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Beitrag zur - Zoo Schwerin

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Ursus, Mitteilungsblatt des <strong>Zoo</strong>vereins und des <strong>Zoo</strong>s <strong>Schwerin</strong>, 17. Jahrgang, Heft 1 (Juli 2011): MATSCHEI, CH.: <strong>Beitrag</strong> <strong>zur</strong> Systematik,<br />

Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus (Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata) : 49-55, 12 Abb., <strong>Schwerin</strong>.<br />

<strong>Beitrag</strong> <strong>zur</strong> Systematik, Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus<br />

(Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata)<br />

Schlüsselworte<br />

Brutverhalten, Darwin-Nandu (Pterocnemia<br />

pennata), Gefährdung, Gewöhnlicher Nandu (Rhea<br />

americana), Haltung in Menschenobhut, Häufigkeit<br />

in <strong>Zoo</strong>s, Klimatoleranz, Laufvögel,<br />

Lebensraum, Lebensweise, Merkmale, Schutz,<br />

Systematik<br />

Verwandtschaft und Systematik<br />

Die ornithologische Großgruppe der Urkiefervögel<br />

(Palaeognathae) ist weniger einheitlich als vor<br />

einigen Jahren angenommen wurde. Die<br />

Gemeinsamkeiten liegen vornehmlich im Habitus,<br />

in der Flugunfähigkeit, begleitet von der Reduktion<br />

des Brustbeinkiels (nicht Steißhühner!) und dem<br />

Fehlen von Luftsäcken in Langknochen. In vielen<br />

Fällen sind jedoch konvergente Entwicklungen<br />

aufgrund der Nutzung ähnlicher Biotope erklärbar.<br />

Wiederum könnte eine sehr alte Verwandtschaft<br />

bestehen, in der sich die Urkiefervögel vor der<br />

Trennung des südlichen Großkontinents Gondwana<br />

trennten. Nach molekularbiologischen<br />

Untersuchungen sollen Steißhühner und Laufvögel<br />

paraphyletische Taxa sein (HACKETT et al. 2008).<br />

Während einige Wissenschaftler von der<br />

Betrachtung zweier Ordnungen, die der Laufvögel<br />

(Struthioniformes) und Steißhühner (Tinamiformes)<br />

mit insgesamt sechs Familien ausgehen (FOLCH<br />

1992), präferieren andere die Aufgliederung in fünf<br />

unabhängige Ordnungen (GRUMMT 2009).<br />

Insgesamt umfasst die Vogelverwandtschaft der<br />

Urkiefervögel derzeit sechs Familien, 15 Gattungen<br />

mit 57 Arten aus drei Kontinenten.<br />

Ordnung Laufvögel oder Flachbrustvögel<br />

(Struthioniformes) (nach FOLCH 1992)<br />

Unterordnung Struthiones<br />

1. Familie Straußenvögel (Struthionidae) eine<br />

Gattung mit einer Art<br />

2. Familie Nandus (Rheidae) zwei Gattungen mit<br />

zwei Arten<br />

Unterordnung Casuarii<br />

3. Familie Kasuare (Casuariidae) eine Gattung mit<br />

drei Arten<br />

4. Familie Emus (Dromaiidae) eine Gattung mit<br />

einer Art<br />

Unterordnung Apteryges<br />

5. Familie Schnepfenstrauße oder Kiwis<br />

(Apterygidae) eine Gattung mit drei Arten<br />

Ordnung Steißhühner (nach FOLCH 1992)<br />

1. Familie Steißhühner (Tinamidae) neun<br />

Gattungen mit 47 Arten<br />

Unterfamilie Waldsteißhühner (Tinaminae) drei<br />

Gattungen mit 28 Arten<br />

CHRISTIAN MATSCHEI<br />

49<br />

Unterfamilie Steppensteißhühner (Rhynchotinae)<br />

sechs Gattungen mit 18 Arten<br />

Abb. 1: Hahn eines Gewöhnlichen Nandus (Rhea<br />

americana) umbalzt Henne, Tierpark Grimmen.<br />

Die Familie der Nandus gehört zu einer der ältesten<br />

Vogelgruppen der Neotropischen Region. Fossilen<br />

Funden <strong>zur</strong> Folge trennten sich die heutigen<br />

Rheidae von den näher verwandten Laufvögeln, den<br />

Struthionidae, nach der Trennung des<br />

Südkontinents. Die ältesten Nandufossilien<br />

stammen aus dem beginnenden Tertiär, dem Eozän<br />

(vor etwa 40 Millionen Jahren) (FOLCH 1992). Die<br />

nahe Verwandtschaft zu den Tinamidae, die<br />

aufgrund der ähnlichen Verbreitung auf dem<br />

südamerikanischen Kontinent angenommen wurde,<br />

trügt, da sich die Steißhühner bereits vor der<br />

Aufgliederung der Laufvögel abspalteten.<br />

Fossil konnten bisher vier Rhea-Arten aus dem<br />

Pliozän nachgewiesen werden. Heute existieren nur<br />

noch zwei Arten, die unterschiedlichen Gattungen<br />

zugeordnet werden – die Nandus (Rhea americana)<br />

und die Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata).<br />

Beschreibung<br />

Rheidae sind große, in der Gestalt an einen Strauß<br />

(Struthio camelus) erinnernde, Laufvögel. Ihre<br />

Ähnlichkeit brachte ihnen auch die Namen<br />

„Pampasstrauß“ oder „Südamerikanischer Strauß“<br />

ein. Doch bei genauerer Betrachtung zeigen sich<br />

markante Eigenheiten. Die Arten der Familie<br />

werden etwa 100 bis 140 cm hoch. Das<br />

Körpergewicht beträgt selten mehr als 25 kg, wobei<br />

nur geringe Unterschiede zwischen den<br />

Geschlechtern in Größe und Masse vorliegen. Die<br />

Hähne sind oft etwas größer und nur bei Rhea<br />

americana farblich auffällig von der Henne<br />

differenziert. Bei der Gattung Pterocnemia sind die<br />

Erscheinungsbilder der Geschlechter noch stärker<br />

genähert. Zu den weiteren Merkmalen gehören die<br />

kräftigen Laufbeine, deren vorderer Lauf mit<br />

breiten grauen Quertafeln belegt ist. Die Füße


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Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus (Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata) : 49-55, 12 Abb., <strong>Schwerin</strong>.<br />

zählen drei Zehen. Im Vergleich zu den<br />

australischen und den neuseeländischen Laufvögeln<br />

sind die Flügel der Rheidae recht lang und mit<br />

zwölf großen Hand- und 16 Armschwingen besetzt<br />

(GRUMMT 2009). Von den drei Fingern ist einer<br />

bekrallt (ROBILLER 2003). Die Schwanzfedern<br />

fehlen vollständig. Dieses Merkmal kann bei sich<br />

sonnenden Vögeln erkannt werden. Die<br />

Federstruktur ähnelt stark der der Struthionidae und<br />

differenziert sich deutlich von der Unterordnung<br />

Casuarii, welche einen auffälligen Afterschaft<br />

besitzen. Eine ausstülpbare Kloake in Form eines<br />

„Pseudopenis“ haben sie mit allen Laufvögeln<br />

gemein.<br />

Beide Nandugattungen sind in ihrer natürlichen<br />

Verbreitung ausschließlich auf dem<br />

südamerikanischen Kontinent anzutreffen.<br />

Abb. 2: Weiblicher Nandu (Rhea americana) im<br />

Tierpark Hagenbeck, Hamburg.<br />

1. Gewöhnlicher oder Großer Nandu (Rhea<br />

americana)<br />

Der größte Vogel Südamerikas wird 127 bis 140 cm<br />

(Kopfhöhe bis 170 cm) hoch bei einem Gewicht<br />

von 20 bis 25 kg. Die Grundfarbe der Nandus ist<br />

ein Grauton, der sehr variabel von hellem grau bis<br />

zum graubraun ist. Ebenfalls sind die Beine<br />

oberhalb des Intertarsalgelenkes hellgrau befiedert.<br />

Während rein weiße Vögel in der Natur seltener<br />

sind, und zumeist bei der Unterart Rhea americana<br />

albescens auftreten, werden Weißlinge häufiger in<br />

Tiergärten gezeigt (FOLCH 1992). Zumeist sind<br />

die Hähne dunkler als die Hennen und<br />

50<br />

verdeutlichen einen schwarzen Nacken und einen<br />

schwarzen Unterhals-Brustbereich. Dieser zum<br />

übrigen Gefieder farblich abgesetzte Bereich ist je<br />

nach Unterart verschieden.<br />

Abb. 3: Männlicher Nandu-Weißling (Rhea<br />

americana) im Tabernas <strong>Zoo</strong>, Spanien.<br />

Zur Brutzeit ist der Kontrast besonders markant<br />

(FOLCH 1992). GRUMMT (2009) erwähnt 22<br />

Quertafeln auf dem Lauf.<br />

Die Farbe der Eier ist recht unterschiedlich, von<br />

cremeweiß über blassgelb bis goldgelb. Die<br />

Eiergröße beträgt 125 – 132 x 86 - 90 mm bei<br />

einem Gewicht von etwa 550 - 600 g (NOBERT &<br />

LENZNER 2005, FOLCH 1992). Die Jungvögel<br />

schlüpfen mit einem gelblich-grauen Gefieder,<br />

welches von drei dunklen dorsal angeordneten<br />

Streifen gekennzeichnet ist. Auch der Flügelansatz<br />

ist dunkler abgesetzt.<br />

Abb. 4: Kopfstudie eines Nanduhahns (Rhea<br />

americana), Tierpark Ueckermünde.


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Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus (Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata) : 49-55, 12 Abb., <strong>Schwerin</strong>.<br />

Der Große Nandu ist in Südamerika weit verbreitet.<br />

In den offenen Landschaften kann er vom<br />

Nordosten Brasiliens über Uruguay, Paraguay bis in<br />

den Osten Argentiniens angetroffen werden.<br />

Derzeit werden hier fünf Unterarten von Nord nach<br />

Süd unterschieden (FOLCH 1992):<br />

Rhea americana americana (LINNAEUS, 1758)<br />

Rhea americana intermedia ROTHSCHILD &<br />

CHUBB, 1914<br />

Rhea americana nobilis BRODKORB, 1939<br />

Rhea americana araneipes BRODKORB, 1938<br />

Rhea americana albescens LYNCH<br />

ARRIBÁLZAGA & HOLMBER, 1878<br />

2. Darwin- oder Kleiner Nandu (Pterocnemia<br />

pennata)<br />

Im Vergleich zum Gemeinen Nandu ist der Darwin-<br />

Nandu deutlich kleiner und kurzbeiniger.<br />

Abb. 5: Hahn eines Darwin-Nandus (Pterocnemia<br />

pennata) im <strong>Zoo</strong> <strong>Schwerin</strong>.<br />

Seine Rückenhöhe beträgt 92,5 bis 100 cm, die<br />

Scheitelhöhe 140 bis 150 cm (Messungen des<br />

Autors) und das Gewicht variiert zwischen 15 und<br />

25 kg. Im gesamten Erscheinungsbild wirkt die Art<br />

etwas gedrungener und kurzhalsiger. Ebenso<br />

erscheint der Schädel weniger gestreckt. Beide<br />

Geschlechter tragen das gleiche Gefiederkleid.<br />

Typisch für Darwin-Nandus sind der graue bis<br />

graubraune Farbton und die weißen Federspitzen<br />

des Unterhalses, Rücken und Flügel. Diese Färbung<br />

ist durchaus geschlechtsspezifisch zu bewerten.<br />

Hierbei sind die Hähne stärker und größer geperlt<br />

51<br />

als die Hennen. Jungvögel sind einheitlich grau bis<br />

graubraun gefärbt. GRUMMT (2009) erwähnt etwa<br />

18 Quertafeln auf dem Lauf.<br />

Abb. 6: Henne eines Darwin-Nandus (Pterocnemia<br />

pennata), <strong>Zoo</strong> <strong>Schwerin</strong>.<br />

Darwin-Nandus legen gelbliche bis olivgrüne Eier.<br />

Ihre Abmaße betragen 125 - 127 x 85 – 87 mm bei<br />

einem Eiergewicht von 500 – 550 g (FOLCH 1992,<br />

GRUMMT 2009). Die Jungvögel sind ebenfalls<br />

graubraun befiedert und besitzen schwarze Streifen<br />

auf dem Rücken. Die gattungstypische Fleckung<br />

tritt nach FOLCH (1992) erst mit dem 3. bis 4. Jahr<br />

ein, doch zeigte sich an mehreren aus dem <strong>Zoo</strong><br />

Mulhouse, Frankreich bezogenen Tieren des <strong>Zoo</strong><br />

<strong>Schwerin</strong>, dass hier bereits eine Umfärbung ab dem<br />

2. Lebensjahr einsetzt. Der Kleine Nandu ist in<br />

zwei getrennten Verbreitungsgebieten ansässig. Im<br />

nördlichen Bereich finden sich Tiere von Süd-Peru,<br />

Südwest-Bolivien, Nord-Chile und Nordwest-<br />

Argentinien. Ein weiteres großes natürliches<br />

Vorkommensgebiet kann von Süd-Chile bis nach<br />

Süd-Argentinien beschrieben werden. Derzeit<br />

werden drei Unterarten von Nord nach Süd<br />

anerkannt (FOLCH 1992):<br />

Pterocnemia pennata garleppi CHUBB, 1913<br />

Pterocnemia pennata tarapacensis CHUBB, 1913<br />

Pterocnemia pennata pennata (D´ORBIGNY,<br />

1834)<br />

Untersuchungen zum Status der nördlichen Formen<br />

garleppi und tarapacensis führten dazu, die von<br />

CHUBB (1913) beschriebenden Unterarten als eine<br />

eigenständige Art, dem Puna-Nandu (Pterocnemia<br />

tarapacensis CHUBB, 1913), aufzufassen.


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Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus (Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata) : 49-55, 12 Abb., <strong>Schwerin</strong>.<br />

Lebensraum, Lebensweise und Brut<br />

Die Lebensräume beider Gattungen zeigen einige<br />

Ähnlichkeiten. Vornehmlich unterscheiden sie sich<br />

in der Nutzung unterschiedlicher Höhenlagen.<br />

Während der Gewöhnliche Nandu meist in den<br />

Grassteppengebieten (Pampa) oder in den offenen<br />

Chaco-Landschaften bis 2.000 Höhenmetern<br />

angetroffen wird, bevorzugen die Darwin-Nandus<br />

die lichten Strauchsteppen und die ariden<br />

halbwüstenartigen Landschaften (Puna) in Lagen<br />

über 2.000 m.<br />

Abb. 7: Darwin-Nandus in ca. 4500 m Höhe in<br />

Nordchile ca. 100 km nordöstlich von San Pedro de<br />

Atacama.<br />

Foto: Dr. Wolfgang Zessin, <strong>Zoo</strong> <strong>Schwerin</strong><br />

Die beiden nördlichen Unterarten tarapacensis und<br />

garleppi werden sogar bis in 4.500 m Höhe<br />

angetroffen (FOLCH 1992). Beide Gattungen nutzen<br />

in der Brutzeit zudem auch die Nähe von Flüssen,<br />

Seen oder Sumpflandschaften.<br />

Abb. 8: Kopfstudie eines Darwin-Nandus<br />

(Pterocnemia pennata).<br />

Gewöhnliche Nandus und Darwin-Nandus gehören<br />

zu den eher ortsgebundenen Laufvögeln. Eine<br />

Migration, bedingt durch unterschiedliche<br />

Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen oder<br />

jahreszeitlichem Wechsel der Habitatstruktur, liegt<br />

nicht vor (FOLCH 1992). Über das gesamte Jahr<br />

liegen ähnliche Verhältnisse vor, so dass sich dieses<br />

52<br />

Verhalten deutlich von den Emus und Straußen<br />

unterscheidet. Innerhalb ihrer Tagesaktivität, die in<br />

der Regel von mittaglichen Ruhephase begleitet<br />

wird, sind die Vögel meist in Gruppen anzutreffen.<br />

Diese bestehen aus beiden Geschlechtern sowie<br />

noch nicht geschlechtsreifen Jungvögeln.<br />

Gelegentlich können auch ältere Hähne einzeln<br />

angetroffen werden. Oft werden beide Gattungen in<br />

lockerer Gemeinschaft mit verschiedenen Wild-<br />

und Haustieren angetroffen, wie Pampashirschen<br />

(Ozotoceros bezoarticus), Guanakos (Lama<br />

guanicoe), Alpakas und Hausschafen. Von letzteren<br />

ist bekannt, dass die im Fell hängenden Sämereien<br />

oder Fruchtkapseln von den Nandus herausgepickt<br />

werden (SANFT & GRZIMEK 1968).<br />

Als Fluchttiere sind beide Vertreter schnelle Läufer.<br />

Mit Sprinteinlagen und flügelunterstütztem Zick-<br />

Zack entziehen sie sich vielen Prädatoren. Darwin-<br />

Nandus werden hierbei als weniger ausdauernd<br />

beschrieben. In der dichteren Vegetation können<br />

sich die Vögel abducken und somit Feinden<br />

entgehen.<br />

Nur <strong>zur</strong> Paarungszeit spalten sich die<br />

Ansammlungen aus fünf bis 30, seltener bis 50,<br />

Tieren auf und bilden kleine Haremsverbände. Die<br />

Hähne sind in dieser Zeit streng territorial und<br />

vertreiben die Konkurrenten mit Drohgesten.<br />

Auseinandersetzungen sind meist nur von kurzer<br />

Dauer. Sie bestehen aus Verfolgungen, Umkreisen<br />

des Gegners, Schnabelhacken und Treten.<br />

Abb. 9: Detailansicht des Gefieders eines Darwin-<br />

Nandus (Pterocnemia pennata).<br />

Die Balzzeit und Brutzeit ist im natürlichen Habitat<br />

recht variabel. Während diese im nördlichen<br />

Vorkommensgebiet zwischen den Monaten Juli und<br />

Januar vorliegt, ist für den Süden eher der Monat<br />

November zu benennen. Im Berliner <strong>Zoo</strong> pflanzten<br />

sich die Gewöhnlichen Nandus über die<br />

Sommermonate fort (NOBERT & LENZNER 2005).<br />

Die balzenden Hähne umgarnen eine 2 bis 12köpfige<br />

Hennengruppe. Das Imponieren umfasst<br />

ein Umkreisen der Hennen, das Aufsträuben des<br />

Gefieders, eine U-förmige Haltung des tiefer<br />

getragenen Halses, das Abstellen und Herabhängen<br />

der Flügel und ein tiefes „boomen“. Diese<br />

Lautgebung wird mit breit gedehntem Hals<br />

geäußert und ist wörtlich als „bu-up“ oder „nan-du“


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Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus (Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata) : 49-55, 12 Abb., <strong>Schwerin</strong>.<br />

zu beschreiben (Namensgebung). Sehr selten<br />

können diese weit hallenden Laute auch in der<br />

Dunkelheit geäußert werden.<br />

Nach der Kopulation führt der Hahn die Hennen zu<br />

einem Nestplatz, den er von Ästen und Laub<br />

gesäubert hat. Hier errichtet er eine Nistmulde nach<br />

Manier der anderen Laufvögel. Die Vertiefung ist<br />

nach FOLCH (1992) etwa 1 m breit und 12 cm tief.<br />

Auch die dem Nest umgebende Vegetation wird im<br />

Umkreis von mehreren Metern vom Hahn entfernt.<br />

Die Hennen folgen in der Gruppe zum Nest und<br />

legen dort ihre Eier. Auch das Abwandern wird als<br />

Kleingruppe durchgeführt. Sobald der Hahn einige<br />

Eier, meist genügen zwei bis acht Stück, in der<br />

Nistmulde vorfindet, beginnt er mit dem<br />

Brutverhalten. Ab diesem Zeitpunkt ist das<br />

Männchen mit der Verteidigung seines Geleges<br />

befasst, welches sogar den Hennen, die in den<br />

Folgetagen weitere Eier in die Nistmulde legen<br />

wollen, den direkten Zugang verwehrt. Die Hennen<br />

setzten die Eier um das Nest ab. Der Hahn rollt<br />

einige mit dem Schnabel ein und deckt auch diese<br />

mit den überschirmenden Flügeln ab. Die einzelne<br />

Henne kann hierbei durchaus 20 Eier legen<br />

(GRUMMT 2009). Ein Gelege umfasst etwa 13 – 30<br />

Eier, wobei auch Hähne bereits auf sechs wie auf<br />

80 saßen (Rhea americana). Verlässt das brütende<br />

Männchen die Nistmulde, so deckt es diese mit<br />

Materialien ab (NOBERT & LENZNER 2005).<br />

Abb. 10: Das ungesprenkelte Jugendkleid<br />

einjähriger Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata),<br />

<strong>Zoo</strong> <strong>Schwerin</strong>.<br />

Die Brutdauer wird unterschiedlich benannt. Nach<br />

FLOCH (1992) sind es 35 – 40 Tage, nach ROBILLER<br />

(2003), NOBERT & LENZNER (2005) etwa 42 Tage<br />

53<br />

und GRUMMT (2009) erwähnt im Durchschnitt 39 –<br />

40 Tage, mit einer Spanne von 35 – 46 Tagen. Kurz<br />

vor dem Schlupf, meist drei Tage zuvor (GRUMMT<br />

2009), synchronisieren die Kücken ihre Schlupfzeit<br />

durch Kontaktlaute und sprengen die Eierschale<br />

innerhalb weniger Stunden oder Tage (NOBERT &<br />

LENZNER 2005). Das Schlupfgewicht betrug im<br />

Berliner <strong>Zoo</strong> durchschnittlich 350 Gramm (NOBERT<br />

& LENZNER 2005).<br />

Das gesamte Aufzuchtverhalten unterliegt der<br />

Betreuung des Hahnes. Bei Niederschlägen, bei<br />

nächtlicher Kälte oder starkem Sonneneinfall<br />

werden die Kücken durch die Flügel abgeschirmt.<br />

Auf den Wanderungen, die kurz nach dem Schlupf<br />

beginnen, stehen die Jungtiere mit dem Altvogel in<br />

akustischem Kontakt. Ähnlich wie es beim Strauß<br />

bekannt ist, können Jungtiere unterschiedlicher<br />

Hähne, bei einer Auseinandersetzung der Väter,<br />

adoptiert werden (FLOCH 1992). Mit etwa 4 bis 5<br />

Monaten sind die Jungvögel ausgewachsen<br />

(GRUMMT 2009). Nach FLOCH (1992) dauert dieses<br />

Wachstum länger an. Nach gut sechs Monaten ist<br />

der Nachwuchs mehr als halb so groß wie der Hahn<br />

und die Färbung ist durch ein graues Jugendkleid<br />

ersetzt worden. In dieser Zeit endet die Betreuung<br />

durch den Vater und die Jungvögel wandern in<br />

kleinen Gruppen umher. Die Geschlechtsreife der<br />

Gewöhnlichen Nandus und Darwin-Nandus tritt mit<br />

zwei bis drei Jahren ein. Laut GRUMMT (2009) sind<br />

bereits Nandus mit einem Alter von weniger als 1<br />

Jahr erfolgreich <strong>zur</strong> Brut geschritten.<br />

Abb. 11: Eier vom Nandu (l.) und Darwin-Nandu<br />

(r.), Privatbesitz des Autors.<br />

Gefährdung und Naturschutz<br />

Der Gewöhnliche Nandu ist trotz seines großen<br />

Verbreitungsgebietes in den letzten Jahrzehnten im<br />

Bestand <strong>zur</strong>ückgegangen. Insgesamt gilt die Art<br />

jedoch noch nicht als gefährdet. Ähnlich verhält es<br />

sich mit der Nominatform des Darwin-Nandus<br />

(pennata). Deutlich seltener, und mittlerweile<br />

bedrohlich im Naturbestand <strong>zur</strong>ückgegangen, ist die<br />

Population der beiden nördlichen Darwin-Nandus<br />

(garleppi, tarapacensis), die auch in einigen<br />

Literaturangaben als Puna-Nandus beschrieben<br />

werden (FLOCH 1992). Die Gründe für den<br />

Rückgang sind vielfältig. Vor allem spielt die<br />

Ausbreitung der landwirtschaftlichen Nutzflächen


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Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus (Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata) : 49-55, 12 Abb., <strong>Schwerin</strong>.<br />

und deren Einzäunung eine große Rolle. Vielfach<br />

wird den Laufvögeln als Jagdwild unkontrolliert<br />

nachgestellt oder sie werden als Konkurrenten zu<br />

den Haustieren im Kampf um Nahrungsressourcen<br />

bekämpft. Hierbei wird den Tieren per Jeeps<br />

nachgestellt. Ebenso spielt in den kleinsten<br />

Populationen die Eierentnahme eine Rolle für den<br />

Fortbestand. Der Handel mit Produkten oder<br />

Vögeln der Gattung Pterocnemia unterliegt den<br />

Regularien von CITES. Trotz des Status einer nicht<br />

global bedrohten Art steht der Darwin-Nandu unter<br />

Anhang I. Auch wird die Vermarktung der<br />

Gewöhnlichen Nandus begrenzt. Hier<br />

reglementieren bereits Anhang II und III,<br />

vornehmlich der Unterart albescens (FLOCH 1992).<br />

In den Tiergärten gehören Nandus zu den<br />

besucherwirksamsten Großvögeln, deren<br />

Attraktivität auch für die Situation im Freiland<br />

genutzt werden kann. Leider wird dieser mögliche<br />

Effekt nur selten genutzt. Durch eine gewünschte<br />

Sensibilisierung der <strong>Zoo</strong>besucher ergebe sich ein<br />

stärkeres Bewusstsein für den anfälligen<br />

Lebensraum dieser Tiere. Der damit gewonnene<br />

Schutzgedanke für die Pampagebiete könnte noch<br />

vor einer zunehmenden Bestandsgefährdung der<br />

Nandus und Darwin-Nandus erfolgen.<br />

Klimatoleranz und Vergesellschaftung in<br />

Tiergärten<br />

Die Haltung von Nandus und Darwin-Nandus in<br />

Menschenobhut ist recht unkompliziert. Die große<br />

Toleranz gegenüber dem mitteleuropäischen Klima<br />

erleichtert die Pflege, Unterbringung, Fütterung und<br />

Zucht dieser Laufvögel. Aufgrund ihrer Anpassung<br />

an die großen jahres- und tageszeitlichen<br />

Schwankungen der Heimatländer sind beide<br />

Gattungen bei uns ganzjährig im Freilauf zu halten.<br />

Während einige Tiergärten ein abendliches<br />

Einsperren durchführen sind andere Einrichtungen<br />

<strong>zur</strong> ganztägigen Außenhaltung übergegangen. Als<br />

Laufvögel der freien Landschaft ziehen die Tiere<br />

offene Anlagenstrukturen ohne Stallgebäude von<br />

sich aus vor. Stellt der Tiergarten beides <strong>zur</strong> freien<br />

Verfügung, so ruhen die Nandus gern unter freiem<br />

Himmel und bei Gruppenhaltung in Sichtabstand<br />

zueinander. Vorsicht ist bei Frosttemperaturen<br />

geboten. Beide Gattungen tolerieren durchaus<br />

starke Minusgrade im Freien, doch sind<br />

Verkühlungen und Lungenentzündungen möglich.<br />

Das Gutachten über die Mindestanforderung an die<br />

Haltung von Straußenvögeln sieht daher einen<br />

Kaltstall mit Strohlager vor (Bundesministerium für<br />

Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1997). Im<br />

<strong>Zoo</strong> <strong>Schwerin</strong> hat es sich als günstig erwiesen eher<br />

kurzhalmigeres Stroh oder Heu für eine Lagerfläche<br />

anzubieten, da die Tiere, wie es auch die Strauße<br />

und Emus gelegentlich zeigen, gern neigen die<br />

Matten anzufressen. Langhalmige Matten bergen<br />

daher eine mögliche Gefahr von Verknäulungen<br />

oder Verletzungen im Verdauungstrakt.<br />

Die gute Toleranz der Nandus gegenüber dem<br />

mitteleuropäischen Klima zeigt sich nicht zuletzt in<br />

54<br />

der freilebenden Rhea-Population<br />

Nordwestmecklenburgs (Wakenitz-Niederung)<br />

(BAUER & WOOG 2010, MATSCHEI 2011). Vor<br />

Jahren entwichene Vögel vermehrten sich rasch in<br />

der Natur, erlitten aber Bestandsrückgänge durch<br />

den strengen Winter 2009/2010.<br />

Abb. 12: Freilebende Nandus in der Wakenitz-<br />

Niederung, Nordwestmecklenburg 2010<br />

Darwin-Nandus werden zudem auch als<br />

empfindlicher beschrieben als die Gewöhnlichen<br />

Nandus. Die größte Vorsicht sollte hier vor allem<br />

bei den Übergangstemperaturen erfolgen. Die oft<br />

schnell durchnässenden Tiere sind dann besonders<br />

anfällig für Infektionen und Erkältungen. Der<br />

sommerlichen Hitze begegnen beide Arten mit<br />

einem Abstellen der Flügel und dem Aufplustern<br />

der Federn. Ebenso werden beim Ruhen Hals und<br />

Beine auffällig abgestreckt.<br />

Große Nandus und Darwin-Nandus können<br />

erfolgreich mit anderen Haus- und Wildtierarten<br />

vergesellschaftet werden. Gute<br />

Zusammenstellungen haben sich beispielsweise mit<br />

Flachlandtapiren (Tapirus terrestris) und Großen<br />

Maras (Dolichotis patagonum) im <strong>Zoo</strong> <strong>Schwerin</strong>;<br />

Vikunjas (Vicugna vicugna) im <strong>Zoo</strong> Zürich und<br />

Tierpark München Hellabrunn; Guanakos (Lama<br />

guanicoe), Koskoroba-Schwäne (Coscoroba<br />

coscoroba), Halsband-Wehrvögel (Chauna<br />

torquata) und Grauen Spießhirschen (Mazama<br />

gouazoubira) im <strong>Zoo</strong> Berlin; Wasserschweine<br />

(Hydrochoerus hydrochaeris) im <strong>Zoo</strong> Dresden;<br />

Große Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla)<br />

im <strong>Zoo</strong> Dortmund ergeben (PROBST & MATSCHEI<br />

2008). Unproblematisch ist auch die<br />

Vergesellschaftung mit verschiedenen Entenvögeln<br />

(Gattungen Anas und Chloephaga). Innerhalb der<br />

Art ist die Zusammenstellung von Paaren oder<br />

kleinen Haremsverbänden besonders geeignet.<br />

Hähne werden mit Eintritt der Geschlechtsreife<br />

zunehmend dominanter und können sich unter<br />

Umständen stark bekämpfen. Besonders intensiv ist<br />

dieses Verhalten <strong>zur</strong> Brutzeit. Hierbei wird der<br />

untergeordnete Nandu mit Schnabelbissen und<br />

Tritten aus dem Gebiet verjagt. Auch demütige,<br />

sich ablegende Nandus sind bei geringem<br />

Raumangebot dieser Aggression ausgesetzt.<br />

Weitläufige Anlagen mit gut strukturiertem<br />

Gelände ermöglichen hingegen durchaus die Pflege<br />

mehrerer Männchen. Eine Gemeinschaftshaltung<br />

mit beiden Gattungen gestaltet sich durchaus


Ursus, Mitteilungsblatt des <strong>Zoo</strong>vereins und des <strong>Zoo</strong>s <strong>Schwerin</strong>, 17. Jahrgang, Heft 1 (Juli 2011): MATSCHEI, CH.: <strong>Beitrag</strong> <strong>zur</strong> Systematik,<br />

Biologie und Haltung von Gewöhnlichen Nandus (Rhea americana) und Darwin-Nandus (Pterocnemia pennata) : 49-55, 12 Abb., <strong>Schwerin</strong>.<br />

ungünstig, da beide Formen miteinander<br />

hybridisieren können (FOLCH 1992).<br />

Die Fütterung der Rheidae ist der Ernährung von<br />

Straußen in Menschenobhut recht ähnlich (KISTNER<br />

& REINER 2004). Vorsicht sollte in den Tiergärten<br />

dennoch bei der Ernährung mit energiereicher Kost<br />

geboten werden. Im Vergleich zum Gewöhnlichen<br />

Nandu neigen die Darwin-Nandus, aufgrund der<br />

oftmals geringen Bewegung, rasch zum Verfetten<br />

(SANFT & GRZIMEK 1968, ROBILLER 2003).<br />

Häufigkeit in europäischen Tiergärten<br />

Im Vergleich der Haltungen von Laufvögeln in<br />

Tiergärten Europas zeigen beide Gattungen ein<br />

recht unterschiedliches Auftreten. Ohne<br />

Berücksichtigung der Unterarten lässt sich folgende<br />

Einordnung beschreiben: Emu ca. 32% (etwa 304<br />

<strong>Zoo</strong>s), Nandus ca. 30% (etwa 287 <strong>Zoo</strong>s), ca. 27%<br />

Strauße (256 <strong>Zoo</strong>s), ca. 7% Kasuare (etwa 68<br />

<strong>Zoo</strong>s), Darwin-Nandus 2,4% (23 <strong>Zoo</strong>s) und Kiwis<br />

mit 0,7% in sieben Tiergärten (Angaben nach<br />

www.<strong>Zoo</strong>tierliste.de vom September 2010). Es<br />

wird deutlich, dass der Gewöhnliche Nandu zu den<br />

häufigsten Laufvögeln in Menschenobhut zählt und<br />

mittlerweile als „Standardzootier“ beschrieben<br />

werden kann. Darwin-Nandus hingegen sind<br />

unverändert selten und sind nach den Kiwis zu den<br />

„<strong>Zoo</strong>raritäten“ zu zählen. Darwin-Nandus sind<br />

selten in europäischen Tiergärten anzutreffen. In<br />

Deutschland gibt es derzeit 6 Halter mit etwa 20<br />

Vögeln: Weltvogelpark Walsrode, <strong>Zoo</strong> Wuppertal,<br />

<strong>Zoo</strong> Halle, <strong>Zoo</strong> Berlin, <strong>Zoo</strong> Frankfurt/Main und<br />

jüngst <strong>Zoo</strong> <strong>Schwerin</strong>. Im europäischen Ausland<br />

sind die Vögel häufiger anzutreffen. Im Jahre 2010<br />

wurde der Darwin-Nandu in insgesamt 17<br />

Einrichtungen gezeigt. Während die Gattung in den<br />

letzten Jahrzehnten zudem auch sehr selten<br />

gezüchtet wurde, sind heute einige Tiergärten für<br />

die regelmäßige Zucht bekannt. Hervorzuheben<br />

sind die Erfolge im tschechischen <strong>Zoo</strong> Zlin-Lesna,<br />

im französischen Tiergarten Mulhouse und jüngst<br />

im niederländischen Diergaarde Blijdorp von<br />

Rotterdam. Die in Europa gezeigten Tiere scheinen<br />

vermehrt der Nominatform anzugehören. Der<br />

Gewöhnliche Nandu hingegen gehört seit Jahren zu<br />

den häufiger gezeigten und mit gutem Erfolg<br />

gezüchteten Laufvögeln. Während er vor Jahren<br />

oftmals eher in größeren Tiergärten anzutreffen<br />

war, scheint sich nun der Schwerpunkt in Richtung<br />

kleinere Einrichtungen zu verlagern. Hier wird er in<br />

den meisten Fällen in Gemeinschaftshaltung mit<br />

zahlreichen südamerikanischen Wild- oder<br />

Haustieren gezeigt. Seine leichte Haltung macht ihn<br />

zu einem recht pflegeleichten und langlebigen<br />

<strong>Zoo</strong>bewohner. Im Jahre 2010 wurden mindestens<br />

106 deutsche Tiergärten mit Nandu-Haltung<br />

gemeldet. Häufig sind Weißlinge, wie<br />

beispielsweise im <strong>Zoo</strong> Dresden oder im Tiergarten<br />

Staßfurt, neben wildfarbigen Tieren in den<br />

Ausstellungen. Weitere 181 Einrichtungen sind aus<br />

den unterschiedlichsten Ländern Europas bekannt.<br />

Besonders häufig sind Nandus, nicht zuletzt wegen<br />

55<br />

der hohen <strong>Zoo</strong>dichte, in England, Frankreich und<br />

Spanien anzutreffen.<br />

Zusammenfassung<br />

Der Autor gibt einen Überblick <strong>zur</strong> systematischen<br />

Einordnung von Rhea americana und Pterocnemia<br />

pennata. Für beide Gattungen werden die derzeitig<br />

anerkannten Unterarten benannt. Neben einem<br />

Einblick in den Lebensraum, die Lebensweise und<br />

dem Brutverhalten der Vögel wird auf<br />

grundsätzliche Haltungsrelevanzen in Tiergärten<br />

eingegangen. Es werden Beispiele für die<br />

Vergesellschaftungen mit anderen <strong>Zoo</strong>tieren<br />

gegeben. Eine Auswertung <strong>zur</strong> Verbreitung beider<br />

Gattungen in Menschenobhut unterstreicht die<br />

Häufigkeit des Gewöhnlichen Nandus und den<br />

„Raritätenstatus“ des Darwin-Nandus in Europa.<br />

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Anschrift des Verfassers: Dr. Christian Matschei,<br />

Am Hexenberg 1, 19061 <strong>Schwerin</strong>

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