athribis (Gau Panopolites):<br />
Aufzeichnungen Johann Joachim<br />
Winckelmanns 104 f.<br />
– Ramses II: Staatsreligion und<br />
Volksfrömmigkeit 105<br />
Ägyptologisches Institut (Univ. Leipzig)<br />
105<br />
Ästhetische Moderne und Spiritismus:<br />
Berlin und München 164 f.<br />
Afrika: Erforschung von Geschlecht und<br />
Macht (19./20. Jh.) 60 f.<br />
Alexander von Humboldt-<strong>Stiftung</strong><br />
(Bonn) 275<br />
alpha-Sekretase: Alzheimer-Krankheit<br />
239 f.<br />
Alzheimer-Krankheit 239 f., 240 f.<br />
Amyloidablagerungen im zerebralen<br />
Gefäßsystem (CAA) 241 f.<br />
Anämie: Fanconi-Anämie 254 f.<br />
Anhalt-Dessau: Möbelbaukunst (vor<br />
1800) 120 f.<br />
Antidepressiva 242 f.<br />
Antike<br />
– Apollonia-Arsuf (Israel): römisches<br />
Landhaus 99 f.<br />
– Athribis (Ägypten): Aufzeichnungen<br />
Johann Joachim Winckelmanns 104 f.<br />
– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />
Domitian 88 ff.<br />
– Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />
Entwicklung (8. – 5. Jh. v. Chr.)<br />
92 ff.<br />
– Gemmensammlung Heinrich Dressel<br />
(Berlin) 103 f.<br />
– Horvat Mazad (Palästina):<br />
Ausgrabungen 98 f.<br />
– Ionien: Mykale-Survey 94 ff.<br />
– Kunst und Technik 109 f.<br />
– Maffei, Scipione: Skulpturensammlung<br />
126 f.<br />
– Palmyra (Syrien): vorrömischhellenistische<br />
Urbanistik 100 ff.<br />
– Portugal/Algarve: römische Villen<br />
97 f.<br />
– römischer Triumpfzug: Raum und<br />
Ritual 91 f.<br />
– Thugga (Tunesien): Ausgrabungen<br />
96 f.<br />
– Winckelmann, Johann Joachim 104 f.<br />
– Zafar/Jemen (jüdisch-himyarische<br />
Hauptstadt): Ausgrabungen 102 f.<br />
Antroposophie: Rudolf Steiner 35 ff.<br />
Apollonia-Arsuf (Israel): Ausgrabungen<br />
99 f.<br />
APP-Molekül: Alzheimer-Krankheit<br />
240 f.<br />
Arabische Länder: Elitenwechsel 229 f.<br />
Arbeitsmarkt<br />
– Arbeitsförderungsgesetz: Bundesrep.<br />
Deutschland (1969) 83 f.<br />
– Flexibilisierung: soziale Integration<br />
207 f.<br />
– Gesundheitsnachfrage und<br />
Humankapitalakkumulation 180 f.<br />
– Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg:<br />
Deutschland/Frankreich 176 ff.<br />
Arbeitsstelle Bonn der Patristischen<br />
Kommission (Nordrhein-Westfälische<br />
Akademie der Wissenschaften) 138<br />
Arbeitsverwaltung: Deutschland<br />
(19./20. Jh.) 81<br />
Archäologisches Institut (Univ. Freiburg)<br />
96<br />
Archäologisches Institut (Univ. Göttingen)<br />
109
Archäologisches Institut (Univ. Heidelberg)<br />
91<br />
Archäologisches Institut (Univ. Köln) 88<br />
Archive<br />
– Archiv für Außenpolitik des Ministeriums<br />
für Auswärtige Angelegenheiten<br />
der Russischen Föderation<br />
(Moskau) 73 f.<br />
– Berliner Archiv der Berlin-Brandenburgischen<br />
Akademie der Wissenschaften<br />
13<br />
– Brandenburgisches Landeshauptarchiv<br />
(Potsdam) 54<br />
– Schiller-Nationalmuseum und<br />
Deutsches Literaturarchiv (Marbach<br />
am Neckar) 150, 156<br />
Aristokratische Polygynie (Hochmittelalter):<br />
Europa 39 f.<br />
Arndt, Johann 30 f.<br />
Arnold-Bergstraesser-Institut für<br />
Kulturwissenschaftliche Forschung<br />
(Freiburg) 211<br />
Ataxien: spinozerebelläre Ataxie Typ 3<br />
248<br />
Athribis (Ägypten, Gau Panopolites):<br />
Aufzeichnungen Johann Joachim<br />
Winckelmanns 104 f.<br />
August der Starke und August III zu<br />
Dresden: Porzellansammlung 127 f.<br />
Autoimmunerkrankungen<br />
– systemischer Lupus erythematodes/<br />
SLE 253 f.<br />
– T-Zell-Selektion 252 f.<br />
– Zöliakie 257 f.<br />
Ayre-Maimon-Institut für Geschichte der<br />
Juden (Univ. Trier) 44<br />
Baden: Parlamentarismus (1819 – 1870/71)<br />
56 f.<br />
Bauleitplanung: Umweltrecht (EU) 192 f.<br />
Bayerische Akademie der Wissenschaften<br />
(München)<br />
– Historische Kommission 61<br />
– Kommission für Deutsche Literatur<br />
des Mittelalters 143<br />
REGISTER 364<br />
– Kommission zur Erforschung des<br />
antiken Städtewesens 90<br />
Beamte und Kaufleute (1740 – 1806):<br />
Preußen 54 f.<br />
Benediktiner: Abtei Ottobeuren<br />
(1672 – 1803) 134 f.<br />
Berlin<br />
– jiddische Vokal- und Instrumentalmusik:<br />
Rundfunksendungen<br />
(1945 – 1990) 136 ff.<br />
– Schwarzhandel: Kriegszeit und nach<br />
1945 70 f.<br />
– Spiritismus und ästhetische Moderne<br />
164 f.<br />
Berlin-Brandenburgische Akademie der<br />
Wissenschaften (Berlin)<br />
– Arbeitsstelle Altägyptisches Wörterbuch<br />
106<br />
– Berliner Archiv 13<br />
Bermann Fischer, Gottfried: Carl Zuckmayer<br />
156 f.<br />
Beutekunst: Ankaufspolitik 1933 – 1945<br />
138 f.<br />
Bevölkerungsentwicklung: Europa 228 f.<br />
Bewegungsstörungen: Hyperekplexie<br />
(Stiff Baby Syndrome/Startle-Syndrom)<br />
246<br />
Bibliographien<br />
– altägyptische Literatur 106 f.<br />
– jüdische Schriften (hellenistischrömische<br />
Zeit 26 f.<br />
– Judenbücher (Spätmittelalter): Europa<br />
44 f.<br />
Bibliotheken<br />
– Bibliothekslandschaft Königsbergs<br />
(um 1750) 149 f.<br />
– Herzog August Bibliothek (Wolfenbüttel)<br />
145<br />
BICC s. Bonn International Center for<br />
Conversion<br />
Bilād al-Shām: Nahdaforschung 58 ff.<br />
Bildhauerkunst s. Plastik<br />
Biographien<br />
– Arndt, Johann 30 f.<br />
– Fraenkel, Ernst 201 f.<br />
– Heuss, Theodor 72 f.<br />
– Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />
– Metallkunst (1871 – 1945): Deutschland<br />
119 f.
365<br />
REGISTER<br />
– Stresemann, Gustav 64 f.<br />
Bismarck, Otto von 62 f.<br />
Bonn International Center for<br />
Conversion/BICC (Bonn) 199<br />
Brandenburg: slawische Körpergräber<br />
(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />
Brandenburgisches Klosterbuch 37 f.<br />
Briefe<br />
– Arndt, Johann 30 f.<br />
– Bermann Fischer, Gottfried: Carl<br />
Zuckmayer 156 f.<br />
– Bismarck, Otto von 62 f.<br />
– Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />
– Jünger, Ernst: Friedrich Hielscher 85 f.<br />
– Kafka, Franz 155 f.<br />
– Otto-Peters, Louise 57 f.<br />
– Pound, Ezra 84 f.<br />
– Ranke, Leopold von 61 f.<br />
Bruno, Giordano 10 f.<br />
BSE-Konflikt: Europa 212 ff.<br />
Buchmalerei: Heiligenleben (Katalog<br />
der deutschsprachigen illustrierten<br />
Handschriften des Mittelalters) 143 f.<br />
Budapest: Fellow-Stipendien (Collegium<br />
Budapest) 267 ff.<br />
Buddhismus (tibetischer) 34 f.<br />
Bücherzensur (römische): Ende 16. Jh.<br />
26 ff.<br />
Büchner, Georg 151 f.<br />
Bürgereinstellungen: Engagement 194 ff.<br />
Bultmann, Rudolf: Rudolf Otto 31<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
s. Deutschland<br />
Bundesverfassungsgericht (Karlsruhe)<br />
186<br />
CAA (Cerebral Amyloid Angiopathy)<br />
241 f.<br />
Cartesische Ethik 11 f.<br />
Center for Experimental Physics (Rehovot)<br />
s. Harari Center for Experimental<br />
Physics, Weizmann Institute<br />
Centre for History and Economics,<br />
King’s College (Cambridge/GB) 271<br />
CHILD-Syndrom 260<br />
China<br />
– EU 227 f.<br />
– Shenbao (chinesische Tageszeitung<br />
1872 – 1898) 167 f.<br />
Cholesterin: CHILD-Syndrom 260<br />
Christentumsgeschichte (außereuropäische)<br />
33<br />
Chroniken: Georg Kölderer 40 f.<br />
CMS (Kongenitale Myasthene Syndrome)<br />
249 f.<br />
Collegium Budapest: Fellow-Stipendien<br />
267 ff.<br />
Columbia Law School (New York),<br />
European Legal Studies Center:<br />
europäisches Wirtschafts- und<br />
Öffentliches Recht 270<br />
Connexin-assoziierte Hörstörungen:<br />
Kindesalter 245 f.<br />
Corporate Restructuring: Vereinigte<br />
Staaten/Bundesrep. Deutschland 181 f.<br />
Corpus Judaeo-Hellenisticum: Jakobusbrief<br />
24 f.<br />
Crinitus, Petrus: „De poetis Latinis“ 141 f.<br />
Curriculum zum Europäischen Wirtschaftsrecht:<br />
European Legal Studies<br />
Center (Columbia Law School, New<br />
York) 270<br />
Danon-Syndrom 256<br />
Darmerkrankungen<br />
– Hirschsprung-Krankeit 251 f.<br />
– Zöliakie 257 f.<br />
Datenschutz (Bundesrep. Deutschland):<br />
Informationsgesetzbuch 185 f.<br />
DDR/SBZ<br />
– Intelligenz in der Krise (1956/1957)<br />
75 f.<br />
– Ökumenische Versammlung<br />
(1987 – 1989) 32<br />
– Politemigranten: Aufnahme politisch<br />
Verfolgter 76 f.<br />
– Verfassung (1947 – 1949) 74 f.<br />
Demographische Entwicklungen<br />
s. Bevölkerungsentwicklung<br />
Demokratie<br />
– Indien: Parteien 197 f.<br />
– Mittel- und Osteuropa: neue Parteiensysteme<br />
196 f.<br />
– Verfassungsstaaten 198 f.
Department of Ancient Near Eastern<br />
Studies (Hebrew Univ. Jerusalem) 107<br />
Department of Classics (Tel Aviv Univ.)<br />
99<br />
Depression<br />
– Antidepressiva 243 f.<br />
– Serotonin- und Noradrenalin-Transporter<br />
242 f.<br />
Descartes, René: Ethik 11 f.<br />
Desmocolline (humane): Klonierung 261<br />
Deutsche Demokratische Republik<br />
s. DDR<br />
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige<br />
Politik/DGAP (Berlin) 219, 221, 227<br />
Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />
(Speyer) 186<br />
Deutsches Archäologisches Institut<br />
(Rom) 92<br />
Deutsches Forum für Kunstgeschichte<br />
(Paris) 128<br />
Deutsches Historisches Institut (Paris) 38<br />
Deutsches Historisches Institut/DHI<br />
(Washington): Jürgen-Heideking-<br />
Fellowship 271<br />
Deutsches Institut für Ernährungsforschung<br />
(FU Berlin) 255<br />
Deutsches Institut für Japanstudien<br />
(Tokyo) 168<br />
Deutsches Seminar (Univ. Tübingen) 26<br />
Deutsches Übersee-Institut (Hamburg)<br />
197<br />
Deutschland<br />
– Arbeitsförderungsgesetz (1969) 83<br />
– Arbeitsverwaltung (19./20. Jh.) 81<br />
– britisch-deutsches Stipendienprogramm:<br />
King’s College (Cambridge)<br />
271 f.<br />
– Corporate Restructuring: Vereinigte<br />
Staaten 181 f.<br />
– Datenschutzrecht 185 f.<br />
– DDR s. dort<br />
– deutsch-jüdische Periodika<br />
(1837 – 1922) 152 f.<br />
– Eliten 51 f., 53<br />
– französische Kunst nach 1945 128 f.<br />
– Fürstliche Höfe (Spätmittelalter) 38 f.<br />
– Grundrechte: Handbuch 186 f.<br />
– Human Development Index/HDI<br />
(1920 – 1960) 81 ff.<br />
– Informationsgesetzbuch 185 f.<br />
– japanisch-deutsches Wörterbuch 168 f.<br />
– jüdische Kindheit und jüdische<br />
Kinderliteratur (1933 – 1942) 153 f.<br />
– Metallkunst (1871 – 1945) 119 f.<br />
– Nachkriegszeit (nach 1945) 70 f., 71 f.,<br />
74 f.<br />
– öffentlicher Dienst 206 f.<br />
– Ost-West-Konflikt (1968 – 1972) 78 f.<br />
– Parlamentarismus (1819 – 1870/71):<br />
Handbuch 56 f.<br />
– Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg:<br />
Frankreich 176 ff.<br />
– Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
(1990 – 1999) 222 ff.<br />
– sowjetische Deutschlandpolitik<br />
(1941 – 1949) 73 f.<br />
– Staatsrecht: Handbuch Band IV 188 f.<br />
– Steuerrecht: EU 191 f.<br />
– Wahlkämpfe (1949 – 1976) 80 f.<br />
– Weimarer Republik s. dort<br />
– Zuwanderungspolitik der Kommunen<br />
211 f.<br />
DGAP s. Deutsche Gesellschaft für<br />
Auswärtige Politik (Berlin)<br />
DHI s. Deutsches Historisches Institut<br />
Diabetes mellitus Typ 2 255<br />
Dilthey, Wilhelm 14 f.<br />
Dilthey-Forschungsstelle (Bochum) 14<br />
Dionysius von Proklos 8 f.<br />
Dmanisi (Georgien): altpaläolithischer<br />
Fundplatz 113 f.<br />
DNA<br />
– Fanconi-Anämie 254 f.<br />
– Transkription und Retrotransposition<br />
264 f.<br />
– Tumorentstehung: Myc 263 f.<br />
Documenta Orthographica (16. – 20. Jh.)<br />
142 f.<br />
Domitian: Villa in Castel Gandolfo<br />
(Italien) 88 ff.<br />
Dressel, Heinrich: Gemmensammlung<br />
(Antikensammlung/Staatliche Museen<br />
Preußischer Kulturbesitz Berlin) 103 f.<br />
Drittes Reich s. Nationalsozialismus<br />
Editionen<br />
– Bismarck, Otto von 62 f.<br />
REGISTER 366
367<br />
REGISTER<br />
– Briefe s. dort<br />
– Bruno, Giordano 10 f.<br />
– Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />
– geistliche Gesänge des deutsches<br />
Mittelalter 135 f.<br />
– Goethe, Johann Wolfgang von:<br />
Registerbände der Studienausgabe<br />
150 f.<br />
– Heidegger, Martin 13 f.<br />
– Historia Scientiarum (17. – 19. Jh.):<br />
Reprintprogramm 86 f.<br />
– Jüdische Schriften aus Hellenistisch-<br />
Römischer Zeit: JSHRZ 25 f. 26<br />
– Kafka, Franz 155 f.<br />
– Litauische Postille (1573) 145 ff.<br />
– Otto-Peters, Louise 57 f.<br />
– Pound, Ezra 84 f.<br />
– Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph<br />
von 13<br />
– Schiller, Friedrich: Nationalausgabe<br />
150<br />
– Troeltsch, Ernst 33<br />
– Übersetzungen deutscher Klassiker<br />
der Philosophie ins Englische 9 f.<br />
– Weigel, Erich 12<br />
Eliten (Deutschland)<br />
– jüdische Oberschicht (18. Jh.) 46 ff.<br />
– Sachsen (Kaiserreich, Weimarer<br />
Republik) 51 f., 53<br />
Elitenwechsel: arabische Länder 229 f.<br />
Emigranten: Aufnahme in der DDR 76 f.<br />
England s. Großbritannien<br />
Epilepsie: Doublecortin-Gen 238 f.<br />
Ernst Fraenkel Lecture Series: FU<br />
Berlin 202 f.<br />
Erster Weltkrieg: Paul von Hindenburg<br />
65 f., 67<br />
ESVP s. Europäische Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik<br />
Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />
Entwicklung (8. – 5. Jh. v.Chr.) 92 ff.<br />
EU s. Europäische Union<br />
Europa<br />
– aristokratische Polygynie<br />
(Hochmittelalter) 39 f.<br />
– Bevölkerungsentwicklung 228 f.<br />
– BSE-Konflikt 212 ff.<br />
– bürgerschaftliches Engagement 194<br />
ff.<br />
– französische Wirtschaftsverbände im<br />
Vergleich 208 ff.<br />
– Grundrechte: Handbuch 186 f.<br />
– Grundrechtsschutz 187 f.<br />
– Kriegsvorbereitungen europäischer<br />
Heere (1850 – 1890) 55 f.<br />
– Migration/Integration von<br />
Minderheiten (17. – 20. Jh.) 210 f.<br />
– Mittel- und Osteuropa s. dort<br />
– öffentlicher Dienst 206 f.<br />
– Öffentliches Recht: European Legal<br />
Studies Center, Columbia Law<br />
School, New York 270<br />
– Sozialtransfersysteme 178 f.<br />
– Technologieschocks: Geldpolitik 179<br />
f.<br />
– Wirtschaftsrecht: European Legal<br />
Studies Center, Columbia Law<br />
School, New York 270<br />
Europäische Union/EU<br />
– Beitrittsländer:<br />
Wohlfahrtsentwicklung 204 ff.<br />
– China 227 f.<br />
– Europarecht 232, 232 f.<br />
– Gesprächskreis: Transatlantische<br />
Beziehungen 221 f.<br />
– Grundrechte 186 f., 187 f.<br />
– Insolvenzrecht 234 f.<br />
– Kriminaljustizsysteme: EU und<br />
Beitrittsländer 189 f.<br />
– Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik: Bundesrep.<br />
Deutschland (1990 – 1999) 222 ff.;<br />
transatlantischer Kontext/ESVP 225 f.<br />
– Staatsanwaltschaften: EU und<br />
Beitrittsländer 189 f.<br />
– Steuerrecht: Deutschland 191 f.<br />
– Umweltrecht: Bauleitplanung 192 f.<br />
– Verfassungsrecht 235<br />
– Verfassungsvertrag 235 f.<br />
– Wachstumsdeterminanten:<br />
Transformationsländer 182 f.<br />
– Wettbewerbsrecht 233 f.<br />
– Wohlfahrtsentwicklung:<br />
Beitrittsländer 204 ff.<br />
Europäische Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik/ESVP 225 f.<br />
Europarecht
– Lehrbücher: IUS COMMUNITATIS<br />
232 f.<br />
– Vorlesungen (Univ. Hamburg) 232<br />
European Legal Studies Center<br />
(Columbia Law School, New York):<br />
europäisches Wirtschafts- und<br />
Öffentliches Recht 270<br />
Exklusionsstrategien: Herero-Nama-<br />
Aufstand (1904 – 1907) in der deutschen<br />
Literatur 158 ff.<br />
Fanconi-Anämie 254 f.<br />
Fehlbildungssyndrom: Townes-Brocks-<br />
Syndrom 262 f.<br />
Flämische Kunst<br />
– Gemälde (16. – 20. Jh.) 124 ff.<br />
– Zeichnungen (16. – 18. Jh.) 121 f.<br />
Flexibilisierung der Arbeit: soziale Integration<br />
207 f.<br />
Forschungsinstitut der Deutschen<br />
Gesellschaft für Auswärtige Politik/<br />
DGAP (Berlin) s.<br />
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige<br />
Politik/DGAP (Berlin)<br />
Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung,<br />
Deutsche Hochschule für<br />
Verwaltungswissenschaften (Speyer)<br />
74<br />
Forschungsinstitut für Ur- und Frühgeschichte<br />
(Univ. Köln) 113<br />
Fraenkel, Ernst<br />
– Biographie 201 f.<br />
– Ernst Fraenkel Lecture Series: FU<br />
Berlin 202 f.<br />
Franckesche <strong>Stiftung</strong>en (Halle): geisteswissenschaftlichesStipendienprogramm<br />
269<br />
Frankreich<br />
– deutsche Kunst nach 1945 128 ff.<br />
– öffentlicher Dienst 206 f.<br />
– Qualifikation und Arbeitsmarkterfolg:<br />
Deutschland 176 ff.<br />
– Wirtschaftsverbände im<br />
europäischen Vergleich 208 ff.<br />
Frauenbewegung: Louise Otto-Peters<br />
57 f.<br />
REGISTER 368<br />
Freie Universität Berlin<br />
– Fachbereich Politik und Sozialwissenschaften<br />
201<br />
Freiheitsbegriff: Philosophie 17 f.<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />
Berlin (1933 – 1945): rassisch und<br />
politisch Verfolgte 70<br />
Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />
Frühe Neuzeit<br />
– Königsberg: Rekonstruktion der<br />
Bibliothekslandschaft (um 1750) 149 f.<br />
– Kurmainz: Juden 45 f.<br />
– Papst- und Kardinalsgrabmäler 115 ff.<br />
Fürstenschulen (sächsische) 51 f., 53<br />
Fürstliche Höfe und Residenzen (Spätmittelalter)<br />
38 f.<br />
Gehirnerkrankungen<br />
– Alzheimer-Krankheit 239 f., 240 f.<br />
– Danon-Syndrom 256<br />
– spinozerebelläre Ataxie Typ 3 248<br />
Geisteswissenschaftliches<br />
Stipendienprogramm: Franckesche<br />
<strong>Stiftung</strong>en 269<br />
Gemmensammlung Heinrich Dressel<br />
(Antikensammlung/Staatliche Museen<br />
Preußischer Kulturbesitz Berlin) 103 f.<br />
Genzentrum (Univ. München) 249<br />
Georgien (Südkaukasus): altpaläolithischer<br />
Fundplatz (Dmanisi) 113 f.<br />
Germanistisches Institut (RWTH Aachen)<br />
152<br />
Germanistisches Institut (Univ. Bochum)<br />
158<br />
Germanistisches Seminar (Univ. Kiel) 142<br />
Gesang s.a. Liturgische Musik<br />
– jiddische Vokalmusik (Rundfunksendungen<br />
1945 – 1990) 136 ff.<br />
Gesprächskreis: Transatlantische<br />
Beziehungen 221 f.<br />
Gesundheitsnachfrage und Humankapitalakkumulation<br />
180 f.<br />
Globalisierungsprozesse<br />
– multinationale Unternehmen 236 f.<br />
– tibetischer Buddhismus 34 f.
369<br />
REGISTER<br />
Goethe, Johann Wolfgang von: Registerbände<br />
der Studienausgabe 150 f.<br />
Gräber und Grabmäler<br />
– Papstgrabmäler 115 ff.<br />
– slawische Körpergräber: Mecklenburg,<br />
Pommern, Brandenburg<br />
(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />
Granada: Soziologie des islamischen<br />
Wissens 43 f.<br />
Großbritannien<br />
– deutsch-britisches Stipendienprogramm:<br />
King’s College (Cambridge)<br />
271 f.<br />
– öffentlicher Dienst 206 f.<br />
Grundrechte<br />
– Deutschland und Europa: Handbuch<br />
186 f.<br />
– Europäische Union: Grundrechtsschutz<br />
187 f.<br />
Hadassah University Hospital (Univ.<br />
Jerusalem) 250<br />
Hamburger Universität für Wirtschaft<br />
und Politik: Fachbereich Soziologie 85<br />
Handbücher<br />
– fürstliche Höfe und Residenzen im<br />
Spätmittelalter 38 f.<br />
– Grundrechte: Deutschland und Europa<br />
186 f.<br />
– Parlamentarismus in Deutschland<br />
(1819 – 1870/71) 56 f.<br />
– Staatsrecht: Band IV 188 f.<br />
Handschriften<br />
– Heiligenleben (Katalog der deutschsprachigen<br />
illustrierten Handschriften<br />
des Mittelalters 143 f.<br />
– Hutterische (16. – 18. Jh.) 28 f.<br />
– Litauische Postille (1573) 145 ff.<br />
Hanoi University of Foreign Studies,<br />
Vietnam: Aufbaustudium für Germanistik-Dozenten<br />
an der Ramkhamhaeng<br />
University (Bangkok) 272 ff.<br />
Harari Center for Experimental Physics,<br />
Weizmann Institute of Science<br />
(Rehovot): Stipendienprogramm<br />
Teilchenphysik 272<br />
Hautklinik (Universitätsklinikum der<br />
RWTH Aachen) 261<br />
Hautkrankheiten<br />
– humane Desmocolline 261<br />
– Keratine 260 f.<br />
– T-Zell-Selektion 252 f.<br />
– Wiskott-Aldrich-Syndrom 253<br />
HDI s. Human Development Index<br />
Heidegger, Martin 13 f.<br />
Heiligenleben: Katalog der deutschsprachigen<br />
illustrierten Handschriften<br />
des Mittelalters 143 f.<br />
Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle<br />
Virologie und Immunologie<br />
(Univ. Hamburg) 264<br />
Hellenistische und Römische Zeit<br />
– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />
Domitian 88 ff.<br />
– Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />
Entwicklung (8. – 5. Jh. v. Chr.)<br />
92 ff.<br />
– Horvat Mazad (Palästina): jüdische<br />
Besiedlung 98 f.<br />
– Ionien: Mykale-Survey 94 ff.<br />
– Jüdische Schriften: JSHRZ 25 f., 26<br />
– Palmyra (Syrien): vorrömischhellenistische<br />
Urbanistik 100 ff.<br />
– römische Städte: Kaiserzeit 90 f.<br />
– römischer Triumphzug: Raum und<br />
Ritual 91 f.<br />
Herder, Johann Gottfried: <strong>Stiftung</strong>sinitiative<br />
„Johann Gottfried Herder“ 274 f.<br />
Herero-Nama-Aufstand in der deutschen<br />
Literatur (1904 – 1907) 158 ff.<br />
Herzerkrankungen: Danon-Syndrom 256<br />
Heterotopien (literarische) 160 ff.<br />
Heuss, Theodor 72 f.<br />
Hielscher, Friedrich: Ernst Jünger 85 f.<br />
Hieroglyphenschrift (altägyptische)<br />
107 ff.<br />
Himyaren-Hauptstadt Zafar/Jemen:<br />
Ausgrabungen 102 f.<br />
Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />
Hirschsprung-Krankheit 251 f.<br />
Historia Scientiarum (17. – 19. Jh.):<br />
Reprintprogramm 86 f.<br />
Historische Schule (Wilhelm Roscher<br />
u. a.): Stipendienprogramm am
Centre for History and Economics,<br />
King’s College (Cambridge) 271 f.<br />
Historisches Institut (Univ. Potsdam) 37<br />
Historisches Institut (Univ. Stuttgart) 56,<br />
65<br />
Historisches Seminar (Univ. Bonn) 61<br />
Historisches Seminar (Univ. Frankfurt<br />
a.M.) 63<br />
Historisches Seminar (Univ. Kiel) 64, 81<br />
Historisches Seminar (Univ. Leipzig) 52<br />
Historisches Seminar III (Univ. Mainz) 45<br />
Historisches Seminar (Univ. München) 83<br />
Historisches Seminar (Univ. Münster)<br />
49, 158<br />
Historisches Seminar (Univ. Tübingen)<br />
41<br />
HNO-Klinikum (Berlin) 245<br />
Hörstörungen (Connexin-assoziierte):<br />
Kindesalter 245 f.<br />
Holländische Kunst<br />
– Malerei 1550 – 1800) 122 ff.<br />
– Zeichnungen (16. – 18. Jh.) 121 f.<br />
Holland s. Niederlande<br />
Horvat Mazad/Palästina: jüdische<br />
Besiedlung in hellenistisch-römischer<br />
Zeit 98 f.<br />
Human Development Index/HDI:<br />
Deutschland (1920 – 1060) 81 ff.<br />
Humanismus (deutscher): Verfasserlexikon<br />
(1480 – 1520) 140 f.<br />
Humankapitalakkumulation und<br />
Gesundheitsnachfrage 180 f.<br />
Humboldt-Universität (Berlin)<br />
– Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte<br />
111<br />
– Lehrstuhl für Zeitgeschichte 73<br />
– Philosophische Fakultät 70<br />
Hutterer: Handschriften (16. – 18. Jh.) 28 f.<br />
Hymnen (liturgische): Russland<br />
(11. – 13. Jh.) 138<br />
Hyperekplexie (Stiff Baby Syndrome/<br />
Startle-Syndrom) 246<br />
ifo-Institut für Wirtschaftsforschung<br />
(München) 182<br />
IFZ s. Institut für Zellbiologie/IFZ (Univ.<br />
Klinikum Essen)<br />
REGISTER 370<br />
IIK s. Institut für Iberoamerikakunde/<br />
IIK (Hamburg)<br />
Ikonologie der Gegenwart: <strong>Thyssen</strong>-<br />
Vorlesungen 172 ff.<br />
IKTs s. Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
in Afrika<br />
IMIS s. Institut für Migrationsforschung<br />
und Interkulturelle Studien (Univ.<br />
Osnabrück)<br />
Immunologie<br />
– Autoimmunerkrankungen s. dort<br />
– T-Zell-Selektion 252 f.<br />
– Wiskott-Aldrich-Syndrom 253<br />
Inclusion-Body-Myositis/IBM 250<br />
Indien: Parteien 197 f.<br />
Industrie<br />
– Architektur: Industriellenfamilien<br />
130 ff.<br />
– Investitionen in der NS-Diktatur 66 ff.<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien/IKTs<br />
in Afrika: Tansania<br />
200 f.<br />
Informationsgesetzbuch: Bundesrep.<br />
Deutschland 185 f.<br />
Insolvenzrecht (europäisches) 234 f.<br />
Institut für Afrikakunde (Hamburg) 200<br />
Institut für Altertumswissenschaften<br />
(Univ. Greifswald) 141<br />
Institut für Antikes Judentum und<br />
Hellenistische Religionsgeschichte<br />
(Univ. Tübingen) 25<br />
Institut für Archäologie (Univ. Bochum)<br />
94<br />
Institut für Asien- und Afrikawissenschaften<br />
(Humboldt Univ. Berlin) 60<br />
Institut für Biochemie (FU Berlin) 254<br />
Institut für Biochemie (Univ. Erlangen-<br />
Nürnberg) 251<br />
Institut für Biochemie (Univ. Mainz) 239<br />
Institut für Biophysik (Univ. Hannover)<br />
245<br />
Institut für Deutsche Philologie (Univ.<br />
München) 140, 144, 155<br />
Institut für Diabetesforschung/Abteilung<br />
Biochemie und Molekularbiologie<br />
(München) 246<br />
Institut für Diaspora- und Genozidforschung<br />
(Univ. Bochum) 158
371<br />
REGISTER<br />
Institut für Europäische Kultur (Univ.<br />
Augsburg) 40<br />
Institut für Europarecht (Univ. Osnabrück)<br />
187<br />
Institut für Finanz- und Steuerrecht<br />
(Univ. Heidelberg) 191<br />
Institut für Germanistik (Univ. Leipzig)<br />
57<br />
Institut für Germanistik (Univ. Regensburg)<br />
164<br />
Institut für Germanistik (Univ. Rostock)<br />
142<br />
Institut für Geschichtswissenschaften<br />
(Humboldt-Univ. Berlin) 48, 70<br />
Institut für Humangenetik (Humboldt-<br />
Univ. Berlin) 245<br />
Institut für Humangenetik (Univ. Gießen)<br />
262<br />
Institut für Humangenetik (Univ. Göttingen)<br />
262<br />
Institut für Iberoamerikakunde/IIK<br />
(Hamburg) 230<br />
Institut für Kirchengeschichte (Univ.<br />
Leipzig) 52<br />
Institut für Klassische Archäologie<br />
(Univ. Wien) 100<br />
Institut für Klinische Zytobiologie und<br />
Zytopathologie (Univ. Marburg) 256<br />
Institut für Kunstgeschichte (RWTH<br />
Aachen) 117<br />
Institut für Migrationsforschung und<br />
Interkulturelle Studien/IMIS (Univ.<br />
Osnabrück) 210<br />
Institut für Molekularbiologie und<br />
Biochemie (FU Berlin) 250<br />
Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung/IMT<br />
(Univ. Marburg) 263<br />
Institut für Neuere Deutsche Literatur<br />
(Univ. Gießen) 151<br />
Institut für Neuropathologie (Univ. Basel)<br />
241<br />
Institut für Öffentliches Recht,<br />
Abteilung Europa und Völkerrecht<br />
(Univ. Freiburg) 235<br />
Institut für Öffentliches Recht und<br />
Verwaltungslehre (Univ. Köln) 188<br />
Institut für Philosophie (FU Berlin) 12<br />
Institut für Philosophie (Humboldt-Univ.<br />
Berlin) 13, 75<br />
Institut für Philosophie (Univ. Greifswald)<br />
15<br />
Institut für Philosophie (TU Dresden) 19<br />
Institut für Philosophie (Univ. Regensburg)<br />
8<br />
Institut für Physiologie II (Univ. Bonn)<br />
246<br />
Institut für Physiologische Chemie<br />
(Univ. Bochum) 258<br />
Institut für Physiologische Chemie<br />
(Univ. Bonn) 260<br />
Institut für Politikwissenschaft (Univ.<br />
Greifswald) 201<br />
Institut für Romanische Philologie<br />
(Univ. München) 160, 165<br />
Institut für Romanistik (Humboldt-Univ.<br />
Berlin) 162<br />
Institut für Romanistik (TU Dresden)<br />
154<br />
Institut für Sächsische Geschichte und<br />
Volkskunde e. V. (Dresden) 51<br />
– Abteilung für politische Systeme und<br />
politische Soziologie 194<br />
Institut für Spezialforschungen, Theologische<br />
Fakultät, Abteilung Biblische<br />
Theologie (Univ. Göttingen) 31<br />
Institut für Sprachliche Informations-<br />
Verarbeitung (Univ. Köln) 166<br />
Institut für Toxikologie und Genetik<br />
(Forschungszentrum Karlsruhe<br />
GmbH) 248<br />
Institut für Verfahrensrecht (Univ. Köln)<br />
234<br />
Institut für Vergleichende Geschichte<br />
Europas im Mittelalter (Humboldt-<br />
Univ. Berlin) 39<br />
Institut für Vergleichende Sprachwissenschaft,<br />
Phonetik und Slawische<br />
Philologie (Univ. Frankfurt a. M.) 145<br />
Institut für Weltwirtschaft (Univ. Kiel):<br />
Forschungsabteilung I, Wachstum,<br />
Strukturwandel und Internationale<br />
Arbeitsteilung 236<br />
Institut für Wirtschaftspolitik (Univ. Köln)<br />
179<br />
Institut für Zeitgeschichte (München) 72<br />
Institut für Zellbiologie/IFZ (Univ.<br />
Klinikum Essen) 253
Institut für Zellbiologie, Tumorforschung<br />
(Univ. Essen) 263<br />
Institute for Advanced Study (Princeton)<br />
– Collegium Budapest 267<br />
– School of Historical Studies: Gaststipendienprogramm<br />
270 f.<br />
Institute for the History of European<br />
Expansion (Univ. Leiden) 210<br />
Intelligenz (1956/1957): DDR 75 f.<br />
Interdisziplinäres Institut für Kulturgeschichte<br />
der Frühen Neuzeit (Univ.<br />
Osnabrück) 149<br />
International School for Molecular Biology<br />
and Microbiology (Hebrew Univ.<br />
Jerusalem): Stipendienprogramm<br />
Medizinische Mikrobiologie 272<br />
Investitionen: industrielle Investitionen<br />
in der NS-Diktatur 66 ff.<br />
IRELA s. Instituto de Relaciones<br />
Europeo-Latinoamericanas (Madrid)<br />
Islam<br />
– Granada: Soziologie des islamischen<br />
Wissens 43 f.<br />
– Kulturkritik (jüdische und islamische)<br />
18<br />
Israel:<br />
– Apollonia-Arsuf: Ausgrabungen 99 f.<br />
– Horvat Mazad: Ausgrabungen 98 f.<br />
Italien<br />
– Bruno, Giordano 10 f.<br />
– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />
Domitian 88 ff.<br />
– Etrurien: Stadtgenese und urbanistische<br />
Entwicklung (8. – 5. Jh. v. Chr.)<br />
92 ff.<br />
– Umbrische Kunst: Gemälde<br />
(15./16. Jh.) 121<br />
IUS COMMUNITATIS: Lehrbücher zum<br />
europäischen materiellen Recht 232 f.<br />
Jakobusbrief: Corpus Judaeo-Hellenisticum<br />
24 f.<br />
Japan: japanisch-deutsches Wörterbuch<br />
168 f.<br />
Jemen: Ausgrabungen in Zafar 102 f.<br />
Jesus (historischer): Rudolf Bultmann<br />
und Rudolf Otto 31<br />
REGISTER 372<br />
John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien<br />
(FU Berlin) 84, 202<br />
JSHRZ (Jüdische Schriften aus Hellenistisch-Römischer<br />
Zeit) 25 f., 26<br />
Juden<br />
– deutsch-jüdische Periodika<br />
(1837 – 1922): Kunstkritik 152 f.<br />
– Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />
Berlin 70<br />
– Horvat Mazad/Palästina: jüdische<br />
Besiedlung in hellenistisch-römischer<br />
Zeit 98 f.<br />
– jiddische Vokal- und Instrumentalmusik<br />
(Rundfunksendungen<br />
(1945 – 1990) 136 ff.<br />
– Judenbücher (Spätmittelalter):<br />
Europa 44 f.<br />
– jüdische Kindheit und jüdische<br />
Kinderliteratur (1933 – 1942) 153 f.<br />
– jüdische Oberschicht (18. Jh.) 46 ff.<br />
– Jüdische Schriften aus Hellenistisch-<br />
Römischer Zeit (JSHRZ) 25 f., 26<br />
– Kulturkritik (jüdische und islamische)<br />
18<br />
– Kurmainz (Frühe Neuzeit) 45 f.<br />
– Lateinamerika: Jüdische Literatur<br />
(20. Jh.) 154 f.<br />
– Ostpreußen/Litauisches Grenzgebiet<br />
(1812 – 1942) 48 f.<br />
– rassistisch Verfolgte der Friedrich-<br />
Wilhelms-Universität zu Berlin<br />
(1933 – 1945) 70<br />
– rassistisch vertriebene Hochschullehrer<br />
und Wissenschaftler (1933 – 1945) 68 ff.<br />
– Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />
Leipzig) 49<br />
– Zafar/Jemen (jüdisch-himyarische<br />
Hauptstadt): Ausgrabungen 102 f.<br />
Jünger, Ernst<br />
– Hielscher, Friedrich 85 f.<br />
– Martin Heidegger 13 f.<br />
Jürgen-Heideking-Fellowship<br />
(Deutsches Historisches Institut/DHI,<br />
Washington): moderne und<br />
internationale Geschichte 271<br />
Jugend im Umbruch (nach 1945) 71 f.<br />
Juristisches Seminar (Univ. Göttingen)<br />
189
373<br />
REGISTER<br />
Kafka, Franz 155 f.<br />
Kataloge<br />
– Corpus Judaeo-Hellenisticum:<br />
Jakobusbrief 24 f.<br />
– flämische Gemälde (Anhaltinische<br />
Gemäldegalerie Dessau) 124 ff.<br />
– flämische und holländische Zeichnungen<br />
(Hamburger Kunsthalle/<br />
Kupferstichkabinett) 121 f.<br />
– Heiligenleben: Katalog der deutschsprachigen<br />
illustrierten Handschriften<br />
des Mittelalters 143 f.<br />
– holländische Gemälde (Städelsches<br />
Kunstinstitut und Städtische Galerie<br />
Frankfurt a. M.) 122 ff.<br />
– Hutterische Handschriften<br />
(16. – 18. Jh.) 28 f.<br />
– Königsberg: Rekonstruktion der<br />
Bibliothekslandschaft (um 1750) 149 f.<br />
– Maffei, Scipione: antike Skulpturensammlung<br />
(Archäologisches Institut/<br />
Forschungsarchiv für Antike Plastik<br />
(Univ. Köln) 126 f.<br />
– Metallkunst (1871 – 1945): Deutschland<br />
(Badisches Landesmuseum,<br />
Karlsruhe) 119 f.<br />
– Möbelbaukunst vor 1800: Anhalt-<br />
Dessau (Kulturstiftung Dessau-<br />
Wörlitz, Dessau) 120 f.<br />
– Porzellansammlung (Staatliche<br />
Kunstsammlungen Dresden) 127 f.<br />
– spanische Gemälde (Staatliche<br />
Kunstsammlungen Dresden/<br />
Gemäldegalerie Alte Meister) 126<br />
– umbrische Gemälde (Lindenau<br />
Museum Altenburg) 121<br />
Katholische Kirche: Bücherzensur<br />
(16. Jh.) 26 ff.<br />
Kaufleute und Beamte (1740 – 1806):<br />
Preußen 54 f.<br />
Kaukasus s. Südkaukasus<br />
Keratine 260 f.<br />
Kirchengeschichte: außereuropäisches<br />
Christentum 33<br />
Kirchenlieder s. Liturgische Musik<br />
Klinik für Neurologie (Medizin. Univ.<br />
Lübeck) 246<br />
Klosterbuch (brandenburgisches) 37 f.<br />
Kölderer, Georg 40 f.<br />
Königsberg/Pr.: Rekonstruktion der<br />
Bibliothekslandschaft (um 1750) 149 f.<br />
Kolonialzeit: Afrika (Erforschung von<br />
Geschlecht und Macht) 60 f.<br />
Kommunalpolitik: Zuwanderungspolitik<br />
(Bundesrep. Deutschland/ Niederlande)<br />
211 f.<br />
Kommunikations- und Informationstechnologien<br />
in Tansania 200 f.<br />
Konfessionalisierung (16./17. Jh.) 49 ff.<br />
Korrespondenzen s. Briefe<br />
Kraniosynostose 261 f.<br />
Krieg<br />
– Deutsches Reich: öffentliche<br />
Kommunikation (1542 – 1554) 41 ff.<br />
– europäische Heere: Kriegsbild und<br />
Kriegsvorbereitungen (1850 – 1980)<br />
55 f.<br />
Kriminaljustizsysteme: EU und Beitrittsländer<br />
189 f.<br />
Kulturgeschichte (Frühe Neuzeit):<br />
Georg Kölderer 40 f.<br />
Kulturkritik (jüdische und islamische) 18<br />
Kulturstiftung Dessau-Wörlitz (Dessau)<br />
120<br />
Kulturwissenschaften<br />
– Literaturwissenschaft: Georg<br />
Büchner 151 f.<br />
– Spiritismus und ästhetische Moderne:<br />
Berlin und München 164 f.<br />
Kunst- und Kulturtranfer nach 1945:<br />
Deutschland/Frankreich 128 ff.<br />
Kunstgeschichtliches Seminar<br />
(Humboldt-Univ. Berlin) 115, 172<br />
Kunsthandwerk<br />
– Metallkunst (1871 – 1945): Deutschland<br />
119 f.<br />
– Möbelbaukunst in Anhalt-Dessau<br />
(vor 1800) 120 f.<br />
– Porzellansammlung Augusts des<br />
Starken und Augusts III zu Dresden<br />
(Staatliche Kunstsammlungen<br />
Dresden) 127 f.<br />
Kunsthistorisches Institut/Abteilung<br />
Architekturgeschichte (Univ. Köln)<br />
130<br />
Kunsthistorisches Seminar (Univ. Basel)<br />
172
Kunstkritik: deutsch-jüdische Periodika<br />
(1837 – 1922) 152 f.<br />
Kunsttausch zwischen Deutschland und<br />
Frankreich (nach 1945) 128 ff.<br />
Kuratorium für die Tagungen der<br />
Nobelpreisträger in Lindau e.V.<br />
(Lindau) 274<br />
Kurmainz (Frühe Neuzeit): Juden 45 f.<br />
Lageschwindel 265 f.<br />
Lambert, Johann Heinrich 15 ff.<br />
Landsberg (Schloss): August <strong>Thyssen</strong><br />
130 ff.<br />
Lateinamerika: Jüdische Literatur<br />
(20. Jh.) 154 f.<br />
Lebensqualitiät: Gesundheitsnachfrage<br />
und Humankapitalakkumulation 180 f.<br />
Lehrbücher<br />
– europäisches materielles Recht: IUS<br />
COMMUNITATIS 232 f.<br />
– europäisches Wettbewerbsrecht 233 f.<br />
Lehrstühle: European Legal Studies<br />
Center (Columbia Law School, New<br />
York) für Europäisches Öffentliches<br />
Recht 270<br />
Lehrveranstaltungen s. Vorlesungen<br />
Lester and Sally Entin Faculty of<br />
Humanities/Department of Classics<br />
(Tel Aviv Univ.) 98<br />
Levante: Hominidenforschung<br />
Lexika s. Nachschlagewerke<br />
Lieder (geistliche) s. Liturgische Musik<br />
Lindau/Bodensee: Tagungen der<br />
Nobelpreisträger 274<br />
Lindenau, Bernhard August von 121<br />
Litauische Postille (1573) 145 ff.<br />
Litauisches Grenzgebiet/Ostpreußen:<br />
Juden (1812 – 1942) 48 f.<br />
Literatur und Sprache<br />
– altägyptische Hieroglyphenschrift<br />
107 ff.<br />
– altägyptische Literatur 106 f.<br />
– altägyptisches Wörterbuch 106<br />
– Bruno, Giordano 10 f.<br />
– Büchner, Georg 151 f.<br />
REGISTER 374<br />
– Crinitus, Petrus: „De poetis Latinis“<br />
141 f.<br />
– deutsche Gegenwartsliteratur: Gaststipendienprogramm<br />
(Max-Kade-<br />
Zentrum, St. Louis, Mo.) 269 f.<br />
– Documenta Orthographica<br />
(16. – 20. Jh.) 142 f.<br />
– Herero-Nama-Aufstand in der deutschen<br />
Literatur (1904 – 1907) 158 ff.<br />
– Heterotopien (literarische) 160 ff.<br />
– jüdische 25 f., 26, 44 f., 152 f., 153 f.,<br />
154 f.<br />
– Jünger, Ernst: Martin Heidegger 13 f.<br />
– Kafka, Franz 155 f.<br />
– Kulturwissenschaften: Georg Büchner<br />
151 f.<br />
– Lateinamerika: Jüdische Literatur<br />
(20. Jh.) 154 f.<br />
– Literaturgeschichtsschreibung (frühe<br />
Neuzeit) 141 f.<br />
– Periodika 152 f.<br />
– Roman und Porträt 170 f.<br />
– romanistische Sprachgeschichtsschreibung<br />
165 f.<br />
– semantisches Wissen: textbasierende<br />
Informationen 166 f.<br />
– traumatische Texte 162 ff.<br />
– Wartburg: Sängerkrieg 144 f.<br />
– Zuckmayer, Carl: Gottfried Bermann<br />
Fischer 156 f.<br />
Liturgische Musik<br />
– mittelhochdeutsche/mittelniederländische<br />
geistliche Gesänge 135 f.<br />
– russische liturgische Hymnen<br />
(11. – 13. Jh.) 138<br />
Lupus erythematodes (systemischer )/<br />
SLE 253 f.<br />
Lutherhalle Wittenberg: Sammlungspolitik<br />
(1877 – 1918) 30<br />
Lysosomale Speichererkrankungen 256<br />
Maffei, Scipione: Skulpturensammlung<br />
126 f.<br />
Malerei<br />
– flämische 124 ff.<br />
– holländische 122 ff.
375<br />
REGISTER<br />
– Ikonologie der Gegenwart: <strong>Thyssen</strong>-<br />
Vorlesungen 172 ff.<br />
– Porträt und Roman 170 f.<br />
– spanische 126<br />
– umbrische 121<br />
Mannheimer Zentrum für Europäische<br />
Sozialforschung/MZES (Univ. Mannheim)<br />
206<br />
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare<br />
Medizin/MDC (Berlin) 243<br />
Max-Kade-Zentrum für Deutschsprachige<br />
Gegenwartsliteratur<br />
(Washington Univ., St. Louis, Mo.):<br />
Gaststipendienprogramm 269 f.<br />
Max-Planck-Institut für Ausländisches<br />
Öffentliches Recht und Völkerrecht<br />
(Heidelberg) 235<br />
Max-Planck-Institut für Ausländisches<br />
und Internationales Privatrecht<br />
(Hamburg) 233<br />
Max-Planck-Institut für Psychiatrie<br />
(München) 262<br />
MDC s. Max-Delbrück-Centrum für<br />
Molekulare Medizin/MDC (Berlin)<br />
Mecklenburg: slawische Körpergräber<br />
(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />
Medien und Strafjustiz 190 f.<br />
Medizinische Hochschule Hannover/<br />
Sektion Experimentelle Hämatologie/<br />
Onkologie 253<br />
Menschheitsentwicklung: altpaläolithischer<br />
Fundplatz (Dmanisi/Georgien)<br />
113 f.<br />
Mercado Común del Cono Sur s.<br />
MERCOSUR<br />
MERCOSUR und NAFTA 230 ff.<br />
Metallkunst: Deutschland (1871 – 1945)<br />
119 f.<br />
Metaphysik der Tatsachen 15<br />
Migration<br />
– Integration von Minderheiten:<br />
Europa (17. – 20. Jh.) 210 f.<br />
– Juden: Simon-Dubnow-Vorlesung<br />
(Univ. Leipzig) 49<br />
Mikrobiologie (medizinische):<br />
Stipendienprogramm (International<br />
School for Molecular Biology and<br />
Microbiology, Hebrew Univ.<br />
Jerusalem) 272<br />
Mittelalter<br />
– aristokratische Polygynie (Hochmittelalter)<br />
39 f.<br />
– fürstliche Höfe und Residenzen<br />
(Spätmittelalter) 38 f.<br />
– geistliche Gesänge (mittelhochdeutsche/mittelniederländische)<br />
135 f.<br />
– Heiligenleben: Katalog der deutschsprachigen<br />
illustrierten Handschriften<br />
des Mittelalters 143 f.<br />
– Judenbücher in Europa (Spätmittelalter)<br />
44 f.<br />
– russische liturgische Hymnen<br />
(11. – 13. Jh.) 138<br />
– slawische Körpergräber in Mecklenburg,<br />
Pommern, Brandenburg<br />
(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />
– Wartburg: Sängerkrieg (mittelhochdeutsche<br />
Sang- und Spruchdichtungen)<br />
144 f.<br />
Mittel- und Osteuropa<br />
– Collegium Budapest: Fellow-Stipendien<br />
267 ff.<br />
– Entwicklung neuer Parteiensysteme<br />
196 f.<br />
– Hochschulförderung durch die<br />
<strong>Stiftung</strong>sinitiative „Johann Gottfried<br />
Herder“ 274 f.<br />
– Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />
Leipzig) 49<br />
Möbelbaukunst in Anhalt-Dessau (vor<br />
1800) 120 f.<br />
München: Spiritismus und ästhetische<br />
Moderne 164 f.<br />
Museen<br />
– Anhaltinische Gemäldegalerie<br />
(Dessau) 124<br />
– Antikensammlung (Staatliche<br />
Museen Preußischer Kulturbesitz<br />
Berlin) 103<br />
– Archäologisches Landesmuseum –<br />
Landesamt für Bodendenkmalpflege<br />
Mecklenburg-Vorp. (Lübstorf) 111<br />
– Badisches Landesmuseum (Karlsruhe)<br />
119<br />
– Hamburger Kunsthalle/<br />
Kupferstichkabinett (Hamburg) 121<br />
– Lindenau Museum (Altenburg) 121<br />
– Museo Maffeiano (Verona) 127
– Römisch-Germanisches Zentralmuseum<br />
(Schloss Monrepos Neuwied/<br />
Forschungsbereich Altsteinzeit) 113<br />
– Schiller-Nationalmuseum und<br />
Deutsches Literaturarchiv (Marbach<br />
am Neckar) 150, 156<br />
– Staatliche Kunstsammlungen/Gemäldegalerie<br />
Alte Meister (Dresden) 126<br />
– Staatliche Kunstsammlungen/<br />
Porzellansammlung (Dresden) 127<br />
– Städelsches Kunstinstitut und Städtische<br />
Galerie (Frankfurt a. M.) 122<br />
– Wallraf-Richartz-Museum/Fondation<br />
Corboud (Köln) 138<br />
Musikwissenschaft<br />
– jiddische Vokal- und Instrumentalmusik:<br />
Rundfunksendungen<br />
(1945 – 1990) 136 ff.<br />
– liturgische Musik 135 f., 138<br />
Musikwissenschaftliches Institut (Univ.<br />
Zürich) 135<br />
Muskelkrankheiten<br />
– CMS (Kongenitale myasthene<br />
Syndrome) 249 f.<br />
– IBM (Inclusion-Body-Myositis) 250<br />
– Muskelatropie Typ Kennedy 248 f.<br />
– Myoklonus-Dystonie 246 f.<br />
Myc: Tumorentstehung 263 f.<br />
Mykale-Survey: Topographie des<br />
antiken Ionien 94 ff.<br />
MZES s. Mannheimer Zentrum für<br />
Europäische Sozialforschung<br />
Nachkriegszeit (nach 1945)<br />
– Jugend im Umbruch 71 f.<br />
– Schwarzhandel Berlin 70 f.<br />
– Verfassung der SBZ/DDR<br />
(1947 – 1949) 74 f.<br />
Nachlässe: Winckelmann, Johann<br />
Joachim 104, 104 f.<br />
Nachschlagewerke/Lexika/Wörterbücher<br />
– altägyptisches Wörterbuch 106<br />
– brandenburgisches Klosterbuch 37 f.<br />
– Goethe, Johann Wolfgang von:<br />
Registerbände der Studienausgabe<br />
150 f.<br />
REGISTER 376<br />
– Humanismus (deutscher):<br />
Verfasserlexikon (1480 – 1520) 140 f.<br />
– japanisch-deutsches Wörterbuch 168 f.<br />
NAFTA und MERCOSUR 230 ff.<br />
Nahdaforschung in den syrischen<br />
Provinzen (Bilād al-Shām) 58 ff.<br />
Nasridendynastie (Granada): Soziologie<br />
des islamischen Wissens 43 f.<br />
Nationalsozialismus<br />
– Beutekunst: Ankaufspolitik<br />
1933 – 1945 138 f.<br />
– Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />
Berlin: rassisch und politisch Verfolgte<br />
70<br />
– Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />
– Human Development Index/HDI 81 ff.<br />
– Industrielle Investitionen 66 ff.<br />
– jüdische Kindheit und jüdische<br />
Kinderliteratur (1933 – 1942) 153 f.<br />
– rassistisch Verfolgte Universitätsangehörige<br />
68 ff., 70<br />
– Schwarzhandel: Berlin 70 f.<br />
NATO/Bundesrep. Deutschland:<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
(1990 – 1999) 222 ff.<br />
Natur: Freiheitsbegriff 17 f.<br />
Neue Bundesländer: Wirtschaftsförderung<br />
183 f.<br />
Neues Testament: Jakobusbrief 24 f.<br />
Neurologie<br />
– Alzheimer-Krankheit 239 f., 240 f.<br />
– CAA (Cerebral Amyloid Angiopathy)<br />
241 f.<br />
– CMS (Kongenitale Myasthene<br />
Syndrome) 249 f.<br />
– Epilepsie 238 f.<br />
– Hirschsprung-Krankeit 251 f.<br />
– Hyperekplexie 246<br />
– Lageschwindel 265 f.<br />
– Muskelatropie Typ Kennedy 248 f.<br />
– spinozerebelläre Ataxie Typ 3 248<br />
Neurologische Klinik (Univ. München)<br />
265<br />
Neurologische Universitätsklinik<br />
(Regensburg) 238<br />
New Economy: Technologieschocks<br />
(Europa/Vereinigte Staaten) 179 f.<br />
Niederlande: Zuwanderungspolitik der<br />
Kommunen 211 f.
377<br />
REGISTER<br />
Nierenerkrankungen: polycystische 255 f.<br />
Nobelpreisträgertagungen (Lindau) 274<br />
Nordrhein-Westfälische Akademie der<br />
Wissenschaften/Arbeitsstelle Bonn<br />
der Patristischen Kommission 138<br />
North American Free Trade Agreement<br />
s. NAFTA<br />
NS-Dokumentationszentrum, EL-DE-<br />
Haus (Köln) 71<br />
Öffentlicher Dienst in Europa: soziale<br />
Lage 206 f.<br />
Öffentliches Recht (europäisches):<br />
Gastlehrstuhl am European Legal<br />
Studies Center (Columbia Law<br />
School, New York) 270<br />
Ökumenische Versammlung der DDR<br />
(1987 – 1989) 32<br />
Ohrkrankeiten<br />
– Connexin-assoziierte Hörstörungen<br />
245 f.<br />
– Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit 244 f.<br />
Orthographie: Documenta Orthographica<br />
(16. – 20. Jh.) 142 f.<br />
Osmanisches Reich: Nahdaforschung in<br />
den syrischen Provinzen (Bilād al-<br />
Shām) 58 ff.<br />
Ostdeutschland s. Neue Bundsländer<br />
Ostkirchen-Institut (Univ. Münster) 32<br />
Ostpreußen/Litauisches Grenzgebiet:<br />
Juden (1812 – 1942) 48 f.<br />
Ostseeinstitut für Seerecht und<br />
Umweltrecht (Univ. Rostock) 192<br />
Ost-West-Konflikt: Bundesrep.<br />
Deutschland (1968 – 1972) 78 f.<br />
Otto, Rudolf: Rudolf Bultmann 31<br />
Ottobeuren: Bendiktinerabtei<br />
(1672 – 1803) 134 f.<br />
Otto-Peters, Louise 57 f.<br />
Otto-von-Bismarck-<strong>Stiftung</strong><br />
(Friedrichsruh) 62<br />
Paläolithikum: altpaläolithischer<br />
Fundplatz (Dmanisi/Georgien) 113 f.<br />
Palästina: Horvat Mazad (jüdische<br />
Besiedlung in hellenistisch-römischer<br />
Zeit) 98 f.<br />
Palmyra (Syrien): vorrömisch-hellenistische<br />
Urbanistik 100 ff.<br />
Papstgrabmäler 115 ff., 117 ff.<br />
Parlamentarismus in Deutschland<br />
(1819 – 1870/71): Handbuch 56 f.<br />
Parteien: Indien 197 f.<br />
Parteiensysteme (neue): Mittel- und<br />
Osteuropa 196 f.<br />
Parteigeschichte und Zensur: DDR 77 f.<br />
Periodika: deutsch-jüdische Periodika<br />
(1837 – 1922) 152 f.<br />
Peroxisomale Biogenese-Erkrankungen<br />
258 ff.<br />
Philosophie<br />
– Begriffsbildung: Lambert, Johann<br />
Heinrich 15 ff.<br />
– Bruno, Giordano 10 f.<br />
– Descartes, René 11 f.<br />
– Dionysius von Proklos 8 f.<br />
– Freiheitsbegriff 17 f.<br />
– Heidegger, Martin 13 f.<br />
– Lambert, Johann Heinrich 15 ff.<br />
– Metaphysik der Tatsachen 15<br />
– Philosophiedidaktik 18 ff.<br />
– Platon 7 f.<br />
– Quantenfeldtheorie 20 f.<br />
– Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph<br />
von 13<br />
– Übersetzung deutscher Klassiker ins<br />
Englische 9 f.<br />
– Übersetzung Diltheys ins Russische 14 f.<br />
– Weigel, Erich 12<br />
Philosophie-Department (Univ.<br />
München) 11, 17<br />
Philosophisches Seminar (Univ. Bonn) 7<br />
– Lehr- und Forschungsbereich I 20<br />
Philosophisches Seminar I (Univ. Freiburg)<br />
13<br />
Philosophisches Seminar (Univ. Münster)<br />
10<br />
Philosophisches Seminar (Univ. Tübingen)<br />
9, 15<br />
Physik: Stipendienprogramm Teilchenphysik<br />
am Harari Center for Experimental<br />
Physics, Weizmann Institute<br />
of Science (Rehovot) 272
Plastik<br />
– Maffei, Scipione: antike Skulpturensammlung<br />
126 f.<br />
– Papstgrabmäler 115 ff., 117 ff.<br />
Platon: Ethik 7 f.<br />
Polit-Emigranten: Aufnahme in der DDR<br />
76 f.<br />
Polycystische Nierenerkrankung 255 f.<br />
Polygynie (aristokratische): Mittelalter<br />
39 f.<br />
Pommern: slawische Körpergräber<br />
(10. – 13. Jh.) 111 ff.<br />
Porträt und Roman 170 f.<br />
Portugal: römische Villen (Algarve) 97 f.<br />
Porzellansammlung Augusts des Starken<br />
und Augusts III zu Dresden 127 f.<br />
Pound, Ezra 84 f.<br />
Predigtsammlung: litauische Postille<br />
(1573) 145 ff.<br />
Preis für sozialwissenschaftliche<br />
Arbeiten in Zeitschriften 214 f.<br />
Preußen<br />
– Beamte und Kaufleute (1740 – 1806)<br />
54 f.<br />
– Juden: Ostpreußen/Litauisches<br />
Grenzgebiet (1812 – 1942) 48 f.<br />
Princeton (Institute for Advanced Study,<br />
School of Historical Studies): Gaststipendienprogramm<br />
270 f.<br />
Protestantismus<br />
– Arndt, Johann 30 f.<br />
– Fürstenschulen (sächsische) 51 f., 53<br />
– Lutherhalle Wittenberg: Sammlungspolitik<br />
(1877 – 1918) 30<br />
Qualifikation: Arbeitsmarkterfolg:<br />
Deutschland/Frankreich 176 ff.<br />
Quantenfeldtheorie 20 f.<br />
Ramkhamhaeng University (Bangkok):<br />
Aufbaustudium für Germanistik-<br />
Dozenten an der Hanoi University of<br />
Foreign Studies, Vietnam 272 ff.<br />
Ramses II: Staatsreligion und Volksfrömmigkeit<br />
105<br />
REGISTER 378<br />
Ranke, Leopold von 61 f.<br />
Rassistisch verfolgte Universitätsangehörige<br />
und Wissenschaftler<br />
(1933 – 1945) 68 ff., 70<br />
Raubkunst s. Beutekunst<br />
Rechtschreibung s. Orthographie<br />
Reformation<br />
– Arndt, Johann 30 f.<br />
– Konfessionalisierung 49 ff.<br />
– Krieg und öffentliche Kommunikation<br />
(1542 – 1554) 41 ff.<br />
– Lutherhalle Wittenberg 30<br />
Reliefkunst s. Plastik<br />
Religionswissenschaftliches Seminar<br />
(Univ. Bonn) 35<br />
Reprintprogramm: Historia Scientiarum<br />
(17. – 19. Jh.) 86 f.<br />
Retardierun<br />
– Danon-Syndrom 256<br />
– Townes-Brocks-Syndrom 262 f.<br />
Rhetorische Begriffsbildung:<br />
Ukraine/Russland (17./18. Jh.) 157 f.<br />
Römische Villen<br />
– Algarve/Portugal 97 f.<br />
– Apollonia-Arsuf (Israel) 99 f.<br />
– Castel Gandolfo (Italien): Villa des<br />
Domitian 88 ff.<br />
Roman: Porträt 170 f.<br />
Romanistik: Sprachgeschichtsschreibung<br />
165 f.<br />
Ruhr-Universität Bochum s. Universität<br />
Bochum<br />
Rundfunkanstalten (Berlin): Sendungen<br />
jiddischer Vokal- und Instrumentalmusik<br />
(1945 – 1990) 136 ff.<br />
Russland<br />
– liturgische Hymnen (11. – 13. Jh.) 138<br />
– Ukraine: rhetorische Begriffsbildung<br />
(17./18. Jh.) 157 f.<br />
Sachsen<br />
– Eliten-Bildung (Kaiserreich;<br />
Weimarer Republik) 51 f., 53<br />
– Fürstenschulen 52 f., 53<br />
– Universitätsentwicklung (18./19. Jh.)<br />
52 ff.
379<br />
REGISTER<br />
Sächsische Akademie der<br />
Wissenschaften (Leipzig) 106<br />
Sängerkrieg auf der Wartburg:<br />
Kommentare 144 f.<br />
Sammlung Maffei (Archäologisches<br />
Institut/Forschungsarchiv Antike<br />
Plastik, Univ. Köln) 126 f.<br />
Sanktionen in Konflikten und Kriegen:<br />
Waffenembargo 199 f.<br />
SAPERE s. Scripta Antiquitates<br />
Posterioris ad Ethicam<br />
REligionemque pertinentia<br />
SBZ (Sowjetisch Besetzte Zone) s. DDR<br />
Schädeldeformation: Kraniosynostose<br />
261 f.<br />
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph<br />
von 13<br />
Schiller, Friedrich: Nationalausgabe 150<br />
School of Cultural Studies/Culture<br />
Research Unit (Tel Aviv Univ.) 153<br />
School of Historical Studies, Institute for<br />
Advanced Study (Princeton): Gaststipendienprogramm<br />
270 f.<br />
Schrift: altägyptische Hieroglyphenschrift<br />
107 ff.<br />
Schwarzhandel (Kriegszeit und nach<br />
1945): Berlin 70 f.<br />
Schwerhörigkeit<br />
– Kindesalter: Connexin-assoziierte<br />
Hörstörungen 245 f.<br />
– Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit 244 f.<br />
Scripta Antiquitates Posterioris ad<br />
Ethicam REligionemque ertinentia<br />
(SAPERE) 22 ff.<br />
SED: Die „Heilige Schrift“ 77 f.<br />
Semantisches Wissen: textbasierende<br />
Informationen 166 f.<br />
Seminar für Ägyptologie (Univ. Köln) 104<br />
Seminar für Ägyptologie und Koptologie<br />
(Univ. Göttingen) 107<br />
Seminar für Arabistik (Univ. Göttingen)<br />
43<br />
Seminar für Deutsche Philologie (Univ.<br />
Göttingen) 144<br />
Seminar für Griechische und Römische<br />
Geschichte (Univ. Frankfurt a. M.) 97<br />
Seminar für Neuere Geschichte (Univ.<br />
Mannheim) 78<br />
Seminar für Politikwissenschaft (Univ.<br />
Köln) 225<br />
Seminar für Semitistik (Univ. Heidelberg)<br />
102<br />
Seminar für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte<br />
(Univ. München) 81<br />
Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft<br />
Zentralasiens (Univ. Bonn) 34<br />
Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />
(Univ. Mannheim) 66<br />
Sepulkralkunst s. Gräber und Grabmäler<br />
Serotonin- und Noradrenalin-Transporter:<br />
Depression 242 f.<br />
Shenbao (chinesische Tageszeitung<br />
1872 – 1898) 167 f.<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
– Bundesrep. Deutschland<br />
(1990 – 1999): EU/NATO 222 ff.<br />
– Europa: ESVP im transatlantischen<br />
Kontext 225 f.<br />
Simon-Dubnow-Institut für Jüdische<br />
Geschichte und Kultur e.V. (Univ.<br />
Leipzig) 49<br />
Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />
Leipzig) 49<br />
Sinologisches Seminar (Univ. Heidelberg)<br />
167<br />
Skulptur s. Plastik<br />
Slawische Körpergräber (10 – 13. Jh.):<br />
Mecklenburg, Pommern, Brandenburg<br />
111 ff.<br />
Sowjetunion: Deutschlandpolitik<br />
(1941 – 1949) 73 f.<br />
Sozialkapital: Bürgerschaftliches<br />
Engagement 194 ff.<br />
Sozialstaat: Deutschland (19./20. Jh.) 81<br />
Sozialstruktur: öffentlicher Dienst in<br />
Europa 206 f.<br />
Sozialtransfersysteme: Europa 178 f.<br />
Sozialwissenschaftliche Zeitschriftenaufsätze:<br />
Preise 214 f.<br />
Spinozerebelläre Ataxie Typ 3 248<br />
Spiritismus und ästhetische Moderne:<br />
Berlin und München 164 f.<br />
Sprache s. Literatur<br />
Sprachgeschichtsschreibung<br />
(romanistische) 165 f.
Staatsanwaltschaften: EU und Beitrittsländer<br />
189 f.<br />
Staatsrecht (Bundesrep. Deutschland):<br />
Handbuch Band IV 188 f.<br />
Staatsreligion und Volksfrömmigkeit:<br />
Ramses II 105<br />
Stadtarchäologie/ Stadtforschung<br />
– Etrurien (Italien): 8. – 5. Jh. v. Chr.<br />
92 ff.<br />
– Mykale-Survey: Topographie des<br />
antiken Ionien 94 ff.<br />
– Palmyra (Syrien) 100 ff.<br />
– römische Städte: Kaiserzeit 90 f.<br />
– Thugga (Tunesien): frühe Siedlungsgeschichte<br />
96 f.<br />
– Zafar/Jemen (Hauptstadt der<br />
Himyaren): Ausgrabungen 102 f.<br />
Steiner, Rudolf 35 ff.<br />
Steinzeit s. Paläolithikum<br />
Steuerrecht: Deutschland/EU 191 f.<br />
<strong>Stiftung</strong> Luthergedenkstätten in<br />
Sachsen-Anhalt 30<br />
<strong>Stiftung</strong> Wissenschaft und Politik/SWP<br />
(Berlin) 228, 229<br />
<strong>Stiftung</strong>sinitiative „Johann Gottfried<br />
Herder“ (<strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong>, Alfried<br />
Krupp von Bohlen und Halbach-<strong>Stiftung</strong>,<br />
Gemeinnützige Hertie-<strong>Stiftung</strong>,<br />
Robert Bosch <strong>Stiftung</strong>, Stifterverband<br />
für die Deutsche Wissenschaft) 274 f.<br />
Strafjustiz und Medien 190 f.<br />
Stresemann, Gustav 64 f.<br />
Südosteuropa: Sonderprogramm für den<br />
wissenschaftlich-kulturellen Wiederaufbau<br />
275 f.<br />
SWP s. <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft und Politik<br />
(Berlin)<br />
Syrien: vorrömisch-hellenistische Urbanistik<br />
(Palmyra) 100 ff.<br />
Systemischer Lupus Erythematodes/<br />
SLE 253 f.<br />
Tagungen der Nobelpreisträger in<br />
Lindau 274<br />
REGISTER 380<br />
Tansania: Informations- und Kommunikationstechnologien/IKTs<br />
in Afrika<br />
200 f.<br />
Technik und Kunst (antike): Wunderwerke<br />
109 f.<br />
Technische Universität (Chemnitz):<br />
Fachgebiet Politikwissenschaft 198<br />
Technische Universität (München) 181<br />
Teilchenphysik s. Physik<br />
Tel Aviv University, Department of<br />
Classics 99<br />
– Lester and Sally Entin Faculty of<br />
Humanities 98<br />
Thailand: Aufbaustudium für Germanistik-Dozenten<br />
der Hanoi University of<br />
Foreign Studies (Vietnam) an der Ramkhamhaeng<br />
University (Bangkok) 272 ff.<br />
Thugga (Tunesien): frühe Siedlungsgeschichte<br />
96 f.<br />
<strong>Thyssen</strong>, August: Schloss Landsberg<br />
130 ff.<br />
<strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen: Ikonologie der<br />
Gegenwart (Humboldt-Univ. Berlin)<br />
172 ff.<br />
Tibet: Buddhismus 34 f.<br />
Tief-Mittelton-Schwerhörigkeit 244 f.<br />
Townes-Brocks-Syndrom 262 f.<br />
Transatlantische Beziehungen<br />
– Bundesrep. Deutschland/EU/NATO<br />
(1990 – 1999): Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik 222 ff.<br />
– ESVP (Europäische Sicherheits- und<br />
Verteidigungspolitik) 225 f.<br />
– Gesprächskreis 221 f.<br />
Transformationsländer: Wachstumsdeterminanten<br />
182 f.<br />
Transkription und Retrotransposition:<br />
DNA 264 f.<br />
Traumatische Texte: literarische Fiktion<br />
162 ff.<br />
Triumphzug (römischer): Raum und<br />
Ritual 91 f.<br />
Troeltsch, Ernst 33<br />
Türkei: Topographie des antiken Ionien<br />
(Mykale-Survey) 94 ff.<br />
Tumorerkrankungen: Myc in der<br />
Tumorentstehung 263 f.<br />
Tunesien: Thugga (Ausgrabungen) 96 f.<br />
T-Zell-Selektion 252 f.
381<br />
REGISTER<br />
UdSSR s. Sowjetunion<br />
Übersetzungen<br />
– archäologische Schriften: Übersetzungen<br />
ins Deutsche (18. Jh.) 110 f.<br />
– Diltheys, Wilhelm: Übersetzung ins<br />
Russische 14 f.<br />
– Klassiker der Philosophie:<br />
Übersetzungen ins Englische 9 f.<br />
– rhetorische Begriffsbildung<br />
(17./18. Jh.): Ukraine/Russland 157 f.<br />
– Scripta Antiquitates Posterioris Ad<br />
Ethicam REligionemque Pertinentia<br />
(SAPERE) 22 ff.<br />
Ukraine/Russland: rhetorische Begriffsbildung<br />
(17./18. Jh.) 157 f.<br />
Umbrische Kunst: Gemälde (15./16. Jh.)<br />
121<br />
Umweltrecht (EU): Bauleitplanung 192 f.<br />
Ungarn: Collegium Budapest (Fellow-<br />
Stipendien) 267 ff.<br />
United Nations s. Vereinte Nationen<br />
Universität Augsburg<br />
– Klassische Archäologie 110<br />
– Lehrstuhl für Neuere und Neueste<br />
Geschichte 55<br />
Universität Bamberg: Lehrstuhl für<br />
Deutsche Sprachwissenschaft und<br />
Ältere Deutsche Literatur 142<br />
Universität Bayreuth<br />
– Fachbereich Klassische Philologie<br />
und Theologie 22<br />
– Fachbereich Religionswissenschaft 22<br />
Universität Bielefeld: Lehrstuhl<br />
„Soziologie ökologischer Risiken“ 212<br />
Universität Bochum (Ruhr-Universität)<br />
– Fakultät für Geschichtswissenschaft<br />
80<br />
– Fakultät für Sozialwissenschaften 68<br />
– Fakultät für Wirtschaftswissenschaft<br />
183<br />
Universität Cagliari: Dipt. Scienze<br />
Biomediche e Biotecnologie 257<br />
Universität des Saarlandes (Saarbrücken):<br />
Fachrichtung Germanistik 150<br />
Universität Dortmund: Lehrstuhl für<br />
Denkmalpflege und Bauforschung 130<br />
Universität Duisburg<br />
– Fachbereich 1 – Soziologie 207<br />
– Fakultät 2 – Jüdische Studien 46<br />
Universität Erlangen: Sektion Politik und<br />
Zeitgeschichte des Nahen Ostens 58<br />
Universität Essen: Fachrichtung<br />
Allgemeine und Vergleichende<br />
Literaturwissenschaft 170<br />
Universität Frankfurt a. M.: Lehrstuhl<br />
für Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />
130 f.<br />
Universität Fribourg: Lehrstuhl für<br />
Allgemeine und Schweizer<br />
Geschichte 115<br />
Universität Göttingen<br />
– Fachbereich Klassische Philologie 22<br />
– Fachbereich Neues Testament 22<br />
Universität Greifswald: Rechts- und<br />
Staatswissenschaftliche Fakultät 180<br />
Universität Halle-Wittenberg:<br />
Juristische Fakultät 232<br />
Universität Hamburg: Fachbereich<br />
Rechtswissenschaft 232<br />
Universität Hannover: Fachbereich<br />
Rechtswissenschaften 190<br />
Universität Heidelberg: Lehrstuhl für<br />
Klassische Archäologie 91<br />
Universität Jena: Theologische Fakultät,<br />
Lehrstuhl für Neues Testament 24<br />
Universität Kiel: Lehrstuhl für Sozialund<br />
Wirtschaftsgeschichte 38<br />
Universität Konstanz: Fachgruppe<br />
Literaturwissenschaft/Slawistik 157<br />
Universität Mainz: Fachbereich<br />
Evangelische Theologie, Lehrstuhl<br />
für Neues Testament 26<br />
Universität Mannheim: Lehrstuhl für<br />
Politische Wissenschaft II 208<br />
Universität Marburg: Fachbereich<br />
Evangelische Theologie 30<br />
Universität München 182, 186<br />
– Evangelisch-Theologische Fakultät:<br />
Abteilung für Kirchengeschichte 33;<br />
Lehrstuhl für Systematische<br />
Theologie mit Schwerpunkt Ethik 33<br />
Universität Potsdam: Jüdische Studien<br />
136<br />
Universität Tübingen<br />
– Abteilung Medizinische Genetik 248<br />
– Fakultät für Kulturwissenschaften 134<br />
Universität Würzburg: Fachbereich<br />
Neues Testament 22
Universitäten: Sachsen (18./19. Jh.) 52 ff.<br />
Universitätsgeschichte: Friedrich-<br />
Wilhelms-Universität Berlin<br />
(1933 – 1945) 70<br />
Universitätsklinik und Polyklinik für<br />
Dermatologie und Allergologie (Ulm)<br />
252<br />
Universitätsklinikum Freiburg, Innere<br />
Medizin 255<br />
Unternehmer/Unternehmen<br />
– Corporate Restructuring: Bundesrep.<br />
Deutschland/Vereinigte Staaten 181 f.<br />
– multinationale 236 f.<br />
Urbanistik s. Stadtforschung<br />
USA s. Vereinigte Staaten<br />
Utopien (realisierte): Heterotopien<br />
(literarische) 160 ff.<br />
Vereinigte Staaten von Amerika<br />
– Corporate Restructuring: Bundesrep.<br />
Deutschland 181 f.<br />
– deutsche Gegenwartsliteratur: Gaststipendienprogramm<br />
(Max-Kade-<br />
Zentrum, St. Louis, Mo.) 269 f.<br />
– Gaststipendienprogramm: Princeton<br />
(Institute for Advanced Study, School<br />
of Historical Studies) 270 f.<br />
– Öffentliches Recht (europäisches):<br />
Gastlehrstuhl am European Legal<br />
Studies Center (Columbia Law<br />
School, New York) 270<br />
– Technologieschocks: Geldpolitik 179 f.<br />
– Transatlantische Beziehungen:<br />
Gesprächskreis 221 f.<br />
– Weltpolitik 219 ff.<br />
– Wirtschaftsrecht (europäisches):<br />
Curriculum am European Legal<br />
Studies Center (Columbia Law<br />
School, New York) 270<br />
Verfassung: SBZ/DDR (1947 – 1949) 74 f.<br />
Verfassungsrecht (europäisches) 235<br />
Verfassungsstaaten (demokratische)<br />
198 f.<br />
Verfassungsvertrag: EU 235 f.<br />
Verfolgte (politisch)<br />
– Aufnahme in der DDR 76 f.<br />
REGISTER 382<br />
– Friedrich-Wilhelms-Universität zu<br />
Berlin (1933 – 1945) 70<br />
Vietnam: Aufbaustudium für Germanistik-Dozenten<br />
der Hanoi University<br />
of Foreign Studies an der Ramkhamhaeng<br />
University (Bangkok/Thailand)<br />
272 ff.<br />
Villen (römische)<br />
– Algarve (Portugal) 97 f.<br />
– Apollonia-Arsuf (Israel) 99 f.<br />
Vorlesungen<br />
– Ernst Fraenkel Lecture Series (FU<br />
Berlin) 202 f.<br />
– Europarecht (Univ. Hamburg) 232<br />
– Simon-Dubnow-Vorlesung (Univ.<br />
Leipzig) 49<br />
– <strong>Thyssen</strong>-Vorlesungen: Ikonologie<br />
der Gegenwart (Humboldt-Univ.<br />
Berlin) 172 ff.<br />
Wachstumsdeterminanten:<br />
Transformationsländer 182 f.<br />
Waffenembargo: Sanktionen in<br />
Konflikten und Kriegen 199 f.<br />
Wahlkämpfe: Bundesrep. Deutschland<br />
(1949 – 1976) 80 f.<br />
Wartburg: Kommentare zum Sängerkrieg<br />
144 f.<br />
Weigel, Erich 12<br />
Weimarer Republik<br />
– Eliten in Sachsen 51 f., 53<br />
– Frobenius, Leo: Wilhelm II 63 f.<br />
– Hindenburg, Paul von 65 f., 67<br />
– Human Development Index/HDI 81 ff.<br />
– Stresemann, Gustav 64 f.<br />
Weizmann Institute of Science (Rehovot):<br />
Harari Center for Experimental<br />
Physics 272<br />
Wettbewerbsrecht (europäisches):<br />
Lehrbuch 233 f.<br />
Wiedergutmachung: NS-Verfolgte<br />
(1945 – <strong>2001</strong>) 73<br />
Wilhelm II: Leo Frobenius 63 f.<br />
Winckelmann, Johann Joachim, 104 f.<br />
Winckelmann-Gesellschaft e. V.<br />
(Stendal) 104
383<br />
REGISTER<br />
Wirtschaftsförderung: Neue Bundesländer<br />
183 f.<br />
Wirtschaftsrecht (europäisches):<br />
Curriculum am European Legal<br />
Studies Center (Columbia Law<br />
School, New York) 270<br />
Wirtschaftsverbände: Frankreich im<br />
europäischen Vergleich 208 ff.<br />
Wiskott-Aldrich-Syndrom 253<br />
Wissenschaftliche Schriften der<br />
Archäologie (18. Jh.): Übersetzungen<br />
ins Deutsche 110 f.<br />
Wissenschaftlich-Theologisches<br />
Seminar (Univ. Heidelberg) 28<br />
Wissenschaftsgeschichte: Historia<br />
Scientiarum (17. – 19. Jh.) 86 f.<br />
Wissenschaftskolleg (Berlin) 18<br />
Wissenschaftszentrum Berlin für<br />
Sozialforschung/WZB 196<br />
– Abteilung Sozialstruktur und<br />
Sozialberichterstattung 204<br />
Wittenberg: Lutherhalle 30<br />
Wörterbücher s. Nachschlagewerke/<br />
Lexika/Wörterbücher<br />
Wohlfahrtsentwicklung: EU und<br />
Beitrittsländer 204 ff.<br />
Wohlstandskluft: EU/Transformationsländer<br />
182 f.<br />
WZB s. Wissenschaftszentrum Berlin für<br />
Sozialforschung<br />
Zafar/Jemen (Hauptstadt der<br />
Himyaren): Ausgrabungen 102 f.<br />
ZEFIR s. Zentrum für Interdisziplinäre<br />
Ruhrgebietsforschung/ZEFIR (Univ.<br />
Bochum)<br />
ZEI s. Zentrum für Europäische<br />
Integrationsforschung (Bonn)<br />
Zeichnungen: flämische und holländische<br />
(16. – 18. Jh.) 121 f.<br />
Zeitschriftenaufsätze: Preis für sozialwissenschaftliche<br />
Arbeiten 214 f.<br />
Zeitung: chinesische Tageszeitung<br />
„Shenbao“(1872 – 1898) 167 f.<br />
Zensur: DDR 77 f.<br />
Zentralinstitut für Russische Literatur<br />
(Sankt Petersburg) 157<br />
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit<br />
(Mannheim) 242<br />
Zentrum für Deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />
(Washington Univ.,<br />
St. Louis/Mo.) s. Max-Kade-Zentrum<br />
für Deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />
Zentrum für Europäische Integrationsforschung/ZEI<br />
(Bonn) 222<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung/ZEW<br />
(Mannheim) 176, 178<br />
Zentrum für Humangenetik (Univ.<br />
Marburg) 244, 260<br />
Zentrum für Interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung/ZEFIR<br />
(Univ.<br />
Bochum) 131<br />
Zentrum für Sensomotorik (Univ.<br />
München) 265<br />
Zentrum für Zeithistorische Forschung<br />
(Potsdam) 73, 76, 77<br />
ZEW s. Zentrum für Europäische<br />
Wirtschaftsforschung (Mannheim)<br />
ZMBH-Zentrum für Molekulare<br />
Biologie (Univ. Heidelberg) 240<br />
Zöliakie 257 f.<br />
Zuckmayer, Carl: Gottfried Bermann<br />
Fischer 156 f.<br />
Zuwanderungspolitik der Kommunen:<br />
Bundesrep. Deutschland/ Niederlande<br />
211 f.<br />
Zweiter Weltkrieg: Schwarzhandel<br />
(Berlin) 70 f.
Bildnachweis: Matej Alcnauer, Spisˇská Nová Ves (Abb. 1);<br />
Archiv der <strong>Thyssen</strong>Krupp AG (Abb. 13); Asia Air, Osaka (Abb. 6);<br />
David Ausserhofer (Abb. 4); Kreismuseum Grimma (Abb. 2);<br />
Joachim Siener (Reproduktion) (Abb. 3);<br />
Staatliche Kunstsammlung Dresden (Abb. 11);<br />
Städelsches Kunstinstitut, Ursula Edelmann-Artothek<br />
(Abb. 10); Universitätsbibliothek Augsburg (Abb. 9);<br />
Institutsphotos (Abb. 5, 7, 8, 12, 14–18).