Aktuelle Probleme des Kapitalgesellschaftsrechts - Lehrstuhl Prof ...
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Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Juristische Fakultät<br />
Unter den Linden 6<br />
D 10099 Berlin<br />
Dr. Kaspar Krolop<br />
Wiss. Assistent am<br />
<strong>Lehrstuhl</strong> für Handels- und Wirtschaftrecht, Arbeitsrecht und<br />
Rechtsvergleichung<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. Christine Windbichler<br />
Zimmer 126, Kommode<br />
Telefon 030/2093-3528<br />
Telefax 030/2093-3733<br />
E-mail: Kaspar.Krolop@rewi.hu-berllin.de Juli 2005<br />
Skript<br />
<strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong><br />
anhand von Übungsfällen<br />
und jüngster Rechtsprechung<br />
(Stand: 26.07.2005)<br />
� GmbH- und Aktienrecht (einschließlich kapitalmarktrechtlicher und<br />
konzernrechtlicher Bezüge)<br />
� Vorbereitung Wahlfachklausuren nach Wahlfach 4 alter StudO<br />
� Vertiefung Unternehmens- und Kapitalmarktrecht<br />
Schwerpunktbereich 4
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
INHALT<br />
Fall 1 ______________________________________________________________Seite 3<br />
Geltendmachung von Ansprüchen der GmbH gegen Geschäftsführer durch<br />
Minderheitsgesellschafter (BGH Urt. v. 14.7.2004, ZIP 2004, 1200 ff)<br />
Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung bei der GmbH, Vorgesellschaft<br />
Fall 2_______________________________________________________________Seite 14<br />
Behandlung der Mantelgründung nach BGH Urt. v. 7.07.2003 (NZG 2003, 973 ff),<br />
Anteilsübertragung, Haftung <strong>des</strong> Rechtsvorgängers nach § 22 GmbH,<br />
Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG, Kaduzierung<br />
Fall 2a______________________________________________________________Seite 23<br />
Mantelgründung, Vertretungsverhältnisse bei Vorgesellschaft, Gesellschafter- und<br />
Handelndenhaftung bei der Vorgesellschaft<br />
Fall 3_______________________________________________________________Seite 37<br />
Vorgesellschaft bei der Aktiengesellschaft, BGH ZIP 2004, 1409-1411<br />
(zur Frage der Haftung <strong>des</strong> Aufsichtsrats für die Vorstandsvergütung im Rahmen der<br />
Handelndenhaftung)<br />
Fall 4a______________________________________________________________Seite 46<br />
Fall 4b______________________________________________________________Seite 56<br />
Verhältnis Kapitalaufbringung zur Kapitalerhaltung; Bareinzahlung mit anschließender<br />
Darlehensgewährung an Gesellschafter als verdeckte Sacheinlage Reichweite <strong>des</strong><br />
Aufrechnungs- und Verrechnungsverbots – Differenzierung zwischen Alt- und<br />
Neuforderungen (nach BGH ZIP 2003, 211 ff. und BGH GmbHR 2002, 1193 ff<br />
= NZG 2003, 211 ff sowie OLG Jena ZIP 2004, 2327 ff)<br />
Fall 5a______________________________________________________________Seite 65<br />
Verstoß gegen § 30 GmbHG bei Darlehensgewährung an Gesellschafter auch bei<br />
marktgerechter Verzinsung, Ablehnung der bilanziellen Betrachtungsweise<br />
(nach BGHZ 157, 72-79 = ZIP 2004, 263-265)<br />
Aktien- und Konzernrecht<br />
Fall 5b______________________________________________________________Seite 71<br />
Darlehensgewährung an Aktionäre als verbotene Einlagenrückgewähr - Übertragung<br />
von BGHZ 157, 72-79 = ZIP 2004, 263-265 auf das Aktienrecht? Verhältnis zu<br />
§§ 311 ff. AktG<br />
Fall 6_______________________________________________________________Seite 79<br />
Darlehen an Gesellschafter im Konzern; Behandlung von Cash-Pool-Vereinbarungen;<br />
Nachteilsausgleich, Haftung im faktischen Aktienkonzern, Verhältnis zur<br />
Durchgriffshaftung<br />
I
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 7_______________________________________________________________Seite 85<br />
Durchgriffshaftung, insbes. Haftung wg. existenzvernichtenden Eingriffs nach<br />
§ 128 HGB analog (BGH v. 24. 1. 2004 = GmbHR 2005, 229 ff.- Folgeentscheidung<br />
von „KBV BGHZ 151, 181-188 = ZIP 2002, 1578-1580“) und/oder §§ 823 II i.V.m.<br />
§ 266 StGB / § 826 BGB (BGH GmbHR 2004, 1530-1532 - Folgeentscheidung von<br />
„Bremer Vulkan“ BGHZ 149, 10 ff = ZIP 2001, 1874 ff)<br />
Fall 8______________________________________________________________Seite 98<br />
Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz nach den Grundsatzentscheidungen<br />
BGH Urt. v. 26.4.2004 (NZG 2004, 571 ff - „Gelatine I“-; BGH Urt. v. 26.4.2004,<br />
575 ff -„Gelatine II“) und Anforderungen an den Beschluss; Anfechtungsklage mit<br />
Berücksichtigung <strong>des</strong> UMAG; Unterlassungsklage wegen Eingriffs in die<br />
Mitgliedschaft<br />
Börsennotierte AG, Kapitalmarktrechtliche Aspekte<br />
Fall 9______________________________________________________________Seite 117<br />
- Anfechtung eines Aufsichtsratsbeschlusses, Erhebung von Leistungsklagen<br />
im Namen der durch einzelnes Aufsichtsratsmitglied<br />
- Bedingte Kapitalerhöhung, Zulässigkeit von<br />
stock options als Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern („Mobilcom“,<br />
BGHZ 158, 122 ff.);<br />
- Verhältnis <strong>des</strong> AktienG zum Corporate Governance Kodex;<br />
- Angemessenheit der Vorstandsvergütung („Mannesmann“, LG Düsseldorf<br />
NJW 2004, 3277 ff); WpÜG, insbes. Neutralitätspflicht<br />
- Haftung wegen falscher Ad-Hoc-Mitteilungen und Kursmanipulation<br />
„Informatec“; BGH Urteil v. 19.07. 2004, NJW 2004, 2668; „Comroad“,<br />
OLG München ZIP 2003, 901 ff; „EM-TV“ (BGH ZIP 2005, 1270 ff)<br />
- Verstoß gegen § 400 AktG durch falsche Quartalsberichte („EM-TV“, NJW 2005, 445)<br />
- Verhältnis WpÜG zum Konzernrecht<br />
Anhang A___________________________________________________________Seite 142<br />
Übersicht über Sondervorschriften für börsennotierte Gesellschaften<br />
Anhang B___________________________________________________________Seite 146<br />
Der durch europäische Richtlinien vorgegebener Min<strong>des</strong>tstandard für<br />
Zulassungsfolgepflichten<br />
Anhang C___________________________________________________________Seite 148<br />
Übersicht über die gesetzlichen Vorschriften, die der Deutsche Corporate<br />
Governance Kodex wiedergibt oder konkretisiert<br />
II
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 1<br />
(Nach BGH Urt. v. 14. Juli 2004, ZIP 2004, 1708-1711, abgewandelt und vereinfacht )<br />
G ist Geschäftsführer und Alleingesellschafter der X-Verwaltungs GmbH (X-GmbH). Die<br />
X-GmbH wiederum ist Geschäftsführerin der Köpenick Immobilien GmbH (K-GmbH). An<br />
der K-GmbH sind der A und der B jeweils mit einem Geschäftsanteil von 40 % und der G mit<br />
20 % beteiligt. Die K-GmbH nahm in Jahr 2000 ihre Geschäftstätigkeit auf, die im Erwerb,<br />
Vermittlung, Veräußerung und Verwaltung von Immobilien besteht.<br />
Im Jahr 2001 gründet der G die Zepenick-Immobilien GmbH (Z-GmbH), deren einziger<br />
Gesellschafter er ist. In der Folgezeit erwirbt der G im Namen und auf Rechnung der Z-<br />
GmbH eine Immobilie zum Preis von EUR 700.000,-- und kann diese kurze Zeit später zu<br />
einem Preis von EUR 1,7 Millionen weiterverkaufen. Daneben schließt er einen Vertrag über<br />
den Erwerb eines Grundstücks zu einem Preis von EUR 500.000,--. Das Grundstück wurde<br />
vom Eigentümer E der Z-GmbH noch nicht übereignet. A und B haben von diesen Vorgängen<br />
keine Kenntnis<br />
Das Geschäft der K-GmbH vernachlässigt der G hingegen. Diese gerät im April 2002 in<br />
wirtschaftliche Schwierigkeiten Daraufhin meldet der G im Namen der K-GmbH Insolvenz an<br />
und legt gleich im Anschluss das Geschäftsführungsmandat nieder. Zu diesem Zeitpunkt<br />
erhalten A und B Kenntnis von den Geschäften <strong>des</strong> G. Daraufhin halten A, B und G eine<br />
Gesellschafterversammlung ab. B ist der Auffassung, dass man gegen G, der nach Strich und<br />
Faden betrogen habe, doch vorgehen müsse. Mit den Stimmen <strong>des</strong> G und A wird jedoch<br />
beschlossen, dies nicht zu tun. Anfang Juni 2002 wird die Eröffnung <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens<br />
über das Vermögen der K-GmbH mangels Masse abgelehnt.<br />
B sieht nicht ein, dass der G davonkommen soll. A hingegen hält die Sache für aussichtslos. B<br />
will wissen ob und wie er „auf eigene“ Faust gegen den G vorgehen kann.<br />
1
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Übersicht<br />
Lösungsskizze zu Fall 1<br />
I. Ansprüche wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsverbot<br />
1. Verstoß gegen Wettbewerbsverbot<br />
a. Bestehen eines Wettbewerbsverbots<br />
aa. Als Gesellschafter<br />
bb. Letztlich kann dahinstehen, denn als Geschäftsführer unterliegt schon aufgrund der<br />
Organstellung einem Wettbewerbsverbot<br />
b. Problem: G nicht persönlich, sondern X-Verwaltungs-GmbH Geschäftsführer<br />
- BGH: Wenn Wettbewerbsverbot mit Gesellschaft vereinbart, dann bindet diese<br />
Vereinbarung nicht nur die Gesellschaft, sondern auch Gesellschafter, jedenfalls, wenn<br />
maßgeblich an der Gesellschaft beteiligt (BGH Urt. v. 09.11.1973 - I ZR 83/72, BB<br />
1974, 482, 483 zur KG; Urt v. 30.11.2004, ZIP 2005, 296 ff zu vertraglichen<br />
Wettbewerbsverbot mit Subunternehmer).<br />
� Bestehen eines Wettbewerbsverbots (+)<br />
c. Verstoß (+)<br />
Zwei Geschäfte auf eigene Rechnung durchgeführt, die im Geschäftsbereich der K-GmbH<br />
lagen<br />
2. Rechtsfolgen (dazu Lutter/Hommelhoff GmbH Anh 6 Rn 6 ff )<br />
a. Eintrittsrecht – differenzieren<br />
aa. „Internes Eintrittsrecht“ (+)<br />
- K-GmbH kann von G Herausgabe <strong>des</strong> Erlöses aus dem ersten Geschäft verlangen<br />
- Geschäft 1 Eintrittsrecht (+)<br />
bb. Kein „externes“ Eintrittsrecht<br />
� Zweites Geschäft „externes“ Eintrittsrecht (-), weiter mit Schadensersatz<br />
b. Schadensersatz wegen <strong>des</strong> zweiten Geschäfts<br />
c. Alternative „internes“ Eintrittsrecht<br />
3. Keine Verjährung<br />
a. Kenntnisabhängige Frist drei Monate (§ 113 III S. 1 HGB, vgl auch § 88 III S. 1 AktG)<br />
� Kenntnis der Gesellschaft erst nach Antrag auf Eröffnung <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens<br />
b. Von der Kenntnis unabhängige Frist: fünf Jahre<br />
II) Weitere Ansprüche (kursorisch)<br />
1.) § 43 II GmbHG – nur Schadensersatz, nicht direkt Herausgabe der Vergütung<br />
2.) Anstellungsvertrag § 280 BGB.<br />
3.) § 823 II i.V.m. § 266 StGB<br />
4.) § 826 BGB<br />
III. Geltendmachung<br />
Anspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer § 46 Nr. 8 GmbHG<br />
1. § 46 Nr. 8 Vorliegen eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung<br />
a) Beschluss, dass keine Geltendmachung<br />
2
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- G hat Stimmverbot (§ 47 IV GmbHG). Aber auch wenn seine Stimmen nicht<br />
mitzählen 50:50 damit Patt<br />
- Beschluss iSv § 46 Nr. 8 GmbHG liegt nur vor wenn mit Mehrheit von mind. einer<br />
Stimme<br />
� Geltendmachung behandeln, wie Geltendmachung ohne Gesellschafterbeschluss<br />
� Problem der actio pro socio<br />
2. Actio pro socio<br />
a. Rechtsnatur<br />
- Bei Personengesellschaft strittig, ob Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft<br />
oder ob Gesellschafter eigenen Anspruch auf ordnungsgemäße Geschäftsführung hat<br />
- Bei GmbH weitgehend unstreitig, dass Prozessstandschaft<br />
b. Wo im Fallaufbau ?<br />
BGH: Bei Klagen Gesellschafterbeschlüsse immer Frage der Begründetheit.<br />
� damit am Anfang unter dem Punkt Aktivlegitimation<br />
aa. B nicht Inhaber <strong>des</strong> Anspruchs<br />
bb Aber nach Grundsätzen der actio pro sozio könnte er befugt im Wege der<br />
Prozessstandschaft Anspruch der GmbH im eigenen Namen geltend zu machen.<br />
3.) Die Voraussetzungen der actio pro socio im Fall<br />
a) Actio pro socio bei der GmbH allgemein<br />
- Voraussetzungen allgemein, über die weitgehend Einigkeit besteht:<br />
(1) Kläger muss Gesellschafter sein<br />
(2) Klage muss Sozialansprüche der GmbH betreffen (Ansprüche der Gesellschaft<br />
gegen andere Gesellschafter/Geschäftsführer nicht Ansprüche gegen Dritte)<br />
(3) Subsidiarität. nur dann in Betracht, wenn mit Geltendmachung <strong>des</strong> Anspruchs<br />
durch die Gesellschaft nicht gerechnet werden kann<br />
(Arg: soweit wie möglich Kompetenzordnung respektieren)<br />
- Rechtsfolgen sind umstritten (vgl. Grunewald, GesR 2 F Rn 57; Raiser<br />
Kapitalgesellschaften § 27 Rn 24 ff)<br />
b) Entscheidung <strong>des</strong> BGH im konkreten Fall Aktivlegitimation (+)<br />
Im Einzelnen<br />
I. Ansprüche wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsverbot<br />
1. Verstoß gegen Wettbewerbsverbot<br />
a. Bestehen eines Wettbewerbsverbot<br />
aa. Als Gesellschafter<br />
- Wo Wettbewerbsverbote geregelt ? §§ 112 HGB, § 60 I HGB; § 86 I S. 2 § 88<br />
AktG<br />
- Regelung für GmbH-Gesellschafter fehlt<br />
- Inwieweit Wettbewerbsverbot GmbH Gesellschafter strittig. Beteiligung von 20<br />
% reicht gds allein nicht. Aber Merksatz von K. Schmidt: „Maß an Rücksicht<br />
muss Maß an Einfluss entsprechen“)<br />
3
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
� Bezugspunkt angemessene Rücksichtnahme auf Mitgesellschafter<br />
� Dogmatische Grundlage: Gesellschaftsrechtliche Treupflicht<br />
BGHZ 89, 162, 171 (Wettbewerbsverbot <strong>des</strong> Kommanditisten)<br />
Dieses Wettbewerbsverbot, das dem Wortlaut nach nur den persönlich haftenden Gesellschafter einer<br />
Kommanditgesellschaft trifft (§§ 161, 165, 112 HGB), diesen aber auch dann, wenn er von der Geschäftsführung<br />
ausgeschlossen ist, hat seine Grundlage in der Treuepflicht <strong>des</strong> Gesellschafters, die das vom gegenseitigen<br />
Vertrauen getragene Gesellschaftsverhältnis einer handelsrechtlichen Personengesellschaft in besonderem Maße<br />
beherrscht. Bei bestimmten Fallgestaltungen, insbesondere dann, wenn ein maßgeblicher Einfluß auf die<br />
Geschäftsführung besteht, kann es <strong>des</strong>halb auch auf den Kommanditisten, den atypischen stillen Gesellschafter<br />
und den Gesellschafter einer GmbH zu beziehen sein (vgl. Robert Fischer, LM GWB § 1 Nr. 6; ders. in<br />
Großkomm. HGB, 3. Aufl. §§ 112 Anm. 2; Beuthien, ZHR 142 (1978) S. 259, 288). Da sich das<br />
Wettbewerbsverbot auf das Innenverhältnis der Gesellschafter bezieht, kann es hierbei nicht entscheidend darauf<br />
ankommen, welche Stellung der verpflichtete Gesellschafter nach außen einnimmt. Maßgeblich ist vielmehr<br />
seine innere Stellung. Bestimmt er im Innenverhältnis ausschlaggebend die Geschicke der Gesellschaft, so trifft<br />
ihn auch eine erhöhte Treuepflicht und demgemäß ein Wettbewerbsverbot. Es gilt insbesondere auch für den die<br />
Gesellschaft beherrschenden Mehrheitsgesellschafter oder eine die Gesellschaft beherrschende Gruppe. Für die<br />
Gesellschaft entsteht eine besondere Gefährdungslage, wenn ein herrschender Gesellschafter außerhalb der<br />
Gesellschaft unternehmerisch tätig wird (vgl. hierzu Urt. d. Sen. v. 5.2.1979 - II ZR 210/76 - NJW 1980, 231 zu<br />
B II 2a: Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 347 f; U. Schneider, ZGR 1980, 511, 528). Sie folgt insbesondere<br />
daraus, daß einerseits von der durch die Abhängigkeit begründeten Herrschaftsmöglichkeit jederzeit zum<br />
Nachteil der Gesellschaft Gebrauch gemacht werden kann und andererseits in vielen Fällen der objektive<br />
Maßstab für die jeweils sachgerechte Maßnahme und damit die Frage einer Benachteiligung und deren<br />
Ausgleich fehlt (BGHZ 80, 69, 74 f). Hinzu kommt die durch die beherrschende Stellung gegebene Möglichkeit,<br />
gesellschaftsinterne Informationen zu erlangen und zu Lasten der Gesellschaft auszubeuten (Beuthien aaO.). Die<br />
daraus erwachsenden Gefahren für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit und damit den Bestand <strong>des</strong><br />
Unternehmens machen es notwendig, das Wettbewerbsverbot <strong>des</strong> § 112 HGB dem Sinne nach auch auf einen die<br />
Gesellschaft beherrschenden, nicht persönlich haftenden Gesellschafter zu beziehen.<br />
bb. Letztlich kann dahinstehen, denn als Geschäftsführer unterliegt schon aufgrund der<br />
Organstellung einem Wettbewerbsverbot<br />
- Geschäftschancenlehre – Pflicht <strong>des</strong> Gf, Chancen für das Unternehmen, nicht für<br />
sich, sondern für die Gesellschaft zu nutzen<br />
- Daher trotz fehlender spezieller Regelung Wettbewerbsverbot<br />
- Dogmatische Grundlage: § 112 HGB entsprechend (wohl h.M.)<br />
b. G nicht persönlich, sondern X-Verwaltungs-GmbH Geschäftsführer<br />
- BGH: Wenn Wettbewerbsverbot mit Gesellschaft vereinbart, dann bindet diese<br />
Vereinbarung nicht nur die Gesellschaft, sondern auch Gesellschafter, jedenfalls, wenn<br />
maßgeblich an der Gesellschaft beteiligt (BGH Urt. v. 09.11.1973 - I ZR 83/72, BB<br />
1974, 482, 483 zur KG; Urt v. 30.11.2004, ZIP 2005, 296 ff zu vertraglichen<br />
Wettbewerbsverbot mit Subunternehmer).<br />
- Vereinbarung bzw. Gesellschaftsvertrag nach Treu und Glauben auszulegen (§ 242<br />
BGB).<br />
Zur Erinnerung: Bei Körperschaften wird Gesellschaftsvertrag objektiv ausgelegt.<br />
Anders als bei Verträgen ist nicht allein der Wille der Parteien maßgeblich, sondern der<br />
objektive Zweck der Vereinbarung<br />
Urt v. 30.11.2004, ZIP 2005, 296 ff<br />
2. Zu Unrecht geht das Berufungsgericht aber davon aus, daß der Kläger selbst nicht an das vertragliche<br />
Wettbewerbsverbot aus dem Subunternehmerverhältnis gebunden gewesen sei, weil er nicht Vertragspartner der<br />
Beklagten war. Der Bun<strong>des</strong>gerichtshof hat für eine Kommanditgesellschaft bereits entschieden, daß der von der<br />
Gesellschaft abgeschlossene Vertrag über ein Wettbewerbsverbot auch von den Gesellschaftern zu erfüllen ist<br />
(Urt. v. 09.11.1973 - I ZR 83/72, BB 1974, 482, 483). Dies gilt ebenso in einer Konstellation der vorliegenden<br />
Art, bei der allein der Kläger als Alleingesellschafter und Geschäftsführer das gewerbliche Handeln seiner dem<br />
4
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Wettbewerbsverbot unterliegenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestimmte. Es entspricht einem<br />
dringenden und legitimen, aus Treu und Glauben fließenden Bedürfnis <strong>des</strong> Hauptauftragnehmers, in einem<br />
solchen Fall gerade auch den Alleingesellschafter und Geschäftsführer persönlich an das auf <strong>des</strong>sen<br />
Veranlassung von seiner Gesellschaft eingegangene Wettbewerbsverbot zu binden. Diese persönliche Bindung<br />
ergibt sich aufgrund der nach § 157 BGB an Treu und Glauben auszurichtenden Auslegung <strong>des</strong><br />
Wettbewerbsverbots, unabhängig von <strong>des</strong>sen engerem Wortlaut.<br />
Es ist daher ein mit § 242 BGB unvereinbares, widersprüchliches Verhalten <strong>des</strong> Klägers, die Erfüllung <strong>des</strong> von<br />
ihm für seine Gesellschaft abgeschlossenen Subunternehmervertrags in einem wesentlichen Punkt zu verhindern.<br />
In einem Subunternehmervertrag über Reinigungsdienstleistungen ist das Wettbewerbsverbot <strong>des</strong><br />
Subunternehmers, keinen unmittelbaren Vertrag mit dem Kunden abzuschließen, bei dem er nur aufgrund der<br />
Vermittlung <strong>des</strong> Hauptauftragnehmers tätig wird, eine solche wesentliche Vertragsbestimmung. Damit war das<br />
von der S. GmbH Gebäudereinigung eingegangene Wettbewerbsverbot auch durch den Kläger persönlich zu<br />
beachten.<br />
� Bestehen eines Wettbewerbsverbots (+)<br />
c. Verstoß (+)<br />
Zwei Geschäfte auf eigene Rechnung durchgeführt, die im Geschäftsbereich der K-GmbH<br />
lagen<br />
2. Rechtsfolgen (dazu Lutter/Hommelhoff GmbH Anh 6 Rn 6 ff )<br />
- h.M. analog §§ 113 I HGB, (vgl. auch 88 II AktG)<br />
- Die Rechtsfolgen <strong>des</strong> § 113 HGB<br />
• Unterlassung<br />
• Schadensersatz<br />
• Eintrittsrecht<br />
- Eintrittsrecht ist hier attraktiver als Schadensersatz. Die Geschäfte sind vorteilhaft.<br />
Schadensersatz muss erst beziffert werden. Daher zunächst Eintrittsrecht prüfen<br />
a. Eintrittsrecht – differenzieren<br />
aa. „Internes Eintrittsrecht“ (+)<br />
- K-GmbH kann von G Herausgabe <strong>des</strong> Erlöses aus dem ersten Geschäft verlangen<br />
- Geschäft 1 Eintrittsrecht (+)<br />
bb. Kein „externes“ Eintrittsrecht<br />
K-GmbH kann aber nicht in das noch nicht durchgeführte zweite Geschäft eintreten<br />
und von E nicht die Übertragung <strong>des</strong> Grundstücks verlangen<br />
Begr: Im Innenverhältnis nur zu Lasten <strong>des</strong> Gf. Aber wenn im Außenverhältnis zu<br />
Lasten unbeteiligter Dritter – Privatautonomie !<br />
BGHZ 89, 162 ff.<br />
Liegen die Voraussetzungen <strong>des</strong> sinngemäß anwendbaren § 112 HGB vor, steht der Gesellschaft ein<br />
Eintrittsrecht entsprechend § 113 Abs. 1 HGB zu. Sie kann verlangen, daß die Beklagte die für eigene Rechnung<br />
gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten läßt.<br />
Einem Eintrittsrecht stünde im vorliegenden Falle nicht entgegen, daß die Beklagte das Wettbewerbsverbot<br />
durch Gründung und Beteiligung an anderen Handelsgesellschaften verletzt hat (vgl. BGHZ 38, 306, 307 f).<br />
Dagegen könnte die Ausübung <strong>des</strong> Eintrittsrechts in keinem Falle dazu führen, daß die H KG das Recht zum<br />
Eintritt in die Gesellschaften der Beklagten oder gar das Recht zum Eintritt in die von diesen Gesellschaften<br />
geschlossenen Verträge erhält. Das Eintrittsrecht hat keine Außenwirkung. Die Gesellschaft kann dadurch nicht<br />
in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu Dritten treten, mit denen in unzulässiger Weise Geschäfte abgeschlossen<br />
worden sind. Die Gesellschaft kann in einem solchen Falle vielmehr nur verlangen, daß der gegen das<br />
Wettbewerbsverbot verstoßende Gesellschafter die Gewinne an sie abführt, die er durch die Beteiligung an der<br />
anderen Gesellschaft erlangt. Da aber nur das wirtschaftliche Ergebnis der unzulässigen Beteiligung beansprucht<br />
5
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
werden kann, muß sie auch die Nachteile, insbesondere die Aufwendungen berücksichtigen, die der<br />
Gesellschafter bei dem unzulässigen Geschäft gehabt hat (vgl. BGHZ 38, 306, 310 f).<br />
� Zweites Geschäft „externes“ Eintrittsrecht (-), weiter mit Schadensersatz<br />
b. Schadensersatz wegen <strong>des</strong> zweiten Geschäfts<br />
Höhe <strong>des</strong> Schadens Tatfrage. Nach Rspr. Vermutung, dass K-GmbH im ordnungsgemäßen<br />
Geschäftsgang einen vergleichbar vorteilhaften Abschluss erzielt hätte<br />
� Schadensersatz wegen entgegangenen Gewinns in Höhe der Differenz Kaufpreis /<br />
objektiver Marktwert. G hat aber Entlastungsmöglichkeit: Kann versuchen zu<br />
beweisen, dass der Kaufpreis auf außerordentlichen, überobligatorischen<br />
Anstrengungen beruht<br />
c. Alternative „internes“ Eintrittsrecht<br />
� In das Geschäft dergestalt eintreten, dass Übereignung <strong>des</strong> Grundstücks von G verlangt<br />
wird (Der Vertrag G – E ist ja gültig, damit G Anspruch gegen E auf Übereignung.<br />
Wenn dann Grundstück an die K-GmbH weiterüberträgt werden die Belange <strong>des</strong> E nicht<br />
weiter tangiert)<br />
3. Keine Verjährung<br />
Doppelte Prüfung<br />
a. Kenntnisabhängige Frist drei Monate (§ 113 III S. 1 HGB, vgl auch § 88 III S. 1 AktG)<br />
� Kenntnis der Gesellschaft erst nach Antrag auf Eröffnung <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens<br />
b. Von der Kenntnis unabhängige Frist: fünf Jahre<br />
Dies ist die Frist für eine ganze Reihe von Ansprüchen im Kapitalgesellschaftsrecht,<br />
also Vorsicht bei Sachverhalten, die mehr als vier Jahre zurückliegen (u.a. § 9 II, 9b II<br />
S. 1, 31 V S. 1, 43 IV GnbHG §§ 88 III S. 2, 93 VI, 117 VI AktG)<br />
� Diese Frist nicht abgelaufen<br />
Exkurs : Gibt es eine Möglichkeit, auf Gesellschafter/Geschäftsführer nach Ablauf der fünf Jahre<br />
zuzugreifen ? Ja über Delikt, insbesondere § 823 II i.V.m. 266 StGB, 826 BGB – Kenntnisunabhängige<br />
Verjährung endet erst 10 Jahre nach Entstehung <strong>des</strong> Anspruchs. Jedenfalls bei vorsätzlichen Handeln<br />
schlägt die 5-Jahresfrist der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften nicht auf die deliktische Verjährung<br />
durch.<br />
II) Weitere Ansprüche (kursorisch)<br />
1.) § 43 II GmbHG – nur Schadensersatz, nicht direkt Herausgabe der Vergütung<br />
2.) Anstellungsvertrag § 280 BGB.<br />
3.) § 823 II i.V.m. § 266 StGB<br />
4.) § 826 BGB<br />
III. Geltendmachung<br />
Anspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer § 46 Nr. 8 GmbHG<br />
2. § 46 Nr. 8 Vorliegen eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung<br />
a) Beschluss, dass keine Geltendmachung<br />
- G hat Stimmverbot (§ 47 IV GmbHG). Aber auch wenn seine Stimmen nicht<br />
mitzählen 50:50 damit Patt<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- Beschluss iSv § 46 Nr. 8 GmbHG liegt nur vor wenn mit Mehrheit von mind. einer<br />
Stimme<br />
� Geltendmachung behandeln, wie Geltendmachung ohne Gesellschafterbeschluss<br />
� Problem der actio pro socio<br />
2. Actio pro socio<br />
a) Rechtsnatur<br />
- Bei Personengesellschaft strittig, ob Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft<br />
oder ob Gesellschafter eigenen Anspruch auf ordnungsgemäße Geschäftsführung hat<br />
- Bei GmbH weitgehend unstreitig, dass Prozessstandschaft<br />
b) Im Fallaufbau<br />
BGH: Bei Klagen Gesellschafterbeschlüsse immer Frage der Begründetheit.<br />
BGH Urt. v. 14. Juli 2004, ZIP 2004, 1708-1711<br />
Ein Gesellschafterbeschluß ist materielles Erfordernis für die Geltendmachung der Forderung, so daß eine ohne<br />
Beschluß der Gesellschafter erhobene Klage wegen Fehlens einer materiellen Anspruchsvoraussetzung als<br />
unbegründet abzuweisen ist (BGHZ 28, S. 359; 97, 382, 390; BGH, Urteil vom 3. Mai 1999 - II ZR 119/98,<br />
NJW 1999, 2115; BGH, Urteil vom 26. Januar 1998 - II ZR 279/96, NJW 1998, 1646; Koppensteiner in:<br />
Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 46 Rdnr. 40; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 46 Rdnr. 142;<br />
Goette, Die GmbH, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 16; anders bei Ansprüchen der GmbH & Co. KG gegen den<br />
Geschäftsführer der Komplementär-GmbH: BGHZ 76, 326, 338; BGH, Urteil vom 10. Februar 1992 - II ZR<br />
23/91, WM 1992, 691, 692).<br />
� damit am Anfang unter dem Punkt Aktivlegitimation<br />
aa. B nicht Inhaber <strong>des</strong> Anspruchs<br />
bb Aber nach Grundsätzen der actio pro sozio könnte er befugt im Wege der<br />
Prozessstandschaft Anspruch der GmbH im eigenen Namen geltend zu machen.<br />
3.) Die Voraussetzungen der actio pro socio im Fall<br />
a) Actio pro socio bei der GmbH allgemein<br />
- Voraussetzungen allgemein, über die weitgehend Einigkeit besteht:<br />
(1) Kläger muss Gesellschafter sein<br />
(2) Klage muss Sozialansprüche der GmbH betreffen (Ansprüche der Gesellschaft<br />
gegen andere Gesellschafter/Geschäftsführer nicht Ansprüche gegen Dritte)<br />
(3) Subsidiarität. nur dann in Betracht, wenn mit Geltendmachung <strong>des</strong> Anspruchs<br />
durch die Gesellschaft nicht gerechnet werden kann<br />
(Arg: Einhaltung der Kompetenzordnung)<br />
- Rechtsfolgen sind umstritten (vgl. Grunewald, GesR 2 F Rn 57; Raiser<br />
Kapitalgesellschaften § 27 Rn. 24 ff)<br />
e.A. Gesellschafter kann direkt auf Schadensersatz klagen<br />
Arg.: Beschluss wäre Förmelei, Effizienz,<br />
h.L: Gesellschafter muss auf Zustimmung in der Gesellschafterversammlung<br />
klagen Arg: Beachtung der Kompetenzordnung<br />
Exkurs: Hier würde bei Klage auf Zustimmung Folgeproblem entstehen: Wer macht geltend, wenn kein<br />
Geschäftsführer ? Lösung: Gesellschafterversammlung kann auch einen besonderen Vertreter für die<br />
Geltendmachung <strong>des</strong> Anspruchs bestellen.<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
BGH: Bisher nur über Feststellungsklage entschieden. Hier Feststellungsinteresse<br />
hinsichtlich der Feststellung eines Schadens bejaht (BGH NJW 1990 NJW<br />
1990, 2627-2628, besprochen bei Grunewald 2 F Rn 57)<br />
Exkurs / Beratungsperspektive: Man geht auf Nummer sicher, wenn man Feststellungsklage erhebt. Nachteil:<br />
Man erhält keinen vollstreckungskräftigen Zahlungstitel. Diesen muss man ggf. erst auf der Grundlage <strong>des</strong><br />
Feststellungsurteil erstreiten. Damit erhebliche Verzögerung<br />
b) Entscheidung <strong>des</strong> BGH im konkreten Fall<br />
- Schutzzweck von § 46 Nr. 8 GmbHG nicht gegen Willen der Mehrheit Interna an die<br />
Öffentlichkeit (Geschäftsgeheimnisse u.ä.)<br />
- Aber Gesellschaft eh nicht mehr tätig, Geschäftstätigkeit und Geheimhaltungsinteresse<br />
der Gesellschaft muss nicht mehr geschützt werden<br />
BGH 14. Juli 2004 ZIP 2004 ZIP 2004, 1708-1711<br />
Zweck von § 46 Nr. 8 Grundsätzlich bedarf es allerdings gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG stets eines Beschlusses der<br />
Gesellschafterversammlung, wenn die Gesellschaft Ansprüche - auch deliktische Ansprüche - gegen ihren<br />
Geschäftsführer geltend machen will (anders bei Ansprüchen der GmbH & Co. KG gegen den Geschäftsführer<br />
der Komplementär-GmbH: vgl. BGHZ 76, 326, 338; BGH, Urteil vom 10. Februar 1992 - II ZR 23/91, WM<br />
1992, 691, 693 = GmbHR 1992, 303). § 46 Nr. 8 GmbHG macht die Verfolgung derartiger Ansprüche -<br />
abgesehen von etwaigen Opportunitätsgründen, die hier keine Rolle spielen - <strong>des</strong>halb von einem Beschluß der<br />
Gesellschafter abhängig, weil dem obersten Gesellschaftsorgan vorbehalten und nicht dem Entschluß der<br />
Geschäftsführer überlassen werden soll, ob ein Geschäftsführer wegen Pflichtverletzung belangt und die damit<br />
verbundene Offenlegung innerer Gesellschaftsverhältnisse trotz der für Ansehen und Kredit der Gesellschaft<br />
möglicherweise abträglichen Wirkung in Kauf genommen werden soll (BGHZ 28, 355, 357). Da diese<br />
Gesichtspunkte auch zutreffen, wenn sich der Geschäftsführer nicht mehr im Amt befindet, ist § 46 Nr. 8<br />
GmbHG auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen einen ausgeschiedenen Geschäftsführer<br />
gleichfalls anwendbar (BGHZ aaO; Bartl/Fichtelmann/Schlarb/Schulze, GmbH-Recht, 5. Aufl., § 46 Rdnr. 61)<br />
Durch § 46 Nr. 8 GmbHG soll, wie dargelegt, unter anderem verhindert werden, daß die mit der<br />
Inanspruchnahme <strong>des</strong> Geschäftsführers wegen Pflichtverletzung verbundene Offenlegung innerer<br />
Gesellschaftsverhältnisse trotz der für Ansehen und Kredit der Gesellschaft möglicherweise abträglichen<br />
Wirkung ohne Einschaltung <strong>des</strong> obersten Gesellschaftsorgans geschieht (BGHZ 28, 355, 357). Zum Schutz der<br />
Gesellschaft im Geschäftsverkehr kann über ein Vorgehen gegen den Geschäftsführer nur die<br />
Gesellschafterversammlung entscheiden. Anders verhält es sich jedoch im Insolvenzverfahren der Gesellschaft.<br />
Im Insolvenzverfahren verdienen die Interessen der Gesellschaftsgläubiger an einer Vermehrung der Masse den<br />
Vorrang, während ein Schutzbedürfnis der in der Regel nur abzuwickelnden Gesellschaft nicht mehr gegeben ist.<br />
Für eine Entschließung der Gesellschafter besteht daher keine Notwendigkeit mehr (Koppensteiner aaO;<br />
Scholz/K. Schmidt aaO; Michalski/Römermann aaO, Rdnr. 408; Roth/Altmeppen aaO; Goette aaO § 7 Rdnr.<br />
19).<br />
Keine Gefährdung der von § 46 Nr. 8 geschützten Belange Davon, daß im Insolvenzverfahren die Interessen der<br />
Gläubiger der Gesellschaft an einer Vermehrung der Masse vorrangig zu berücksichtigen sind, geht auch das<br />
Berufungsgericht aus. Entgegen seiner Auffassung ist aber der vorliegende Sachverhalt dem Fall gleich zu<br />
behandeln, daß die Gesellschaft in Insolvenz geraten ist. Ein Beschluß der Gesellschafterversammlung zur<br />
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Beklagten zu 4 als ehemaligem Geschäftsführer<br />
der W. war daher nicht erforderlich. Daß sich die W. nicht im Konkursverfahren befand, beruhte darauf, daß ihr<br />
seinerzeitiger Geschäftsführer den von ihm wegen Zahlungsunfähigkeit der GmbH gestellten Antrag auf<br />
Eröffnung <strong>des</strong> Konkursverfahrens über ihr Vermögen nicht weiterverfolgt, sondern sein Amt als Geschäftsführer<br />
niedergelegt und mitgeteilt hatte, es sei der Gesellschaft unmöglich, den Auslagenvorschuß zu zahlen. Da die<br />
Gesellschaft - auch zur Liquidation - handlungsunfähig war, hat das Amtsgericht auf Antrag der Klägerin im<br />
Jahre 2000 analog § 29 BGB einen Notgeschäftsführer bestellt und die hierfür erforderliche Dringlichkeit bejaht.<br />
Das Berufungsgericht stellt selbst fest, daß die W. keine Geschäftstätigkeit mehr ausübt, und ist <strong>des</strong>halb der<br />
Ansicht, ihr dürfte es geschäftlich keinen Nachteil bringen, wenn interne Angelegenheiten ihrer<br />
Geschäftstätigkeit zur Sprache kämen. Die Gesellschaft hatte ihre Geschäftstätigkeit endgültig eingestellt, so daß<br />
keine Interessen mehr bestanden, die durch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die<br />
ehemaligen Geschäftsführer hätten beeinträchtigt werden können. Nunmehr geht es nur noch um die Frage, wie<br />
die Gläubiger der GmbH bei dieser sogenannten masselosen Liquidation für ihre Forderungen Befriedigung<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
erlangen können. Ebenso wie im Falle der Insolvenz ist bei einer Liquidation, die letztlich nur <strong>des</strong>halb<br />
konkursfrei erfolgt, den Interessen der Gläubiger der Gesellschaft Vorrang einzuräumen und besteht keine<br />
Notwendigkeit für eine Entschließung der Gesellschaft (Goette aaO § 7 Rdnr. 19; Schulz, Die masselose<br />
Liquidation der GmbH, 1986 S. 137; Scholz/K. Schmidt aaO).<br />
Abwandlung:<br />
Der Fall, der dem BGH zugrunde lag, ging ein wenig anders. Nachdem der G zurückgetreten<br />
war, hat das Gericht einen Notgeschäftsführer bestellt. Der B hat seine Anteile zu einem<br />
symbolischen Preis verkauft. Dann hat der Notgeschäftsführer hat die Ansprüche der<br />
Gesellschaft an den B abgetreten. Der B geht nun aus abgetretenen Recht vor.<br />
Wie prüft man das ?<br />
I. Aktivlegitimation<br />
1. Ursprünglich nicht Inhaber <strong>des</strong> Anspruchs<br />
2. Aber könnte durch Abtretung <strong>des</strong> Anspruchs, § 398 I S. 1 BGB<br />
a. Einigung<br />
P: Zedent ordnungsgemäß vertreten ?<br />
� inzident: wirksame Bestellung zum Notgeschäftsführer<br />
Notgeschäftsführung (Lutter/Hommelhoff GmbHG vor § 35 Rn. 13 ff.)<br />
- Voraussetzungen der Notgeschäftsführung<br />
Problem: Gf. Ist notwendiges Organ (§ 6 S. 3 GmbHG)<br />
Erfüllung von Min<strong>des</strong>tpflichten (§§ 21, 43 III 64).<br />
- entsprechende Regelungen: § 85 AktG, § 29 BGB<br />
- gerichtliche Bestellung greift tief in die Gesellschafterkompetenzen ein<br />
1) Gf. Fehlt (Abberufung, Niederlegung<br />
> hier prüfen war überhaupt wirksam<br />
2) Ersatz erforderlich<br />
- es gibt gar keinen<br />
3) erforderlich und dringlich<br />
- Erforderlichkeit � keine Alternative, die Geschäftsführung zu gewährleisten<br />
- Dringlichkeit � Abwägung mit dem Interesse der Gesellschafter an der Wahrung der Kompetenzordnung<br />
der Gesellschaft<br />
4) Antrag bei Amtsgericht, § 15 FGG<br />
5) Beschluss <strong>des</strong> Gerichts, Bekanntmachung<br />
b. keine Abtretungshindernisse<br />
3. Problem: Kann Zessionar ohne Gesellschafterbeschluss den Anspruch geltend machen<br />
oder muss er sich das Erfordernis <strong>des</strong> § 46 Nr. 8 GmbHG entgegen halten lassen ?<br />
a. Streitstand allgemein 1<br />
e.A. Auch hier ist Beschluss erforderlich (Michalski/Römermann, GmbHG, § 46 Rdnr.<br />
410, ähnl. auch BGH WM 1958, 1544, 1545)<br />
- Wortlaut<br />
- Es gibt keine gutgläubig lastenfreien Erwerb einer Forderung<br />
- Zessionar kann Rückgriff beim Zedenten nehmen<br />
1 Dieser Streit ist relativ speziell. Hier müssen Sie nicht die Argumente lernen. Dient dem Üben der Entwicklung<br />
einer eigenen Argumentation anhand der Interessenlage und der Systematik <strong>des</strong> GmbH-Rechts.<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- Gefahr, dass Missbrauch und Umgehung<br />
a.A. Zessionar kann auch ohne Beschluss vorgehen (Roth/Altmeppen GmbHG,§ 46 Rn.<br />
61)<br />
- Abtretung erfolgt im Namen der Gesellschaft, damit konkludent Erklärung, dass<br />
mit Geltendmachung einverstanden (sonst wäre ja Abtretung wirtschaftlich<br />
sinnlos)<br />
- Rückgriff beim Zedenten wirtschaftlich wertlos. Zedent ist die Gesellschaft, diese<br />
häufig ohne nennenswertes Vermögen<br />
- Missbrauch / Umgehung kann durch Einwand <strong>des</strong> Rechtsmissbrauchs nach § 242<br />
BGB begegnet werden<br />
b. Entscheidung <strong>des</strong> BGH im konkreten Fall<br />
- Ob Beschluss auch bei Abtretung grundsätzlich immer erforderlich ist, kann<br />
dahinstehen<br />
- Beschluss jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn Gesellschaft ihre<br />
Geschäftstätigkeit eingestellt hat ( Argumentation wie oben)<br />
BGH 14. Juli 2004 ZIP 2004 ZIP 2004, 1708-1711<br />
Die Frage, ob der Auffassung <strong>des</strong> Berufungsgerichts entsprechend für die Geltendmachung eines<br />
Schadensersatzanspruches der GmbH gegen ihren früheren Geschäftsführer ein Gesellschafterbeschluß<br />
erforderlich ist, wenn diese Forderung inzwischen abgetreten ist (ebenso Michalski/Römermann, GmbHG, § 46<br />
Rdnr. 410; Koppensteiner aaO, § 46 Rdnr. 41; grundsätzlich auch Scholz/K. Schmidt, aaO, Rdnr. 145), oder ob<br />
ein fehlender Gesellschafterbeschluß den Zessionar nicht an der Geltendmachung <strong>des</strong> Anspruchs hindert<br />
(Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 46 Rdnr. 61; Bartl/Fichtelmann/Schlarb/Schulze aaO, Rdnr. 66; für den<br />
Fall der Geltendmachung durch einen Pfändungspfandgläubiger ebenso: Michalski/Römermann aaO, Rdnr. 409,<br />
Koppensteiner aaO; Scholz/K. Schmidt aaO, Rdnr. 152, letzterer auch für den Fall der Abtretung, sofern die<br />
Forderung zur Sicherheit oder erfüllungshalber an einen Gläubiger der Gesellschaft abgetreten worden ist und<br />
dieser aus liquidem Gesellschaftsvermögen keine Befriedigung erlangt), bedarf keiner Entscheidung. Im<br />
vorliegenden Fall war eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung jedenfalls entbehrlich.<br />
II. Bestehen <strong>des</strong> Anspruchs (+) s.o.<br />
Vertiefung: Die „Lessman“-Konstellation<br />
(BGH 29.5.1980, NJW 1980, 2253)<br />
Gesellschaft (Hauptschuldner) hat einen Anspruch gegen einen Gesellschafter<br />
(Drittschuldner), z.B. Schadensersatz oder Erbringung der Stammeinlage. Ein Gläubiger (G)<br />
hat gegen die Anspruch einen schuldvertraglichen Anspruch, z.B. ausstehende Miete.<br />
Die GmbH ist vermögenslos. Eröffnung <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens wird mangels Masse<br />
abgelehnt. Der Gläubiger sagt sich, aber es gibt ja noch den Anspruch der Gesellschaft gegen<br />
A. Den pfände ich jetzt mal (§ 829 I ZPO) und lasse mir ihn zur Einziehung überweisen (835<br />
I ZPO)<br />
I. Früher war streitig, ob überhaupt pfändbar, dies ist mittlerweile anerkannt<br />
� ganz normal wie jede Forderung nach §§ 829, 835 ZPO<br />
II. Problem: Muss sich der Gläubiger § 46 Nr. 8 entgegen halten lassen ?<br />
Nein, da Geschäftstätigkeit eingestellt (Argumentation wie oben)<br />
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III. Beachte: Pfändung nur zulässig, wenn Eröffnung <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens mangels<br />
Masse abgelehnt.<br />
1. Normalfall:<br />
Grundsätzlich soll die Forderung zur Insolvenzmasse kommen und unter<br />
Gläubiger entsprechend ihrer Quote verteilt werden. Sonst Wettlauf der<br />
Gläubiger. Daher hat das Insolvenzverfahren Vorrang (vor Beantragung <strong>des</strong><br />
Insolvenzverfahren gibt es keine Ausnahme von § 46 Nr. 8, vgl. II)<br />
2. Vorliegender Fall:<br />
Wenn mangels Masse abgelehnt, findet keine Insolvenzverwaltung und keine<br />
Verteilung statt. Wenn einzelner Gläubiger Pfändung durchführt und dann nur<br />
seine anteilige Quote erhält, lohnt sich der Aufwand nicht.<br />
Daher besser Wettlauf der Gläubiger als wenn der Drittschuldner „davon kommt“<br />
IV. Besonderheit bei Ausfallhaftung nach 24 S. 1 oder 31 III S. 1 GmbHG<br />
Fragestellung:<br />
- Gesellschafter haften entsprechend dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile für nicht<br />
erbrachte Einlagen bzw. unzulässiger Zahlungen<br />
- Wenn Gläubiger Anspruch der Gesellschaft pfändet, kann er von einem<br />
Gesellschafter den gesamten Fehlbetrag verlangen (im Ergebnis haften ihm die<br />
verbliebenen Gesellschafter als Gesamtschuldner) oder kann der jeden der<br />
Gesellschafter nur entsprechend seines Anteils in Anspruch nehmen ?<br />
Antwort <strong>des</strong> BGH:<br />
Ersteres ist der Fall. Der Gläubiger kann den gesamten Betrag von einem der<br />
verbliebenen Gesellschafter verlangen. Gesellschafter kann dann bei seinen<br />
Mitgesellschaftern Rückgriff nehmen<br />
Begründung:<br />
- Gläubigerschutz<br />
- Mitgesellschafter steht dem Risiko näher als der Gläubiger<br />
- Mehrfache Pfändung sehr aufwendig und nicht zumutbar Gefahr, dass Gläubiger<br />
auf Vollstreckung ganz verzichtet (Argumentation wie oben III 2.)<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 2<br />
U ist Alleingesellschafter der Isis-Immobilienverwaltungs-Berlin GmbH (I-GmbH) mit<br />
einem Stammkapital von EUR 25.000,-- Dieses wird einige Zeit später auf EUR 50.000,-erhöht.<br />
Die Einlagen bringt der U vollständig auf. Die Kapitalerhöhung wird ordnungsgemäß<br />
in das Handelsregister eingetragen.<br />
Die Geschäfte gehen im Anschluss schlecht. Daraufhin lässt der U die Geschäfte der<br />
GmbH ein Jahr ruhen. Schließlich verkauft der U die Gesellschaft an A und B. Er überträgt A<br />
und an B je einen Anteil im Nennwert von EUR 25.000,-- zu einem Preis von je 2.500,-- EUR<br />
Der Preis von insgesamt EUR 5.000,-- entspricht dem Wert <strong>des</strong> zum Zeitpunkt der<br />
Veräußerung noch vorhandenen Nettovermögens der GmbH<br />
A und B wollen aber nicht die Geschäfte <strong>des</strong> Unternehmens fortführen, sondern haben die I-<br />
GmbH als „Mantel“ für ihren Schlosserbetrieb erworben. Darüber hinaus wohnen A und B in<br />
Oranienburg wollen den Sitz in diesen Gerichtsbezirk verlegen. Auch wollen sie die Firma in<br />
„Metallbau GmbH“ (M-GmbH) ändern. A und B einigen sich darüber, dass allein A<br />
Geschäftsführer sein soll.<br />
Als A die Sitzverlegung, die Firmenänderung und die Bestellung zum Geschäftsführer<br />
beim AG Oranienburg zur Eintragung anmeldet, lehnt der Registerrichter die Eintragung ab.<br />
Er begründet dies damit, dass er die Gesellschaft nur eintragen könne, wenn A und B gemäß<br />
§ 7 GmbHG das Stammkapital zur Hälfte (in Höhe von EUR 25.000,--) neu aufbringen.<br />
A zahlt daraufhin die geforderten EUR 25.000,-- woraufhin die Gesellschaft unter ihrer<br />
neuen Firma „Metallbau-GmbH“ (M-GmbH) beim AG Oranienburg eingetragen wird. Ferner<br />
wird der A als einziger Geschäftsführer eingetragen. Als die Gesellschaft in<br />
Liquiditätsschwierigkeiten ist, zahlt der A weitere EUR 25.000 ein. A ist der Auffassung, dass<br />
B auch seinen Beitrag leisten solle. Er fordert B im Namen der M-GmbH auf, dass dieser an<br />
die Gesellschaft EUR 25.000,-- leisten. Dies begründet er damit, dass B mit dem Erwerb von<br />
U eine Einlage in Höhe EUR 25.000,-- übernommen und auf diese noch keine Zahlungen<br />
erbracht habe.<br />
B weigert sich. Daraufhin mahnt A die Zahlung namens der M-GmbH erneut an, unter<br />
Androhung den B auszuschließen, und zwar mittels eingeschriebenen Briefes. Als der B auch<br />
nach der gesetzten Frist von drei Wochen nicht zahlt, erklärt A dem B mittels<br />
eingeschriebenen Briefes den Ausschluss aus der Gesellschaft. Da der B verarmt ist, bleibt die<br />
Zwangsvollstreckung bei ihm erfolglos. Daraufhin wendet sich A an den U und fordert diesen<br />
namens der M-GmbH von diesem die Zahlung von EUR 25.000,--<br />
Zu Recht ?<br />
Literaturhinweise zur Vorbereitung<br />
Grundlage: BGH Urt.. 7.7.2003, NZG 2003, 973 ff.<br />
Vertiefung: BGHZ 153, 158-165=ZIP 2003, 251-253<br />
BayObLG BB 1999, 971-972<br />
Lutter/Bayer GmbHG, 16. Aufl. 2004 § 3 Rn 7 - 19; Grunewald 2 F. Rn 42<br />
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Lösung - Kurzübersicht<br />
Lösungsskizze zu Fall 2 (21.04.2005)<br />
Anspruch der Gesellschaft aus §§ 22, 21 III GmbHG 2<br />
I. Merkmal „früherer, bei der Gesellschaft angemeldet Rechtsvorgänger“<br />
� U muss Rechtsvorgänger <strong>des</strong> B sein<br />
1. Zunächst war U Gesellschafter<br />
2. Gesellschaftsanteile wirksam auf B übertragen, § 15 III GmbHG<br />
II. „ausgeschlossener Gesellschafter“<br />
� muss wirksame Kaduzierung <strong>des</strong> Anteils von B nach § 21 vorliegen<br />
1. „im Fall verzögerter Einzahlung“ (§ 21 I)<br />
� Verpflichtung <strong>des</strong> B gegenüber der Gesellschaft Einlage zu leiste<br />
a. Bei Gründung der I-GmbH hat der U die Einlage vollständig aufgebracht<br />
b. Problem: Geschäfte haben geruht. Neuaufnahme der Geschäfte mit völlig anderem<br />
Geschäftsgegenstand und anderen Gesellschafter, sog. Wirtschaftliche Neugründung<br />
Definition <strong>des</strong> BGH (7. Juli 2003, NZG 2003, 973 ff.)<br />
Als wirtschaftliche Neugründung ist es anzusehen, wenn die in einer GmbH verkörperte juristische Person als<br />
unternehmensloser Rechtsträger ("Mantel") besteht und sodann mit einem Unternehmen ausgestattet wird.<br />
Frage: Muss zum Zeitpunkt der (Neu)aufnahme der Geschäftstätigkeit das Kapital<br />
erneut im Einklang mit den Kapitalaufbringungsvorschriften aufgebracht<br />
werden ?<br />
aa. Vorfrage: Ist die Übernahme eines Mantels überhaupt zulässig<br />
bb. Für und Wider der Analogie bei der sog „Vorratsgründung“<br />
BGH<br />
- Zweck der Kapitalaufbringung ist, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme der<br />
Geschäftstätigkeit der Gesellschaft ein Min<strong>des</strong>tkapital zur Verfügung gestellt<br />
wird. Daher reicht es nicht, dass das Kapital irgendwann aufgebracht wurde<br />
- Schutz <strong>des</strong> Gläubigerschutzes vor Umgehung<br />
� Daher Kapitalaufbringung prüfen, wie bei Neugründung<br />
cc. Besonderheit bei Benutzung eines „gebrauchten GmbH-Mantels“<br />
e.A.: Gründungsvorschriften nur bei Vorratsgründung<br />
BGH: Wirtschaftliche Neugründung auch bei „gebrauchten“ Mantel<br />
dd. Rechtsfolgen, wenn man BGH folgt<br />
(1) vom BGH geklärt, dass<br />
- Tatsache der Wiederverwendung eines zwischenzeitlich leer gewordenen<br />
Gesellschaftsmantels gegenüber dem Registergericht offenzulegen ist;<br />
2 Nachfolgend nicht näher bezeichnete Vorschriften sind solche <strong>des</strong> GmbHG.<br />
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- diese Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung ist mit der Versicherung<br />
gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG zu verbinden, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG<br />
bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und daß der<br />
Gegenstand der Leistungen sich zu diesem Zeitpunkt<br />
- endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet.<br />
(2) Nicht abschließend geklärt<br />
Muss nur das Min<strong>des</strong>thaftkapital 3 oder das gesamte gezeichnete Stammkapital<br />
aufgebracht werden 4 ?<br />
Unterschied im vorliegenden Fall:<br />
1. Var. A und B müssten insgesamt nur EUR 20.000,- aufbringen<br />
(Min<strong>des</strong>tkapital nach § 5 I EUR 25.000,-- ./. EUR 5.000,--<br />
Nettovermögen<br />
2. Var. A und müssen EUR 45.000,-- aufbringen. (Eingetragene Stammkapital<br />
EUR 45.000,-- ./. EUR 5.000,-- Nettovermögen)<br />
Für erste Variante spricht<br />
- Es genügt wenn der „Min<strong>des</strong>tpreis“ für die Haftungsbeschränkung bezahlt<br />
wird<br />
Es ist aber wohl von der zweiten Variante auszugehen<br />
- BGH sprich von „Stammeinlagen“, diese umfassen gesamte Stammkapital<br />
- Tragender Gesichtspunkt für die Analogie ist das Vertrauen auf die eingetragene<br />
Haftsumme.<br />
ee. Rechtsfolgen für den Fall<br />
� Die Umbenennung und Änderung <strong>des</strong> Geschäftsgegenstands ist als wirtschaftliche<br />
Neugründung anzusehen<br />
� Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter B auf erneute Erbringung<br />
der gesamten Stammeinlage, § 19 I GmbHG<br />
� Da nicht gezahlt Anspruch aus § 22 I gegen den U als Rechtsvorgänger<br />
B. Konkurrierende Ansprüche – keine<br />
3 Sowohl h.L. Priester DB 1983, 2291/2296; K. Schmidt Gesellschaftsrecht 3. Aufl. S. 76 f.;<br />
Großkommentar/Röhricht AktG 4. Aufl. § 23 Rn. 118/136;<br />
4 So OLG Frankfurt GmbHR 1999, 32/33<br />
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Ausführliche Lösungsskizze<br />
Vorüberlegungen<br />
I. Wie ist der Registerrichter darauf gekommen, dass A und B jeweils EUR 25.000,-einzahlen<br />
sollen ?<br />
1. Rspr: wirtschaftliche Neugründung<br />
- Abgrenzung: wirtschaftliche Neugründung Umstrukturierung<br />
- Wenn wirtschaftlich als Neugründung anzusehen, dass muss das Stammkapital<br />
gemäß den Vorschriften <strong>des</strong> GmbH zur Gründung aufgebracht werden<br />
� Wenn der Auffassung <strong>des</strong> BGH folgt und wirtschaftlich eine Neugründung<br />
Vorliegt, dann berechtigt, erneut Aufbringung <strong>des</strong> Stammkapitals zu verlangen<br />
2. Aber auch wenn wirtschaftliche Neugründung, bejaht Registerrichten teilweise<br />
Unrecht.<br />
a. § 7 II S. 2 GmbHG verlangt, dass die Hälfte <strong>des</strong> Stammkapitals aufgebracht werden<br />
muss. Auf das Stammkapital wird natürlich vorhandenes Nettovermögen<br />
angerechnet. Die Gesellschaft verfügt über ein Nettovermögen von EUR 5.000,-also<br />
müssen nur 20.000,-- aufgebracht werden<br />
b. Gemäß § 7 II S. 1 GmbHG muss jede Einlage zu min<strong>des</strong>tens einem Viertel erbracht<br />
sein. Die „Mehr“ Leistung <strong>des</strong> A wird nicht auf die Einlage <strong>des</strong> B angerechnet. Der<br />
Registerrichter hätte – vorausgesetzt es liegt eine wirtschaftliche Neugründung vor –<br />
gar nicht eintragen dürfen.<br />
II. Überlegungen zum Finden der Anspruchsgrundlage<br />
1. Ausgangspunkt – Anspruch gegen B<br />
- In Anspruch genommen werden soll der U. Aber zunächst hat der A versucht, gegen den<br />
B vorzugehen<br />
- Daher liegt es nahe, dass eine gesamtschuldnerische Haftung oder eine Ausfallhaftung für<br />
Ansprüche gegen den B. Der B ist dichter dran. Daher zunächst Anspruchsgrundlagen<br />
gegen B<br />
- Es geht um Kapitalaufbringung, unterscheide<br />
(a) Pflichten zur Leistung der Einlage ( §§ 5, 7)<br />
(b) Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter (§§ 9 I , 9a I, 19 I<br />
� klassische Anspruchsgrundlage nach Eintragung: § 19 I<br />
� Hiernach Gesellschaft Anspruch auf Zahlung der Einlage<br />
2. Anspruch gegen U<br />
Zwei Wege darauf zu kommen<br />
Var. 1 Angabe im Sachverhalt: Hat nicht gezahlt, daraufhin ausgeschlossen.<br />
- Wo der Ausschluss wegen Verzug mit Einlageleistung geregelt ? § 21 GmbHG<br />
- Regel <strong>des</strong> Juristen: lesen <strong>des</strong> nächsten Paragraphen - § 22 GmbHG Haftung <strong>des</strong><br />
Rechtsvorgängers<br />
Var. 2 Frage: Es ist nach einem Anspruch gegen den B gefragt. Wo sind im GmbHG<br />
Ansprüche gegen ehemalige / ausgeschiedene Gesellschafter geregelt ?<br />
15
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
� dann Gesetz nach einem solchen Anspruch durchforsten und neben § 16 III stößt<br />
man dann auf § 22 I<br />
Lösung im Einzelnen<br />
A. Anspruch der Gesellschaft aus §§ 22, 21 III GmbHG 5<br />
I. Merkmal „früherer, bei der Gesellschaft angemeldet Rechtsvorgänger“<br />
� U muss Rechtsvorgänger <strong>des</strong> B sein<br />
1. Zunächst war U Gesellschafter<br />
2. Gesellschaftsanteile wirksam auf B übertragen, § 15 III GmbHG<br />
Zwischenfrage: Was regelt § 15 III, was regelt § 15 IV ? Warum kommt es hier nur auf § 15 III an ?<br />
Exkurs: Wie funktioniert, dass Alleingesellschafter die Gesellschaft an zwei Personen verkauft<br />
- §§ 5 II, 14 grundsätzlich nur ein Anteil pro Gesellschafter<br />
- Aufteilung der Anteile anlässlich der Veräußerung zulässig - § 17<br />
II. „ausgeschlossener Gesellschafter“<br />
� muss wirksame Kaduzierung <strong>des</strong> Anteils von B nach § 21 vorliegen<br />
Zwischenfrage: Welche weiteren Möglichkeiten eines Ausschlusses gibt es bei der GmbH ?<br />
- Einziehung, § 34<br />
- Ausschluss aus wichtigen Grund nach Grundsätzen der Rechtsprechung<br />
1. „im Fall verzögerter Einzahlung“ (§ 21 I)<br />
� Verpflichtung <strong>des</strong> B gegenüber der Gesellschaft Einlage zu leiste<br />
a. Bei Gründung der I-GmbH hat der U die Einlage vollständig aufgebracht<br />
b. Problem: Geschäfte haben geruht. Neuaufnahme der Geschäfte mit völlig anderem<br />
Geschäftsgegenstand und anderen Gesellschafter, sog. Wirtschaftliche Neugründung<br />
Definition <strong>des</strong> BGH (7. Juli 2003, NZG 2003, 973 ff.)<br />
Als wirtschaftliche Neugründung ist es anzusehen, wenn die in einer GmbH verkörperte<br />
juristische Person als unternehmensloser Rechtsträger ("Mantel") besteht und sodann mit<br />
einem Unternehmen ausgestattet wird.<br />
Frage: Muss zum Zeitpunkt der (Neu)aufnahme der Geschäftstätigkeit das Kapital<br />
erneut im Einklang mit den Kapitalaufbringungsvorschriften aufgebracht<br />
werden ?<br />
aa. Vorfrage: Ist die Übernahme eines Mantels überhaupt zulässig<br />
Die früher anzutreffende Auffassung, es liege bei dem Erwerb einer Mantel- oder Vorratsgesellschaft ein<br />
Gesetzesverstoß mit der Folge einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB vor (vgl. etwa KG JFG 10, 152/155; OLG<br />
Hamburg BB 1983, 1116/1117), ist seit der Entscheidung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtshofs vom 16.3.1992 (BGHZ 117,<br />
323) überholt. Wenn darin ausdrücklich die – offene – Vorratsgründung für zulässig erklärt wird, kann auch die<br />
bestimmungsgemäße Verwendung einer solchen Gesellschaft keinen Gesetzesverstoß darstellen.<br />
bb. Für und Wider der Analogie bei der sog „Vorratsgründung“<br />
5 Nachfolgend nicht näher bezeichnete Vorschriften sind solche <strong>des</strong> GmbHG.<br />
16
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BGH<br />
- Zweck der Kapitalaufbringung ist, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme der<br />
Geschäftstätigkeit der Gesellschaft ein Min<strong>des</strong>tkapital zur Verfügung gestellt<br />
wird. Daher reicht es nicht, dass das Kapital irgendwann aufgebracht wurde<br />
- Schutz <strong>des</strong> Gläubigerschutzes vor Umgehung<br />
� Daher Kapitalaufbringung prüfen, wie bei Neugründung<br />
BGHZ 153, 158-165 (ZIP 2003, 251-253) zu den sich daraus ergebenen Anforderungen im Einzelnen<br />
Da die Verwendung <strong>des</strong> Mantels einer auf Vorrat gegründeten GmbH als wirtschaftliche Neugründung<br />
anzusehen ist, ist sie in vollem Umfang in die mit den Gründungsvorschriften verfolgte Regelungsabsicht <strong>des</strong><br />
Gesetzgebers einzubeziehen, die Ausstattung der Gesellschaft mit dem gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Haftungsfonds sicherzustellen. Das Registergericht hat daher entsprechend § 9 c GmbHG i.V.m. § 12 FGG in<br />
eine Gründungsprüfung einzutreten, die sich jedenfalls auf die Erbringung der Min<strong>des</strong>tstammeinlagen und im<br />
Falle von Sacheinlagen auf deren Werthaltigkeit zu beziehen hat (§ 7 Abs. 2, 3, § 8 Abs. 2 GmbHG).<br />
Entscheidender verfahrensrechtlicher Anknüpfungspunkt für die Kontrolle durch das Registergericht ist auch bei<br />
der Verwendung <strong>des</strong> Mantels einer Vorrats-GmbH die anläßlich der wirtschaftlichen Neugründung abzugebende<br />
Anmeldeversicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG. Danach ist zu versichern, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG<br />
bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich<br />
endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. Die dem Geschäftsführer nach § 8 Abs. 2<br />
GmbHG obliegende Versicherung, daß die geleisteten Min<strong>des</strong>teinlagen zu seiner freien Verfügung stehen,<br />
beinhaltet von Gesetzes wegen, daß im Anmeldezeitpunkt derartige Min<strong>des</strong>teinlagen nicht durch schon<br />
entstandene Verluste ganz oder teilweise aufgezehrt sind. Nur wenn zureichende Anhaltspunkte dafür bestehen,<br />
daß dies - entgegen der Versicherung - nicht der Fall ist, darf und muß das Registergericht seine Prüfung auch<br />
auf die Frage erstrecken, ob die GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung der Mantelverwendung nicht bereits eine<br />
Unterbilanz aufweist (vgl. BGHZ 80, 129, 143).<br />
Einwände <strong>des</strong> BayOblG 6<br />
Kapitalaufbringung detailliert geregelt, daher keine<br />
Regelungslücke erkennbar<br />
Es genügt, wenn Kapital einmal aufgebracht.<br />
Gläubigern muss bekannt sein,<br />
dass nach Eintragung das Eigenkapital unter die<br />
Stammkapitalziffer sinken kann<br />
Prüfung schwierig und die Eintragung der neuen<br />
Verhältnisse wird verzögert<br />
Entgegnung <strong>des</strong> BGH (aaO)<br />
Regelungslücke besteht insoweit als Gesetzgeber<br />
wollte, dass nur bei Aufbringung eines Min<strong>des</strong>tkapitals<br />
jemand mit Haftungsbeschränkung am Rechtverkehr<br />
teilnehmen kann. Bei Erwerb eines Mantels kann die<br />
Haftungsbeschränkung mit einem viel geringeren<br />
Kapitaleinsatz erlangt werden<br />
Gläubigergefährdung: Vertrauen auf die<br />
Stammkapitalziffer, aber Kaufpreis u.U. nur Bruchteil<br />
<strong>des</strong> Stammkapitals. Neueintragung schafft<br />
Vertrauenstatbestand<br />
Mit der Anmeldung einer „Mantelgründung“ sind<br />
Satzungsänderungen verbunden, so dass wegen § 54<br />
Registerrichter ausreichend Unterlagen<br />
Ansonsten werden kaum zusätzliche Formalitäten<br />
geschaffen. Die Abgabe der Erklärung nach § 8 II<br />
verursacht keinen nennenswerten Aufwand<br />
cc. Besonderheit bei Benutzung eines „gebrauchten GmbH-Mantels“<br />
- Bei der klassische Mantelgründung wird eine GmbH auf Vorrat gegründet<br />
(Vorratsgesellschaft)<br />
- Diese nimmt keine Geschäftstätigkeit auf (leerer Mantel, der neu im Laden<br />
auf dem Bügel hängt)<br />
6 BayOblG BB 1999, 971-972.<br />
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- Im Vorliegenden Fall hat Gesellschaft bereits eine Geschäftstätigkeit<br />
ausgeübt (Mantel wurde schon durch den Regen getragen, Flecke, Risse )<br />
Frage: Gelten die vom BGH aufgestellten Problem auch hier. Dagegen<br />
könnten folgende Besonderheiten sprechen:<br />
• Hier ist die Analogie besonders problematisch. Der Erwerb einer<br />
Vorratsgesellschaft lässt sich noch als eine Art lang gestreckte<br />
Gründung ansehen.<br />
• Abgrenzung zwischen Umstrukturierung und Neugründung schwierig<br />
• Bei Vorratsgründung ist den Gesellschafter bewusst, dass sie die<br />
Gründung offen legen müssen. Beim Erwerb eines gebrauchten Mantels<br />
ist – gerade auch wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten – oft nicht<br />
ohne weiteres erkennbar, weder für das Registergericht, noch für die<br />
Gesellschafter, dass es sich um eine wirtschaftliche Neugründung<br />
handelt<br />
• Wenn Gesellschafter die Neuaufbringung <strong>des</strong> Kapitals verrsäumen –<br />
und sei es aus bloßer Unkenntnis - müssen sie persönlich für sämtliche<br />
anfallende Verluste in unbegrenzter Höhe haften (dazu Fall 3a). Dies ist<br />
unverhältnismäßig.<br />
- Eine Auffassung will daher Anwendung <strong>des</strong> Gründungsrechts analog nur<br />
bei Vorratsgründung aber nicht bei Erwerb eines gebrauchten Mantels<br />
(Etwa Großkommentar/Röhricht AktG 4. Aufl. § 23 Rn. 118/136 zur AG)<br />
- BGH hat dies nicht überzeugt:<br />
BGH 7. Juli 2003, NZG 2003, 973 ff.<br />
-Schritt 1 der Argumentation: Notwendigkeit <strong>des</strong> Gläubigerschutzes<br />
Diese für die Verwendung der auf Vorrat gegründeten Gesellschaft aufgestellten Grundsätze sind auf den -<br />
vorliegenden - Fall der Verwendung <strong>des</strong> "alten" Mantels einer existenten, im Rahmen ihres früheren<br />
Unternehmensgegenstan<strong>des</strong> tätig gewesenen, jetzt aber unternehmenslosen GmbH entsprechend übertragbar<br />
(überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. nur OLG Brandenburg aaO, 641 ff.;<br />
Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Aufl. § 3 Rdn. 15 - jew. m. umfangreichen Rechtsprechungs- und<br />
Literaturnachweisen zum Meinungsstand). Auch die Verwendung eines solchen alten, leer gewordenen Mantels<br />
einer GmbH stellt wirtschaftlich eine Neugründung dar. Als wirtschaftliche Neugründung ist es anzusehen, wenn<br />
die in einer GmbH verkörperte juristische Person als unternehmensloser Rechtsträger ("Mantel") besteht und<br />
sodann mit einem Unternehmen ausgestattet wird. Dabei macht es bei wertender Betrachtung keinen<br />
Unterschied, ob die Unternehmenslosigkeit im Sinne <strong>des</strong> Fehlens eines Geschäftsbetriebes - wie bei der<br />
"offenen" Vorratsgründung - von Anfang an vorgesehen ist und sodann die Gesellschaft erstmals den Betrieb<br />
eines Unternehmens aufnimmt, oder ob sie - wie bei den sog. alten Gesellschaftsmänteln - darauf beruht, daß<br />
der Betrieb eines (ursprünglich) vorhandenen Unternehmens mittlerweile eingestellt bzw. endgültig aufgegeben<br />
worden ist und sodann der gleichsam als "inhaltsloser Hülle" fortbestehenden juristischen Person ein neues<br />
Unternehmen "implantiert" wird (vgl. Henze in Großkomm. z. AktG, 4. Aufl. § 54 Rdn. 35 m.w.N.). Die mit der<br />
wirtschaftlichen Neugründung verbundenen <strong>Probleme</strong> eines wirksamen Gläubigerschutzes bestehen sowohl im<br />
Anschluß an eine Vorratsgründung als auch im Zusammenhang mit der "Wiederbelebung" eines leeren Mantels<br />
durch Ausstattung mit einem (neuen) Unternehmen: In beiden Fällen besteht die Gefahr einer Umgehung der<br />
Gründungsvorschriften mit der Folge, daß die gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Kapitalausstattung bei<br />
Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht gewährleistet ist. Die Gläubiger sind im Falle der Verwendung<br />
eines bereits stillgelegten, leeren Mantels sogar stärker gefährdet und daher schutzbedürftiger als bei der<br />
Verwendung einer Vorrats-GmbH. Während nämlich bei der zunächst inaktiven Vorratsgesellschaft die zuvor<br />
anläßlich der rechtlichen Gründung durch das Registergericht kontrollierte Kapitalausstattung zum Zeitpunkt der<br />
wirtschaftlichen Neugründung durch Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes regelmäßig noch unversehrt,<br />
vermindert allenfalls um die Gründungskosten und Steuern, vorhanden sein wird (BGHZ 117, 323, 333), ist im<br />
Zeitpunkt der Verwendung eines alten GmbH-Mantels das früher aufgebrachte Stammkapital <strong>des</strong> inaktiv<br />
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gewordenen Unternehmens typischerweise nicht mehr unversehrt, sondern zumeist sogar bereits verbraucht.<br />
Daher ist gerade bei dieser Art der Mantelverwendung dem vornehmlichen Zweck der Gründungsvorschriften,<br />
die reale Kapitalaufbringung der gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalausstattung der Gesellschaft im Zeitpunkt<br />
ihres Entstehens als Voraussetzung für die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen<br />
sicherzustellen, durch deren analoge Anwendung bei der (späteren) wirtschaftlichen Neugründung Rechnung zu<br />
tragen (vgl. Senat, BGHZ 117, 323, 331; Beschl. v. 9. Dezember 2002 aaO, 251, 252).<br />
Schritt 2 der Argumentation – zu den Einwendung im Einzelnen<br />
a) Die gegen eine registergerichtliche Kontrolle der wirtschaftlichen Neugründung bei Verwendung eines<br />
gebrauchten Mantels vorgebrachten Bedenken (vgl. dazu im wesentlichen BayObLG aaO, 607 ff.; vgl. auch<br />
Altmeppen, NZG 2003, 145, 147 ff.), die sich vor allem auf die Schwierigkeiten der Abgrenzung der<br />
wirtschaftlichen Neugründung von der - nicht zu beanstandenden - Umorganisation der vorhandenen GmbH<br />
[aa)] und die Begrenztheit der Erkenntnismöglichkeiten <strong>des</strong> Registerrichters [bb)] beziehen, hält der Senat - wie<br />
schon in bezug auf die Vorrats-GmbH (vgl. dazu Sen.Beschl. v. 9. Dezember 2002 aaO, 252 f.) - nicht für<br />
durchgreifend.<br />
aa) Für die Abgrenzung der Mantelverwendung von der Umorganisation oder Sanierung einer (noch) aktiven<br />
GmbH ist entscheidend, ob die Gesellschaft noch ein aktives Unternehmen betrieb, an das die Fortführung <strong>des</strong><br />
Geschäftsbetriebes - sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines<br />
Tätigkeitsgebietes - in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpft oder ob es sich tatsächlich<br />
um einen leer gewordenen Gesellschaftsmantel ohne Geschäftsbetrieb handelt, der seinen - neuen oder alten -<br />
Gesellschaftern nur dazu dient, unter Vermeidung der rechtlichen Neugründung einer die beschränkte Haftung<br />
gewährleistenden Kapitalgesellschaft eine gänzlich neue Geschäftstätigkeit - ggf. wieder - aufzunehmen (so zutr.<br />
Priester aaO, 2297 f.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 3 Rdn. 35). Auf der Grundlage dieser<br />
Unterscheidung lassen sich die - angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Manteltransaktionen - vorhandenen<br />
Abgrenzungsprobleme jedenfalls im Regelfall, d.h. vornehmlich beim sog. Mantelkauf, bewältigen. Im übrigen<br />
kann der Geltungsanspruch der Kapitalaufbringungsnormen nicht von etwaigen Schwierigkeiten ihrer<br />
praktischen Umsetzung abhängig gemacht werden, zumal Abgrenzungs- und Kontrollprobleme ein allenthalben<br />
anzutreffen<strong>des</strong> und auch sonst zu bewältigen<strong>des</strong> Phänomen der Rechtsanwendung sind.<br />
12<br />
bb) Der Begrenztheit der Erkennbarkeit von Mantelverwendungen und der diesbezüglichen<br />
Erkenntnismöglichkeiten <strong>des</strong> Registergerichts trägt der Senat dadurch Rechnung, daß er nunmehr die<br />
Offenlegung der Wiederverwendung <strong>des</strong> alten Gesellschaftsmantels gegenüber dem Registergericht verlangt.<br />
Dadurch wird in der gebotenen Weise die "wirtschaftliche Neugründung" offenkundig gemacht (vgl. dazu<br />
Bredow/Schumacher, DStR 2003, 1032, 1036; Peetz, GmbHR 2003, 229, 331) und zugleich die Effektivität <strong>des</strong><br />
unverzichtbaren registergerichtlichen Präventivschutzes vor einer gläubigergefährdenden wirtschaftlichen<br />
Verwendung der Rechtsform der GmbH verstärkt. Eine derart verläßliche Kontrolle wäre allein aufgrund der<br />
dem Registergericht sonst zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nicht gesichert. Eintragungspflichtige<br />
Abänderungen <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrages (§ 54 GmbHG), wie Änderung <strong>des</strong> Unternehmensgegenstan<strong>des</strong>,<br />
Neufassung der Firma, Sitzverlegung, Bestellung eines neuen Geschäftsführers, sowie eine Veräußerung der<br />
Geschäftsanteile gehen zwar typischerweise, aber keineswegs notwendig mit einer Mantelverwendung einher;<br />
anhand solcher häufig - aber nicht notwendig - kumulativ auftretender, unterschiedlich aussagekräftiger Indizien<br />
lassen sich allenfalls eindeutige Mantelverwendungen durch die registergerichtliche Kontrolle erfassen, während<br />
ein beträchtlicher Teil regelungsbedürftiger Fälle unerkannt bliebe. Dem wirkt die obligatorische Offenlegung<br />
der wirtschaftlichen Neugründung entgegen.<br />
13<br />
dd. Rechtsfolgen, wenn man BGH folgt<br />
(1) vom BGH geklärt, dass<br />
- Tatsache der Wiederverwendung eines zwischenzeitlich leer gewordenen<br />
Gesellschaftsmantels gegenüber dem Registergericht offenzulegen ist;<br />
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- diese Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung ist mit der Versicherung<br />
gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG zu verbinden, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG<br />
bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und daß der<br />
Gegenstand der Leistungen sich zu diesem Zeitpunkt<br />
- endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet.<br />
(2) Folgefrage<br />
Muss nur das Min<strong>des</strong>thaftkapital 7 oder das gesamte gezeichnete Stammkapital<br />
aufgebracht werden 8 ?<br />
Unterschied im vorliegenden Fall:<br />
1. Var. A und B müssten insgesamt nur EUR 20.000,- aufbringen<br />
(Min<strong>des</strong>tkapital nach § 5 I EUR 25.000,-- ./. EUR 5.000,--<br />
Nettovermögen<br />
2. Var. A und B müssen EUR 45.000,-- aufbringen. (Eingetragene<br />
Stammkapital EUR 45.000,-- ./. EUR 5.000,-- Nettovermögen)<br />
Für erste Variante spricht<br />
- Es genügt wenn der „Min<strong>des</strong>tpreis“ für die Haftungsbeschränkung bezahlt<br />
wird<br />
Es ist aber wohl von der zweiten Variante auszugehen<br />
- BGH spricht von „Stammeinlagen“, diese umfassen gesamte Stammkapital<br />
- Tragender Gesichtspunkt für die Analogie ist das Vertrauen auf die eingetragene<br />
Haftsumme.<br />
� Haftung bei wirtschaftlicher Neugründung auf das gesamte Stammkapital<br />
ee. Rechtsfolgen für den Fall<br />
� Die Umbenennung und Änderung <strong>des</strong> Geschäftsgegenstands ist als wirtschaftliche<br />
Neugründung anzusehen<br />
� Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter B auf erneute Erbringung<br />
der gesamten Stammeinlage, § 19 I GmbHG<br />
� Da nicht gezahlt Anspruch aus § 22 I gegen den U als Rechtsvorgänger<br />
B. Konkurrierende Ansprüche – keine<br />
C. Außerhalb der Fragestellung<br />
I. Wie und unter welchen Voraussetzungen kann der U Schadensersatz von A und/ oder B<br />
verlangen ?<br />
II. Wer muss das Stammkapital aufbringen, wenn auch der U nicht zahlen kann, lesen Sie §<br />
24 GmbHG !<br />
7 Sowohl h.L. Priester DB 1983, 2291/2296; K. Schmidt Gesellschaftsrecht 3. Aufl. S. 76 f.;<br />
Großkommentar/Röhricht AktG 4. Aufl. § 23 Rn. 118/136;<br />
8 So OLG Frankfurt GmbHR 1999, 32/33<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 2a - Variante zu Fall 2<br />
Was bisher geschah (Auszug von Fall 2):<br />
U ist Alleingesellschafter der Isis-Immobilienverwaltungs-Berlin GmbH (I-GmbH) mit einem Stammkapital<br />
von EUR 25.000,-- Dieses wird einige Zeit später auf EUR 50.000,-- erhöht. Die Einlagen bringt der U<br />
vollständig auf. Die Kapitalerhöhung wird ordnungsgemäß in das Handelsregister eingetragen.<br />
Die Geschäfte gehen im Anschluss schlecht. Daraufhin lässt der U die Geschäfte der GmbH ein Jahr ruhen.<br />
Schließlich verkauft der U die Gesellschaft an A und B. Er überträgt A und an B je einen Anteil im Nennwert<br />
von EUR 25.000,-- zu einem Preis von je 2.500,-- EUR Der Preis von insgesamt EUR 5.000,-- entspricht dem<br />
Wert <strong>des</strong> zum Zeitpunkt der Veräußerung noch vorhandenen Nettovermögens der GmbH<br />
A und B wollen aber nicht die Geschäfte <strong>des</strong> Unternehmens fortführen, sondern haben die I-GmbH als „Mantel“<br />
für ihren Schlosserbetrieb erworben. Darüber hinaus wohnen A und B in Oranienburg wollen den Sitz in diesen<br />
Gerichtsbezirk verlegen. Auch wollen sie die Firma in „Metallbau GmbH“ (M-GmbH) ändern. A und B einigen<br />
sich darüber, dass allein A Geschäftsführer sein soll.<br />
Als A die Sitzverlegung, die Firmenänderung und die Bestellung zum Geschäftsführer beim AG Oranienburg<br />
zur Eintragung anmeldet, lehnt der Registerrichter die Eintragung ab. Er begründet dies damit, dass er die<br />
Gesellschaft nur eintragen könne, wenn A und B gemäß<br />
§ 7 GmbHG das Stammkapital zur Hälfte (in Höhe von EUR 25.000,--) neu aufbringen.<br />
Sowohl A als auch B weigern sich der Aufforderung <strong>des</strong> Registerrichters nachzukommen.<br />
Statt<strong>des</strong>sen ordert der A als Geschäftsführer im Namen der M-GmbH statt<strong>des</strong>sen bei<br />
Gläubiger G Material, Maschine und Fahrzeuge zu einem Preis von insgesamt EUR 100.000,-<br />
-. In der Korrespondenz ist auf dem Briefkopf angegeben „A, Geschäftsführer der M-GmbH“.<br />
Kurze Zeit später bringen A und B gemeinsam (jeder zur Hälfte) den vom Registergericht<br />
geforderten Betrag von EUR 25.000,-- EUR auf, und die Gesellschaft wird als Metallbau<br />
GmbH eingetragen Kurze Zeit später ist die Gesellschaft insolvent und völlig vermögenslos.<br />
Die Eröffnung <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens wird mangels Masse abgelehnt.<br />
G will daraufhin den A in Höhe von EUR 100.000,-- EUR persönlich in Anspruch<br />
nehmen. A argumentiert, Schuldnerin sei nur die M-GmbH und deren Haftung sei auf das<br />
Stammkapital begrenzt. Der G entgegnet, dass A sich nur auf das Haftungsprivileg berufen<br />
könne, wenn er der Aufforderung <strong>des</strong> Registerrichters nachgekommen wäre. Da er dies nicht<br />
getan habe, ergäbe sich daraus eine persönliche Haftung von A und B für die Verluste der<br />
Metallbau-GmbH.<br />
Welche Ansprüche hat der G gegen A und B ?<br />
Literaturhinweise zur Vorbereitung<br />
Grundlage: BGH Urt.. 7.7.2003, NZG 2003, 973 ff.<br />
Wiederholung: Erläuterungen zur Vorgesellschaft in einschlägigen Lehrbüchern<br />
Vertiefung: Ulrich WM 2004, 915 ff; Wälzholz NZG 2003, 203 ff<br />
Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004 § 3 Rn 7 – 19<br />
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Kurzübersicht<br />
Lösungsskizze zu Fall 2a<br />
A. Ausgangspunkt<br />
1. Grundsatz: keine persönliche Haftung<br />
- eingetragene GmbH<br />
- Grundsätzlich haftet nur die GmbH und nicht die Gesellschafter persönlich, und in<br />
jedem Fall begrenz auf die Höhe <strong>des</strong> Stammkapitals<br />
2. Ausnahmetatbestände<br />
A könnte ausnahmsweise persönlich haften, wenn<br />
- Die Grundsätze der Vorbelastungshaftung anwenden finden (B) und<br />
- die Voraussetzungen für einen Durchgriff vorliegen (C)<br />
B. Anwendbarkeit: : Es muss sich um die Verbindlichkeit einer Vor-GmbH handeln<br />
I. Erworbener Mantel ist bis Eintragung Vorgesellschaft<br />
- Grundsätzlich hat Erwerb einer Gesellschaft mit einer Gründung und damit auch einer<br />
Vorgesellschaft nichts zu tun<br />
- Aber Erwerb eines leeren „Mantels“ ist nach BGH (s.o.) wie wirtschaftliche<br />
Neugründung zu behandeln<br />
� an dieser Stelle Prüfung bei Fall 2, ob wirtschaftliche Neugründung vorliegt<br />
- Für den Zeitraum zwischen Erwerb <strong>des</strong> Mantels und der Eintragung in das<br />
Handelsregister ist die erworbene GmbH daher wie eine Vor-GmbH zu behandeln<br />
II. Vertrag mit der (Vor-) GmbH GmbH geschlossen.<br />
Beachte: immer prüfen: wurde diese ordnungsgemäß vertreten ?<br />
1. Bestehen einer Vorgesellschaft<br />
- bei „echter Gründung“ ist hier der wirksame Abschluss <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrages zu<br />
prüfen<br />
- In dieser Konstellation unproblematisch<br />
2. Wirksame Verpflichtung der Vorgesellschaft<br />
� wurde Vorgesellschaft wirksam vertreten<br />
a. Bestimmung der Reichweise der Vertretungsbefugnis abstrakt<br />
e.A. § 37 I GmbHG analog, Begründung: Verkehrsschutz<br />
a.A. (m.E. vorzugswürdig)<br />
- Gegen Analogie spricht: § 11 I GmbHG<br />
- Es ist aber davon auszugehen, dass Gesellschafter wegen der Haftungsrisiken<br />
die Aufnahme der regelmäßigen Geschäftstätigkeit erst nach Aufnahme <strong>des</strong><br />
Geschäftsbetriebs wünschen<br />
- Grundsätzlich nur zu den Handlungen ermächtigt, die im Zusammenhang mit<br />
Herbeiführung der Eintragung stehen<br />
- Für sonstige Handlungen muss sich aus den Umständen ergeben, dass die<br />
Gesellschafter mit den Handlungen einverstanden sind (stillschweigend reicht)<br />
c. Reichweite der Vertretungsbefugnis im konkreten Fall<br />
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- Die umfangreichen Anschaffungen dürften über die Befugnisse, die dem<br />
Geschäftsführer einer Vor-GmbH allgemein zustehen hinausgehen.<br />
- Aber angesichts der Gesamtumstände kann von Einverständnis <strong>des</strong> B ausgegangen<br />
werden<br />
- Selbst wenn B sich nicht ausdrücklich einverstanden erklärt hat, dann ist der Fall der<br />
Übernahme eines gebrauchten Mantels vergleichbar mit der Einbringung eines<br />
Handelsbetriebes als Sacheinlage. Nach BGH liegt in der Vereinbarung dieser<br />
Sacheinlage das Einverständnis zur Fortführung <strong>des</strong> Handelsbetriebes<br />
� von der Vertretungsmacht gedeckt<br />
� Vor-GmbHG verpflichtet<br />
� Mit Eintragung sind diese Verbindlichkeiten auf die M-GmbH übergegangen<br />
III. Bestehen einer Unterbilanz zum Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister<br />
Unterbilanz: Zum Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister ist das<br />
Nettovermögen der Gesellschaft geringer als die Verbindlichkeiten + Stammkapital<br />
� Unterbilanz zum Zeitpunkt der Eintragung: 60.000<br />
C. Rechtsfolgen<br />
I. Grundsatz: Innenhaftung<br />
Grundsätzlich sind die Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber verpflichtet<br />
entsprechend § 9 GmbH, pro rata, d.h. entsprechend der Höhe ihrer Beteiligung für die<br />
Unterbilanz<br />
Im vorliegenden Fall: Der A und der B jeweils iHv EUR 30.000,--<br />
(Unterbilanz iHv EUR 60.000,-- jeder Gesellschafter jeweils Anteil von 50 %)<br />
II. Ausnahme Außenhaftung<br />
1. Allgemein<br />
Warum diese Ausnahmen ?<br />
- Wenn nur ein Gläubiger, droht kein Wettlauf der Gläubiger<br />
- Wenn vermögenslos, findet kein Verteilungsverfahren statt. Besser<br />
Wenn mangels Masse abgelehnt, findet keine Insolvenzverwaltung und keine Verteilung<br />
statt. Wenn einzelner Gläubiger Pfändung durchführt und dann nur seine anteilige Quote<br />
erhält, lohnt sich der Aufwand nicht. Daher besser Wettlauf der Gläubiger als wenn der<br />
bzw. die Gesellschafter ganz „ungeschoren“ davon kommen<br />
2. Außenhaftung im vorliegenden Fall<br />
a. Gibt es eine Außenhaftung<br />
Ja, hier liegt ein Fall der Vermögenslosigkeit vor<br />
b. Außenhaftung in voller Höhe oder nur pro rata ?<br />
Haftet jeder Gesellschafter für die Unterbilanz in voller Höher oder nur anteilig, sprich<br />
kann der Gläubiger von einem Gesellschafter den gesamten Fehlbetrag verlangen (im<br />
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Ergebnis haften ihm die verbliebenen Gesellschafter als Gesamtschuldner) oder kann der<br />
jeden der Gesellschafter nur entsprechend seines Anteils in Anspruch nehmen ? str.<br />
� Außenhaftung <strong>des</strong> A (+)<br />
� Aber nur in Höhe von EUR 30.000,--<br />
� Der Gläubiger kann den A nach § 9 GmbHG aus Unterbilanzhaftung in Höhe von<br />
EUR 30.000,-- in Anspruch nehmen<br />
� Denselben Anspruch hat er auch gegen B<br />
Praktischer Hinweis: Beide können in einem Prozess verklagt werden als sog. Streitgenossen<br />
(§§ 59, 60 ZPO)<br />
D. Konkurrierender Anspruch § 11 II GmbHG<br />
I. Anspruch gegen B (-)<br />
1. Grundsätzlich auf Mantelkauf analog anwendbar<br />
2. Anspruchsvoraussetzungen<br />
a. Bestehen einer Vorgesellschaft<br />
b. Handelnder � Handeln für die Vorgesellschaft<br />
- Vor Aufgabe <strong>des</strong> Vorbelastungsverbots wurden teilweise alle Gründer und<br />
Geschäftsführer als Handelnde angesehen<br />
- Aber nun bereits umfassende Haftung durch die Vorbelastungshaftung. Personen<br />
daneben nach § 11 II haften zu lassen, nur gerechtfertigt, wenn sie im Wortsinne<br />
gehandelt haben, also in irgendeiner nennenswerten Form tätig geworden sind<br />
� B müsste an der Vornahme eines Rechtsgeschäfts der Vorgesellschaft (hier der<br />
Mantelgesellschaft) beteiligt gewesen sein<br />
� B hat nicht gehandelt<br />
� Haftung nach § 11 II GmbHG (-)<br />
II. Anspruch gegen den A aus § 11 II GmbHG<br />
1. Anspruch ist zunächst entstanden (im Gegensatz zum B hat A gehandelt)<br />
a. Bestehen einer Vorgesellschaft � analoge Anwendung auf die<br />
Mantelgesellschaft<br />
b. Handeln � Vornahme eines Rechtsgeschäfts im Namen der Gesellschaft (+)<br />
c. Überschreiten der Vertretungsmacht s o (+)<br />
2. Anspruch erloschen � wegen Eintragung bzw. erfolgreichem Abschluss der<br />
„wirtschaftlichen Neugründung“<br />
� Haftung erlischt mit Eintragung (bei klassischer Vorgesellschaft)<br />
� Bei wirtschaftlicher Neugründung (wenn Versicherung nach § 7 II abgegeben und<br />
der Registerrichter daraufhin die mit der wirtschaftlichen Neugründung verbundenen<br />
Änderungen (Änderung <strong>des</strong> Geschäftsgegenstands, ggf. Sitzwechsel usw.)<br />
24
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Ausführliche Lösungsskizze<br />
Anspruch aus Kaufvertrag, § 433 II BGB<br />
Der Haftung wegen Vorbelastung- Unterbilanzhaftung („nach dem Rechtsgedanken <strong>des</strong> § 9<br />
GmbHG)<br />
I. Tatbestand<br />
Verpflichtung der Vor-GmbH<br />
- nach Abschluss <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrages (sonst Vorgründungsgesellschaft)<br />
- vor Eintragung (dann GmbH)<br />
- Der Handelnde hat im Rahmen seiner Vertretungsmacht gehandelt<br />
II. Rechtsfolge<br />
Gesellschafter sind verpflichtet, die Unterbilanz auszugleichen, d.h. Verluste ausgleichen<br />
+ Stammkapital aufbringen<br />
1. Grundsätzlich besteht anteilige Innenhaftung ggü der Gesellschaft<br />
2. Ausnahmsweise Durchgriff, insbesondere bei Vermögenslosigkeit<br />
A. Ausgangspunkt<br />
1. Grundsatz: keine persönliche Haftung<br />
- eingetragene GmbH<br />
- Grundsätzlich haftet nur die GmbH und nicht die Gesellschafter persönlich, und in<br />
jedem Fall begrenz auf die Höhe <strong>des</strong> Stammkapitals<br />
�<br />
2. Ausnahmetatbestände<br />
A könnte ausnahmsweise persönlich haften, wenn<br />
- Die Grundsätze der Vorbelastungshaftung anwenden finden (B) und<br />
- die Voraussetzungen für einen Durchgriff vorliegen (C)<br />
B. Anwendbarkeit: : Es muss sich um die Verbindlichkeit einer Vor-GmbH handeln<br />
I. Erworbener Mantel ist bis Eintragung Vorgesellschaft<br />
- Grundsätzlich hat Erwerb einer Gesellschaft mit einer Gründung und damit auch einer<br />
Vorgesellschaft nichts zu tun<br />
- Aber Erwerb eines leeren „Mantels“ ist nach BGH (s.o.) wie wirtschaftliche<br />
Neugründung zu behandeln<br />
� an dieser Stelle Prüfung wie bei Fall 2, ob wirtschaftliche Neugründung vorliegt<br />
- Für den Zeitraum zwischen Erwerb <strong>des</strong> Mantels und der Eintragung in das<br />
Handelsregister ist die erworbene GmbH daher wie eine Vor-GmbH zu behandeln<br />
II. Vertrag mit der (Vor-) GmbH GmbH geschlossen.<br />
Beachte: immer prüfen: wurde diese ordnungsgemäß vertreten ?<br />
1. Bestehen einer Vorgesellschaft<br />
- bei „echter Gründung“ ist hier der wirksame Abschluss <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrages zu<br />
prüfen<br />
- In dieser Konstellation unproblematisch<br />
25
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
2. Wirksame Verpflichtung der Vorgesellschaft<br />
� wurde Vorgesellschaft wirksam vertreten<br />
a. Grundlagen – wonach bestimmt sich die Vertretungsmacht<br />
- A hat als Geschäftsführer der Vor-GmbH gehandelt<br />
- Aber § 37 I nicht unmittelbar anwendbar, weil Vor-GmbH noch keine GmbH<br />
Hintergrund – Rechtsnatur der Vor-GmbH<br />
- Vereinigung eigener Art auf die weitgehend Recht der GmbH Anwendung<br />
- entspricht dem Willen der Gesellschafter, wollen gerade Gesellschaft, die nach<br />
dem Recht der GmbH<br />
- Gründungsvorschriften lassen Organisation bereits vor Eintragung entstehen<br />
- zwar körperschaftlich verfasst, aber juristischte Person entsteht erst mit Eintragung<br />
> daher nach h.M. Gesamthand – BGHZ 80, 129<br />
überholte Konzeption<br />
- GmbH darf nur die Geschäfte vornehmen, die für die Erlangung der Eintragung<br />
erforderlich. Darüber hinaus dürfen keine Verbindlichkeiten eingegangen werden<br />
(Vorbelastungsverbot)<br />
- Hiernach hätte A die Vertretungsbefugnis überschritten<br />
Neue Konzeption <strong>des</strong> BGH seit BGHZ 80, 129 ff<br />
- Aufgabe <strong>des</strong> Vorbelastungsverbot statt<strong>des</strong>sen Vorbelastungshaftung (auch<br />
Unterbilanzhaftung genannt)<br />
- „Ihr dürft, aber Ihr müsst dann den Kopf dafür hinhalten“<br />
BGHZ 80, 129 ff.<br />
Es ist also im Grundsatz daran festzuhalten, daß es dem Zweck der Kapitalaufbringungsvorschriften<br />
widerspricht, das garantierte Anfangsvermögen der GmbH vorweg durch eine Belastung mit Verbindlichkeiten<br />
auszuhöhlen, die sich weder aus dem Gesetz noch aus der Satzung unmittelbar oder mittelbar ergibt (BGHZ 65,<br />
378, 383). [...]<br />
Solche zu Lasten der Vorgesellschaft begründete Schulden von einem Übergang auf die eingetragene GmbH<br />
auszuschließen, ist aber kein geeignetes und angemessenes Mittel, die Unversehrtheit <strong>des</strong> Stammkapitals im<br />
Augenblick der Eintragung zu gewährleisten. Denn damit verträgt es sich nicht, daß nach heute nahezu<br />
einhelliger Meinung das gesamte in der Vorgesellschaft angesammelte Aktivvermögen mit der Eintragung auf<br />
die GmbH übergeht. Ein Gläubiger, der zB das Gesellschaftsvermögen durch Lieferung von<br />
Betriebseinrichtungen oder Waren vermehrt hat, hätte dann bei strikter Anwendung <strong>des</strong><br />
Unversehrtheitsgrundsatzes unter Umständen das Nachsehen, wenn dieses Vermögen infolge <strong>des</strong> Übergangs auf<br />
die eingetragene GmbH seinem Zugriff plötzlich entzogen wäre. Das widerspräche nicht nur dem<br />
Rechtsgedanken <strong>des</strong> § 419 BGB, sondern wäre auch mit den Geboten <strong>des</strong> Verkehrsschutzes und der<br />
Gerechtigkeit überhaupt unvereinbar. Zudem wäre die damit aufgerichtete Sperre gegen Vorwegbelastungen <strong>des</strong><br />
Stammkapitals vielfach wirkungslos, weil die Geschäftsführer im Hinblick auf ihre Haftung nach § 11 Abs 2<br />
GmbHG daran interessiert sein könnten, den Geschäftsabschluß sofort nach der Eintragung der GmbH in deren<br />
Namen zu genehmigen (Wiedemann, JuRA 1970, 448ff; Huber in Festschr f R. Fischer S 272ff). [...]<br />
Soll der gleiche, nunmehr ausdrücklich in § 9 GmbHG niedergelegte Rechtsgedanke in allen diesen<br />
vergleichbaren Fällen sachgerecht zur Geltung kommen, so bedeutet dies, daß die Gesellschafter auch bei einer<br />
Bargründung der GmbH gegenüber anteilig für die Differenz zwischen dem Stammkapital (abzüglich solcher<br />
Gründungskosten, die der Sache nach zu Lasten der GmbH gehen, wie insbesondere Eintragungsgebühren und<br />
Bekanntmachungsgebühren) und dem Wert <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt der Eintragung haften,<br />
was gegebenenfalls eine Ausfallhaftung gemäß § 24 GmbHG einschließt. Damit sind die Interessen der<br />
Altgläubiger und Neugläubiger ebenso wie die der Gesellschaft selbst min<strong>des</strong>tens so wirksam gewahrt wie bei<br />
einer Vorbelastungssperre, die durch einen nachträglichen Eintritt der GmbH in die von der Vorgesellschaft<br />
getätigten Geschäfte leicht umgangen werden könnte (Ulmer in Hachenburg, GmbHG § 11 RdNr 27ff, 91 sowie<br />
in Festschr f Ballerstedt S 292ff; Binz, Haftungsverhältnisse S 127ff). Die Bedenken, die im Schrifttum gegen<br />
26
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
eine solche (anteilige) Nachzahlungspflicht erhoben worden sind (Scholz/Winter aaO § 11 Anm 38; Huber in<br />
Festschr f R. Fischer S 290ff unter Aufgabe seiner mit Ulmer übereinstimmenden Ansicht in Festschr f<br />
Hefermehl S 252f), greifen nicht durch. Sie unterschätzen die gesetzliche Bedeutung der an bestimmte<br />
Sicherheiten gebundenen Eintragung als Entstehungsgrund für die juristische Person (§ 11 Abs 1, § 13 GmbHG),<br />
mit der die Vorschriften zum Schutz <strong>des</strong> Stammkapitals erst voll eingreifen, und verkennen auch, daß allein die<br />
Differenzhaftung zu einer angemessenen Gleichbehandlung von Altgläubigern und Neugläubigern führen kann.<br />
Denn beide erhalten die gleiche Chance, aus dem durch Nachzahlungen der Gesellschafter aufzufüllenden<br />
Gesellschaftsvermögen Befriedigung suchen zu können.<br />
b. Folgen für die Bestimmung der Reichweise der Vertretungsbefugnis abstrakt<br />
e.A. § 37 I GmbHG analog, Begründung: Verkehrsschutz<br />
a.A. (m.E. vorzugswürdig)<br />
- Gegen Analogie spricht: § 11 I GmbHG<br />
- Es ist aber davon auszugehen, dass Gesellschafter wegen der Haftungsrisiken<br />
die Aufnahme der regelmäßigen Geschäftstätigkeit erst nach Aufnahme <strong>des</strong><br />
Geschäftsbetriebs wünschen<br />
- Grundsätzlich nur zu den Handlungen ermächtigt, die im Zusammenhang mit<br />
Herbeiführung der Eintragung stehen<br />
- Für sonstige Handlungen muss sich aus den Umständen ergeben, dass die<br />
Gesellschafter mit den Handlungen einverstanden sind (stillschweigend reicht)<br />
Beachte: Es gilt noch Einstimmigkeitsprinzip. Niemand soll gegen seinen<br />
Willen zur Eingehung persönlicher Haftungsrisiken gezwungen<br />
werden<br />
zu diesem Streit: Lutter/Hommelhoff GmbHG § 11 Rn 11; Grunewald 2.F. Rn<br />
31)<br />
BGHZ 80, 129 ff.<br />
Freilich ist zu berücksichtigen, daß die Vertretungsmacht der Geschäftsführer in der Vorgesellschaft durch deren<br />
Zweck begrenzt ist, als notwendige Vorstufe zur juristischen Person deren Entstehung zu fördern und bis dahin<br />
das schon eingebrachte Vermögen zu verwalten und zu erhalten (Scholz/Fischer, GmbHG § 11 Anm 3c, 5;<br />
Ulmer in Hachenburg § 11 RdNr 36f, 57, 92). Geht es dabei zB um die Fortführung eines als Sacheinlage<br />
eingebrachten Handelsgeschäfts, so wird sich diese Vertretungsbefugnis praktisch weitgehend mit der<br />
umfassenden Vertretungsmacht <strong>des</strong> Geschäftsführers einer eingetragenen GmbH nach den §§ 35ff GmbHG<br />
decken (Urt d Sen v 10.1.63 - II ZR 19/62, LM GmbHG § 11 Nr 12).<br />
Bei Bargründungen beschränkt sie sich dagegen im allgemeinen auf solche Rechtshandlungen, die unerläßlich<br />
sind, um die gesetzlichen Eintragungsvoraussetzungen und die Eintragung selbst herbeizuführen. Die Gründer<br />
sind aber nicht gehindert, die Vertretungsmacht der Geschäftsführer zu erweitern, zumal das GmbH-Gesetz, wie<br />
schon erwähnt, Erwerbsgeschäfte im Gründungsstadium nicht so streng wie das Aktienrecht beschränkt. Das<br />
kann insbesondere der Fall sein, wenn die Gründer den oder die Geschäftsführer übereinstimmend ermächtigen,<br />
bereits vor der Eintragung ein Geschäft weiterzubetreiben oder zu eröffnen oder, wie hier, namens der<br />
Vorgesellschaft die Komplementärrolle in einer Kommanditgesellschaft und damit die Haftung nach § 128 HGB<br />
zu übernehmen. Hierfür bedarf es (anders als bei einem Mitgliederwechsel nach den Urteilen BGHZ 21, 242 und<br />
29, 300) nicht der Form <strong>des</strong> § 2 GmbHG. Denn die Regelung der Organvertretungsmacht hat nur für die Dauer<br />
der Vorgesellschaft Bedeutung, da nach der Eintragung § 37 Abs 2 GmbHG eingreift. Schließt ein<br />
Geschäftsführer im Rahmen einer solchen Ermächtigung für die Vor-GmbH oder die durch sie vertretene<br />
Kommanditgesellschaft Geschäfte ab, so sind diese für und gegen den Geschäftsinhaber wirksam (so im<br />
Ergebnis Ulmer, wie zuvor; zu eng ders in Festschr f Ballerstedt S 291, 295: Erweiterung der Vertretungsmacht<br />
nur durch die Satzung; zu weitgehend andererseits Scholz/Winter aaO § 11 Anm 7 und Binz,<br />
Haftungsverhältnisse S 134ff, die § 37 Abs 2 GmbHG in das Gründungsstadium vorverlegen wollen:<br />
Unbeschränkte Organvertretungsmacht auch ohne besondere Ermächtigung).<br />
c. Reichweite der Vertretungsbefugnis im konkreten Fall<br />
27
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- Die umfangreichen Anschaffungen dürften über die Befugnisse, die dem<br />
Geschäftsführer einer Vor-GmbH allgemein zustehen hinausgehen.<br />
- Aber angesichts der Gesamtumstände kann von Einverständnis <strong>des</strong> B ausgegangen<br />
werden<br />
- Selbst wenn B sich nicht ausdrücklich einverstanden erklärt hat, dann ist der Fall der<br />
Übernahme eines gebrauchten Mantels vergleichbar mit der Einbringung eines<br />
Handelsbetriebes als Sacheinlage. Nach BGH liegt in der Vereinbarung dieser<br />
Sacheinlage das Einverständnis zur Fortführung <strong>des</strong> Handelsbetriebes<br />
� von der Vertretungsmacht gedeckt<br />
� Vor-GmbHG verpflichtet<br />
� Mit Eintragung sind diese Verbindlichkeiten auf die M-GmbH übergegangen<br />
_________<br />
Exkurs: Was passiert wenn der A seine Vertretungsmacht überschritten hätte<br />
- keine Verpflichtung der Vor-GmbH, Haftungslücke ?<br />
- Hier greift ergänzend Handelndenhaftung § 11 II GmbH<br />
� der Handelnde haftet persönlich<br />
- Die Haftung erlischt aber, wenn die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen<br />
- Daraus folgt � Gesellschafter haben zwei Optionen<br />
a. Entweder nehmen von der Eintragung Abstand. Dann haften weder die<br />
Gesellschaft noch sie<br />
b. Oder sie lassen zu, dass Gesellschaft eingetragen wird. Dann erlischt die Haftung<br />
aus § 11 GmbHG. Dafür haftet die Gesellschaft für die Verbindlichkeiten, die<br />
vor der Eintragung entstanden sind, in unbegrenzter Höhe.<br />
Exkurs Ende<br />
________________<br />
III. Bestehen einer Unterbilanz zum Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister<br />
Unterbilanz: Zum Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister ist das<br />
Aktivseite Passivseite<br />
5000 Nettovermögen vor Anschaffung - nominelle Stammkapital 50.000<br />
der Maschinen<br />
60.000 Objektiver Wert der Maschinen 9 - Verbindlichkeiten 100.000<br />
65.000 150.000<br />
� Unterbilanz bei Beantragung der Eintragung: 85.000<br />
� dieser wurde vermindert durch Zahlung von A und B um 25.000<br />
� Unterbilanz zum Zeitpunkt der Eintragung: 60.000<br />
C. Rechtsfolgen<br />
I. Grundsatz: Innenhaftung<br />
- Grundsätzlich sind die Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber verpflichtet<br />
entsprechend § 9 GmbH, pro rata, d.h. entsprechend der Höhe ihrer Beteiligung für die<br />
Unterbilanz<br />
9 Zum Zeitpunkt der Eintragung in das HR<br />
28
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Allgemeiner Hinweis:<br />
Es ist ein Strukturproblem: Anteilige Haftung oder Gesellschafter oder volle Haftung eines Gesellschafters und<br />
Rückgriff bei den anderen Gesellschaftern<br />
- Bei Personengesellschaften ist die Außenhaftung nicht nach außen begrenzt<br />
- Bei der GmbH ist die Haftung auf die Anteilshöhe begrenzt. Streng genommen handelt es sich ja im<br />
Ausgangspunkt um eine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft. Gegenüber der Gesellschaft muss jeder<br />
Gesellschaft die Anteile nur entsprechend seiner Beteiligung aufbringen<br />
- Die Gläubiger werden durch die Ausfallhaftung (vgl § 24, 31 III gmbHG) geschützt<br />
- Im vorliegenden Fall: Der A und der B jeweils iHv EUR 30.000,--<br />
(Unterbilanz iHv EUR 60.000,-- jeder Gesellschafter jeweils Anteil von 50 %)<br />
BGHZ 134, 333 = 1997, 679-682<br />
1. Die Gründe, die bisher nach Ansicht <strong>des</strong> Senats im Gläubigerinteresse eine Außenhaftung erforderlich<br />
machten, sind mit der Aufgabe <strong>des</strong> Vorbelastungsverbots und der Einführung der Vorbelastungshaftung<br />
entfallen. Denn dadurch, daß auch die Pflichten aus den von der Vor-GmbH getätigten Geschäften auf die<br />
eingetragene GmbH übergehen (vgl. dazu BGHZ 80, 129, 137 ff.) und darüber hinaus die Vorbelastungshaftung<br />
auch die den Min<strong>des</strong>teinlagebetrag übersteigende Zahlung ergreift, die freiwillig vor Eintragung der GmbH zur<br />
Erfüllung der Resteinlagepflicht vorgenommen wird (vgl. BGHZ 105, 300), ist die besondere Gefahrenlage der<br />
Gläubiger, die dem Senat seinerzeit Veranlassung zur Annahme einer Außenhaftung gegeben hat, beseitigt.<br />
2. Zugleich weisen gewichtige Gründe auf eine Ausgestaltung der Verlustdeckungshaftung als Innenhaftung hin.<br />
a) Aufgrund ihrer Nähe zur rechtsfähigen GmbH ist diese Haftungsform für ihre Gesellschafter typischer als die<br />
für die oHG und in den von § 176 HGB gesetzten Grenzen auch für die KG maßgebende gesamtschuldnerische<br />
Außenhaftung der Gesellschafter (vgl. dazu Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 736 f.). Daher sollte die<br />
Haftungsverfassung der VorGmbH für Anlaufverluste den für die eingetragene GmbH geltenden<br />
Haftungsgrundsätzen angepaßt werden (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 362; Ulmer, ZIP 1996, 733, 734).<br />
Entsprechend dem für die GmbH gültigen gesetzlichen Konzept ist die an die Eintragung der GmbH geknüpfte<br />
Vorbelastungshaftung (Unterbilanzhaftung) folgerichtig stets unter dem Gesichtspunkt der internen Haftung der<br />
Gesellschafter gesehen worden. Der weitgehende Gleichlauf der Verlustdeckungshaftung mit der<br />
Vorbelastungshaftung, die beide in einem engen Zusammenhang stehen, spricht somit nachdrücklich dafür, auch<br />
dieses Rechtsinstitut als Innenregreß mit anteiliger Haftung auszuformen (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 65;<br />
Lutter/Hommelhoff aaO, § 11 Rdn. 8; Meister, FS Werner aaO, S. 550; Stimpel, FS Fleck aaO, S. 361).<br />
Den Gläubigern entstehen dadurch keine unzumutbaren Nachteile, weil sie im Wege der Pfändung den<br />
Verlustdeckungsanspruch der Vorgesellschaft gegen die Gründer verwerten können (Hachenburg/Ulmer aaO, §<br />
11 Rdn. 66). Zwar wird dagegen eingewandt, es stelle eine wesentliche Beeinträchtigung <strong>des</strong> Gläubigerschutzes<br />
dar, daß diese gezwungen seien, aus einem gegen die Vor-GmbH erwirkten Titel die gegen die<br />
Gründergesellschafter gerichteten Einzelansprüche zu pfänden, Teilschulden einzuklagen und bei deren<br />
Uneinbringlichkeit schließlich die Ausfallhaftung geltend zu machen (K. Schmidt, ZIP 1996 aaO, S. 357). Es ist<br />
unbestreitbar, daß diese Voraussetzungen den Gläubigern im Vergleich zu einer gesamtschuldnerischen<br />
Außenhaftung die Durchsetzung ihrer Ansprüche erschweren können. Die in diesem Zusammenhang gebotene<br />
Abwägung der Interessen der Gläubiger und Gesellschafter ergibt aber, daß diese Erschwernis für die Gläubiger<br />
nicht unzumutbar ist. Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, daß sie nur in den Fällen der masselosen<br />
Insolvenz auftreten kann, diese aber bei der Vor-GmbH relativ selten sind (Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 735 f.). Des<br />
weiteren ist zu Recht entgegnet worden, daß es dem einzelnen Gesellschafter kaum zugemutet werden kann, sich<br />
einer der Höhe nach unbegrenzten gesamtschuldnerischen Haftung anstelle einer durch die Anlaufverluste<br />
begrenzten anteiligen Verlustdeckungs- oder Vorbelastungshaftung auszusetzen (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 361<br />
f.; Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 736; Kort, ZIP 1996, S. 109, 113). Das betrifft insbesondere die kleinen und<br />
mittleren Gesellschafterbeteiligungen. Zudem kann es, sieht man einmal von den Insolvenzfällen ab, durchaus<br />
Fälle geben, in denen die Vor-GmbH bei Zahlungsfähigkeit die Zahlung mit guten Gründen ablehnt. Hier würde<br />
es insbesondere den unternehmerisch nicht beteiligten Gesellschafter unzumutbar belasten, sich die für die<br />
Rechtsverteidigung erforderlichen Informationen zuvor bei der Vor-GmbH beschaffen zu müssen, die dem<br />
Anspruchsbegehren <strong>des</strong> Gläubigers selbst ohne derartige Erschwernisse entgegentreten könnte.<br />
29
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Insgesamt bewertet würde die gesamtschuldnerische Außenhaftung den Gläubigern ein nicht gebotenes Maß an<br />
Schutz gewähren (vgl. Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 736).<br />
b) Im Falle <strong>des</strong> Konkurses wäre bei Annahme einer unmittelbaren Haftung der Gesellschafter zu befürchten, daß<br />
ein Wettlauf der Gläubiger einsetzt und - etwa wenn einzelne Gesellschafter illiquide werden - ungleiche<br />
Befriedigungschancen der Gläubiger entstehen. Sind die Ansprüche dagegen im Innenverhältnis gegen die Vor-<br />
GmbH gerichtet, kann in der Regel eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger erwartet werden. Das gilt vor<br />
allem <strong>des</strong>halb, weil der Verlustdeckungsanspruch gegen die Vor-GmbH erst mit dem Scheitern der Eintragung<br />
entsteht (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 95). Der Fälligkeitszeitpunkt ist mit der Eröffnung <strong>des</strong><br />
Konkursverfahrens bzw. mit dem Beginn der Liquidation bestimmt. Berechnungsschwierigkeiten sind nicht zu<br />
befürchten.<br />
26<br />
II. Ausnahme Außenhaftung<br />
1. Allgemein<br />
BGHZ 134, 333 = 1997, 679-682<br />
Ist die Vor-GmbH hingegen vermögenslos, hat sie insbesondere keinen Geschäftsführer mehr oder sind weitere<br />
Gläubiger nicht vorhanden, kann ebenso wie bei der Einmann-Vor-GmbH dem Gläubiger der unmittelbare<br />
Zugriff gestattet werden. Die Eröffnung dieser Möglichkeit schafft keine Abwicklungsschwierigkeiten<br />
(Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 67, 68).<br />
- Wenn nur ein Gläubiger, droht kein Wettlauf der Gläubiger<br />
- Wenn vermögenslos, findet kein Verteilungsverfahren statt. Besser<br />
Wenn mangels Masse abgelehnt, findet keine Insolvenzverwaltung und keine Verteilung<br />
statt. Wenn einzelner Gläubiger Pfändung durchführt und dann nur seine anteilige Quote<br />
erhält, lohnt sich der Aufwand nicht. Daher besser Wettlauf der Gläubiger als wenn der<br />
bzw. die Gesellschafter ganz „ungeschoren“ davon kommen<br />
2. Außenhaftung im vorliegenden Fall<br />
a. Gibt es eine Außenhaftung<br />
Ja, hier liegt ein Fall der Vermögenslosigkeit vor<br />
b. Außenhaftung in voller Höhe oder nur pro rata ?<br />
Haftet jeder Gesellschafter für die Unterbilanz in voller Höher oder nur anteilig, sprich<br />
kann der Gläubiger von einem Gesellschafter den gesamten Fehlbetrag verlangen (im<br />
Ergebnis haften ihm die verbliebenen Gesellschafter als Gesamtschuldner) oder kann der<br />
jeden der Gesellschafter nur entsprechend seines Anteils in Anspruch nehmen ?<br />
aa. Für Außenhaftung in voller Höhe<br />
- klassische Modell: Außenhaftung in voller Höhe, die Höhe der Beteiligung wird erst<br />
beim Ausgleich der Gesellschafter untereinander im Rahmen <strong>des</strong> Rückgriffs bei den<br />
Mitgesellschaftern berücksichtigt (vgl. Haftung bei OHG; GbR)<br />
- Gläubigerschutz: Für den Gläubiger sehr umständlich, muss sich Titel gegen jeden<br />
Gesellschafter besorgen, um an die volle Summe zu kommen<br />
bb. Anderseits (h. Lit)<br />
- Unterbilanzhaftung ist eine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft<br />
Grundsatz bei der GmbH, dass ggü der Gesellschaft nur anteilig haftet (§§ 24, 31 III<br />
GmbHG)<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- Von der Rechtsnatur handelt es sich um eine Forderung der Gesellschaft. Lediglich eine<br />
verfahrenstechnische Abkürzung. Anstatt mühsam die Forderung der Gesellschaft zu<br />
pfänden, soll der Gläubiger direkt auf die Gesellschafter zugreifen können. Aber es<br />
handelt sich um einen Anspruch der Gesellschaft gerichtet auf Erbringung der Einlagen<br />
nach § 9 I GmbHG. Kurz: Der Gläubiger soll nicht mehr dürfen als die Gesellschaft<br />
� Außenhaftung <strong>des</strong> A (+)<br />
� Aber nur in Höhe von EUR 30.000,--<br />
� Der Gläubiger kann den A nach § 9 GmbHG aus Unterbilanzhaftung in Höhe von EUR<br />
30.000,-- in Anspruch nehmen<br />
� Denselben Anspruch hat er auch gegen B<br />
Praktischer Hinweis: Beide können in einem Prozess verklagt werden als sog. Streitgenossen<br />
(§§ 59, 60 ZPO)<br />
D. Konkurrierender Anspruch § 11 II GmbHG<br />
I. Anspruch gegen B (-)<br />
1. Grundsätzlich auf Mantelkauf analog anwendbar<br />
Begr.: § 11 GmbHG hat zwei Zwecke<br />
(1) Straf- und Druckfunktion: Geschäftsführer soll zum möglichst zügigen<br />
Eintragen veranlasst werden (nunmehr im Interesse der Gesellschafter)<br />
(2) Wenn der Handelnde seine Vertretungsbefugnisse überschreitet, so dass<br />
die Vorgesellschaft nicht verpflichtet wird und es nicht zur Eintragung kommt,<br />
würde Haftungslücke entstehen<br />
Querverweis Ist dieses Argument zwingend ? Lesen Sie § 179 I BGB, der<br />
nach auch auf organschaftliche Vertretung Anwendung findet, vgl BGHZ 39,<br />
51, 52<br />
Wenn man auf die Mantelgründung die Vorschriften zur Kapitalaufbringung bei der<br />
Gründunganalog anwendet, dann bestehen dieselben Schutzinteressen auch hier<br />
(Gegenansicht mit folgender Argumentationslinie vertretbar: § 11 GmbHG mit<br />
Einführung von Vorbelastungshaftung ohnehin weitgehend bedeutungslos, Gläubiger<br />
durch Vorbelastungshaftung ausreichend geschützt, Erwerber eines Mantels auch ohne<br />
§ 11 II erheblichen Haftungsrisiken belastet)<br />
2. Anspruchsvoraussetzungen<br />
a. Bestehen einer Vorgesellschaft<br />
b. Handelnder � Handeln für die Vorgesellschaft<br />
- Vor Aufgabe <strong>des</strong> Vorbelastungsverbots wurden teilweise alle Gründer und<br />
Geschäftsführer als Handelnde angesehen<br />
- Aber nun bereits umfassende Haftung durch die Vorbelastungshaftung. Personen<br />
daneben nach § 11 II haften zu lassen, nur gerechtfertigt, wenn sie im Wortsinne<br />
gehandelt haben, also in irgendeiner nennenswerten Form tätig geworden sind<br />
� B müsste an der Vornahme eines Rechtsgeschäfts der Vorgesellschaft (hier der<br />
Mantelgesellschaft) beteiligt gewesen sein<br />
� B hat nicht gehandelt<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
� Haftung nach § 11 II GmbHG (-)<br />
II. Anspruch gegen den A aus § 11 II GmbHG<br />
1. Anspruch ist zunächst entstanden (im Gegensatz zum B hat A gehandelt)<br />
a. Bestehen einer Vorgesellschaft � analoge Anwendung auf die Mantelgesellschaft<br />
b. Handeln � Vornahme eines Rechtsgeschäfts im Namen der Gesellschaft (+)<br />
c. Überschreiten der Vertretungsmacht s o (+)<br />
2. Anspruch erloschen � wegen Eintragung bzw. erfolgreichem Abschluss der<br />
„wirtschaftlichen Neugründung“<br />
- § 11 II nur absichernde Funktion, falls es mit der Eintragung nicht klappt<br />
- Wennn Gesellschaft eingetragen wird (bzw. hier gegenüber dem Registerrichter die<br />
Versicherung nach § 7 II GmbHG abgegeben wird, gehen Verbindlichkeiten auf die<br />
Gesellschaft über (Gesellschaft übernimmt auch die Verbindlichkeiten, die unter<br />
Überschreitung der Vertretungsmacht, s o)<br />
- Gläubiger dann durch die Vorbelastungshaftung ausreichend geschützt<br />
� Haftung erlischt mit Eintragung (bei klassischer Vorgesellschaft)<br />
� Bei wirtschaftlicher Neugründung (wenn Versicherung nach § 7 II abgegeben und<br />
der Registerrichter daraufhin die mit der wirtschaftlichen Neugründung verbundenen<br />
Änderungen (Änderung <strong>des</strong> Geschäftsgegenstands, ggf. Sitzwechsel usw.)<br />
Hinweis:<br />
Sonderfall: Auftreten als GmbH i.L.<br />
� Leitenscheidung zur Verlustdeckungshaftung als komplementäre Ergänzung der<br />
Vorbelastungshaftung<br />
BGHZ 134, 333 = 1997, 679-682<br />
- Haftung auch dann nicht auf Stammkapital begrenzt, wenn bei Begründung der Verbindlichkeiten erkennbar,<br />
dass Gesellschaft nicht eingetragen werden , sondern liquidiert werden soll (Auftreten als GmbH i.L.)<br />
1. Nach der bisherigen Rechtsprechung <strong>des</strong> Senats haften die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Vor-<br />
GmbH, die nicht in das Handelsregister eingetragen, sondern liquidiert wird, grundsätzlich nur bis zur Höhe<br />
ihrer Einlageverpflichtung. Der Wille zu einer solchen Haftungsbeschränkung komme, wie der Senat ausgeführt<br />
hat, regelmäßig dadurch zum Ausdruck, daß der Geschäftsführer für eine "GmbH" oder "GmbH i.G." auftrete.<br />
Dadurch werde für den Vertragspartner erkennbar, daß "die Vertretungsmacht und die ihr entsprechenden<br />
Vertragserklärungen <strong>des</strong> Geschäftsführers darauf beschränkt seien, die Gründer nur bis zur Höhe ihrer Einlagen<br />
zu verpflichten" (BGHZ 65, 378, 382; 72, 45, 49; 80, 129, 144; 80, 182, 184). Wird nach dieser Rechtsprechung<br />
die Einlage entsprechend der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelung bereits vor Eintragung der<br />
Gesellschaft vollständig eingezahlt, scheidet eine weitergehende Inanspruchnahme <strong>des</strong> Gesellschafters aus<br />
seinem Privatvermögen aus (BGHZ 65, 378, 382 f.).<br />
2. Gegen die Haftungsbeschränkung sind insbesondere nach Aufgabe <strong>des</strong> Vorbelastungsverbots und der damit<br />
verbundenen Einführung der Vorbelastungs- bzw. Unterbilanzhaftung (vgl. BGHZ 80, 129; 105, 300)<br />
berechtigte Bedenken erhoben worden.<br />
13<br />
a) Die Entscheidung der Frage, ob die Gesellschafter der Vor-GmbH für Geschäfte, die mit ihrer Zustimmung<br />
aufgenommen worden sind, beschränkt oder unbeschränkt haften, ist im Ausgangspunkt daran auszurichten, daß<br />
nach allgemeinen Grundsätzen <strong>des</strong> bürgerlichen Rechts und <strong>des</strong> Handelsrechts derjenige, der als Einzelperson<br />
oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen haftet. Dieser<br />
Grundsatz gilt solange, wie er nicht durch das Gesetz abgeändert wird - das hat sich in der Regelung zur Haftung<br />
32
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
der Kommanditisten (§§ 171 ff. HGB) und der Gesellschafter in den Gesellschaften mit beschränktem<br />
Haftungsfonds niedergeschlagen - oder die Gesellschafter mit dem Vertragspartner keine vertragliche<br />
Beschränkung der Haftung herbeiführen (Flume, Die juristische Person, 1983, § 5 III 3, S. 164; ders., Die<br />
Personengesellschaft, 1977, § 16 IV 4, S. 328 f.; vgl. auch John, Die organisierte Rechtsperson, 1977, S. 324; K.<br />
Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 18 IV 1 b; § 34 III 3 c m.w.N. in Fn. 74; ders., Zur Stellung der oHG im<br />
System der Handelsgesellschaften, 1972, S. 317; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 11 Rdn. 82; Stimpel,<br />
FS Fleck, 1988, S. 345, 360 m.w.N. in Fn. 49/44; Wiedemann, JurA 1970, S. 456 f.). Zutreffend wird darauf<br />
hingewiesen, daß angesichts dieser gesetzlichen Konzeption außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle nicht etwa<br />
die Annahme einer unbeschränkten, sondern diejenige einer beschränkten Haftung begründungsbedürftig ist. Da<br />
die Gesellschaftsverpflichtungen Angelegenheit der Gemeinschaft sind und den einzelnen Gesellschafter die<br />
Haftung für diese Verpflichtungen trifft, kann die Haftungsbeschränkung nicht auf Umstände wie die<br />
hinreichende Warnung der Gläubiger durch die Firmierung, den gegenständlichen Umfang der Vertretungsmacht<br />
<strong>des</strong> Geschäftsführers oder einen entsprechenden Willen der einzelnen Gesellschafter gestützt werden. Denn es<br />
geht nicht um die rechtsgeschäftliche Verpflichtung der Gründergesellschafter, sondern um ihre gesetzliche<br />
Haftung für die Verpflichtungen der Gemeinschaft und deren Ausschluß (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 360; Flume,<br />
Die juristische Person aaO, S. 165).<br />
b) Die Regelung <strong>des</strong> § 13 Abs. 2 GmbHG, nach der den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur<br />
das Gesellschaftsvermögen haftet, steht der Annahme einer unbeschränkten Haftung nicht entgegen. Die<br />
Vorschrift ist lediglich auf die eingetragene GmbH zugeschnitten. Eine Ausdehnung auf die Vor-GmbH kommt<br />
im Hinblick auf § 11 Abs. 1 GmbHG nicht in Betracht. Denn würde man den Kreis der auf die Vorgesellschaft<br />
anwendbaren Normen <strong>des</strong> GmbH-Rechts um die Vorschriften über die Aufbringung bzw. Sicherung <strong>des</strong><br />
Stammkapitals und die Haftungsbeschränkung erweitern, würde sich die Bedeutung der<br />
Handelsregistereintragung auf die Umwandlung der Vorgesellschaft in eine juristische Person, also einen rein<br />
formalen Aspekt, beschränken. In materiell-rechtlicher Hinsicht bestünde die Gesellschaft mit der Wirkung der<br />
beschränkten Haftung jedoch schon vor ihrer Eintragung (Lieb, FS Stimpel, 1985, S. 399, 412 f.; ihm folgend<br />
Stimpel, FS Fleck aaO, S. 354 f.). Gerade das schließt § 11 Abs. 1 GmbHG aus. Einer solchen ausdehnenden<br />
Anwendung <strong>des</strong> § 13 Abs. 2 GmbHG steht auch die Haftungsregelung <strong>des</strong> § 11 Abs. 2 GmbHG entgegen. Der<br />
Gesetzgeber hat mit der Durchführung von Geschäften vor Eintragung der GmbH gerechnet und aus diesem<br />
Grunde im Gläubigerinteresse die unbeschränkte persönliche Haftung der "Handelnden" verlangt. Darunter ist in<br />
früherer Zeit nicht nur die Haftung der Geschäftsführer, sondern auch der Gründergesellschafter verstanden<br />
worden. Dieser gesetzgeberische Gedanke beansprucht auch unter der geänderten Voraussetzung Geltung, daß<br />
die Haftung der Gesellschafter heute anders konzipiert wird (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 355 f.).<br />
c) Im Schrifttum wird zudem auf den Wertungswiderspruch hingewiesen, der dann entsteht, wenn die Haftung<br />
der Gesellschafter in der Vor-GmbH beschränkt wird, nach Eintragung in Gestalt der Unterbilanzhaftung<br />
(Vorbelastungshaftung) jedoch eine unbeschränkte Haftung eingreifen soll. Es wird zu Recht als eine nicht<br />
hinnehmbare Inkonsequenz angesehen, die Haftung der Gründer bis zur Eintragung auf die bedungenen Einlagen<br />
zu reduzieren, nach Eintragung die Gesellschafter hingegen mit einer unbegrenzten Verlustausgleichspflicht zu<br />
belasten (Meister, FS Werner, 1984, S. 521, 548 f.; Lieb, FS Stimpel aaO, S. 411, 414; Stimpel, FS Fleck aaO, S.<br />
359; K. Schmidt, ZHR 156 1992 , S. 93, 108; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 11 Rdn. 64). Das<br />
Ungleichgewicht zwischen einer beschränkten Haftung vor Eintragung und einer unbeschränkten<br />
Einstandspflicht nach Eintragung würde bei Verlusten der Vorgesellschaft für die Gründer einen erheblichen<br />
Anreiz bieten, die Eintragung nicht weiterzubetreiben und die Gesellschaft zu liquidieren (Meister, FS Werner<br />
aaO, S. 548; Scholz/K. Schmidt aaO, § 11 Rdn. 80). Ein Haftungsgleichlauf vor und nach Eintragung der GmbH<br />
erscheint daher unabdingbar. Er gebietet, eine unbeschränkte Haftung der mit der Aufnahme der<br />
Geschäftstätigkeit einverstandenen Gründer für sämtliche Anlaufverluste der Vor- GmbH anzuerkennen (Lieb,<br />
FS Stimpel aaO, S. 414; Meister, FS Werner aaO, S. 548 f.; Stimpel, FS Fleck aaO, S. 360 f.; Hachenburg/Ulmer<br />
aaO, § 11 Rdn. 65; Scholz/K. Schmidt aaO, § 11 Rdn. 82; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 11 Rdn. 8).<br />
d) Für dieses Ergebnis streitet auch eine rechtssystematische Überlegung. Eine Unterbilanzhaftung, die erst nach<br />
Eintragung Rechtsfolgen entfaltet, benötigt in der Entwicklungsstufe der Vor-GmbH ein gleichwertiges<br />
Äquivalent. Denn erst eine schon während <strong>des</strong> Bestehens der VorGmbH eingreifende unbeschränkte Haftung der<br />
Gründer kann die nach der Eintragung wirkende Vorbelastungs- oder Unterbilanzhaftung legitimieren (vgl. K.<br />
Schmidt, ZHR 156 1992 aaO, S. 108, 121). Es erscheint unter diesem Gesichtspunkt geboten, von einer<br />
einheitlichen Gründerhaftung auszugehen (Meister, FS Werner aaO, S. 549), die sich in eine<br />
Verlustdeckungshaftung und eine Vorbelastungshaftung aufspaltet, jedoch auf den gleichen, der jeweiligen<br />
Gründungsphase angepaßten Anspruchsvoraussetzungen basiert (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 95).<br />
17<br />
e) Mit Hilfe der Verlustdeckungshaftung wird auch der Interessenwiderstreit beseitigt, der zwischen<br />
Geschäftsführern, die zur Vermeidung einer Handelndenhaftung auf die Eintragung der GmbH drängen, und<br />
33
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Gesellschaftern, die sich einer Eintragung wegen der Besorgnis der Vorbelastungshaftung widersetzen, besteht<br />
(vgl. dazu BGHZ 80, 129, 142). Die Geschäftsführer haften bei Annahme einer Verlustdeckungshaftung vor<br />
Eintragung der GmbH nicht schärfer als die Gesellschafter. Scheitert die Eintragung, so können die gemäß § 11<br />
Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommenen Geschäftsführer ihren Regreßanspruch mittels der<br />
Verlustdeckungshaftung bei den Gesellschaftern durchsetzen.<br />
Insgesamt erscheint es somit interessen- und sachgerecht, den Gesellschaftern das Geschäftsrisiko der<br />
Gesellschaft in der Gründungsphase aufzuerlegen (vgl. Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 95).<br />
34
Fall 3<br />
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
A, B, C gründen im Februar 2003 eine AG. Sie stellen die Satzung mit notarieller<br />
Beurkundung fest und übernehmen sämtliche Aktien der Gesellschaft. Sie bestellen sich<br />
selbst zum Aufsichtsrat und den A zu <strong>des</strong>sen Vorsitzenden. Zum Vorstand berufen A, B und<br />
C durch Beschluss X und Y. Ferner schließen im Namen der AG iG mit X und Y einen<br />
Anstellungsvertrag, indem eine Jahresvergütung in Höhe von EUR 600.000 vereinbart wird.<br />
Wegen Streitigkeiten kommt es zu Verzögerungen der Eintragung. Y sieht im April 2004 eine<br />
sehr günstige Gelegenheit für die Anmietung von Büroräumen und schließt im Namen der AG<br />
iG einen Mietvertrag über drei Jahre zu einem Mietzins in Höhe von EUR 400.000 jährlich.<br />
Daneben schließt Y einen Vertrag mit der D-Bank über die Betreuung und Beratung bei<br />
Vorbereitung und Durchführung öffentlichen Angebot von Aktien der AG an die Aktionäre.<br />
Hierfür ist eine Vergütung von EUR 300.000,-- zuzüglich einer Erfolgsprovision vereinbart.<br />
Im Dezember 2003 lehnt der Registerrichter wegen Unterdeckung die Eintragung in das<br />
Handelsregister ab. A, B und C weigern sich, Kapital zum Ausgleich der Unterdeckung zur<br />
Verfügung zu stellen. X und Y beginnen dennoch mit der geschäftlichen Tätigkeit. Im<br />
November 2004 muss die AG iG Insolvenz anmelden. Die Eröffnung <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens<br />
wird mangels Masse abgelehnt<br />
Frage 1<br />
Der Vermieter und die Bank wollen wissen, ob A, X und/ oder Y für den Mietzins bzw.<br />
für das Beratungshonorar haften .<br />
Frage 2<br />
X und Y wiederum verlangen von A und B die Vorstandsvergütung in Höhe von EUR<br />
600.000,-- Zu Recht ?<br />
Literaturhinweise zur Vorbereitung<br />
- Zu Grunde liegen<strong>des</strong> Urteil: BGH ZIP 2004, 1409-1411 = NJW 2004, 2519-2520<br />
- Zur Vorbereitung: Erläuterungen zur Gründung der AG bei Hueck/Windbichler<br />
- Vertiefung:<br />
GmbHR 2004, 1153-1155, Bergmann, Andreas (Entscheidungsbesprechung)<br />
NJW 2004, 2712-2715, Nittel, Mathias (Entscheidungsbesprechung)<br />
35
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Teil 1 – Ansprüche wegen <strong>des</strong> Mietzinses<br />
Lösungsskizze zu Fall 3<br />
A. Anspruch aus Mietvertrag, § 535 II BGB gegen A<br />
Der Haftung wegen Verlustdeckungshaftung<br />
Verpflichtung der Vor-AG<br />
1. Gesellschaft würde gegründet (sonst Vorgründungsgesellschaft)<br />
a. Feststellung der Satzung mit notarieller Beurkundung, § 23 I S. 1 AktG<br />
beachte in § 23 III, IV vorgeschriebener Min<strong>des</strong>tinhalt<br />
b. Errichtung der Gesellschaft durch Übernahme sämtlicher Anteile durch die<br />
Gründer, § 29 AktG<br />
2. Wurde Vor-AG ordnungsgemäß vertreten ?<br />
a. Y hat im Namen der Vorgesellschaft gehandelt<br />
b. Vertretungsmacht könnte sich daraus ergeben, dass zum Vorstand der<br />
Vorgesellschaft bestellt gemäß § 30 IV AktG<br />
- Bestellung durch die AR-Mitglieder (+)<br />
- AR-Mitglieder ihrerseits waren Gründer iSv § 30 I S. 1 AktG<br />
� Somit Y wirksam zum Vorstand der Vor-Gesellschaft bestellt<br />
c. Fraglich, welche Vertretungsmacht sich daraus ergibt<br />
(vgl Ausführungen im Fall 3a zur Parallelfrage bei der GmbH)<br />
aa. Bestünde keine Vertretungsmacht, wenn sich aus § 41 AktG ein<br />
Vorbelastungsverbot ergäbe<br />
hM Aber wie bei der GmbH: Vorbelastungshaftung statt Vorbelastungsverbot<br />
(vgl Hueck/Windbichler § 22 Rn 6)<br />
Rückschlüsse aus BGH ZIP 2004, 1409-1411<br />
Indem der BGH die Diskussion aufgreift, ob und inwieweit die Handelndenhaftung neben der Vorbelastungs-<br />
/ Verlustdeckungshaftung von eigenständiger Bedeutung ist, erkennt er m.E. implizit an, dass bei der Akt<br />
gds dieselben Grundsätze gelten wie bei der GmbH.<br />
bb. Abschluss <strong>des</strong> Mietvertrages wäre von der Vertretungsmacht umfasst, wenn §<br />
78 I AktG analog Anwendung fände<br />
cc. Argumente die bei der GmbH dagegen sprechen (vgl o Fall 3a) sprechen bei<br />
der AG erst Recht dagegen. GmbHG orientiert sich eher am Leitbild <strong>des</strong><br />
unternehmerischen Gesellschafters als die AG<br />
� Daraus folgt auch bei der AG<br />
- Grundsätzlich nur zu den Handlungen ermächtigt, die im Zusammenhang mit<br />
Herbeiführung der Eintragung stehen<br />
- Für sonstige Handlungen muss sich aus den Umständen ergeben, dass die<br />
Gesellschafter mit den Handlungen einverstanden sind (stillschweigend reicht)<br />
Beachte: Es gilt noch Einstimmigkeitsprinzip. Niemand soll gegen seinen<br />
Willen zur Eingehung persönlicher Haftungsrisiken gezwungen<br />
werden<br />
36
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
dd. Daraus folgt im konkreten Fall<br />
- Hier Genzfall am Fall argumentieren<br />
- Wertung für diesen Lösungsvorschlag:<br />
Mietvertrag eher nicht von der Vertretungsmacht umfasst<br />
� nicht zwingend erforderlich für die Bewirkung der Eintragung<br />
� Großes Geschäftsvolumen, große Tragweite<br />
� Nach diesem Lösungsvorschlag hat der Y die Vor-AG nicht wirksam vertreten<br />
� Damit entstanden keine Vorbelastung bzw. keine Verluste<br />
� Damit keine Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeit<br />
B. Anspruch gegen Y nach § 41 I S. 2 AktG<br />
Diskussion bei BGH, dass die Funktionen (Straf- Sicherungs- und Drucksituation) obsolet<br />
geworden seien (vgl Hüffer AktG 6. Aufl. 2004, § 41 Rn 18) Diese Auffassung teilt der BGH<br />
nicht. Sicherungsfunktion noch von eigenständiger Bedeutung<br />
BGH ZIP 2004, 1409-1411<br />
1. Die Klage ist nicht bereits <strong>des</strong>wegen unbegründet, weil für die Handelndenhaftung nach § 41 Abs. 1 Satz 2<br />
AktG nach Aufgabe <strong>des</strong> gegenständlich verstandenen Vorbelastungsverbots kein Raum mehr wäre. Im<br />
Schrifttum wird verbreitet die Berechtigung dieser Rechtsfigur in Zweifel gezogen (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. §<br />
41 Rdn. 18 f. "ohne überzeugende gedankliche Grundlage"; Pentz in Münch.Komm.z.AktG 2. Aufl. § 41 Rdn.<br />
126; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 4. Aufl. S. 1025 f.) und zutreffend angeführt, daß wesentliche Funktionen,<br />
die der historische Gesetzgeber dieser Haftungsnorm zugewiesen hat, entfallen sind. So hat die sog. Straf- und<br />
Druckfunktion der Handelndenhaftung, nachdem nicht nur für das GmbH-Recht, sondern auch für das<br />
Aktienrecht die Wahrung <strong>des</strong> Unversehrtheitsgrundsatzes durch das Vorbelastungsverbot aufgegeben und der<br />
Übergang zur Unterbilanzhaftung vollzogen worden ist, ihre Bedeutung verloren. Dies trifft jedoch nicht in<br />
gleicher Weise auf die sog. Sicherungsfunktion der Handelndenhaftung zu. Sie trägt dem Gedanken Rechnung,<br />
daß die mit der Vorgesellschaft in rechtsgeschäftlichen Kontakt tretenden Gläubiger nicht wissen können und<br />
mit der Unsicherheit nicht belastet werden sollen, ob die Gründer sämtlich das handelnde Organ ermächtigt<br />
haben, schon vor der Eintragung der Gesellschaft geschäftlich tätig zu werden (vgl. dazu Hoffmann-Becking in<br />
Handb.d.Gesellschaftsrechts Bd. 2, 2. Aufl. § 3 Rdn. 36; Pentz aaO § 41 Rdn. 126; Heidel/Höhfeld, AktG § 41<br />
Rdn. 28); fehlt diese Ermächtigung und ist demgemäß die Vertretungsmacht <strong>des</strong> Handelnden eingeschränkt, soll<br />
nach dem Willen <strong>des</strong> Gesetzgebers der Gläubiger wenigstens die als organschaftlicher Vertreter für die<br />
Gesellschaft auftretende Person in Anspruch nehmen dürfen. Unter diesem Blickwinkel hat die<br />
Handelndenhaftung nach wie vor ihren Platz. Sie ist zudem in Art. 7 der Publizitätsrichtlinie der EG (vgl. Lutter,<br />
Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. S. 107; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. § 5 Rdn.<br />
96 f. i.V.m. Rdn. 133 S. 94) mit Bindungswirkung für die Mitgliedsstaaten niedergelegt und in der in diesem<br />
Zusammenhang auf das Aktienrecht übertragbaren GmbH-rechtlichen Rechtsprechung <strong>des</strong> Senats bis in die<br />
jüngste Zeit anerkannt worden (vgl. Beschl. v. 7. Juli 2003 - II ZB 4/02, WM 2003, 1814).<br />
Aber vorliegende Konstellation zeigt, dass Haftung eingeständige Bedeutung haben kann,<br />
denn hier greift weder die Vorbelastungshaftung, noch die Verlustdeckungshaftung ein.<br />
I. Bestehen einer Vor-AG s o (+)<br />
II. Rechtsgeschäftliches Handeln im Namen der Vor-AG (+)<br />
Darauf, ob Y mit Vertretungsmacht gehandelt hat kommt es nicht an. Die verbleibende<br />
Bedeutung der Handelndenhaftung liegt ja gerade darin, den Gläubigern einen<br />
Schuldnern zur Verfügung zu stellen, wenn die Gesellschaft nicht wirksam verpflichtet<br />
wurde.<br />
III. Vor Eintragung in das HR<br />
IV. Keine Eintragung in das HR<br />
37
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
� Y haftet für die Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag<br />
C. Anspruch gegen den X<br />
Problem: X hat nicht persönlich gehandelt, war aber Vorstandsmitglied<br />
Wer „handelt“ iSv § 41 I S.2 AktG ? Nur derjenige der in Aktion tritt oder je<strong>des</strong><br />
Vorstandsmitglied (bei GmbH jeder Geschäftsführer)<br />
e.A.<br />
Jeder einzelvertretungsberechtigte ist „Handelnder“ ohne Rücksicht darauf, wer<br />
konkret gehandelt hat (Argumente: Verkehrsschutz, Nennung auf dem Briefkopf)<br />
vorzugswürdige Ansicht<br />
- Gegenansicht hat sich in der Zeit <strong>des</strong> Vorbelastungsverbot gebildet<br />
- Wegen Vorbelastungshaftung ist die Handelndenhaftung en auszulegen<br />
- Unbillig, jemanden für das eigenmächtige Tun von seinem Kollegen haften zu lassen<br />
- Verkehr ausreichend geschützt. Es steht ja min<strong>des</strong>tens ein Schuldner zur Verfügung<br />
Teil 2 Ansprüche wegen <strong>des</strong> Beratungshonorars<br />
A. Anspruch gegen A<br />
Der Haftung wegen Verlustdeckungshaftung<br />
I. Verpflichtung der Vor-AG<br />
1. Gesellschaft würde gegründet (sonst Vorgründungsgesellschaft)<br />
a. Feststellung der Satzung mit notarieller Beurkundung, § 23 I S. 1 AktG<br />
beachte in § 23 III, IV vorgeschriebener Min<strong>des</strong>tinhalt<br />
b. Errichtung der Gesellschaft durch Übernahme sämtlicher Anteile durch die<br />
Gründer, § 29 AktG<br />
2. Wurde Vor-AG ordnungsgemäß vertreten ?<br />
a. Y hat im Namen der Vorgesellschaft gehandelt<br />
b. Vertretungsmacht könnte sich daraus ergeben, dass zum Vorstand der<br />
Vorgesellschaft bestellt gemäß § 30 IV AktG<br />
- Bestellung durch die AR-Mitglieder (+)<br />
- AR-Mitglieder ihrerseits waren Gründer iSv § 30 I S. 1 AktG<br />
� Somit Y wirksam zum Vorstand der Vor-Gesellschaft bestellt<br />
c. Fraglich, welche Vertretungsmacht sich daraus ergibt<br />
(vgl Ausführungen im Fall 3a zur Parallelfrage bei der GmbH)<br />
Bei der AG gilt wie bei der GmbH (Herleitung s. o. Teil 1)<br />
- Grundsätzlich nur zu den Handlungen ermächtigt, die im Zusammenhang mit<br />
Herbeiführung der Eintragung stehen<br />
- Für sonstige Handlungen muss sich aus den Umständen ergeben, dass die<br />
Gesellschafter mit den Handlungen einverstanden sind (stillschweigend reicht)<br />
Beachte: Es gilt noch Einstimmigkeitsprinzip. Niemand soll gegen seinen<br />
Willen zur Eingehung persönlicher Haftungsrisiken gezwungen<br />
38
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
werden<br />
- Auch hier wieder Grenzfall Beratungshonorar m.E. eher von der<br />
Vertretungsmacht abgedeckt.<br />
Pro - Es war ein öffentliches Angebot der Aktien an die Aktionäre<br />
geplant<br />
- Im Interesse der Gründer, wenn sie einen Großteil der Aktien<br />
möglichst schnell plaziert haben<br />
Contra: Wenn öffentliches Angebot muss der Prospekt von der<br />
Bun<strong>des</strong>anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht genehmigt werden<br />
(vgl §§ 1, 8a VerkaufsprospektG).<br />
Wegen Publikumsschutz wird in der Praxis die Genehmigung in<br />
der Regel nicht erteilt, wenn die Gesellschaft noch nicht<br />
eingetragen ist<br />
Aber: Beratung setzt ja früher ein, sie mündet ja nur in das öffentliche<br />
Angebot<br />
� Zwischenergebnis für diesen Lösungsvorschlag:<br />
Abschluss <strong>des</strong> Beratungsvertrages ist von der Vertretungsmacht<br />
umfasst<br />
� Vor-AG wurde wirksam vertreten<br />
3. Prüfungspunkt: Vertrag könnte gemäß § 26 III S. 1 AktG unwirksam sein.<br />
a. Hierzu müsste das Beratungshonorar ein besonderer Vorteil iSv. § 26 I S. 1<br />
AktG. Das ist dann der Fall, wenn einem Aktionär oder ein Dritter eine<br />
Zuwendung erhält oder eine Geschäft zu Konditionen vereinbar, die ihm ein<br />
vernünftiger Kaufmann nicht eingeräumt hätte (Marktvergleich ähnl wie bei<br />
der verdeckten Gewinnausschüttung)<br />
� Das wäre nur dann näher anzusprechen, wenn Hinweise dass Honorar<br />
außerordentlich hoch<br />
b. Daneben wäre unwirksam, wenn es sich um Teil <strong>des</strong> Gründungsaufwands iSv §<br />
26 II AktG handeln würde. Dieser umfasst aber nur den Aufwand für Kosten<br />
für die Gründung an sich, nicht für die Weiterveräußerung der Anteile Gründer<br />
� Anlagepublikum<br />
II. Haftung der Gründer<br />
1. Grundsätzlich Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft auf Verlustausgleich bzw.<br />
Ausgleich der Unterbilanz<br />
2. Hier aber Durchgriff auf die Gründer – Hierfür sogar zwei Ansätze<br />
a. Vermögenslosigkeit – s.o. Fall 3a<br />
b. Daneben könnte man hier eine Haftung nach § 128 I HGB analog erwägen.<br />
Hierzu müsste es sich um eine sog unechte Vorgesellschaft handeln, dass heißt<br />
die Gesellschafter müssten<br />
(1) die Eintragung endgültig aufgegeben und<br />
(2) sich entschlossen haben trotz Nichtvornahme der Eintragung die<br />
Geschäftstätigkeit aufzunehmen bzw. mit dieser fortzufahren<br />
X und Y haben aber eigenmächtig die Geschäftstätigkeit fortgesetzt. Somit<br />
fehlt es an der zweiten Voraussetzung.<br />
39
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
B. Anspruch gegen X / Y<br />
Wie bei Teil 1. Einziger Unterschied: Hier X und Y nicht die einzigen Schuldner, sondern<br />
haften als Gesamtschuldner neben den Gründern<br />
Teil 3 Ansprüche von X und Y wegen der Vorstandsvergütung<br />
A. Haftung nach den Grundsätzen der Vorgesellschaft<br />
I. Verpflichtung der Vor-AG<br />
1. Vor-AG (+)<br />
2. A, B und C haben mit Vertretungsmacht gehandelt<br />
a. Gemäß § 30 I S. 1 AktG bestellen Gründer den AR<br />
b. Gemäß § 30 IV AktG bestellt der AR den ersten Vorstand<br />
c. Bestellung <strong>des</strong> Vorstands notwendig für Herbeiführung der Eintragung<br />
Arg: § 36 I AktG: Ohne Vorstand kann Gesellschaft nicht zur Eintragung ins<br />
HR angemeldet werden<br />
3. Keine Eintragung<br />
II. Rechtsfolgen<br />
1. Grundsätzlich Innenhaftung der Gründer<br />
2. Hier wegen Vermögenslosigkeit Durchgriff<br />
B. Anspruch wegen Handelndenhaftung<br />
� Anpruchsgrundlage: Dienstvertrag, § 611 I BGB iVm § 41 I S. 1 AktG<br />
I. Anwendbarkeit<br />
Diskussion bei BGH, dass die Funktionen (Straf- Sicherungs- und Drucksituation) obsolet<br />
geworden seien (vgl Hüffer AktG 6. Aufl. 2004, § 41 Rn 18) Diese Auffassung teilt der BGH<br />
nicht:<br />
BGH ZIP 2004, 1409-1411<br />
1. Die Klage ist nicht bereits <strong>des</strong>wegen unbegründet, weil für die Handelndenhaftung nach § 41 Abs. 1 Satz 2<br />
AktG nach Aufgabe <strong>des</strong> gegenständlich verstandenen Vorbelastungsverbots kein Raum mehr wäre. Im<br />
Schrifttum wird verbreitet die Berechtigung dieser Rechtsfigur in Zweifel gezogen (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. §<br />
41 Rdn. 18 f. "ohne überzeugende gedankliche Grundlage"; Pentz in Münch.Komm.z.AktG 2. Aufl. § 41 Rdn.<br />
126; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 4. Aufl. S. 1025 f.) und zutreffend angeführt, daß wesentliche Funktionen,<br />
die der historische Gesetzgeber dieser Haftungsnorm zugewiesen hat, entfallen sind. So hat die sog. Straf- und<br />
Druckfunktion der Handelndenhaftung, nachdem nicht nur für das GmbH-Recht, sondern auch für das<br />
Aktienrecht die Wahrung <strong>des</strong> Unversehrtheitsgrundsatzes durch das Vorbelastungsverbot aufgegeben und der<br />
Übergang zur Unterbilanzhaftung vollzogen worden ist, ihre Bedeutung verloren. Dies trifft jedoch nicht in<br />
gleicher Weise auf die sog. Sicherungsfunktion der Handelndenhaftung zu. Sie trägt dem Gedanken Rechnung,<br />
daß die mit der Vorgesellschaft in rechtsgeschäftlichen Kontakt tretenden Gläubiger nicht wissen können und<br />
mit der Unsicherheit nicht belastet werden sollen, ob die Gründer sämtlich das handelnde Organ ermächtigt<br />
haben, schon vor der Eintragung der Gesellschaft geschäftlich tätig zu werden (vgl. dazu Hoffmann-Becking in<br />
Handb.d.Gesellschaftsrechts Bd. 2, 2. Aufl. § 3 Rdn. 36; Pentz aaO § 41 Rdn. 126; Heidel/Höhfeld, AktG § 41<br />
Rdn. 28); fehlt diese Ermächtigung und ist demgemäß die Vertretungsmacht <strong>des</strong> Handelnden eingeschränkt, soll<br />
nach dem Willen <strong>des</strong> Gesetzgebers der Gläubiger wenigstens die als organschaftlicher Vertreter für die<br />
Gesellschaft auftretende Person in Anspruch nehmen dürfen. Unter diesem Blickwinkel hat die<br />
Handelndenhaftung nach wie vor ihren Platz. Sie ist zudem in Art. 7 der Publizitätsrichtlinie der EG (vgl. Lutter,<br />
40
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. S. 107; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. § 5 Rdn.<br />
96 f. i.V.m. Rdn. 133 S. 94) mit Bindungswirkung für die Mitgliedsstaaten niedergelegt und in der in diesem<br />
Zusammenhang auf das Aktienrecht übertragbaren GmbH-rechtlichen Rechtsprechung <strong>des</strong> Senats bis in die<br />
jüngste Zeit anerkannt worden (vgl. Beschl. v. 7. Juli 2003 - II ZB 4/02, WM 2003, 1814).<br />
II. Rechtsgeschäftliches Handeln im Namen der Vor-AG (+)<br />
III. Keine Unwirksamkeit der Verpflichtung wegen § 26 III S. 1 AktG<br />
Gewährung einer Vorstandsvergütung könnte Gründungsaufwand iSv § 26 II AktG<br />
sein.<br />
BGH ZIP 2004, 1409-1411<br />
Für Einordnung als Gründungsaufwand<br />
„Zwar ließen sich auch die Kosten für die Anstellung <strong>des</strong> ersten Vorstan<strong>des</strong> nach dem Wortlaut <strong>des</strong> Gesetzes<br />
noch als Gründungsaufwand einordnen, weil jede neu gegründete Aktiengesellschaft für ihre vollständige<br />
Entstehung eines Vertretungsorgans bedarf“;<br />
„der Senat verkennt auch nicht, daß die Zuerkennung einer überhöhten Vergütung an die Organe zu einer<br />
Aushöhlung <strong>des</strong> soeben erst aufgebrachten oder aufzubringenden Kapitals führen kann.“<br />
Dagegen spricht aber<br />
Dies ist in<strong>des</strong>sen keine Besonderheit der Gestaltung der Dienstverträge <strong>des</strong> ersten Vorstan<strong>des</strong>. Auch in anderer<br />
Weise können in diesem Stadium durch Eingehung von Verbindlichkeiten - z.B. durch den Abschluß von<br />
Mietverträgen, durch die Einstellung von Personal oder durch den Aufbau eines Vertriebsnetzes - oder durch<br />
Aufwendungen Teile <strong>des</strong> eingezahlten oder einzuzahlenden Kapitals verbraucht werden, ohne daß dem ein<br />
entsprechender im Gesellschaftsvermögen verbliebener Gegenwert gegenübersteht.<br />
Anmerkung: Diese Passage ist nur schwer verständlich und irreführend. M.E. geht die Argumentation<br />
<strong>des</strong> BGH an der Sache vorbei<br />
Beim Gründungsaufwand geht es darum, dass sich die Gründer für den Aufwand, den Sie für die<br />
Gründung der Gesellschaft hatten, von der Gesellschaft eine Entschädigung zahlen lassen. Das Gesetz<br />
will die Offenlegung dieser „Entlohnung“ um einem Missbrauch (unangemessen hohe Vergütung)<br />
vorzubeugen. Bei der Vorstandsvergütung handelt es sich aber nicht mehr um den Aufwand der Gründer,<br />
sondern um den Aufwand der Gesellschaft. (Wer das vertiefen möchte siehe Pentz, MünchKommAktG<br />
Kommentierung zu § 26 AktG).<br />
IV. Verpflichtung vor Eintragung in das HR<br />
V. Waren A, B und C nur verpflichtet, wenn sie als „Handelnde iSv § 41 I S. 2 AktG<br />
anzusehen wären<br />
1. AR-Mitglieder nie Handelnde iSv § 41 I S. 2 AktG<br />
BGH ZIP 2004, 1409-1411<br />
Als für die Vorgesellschaft handeln<strong>des</strong> Organ nach § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG kommt - anders als die Beklagte zu<br />
1 meint - grundsätzlich auch der Aufsichtsrat in Betracht. Das gilt nicht allein dann, wenn er "wie ein Vorstand"<br />
handelt, also im Gründungsstadium <strong>des</strong>sen Aufgaben an sich zieht. Da ihm nach § 112 AktG die alleinige<br />
Vertretungskompetenz für den Abschluß von Anstellungsverträgen mit den Vorstandsmitgliedern zugewiesen<br />
ist, ist er in diesem Bereich an sich der "geborene" Handelnde i.S.v. § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG.<br />
11<br />
� Grundsätzlich sind AR-Mitglieder als Handelnde anzusehen, wenn sie für die<br />
Gesellschaft im Außenverhältnis akktiv tätig werden<br />
2. Fraglich ist, ob eine Haftung der AR-Mitglieder im Zuweisungsgehalt <strong>des</strong><br />
Schutzzwecks von § 41 I S. 2 AktG liegt<br />
41
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- Haupunktion der Handelndenhaftung besteht darin, der Gesellschaft einen weiteren<br />
Schuldner zu verschaffen, wenn der Handelnde die Vorgesellschaft nicht wirksam<br />
verpflichtet hat (Sicherungsfunktion)<br />
- Aber die Bestellung <strong>des</strong> Vorstands und der Abschluss eines Dienstvertrages mit diesem ist<br />
schon von Gesetzes von der Vertretungsmacht erfasst<br />
- Da von der Vertretungsmacht erfasst, steht als Schuldner die Vor-AG bzw. im Falle der<br />
Eintragung die AG zur Verfügung. Zudem haften die Gründer im Innenverhältnis für die<br />
Verbindlichkeit<br />
BGH ZIP 2004, 1409-1411<br />
BGH zum Schutzzweck der Handelndenhaftung allgemein<br />
.... trifft jedoch nicht in gleicher Weise auf die sog. Sicherungsfunktion der Handelndenhaftung zu. Sie trägt dem<br />
Gedanken Rechnung, daß die mit der Vorgesellschaft in rechtsgeschäftlichen Kontakt tretenden Gläubiger nicht<br />
wissen können und mit der Unsicherheit nicht belastet werden sollen, ob die Gründer sämtlich das handelnde<br />
Organ ermächtigt haben, schon vor der Eintragung der Gesellschaft geschäftlich tätig zu werden (vgl. dazu<br />
Hoffmann-Becking in Handb.d.Gesellschaftsrechts Bd. 2, 2. Aufl. § 3 Rdn. 36; Pentz aaO § 41 Rdn. 126;<br />
Heidel/Höhfeld, AktG § 41 Rdn. 28); fehlt diese Ermächtigung und ist demgemäß die Vertretungsmacht <strong>des</strong><br />
Handelnden eingeschränkt, soll nach dem Willen <strong>des</strong> Gesetzgebers der Gläubiger wenigstens die als<br />
organschaftlicher Vertreter für die Gesellschaft auftretende Person in Anspruch nehmen dürfen. Unter diesem<br />
Blickwinkel hat die Handelndenhaftung nach wie vor ihren Platz. Sie ist zudem in Art. 7 der Publizitätsrichtlinie<br />
der EG (vgl. Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. S. 107; Habersack, Europäisches<br />
Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. § 5 Rdn. 96 f. i.V.m. Rdn. 133 S. 94) mit Bindungswirkung für die Mitgliedsstaaten<br />
niedergelegt und in der in diesem Zusammenhang auf das Aktienrecht übertragbaren GmbH-rechtlichen<br />
Rechtsprechung <strong>des</strong> Senats bis in die jüngste Zeit anerkannt worden (vgl. Beschl. v. 7. Juli 2003 - II ZB 4/02,<br />
WM 2003, 1814).<br />
Warum Schutzzweck hier nicht einschlägig ?<br />
Nach dem oben beschriebenen Schutzzweck der Handelndenhaftung wäre Voraussetzung für die<br />
Inanspruchnahme der Aufsichtsratsmitglieder, daß der Aufsichtsrat den Anstellungsvertrag, ohne hierzu von den<br />
Gründern ermächtigt worden zu sein, geschlossen hat. Davon kann, da die Vorgesellschaft im<br />
Gründungsstadium über einen organschaftlichen Vertreter verfügen muß und sich kaum jemand bereit finden<br />
wird, dieses Amt ohne entsprechende Honorierung anzutreten, regelmäßig nicht ausgegangen werden; auch im<br />
vorliegenden Fall bestehen in dieser Richtung keinerlei Anhaltspunkte.<br />
Davon abgesehen überdehnt der Kläger bei seinem Vorgehen den Anwendungsbereich der Handelndenhaftung.<br />
Zwar sind auch bei der Bestellung und Anstellung <strong>des</strong> ersten Vorstan<strong>des</strong> einer neu gegründeten<br />
Aktiengesellschaft Organ- und Dienstverhältnis voneinander zu unterscheiden. Der allein verbliebene<br />
Schutzzweck der Handelndenhaftung, dem Vertragspartner der Vorgesellschaft einen Schuldner zu verschaffen,<br />
wenn die Gesellschaft mangels wirksamer Ermächtigung der Handelnden nicht leisten muß, ist aber in diesem<br />
Fall nicht betroffen. Mit Recht ist <strong>des</strong>wegen das Berufungsgericht für eine restriktive Anwendung <strong>des</strong> § 41 Abs.<br />
1 Satz 2 AktG eingetreten (vgl. auch Hüffer aaO § 41 Rdn. 18; Pentz aaO § 41 Rdn. 126; Nirk<br />
Handb.d.Aktienrechts Teil I Rdn. 104). Denn die zum ersten Vorstand berufenen Personen sind nach der ganzen<br />
Struktur <strong>des</strong> Gründungsverfahrens typischerweise mit den internen Verhältnissen der Gesellschaft vertraut oder<br />
können sich die notwendigen Informationen unschwer beschaffen und müssen - anders als außenstehende Dritte,<br />
die mit der Vorgesellschaft in rechtsgeschäftlichen Kontakt treten und regelmäßig nicht wissen können, ob die<br />
handelnden Organe mit Ermächtigung der Gründer handeln - nicht geschützt werden (vgl. Barz in<br />
Großkomm.z.AktG 3. Aufl. § 41 Rdn. 21; Riedel, NJW 1970, 404, 406 reSp). Die Mitglieder <strong>des</strong> ersten<br />
Vorstands können schon im Gründungsstadium durch entsprechende Vereinbarungen mit den Gründern die<br />
Erfüllung ihrer Vergütungsansprüche sicherstellen. Des Schutzes der Handelndenhaftung bedürfen sie<br />
ebensowenig, wie es gerechtfertigt ist, sie in der Insolvenz der Vorgesellschaft dadurch besser zu stellen, daß sie<br />
nicht darauf beschränkt sind, ihre Vergütungsforderung zur Tabelle anzumelden, sondern außerdem die<br />
Aufsichtsratsmitglieder persönlich belangen können. Dem entspricht, daß nach der Rechtsprechung <strong>des</strong> Senats<br />
auch Gründungsgesellschafter oder mit den Verhältnissen vertraute, zum Beitritt entschlossene Personen nicht<br />
durch die Handelndenhaftung geschützt werden sollen (vgl. BGHZ 15, 204, 206; 76, 320, 325; schon RGZ 105,<br />
152 f.; ferner Barz aaO § 41 Rdn. 21; Pentz aaO § 41 Rdn. 141).<br />
Hinweis zur praktischen Relevanz:<br />
42
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Da Gründer und AR-Mitglieder hier personenidentisch sind, ging es bei der Frage, ob § 41I S.<br />
2 AktG eingreift, nur um die Frage, ob ein konkurrierender Anspruch gegeben ist. In dem<br />
vom BGH entschiedenen Fall waren die AR-Mitglieder von den Gründern<br />
personenverschieden. Damit hing die Haftung der AR-Mitglieder allein von der<br />
Anwendbarkeit von § 41 I S. 2 AktG ab.<br />
43
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Sachverhalt Fall 4<br />
A und B sind Gesellschafter der X-GmbH und betreiben über diese einen Getränkehandel. A<br />
hält einen Anteil von je 50 % am Stammkapital. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt<br />
EUR 40.000,-- und wurde von A und B vollständig aufgebracht. Die Gesellschaft war seit<br />
dem Jahr 1996 im Handelsregister von Weimar eingetragen. Alleiniger Geschäftsführer ist der<br />
A, der laut Gesellschaftsvertrag und entsprechendem Eintragung im Handelsregister vom<br />
Verbot <strong>des</strong> Selbstkontrahieren befreit ist. Von Ende 1998 bis Oktober 2000 ruhte der<br />
Geschäftsbetrieb der Gesellschaft. Im Oktober 2000 verlegten A und B den Sitz der<br />
Gesellschaft nach Berlin und änderten die Firma in „W. Privatbrauerei Vertriebsgesellschaft<br />
mbH“. Als A die Sitzverlegung und die Firmenänderung beim AG Charlottenburg<br />
Oranienburg zur Eintragung anmeldet, lehnt der Registerrichter die Eintragung ab. Er<br />
begründet dies damit, dass er die Gesellschaft nur eintragen könne, wenn A und B EUR<br />
10.000,-- neu aufbringen. Er begründet dies damit, dass das Stammkapital der Gesellschaft<br />
min<strong>des</strong>tens zur Hälfte neu aufbringen sei, also in Höhe von EUR 20.000,-- abzüglich <strong>des</strong><br />
Nettovermögens von EUR 10.000,-- ergäbe sich eine Unterdeckung in Höhe von EUR<br />
10.000,--. Daraufhin zahlen der A der B sogar EUR 15.000,- ein, und A versichert, dass die<br />
Einlagen zur der Gesellschaft freien Verfügung stehen.<br />
Daraufhin erfolgen die beantragten Eintragungen der Änderungen im Handelsregister <strong>des</strong><br />
Amtsgerichts Charlottenburg im Januar 2001. Gleich im Februar 2001 gewährt der A im<br />
Namen der GmbH sich selbst und dem B ein Darlehen in Höhe von je EUR 15.000,--. Dieses<br />
ist marktangemessen verzinst, und rückzahlbar in vier Jahren.<br />
Variante 1 (Fall 4a)<br />
Zwei Jahre später geraten der A und der B in wirtschaftliche <strong>Probleme</strong> und verkaufen ihre<br />
Anteile an den K. Der K löst den A auch als Geschäftsführer ab. Daraufhin verlangt der G im<br />
Namen der X-GmbH von A und die die Zahlung von EUR 30.000,--.<br />
Diese setzt sich zusammen aus EUR 15.000,-- ausstehender Stammeinlagen und EUR<br />
15.000,-- sofortige Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens.<br />
A wendet ein, dass er doch die Zahlung auf die Stammeinlage erbracht habe. Hinsichtlich der<br />
Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens führt er aus, dass laut Darlehensvertrag das Darlehen erst in zwei<br />
Jahren fällig sei und sie vorher zur Zahlung nicht verpflichtet seien. Der A verweist daneben<br />
darauf, dass der GmbH ein Grundstück verpachtet habe und daher „notfalls“ mit ausstehenden<br />
Pachtzinsforderungen in Höhe von 50.000 EUR aufrechnen könne.<br />
Welche Ansprüche stehen der X-GmbH gegen A und B hinsichtlich der Rückzahlung der<br />
Summe von insgesamt je EUR 30.000,-- zu ?<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Variante 2 (Fall 4b)<br />
Als die X-GmbH in Liquiditätsschwierigkeiten gerät, zahlt der B die Darlehenssumme iHv<br />
EUR 15.000,-- zurück sowie die ihm bis dahin gestundeten Zinsen in Höhe von insgesamt<br />
EUR 3.000,--, also insgesamt EUR 18.000,--. Der A hatte der X-GmbH nach der Eintragung<br />
im HR Charlottenburg ein Grundstück verpachtet. Seine Pachtzinsforderung gegen die GmbH<br />
beläuft sich auf EUR 45.000,--. Diese verrechnet er mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch,<br />
indem er namens der X-GmbH die Aufrechnung erklärt. Kurze Zeit darauf wird die GmbH<br />
insolvent. Der Insolvenzverwalter I verlangt von A und B die Zahlung von „ausstehenden<br />
Einlagen in Höhe von je EUR 15.000,--. A und B verstehen die Welt nicht mehr. Sie haben<br />
doch die Einlagen erbracht. Der B hat doch das Darlehen zurückgezahlt, und A hat auf<br />
Pachtzinsforderung „verzichtet“, welche höher war als Darlehensforderung und Stammeinlage<br />
zusammen.<br />
Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung von EUR 15.000,-- gegen A ?<br />
Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung von EUR 15.000,-- gegen B ?<br />
Literaturhinweise zur Vorbereitung<br />
Grundlage: BGH ZIP 2003, 211-213<br />
Themenschwerpunkte (ggf zur Vorbereitung wiederholen)<br />
- Kapitalaufbringung, Verdeckte Sacheinlage, Schütt-aus-Hol-zurück in einschlägigen<br />
Lehrbüchern<br />
- Für die Technik Fallbearbeitung: Käpplinger Fall 7 zur GmbH<br />
Vertiefung:<br />
- Nach OLG Jena ZIP 2004, 2327 ff (Schwerpunkt Variante 1)<br />
- BGH GmbHR 2002, 1193 ff = NZG 2003, 211 ff<br />
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Überblick<br />
Teil 1 Anspruch auf Erbringung der Einlageleistung<br />
A. Anspruch gegen A auf Erbringung der Einlageleistung aus § 19 I GmbHG<br />
I Anspruch entstanden ?<br />
1. A ist Gesellschafter der GmbH<br />
2. Hat Stammeinlagen übernommen<br />
II Anspruch (zunächst) erloschen nach § 362 I BGB durch Einzahlung der Stammeinlagen<br />
1996<br />
III. Entstehung einer erneuten Einzahlungspflicht durch wirtschaftliche Neugründung<br />
� wirtschaftliche Neugründung<br />
� Vorschriften zur Kapitalaufbringung analog<br />
� Pflicht zur erneuten Erbringung der Einlage<br />
� Anspruch aus § 19 I GmbHG entstanden<br />
IV. Anspruch erloschen wegen Einzahlung der EUR 30.000,-- ?<br />
Der Anspruch könnte gemäß § 362 I BGB erloschen sein, durch die Einzahlung der EUR<br />
30.000,--<br />
� Verdecke Sacheinlage, stand nicht zur freien Verfügung<br />
� Einlage nicht ordnungsgemäß erbracht<br />
� Anspruch der Gesellschaft ist nicht untergegangen<br />
� Die Gesellschaft hat einen Anspruch auf die Zahlung der ausstehenden<br />
Einlageleistung iHv EUR 15.000,--<br />
Hinweis: Für die Geltendmachung ist Beschluss der Gesellschafterversammlung<br />
erforderlich (§ 46 Nr. 2 GmbHG)<br />
B. Anspruch gegen B<br />
� Keine Unterschiede gegenüber A<br />
Teil 2 -Anspruch auf Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens<br />
A. Ansprüche gegen B<br />
I. § 488 I S. 2 BGB (-)<br />
II. § 31 GmbHG<br />
Inwieweit Verstoß gegen § 30 I GmbHG kann dahinstehen<br />
� § 30 GmbHG wird hier durch § 19 I GmbHG verdrängt<br />
III. § 812 I S. 1, F 1<br />
1. Etwas erlangt � Besitz und Eigentum an der Darlehenssumme (+)<br />
2. durch Leistung � zielgerichtete Auszahlung (+)<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
3. Müsste ohne Rechtsgrund � Frage Darlehensvertrag nichtig ?<br />
Rechtsprechung widersprüchlich, bei<strong>des</strong> vertretbar<br />
a. Verneinung der Nichtigkeit � fehlt es am Merkmal „ohne Rechtsgrund“ � § 812 I<br />
S. 1 F 1 BGB (-)<br />
b. Bejahung Nichtigkeit � „ohne Rechtsgrund“ (+) � weiter prüfen:<br />
4. Saldotheorie ?<br />
a. Wenn Anwendung Saldotheorie bejaht, dann Verminderung um EUR15.000,--, dann<br />
bleibt Anspruch 5000<br />
b. Wenn Saldo abgelehnt, dann Anspruch auf EUR 20.000,--. Auch Aufrechnung wegen<br />
§ 19 II S 2 GmbHG problematisch.<br />
B. Ansprüche gegen A<br />
I. Anspruch aus § 19 I GmbHG (+) wie oben<br />
II. Anspruch aus § 31 GmbHG (-) wie oben<br />
III. § 43a S. 2 GmbHG<br />
1. Diese Vorschrift wird von Vorschriften der Kapitalaufbringung nicht verdrängt<br />
2. Anspruchsgegner muss Geschäftsführer sein (+)<br />
� Entscheidender Zeitpunkt ist Zeitpunkt der Kreditgewährung<br />
� A war zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer<br />
3. „Gewährung eines Darlehens“<br />
� Ob Darlehensvertrag nichtig, kann dahinstehen. Denn § 43a GmbHG findet erst<br />
recht auf rechtsgrundlose Zahlungen Anwendung.<br />
4. Aus dem „für die Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals erforderlichen Vermögens<br />
� Zahlung iSv § 43a GmbHG liegt vor, wenn durch Abfluss der Darlehenssumme<br />
Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft wird<br />
� Das ist hier der Fall<br />
� Verstoß gegen § 43a S. 1 (+)<br />
� Anspruch aus § 43a S. 2 entstanden.<br />
5. Keine Verjährung (§ 43a IV)<br />
6. Verbreitet wird entsprechende Anwendung von § 31 II, IV, V wegen<br />
Strukturähnlichkeit<br />
mit Anspruch aus § 31 I bejaht (vgl. Lutter/Hommelhoff GmbHG § 43a Rn 14)<br />
7. Sonstige Einwendungen / Einreden<br />
� beachte: in entsprechender Anwendung von § 19 II S. 2, 19 V darf auch hier<br />
der Geschäftsführer nicht mit eigenen Forderungen aufrechnen<br />
IV Anspruch aus § 812 I S. 1 F 1 BGB (+)<br />
____________<br />
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Im Einzelnen<br />
Teil 1 Anspruch auf Erbringung der Einlageleistung<br />
A. Anspruch gegen A auf Erbringung der Einlageleistung aus § 19 I GmbHG<br />
I Anspruch entstanden ?<br />
1. A ist Gesellschafter der GmbH<br />
2. Hat Stammeinlagen übernommen<br />
II Anspruch (zunächst) erloschen nach § 362 I BGB durch Einzahlung der Stammeinlagen<br />
1996<br />
III. Entstehung einer erneuten Einzahlungspflicht durch wirtschaftliche Neugründung<br />
Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Neugründung könnte<br />
der A gemäß § 19 I GmbHG (analog) erneut zur Erbringung der Stammeinlage<br />
verpflichtet sein. Dies wäre der Fall, wenn die Firmenänderung und der Sitzverlegung<br />
nach Ruhen <strong>des</strong> Geschäftsbetriebs eine wirtschaftliche Neugründung anzusehen wäre<br />
1. Eine sogenannte wirtschaftliche Neugründung liegt dann vor, wenn eine „leere“<br />
Mantelgesellschaft verwendet wird, d.h. die Gesellschaft mit keinem Unternehmen<br />
ausgestattet ist.<br />
Im vorliegenden Fall war Gesellschaft wirtschaftlich tätig und mit einem<br />
Unternehmen ausgestattet<br />
2. Jedoch haben A und B die Gesellschaftstätigkeit lange Zeit ruhen lassen. Bei<br />
Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit hatte die Gesellschaft einen anderen<br />
Unternehmensgegenstand. Dies deutet darauf hin, dass die Gesellschaft<br />
zwischenzeitlich mit keinerlei Unternehmen ausgestattet war und mit einem neuen<br />
Unternehmen versehen wurde. Ob auch auf eine solche Verwendung eines sog.<br />
Gebrauchten GmbH-Mantels die Vorschriften zur Kapitalaufbringung analoge<br />
Anwendung finden sollen, wie bei der Vorratsgesellschaft ist umstritten.<br />
- Dagegen spricht ...<br />
- Dafür spricht ... (siehe Lösungsskizze zu Fall 2)<br />
� Im Ergebnis sprechen das Interesse eines umfassenden Gläubiger- und<br />
Umgehungsschutzes für die analoge Anwendung der<br />
Kapitallaufbringungsvorschriften auch in diesen Fällen. Gerade bei gebrauchten<br />
Mäntel ist das Risiko einer Unterdeckung gegenüber der einfachen<br />
Vorratsgründung besonders groß. Den Abgrenzungsproblemen ist bei der<br />
Entwicklung von Kriterien bei der Entscheidung im Einzelfall Rechnung zu<br />
tragen<br />
3. Somit ist zu beurteilen, ob hier eine wirtschaftliche Neugründung vorliegt<br />
a. Dagegen könnte sprechen, dass kein Gesellschafterwechsel stattgefunden hat<br />
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Zwar weicht dies von den typischen Fallkonstellationen ab und kann als Indiz<br />
gegen eine wirtschaftliche Neugründung gewertet werden, jedoch schließt dies<br />
eine wirtschaftliche Neugründung nicht von vornherein aus<br />
b. Entscheidend ist, dass eine unternehmenslose Gesellschaft (re)aktiviert wird und<br />
im Rechtsverkehr der (irreführende) Eindruck hervorgerufen wird, die GmbH<br />
beginne erst jetzt ihre Tätigkeit. Das ist hier aufgrund der völlig neuen Firma, der<br />
Änderung <strong>des</strong> Geschäftsgegenstands und der Sitzverlegung anzunehmen.<br />
� wirtschaftliche Neugründung<br />
� Vorschriften zur Kapitalaufbringung analog<br />
� Pflicht zur erneuten Erbringung der Einlage<br />
� Anspruch aus § 19 I GmbHG entstanden<br />
IV. Anspruch erloschen wegen Einzahlung der EUR 30.000,-- ?<br />
Der Anspruch könnte gemäß § 362 I BGB erloschen sein, durch die Einzahlung der EUR<br />
30.000,--<br />
Gemäß 7 III GmbH wird der Gesellschafter von seiner Einlageverpflichtung nur frei, wenn<br />
die Zahlung „endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer“ der Gesellschaft stehen.<br />
Eine solche freie Verfügbarkeit ist nicht gebeben, wenn eine sog. Verwendungsabrede, d.h.<br />
eine Abrede zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter, durch die eine bestimmte<br />
Verwendung der Zahlung vereinbart wird, insbesondere eine Zahlung zugunsten <strong>des</strong><br />
einzahlenden Gesellschafters. Denn wenn das Geld gleich an den Gesellschafter<br />
zurückfließt, wird der Zweck der Kapitalaufbringung verfehlt.<br />
Eine solche Zahlung könnte ihr in der Gewährung eines Darlehens an den A liegen. Dafür<br />
spricht, dass die Auszahlung gleich im Anschluss an die Einzahlung der Stammeinlagen<br />
erfolgt ist. Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang begründet die Vermutung für eine<br />
Verwendungsabrede. Hinzu kommt, dass hier auf Seiten <strong>des</strong> Gesellschafters und der<br />
Gesellschaft dieselbe Person handelt. Aus dem Sachverhalt sind keine Umstände<br />
ersichtlich, die geeignet sind, die Vermutung der Verwendungsabrede zu widerlegen.<br />
BGH ZIP 2003, 211-213<br />
Der sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen der Ein- und Auszahlung begründet die Vermutung, daß<br />
dies von den Beklagten vorher so abgesprochen worden ist (s. zuletzt Sen.Urt. v. 16. September 2002 - II ZR<br />
1/00, ZIP 2002, 2045, 2048). Das läßt auch die Revision gelten. Entgegen ihrer Ansicht kann hier eine zulässige<br />
Absprache über die Verwendung der Einlagemittel auch auf der Grundlage <strong>des</strong> von den Beklagten behaupteten<br />
(und unter Beweis gestellten) Darlehenszwecks der Auszahlung an die OHG nicht angenommen werden. Zwar<br />
sind schuldrechtliche Verwendungsabsprachen, durch welche die Geschäftsführung der Gesellschaft verpflichtet<br />
wird, mit den einzuzahlenden Einlagemitteln in bestimmter Weise zu verfahren, aus der Sicht der<br />
Kapitalaufbringung unschädlich, wenn sie allein der Umsetzung von Investitionsentscheidungen der<br />
Gesellschafter oder sonstiger ihrer Weisung unterliegender geschäftspolitischer Zwecke dienen (vgl. Sen.Urt. v.<br />
24. September 1990 - II ZR 203/89, ZIP 1990, 1400 f.; v. 22. Juni 1992 - II ZR 30/91, ZIP 1992, 1303, 1305, zu<br />
2). Anders ist es aber, wenn die Abrede (auch) dahin geht, die Einlagemittel unter (objektiver) Umgehung der<br />
Kapitalaufbringungsregeln mittelbar oder gar unmittelbar wieder an den Einleger zurückfließen zu lassen (Senat<br />
aaO, Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 363/00, ZIP 2002, 799, 801). Das gilt auch im Fall einer Darlehensgewährung<br />
an den Inferenten, weil damit die Einlage im wirtschaftlichen Endergebnis nicht vom Inferenten bar geleistet,<br />
sondern von der Gesellschaft finanziert wird (verdeckte Finanzierung; vgl. BGHZ 28, 77 f.; Scholz/Schneider,<br />
GmbHG 9. Aufl. § 19 Rdn. 40 m.w.N.). Zwar verbleibt der Gesellschaft, wenn sie das Darlehen nicht ihrerseits<br />
refinanzieren mußte (so im Fall von BGHZ 28, 77), sondern (absprachegemäß) aus eingezahlten Einlagemitteln<br />
gewährt, an deren Stelle in bilanzieller Hinsicht ein Aktivum in Form <strong>des</strong> Rückzahlungsanspruchs gemäß § 607<br />
BGB (dazu unten 2), das aber weder der geschuldeten Bareinlage gleichsteht noch den primären<br />
49
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Einlageanspruch der Gesellschaft (§ 19 Abs. 1 GmbHG) ersetzen kann, weil dadurch u.a. <strong>des</strong>sen<br />
Unverzichtbarkeit gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG sowie die zwingende Verzinsungspflicht gemäß § 20<br />
GmbHG umgangen würden (vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. § 37 II 2 c, S. 1113). Durch den<br />
Zusammenhang mit der Kapitalaufbringung <strong>des</strong> Inferenten unterscheidet sich die Darlehensgewährung in diesem<br />
Fall von einem entsprechenden Verkehrsgeschäft mit dem Gesellschafter oder mit einem Dritten. Das gilt auch<br />
dann, wenn sie zur Finanzierung von Gesellschafterleistungen dient, die der Gesellschaft zugute kommen sollen,<br />
weil dann der Gesichtspunkt der verdeckten Sacheinlage (§ 19 Abs. 5 GmbHG) eingreift.<br />
� Einlage nicht ordnungsgemäß erbracht<br />
� Anspruch der Gesellschaft ist nicht untergegangen<br />
� Die Gesellschaft hat einen Anspruch auf die Zahlung der ausstehenden<br />
Einlageleistung iHv EUR 15.000,--<br />
Hinweis: Für die Geltendmachung ist Beschluss der Gesellschafterversammlung<br />
erforderlich (§ 46 Nr. 2 GmbHG)<br />
B. Anspruch gegen B<br />
� Keine Unterschiede gegenüber A<br />
Teil 2 -Anspruch auf Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens<br />
A. Ansprüche gegen B<br />
I. § 488 I S. 2 BGB (-)<br />
Unabhängig davon, ob der Darlehensvertrag wirksam ist, besteht kein Anspruch aus<br />
Darlehensvertrag. Es fehlt an der Fälligkeit.<br />
II. § 31 GmbHG<br />
1. Zahlung, die den Vorschriften <strong>des</strong> § 30 GmbHG zuwider geleistet ist<br />
a. Aus dem „für die Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals erforderlichen Vermögens<br />
Vorliegen einer „Krise“. Das ist jedenfalls der Fall, wenn bereits eine Unterbilanz<br />
besteht<br />
b. Problem: Ist Kreditgewährung an den Gesellschafter eine Zahlung iSv § 30 GmbHG<br />
e.A. Unterbilanz muss vertieft werden<br />
Das nicht der Fall, wenn dem Mittelabfluss eine gleichwertige<br />
Gegenforderungen gegenüber steht (sog. bilanzielle Betrachtungsweise)<br />
BGH neuerdings:<br />
§ 30 GmbHG soll vor Abluss von liquiden Mittel schützen. Da er ist eine<br />
gegen den Gesellschafter gerichteter Rückzahlungsanspruch nur in ganz<br />
engen Ausnahmen ein gleichwertiger Ausgleich für den Mittelabfluss<br />
(BGHZ 157, 72-79 = ZIP 2004, 263-265, dazu ausführlich Fall 5a)<br />
Diese Frage kann hier dahinstehen denn:<br />
2. § 30 GmbHG wird hier durch § 19 I GmbHG verdrängt<br />
BGH ZIP 2001, 1997-1998<br />
„Nur im Ergebnis ist dem Berufungsgericht zu folgen, daß die Beklagte ihrer Pflicht zur Leistung der<br />
Stammeinlage durch die Überweisung <strong>des</strong> Einlagebetrages am 28. September 1990 nicht nachgekommen<br />
ist. Seine Annahme, die Rücküberweisung vom 9. Oktober 1990 habe gegen § 30 GmbHG verstoßen,<br />
50
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
beruht auf einer mangelnden Differenzierung zwischen der Pflicht <strong>des</strong> Gesellschafters zu<br />
ordnungsgemäßer Kapitalaufbringung und der darauf aufbauenden und durch § 31 GmbHG<br />
sanktionierten Pflicht zur Erhaltung <strong>des</strong> ordnungsgemäß eingezahlten Stammkapitals. Die<br />
Zahlungsvorgänge von Ende September/Anfang Oktober 1990 haben vielmehr <strong>des</strong>wegen die<br />
Einlageschuld der Beklagten nicht tilgen können, weil angesichts der in geringem zeitlichen Abstand<br />
erfolgten Hin- und Herüberweisung nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Einlagebetrag zur<br />
endgültig freien Verfügung der Geschäftsführung gestanden hat (st. Rspr. BGHZ 113, 335, 348 f.; Urt. v.<br />
16. März 1998 - II ZR 303/96, ZIP 1998, 780, 782 m.w.N.; ferner Urt. v. 27. November 2000 - II ZR<br />
83/00, ZIP 2001, 157). Da es demnach schon an einer ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung in der<br />
Gründungsphase der Gemeinschuldnerin fehlt, kann die Rücküberweisung vom 9. Oktober 1990 einen<br />
Erstattungsanspruch nach § 31 GmbHG nicht ausgelöst haben, so daß es auch nicht darauf ankommt, ob -<br />
wie die Revision den Ansatz <strong>des</strong> angefochtenen Urteils aufnehmend meint - die Überweisung vom 27.<br />
Juni 1991 diese Erstattungsforderung hat tilgen können.“<br />
III. § 812 I S. 1, F 1<br />
1. Etwas erlangt � Besitz und Eigentum an der Darlehenssumme (+)<br />
2. durch Leistung � zielgerichtete Auszahlung (+)<br />
3. Müsste ohne Rechtsgrund<br />
Rechtsgrund könnte der Darlehensvertrag sein. Jedoch könnte der Darlehensvertrag<br />
nichtig sein und es damit an einem Rechtsgrund fehlen, wenn der Darlehensvertrag<br />
nichtig ist.<br />
a. hM bejaht dies bei der verdeckten Sacheinlage<br />
- teilweise Begründung über § 27 III S. 1 / 183 II S. 1 AktG analog<br />
- teilweise Begründung über § 5 IV S. 2 iVm § 134 BGB<br />
BGH ZIP 1998, 780-783<br />
b) Die Verletzung der Sachgründungsvorschriften führt dazu, daß jedenfalls der schuldrechtliche Teil der<br />
verdeckten Sachübernahmevereinbarung der Gesellschaft gegenüber unwirksam ist. Das ist zu Recht im<br />
Ergebnis ganz überwiegende Meinung (BGHZ 45, 338, 343; Baumbach/Hueck, § 5 Rdn. 50 f.;<br />
Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 19 Rdn. 113; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 5 Rdn. 47; K.<br />
Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 37 II 4 b; Scholz/Schneider, GmbHG, 8. Aufl., § 19 Rdn. 142; kritisch<br />
etwa Brandner, Festschrift für Boujong, 1996, S. 37 ff.). Ob diese Rechtsfolge aus einer entsprechenden<br />
Anwendung <strong>des</strong> § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG herzuleiten ist (so BGHZ 45, 338, 343) oder auf § 134 BGB beruht<br />
(dafür Lutter/Hommelhoff, § 5 Rdn. 47), kann hier offenbleiben. Das Umgehungsgeschäft läßt sich jedenfalls<br />
nicht in eine - unwirksame - Verrechnungsabrede und ein unter den Voraussetzungen <strong>des</strong> § 139 BGB wirksam<br />
bleiben<strong>des</strong> Verkehrsgeschäft aufspalten (so aber Knobbe-Keuk, ZIP 1986, 885, 889; Priester, DB 1990, 1753,<br />
1755; Scholz/Winter, § 5 Rdn. 80 c). Das verdeckte Geschäft ist ein untrennbarer Teil <strong>des</strong><br />
Umgehungstatbestands und daher auch dann, wenn sich die aktienrechtliche Unwirksamkeitsfolge in § 27 Abs. 3<br />
Satz 1 AktG nicht ohne weiteres auf das GmbH-Recht übertragen ließe, ebenso nichtig wie die außerdem<br />
getroffene Aufrechnungs- oder Verrechnungsabsprache. Mit dem Schutzzweck der Vorschriften über die<br />
Kapitalaufbringung steht diese Auslegung entgegen der Revision in Einklang. Die Gegenmeinung liefe darauf<br />
hinaus, die unzulässige Sachgründung ohne Einhaltung der dafür vorgesehenen Garantien, insbesondere<br />
Publizität und Werthaltigkeitsprüfung, zu sanktionieren und die Gesellschaft dabei lediglich für die Zukunft -<br />
vorausgesetzt, daß die bestehengebliebene Bareinlageverpflichtung realisierbar ist - mit dem Barkapital<br />
auszustatten, das sie - prüfbar - bereits bei ihrer Gründung hätte haben müssen und auf <strong>des</strong>sen Aufbringung vor<br />
Eintragung der Verkehr vertrauen durfte. Liegt die Sacheinlage im Interesse der Gesellschaft, so besteht der<br />
richtige Weg, dem auf Sacheinlage gerichteten Willen der Gesellschafter Geltung zu verschaffen, ohne zugleich<br />
die Belange der Gläubiger zu verkürzen, vielmehr in einer Heilung der fehlgeschlagenen Sachübernahme durch<br />
satzungsändernden Beschluß der Gesellschafter unter den in der Senatsentscheidung BGHZ 132, 141 näher<br />
bestimmten Kautelen.<br />
12<br />
b. Fraglich ist, ob dies auf diese Konstellation übertragbar<br />
Dafür spricht<br />
- Hin und Herzahlen gerade <strong>des</strong>halb unzulässig, weil Umgehung der Vorschriften<br />
der Sacheinlage – Prüfung der Werthaltigkeit etc<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- Hier bringt der Gesellschafter in der Sache keine Bareinlage ein, sondern eine<br />
gegen ihn gerichtete Forderung auf Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens, deren<br />
Einbringlichkeit von der Bonität <strong>des</strong> Gesellschafters abhängt<br />
- Deren Überprüfung wurde umgangen.<br />
Aber: Gerichte gehen in dieser Konstellation offenbar von der Wirksamkeit<br />
Darlehens aus<br />
Was könnte der Grund für diese Differenzierung sein ?<br />
Wenn das Darlehen ausgegeben, dann Wirksamkeit <strong>des</strong> Geschäfts für die<br />
Gesellschaft günstiger, weil der Rückzahlungsanspruch aus Darlehensvertrag<br />
kondiktionsfest. Wenn Darlehen ausgegeben, dann hat der Gesellschafter keinerlei<br />
Gegenanprüche<br />
(Vgl demgegenüber den typischen Fall einer verdeckten Sacheinlage: Austauschgeschäft mit<br />
unangemessener Gegenleistung, z.B. Verkauf eines PKWs an die Gesellschaft. Wenn der Vertrag<br />
wirksam wäre, dann hätte der Gesellschafter einen vertraglichen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte<br />
Leistung, also den Kaufpreis.)<br />
� Wenn man, wie wohl die Rspr. an Gesellschafter gewährte Darlehen – anders als<br />
sonstige Verträge über verdeckte Sacheinlagen - als wirksam ansieht, dann fehlt es<br />
am Merkmal „ohne Rechtsgrund“ � § 812 I S. 1 F 1 BGB (-)<br />
� Wenn man hingegen die Lehre von der verdeckten Sacheinlage konsequent<br />
anwendet, dann der Darlehensvertrag (wie andere verdeckte Sacheinlagen) auch<br />
nichtig � „ohne Rechtsgrund“ (+) � weiter prüfen:<br />
4. Saldotheorie<br />
a. Gegenanspruch. Hat mit der Zahlung bezweckten Leistungserfolg – Tilgung der<br />
Einlage verfehlt<br />
b. Einschränkungen der Saldotheorie<br />
Könnte öffentliche Interesse, insbesondere Gläubigerschutz, Einschränkung verbieten.<br />
aa. Die pauschale Lösung:<br />
- Der Kondiktionsanspruch folgt daraus, dass Geschäft wegen Verstoßen der<br />
Vorschriften gegen die Kapitalaufbringung nichtig<br />
- Gegen Anspruch wegen Einlagenerbringung darf grundsätzlich nicht aufgerechnet<br />
werden, § 19 II S. 2 GmbHG. Bei verdeckter Sacheinlage gilt zudem nach der<br />
Rspr. ein umfassen<strong>des</strong> Verrechnungsverbot nach § 19 V, F 2 GmbHG analog<br />
- Damit wäre Anwendung der Saldotheorie Umgehung dieses Aufrechnungsverbots<br />
� Berufung auf Saldotheorie immer ausgeschlossen<br />
bb. Differenzierende Lösung<br />
Grund für das Aufrechungsverbots in § 19 II S 2 GmbH ist, dass die<br />
Entreicherungs- und damit Insolvenzrisiken nicht auf Gläubiger unbillig verlagert<br />
werden soll<br />
- Hier vom Gläubigerschutz nicht zwingend indiziert<br />
- Gesellschaft hat schon einen vom Entreicherungsrisiko freien Anspruch. Mehr<br />
wird vom Gesetz nicht verlangt<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
cc. Weitere Möglichkeit für Verneindung der Saldotheorie - Bösgläubigkeit (§§ 818<br />
IV, 819 I, Rsrp. Ist mit Bejahung der Kenntnis von Fehlen <strong>des</strong> Rechtsgrunds hier<br />
sehr großzügig, vgl Käpplinger, S. 152)<br />
Klausurtaktik: Die Lösung bb ist die sachgerechtere Lösung. Die Lösung aa klappt aber<br />
immer und ist daher in der Klausur die sichere Lösung und passt gut zu der sehr strengen<br />
Linie <strong>des</strong> BGH.<br />
Wenn Saldo Verminderung um EUR15.000,--, dann bleibt Anspruch 5000<br />
Wenn Saldo abgelehntdann Anspruch auf EUR 20.000,--. Auch Aufrechnung wegen § 19 II S<br />
2 GmbHG problematisch.<br />
B. Ansprüche gegen A<br />
I. Anspruch aus § 19 I GmbHG (+) wie oben<br />
II. Anspruch aus § 31 GmbHG (-) wie oben<br />
III. § 43a S. 2 GmbHG<br />
1. Diese Vorschrift wird von Vorschriften der Kapitalaufbringung nicht verdrängt<br />
2. Anspruchsgegner muss Geschäftsführer sein (+)<br />
� Entscheidender Zeitpunkt ist Zeitpunkt der Kreditgewährung<br />
� A war zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer<br />
3. „Gewährung eines Darlehens“<br />
� Ob Darlehensvertrag nichtig, kann dahinstehen. Denn § 43a GmbHG findet erst<br />
recht<br />
auf rechtsgrundlose Zahlungen Anwendung.<br />
4. Aus dem „für die Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals erforderlichen Vermögens<br />
- Hier unstrittig keine bilanzielle Betrachtungsweise (vgl. A / II.)<br />
- Denn bei § 43a GmbHG ist angelegt, dass Gesellschaft Rückzahlungsanspruch.<br />
Daher würde Vorschrift leerlaufen, wenn der Rückzahlungsanspruch auf der<br />
Aktivseite berücksichtigt wird.<br />
- Das Gesetz „fingiert“ hier die Wertlosigkeit <strong>des</strong> Gegenanspruchs<br />
� Zahlung iSv § 43a GmbHG liegt vor, wenn durch Abfluss der Darlehenssumme<br />
Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft wird<br />
� Das ist hier der Fall<br />
� Verstoß gegen § 43a S. 1 (+)<br />
� Anspruch aus § 43a S. 2 entstanden.<br />
5. Keine Verjährung (§ 43a IV)<br />
6. Verbreitet wird entsprechende Anwendung von § 31 II, IV, V wegen<br />
Strukturähnlichkeit<br />
mit Anspruch aus § 31 I bejaht (vgl. Lutter/Hommelhoff GmbHG § 43a Rn 14)<br />
7. Sonstige Einwendungen / Einreden<br />
� beachte: in entsprechender Anwendung von § 19 II S. 2, 19 V darf auch hier<br />
der Geschäftsführer nicht mit eigenen Forderungen aufrechnen<br />
Hinweis Geltendmachung:<br />
Wenn Gesellschaft nur einen Geschäftsführer und gegen diesen (und nicht wie hier<br />
gegen ehemaligen Gf) vorgegangen werden soll, dann muss Gesellschafterversammlung<br />
besonderen Vertreter durch Beschluss bestellen, subsidiär actio pro socio<br />
IV Anspruch aus § 812 I S. 1 F 1 BGB (+) / (-), je nachdem wie Wirksamkeit <strong>des</strong><br />
Darlehensvertrags beurteilt<br />
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Übersicht<br />
Teil 1 - Ansprüche gegen A<br />
Lösungsskizze zu Fall 4b<br />
I. Zunächst Prüfung wie bei der Variante 1 (A I – IV) entsprechend<br />
� I kann im Namen der Gesellschaft von B die Zahlung der ausstehenden<br />
Einlageleistung<br />
iHv EUR 15.000,-- verlangen<br />
II. Der Anspruch könnte aber gemäß §§ 387, 389 BGB durch Verrechnung mit der<br />
Pachtzinsforderung erloschen sein.<br />
1. Ohne Einschränkung nach § 19 II S. 2 GmbHG ausgeschlossen: Aufrechnung durch den<br />
Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft<br />
2. Keine Aufrechnung durch den Gesellschafter, sondern Verrechnungsabrede<br />
� Der Wortlaut nach steht § 19 II S. 2 GmbHG nicht unmittelbar entgegen.<br />
2. Verrechnungsverbot aus § 19 V Var. 2 GmbH wegen verdeckter Sacheinlage<br />
Wenn es sich bei der Verrechnung mit den Pachtzinsforderungen um eine verdeckte<br />
Sacheinlage handelt, dann Aufrechnung nur zulässig, wenn Anforderungen an<br />
Sacheinlage eingehalten sind<br />
� Prüfen: Verrechnen mit Pachtzinsforderungen verdeckte Sacheinlahe<br />
a. Ausgangspunkt: Einbringen einer Forderung <strong>des</strong> Gesellschafters gegen die<br />
Gesellschaft als Einlage ist Sacheinlage<br />
b. Besonderheit: keine „Altforderung“<br />
c. Prüfung: Wann ist Verrechnung mit „Neuforderung“ verdeckte Sacheinlage<br />
� Keine Anhaltspunkte für Verrechnungsabrede zum Zeitpunkt der Entstehung der<br />
Einlagepflicht<br />
� Die Verrechnung mit der Pachtzinsforderung ist keine verdeckte Sacheinlage<br />
� Verbot der Verrechnung wegen § 19 V GmbHG<br />
3. Aber § 19 II S. 2 GmbHG würde der Verrechnung entgegenstehen, wenn er nicht nur ein<br />
Aufrechnungs-, sondern auch ein Verrechnungsverbots enthielte.<br />
a. Rechtsprechung <strong>des</strong> BGH zu § 19 II S. 2 GmbHG – Forderung muss:<br />
(1) Vollwertig = Gesellschaft in der Lage alle Forderungen der Gläubiger zu erfüllen<br />
(2) Fällig = Um Liquiditätsverlust zu vermeiden Durchbrechung von § 387 BGB<br />
(3) Liquide = Forderung steh nach Grund und Höhe außer Zweifel<br />
b. Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall<br />
Folgen, wenn man die Vollwertigkeit verneint<br />
� Verrechnungsabrede verstößt gegen § 19 II S. 2 GmbH<br />
� Verrechnung keine Erfüllungswirkung, Anspruch der Gesellschaft auf<br />
Einlageerbringung besteht fort<br />
� Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung EUR 15.000,--<br />
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Wenn man die Vollwertigkeit bejaht<br />
� Zahlung mit § 19 II S. 2 GmbHG vereinbar<br />
� weiter prüfen<br />
4. Vereinbarkeit der Verrechnung mit § 30 GmbHG (siehe Exkurs oben bei 3. a)<br />
5. Problem Insichgeschäft<br />
Die Verrechnung könnte wegen <strong>des</strong> Verbots <strong>des</strong> Insichgeschäfts unwirksam sein<br />
a. Es liegt ein Insichgeschäft iSv § 181 BGB vor<br />
� Verrechnung nicht nur Erfüllung einer Verbindlichkeit<br />
b. Aber laut Gesellschaftsvertrags vom Verbot <strong>des</strong> Selbstkontrahieren befreit.<br />
c. Man könnte einwenden, dass auch wenn eine solche Befreiung vorliegt, diese Befreiung<br />
keine Verrechnungen iSv § 19 II S. 2 GmbHG erfasst (str. Problem)<br />
� Nach BGH Verrechnung zulässig, obwohl Insichgeschäft<br />
� Anspruch der Gesellschaft auf Erbringung der Einlage durch die Verrechnung<br />
ordnungsgemäß erfüllt, Anspruch damit untergegangen (§ 362 I BGB)<br />
� Kein Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung von EUR 15.000,--<br />
Teil 2 Ansprüche gegen B<br />
A. Anspruch auf Erbringung der Einlageleistung aus § 19 I GmbHG<br />
I. Zunächst Prüfung wie bei der Variante 1 (A I – IV) entsprechend<br />
Zwischenergebnis:<br />
� I kann im Namen der Gesellschaft von B die Zahlung der ausstehenden<br />
Einlageleistung iHv EUR 15.000,-- verlangen<br />
II. Der Anspruch könnte aber gemäß § 362 I BGB durch die Rückzahlung der<br />
Darlehenssumme in Höhe von EUR 18.000,-- erloschen sein.<br />
1. Ausgangspunkt: Eine Zahlung, zwei mögliche Forderungen<br />
2. Entscheidend, ob der B auf die Einlage oder den Darlehensvertrag geleistet<br />
hat.<br />
a. Auslegung der Zahlung <strong>des</strong> B anhand der Kriterien von § 366 BGB (a) und<br />
den Umständen <strong>des</strong> Einzelfalls (b)<br />
� (Um)Interpreation in Zahlung auf Einlage vertretbar<br />
� dann mit Zahlung Einlageverpflichtung erloschen<br />
� Kein Anspruch<br />
b. Auslegung auf Zahlung <strong>des</strong> Darlehens<br />
� Erlöschen durch Zahlung allein (-)<br />
� weiter prüfen<br />
3. Konkludente Verrechnungsabrede zwischen A und B ?<br />
� Aber dies scheitert an § 19 V GmbHG<br />
� „Altforderung Verrechnung nur unter Einhaltung der Bestimmungen zur<br />
Aufbringung der Sacheinlage und Offenlegung ggü dem Registerrichter<br />
zulässig (s o Teil 1)<br />
� Keine Erfüllung<br />
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� Damit Einlageverpflichtung nicht erloschen<br />
� Gesellschaft kann von B Zahlung von EUR 15.000,-- verlangen<br />
III. Einwendungen / Einreden<br />
Könnte der B aufrechnen, § 387 BGB ?<br />
1. Gegenansprüche <strong>des</strong> B (+)<br />
2. Aber Aufrechnungsverbot § 19 II S 2 GmbHG<br />
� Einwendung (-)<br />
(Da die GmbH insolvent ist, sind die Gegenansprüche damit wertlos. )<br />
B. Sonstige Ansprüche<br />
� nicht ersichtlich (Da B Darlehen zurückgezahlt, kommen Rückzahlungsansprüche<br />
nicht in Betracht)<br />
Lösung im Einzelnen<br />
Teil 1 - Ansprüche gegen A<br />
I. Zunächst Prüfung wie bei der Variante 1 (A I – IV) entsprechend<br />
Zwischenergebnis: � I kann im Namen der Gesellschaft von B die Zahlung der<br />
ausstehenden Einlageleistung iHv EUR 15.000,-- verlangen<br />
II. Der Anspruch könnte aber gemäß §§ 387, 389 BGB durch Verrechnung mit der<br />
Pachtzinsforderung erloschen sein.<br />
1. Ohne Einschränkung nach § 19 II S. 2 GmbHG ausgeschlossen: Aufrechnung durch den<br />
Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft<br />
Keine Aufrechnung durch den Gesellschafter, sondern Verrechnungsabrede<br />
Im vorliegenden Sachverhalt hat aber nicht der A als Gesellschafter die Aufrechnung<br />
erklärt, sondern er hat in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der X-GmbH die<br />
Aufrechnung erklärt. Man könnte dies als einseitige Aufrechnung der Gesellschaft<br />
sehen. Da aber der A zugleich als Geschäftsführer und Gesellschafter handelt, ist bei<br />
lebensnäher Sachverhaltsauslegung von einem einvernehmlichen Handeln und damit<br />
einer Verrechnungsabrede zwischen der Gesellschaft und dem A auszugehen (Es macht<br />
von den Rechtsfolgen keinen Unterschied, ob Aufrechnung durch Gesellschaft oder<br />
Verrechnungsabrede)<br />
� Der Wortlaut nach steht § 19 II S. 2 GmbHG nicht unmittelbar entgegen.<br />
2. Verrechnungsverbot aus § 19 V Var. 2 GmbH wegen verdeckter Sacheinlage<br />
Es ist zuprüfen, ob die Verrechnung mit dem Gebot einer effektiven<br />
Kapitalaufbringung, insbesondere dem Umgehungsschutz vereinbar ist.<br />
Wenn es sich bei der Verrechnung mit den Pachtzinsforderungen um eine verdeckte<br />
Sacheinlage handelt, dann Aufrechnung nur zulässig, wenn Anforderungen an<br />
Sacheinlage eingehalten<br />
Begründung: Ansonsten laufen die Vorschriften zur Kapitalaufbringung leer,<br />
Absicherung <strong>des</strong> Umgehungsschutzes, den die Lehre von der verdeckten<br />
Sacheinlage gewährleisten will<br />
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BGH NZG 2003, 211 ff = GmbHR 2002, 1193 ff<br />
... die genannten Verrechnungsformen allerdings unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Sacheinlage (§ 19<br />
Abs. 5 Alt. 2 GmbHG) dann unzulässig, wenn die Gegenforderung <strong>des</strong> Gesellschafters zur Zeit der Begründung<br />
der Einlagepflicht bereits entstanden war und daher als Sacheinlage hätte eingebracht werden können und<br />
müssen (BGHZ 113, 335, 341). Das gilt auch für "Altforderungen" auf stehengelassenen Gewinn (BGHZ 132,<br />
133, 144) und für ein hierauf bezogenes Ausschüttungs-Rückhol-Verfahren; es sei denn, daß dieses Verfahren<br />
gegenüber dem Registergericht offengelegt wird und die für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln<br />
geltenden Regelungen eingehalten werden (BGHZ 135, 381, zu einer Altforderung auf Gewinnauszahlung).<br />
� Somit wäre die Verrechnung unwirksam, wenn die Verrechnung mit den<br />
Pachtzinsforderungen eine verdeckte Sacheinlage darstellt (Die Einlageschuld<br />
aufgrund einer verdeckten Sacheinlage soll man natürlich nicht durch eine erneute<br />
verdeckte Sacheinlage tilgen können)<br />
a. Ausgangspunkt: Einbringen einer Forderung <strong>des</strong> Gesellschafters gegen die<br />
Gesellschaft als Einlage ist Sacheinlage, da die Werthaltigkeit der Forderung von der<br />
Liquidität der Gesellschaft abhängt.<br />
Zur Vertiefung BGHZ 110, 47, 62 (zum Aktienrecht, wir bei der GmbH nicht anders gesehen):<br />
„Es darf nicht übersehen werden, daß dann, wenn die Aktien dem Nennwert der Kreditforderung entsprächen,<br />
die von dem Bezug dieser Aktien ausgeschlossenen Aktionäre um den über die Werthaltigkeit der Forderung<br />
hinausgehenden Betrag benachteiligt würden. Allerdings erleiden gegenwärtige Gläubiger keinen Nachteil, weil<br />
die Einbringung der Forderung nicht zu einer Liquiditätseinschränkung der Gesellschaft führt. Jedoch werden<br />
potentielle Gläubiger in ihrer Erwartung getäuscht, der Gesellschaft werde neues Kapital zugeführt. Denn durch<br />
Verlautbarung einer Barkapitalerhöhung wird die in Wirklichkeit vorgenommene Vermögensumschichtung nicht<br />
offenbart, sondern es wird der Eindruck der ungeschmälerten Zuführung neuen Barkapitals erweckt. Das hat<br />
weiter zur Folge, daß die für den Einbringungszeitpunkt vorzunehmende Forderungsbewertung und deren<br />
Überprüfung durch die zu bestellenden Prüfer, die Hauptversammlung sowie im Rahmen der Eintragung durch<br />
das Registergericht unterbleibt. Entgegen der Ansicht der Revision geht es insoweit nicht um eine Frage <strong>des</strong><br />
Verbotes der Befreiung von Einlagen (§ 66 Abs. 1 Satz 1 AktG), sondern um eine solche <strong>des</strong> präventiven<br />
Kapitalaufbringungsschutzes.“<br />
b. Besonderheit: keine „Altforderung“<br />
- Zur Erinnerung: Verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn aufgrund <strong>des</strong> engen<br />
zeitlichen Zusammenhangs von einer Abrede ausgegangen werden kann, dass die<br />
Vorgaben zur Aufbringung der Sacheinlage umgangen werden sollen.<br />
- Besteht die Forderung <strong>des</strong> Gesellschafters mit der verrechnet wird, bereits zum<br />
Zeitpunkt der Entstehung der Einlageverpflichtung (hier wirtschaftliche<br />
Neugründung), dann kann die Verbredung einer verdeckten Sacheinlage ohne<br />
Weiteres vermutet werden.<br />
- Im vorliegenden Fall, handelt es sich aber um keine Altforderung, sondern die<br />
Pachtzinsforderungen ist erst nach Entstehung der Einlageverpflichtung<br />
entstanden. Damit eine sog. Neuforderung. Hier ist sorgfältig anhand <strong>des</strong> Falls<br />
zu prüfen, ob von einer Umgehungsabrede ausgegangen werden kann<br />
c. Prüfung: Wann ist Verrechnung mit Neuforderung verdeckte Sacheinlage<br />
BGH v 16.9.2002, NZG 2003, 211 ff = GmbHR 2002, 1193 ff.<br />
Handelt es sich - wie hier - um (nach dem Kapitalerhöhungsbeschluß entstandene) "Neuforderungen" der<br />
Gesellschafter auf Gewinnauszahlung, so erfaßt das in § 19 Abs. 5 Alt. 2 GmbHG geregelte Umgehungsverbot<br />
deren Verrechnung mit der Einlageforderung (im Einvernehmen mit der Gesellschaft) oder einen entsprechenden<br />
Umgehungstatbestand <strong>des</strong> Hin- und Herzahlens (vgl. BGHZ 125, 141, 143) nur dann, wenn diese<br />
Vorgehensweise bereits vor oder bei Fassung <strong>des</strong> Kapitalerhöhungsbeschlusses durch eine - wenn auch<br />
unwirksame - Abrede (BGHZ 132, 133) unter den Beteiligten vorabgesprochen worden ist (vgl. BGHZ 132, 141,<br />
147). Dafür genügt nicht, daß die Gesellschafter noch keine bestimmten Vorstellungen über die<br />
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Mittelaufbringung hatten und sich lediglich die Möglichkeit offenhalten wollten, je nach künftiger<br />
Gewinnsituation der Gesellschaft deren Gewinne einzusetzen. Anderenfalls müßten sie sich vorzeitig auf das<br />
Sacheinlageverfahren oder auf eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (vgl. BGHZ 135, 381) festlegen<br />
oder wären ggf. darauf verwiesen, den Kapitalerhöhungsbeschluß später entsprechend zu ändern, was aber<br />
wegen der im übrigen geltenden Kautelen nicht geboten erscheint.<br />
Hier keine Anhaltspunkte, dass beabsichtigt war die Verpflichtung zur<br />
Einlageleistung aufgrund der wirtschaftlichen Neugründung mit den<br />
Pachtzinsforderungen zu verrechnen<br />
� Die Verrechnung mit der Pachtzinsforderung ist keine verdeckte Sacheinlage<br />
� Verbot der Verrechnung wegen § 19 V GmbHG<br />
4. Aber § 19 II S. 2 GmbHG würde der Verrechnung entgegenstehen, wenn er nicht nur ein<br />
Aufrechnungs-, sondern auch ein Verrechnungsverbots enthielte.<br />
a. Rechtsprechung <strong>des</strong> BGH zu § 19 II S. 2 GmbHG<br />
- Wortlaut spricht nur von Aufrechnungsverbot<br />
- Aber: Um Gefährdung der Gläubiger zu vermeiden (insbesondere eines<br />
Zusammenwirkens von Gesellschafter und Gesellschaft zu Lasten der Gläubiger) ist<br />
eine Verrechnung nur zulässig, wenn die Forderung<br />
(1) Vollwertig = Gesellschaft in der Lage alle Forderungen der Gläubiger zu erfüllen<br />
(2) Fällig = Um Liquiditätsverlust zu vermeiden Durchbrechung von § 387 BGB<br />
(3) Liquide = Forderung steh nach Grund und Höhe außer Zweifel<br />
BGH v 16.9.2002, NZG 2003, 211 ff<br />
Fehlt es an einer definitiven, auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Sacheinlage abzielenden Vereinbarung<br />
(BGHZ 132, 133), so gelten für eine spätere Verrechnung der Bareinlageschuld gegen Neuforderungen <strong>des</strong><br />
Gesellschafters die Schranken <strong>des</strong> § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG (BGHZ 132, 141, 147). Danach ist der<br />
Gesellschaft zur Sicherung der Kapitalaufbringung eine Aufrechnung nur unter der Voraussetzung erlaubt, daß<br />
die Gegenforderung <strong>des</strong> Gesellschafters fällig, liquide und vollwertig ist (BGHZ 125, 141, 143).<br />
Exkurs:<br />
Eigentlich gehört ein weitere Prüfungspunkt dazu: Gesellschaft nicht in der Krise, Die Begleichung der<br />
Forderung greift nicht das zur Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals erforderlichen Vermögens an. Wenn ein<br />
Gesellschafter in der Krise nicht unverzüglich Zahlung seine Forderungen verlangt, dann handelt es sich um das<br />
„Stehen-lassen“ einer Gesellschafterforderung und damit um ein eigenkapitalersetzenden<br />
Gesellschafterdarlehens. Nach ständiger Rechtsprechung unterliegt die Rückzahlung dieses Darlehens dem<br />
Verbot nach § 31 GmbHG. Das Auszahlungsverbot <strong>des</strong> § 31 GmbHG umfasst auch ein Aufrechnungs- und<br />
Verrechnungsverbot.<br />
Fazit: Wenn die Forderung zwar vollwertig ist, jedoch deren Tilgung das zur Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals<br />
erforderlich Vermögen angreift, dann ist eine Verrechnung ebenfalls nicht möglich. Sie mag dann zwar nicht<br />
direkt an § 19 II S. 2 GmbHG scheitern, jedoch steht der Verrechnung dann das Auszahlungsverbot <strong>des</strong> § 30<br />
GmbHG i.V.m. § 19 II S. 2 GmbHG (analog) 10 entgegen).<br />
b. Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall<br />
- Fälligkeit und Liquidität sind hier nicht weiter problematisch<br />
- Fraglich ist die Vollwertigkeit. Hier ist der Sachverhalt offen. Angesichts der<br />
Tatsache, dass die Gesellschaft kurze Zeit später insolvent war, spricht einiges gegen<br />
eine Vollwertigkeit. Aber auch eine andere Würdigung ist hier vertretbar<br />
10 Zur analogen Anwendung von § 19 II 2 GmbHG auf Ansprüche wegen Verstoßes gegen § 30 GmbHG, inbes<br />
§ 31 GmbHG, siehe BGH GmbHR 2001, 143; Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 31 Rn 24.<br />
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Folgen, wenn man die Vollwertigkeit verneint<br />
� Verrechnungsabrede verstößt gegen § 19 II S. 2 GmbH<br />
� Verrechnung keine Erfüllungswirkung, Anspruch der Gesellschaft auf<br />
Einlageerbringung besteht fort<br />
� Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung EUR 15.000,--<br />
Wenn man die Vollwertigkeit bejaht<br />
� Zahlung mit § 19 II S. 2 GmbHG vereinbar<br />
� weiter prüfen<br />
4. Vereinbarkeit der Verrechnung mit § 30 GmbHG (siehe Exkurs oben bei 3. a)<br />
5. Problem Insichgeschäft<br />
Die Verrechnung könnte wegen <strong>des</strong> Verbots <strong>des</strong> Insichgeschäfts unwirksam sein<br />
a. Es liegt ein Insichgeschäft iSv § 181 BGB vor<br />
� Verrechnung nicht nur Erfüllung einer Verbindlichkeit<br />
b. Aber laut Gesellschaftsvertrags vom Verbot <strong>des</strong> Selbstkontrahieren befreit.<br />
c. Man könnte einwenden, dass auch wenn eine solche Befreiung vorliegt, diese Befreiung<br />
keine Verrechnungen iSv § 19 II GmbHG erfasst<br />
Argumente pro<br />
- Gläubigerschutz<br />
- Gedanke <strong>des</strong> § 47 IV GmbHG<br />
Argumente contra<br />
- § 47 IV betrifft Stimmrecht <strong>des</strong> Gesellschafters, beim Verrechnungsverbot <strong>des</strong> §<br />
19 II S. 2 GmbHG geht es um die Einschränkung <strong>des</strong> Geschäftsführers<br />
- Die Kriterien <strong>des</strong> BGH sorgen bereits für ausreichenden Gläubigerschutz. Wenn<br />
diese Anforderungen eingehalten sind, ist eine Gefährdung der Gläubiger und<br />
übrigen Gesellschafter ausgeschlossen. Werden sie nicht eingehalten ist die<br />
Verrechnung ohnehin wegen § 19 II S. 2 GmbHG unzulässig<br />
Exkurs:<br />
Schönes Beispiel, dass man einzelne Fragen im Zusammenhang mit dem Gesamtsystem sehen sollte:<br />
Entweder man setzt für Umgehungs- und Missbrauchsschutz präventiv auf der Verfahrensebene an, und<br />
versucht „gefährliche“ Situationen von vornherein zu unterbinden (Modell § 47 IV GmbHG / Verbot <strong>des</strong><br />
Selbstkontrahierens) oder<br />
Man lässt die Parteien machen und überprüft deren Tun anhand materieller Kriterien und greift ein, wenn<br />
etwas schiefgelaufen ist.<br />
Aber umfassender Präventivschutz + umfassende materielle Kontrolle wäre eine Überregulierung.<br />
� Verrechnung zulässig, obwohl Insichgeschäft<br />
� Anspruch der Gesellschaft auf Erbringung der Einlage durch die Verrechnung<br />
ordnungsgemäß erfüllt, Anspruch damit untergegangen (§ 362 I BGB)<br />
� Kein Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung von EUR 15.000,--<br />
Teil 2 Ansprüche gegen B<br />
A. Anspruch auf Erbringung der Einlageleistung aus § 19 I GmbHG<br />
I. Zunächst Prüfung wie bei der Variante 1 (A I – IV) entsprechend<br />
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Zwischenergebnis:<br />
� I kann im Namen der Gesellschaft von B die Zahlung der ausstehenden<br />
Einlageleistung iHv EUR 15.000,-- verlangen<br />
II. Der Anspruch könnte aber gemäß § 362 I BGB durch die Rückzahlung der<br />
Darlehenssumme in Höhe von EUR 18.000,-- erloschen sein.<br />
1. Ausgangspunkt:<br />
Die Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens an sich, ist ungeeignet die Einlageforderung der<br />
Gesellschaft zum Erlöschen zu bringen. Diese Rückzahlung kann allenfalls eine etwaige<br />
Darlehensforderung zum Erlöschen bringen. Die Einlageforderung besteht aber<br />
unabhängig von einer etwaigen Darlehensverbindlichkeit<br />
2. Damit ist entscheidend, ob der B auf die Einlage oder den Darlehensvertrag geleistet hat.<br />
Wenn mehrere Verbindlichkeiten bestehen, kommt es primär auf die<br />
Leistungsbestimmung an und wenn eine solche nicht vorliegt, richtet sich die<br />
Erfüllungswirkung nach § 366 II<br />
a. Grundsätzliches<br />
Leistungsbestimmung – einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung<br />
aa. Keine ausdrückliche Willenserklärung<br />
bb. Aber Auslegung nach § 133, 157<br />
- wichtiges Indiz ist die Höhe der Summe –<br />
- Argument: Wenn auf die Einlageverpflichtung hätte leisten wollen, dann<br />
hätte, er EUR 15.000,-- statt EUR 18.000,-- gezahlt<br />
BGH ZIP 2001, 1997-1998 – Leistung in bestimmter Höhe als Tilgungsbestimmung (im vorliegenden Fall<br />
Zahlung auf Einlage bejaht, weil Summe genau der Einlageverpflichtung entsprach)<br />
Zu Unrecht ist der Kläger der Auffassung, mangels einer Tilgungsbestimmung der Beklagten, sei er in der<br />
Verrechnung der Zahlung auf andere Verbindlichkeiten der Gesellschafterin frei. Zwar hat die Beklagte ihre<br />
Überweisung nicht mit einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung versehen. Dies steht der Erfüllungswirkung<br />
aber nicht entgegen, weil es ausreicht, wenn im Falle mehrerer durch die Zahlung nicht vollständig gedeckter<br />
Verbindlichkeiten für den Empfänger ersichtlich ist, daß eine bestimmte Forderung nach dem Willen <strong>des</strong><br />
Leistenden getilgt werden soll (vgl. Münch.Komm. z. BGB/Wenzel, 4. Aufl. § 366 Rdn. 10 m.w.N.). Dies ist<br />
u.a. dann anzunehmen, wenn gerade der Betrag der Schuldsumme gezahlt wird. So verhält es sich im<br />
vorliegenden Fall: Die Überweisung vom 27. Juni 1991 deckte genau die offene Einlageschuld der Beklagten ab;<br />
es bestand zu dieser Zeit keine andere, auch nur annähernd diesen Betrag erreichende anderweite Verbindlichkeit<br />
der Gesellschafterin, nachdem eine Milchlieferungsrechnung über 1.535.653,00 DM unstreitig bereits Ende<br />
Februar 1991 ausgeglichen worden war. Die Überweisung konnte nach dem Willen der Beklagten nur die<br />
ausstehende Einlageschuld betreffen. Auch die Gemeinschuldnerin selbst hat, wie sich aus den Vermerken auf<br />
dem Bankbeleg und den Buchungsunterlagen der Gesellschaft ersehen läßt, diese Zahlung richtig eingeordnet,<br />
indem sie den von der Bank als Gebühren einbehaltenen Betrag von 2.295,00 DM als fehlend vermerkt und zu<br />
Gunsten der V. B.V. 1.527.705,00 DM verbucht hat. Jedenfalls in Höhe <strong>des</strong> jetzt noch streitigen Teils der<br />
Einlageschuld ist damit bereits Anfang Juli 1991 Erfüllung eingetreten, so daß der Kläger gehindert war,<br />
nachträglich die Zahlung auf andere - von der Beklagten im übrigen bestrittene - Forderungen zu verrechnen.<br />
cc. Ferner spricht § 366 II BGB dafür. Denn die Darlehensforderung ist die weniger<br />
sichere Forderung<br />
Ergebnis nach allgemeinen Kriterien: Zahlung auf die Darlehen � damit keine<br />
Erfüllung der Einlageverpflichtung (So OLG Schleswig NZG 2004, 969 f).<br />
b. Besonderheit <strong>des</strong> vorliegenden Fall:<br />
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Voraussetzung für die Annahme einer Tilgungsbestimmung iSv § 366 BGB ist das<br />
Bestehen von mehreren Verbindlichkeiten. Wenn eine Verbindlichkeit nichtig ist,<br />
entspricht es dem nach §§ 133, 157 BGB objektiv zu ermittelnden Parteiwillen, dass auf<br />
die wirksame Verbindlichkeit gezahlt wird, es sei denn der Parteiwille ist eindeutig auf<br />
die Zahlung auf die unwirksame Verbindlichkeit gerichtet.<br />
aa. Ein solcher Fall läge hier vor, wenn der Darlehensvertrag nichtig wäre. Dies<br />
könnte sich hier daraus ergeben, dass es sich bei der Auszahlung der<br />
Darlehenssumme um einen Fall der Umgehung der<br />
Kapitalaufbringungsvorschriften handelt.<br />
� Bei konsequenter Anwendung der Lehre von der verdeckten Sacheinlage ist der<br />
Darlehensvertrag als nichtig anzusehen (s o Fall 4a)<br />
� Wenn man dem folgt, dann ist es naheliegend und entspricht dem objektiven<br />
Parteiwillen, die Zahlung als Zahlung auf die Einlage anzusehen<br />
Aber: Wie oben bei Fall 4a geschildert, geht BGH in einem anderen Zusammenhang<br />
von der Wirksamkeit <strong>des</strong> Darlehensvertrages aus<br />
Dann kann fällt ein wichtiges Argument für die Interpretation <strong>des</strong> Willens <strong>des</strong><br />
B – das in Wirklichkeit ja nur eine Forderung bestanden - weg.<br />
bb. Fraglich ist, wie der Zahlungswille <strong>des</strong> B zu interpretieren ist, wenn man von der<br />
Wirksamkeit <strong>des</strong> Darlehens ausgeht.<br />
(1) Für Zahlung auf Darlehen spricht, dass er EUR 18.000,-- und damit um EUR<br />
3.000,-- mehr gezahlt hat, als die Einlageverpflichtung betrug<br />
Auslegung nach §§ 133, 157 BGB bedeutet primär Erforschung <strong>des</strong><br />
Parteiwillens, nicht Beurteilung der Rechtslage (so OLG Schleswig)<br />
(2) Aber bei der Auslegung sind die Interessen <strong>des</strong> Erklärenden zu<br />
berücksichtigen. Offenbar hat der B von der Einlageverpflichtung nichts<br />
gewusst. Hätte er das gewusst, dann hätte er die Einlageverpflichtung getilgt<br />
� Wenn man dem folgt, dann mit Zahlung Einlageverpflichtung erloschen<br />
� Kein Anspruch<br />
� Ergebniskontrolle: Weder der Gesellschaft, noch Gläubigern ist ein Schaden<br />
entstanden. Sie hat sogar im Saldo EUR 3.000,-- als wenn sie das Darlehen nicht<br />
ausgegeben hätte.<br />
3. Wenn man dieser „wohlwollenden“ Interpretation der Zahlung <strong>des</strong> B nicht folgen will,<br />
dann kann man versuchen die Rückzahlung als konkludente Verrechnungsabrede zwischen<br />
A und B zu interpretieren<br />
� Aber dies scheitet an § 19 V GmbHG<br />
� Da „Altforderung Verrechnung nur unter Einhaltung der Bestimmungen zur<br />
Aufbringung der Sacheinlage und Offenlegung ggü dem Registerrichter zulässig (s o<br />
Teil 1)<br />
� Keine Erfüllung<br />
� Damit Einlageverpflichtung nicht erloschen<br />
� Gesellschaft kann von B Zahlung von EUR 15.000,-- verlangen<br />
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III. Einwendungen / Einreden<br />
Könnte der B aufrechnen, § 387 BGB<br />
1. Gegenansprüche <strong>des</strong> B (+)<br />
� B hat theoretisch sogar zwei Gegenansprüche<br />
a. Anspruch aus § 812 I S 1 F 1 wegen Einzahlung der EUR 15.000,--. Der mit der<br />
Zahlung bezweckte Leistungserfolg – Erfüllung der Einlageverpflichtung ist nicht<br />
eingetreten<br />
b. Wenn man davon ausgeht, dass der Darlehensvertrag nichtig ist, dann daneben<br />
Anspruch aus § 812 I S. 1 F 1 auf Rückzahlung von EUR 18.000,-- , da er auf eine<br />
nicht bestehende Verbindlichkeit geleistet hat<br />
2. Aber Aufrechnungsverbot § 19 II S 2 GmbHG<br />
� Einwendung (-)<br />
(Da die GmbH insolvent ist, sind die Gegenansprüche damit wertlos. )<br />
C. Sonstige Ansprüche<br />
� nicht ersichtlich (Da B Darlehen zurückgezahlt, kommen Rückzahlungsansprüche<br />
nicht in Betracht)<br />
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Fall 5a - Sachverhalt<br />
Durch Gesellschaftsvertrag vom 4. Dezember 1990 gründeten der A und der B die P<br />
Immobiliengesellschaft mbH (P-GmbH), die sich mit Immobilien- und Bauträgergeschäften<br />
befaßte. Am Stammkapital der P-GmbH in Höhe von DM 50.000,-- DM war der A mit einem<br />
Geschäftsanteil von DM 45.000,-- beteiligt, während der B einen Geschäftsanteil DM 5.000,-hielt.<br />
Zeitgleich mit der Gründung übertrug der A seinen Geschäftsanteil treuhänderisch auf<br />
seine Ehefrau F, die den Geschäftsanteil durch notariellen Vertrag vom 11. Januar 1995 an<br />
den Beklagten zu 1 rückabtrat. E war vom 15. Februar 1993 bis 2. März 1995 neben B<br />
alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der P-GmbH.<br />
Im Zeitraum vom 11. Oktober bis 9. November 1994 räumte die P-GmbH dem A zwei<br />
Darlehen in Höhe von insgesamt EUR 850.000,-- ein und dem B ein Darlehen über<br />
150.000,00 DM Über das Vermögen der P-GmbH wurde am 4. März 1997 das<br />
Insolvenzverfahren eröffnet und der Insolvenzverwalter I zum Insolvenzverwalter bestellt.<br />
Das Darlehen wurde nie zurückgezahlt<br />
Frage 1: Insolvenzverwalter der P-GmbH verlangt nun von der Ehefrau Schadensersatz. Zu<br />
Recht ?<br />
Frage 2: Welche Ansprüche hat der Insolvenzverwalter der P-GmbH gegen B ?<br />
Bearbeiterhinweis: Dem Fall sind die aktuell geltenden Rechtsvorschriften zugrunde zu legen.<br />
Literaturhinweise zur Vorbereitung<br />
Grundlage: BGHZ 157, 72-79 = ZIP 2004, 263-265<br />
Siehe auch Besprechung NZG 2004, 271-273<br />
Themenschwerpunkte (ggf zur Vorbereitung wiederholen)<br />
- Kapitalerhaltung / verdeckte Gewinnausschüttung bei der GmbH<br />
- Für die Technik Fallbearbeitung: Käpplinger GmbH-Fall 3<br />
- Relevanz der genannten Entscheidung für das Aktienrecht (dazu Fall 5b)<br />
Vertiefung: Habersack/Schürnbrand NZG 2004, 689 ff.<br />
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Frage 1: Anspruch gegen die E<br />
A. Ein Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 1.000.000,-- gegen die F könnte sich<br />
aus §§ 33 Abs. 2 und 3, 43 a, 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG ergeben.<br />
I. Zahlung, die gegen Kapitalerhaltungsvorschriften verstößt<br />
1. Darlehensgewährung an B<br />
Hinsichtlich <strong>des</strong> an B gegebenen Darlehens von 150.000,00 DM folgt dies bereits aus § 43 a<br />
GmbHG. Nach dieser Bestimmung ist jede Kreditvergabe aus gebundenem Vermögen an<br />
Geschäftsführer und ihnen gleichgestellte Personen "uneingeschränkt" verboten (BT-Drucks.<br />
7/253, S. 124). Das Verbot gilt unabhängig von der Vollwertigkeit <strong>des</strong><br />
Rückzahlungsanspruchs. Es erstreckt sich damit ohne weiteres auch auf Kredite, die einem<br />
kreditwürdigen, solventen Geschäftsführer gewährt werden oder die anderweit ausreichend<br />
besichert werden.<br />
2. Darlehensgewährung an A<br />
a Kein Verstoß gegen § 43a GmHG<br />
Im Blick auf das dem A eingeräumte Darlehen über 850.000,00 DM ergibt sich ein Verbot<br />
der Kreditgewährung nicht bereits aus § 43 a GmbHG. Der Regelungsbereich der<br />
Vorschrift beschränkt sich auf Geschäftsführer und die dort genannten weiteren<br />
Vertretungspersonen. Die Bestimmung kann entgegen einer im Schrifttum vertretenen<br />
Auffassung (Scholz/Uwe H. Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 a Rdn. 61 ff.; K. Schmidt,<br />
Gesellschaftsrecht 4. Aufl. S. 1148 f.) nicht in analoger Anwendung auf Gesellschafter<br />
übertragen werden, weil der Gesetzgeber die Einbeziehung dieses Personenkreises in den<br />
Tatbestand der Vorschrift ausdrücklich abgelehnt hat (BT-Drucks. 8/1347, S. 74).<br />
Anmerkung:<br />
Man könnte auch differenziert argumentieren: Angesichts <strong>des</strong> klaren Wortlauts ist die Erstreckung von § 43a<br />
GmbHG auf Gesellschafter kaum mit Wortlaut zu vereinbaren. Auch spricht dagegen, dass der Gesetzgeber in §<br />
30 GmbHG ja spezielle Vorkehrungen vorgesehen hat<br />
Aber wenn nur ein Strohmann vorgeschoben wird, wie hier A die E vorschiebt, und die E nur als Werkzeug <strong>des</strong><br />
A erscheint, dann liegt die Gefahr vor, die dem § 43a GmbHG zugrunde liegt: Auf Seiten <strong>des</strong> Darlehensgebers<br />
und <strong>des</strong> Darlehensnehmer handelt letztlich dieselbe Person. Damit liegt ein Umgehungstatbestand vor.<br />
Allgemeiner Rechtsgedanke, dass bei Umgehung die Vorschriften Anwendung finden, die umgangen/ verdeckt<br />
werden sollten (vgl. § 117 II BGB, 140 BGB). Daher ist folgende Differenzierung m.E. sehr gut vertretbar:<br />
- Erstreckung von § 43a GmbHG auf Gesellschafter gds (-)<br />
- Wenn aber klare Umgehungssituation, insbesondere Strohmannkonstellation, dann (analoge) Anwendung von §<br />
43a GmbHG gerechtfertigt<br />
- Schutz nach § 30 GmbHG nicht gleichwertig, denn bei § 43a GmbHG ist die Darlehensauszahlung unabhängig<br />
von der wirtschaftlichen Lage unzulässig. Dieser über § 30 GmbHG ist angezeigt, da besonders gefährlich, wenn<br />
der „Darlehensgeber“ sich das Darlehen selbst aushändigt.<br />
b) Verstoß gegen § 30 GmbHG –<br />
aa) Anwendbarkeit, obwohl nicht A, sondern E Gesellschafter, A nur mittelbar<br />
über Treuhandabrede beteiligt<br />
Vielmehr folgt im Falle <strong>des</strong> A die Unzulässigkeit der Darlehenshingabe aus § 30<br />
GmbHG. Zwar war der A bei Abschluss der Kreditgeschäfte nicht Gesellschafter der P-<br />
GmbH; sein Geschäftsanteil wurde aber für ihn treuhänderisch von der E gehalten.<br />
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Aufgrund <strong>des</strong> Treuhandverhältnisses mit der E ist der A selbst als mittelbarer<br />
Gesellschafter der GmbH zu behandeln; als solcher haftet er in Einklang mit dem<br />
Revisionsvorbringen wie ein Gesellschafter für die Rückzahlung von Geldern, die ihm<br />
entgegen dem Verbot <strong>des</strong> § 30 GmbHG zugeflossen sind (BGHZ 107, 7, 11 f.; 75, 334,<br />
335 f.; 31, 258, 266 f.).<br />
Wiederholungsfrage:<br />
Welche weiteren Fälle mittelbaren Beteiligung bzw. Zurechnung von gegen § 30 GmbHG verstoßende<br />
Zahlungen kennen Sie ?<br />
bb) Ist Kreditgewährung an Gesellschafter Zahlung, die gegen § 30 I GmbHG verstoßen<br />
kann?<br />
(1) Ausgangspunkt<br />
Aussage 1: Kreditgewährung kann eine Zahlung iSv § 30 I GmbHG sein<br />
Kreditgewährungen an Gesellschafter, die nicht aus Rücklagen oder Gewinnvorträgen,<br />
sondern zu Lasten <strong>des</strong> gebundenen Vermögens der Gesellschaft bestritten werden, sind<br />
auch dann grundsätzlich als verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen im Sinne<br />
von § 30 GmbHG zu bewerten, wenn der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter<br />
vollwertig sein sollte.<br />
Aussage 2:<br />
30 GmbHG verpflichtet die Gesellschafter nicht, das Gesellschaftsvermögen im Sinne<br />
eines gegenständlichen Eigentumsschutzes in einer bestimmten Zusammensetzung zu<br />
erhalten. Vielmehr untersagt § 30 GmbHG lediglich, das in der Satzung festgelegte<br />
Garantievermögen in seiner rechnerischen Wertbindung zugunsten eines Gesellschafters<br />
anzutasten.<br />
(2)Bisher: Kreditgewährung grundsätzlich unproblematisch wegen „rein bilanzieller<br />
Betrachtungsweise“:<br />
Die Gewährung eines Darlehens ist im Falle eines vollwertigen Rückzahlungsanspruchs als bloßer<br />
Aktiventausch bilanzrechtlich neutral. Mangels einer bilanziellen Vermögensminderung wird <strong>des</strong>halb die<br />
Hingabe eines Darlehens verbreitet als mit § 30 GmbHG vereinbar erachtet, sofern das Darlehen angemessen<br />
verzinst und der Gesellschafter auf Dauer solvent und kreditwürdig, der Rückzahlungsanspruch also<br />
vollwertig ist (RGZ 150, 28, 34 ff.; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Aufl. § 30 Rdn. 16;<br />
Scholz/Westermann aaO, § 30 Rdn. 25; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Penz, GmbHG 4. Aufl. § 30 Rdn. 34; K.<br />
Schmidt aaO, S. 1134).<br />
(3)BGH jetzt: rein bilanzielle Betrachtungsweise wird Kapitalschutz nicht gerecht:<br />
„Diese rein bilanzrechtliche Betrachtungsweise greift aber mit Rücksicht auf die Bedeutung <strong>des</strong> in § 30 Abs.<br />
1 GmbHG verankerten Kapitalerhaltungsgrundsatzes zu kurz. Vermögensschutz erschöpft sich nicht in der<br />
Garantie einer bilanzmäßigen Rechnungsziffer, sondern gebietet die Erhaltung einer die Stammkapitalziffer<br />
deckenden Haftungsmasse (Schön, ZHR 159 [1995], 351, 362). Dementsprechend soll nach Sinn und Zweck<br />
<strong>des</strong> § 30 GmbHG das Vermögen der Gesellschaft bis zur Höhe der Stammkapitalziffer dem Zugriff der<br />
Gesellschafter entzogen werden; damit soll nach Möglichkeit der GmbH ein ihren Bestand schützen<strong>des</strong><br />
Min<strong>des</strong>tbetriebsvermögen und ihren Gläubigern eine Befriedigungsreserve gesichert werden. Mit diesem Ziel<br />
wäre es nicht vereinbar, wenn die Gesellschafter der GmbH zu Lasten <strong>des</strong> gebundenen<br />
Gesellschaftsvermögens Kapital entziehen könnten und der GmbH im Austausch für das fortgegebene reale<br />
Vermögen (von etwaigen Zinsansprüchen einmal abgesehen) nur ein zeitlich hinausgeschobener<br />
schuldrechtlicher Rückzahlungsanspruch verbliebe (Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz 1992, S. 335, 349,<br />
352). Der Austausch liquider Haftungsmasse gegen eine zeitlich hinausgeschobene schuldrechtliche<br />
Forderung verschlechtert, wie der Senat schon früher in bezug auf die Stundung der Entgeltforderung aus<br />
einem Veräußerungsgeschäft ausgesprochen hat (BGHZ 81, 311, 320 f.), die Vermögenslage der Gesellschaft<br />
und die Befriedigungsaussichten ihrer Gläubiger. Zu Recht ist in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen<br />
worden, daß durch die Darlehenshingabe die Gläubiger <strong>des</strong> Gesellschafters zum Nachteil der Gläubiger der<br />
Gesellschaft im Ergebnis einen vollstreckungs- und insolvenzrechtlich vorrangigen Zugriff auf<br />
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Vermögenswerte der Gesellschaft erlangen (Schön aaO, S. 361). Bei Unterbilanz der Gesellschaft ist <strong>des</strong>halb<br />
gegenüber den Gesellschaftern nicht nur der bilanzielle Wert <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens zu wahren,<br />
sondern auch <strong>des</strong>sen reale Substanz zusammenzuhalten und vor einer Aufspaltung in schuldrechtliche<br />
Ansprüche gegen die Gesellschafter zu schützen (Stimpel aaO, S. 352; Altmeppen in: Roth/Altmeppen,<br />
GmbHG 4. Aufl. § 30 Rdn. 93; vgl. ferner Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 31 Rdn. 10). Da dem<br />
Kapitalabfluß eine nur rechnerische, aber nicht sofort realisierbare Forderung gegenübersteht, ist schon aus<br />
diesen Gründen auch die Gewährung eines ordnungsgemäß verzinsten Darlehens an einen kreditwürdigen<br />
Gesellschafter mit § 30 GmbHG nicht zu vereinbaren (Stimpel aaO, S. 335 ff., 348-352; Schön aaO, S. 351,<br />
359 ff.; Altmeppen in: Roth/Altmeppen aaO, § 30 Rdn. 91 ff.; Michalski/Heidinger, GmbHG 2002, § 30<br />
Rdn. 49).<br />
…<br />
Das Verbot der Kreditgewährung beugt zudem einer Aushöhlung <strong>des</strong> § 30 GmbHG durch Umbuchung<br />
verbotener Zahlungen in Darlehen vor.“<br />
(4) Fazit:<br />
� Grundsätzlich verstöß Darlehensgewährung aus gebundenen Vermögen gegen § 30<br />
GmbHG<br />
� Inwieweit von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen sind, lässt der BGH offen:<br />
„Es kann dahinstehen, ob die Gewährung eines Darlehens aus gebundenem Vermögen ausnahmsweise<br />
zulässig sein kann, wenn die Darlehensvergabe im Interesse der Gesellschaft liegt, die Darlehensbedingungen<br />
dem Drittvergleich standhalten und die Kreditwürdigkeit <strong>des</strong> Gesellschafters selbst bei Anlegung strengster<br />
Maßstäbe außerhalb je<strong>des</strong> vernünftigen Zweifels steht oder die Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens durch werthaltige<br />
Sicherheiten voll gewährleistet ist. Für die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmetatbestan<strong>des</strong>, der im<br />
Streitfall ersichtlich nicht eingreift, wäre in<strong>des</strong> der Gesellschafter darlegungs- und beweispflichtig.“<br />
� Im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für eine Ausnahme<br />
� Verstoß gegen § 30 GmbHG (+)<br />
cc) Rechtsfolgen <strong>des</strong> Verstoßes<br />
„Entgegen dem Verbot <strong>des</strong> § 30 GmbHG geleistete Zahlungen müssen der Gesellschaft erstattet werden. Der<br />
Erstattungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG wird mit seinem Entstehen sofort fällig (Sen.Urt. v. 8.<br />
Dezember 1986 - II ZR 55/86, NJW 1987, 779) und kann dem Gesellschafter nicht erlassen werden (§ 31<br />
Abs. 4 GmbHG). Ebenso wie die Einlageforderung darf der funktionell vergleichbare Erstattungsanspruch<br />
(BGHZ 144, 336, 341) nicht gestundet werden (Stimpel aaO, S. 350 f.; Schön aaO, S. 360 f.;<br />
Michalski/Heidinger aaO, § 31 Rdn. 74; Lutter/Hommelhoff aaO, § 31 Rdn. 23; Altmeppen aaO, § 31 Rdn.<br />
29; Scholz/Westermann aaO, § 31 Rdn. 32; Ulmer in: Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz 1992, S. 363, 380<br />
ff.; a.A. Baumbach/Hueck/Fastrich aaO, § 31 Rdn. 18; Hachenburg/Goerdeler/Müller, GmbHG 8. Aufl. § 31<br />
Rdn. 59). Wegen der Gefahr einer Umgehung <strong>des</strong> Stundungsverbots kann die Gewährung eines Darlehens<br />
nicht gebilligt werden. Andernfalls wäre zu befürchten, daß verbotene Zahlungen aus dem Stammkapital<br />
bilanzneutral als Darlehen verschleiert werden (Schön aaO, S. 361; Stimpel aaO, S. 352; Hommelhoff in:<br />
Festschrift Kellermann 1991, S. 165 f.; Kühbacher, Darlehen an Konzernunternehmen 1993, S. 43 f.)“<br />
II. Schuldhafte Veranlassung einer Zahlung, die gegen § 43a GmbHG / § 30 GmbHG verstößt<br />
Der E müsste vorzuwerfen sein, die Darlehenszahlungen an A und B geduldet zu haben (§ 43<br />
Abs. 1, 3 GmbHG). Hier beruft sich die E darauf, dass die Kredite ohne ihr Wissen und<br />
Wollen ausgereicht worden seien.<br />
1.) Auch einen Strohmann (bzw. „Strohfrau“ trifft eine Prüfungspflicht<br />
„Die E, die offenbar nur die Funktion einer "Strohfrau" einnahm und den A und B bei der tatsächlichen<br />
Geschäftsführung freie Hand ließ, hätte durch geeignete Kontrollmaßnahmen (vgl. Sen.Urt. v. 20. März 1986<br />
- II ZR 114/85, WM 1986, 789 = ZIP 1987, 1050) dafür sorgen müssen, daß sie die Auszahlung der das<br />
Stammkapital beeinträchtigenden Kredite an die Beklagten zu 1 und 2 erkennen und verhindern konnte. Die<br />
P-GmbH gewährte im Zeitraum von Juli 1992 bis Oktober/November 1994 dem A in Höhe von insgesamt<br />
2.900.000,00 DM und dem B in Höhe von insgesamt 425.000,00 DM. Gegenstand <strong>des</strong> Rechtsstreits bilden<br />
die zuletzt im Oktober/November 1994 an A und B gezahlten Darlehen. Für E bestand folglich Anlaß,<br />
bereits ab dem Jahr 1992 die - erheblichen - Kreditleistungen an A und B unter dem Gesichtspunkt einer<br />
möglichen Beeinträchtigung <strong>des</strong> Stammkapitals einer Prüfung zu unterziehen. Diese Kontrollpflicht hat die E<br />
nicht ansatzweise wahrgenommen.“<br />
66
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
2.) Geschäftsführer kann sich nicht auf „Machtlosigkeit“ berufen<br />
„Die E kann sich nicht darauf berufen, daß sie außerstande war, sich gegen ihren Mitgeschäftsführer, den B<br />
durchzusetzen und die Kreditzahlungen zu unterbinden. (…)<br />
Eine erteilte Weisung der Gesellschafter, die Darlehensmittel auszukehren, wäre rechtswidrig gewesen; die E<br />
wäre an sie nicht gebunden gewesen. Dies folgt für das dem A gegebene Darlehen schon aus § 43 Abs. 3 S, 3<br />
GmbHG. Ebenso verhält es sich in analoger Anwendung der Vorschrift für den dem B als Geschäftsführer<br />
gewährten Kredit. (Lerneffekt: § 43 III S. 3 findet auf Ansprüchen wegen gegen § 43a GmbHG verstoßender<br />
Zahlung analoge Anwendung).“<br />
III. Umfang <strong>des</strong> Schadensersatzanspruchs<br />
„Der Schadensersatzanspruch <strong>des</strong> Klägers gegen E bemißt sich wegen der A und Bgewährten Kredite auf<br />
insgesamt 1.000.000,00 DM. Falls der Geschäftsführer eine verbotene Zahlung geleistet oder zugelassen<br />
hat, entspricht der Schaden zumin<strong>des</strong>t der erbrachten Leistung (Sen.Urt. v. 20. März 1986 - II ZR<br />
114/85, WM 1986, 789 = ZIP 1987, 1050).“<br />
IV. Keine Verjährung, § 43 IV GmbHG<br />
B. Weitere Ansprüche ? Hier drängt sich aus meiner Sicht kein weiterer Anspruch auf<br />
Frage 2<br />
A. Anspruch aus § 43a S. 2 GmbH<br />
I. Voraussetzungen liegen vor (s. o.)<br />
II Anspruchsumfang: Höhe <strong>des</strong> dem B gewährten Kredits = DM 150.000,--<br />
B. Anspruch aus § 31 I GmbHG<br />
I. Gesellschafter (+)<br />
II. Verstoß gegen §30 I G,bHG (+) s.o.<br />
III. Keine Gutgläubigkeit, § 31 II GmbHG<br />
Hinweis Im Rahmen <strong>des</strong> SE-Anspruchs aus § 43 III GmbHG ist § 31 II GmbHG nicht zu prüfen ! Bei § 43<br />
GmbHG kommt es auf die Gutgläubigkeit nicht an ! Der Geschäftsführer ist kraft der ihm obliegenden<br />
Überwachungspflicht verpflichtet, Zahlungen zu verhindern. § 43 III ist eine Art eingeschränkte<br />
Garantiehaftung, während der Gesellschafter sich mit Gutgläubigkeit entlasten kann (damit unterschiedliche<br />
Haftungsmaßstäbe. Grund: Geschäftsführer steht den Risiken näher.)<br />
IV Anspruchsumfang: Umfang der Zahlung, die B erhalten hat = DM 150.000 DM<br />
C. Anspruch aus § 43 II GmbHG<br />
I. Voraussetzungen wie bei E s o (+)<br />
II. Anspruchsumfang: 1.000.000,-- (wie bei E s.o.)<br />
D. Anspruch aus § 31 III S. 1 GmbHG<br />
I. Gesellschafter<br />
II. Zahlung, die gegen § 30 GmbHG verstößt (+)<br />
III. Vom Empfänger nicht zu erlangen (+) / (-) (Keine Angaben im Sachverhalt<br />
Wenn von A nicht zu erlangen, dann liegen Voraussetzungen vor<br />
IV. Umfang <strong>des</strong> Anspruchs<br />
67
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
1. „Soweit für die Befriedigung der Gläubiger erforderlich“. � Nur wenn Geld<br />
benötigt, um Verbindlichkeiten zu decken. Daher kann die Haftung nicht höher<br />
sein als die Gesamtsumme der Außenstände (Hier wird der Zweck von § 30 f. –<br />
Gläubigerschutz, und nur Gläubigerschutz deutlich)<br />
2. Ansonsten ist der Umfang der Haftung umstritten<br />
M.M.: Haftung maximal in Höhe der eigenen Einlage (Hier nur in Höhe von<br />
DM 5.000,--)<br />
h.Lit: Haftung begrenzt auf das gesamte Stammkapital der Gesellschaft (Hier<br />
DM 50.000,--)<br />
vertiefender Hinweis Einige Autoren sind ganz genau: Stammkapital abzüglich der<br />
eigenen Einlage. Denn für die eigene Einlage haftet der Gesellschaft schon nach § 31 I<br />
GmbHG, vgl. Lutter/Hommelhoff § 31 GmbHG Rn. 21)<br />
BGH: Will sich nicht auf eine solche Haftungsbegrenzung festlegen<br />
Pro BGH: - Gläubigerschutz;<br />
- Wortlaut: von einer Beschränkung steht nichts in § 31 III<br />
Lit:<br />
- Teleologische Reduktion: Bei Grundmodell von § 30 / 31 GmbHG geht von<br />
einer Zurückzahlung aus (besonders deutlich: § 31 II GmbHG). Damit kann bei<br />
Grundmodell die Höhe der gegen § 30 GmHG verstoßenen Zahlungen das<br />
Stammkapital von vornherein nicht übersteigen<br />
- Erst durch die Ausdehnung <strong>des</strong> Verbots von § 30 GmbHG im Wege der<br />
Rechtsfortbildung ist es dazu gekommen, dass Zahlung – wie hier – weit über<br />
die Höhe <strong>des</strong> Stammkapitals hinausgehen<br />
� verdeckte, weil nach Erlass <strong>des</strong> Gesetzes entstandene Regelungslücke<br />
� diese durch Begrenzung der Haftung auf Höhe <strong>des</strong> Stammkapitals nach dem<br />
Rechtsgedanken der §§ 13 II, 24, 26 GmbHG zu schließen, weil<br />
- sonst Aushöhlung <strong>des</strong> Haftungsprivilegs<br />
- Nachschusspflicht nur bei ausdrücklicher Einwilligung der Gesellschafter<br />
(§ 26 I GmbHG)<br />
- Gleichlauf mit der Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG<br />
- Besonderen Missbrauchsfällen kann mit Schadensersatzansprüchen begegnet<br />
werden<br />
68
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 5b Abwandlung – Betrachtung der Problematik im Aktienrecht<br />
Durch Satzung vom 4. Dezember 2000 gründeten der A und der B die P.<br />
Immobiliengesellschaft AG (P-AG), die sich mit Immobilien- und Bauträgergeschäften<br />
befaßte. Am Stammkapital der P-GmbH in Höhe von EUR 50.000,-- DM war der A mit<br />
einem Geschäftsanteil von EUR 45.000,-- beteiligt, während der B einen Geschäftsanteil EUR<br />
5.000,-- hielt. E war seit dem vom 15. Februar 2002 neben A alleinvertretungsberechtigte<br />
Vorstandsmitglied.<br />
Im Zeitraum vom 11. Oktober bis 9. November 2002 räumte die P-AG dem A zwei Darlehen<br />
in Höhe von insgesamt EUR 850.000,-- ein und dem B ein Darlehen über EUR 150.000,00.<br />
Die Darlehen haben eine Laufzeit von sieben Jahren, sind nicht rückzahlbar in Raten, sondern<br />
erst am Ende der Laufzeit.<br />
Der Vorsitzen<strong>des</strong> <strong>des</strong> Aufsichtsrats V, eigentlich ein guter Freund <strong>des</strong> A, gerät mit diesem in<br />
Streit. Daraufhin veranlasst er einen Beschluss <strong>des</strong> Aufsichtsrats, wonach der Aufsichtsrat die<br />
Gewährung der Darlehen für unangemessen hält und er hierin einen Schaden für die<br />
Gesellschaft sieht, da diese mangels Liquidität anderweitig Kredite aufnehmen muss. Daher<br />
will der Aufsichtsrat etwas unternehmen. Er hat an Sie folgende Fragen :<br />
1) Kann die Gesellschaft die sofortige Rückzahlung der Darlehen verlangen, wenn man davon<br />
ausgeht, dass das Darlehen nicht marktgerecht verzinst sind ?<br />
1a) Besteht im Hinblick auf die neuste Rechtsprechung <strong>des</strong> BGH (s. o. Fall 5a) unter<br />
Umständen ein Anspruch sogar dann, wenn das Darlehen marktgerecht verzinst ist ?<br />
2) Kann der Aufsichtsrat den Vorstand zwingen, etwaige Rückforderungsansprüche geltend<br />
zu machen ?<br />
3) Wenn dies nicht möglich oder schwierig ist, kann er alternativ/ kumulativ<br />
Schadensersatzansprüche geltend machen. Wenn ja auf welcher Grundlage und gegen<br />
wen?<br />
Literaturhinweise zur Vorbereitung<br />
Grundlage: BGHZ 157, 72-79 = ZIP 2004, 263-265 (unter dem Gesichtspunkt, welche<br />
Bedeutung diese Entscheidung für das Aktienrecht haben könnte)<br />
Dazu näher : Habersack/Schürnbrand NZG 2004, 689 ff.<br />
Themenschwerpunkte (ggf zur Vorbereitung wiederholen)<br />
- Kapitalerhaltung / verdeckte Gewinnausschüttung bei der AG<br />
- Für die Technik Fallbearbeitung: Käpplinger Aktienrecht Fall 3<br />
69
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fragen 1 und 1a<br />
A. Anspruch gegen A und B in ihrer Eigenschaft als Aktionäre<br />
I. Anspruch aus § 62 I AktG<br />
1. Aktionär – beachte auch mit Aktionär verbundene Unternehmen und nahe stehenden<br />
Personen<br />
Eine verbotene Einlagenrückgewähr liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung zwar nicht unmittelbar an den<br />
Aktionär, sondern an eine Person erfolgt, die ihm persönlich nahe steht (leading cases Ehefrau / minderjähriges<br />
Kind 11 ), die Treuhänder bzw. vorgeschobener „Strohmann“ <strong>des</strong> Aktionärs ist 12 oder mit dem Aktionär<br />
wirtschaftlich eine Einheit bildet (leading case: Tochtergesellschaft) 13 , so dass die Leistung dem Aktionär<br />
mittelbar zugute kommt. 14 Daneben wird die Anwendbarkeit von § 57 AktG auch dann bejaht, wenn die<br />
Zuwendung von Unternehmen stammt, die von der AG beherrscht werden 15 . Der unmittelbar Begünstigte<br />
(nachfolgend auch: „Empfänger“) kann also vom Aktionär personenverschieden sein.<br />
2. Gläubiger und Leistender ist AG<br />
� Gleichzustellen mit einer Leistung der AG sind Leistung von Dritten für Rechnung<br />
der AG sowie Leistung, die zwar nicht von der AG selbst, aber von einem von ihr<br />
abhängigen oder im Mehrheitsverhältnis stehenden Unternehmen stammt (Hüffer<br />
AktG § 57 Rn 13<br />
3. Leistung, die gegen gesetzliche Vorschriften verstößt<br />
a. Keine direkte Ausschüttung oder Entnahme<br />
b. Lehre von der verdeckten Gewinnausschüttung<br />
aa. Allgemein<br />
In sachlicher Hinsicht kann eine Zuwendung selbst dann eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellen, wenn<br />
sie im Rahmen eines Austauschgeschäfts zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär erfolgt. Dies ist dann der<br />
Fall, wenn die vom Aktionär erbrachte Gegenleistung aus der kaufmännischen Betrachtung eines in einem<br />
objektiven Missverhältnis zu der von der AG erbrachten Leistung steht (Drittvergleich). 16<br />
Klassische Beispiele 17 sind: Bestellung von Sicherheiten zugunsten <strong>des</strong> Aktionärs 18 ; Veräußerung von Sachen<br />
oder Rechten an Aktionär zu überhöhten Preis 19 , Erbringen von Werkleitungen für den Aktionär zu nicht<br />
kostendeckenden Preis 20 ; Übernahme der Due Diligence-Kosten für Investor durch die AG 21 . Maßgeblich ist<br />
hierfür der Marktwert der Leistung, der sich nach den allgemeinen im Recht der Wirtschaftsprüfung und im<br />
Steuerrecht anerkannten Bewertungsmethoden und –maßstäbe bemisst 22 . Dabei steht den Beteiligten ein<br />
11 BGHZ 81, S. 365, 368; BGH ZIP 1986, S. 456, 459; BGH NJW 1881, S. 357, 358; BGH NJW 1996, S. 589,<br />
590; Henze in: Großkommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl. 15. Lieferung (Stand: 2001), § 57 Rn. 90 f.<br />
12 BGH NJW 1991, 1057, 1059; BGHZ 95, 188, 193; BGH NJW 1991, 1057, 1059<br />
13 Henze (Fn 1) § 57 Rn. 92; Bayer§ 57 Rn. 65, vgl auch BGHZ 81, S. 311, 315 und BGH ZIP 1999, 13174,<br />
1315 jeweils zur GmbH.<br />
14 Wichtigster Gesichtspunkt ist, dass die Leistung im Ergebnis letztlich dem Aktionär zugute kommt , Bayer §<br />
57 Rn. 59.<br />
15 OLG Hamburg DB 1980, 2437, 2338; Hüffer, AktG§ 57 Rn. 13..<br />
16 OLG Frankfurt, AG 1992, S. 194, 196; OLG Koblenz, AG 1977, S. 231; Henze (Fn 1) § 57 Rn. 40; vgl. auch<br />
BGH NJW 1987, S. 1194, 1195; NJW 1996, S. 589, 590 je zur GmbH.<br />
17 Überblick über umfangreiche Kasuistik bei Hüffer AktG § 57 Rn. 12, umfassend Henze (Fn 1) § 57 Rn. 48 ff.<br />
18 OLG Düsseldorf AG 1980, S. 273, 274; OLG München AG 1980, S. 272, 273; Henze (Fn 1) § 57 Rn. 51;<br />
eingehend Schön, ZHR 159 (1995), 351, 369 f. ebenso behandelt wird die vorzeitige Tilgung unter vorzeitiger<br />
Beendigung der Bürgenstellung, vgl. Kammgericht Berlin NZG 1999, S. 161 f.<br />
19 Z B OLG Karlsruhe WM 1984, S. 656: Veräußerung Unternehmensanteile an Aktionär für 6,9 Millionen,<br />
Wert bei anschließender Begutachtung 9,74 Millionen DM.<br />
20 BGH NJW 1987, S. 1194. Behandlung der Abgabe zum Selbstkostenpreis ist hingehend strittig ,vgl. nur<br />
Henze, Fn. 1 § 57 Rn. 57.<br />
21 Sigle/Zinger, NZG 2003, S. 301, 304.<br />
22 Hüffer (Fn. 1), § 57 Rn. 9.<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
gewisser Beurteilungsspielraum zu ( vgl. arm’s length Prinzip im Steuerrecht). Dieser ist spätestens bei einer<br />
Differenz von 30 % überschritten 23 . Das Risiko der Unmöglichkeit einer objektiven Bewertung bei kaum<br />
greifbaren Serviceleistungen, insbesondere bei den berühmten Beraterverträgen liegt beim Aktionär.<br />
bb. Speziell Darlehensgewährung:<br />
(1) Bisheriger Meinungsstand<br />
hM Darlehensgewährung nur zulässig, wenn der Aktionär angemessene Zinsen leistet,<br />
bankübliche Sicherheit bestellt und überdies die Liquidität der Gesellschaft nicht<br />
beeinträchtigt wird (OLG Hamm ZIP 1995, 1263, 1270; Henze in GroßkommAktG § 57<br />
Rn 49; Bayer in MünchKommAktG § 57 Rn 81<br />
M.M. Werthaltigkeit <strong>des</strong> Anspruchs reicht aus (K. Schmidt GesR § 29 II 2 a).<br />
(2) Nach der BGH Entscheidung<br />
„Es kann dahinstehen, ob die Gewährung eines Darlehens aus gebundenem Vermögen ausnahmsweise zulässig<br />
sein kann, wenn die Darlehensvergabe im Interesse der Gesellschaft liegt, die Darlehensbedingungen dem<br />
Drittvergleich standhalten und die Kreditwürdigkeit <strong>des</strong> Gesellschafters selbst bei Anlegung strengster<br />
Maßstäbe außerhalb je<strong>des</strong> vernünftigen Zweifels steht oder die Rückzahlung <strong>des</strong> Darlehens durch werthaltige<br />
Sicherheiten voll gewährleistet ist. Für die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmetatbestan<strong>des</strong>, der im<br />
Streitfall ersichtlich nicht eingreift, wäre in<strong>des</strong> der Gesellschafter darlegungs- und beweispflichtig.“<br />
e.A. Kriterien unterscheiden sich im Ergebnis nicht von denen der hM zum Aktienrecht (vgl o )<br />
Aber Tendenziell sind die Kriterien <strong>des</strong> BGH strenger: „außerhalb jeden Zweifels<br />
Daher: Frage, sind die Kriterien <strong>des</strong> BGH in dem Urteil zur GmbH ohne weiteres auf die AG übertragbar ?<br />
Pro Bei AG strengere Kapitalbindung � erst recht<br />
Contra - nur obiter dictum<br />
- zumin<strong>des</strong>t beim Kleinaktionär kein Missbrauchspotential, da<br />
Keine Einflussmöglichkeit<br />
Vermittelnd Übertragung der Kriterien nur beim unternehmerischen Aktionär<br />
(Vgl hM zum umgekehrten Fall der eigenkapitalersetzenden<br />
Darlehen)<br />
Wiederholung – Übertragung der Grundsätze zum eigenkapitalersetzenden Darlehen auf die AG nach BGH<br />
siehe unten Anhang<br />
Zur Debatte - Bewertung der Interessenlage<br />
Von der Bewertung der Interessenlage her ist die Begrenzung auf unternehmerische Aktionäre sehr plausibel.<br />
Wenn man dieses Einschränkung nicht machte, dürfte ein Bankkunde, nur weil er eine Aktie an der Bank hält,<br />
einen Kredit nur dann aufnehmen, wenn die Rückzahlung außerhalb jeden Zweifels steht (Wann steht bei einem<br />
Kleinkreditnehmer die Rückzahlung schon außerhalb jeden Zweifels)<br />
Dogmatische Bedenken gegen Differenzierung<br />
Allerdings ist dieser Ansatz dogmatisch nicht unbedenklich<br />
- Rspr der eigenkapitalersetzende Darlehen fußen auf dem Gedanken der Finanzierungsverantwortung. Wer in<br />
der Krise ein Darlehen gewährt übernimmt Verantwortung für die Finanzausstattung der Gesellschaft. Eine<br />
solche Verantwortung kann ich aber nur bei einem unternehmerischen Aktionär annehmen. (sehen Sie unten<br />
Abdruck <strong>des</strong> Auszuges der WestLB-Entscheidung)<br />
- Rspr zu § 30, 31 GmbHG / § 57 AktG zur verbotenen Rückzahlungen / verdeckten Gewinnausschüttung sollen<br />
den Gläubigerschutz und die Gleichbehandlung gewährleisten<br />
� Hier findet gerade keine Differenzierung zwischen Groß- / und Kleinaktionär nicht statt<br />
� § 57 I AktG statuiert eine objektive Verhaltenspflicht <strong>des</strong> Vorstands. Es kommt nicht darauf an, dass<br />
23 Vgl. OLG Karlsruhe, : Veräußerung Unternehmensanteile an Aktionär für 6,9 Millionen, Wert bei<br />
anschließender Begutachtung 9,74 Millionen DM.<br />
71
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Ansätze zur Überwindung der dogmatischen <strong>Probleme</strong><br />
Ansatz 1<br />
- Grundsätzlich besteht bei einem Geschäft eine Vermutung, das wenn Vertrag, dann Angebot und Nachfrage,<br />
dann prüfen wird das nicht weiter nach<br />
- Lehre von der verdeckten Gewinnausschüttung, <strong>des</strong>halb, weil Marktkräfte hier verfälscht werden. Aktionär<br />
Einfluss (Lehre von der verdeckten Gewinnausschüttung ist das Pendant zur Lehre von der verdeckten<br />
Sacheinlage auf der Seite der Kapitalerhaltung. Ähnlich wie bei der Verwendungsabrede (verdeckte<br />
Sacheinlage) wird letztlich aus objektiven Umständen - Unangemessenheit der Gegenleistung - darauf<br />
geschlossen, dass der Gesellschafter seinen Einfluss ausgeübt hat)<br />
- Daher bei Kleinaktionäre Vermutung, dass marktgerecht. Darlegungspflicht bei der Gesellschaft, nicht beim<br />
Kleinaktionär<br />
- Klingt gut, dann müsste man aber generell so bei verdeckten Gewinnausschüttungen differenzieren<br />
Ansatz 2<br />
Erweiterung <strong>des</strong> Gutglaubensschutzes beim (Klein)aktionär<br />
- Gesetzliches Grundmodell: Während bei § 31 II GmbHG recht weiter Gutglaubensschutz ist dieser bei AG<br />
stark eingeschränkt (§ 62 I S. 2 AktG) � nur was als Gewinnanteil (ähnl § 172 V HGB)<br />
- Warum AktG Gutglaubensschutz stark einschränkt ?: Weil § 57 I AktG klipp und klar sagt, was nicht als<br />
Gewinn ausgewiesen ist, darf ich mir nicht auszahlen lassen. Damit kein Anlass für Vertrauensschutz wenn<br />
außerhalb Gewinnverwendung ausbezahlt wird<br />
- Aber diese Klarheit, von der das Gesetz ausgeht, besteht nicht mehr wegen der Lehre von der verdeckten<br />
Gewinnausschüttung verdeckte Lücke und der strengen Vorgaben für die Darlehensgewährung an Gesellschafter<br />
> Daher könnte man erwägen, dem Kleinaktionär die Möglichkeit einzuräumen, sich dann auf Gutgläubigkeit zu<br />
berufen, wenn er davon ausging, dass es sich um ein normales Verkehrsgeschäft handelt (Beispiel: Der Rentner<br />
A, der 10 Aktien an der Deutschen Bank hält, nimmt einen Kredit bei der Deutschen Bank auf.)<br />
> Hier ist die Diskussion völlig offen<br />
Hinweis zum Problem Bank Kredit an Kunden, der auch Aktien hält<br />
> hier enthält § 15 I S. 1 Nr. 15 KWG eine Spezialvorschrift aus der man einen Umkehrschluss ziehen könnte<br />
> Aber fraglich, ob bankaufsichtsrechtliche Bestimmungen zwingenden gesellschaftsrechtliche Vorgaben zum<br />
Kapitalschutz verdrängen können.<br />
Anwendung der Diskussion auf den Fall:<br />
1) Nicht marktgerechter Zins – unproblematisch nicht zulässig<br />
2) Marktgerechter Zins<br />
a) Unterliegt jeder Kredit an Aktionären den strengen Anforderungen<br />
b) Ansätze zur Einschränkung<br />
aa. Nur unternehmerischer Aktionär – eigenkapitalersetzende Darlehen<br />
� wenn man so differenziert, dann Anspruch gegen B (-)<br />
bb. Überlegungen Unterscheidung zur Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals erforderlich<br />
� wird überwiegend abgelehnt<br />
c) Wenn Darlehen an Großaktionär immer prüfen, ist Konzernrecht vorrangig<br />
aa. Meist Unproblematisch: Vertragskonzern § 291 III AktG Speziell<br />
Regelfall: Verlustausgleichspflicht nach § 302 AktG ausreichender Schutz<br />
� § 62 AktG (-)<br />
(ebenso § 31 GmbHG (-) im GmbH-Vertragskonzern)<br />
� Anspruch der Gesellschaft auf Verlustausgleich nach § 302 AktG prüfen<br />
bb. Umstritten Aktionär herrschen<strong>des</strong> Unternehmen iSv § 17 AktG (sog faktischer<br />
Konzern)<br />
72
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
h.M. § 311 I Privilegierung <strong>des</strong> herrschenden Unternehmens, §§ 57, 117<br />
verdrängt(zu diesem Streit siehe Kommentieren zu § 311 AktG. Dieses Problem<br />
wird bei Fall 6 vertieft)<br />
(1) Mit der Einführung der §§ 311 ff AktG wollte der Gesetzgeber abhängige<br />
Unternehmen schützen, und nicht das herrschende Unternehmen legitimieren<br />
(Anspruch auf Nachteilsausgleich nicht gleichwertiger Ersatz, weil<br />
Tochtergesellschaft Insolvenzrisiko der Muttergesellschaft trägt)<br />
(2) Teilweise argumentiert, dass die Privilegierung mit der Kapitalrichtlinie<br />
(Art. 15, 16) nicht vereinbar sei 24<br />
� Wenn A herrschen<strong>des</strong> Unternehmen, dann nach hM Anspruch aus § 62 I AktG<br />
(-)<br />
� Anspruch aus § 311 II AktG auf Nachteilsausgleich prüfen<br />
(ggf § 317 AktG)<br />
cc. Dieser Streit ist nur dann fallerheblich, wenn im vorliegenden Fall A auch<br />
als „herrschen<strong>des</strong> Unternehmen“ iSv § 311 AktG anzu sehen ist<br />
A könnte aufgrund der Beteiligung und seiner Stellung als Vorstandsmitglied<br />
herrschen<strong>des</strong> Unternehmen iSv § 311 AktG sein<br />
(1) Die Voraussetzungen für eine Abhängigkeit iSv § 17 II AktG liegen vor.<br />
Vermutung <strong>des</strong> § 17 II AktG nicht widerlegt. Im Gegenteil A zusätzliche<br />
Einflussmöglichkeiten, da im Vorstand<br />
(2) Aber fraglich ob A Unternehmen iSv § 17 AktG<br />
Zwar kann grundsätzlich auch eine natürliche Person Unternehmen sein. Aber im<br />
Hinblick auf Zweck <strong>des</strong> Konzernrecht – Schutz vor Verfolgung von Interessen<br />
anderer Gesellschaft oder von Partikularinteressen, die außerhalb <strong>des</strong><br />
Gesellschaftsinteresse liegen. Daher ist Voraussetzung, dass ernsthafte<br />
Möglichkeit einer nachteiligen Einflussnahme aufgrund einer anderweitigen<br />
Interessenbindung besteht (Hüffer AktG § 15 Rn 12; BGH NJW 1994, 3288, 3290<br />
„Video“).<br />
BGH NJW 1994, 3288, 3290 (Achtung: Hinsichtlich der Ausführungen zur analogen Anwendung von §§ 302,<br />
303 AktG auf die GmbH ist die Entscheidung überholt !!)<br />
1. Leitsatz: Die die Unternehmenseigenschaft begründende anderweitige unternehmerische Betätigung kann<br />
auch in der Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit bestehen.<br />
Für die Anwendung besonderer konzernrechtlicher Rechtssätze ist ausschlaggebend, daß es für ein abhängiges<br />
Unternehmen mit Gefahren verbunden sein kann, wenn der herrschende Gesellschafter außerhalb der<br />
Gesellschaft unternehmerische Interessen verfolgt. Der Grund für solche besonderen Gefahren liegt darin, daß es<br />
für den Gesellschafter wirtschaftlich vorteilhaft sein kann, den anderweitigen Interessen zu Lasten der Belange<br />
der von ihm abhängigen Gesellschaft den Vorzug zu geben. Ein derartiger Interessenkonflikt kann auch<br />
entstehen, wenn die Interessenverfolgung außerhalb der Gesellschaft in einer freiberuflichen Tätigkeit besteht<br />
(Koppensteiner, KK z. AktG 2. Aufl. § 15 Rdn. 20; Hüffer, AktG, 1993, § 15 Rdn. 11; Krieger, in: Münchener<br />
Hdb. d. Gesellschaftsrechts, 1988, § 68 Rdn. 7). Daß dies so ist, zeigt deutlich gerade der vorliegende Fall. Für<br />
die Beklagten konnte es z.B. vorteilhaft sein, mit den Bauherren verhältnismäßig niedrige Festpreise für die<br />
Herstellung der einzelnen Bauten zu vereinbaren, um sich dadurch möglichst viele Architektenaufträge zu<br />
sichern, und dafür in Kauf zu nehmen, daß die GmbH, die auf ihr Risiko die zur Gesamtherstellung nötigen<br />
Einzelaufträge zu vergeben hatte, die dadurch entstehenden Kosten aus dem jeweiligen Festpreis nicht decken<br />
konnte. Eine solche Gefahr rechtfertigt, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, die Anwendung<br />
konzernrechtlicher Sonderregeln auch im Hinblick auf eine außerhalb der Gesellschaft betriebene freiberufliche<br />
Tätigkeit.<br />
24 Abgedr bei Habersack Europ GesR.<br />
73
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Hier im Sachverhalt kein Anhaltspunkt, dass der A an anderen Unternehmen<br />
beteiligt oder anderweitig wirtschaftliche Interessen verfolgt<br />
� Bei A greift § 311 AktG nicht vorrangig ein<br />
� Damit Leistung iSv § 62 I AktG (+), unabhängig davon, ob der Zins<br />
marktgerecht<br />
4. Gutglaubensschutz, § 62 I S. AktG<br />
Guter Glaube, nur wenn „Beträge als Gewinnanteile bezogen hat“<br />
� Damit kommt nach herkömmlicher und herrschender Auffassung Schutz <strong>des</strong><br />
guten Glaubens bei verdeckter Gewinnausschüttung von vornherein nicht in<br />
Betracht<br />
5. Keine Verjährung - § 62 III fünf Jahre<br />
II. Konkurrierender Anspruch aus § 812 I S. 1 BGB<br />
1. Etwas erlangt � Darlehenssumme<br />
2. Durch Leistung � zielgerichtet aufgrund der Vereinbarung<br />
3. Ohne Rechtsgrund - Rechtsgrund könnte der Darlehensvertrag sein<br />
- Nach ganz hM ist zumin<strong>des</strong>t das Verpflichtungsgeschäft gemäß<br />
§ 134 BGB iVm § 57 AktG nichtig (Hüffer AktG § 57 Rn. 23)<br />
- Eine Gegenansicht verneint Nichtigkeit (Bayer in MünchKommAktG § 57 Rn. 144<br />
ff.)<br />
4. Umfang <strong>des</strong> Anspruchs – Saldotheorie<br />
Gegenansprüche nicht ersichtlich, A dürfte sich ohnehin nicht auf die Saldotheorie<br />
berufen<br />
� Nach hM Anspruch konkurrierender Anspruch aus § 812 I S. 1 F 1 BGB (+)<br />
B. Schadensersatzansprüche gegen A (kursorisch)<br />
I. § 117 I bzw. § 117 II AktG<br />
� Wenn Darlehen entgegen der Vorschriften zur Kapitalerhaltung ausgegeben,<br />
grundsätzlich Schaden in Höhe <strong>des</strong> ausgekehrten Betrages (siehe Lösung 5a)<br />
II. § 93 II AktG<br />
Anhang – BGH zur Übertragung der eigenkapitalersetzenden Darlehen auf das Aktienrecht<br />
BGHZ 90, 381 ff = BuM WestLB<br />
2. Hiernach entfällt einerseits eine unmittelbare oder auch nur entsprechende Anwendung der §§ 32 a, 32 b<br />
GmbHG und <strong>des</strong> § 32 a KO auf den Überziehungskredit, den die Beklagte in der zweiten Hälfte <strong>des</strong> Jahres 1977<br />
BuM gewährt hat. Auf der anderen Seite verbieten diese Bestimmungen es nicht, nach ähnlichen<br />
Rechtsgrundsätzen, wie sie die Rechtsprechung für die GmbH entwickelt hat, Gesellschafterdarlehen auch in der<br />
Aktiengesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen einer Kapitalbindung zu unterwerfen. Allgemeine<br />
Erwägungen sprechen ebenfalls nicht gegen, sondern für diese Möglichkeit (Immenga, ZIP 1983, 1405, 1409 ff;<br />
K. Schmidt, ZHR 1983, 165, 173 ff und AG 1984, 12 ff; Bungeroth in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff,<br />
Aktiengesetz, § 57 Anm. 21; aM Claussen, ZHR 1983, 195, 201 f.; stark einschränkend Obermüller, Die Bank<br />
im Konkurs ihres Kunden, 2. Aufl. Rdn. 699 ff und ZIP 1982, 915, 920; vgl. auch Ulmer, Diskussionsbeitrag auf<br />
dem 54. Dt. Jur.tag, Verhandlungen Bd. II - Sitzungsberichte -, 1982, M 147).<br />
74
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Jene Rechtsgrundsätze sollen verhindern, daß die gesetzlichen Kapitalschutzvorschriften ihrem Zweck nach<br />
durch die Hergabe von Darlehen anstelle fehlenden Eigenkapitals unterlaufen werden. Dieser Gedanke kann in<br />
der Aktiengesellschaft ebenso wie in der GmbH Bedeutung erlangen. Dem stehen die vom Berufungsgericht<br />
vermerkten Strukturunterschiede zwischen den beiden Rechtsformen nicht grundsätzlich entgegen. Richtig ist,<br />
daß der Kapitalschutz in der Aktiengesellschaft wesentlich stärker ausgeprägt ist als in der GmbH. Während in<br />
der GmbH lediglich das zur Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht ausgeschüttet werden<br />
darf (§ 30 GmbHG), verbieten die §§ 57, 58 Abs. 5 AktG die Ausschüttung <strong>des</strong> gesamten<br />
Gesellschaftsvermögens mit Ausnahme <strong>des</strong> ordnungsgemäß festgestellten Bilanzgewinns. Zu diesem gesicherten<br />
Vermögen gehört namentlich auch die (in der GmbH nicht vorgeschriebene) gesetzliche Rücklage (§ 150 AktG).<br />
Zu einem verstärkten Gläubigerschutz tragen ferner die größtenteils zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften<br />
über die Aufstellung, Prüfung und Feststellung <strong>des</strong> Jahresabschlusses und die allgemein größere Publizität der<br />
Vermögens- und Ertragsentwicklung bei.<br />
Diese Verschiedenheiten rechtfertigen jedoch nicht den vom Berufungsgericht gezogenen Schluß, in der<br />
Aktiengesellschaft sei ein zusätzlicher Gläubigerschutz durch die Einbeziehung eigenkapitalersetzender<br />
Gesellschafterdarlehen in das haftende Vermögen überhaupt entbehrlich. Auch die strengen<br />
Kapitalerhaltungsvorschriften <strong>des</strong> Aktienrechts können nicht immer verhindern, daß gebundenes Vermögen<br />
verbraucht wird und dann ein verstärkter Kapitalbedarf auftritt; das zeigt der vorliegende Fall. Ebensowenig<br />
schließen die aktienrechtlichen Publizitätsvorschriften unbedingt die Gefahr aus, daß anstelle dringend<br />
benötigter Eigenmittel gegebene Gesellschafterdarlehen über eine akute Krise <strong>des</strong> Unternehmens<br />
hinwegtäuschen. Gerade dann erweist sich ein Schutz der Gesellschaftsgläubiger, der Aktionäre und der<br />
Gesellschaft selbst gegenüber einem vorzeitigen Abzug solcher Mittel als besonders dringlich. Inwiefern dabei<br />
dem Umstand Bedeutung zukommt, daß die Ausschüttungssperre <strong>des</strong> § 57 AktG und die entsprechende Sanktion<br />
<strong>des</strong> § 62 AktG weiter gehen als die der §§ 30, 31 GmbHG, berührt nicht die Notwendigkeit eines solchen<br />
Schutzes, sondern lediglich die hier nicht zu erörternde Frage nach seinem Umfang (vgl. hierzu K. Schmidt,<br />
ZHR 1983, 175 und AG 1984, 15 gegen Westermann, ZIP 1982, 379, 387; Immenga aaO S. 1411 f.).<br />
3. Zu berücksichtigen sind freilich weitere Besonderheiten, die eine schematische Übertragung der für<br />
Gesellschafterdarlehen in einer GmbH entwickelten Regeln auf die Aktiengesellschaft verbieten. So ist vor allem<br />
die Rechtsstellung <strong>des</strong> Gesellschafters in einer Aktiengesellschaft eine wesentlich andere als in der GmbH, wenn<br />
man jeweils vom typischen Erscheinungsbild ausgeht. Gegenüber der Geschäftsleitung haben die Aktionäre<br />
weder eine Weisungsbefugnis noch ein laufen<strong>des</strong> Informationsrecht auch außerhalb der Hauptversammlung und<br />
der dort anstehenden Tagesordnung (vgl. § 131 AktG gegen § 51 a GmbHG). Ihre Möglichkeiten, auf die<br />
Kapitalentwicklung der Gesellschaft Einfluß zu nehmen, sind rechtlich und tatsächlich begrenzt.<br />
Dementsprechend geringer sind in der Regel auch die Bindung <strong>des</strong> einzelnen Aktionärs an die Gesellschaft und<br />
seine Verantwortlichkeit für deren Schicksal. Das gilt namentlich für die - weitgehend anonym bleibende -<br />
Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft, deren Aktien frei gehandelt werden. Hier ist, jedenfalls für einen<br />
Kleinaktionär, gewöhnlich nicht das Interesse an unternehmerischer Betätigung, sondern an einer möglichst<br />
günstigen Kapitalanlage maßgebend. Unterschiede bestehen ferner in der Art und Weise der Kapitalaufbringung:<br />
Die Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen ist für die Aktiengesellschaft nicht so typisch wie für die GmbH.<br />
Dafür bestehen vielfältige Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung über die Börse.<br />
Diese rechtsformbedingten Eigentümlichkeiten erfordern eine besondere Prüfung, unter welchen<br />
Voraussetzungen ein Gesellschafterdarlehen in der Aktiengesellschaft überhaupt als Kapitalersatz zu betrachten<br />
ist (K. Schmidt, ZHR 1983, 174; Immenga aaO S. 1407 ff).<br />
4. Ausgangspunkt für die hiernach notwendige gesonderte Beurteilung von Aktionärsdarlehen im Hinblick auf<br />
ihre Kapitalersatzfunktion müssen die Überlegungen sein, aus denen der Senat Gesellschafterdarlehen in der<br />
GmbH unter bestimmten Voraussetzungen haftendem Eigenkapital gleichgestellt hat. Mit dieser Gleichstellung<br />
soll verhindert werden, daß ein Gesellschafter, der die notleidende Gesellschaft nicht durch die sonst gebotene<br />
Hergabe fehlenden Eigenkapitals, sondern durch Darlehen über Wasser zu halten sucht, das damit verbundene<br />
Finanzierungsrisiko auf außenstehende Gläubiger abwälzen kann; ein solcher Gläubiger soll nicht in der<br />
Erwartung, sein Geld aufgrund besserer Informationsmöglichkeiten notfalls noch beizeiten in Sicherheit bringen<br />
zu können, auf dem Rücken der Gesellschaftsgläubiger spekulieren dürfen. Hat er das Darlehen anstelle der<br />
dringend benötigten Eigenmittel gegeben, um der Gesellschaft das Überleben zu ermöglichen, und hat er<br />
so den Anschein ausreichender Kapitalausstattung hervorgerufen, so setzt er sich entgegen Treu und<br />
Glauben und dem Zweck der gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften in Widerspruch zu seinem<br />
Verhalten, wenn er der Gesellschaft die Darlehensvaluta wieder entzieht, bevor der mit ihrer Hergabe<br />
verfolgte Zweck nachhaltig erreicht ist (BGHZ 31, 258, 268 ff; 67, 171, 174 f.; 75, 334, 336 f., 339; 76, 326,<br />
329).<br />
Alle diese Überlegungen, von denen teils die eine, teils die andere in den einzelnen Entscheidungen <strong>des</strong> Senats<br />
stärker im Vordergrund steht, lassen sich im Kern auf ein und denselben Gedanken zurückführen: Es ist die<br />
75
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Verantwortung <strong>des</strong> Gesellschafters für eine ordnungsmäßige Unternehmensfinanzierung, die ihn in der Krise<br />
zwar nicht positiv verpflichtet, fehlen<strong>des</strong> Kapital aus seinem Vermögen nachzuschießen, der er sich aber nicht<br />
in der Weise zum Nachteil der Gläubiger entziehen kann, daß er bei einer tatsächlich beabsichtigten<br />
Finanzhilfe, anstatt sie durch die objektiv gebotene Einbringung haftenden Kapitals zu leisten, auf eine<br />
andere, ihm weniger riskant erscheinende Finanzierungsform ausweicht (K. Schmidt, Gutachten zum 54.<br />
Dt. Jur.tag, 1982, D. 107 und ZHR 1983, 178 ff; Ulmer in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl., Anh. § 30 Rdn. 12,<br />
84).<br />
5. Überträgt man diese Gedanken auf die Aktiengesellschaft, so ergibt eine auf die Rechtsform abgestellte<br />
Betrachtung, daß an die Einstufung von Gesellschafterdarlehen als haften<strong>des</strong> Kapital hier allgemein schärfere<br />
Anforderungen zu stellen sind als in der GmbH. So leuchtet ohne weiteres ein, daß ein Bankkredit, wie das<br />
Berufungsgericht zutreffend ausführt, nicht schon <strong>des</strong>halb als Kapitalersatz zu behandeln sein kann, weil die<br />
kreditgebende Bank im Rahmen ihres Wertpapiergeschäfts mehr oder weniger zufällig auch einige Aktien <strong>des</strong><br />
Schuldnerunternehmens im Besitz hat. Dasselbe gilt für sonstige Gläubiger, zum Beispiel einen Lieferanten der<br />
Gesellschaft, der seine Kaufpreisforderung gestundet und ohne ersichtlichen Zusammenhang mit dieser Tatsache<br />
zugleich auch eine verhältnismäßig geringe Aktienbeteiligung zu Anlagezwecken über die Börse erworben hat<br />
oder nachträglich erwirbt. In solchen Fällen fehlt es an einer durch die Beteiligung vermittelten<br />
Unternehmerstellung, die eine Mitverantwortlichkeit für die seriöse Finanzierung der Gesellschaft<br />
begründen könnte. Eine solche, die Kapitalausstattung einschließende unternehmerische Verantwortung<br />
setzt ein Min<strong>des</strong>tmaß an Einfluß voraus, wie ihn in der Regel nur ein größerer Aktienbesitz vermittelt.<br />
Das bedeutet in<strong>des</strong>sen nicht, daß eine Kapitalbindung von Aktionärsdarlehen mit den Vorinstanzen nur dann in<br />
Betracht zu ziehen wäre, wenn der Gläubiger die Möglichkeit gehabt hätte, von der Darlehensgewährung<br />
abzusehen und statt<strong>des</strong>sen eine Kapitalerhöhung durchzusetzen. Es kommt auch nicht darauf an, ob er sich<br />
wenigstens um eine solche Entscheidung bemüht hat (so Immenga aaO S. 1410). Denn die Behandlung eines<br />
Gesellschafterdarlehens als Eigenkapital beruht nicht auf dem Vorwurf, der Gläubiger habe es versäumt, auf<br />
eine notwendige Kapitalerhöhung hinzuwirken. Ihr Grund liegt vielmehr darin, daß ein Gesellschafter sich<br />
tatsächlich zu einer Finanzhilfe entschlossen, für diese aber die für ihn scheinbar weniger riskante Form<br />
eines Darlehens gewählt hat, obwohl die Vermögenslage der Gesellschaft die Zufuhr echten Eigenkapitals<br />
erfordert hätte und ein außenstehender Geldgeber in sonst gleicher Lage nicht bereit gewesen wäre, der<br />
Gesellschaft zu denselben Bedingungen Kredit zu geben (vgl. BGHZ 81, 252, 263). Entscheidend ist also<br />
nicht die Wahlfreiheit zwischen einer Kapitalerhöhung und einer Finanzierung durch Darlehen, sondern<br />
zwischen einem finanziellen Beitrag überhaupt mit dem Risiko seiner Inanspruchnahme als haften<strong>des</strong> Kapital<br />
und dem Absehen von jeglicher Finanzhilfe, was zu einer sofortigen, für die Gläubiger unter Umständen<br />
günstigeren Liquidation der Gesellschaft führen kann (vgl. BGHZ 81, 252, 257).<br />
Entschließt sich ein vor diesen beiden Möglichkeiten stehender Aktionär zu einem Finanzierungsbeitrag in<br />
Gestalt eines Darlehens, so wird hierin regelmäßig eine unternehmerische Entscheidung zu sehen sein, wenn der<br />
Aktionär über eine wesentliche Beteiligung verfügt, die ihm die Sperrminorität sichert; in diesem Fall ist das<br />
Darlehen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen als haften<strong>des</strong> Kapital einzustufen. Denn ein Aktienbesitz<br />
von mehr als 25 % sichert seinem Inhaber ein unter Umständen ausschlaggeben<strong>des</strong> Mitspracherecht gerade auch<br />
in Angelegenheiten, die für die Geschicke der Gesellschaft besonders wichtig sind und über die daher die<br />
Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen hat. Der damit gegebene Einfluß läßt<br />
erfahrungsmäßig auf seiten <strong>des</strong> Aktionärs ein ihm entsprechen<strong>des</strong> Unternehmensinteresse vermuten. Dem trägt<br />
auch das Gesetz Rechnung, indem es an eine solche Beteiligung besondere Rechtsfolgen knüpft (vgl. z.B. §§ 19,<br />
20, 21, 328 AktG; § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG 1983).<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 6 Neuere Rechtsprechung zur Kapitalerhaltung und Konzernrecht<br />
Die Thesaururs Holding-AG (T-AG) ist eine Obergesellschaft eines Unternehmensverbun<strong>des</strong><br />
und hält einen Mehrheitsanteil an einer Reihe von Unternehmen, u a auch an der B-AgG an<br />
der sie mit 60 % beteiligt ist. Im Rahmen eines sog eines zentralen Cash Managements<br />
werden alle im Verbund vorhandenen liquiden Mittel bei der Thesaurus AG konzentriert. Die<br />
AG-AG und die B-AG geben ihre überschüssigen, gerade nicht benötigten Mittel ab und<br />
erhalten im Bedarfsfall die erforderlichen Kredite. Der V ist Mitglied im Vorstand der T-AG<br />
und gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der B-AG.<br />
Im Rahmen dieses Cash Managements überweist die B-AG am 20.9.2003 und am 21.10.2003<br />
einen Betrag von je EUR 1.000.000,00 an die T-AG. Laut Rahmenvereinbarung über das<br />
Cash-Management zwischen der T-AG und der B-AG sind Geldüberlassungen unbefristete<br />
Darlehensverträge mit einer Verzinsung von 3 %. Der X ist Aktionär der B-AG und hält einen<br />
Anteil von 30 %. Er ist der Auffassung, dass die B-AG die Mittel dringend für eigene<br />
Investitionen benötigt. V und auch das zweite Vorstandsmitglied der B-AG sind nicht bereit,<br />
auf eine Rückzahlung der an die T-AG überwiesenen Beträge hinzuwirken.<br />
X möchte von Ihnen wissen:<br />
1) Kann die B-AG von der T-AG sofortige Rückzahlung der in den „Cashpool“<br />
überwiesenen Summe von insgesamt EUR 2.000.000,00 verlangen ?<br />
2) Welche Ansprüche (Schadensersatzansprüche, sonstige Leistungsansprüche 25 )<br />
stehen der B-AG gegen die B-AG zu ?<br />
3) Wie können diese Ansprüche geltend gemacht werden ? Welche Möglichkeiten<br />
hat der A als Aktionär die Geltendmachung von Ansprüche zu erzwingen<br />
und/oder kann er sogar selbst Ansprüche geltend machen ?<br />
Bearbeiterhinweis:<br />
Es ist davon auszugehen, dass anhand der Rechnungslegung genau nachvollzogen werden<br />
kann, wann welche Gesellschaft, welche Summe, zu welchem Zins dem Cashpool überlassen<br />
hat und wann und wie Mittel aus dem Cashpool entnommen wurden.<br />
Vertiefung: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn die Zahlungen im Einzelnen nicht mehr<br />
individualisiert werden können.<br />
Literaturhinweise: wie Fall 5b; Einführung / Wiederholung Grundzüge Konzernrecht K.<br />
Schmidt § 31 I, III.<br />
25 Prüfen Sie hier primär § 311 II / § 317<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Frage 1<br />
A. Anspruch aus § 488 (-)<br />
B. § 62 I S.1 AktG<br />
Problem Anwendbarkeit<br />
Gewährung eines Darlehens könnte gegen § 57 AktG verstoßen (s Fall 5b). Jedoch werden<br />
nach hM die §§ 57, 62 AktG durch die konzernrechtlichen Vorschriften verdrängt.<br />
Gegen diese Vorrangwirkung zwei Einwände:<br />
(1) Einwand im Hinblick auf das deutsche Recht<br />
aa) M.M.<br />
Konzerrecht ist Schutzrecht. Soll den Schutz für Gläubiger und Minderheitsgesellschafter verbessern. Durch eine<br />
Verdrängung der allgemeinen Schutzbestimmungen kommt es aber zu einer Privilegierung <strong>des</strong> herrschenden<br />
Unternehmens und der Schutz sei gegenüber §§ 57, 62, 117 AktG verschlechtert.<br />
Begründung: Nach § 62 AktG verbotenen Leistung gleich zurück, nach § 311 AktG zeitlich gestreckten<br />
Anspruch auf Nachteilsausgleich � Erhöhung <strong>des</strong> Insolvenzrisikos<br />
� Vorübergehende Entzug von Liquidität erhöht die Kapitalkosten und<br />
Gefährdung u.U. Befriedigung der Gläubiger<br />
bb) H.M. hat anderes Grundverständnis<br />
Recht <strong>des</strong> faktischen Konzern soll nicht nur schützen, sondern auch koordinierte Leitung ermöglichen. Es geht<br />
um einen angemessenen Ausgleichs <strong>des</strong> Interesse <strong>des</strong> herrschenden Unternehmens an einer an der gesamten<br />
Unternehmensgruppe ausgerichteten Geschäftspolitik mit den Interessen der Minderheitsgesellschaftern und<br />
Gläubigern der einzelnen abhängigen Gesellschaften. Daher folgerichtig, dass bestimmten besonderen<br />
Verpflichtungen (insbesondere § 312 AktG) auch gewissen Privilegierungen gegenüber stehen.<br />
(2) Europarechtliche Bedenken gegen die Vorrangwirkung<br />
aa) M.M.<br />
- Argument: Art. 15 verbietet Ausschüttungen an Aktionäre, ohne für den Konzern Ausnahmen vorzusehen.<br />
- Daher verstoße Vorrang von § 311 AktG gegen Art. 15 EU-Kapitalrichtlinie<br />
bb) h.M.<br />
- Richtlinie legt Ziele und Min<strong>des</strong>tschutzstandard fest, die Wahl der Instrumente zur Erreichung der Vorgaben in<br />
der Richtlinie ist den Mitgliedsstaaten überlassen<br />
- Art. 15 soll verhindern, dass zum Schaden von Gläubigern und/oder Minderheitsgesellschaften Vermögen aus<br />
der Gesellschaft abgezogen wird.<br />
- Durch das System der §§ 311 ff AktG werden etwaige Nachteile ausgeglichen, aufgrund von § 312 AktG<br />
(Abhängigkeitsbericht) sind die Vorgänge auch transparent<br />
cc) Konkreter Fall<br />
- Im konkreten Fall kommt eine Kollision mit der Richtlinie ohnehin nicht in Betracht, da das Verbot Art. 15<br />
KapRiLi nur Ausschüttungen erfasst (vgl. Definition in Art. 15 IV)<br />
- Die Lehre von der verdeckten Gewinnausschüttung kann nicht pauschal auf das europäische Recht übertragen<br />
werden, da zum einem bedeutenden Teil deutscher Sonderweg<br />
- Allerdings ist wegen effet utile, ist jeder Richtlinienbestimmung ein Umgehungsschutz immanent. Bei den auf<br />
der Hand liegenden Umgehungsstrategien mag man aus Art. 15 I in Verbindung mit effet utile ein Verbot der<br />
verdeckten Gewinnausschüttung herauslesen können. Bei Darlehensgewährung, wie hier, würde man den effet<br />
uteil und den Umgehungsschutz überdehnen. Keine Zwang zur Anpassung an das strengste nationale Recht über<br />
den Umgehungsschutz<br />
(3) Verhältnis Lehre von der verdeckten Sacheinlage zur EU-Kapitalrichtlinie (nur relevant für AG)<br />
aa. M.M.<br />
- Eine M.M. versucht sogar, den Spieß umzudrehen und argumentiert, dass die Rspr zur Lehre von der<br />
verdeckten Sacheinlage und zur verdeckten Gewinnausschüttung mit der Kapitalrichtlinie nicht vereinbar sei<br />
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- RiLi sei nicht nur Min<strong>des</strong>tschutz, sondern auch Höchstnorm. Mitgliedstaaten dürften nur dann strengere<br />
Anforderungen stellen, wenn RiLi ausdrücklich zulässt<br />
- Art. 15 verbietet nur Ausschüttungen, Darlegensgewährung nicht von Definition in Art 15 IV erfasst<br />
bb. hM (vgl dazu Habersack Europ GesR, 3. Aufl Rn 161, 166 f, 202<br />
- Lehre von der verdeckten Gewinnausschüttung schon <strong>des</strong>halb mit Richtlinie vereinbar, dass wegen effet utile<br />
ohnehin Umgehungsschutz geboten. Aber schon Lehre von der verdeckten Sacheinlage deutscher Sonderweg.<br />
Wenn jetzt auch Darlehensgewährung würde man den effet uteil und den Umgehungsschutz überdehnen. Keine<br />
Zwang zur Anpassung an das strengste nationale Recht über den Umgehungsschutz<br />
- Abgesehen davon, dass Kapitalrichtlinie nur Min<strong>des</strong>tnorm<br />
so schon BGHZ 110, 47, 60 „IBH Lemmerz“ zur verdeckten Sacheinlage bei Forderungsverzicht; ebenso EuGH<br />
C-42/95, Slg 1996 I-6028, 6035 ff Tz 16 ff „Siemens/Nold“ bejahend zur Frage ob nationales Recht Bezugsrecht<br />
bei Sachkapitalerhöhung Bezugsrecht gewähren darf, obwohl Richtlinie Bezugsrecht nur bei Barkapitalerhöhung<br />
vorsieht (Kernargumentation bei Habersack Europ GesR Rn 202)<br />
- Gewollt ist Wettbewerb der Rechtsordnungen auf der Grundlage eines Min<strong>des</strong>tstandards, nicht<br />
Vereinheitlichung oder Vollharmonisierung<br />
Hier könnten die Regelungen zum sog faktischen Konzern nach den §§ 311 ff AktG vorrangig<br />
sein. Dies kommt dann in Betracht, wenn die T-AG als herrschenden Unternehmen iSv § 311<br />
I S. 1 AktG anzusehen ist. Das ist der Fall<br />
- Vermutung <strong>des</strong> § 17 II nicht widerlegt<br />
- T-AG Unternehmen<br />
� T-AG „herrschen<strong>des</strong> Unternehmen“ und B-AG „abhängige Gesellschaft<br />
� Vorrangig die §§ 311 ff AktG zu prüfen<br />
C. Anspruch auf Nachteilsausgleich, § 311 II S. 2 AktG<br />
I. Anwendbarkeit (+) s o A<br />
1. T-AG herrschen<strong>des</strong> Unternehmen<br />
2. B-AG abhängige Gesellschaft<br />
II. Anspruchsvoraussetzungen<br />
1. Veranlassung eines Nachteils<br />
a. Nachteil<br />
b. Veranlassung<br />
Nachteil beruht auf der Einflussnahme <strong>des</strong> herrschenden Unternehmens<br />
Problem in der Praxis: Beweisschwierigkeiten für abhängige Gesellschaft<br />
� Einigkeit darüber, dass Beweiserleichterung (Hüffer AktG § 311 Rn 20 f)<br />
� Behandlung in der Klausur: Wenn aus dem Sachverhalt irgendwie hervorgeht, dass das herrschende<br />
Unternehmen Einfluss ausgeübt hat, dann können sie von einer Veranlassung ausgehen<br />
Formulierungsvorschlag “Im Hinblick auf einen effektiven Minderheitenschutz und den allgemeinen<br />
Grundsätzen der Beweislastverteilung nach Verantwortungs- und Gefahrenbereichen muss dürfen an den Beleg<br />
der Kausalität keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Ob dieses Problem nach den Grundsätzen <strong>des</strong><br />
Beweis <strong>des</strong> ersten Anscheins zu behandeln ist oder eine “echte” Veranlassungsvermutung besteht, kann<br />
dahinstehen. Denn hier ergibt sich die Kausalität aus ...<br />
2. Ausgleichsfähigkeit <strong>des</strong> Nachteils<br />
3. Keine einklagbare Verpflichtung zum Ausgleich <strong>des</strong> Nachteils<br />
1. Die Gewährung <strong>des</strong> Darlehens müsste einen Nachteil darstellen<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Vom Nachteilsbegriff umfasst ist jede Minderung oder konkrete Gefährdung der<br />
Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft (Hüffer AktG § 311 Rn 25)<br />
eA Aus dem BGH Urteil ableiten, das Gewährung von Darlehen immer nachteilig<br />
Aber:<br />
- einerseits Cash Pooling viele wirtschaftliche Vorteile<br />
- Urteil bezieht sich auf den Haftungspool für die Gläubiger. Dieser muss nur soweit erhalten<br />
werden, wie Mittel zur Befriedigung der Verbindlichkeiten benötigt werden<br />
- daher erst dann nachteilig, wenn die Rückzahlung fraglich ist und die Tochtergesellschaft<br />
selbst Liquiditätsprobleme. Daneben kommt Nachteil in Betracht, wenn die Gesellschaft in<br />
ihrer Entwicklung behindert wird Investitionen nicht vorgenommen werden können<br />
- § 311 nicht primär einschränkende Funktion, sondern soll auch eine koordinierte<br />
Konzernleitung ermöglichen<br />
� Dieser Streit kann offen bleiben, wenn das Darlehen nicht marktüblich verzinst und<br />
besichert<br />
� Das ist beim Cash-Pool regelmäßig der Fall. Wenn Nachteil bejaht, weiter prüfen:<br />
2. Dieser Nachteil müsste einem Einzelausgleich zugänglich sein<br />
a. Herkömmliche Betrachtungsweise:<br />
Die geringe Verzinsung und der Abfluss an Liquidität wird dadurch ausgeglichen, dass<br />
die B-AG, wenn sie Kapitalbedarf, hat, auf den Cash-pool zugreifen kann und Kapital<br />
zu günstigeren Bedingungen erhält als sie es bei Banken könnte. Wenn in der<br />
Rahmenvereinbarung über das Cashpooling sogar ein echter Anspruch der<br />
Tochtergesellschaft geregelt ist, dann kann man hierin sogar die Gewährung eines<br />
Rechtsanspruchs auf Ausgleich <strong>des</strong> Nachteil iSv § 311 II S. 2 AktG sehen.<br />
Folgen:<br />
� Anspruch auf Einräumung eines Rechtsanspruchs (-)<br />
� Weiter prüfen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung dieses Anspruchs, §§<br />
317, 318 AktG<br />
b. Nach der neuen Rspr. <strong>des</strong> BGH zur GmbH<br />
aa. Auf der Grundlage <strong>des</strong> neuen Rspr. <strong>des</strong> BGH zur GmbH kann man argumentieren<br />
BGH sagt, dass praktisch jeder Abfluss von Liquidität nachteilig, da die<br />
Rückzahlungsforderung gegen den Gesellschafter in aller Regel nicht gleichwertig<br />
ist. Auf dieser Grundlage könnte man argumentieren, dass Nachteil gar nicht<br />
ausgeglichen werden kann bzw. nur durch sofortige Rückzahlung<br />
Folgen wären<br />
� Wenn Nachteil nicht ausgleichsfähig, dann Nachteilszufügung unzulässig<br />
� Entfällt Sperrwirkung von § 311 AktG ggü § 62 AktG<br />
� Anspruch aus § 62 AktG lebt wieder auf<br />
bb. Aber BGH sagt in obiter dictum, dass Darlehensvergabe dann zulässig sein kann,<br />
wenn Rückzahlung außerhalb je<strong>des</strong> vernünftigen Zweifels<br />
Auf § 311 AktG gewendet könnte man daraus ableiten, dass Nachteilsausgleich<br />
iSv § 311 II AktG, wenn marktgerechte Verzinsung und Vorkehrungen getroffen<br />
werden, so dass die Rückzahlung außerhalb je<strong>des</strong> vernünftigen Zweifels<br />
(1) Vorgaben eingehalten � § 311 II 2 AktG<br />
80
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Frage 2<br />
(Wenn man diese einhält, würde das Cash-Pooling auch seinen wirtschaftlichen<br />
Sinn, daher Tendenzen die Vorgaben <strong>des</strong> BGH „Cash-Pool“ spezifisch großzügig<br />
auszulegen)<br />
� Anhaltspunkte für ausreichende Sicherung (nicht zwingend kumulativ):<br />
- echter Rechtsanspruch der Tochtergesellschaft bei<br />
- Liquiditätsschwierigkeiten jederzeit auf den Cash-Pool zugreifen zu<br />
können<br />
- dieser Anspruch ist besichert, zB durch Bankbürgschaft<br />
- marktgerechte Verzinsung<br />
- Anhaltspunkte, dass im Interesse der Gesellschaft<br />
die Muttergesellschaft geht es wirtschaftlich gut<br />
- Cash-Pooling und die Vereinbarungen hierzu werden<br />
Abhängigkeitsbericht (vgl. § 312 AktG) erläutert<br />
(2) Vorgaben nicht eingehalten<br />
(In der Regel sind diese Vorgaben nicht eingehalten, weil unwirtschaftlich)<br />
� kein Ausgleich § 311 II 2<br />
� keine Sperrwirkung <strong>des</strong> § 311<br />
� Ansprüche aus §§ 62, 117 und §§ 317, 318 AktG nebeneinander<br />
� Anspruch aus § 62 AktG (s o Fall 5b)<br />
A. Anspruch § 317 I S. 1 AktG Schadensersatz<br />
Beachte Möglichkeit der Exculpation nach § 317 II AktG<br />
Hier eventuell Exculpation mit Hinweis auf die wirtschaftlichen Vorteile <strong>des</strong><br />
Cash-Managements.<br />
B. § 117 I S. 1 AktG<br />
C. 280 iVm Gesellschaftsvertrag/Treuplicht (-)<br />
� im Aktienrecht speziell geregelt, grundsätzlich kein Rückgriff auf diese allgemeine<br />
Kategorien<br />
D. Exkurs außerhalb der Fallfrage:<br />
Haftung der Organe <strong>des</strong> herrschenden Unternehmens und der abhängigen Gesellschaft �<br />
§§ 317, 318, 117 II AktG, subsidiär § 93 II und § 116 iVm § 93 II AktG<br />
Frage 3 Geltendmachung<br />
A. Geltendmachung von Anspruch aus § 62 I S. 1 und § 311 II S. 2 AktG wie bei Fall 5b<br />
B. Besonderheit bei § 317 und § 318 AktG<br />
- § 317 IV bzw. § 318 IV verweisen auf § 309 III - V<br />
� Gemäß § 309 IV S. 1 kann der Ersatzanspruch auch von jedem Aktionär geltend<br />
gemacht werden. (Grundsätzlich darf nur Leistung an die Gesellschaft verlangt werden,<br />
damit gesetzlich geregelte actio pro socio)<br />
� Obwohl § 62 I S. 1 AktG besser als § 317 AktG, da keine Exkulpationsmöglichkeit, für<br />
81
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
einzelnen Aktionär § 317 AktG Anspruch der Wahl, da er diesen selbst geltend machen<br />
kann und nicht auf den Vorstand der abhängigen Gesellschaft, der ja oft zum Teil mit<br />
dem Vorstand der Muttergesellschaft personenidentisch ist, angewiesen ist<br />
Vertiefungsfrage<br />
- Wenn Nachteil nicht einzeln ausgeglichen werden kann, wird vielfach vom qualifiziert<br />
faktischen (Aktien)konzern gesprochen.<br />
- Im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung <strong>des</strong> BGH zum existenzvernichtenden Eingriff<br />
bei der GmbH (dazu näher Fall 7) wird kontrovers diskutiert, ob die Problematik <strong>des</strong><br />
qualifiziert faktischen Aktienkonzerns mit der analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG<br />
zu bewältigen ist, oder durch die Anwendung der genannten Grundsätze <strong>des</strong> BGH zum<br />
existenzvernichtenden Eingriff und zu anderen Durchgriffskonstellationen auf die AG<br />
(dazu mit Befürwortung der zweiten Variante, Hüffer AktG § 1 Rn. 22 ff)<br />
82
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 7 Kapitalerhaltung und Durchgriffshaftung im Konzern<br />
Die Thesaururs Holding-AG (T-AG) ist eine Obergesellschaft eines<br />
Unternehmensverbun<strong>des</strong> und hält einen Mehrheitsanteil an einer Reihe von Unternehmen, u a<br />
ist sie auch an der A-GmbH und an der B-GmbH mit je 60 % beteiligt. Im Rahmen eines sog<br />
eines zentralen Cash Managements werden alle im Verbund vorhandenen liquiden Mittel bei<br />
der Thesaurus AG konzentriert, wobei auch die A-GmbH und die B-GmbH die Möglichkeit<br />
haben, Mittel zu entnehmen, wenn sie Kapital benötigen. Der V ist sowohl Mitglied im<br />
Vorstand der T-AG und gleichzeitig Geschäftsführer der B-GmbH<br />
Die B-GmbH deren Stammkapital EUR 25.000,-- beträgt, gelingt es einen bedeutenden<br />
Auftrag zu aquirieren. Um die für Erfüllung <strong>des</strong> notwendigen Auftrags Mittel zu erlangen,<br />
nimmt die B-GmbH bei der Großbank G einen Kredit in Höhe von EUR 5.000.000,-- auf.<br />
(Zur Sicherheit werden der Großbank G der künftige Anspruch auf Werklohn nach Erfüllung<br />
<strong>des</strong> Auftrags abgetreten.). Als das Darlehen ausbezahlt wird, veranlasst V die Überweisung<br />
der ausgezahlten Darlehenssumme in den Cash-Pool. Das Nettovermögen der B-GmbH<br />
beträgt (unter Einrechnung der Darlehenssumme) zu diesem Zeitpunkt EUR 27.000,--. Die T-<br />
AG gerät in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um ihren Kapitalbedarf zu decken, zieht die T-<br />
AG unter Mitwirkung <strong>des</strong> V die gesamte Summe von EUR 5.000.000,-- ab, und verwendet sie<br />
für eigene Zwecke.<br />
Da die B-GmbH Darlehenssumme nicht für die Bearbeitung <strong>des</strong> Auftrags einsetzen kann<br />
und über keine weiteren Rücklagen verfügt, kann sie den Auftrag nicht fertig stellen und ist<br />
nicht der Lage die Zins- und Rückzahlungsforderungen der Großbank G zu bedienen. Daher<br />
muss die B-GmbH Insolvenz anmelden.<br />
Die G – Bank fragt, ob sie Rückzahlung der Darlehenssumme und/oder Schadensersatz<br />
von der T-AG und/oder von V verlangen kann.<br />
Literaturhinweise zur Vorbereitung<br />
Rechtsprechung:<br />
- „Privatklinik“ BGH ZIP 2004, 2138 ff (Folgeentscheidung zu „Bremer Vulkan“, BGHZ<br />
149, 10-28 = ZIP 2001, 1874 ff.)<br />
- BGH ZIP 2005, 117 ff. (Folgeentscheidung zu „KBV“ BGHZ 151, 181 ff. = ZIP 2002,<br />
1578 ff.)<br />
- Instruktiver Überblick bei Hüffer, AktG § 1 Rn. 20 ff. auch in Hinblick auf die<br />
Übertragung der Grundsätze auf die AG<br />
Vertiefung: Kessler GmbHR 2005, 257 ff; Hölzle ZIP 2004, 1729 ff.<br />
Themenschwerpunkte (ggf zur Vorbereitung wiederholen)<br />
- Tatbestände der Durchgriffshaftung<br />
- Qualifiziert faktischer Konzern bei der GmbH/ AG<br />
83
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Tatbestandsvoraussetzungen für Durchgriffshaftung nach § 128 HGB analog und §§ 823<br />
ff BGB<br />
Übersicht:<br />
A. Analoge Anwendung § 302 AktG analog (-)<br />
� Keine analoge Anwendung von Vorschriften zum Aktienkonzernrecht<br />
B. Obersatz Haftung nach Grundsätze zum existenzvernichtenden Eingriff § 128 HGB<br />
analog<br />
„KBV“ BGHZ 151, 181-188 = ZIP 2002, 1578-1580<br />
Tatbestand<br />
Entziehen die Gesellschafter unter Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf diese<br />
Zweckbindung <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens der Gesellschaft durch offene oder verdeckte<br />
Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden<br />
Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten,<br />
Rechtsfolge:<br />
so liegt darin, wie der Senat schon früher ausgesprochen hat (vgl. BGHZ 122, 123 - TBB), ein<br />
Mißbrauch der Rechtsform der GmbH, der zum Verlust <strong>des</strong> Haftungsprivilegs führen muß,<br />
Einschränkung:<br />
soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil schon nach §§<br />
30, 31 GmbHG vollständig ausgeglichen werden kann oder kein ausreichender Ausgleich in<br />
das Gesellschaftsvermögen erfolgt (vgl. Röhricht, FS 50 Jahre BGH, 2000, Bd. I, S. 83, 93 ff.,<br />
105 ff.).<br />
I. Grundsätzlich § 13 II GmbHG<br />
II. Aber das Haftungsprivileg ist teleologisch nach den Grundsätzen zum<br />
Institutionenmissbrauch zu reduzieren<br />
III. Voraussetzungen für einen solchen Missbrauch im Einzelnen<br />
1. Persönlicher Anwendungsbereich: Gesellschafter einer GmbH<br />
a. Der Anspruchsgegner muss Gesellschafter einer GmbH<br />
b. Wie auch bei verdeckter Sacheinlage u.ä. reicht es, wenn er mittelbar an der Gesellschaft<br />
beteiligt ist, vgl BGH<br />
a. Der Anspruchsgegner muss Gesellschafter einer GmbH sein<br />
b. Wie auch bei verdeckter Sacheinlage u.ä. reicht es, wenn er mittelbar an der Gesellschaft<br />
beteiligt ist, vgl BGH<br />
BGH v 24. 1. 2004 = GmbHR 2005, 229 ff.<br />
Allerdings betrifft die Haftungsschranke <strong>des</strong> § 13 Abs. 2 GmbHG, die bei einer Haftung wegen<br />
existenzvernichtenden Eingriffs außer Kraft gesetzt wird, grundsätzlich nur die Gesellschafter der GmbH<br />
(BGHZ 149, 10, 16 f.). Hier ist von den Vorinstanzen offen gelassen worden, ob der Beklagte Gesellschafter der<br />
FZ war. Revisionsrechtlich ist daher davon auszugehen, daß er nicht Gesellschafter war. Wohl aber war er mit<br />
hälftiger Beteiligung Gesellschafter der E. GmbH, die wiederum sämtliche Anteile an der FZ hielt.<br />
In der Rechtsprechung <strong>des</strong> Senats zu den Grundsätzen der Kapitalaufbringung und -erhaltung ist seit langem<br />
anerkannt, daß derjenige, der nur über einen Mittels- oder Strohmann an einer Gesellschaft beteiligt ist, genauso<br />
wie der unmittelbare Gesellschafter für die Aufbringung und Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals einzustehen hat<br />
(BGHZ 31, 258; 118, 107, 110 ff.; ebenso BGH, Urt. v. 3. November 1976 - I ZR 156/74, WM 1977, 73, 75).<br />
Nur so kann das Interesse der Gesellschaftsgläubiger an der Schaffung und Wahrung <strong>des</strong> Haftungsfonds<br />
der Gesellschaft wirksam und praktikabel geschützt werden. Nicht ausreichend wäre es dagegen, die<br />
Gläubiger darauf zu verweisen, mögliche Befreiungsansprüche <strong>des</strong> Vordermanns gegen den Hintermann geltend<br />
zu machen. Das gleiche gilt für den Gesellschafter-Gesellschafter, also denjenigen, der an einer Gesellschafterin<br />
84
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
der Gesellschaft beteiligt ist. Er wird jedenfalls dann einem Gesellschafter gleichgestellt, wenn er einen<br />
beherrschenden Einfluß auf die Gesellschafterin ausüben kann, etwa aufgrund einer qualifizierten<br />
Anteilsmehrheit (Senat, BGHZ 81, 311, 315 f.; Urt. v. 24. September 1990 - II ZR 174/89, NJW 1991, 357, 358;<br />
v. 21. Juni 1999 - II ZR 70/98, NJW 1999, 2822).<br />
Diese Grundsätze gelten auch für die Haftung eines Gesellschafter-Gesellschafters wegen eines<br />
existenzvernichtenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen. Er ist jedenfalls dann wie ein unmittelbarer<br />
Gesellschafter zu behandeln, wenn er über die zwischengeschaltete Holding einen beherrschenden Einfluß<br />
auf die Gesellschaft ausüben kann. In dieser Lage ist nicht auf die formaljuristische Konstruktion,<br />
sondern auf die tatsächliche Einflußmöglichkeit abzustellen. Es wäre unbillig, wenn sich derjenige, in<br />
<strong>des</strong>sen Händen die Entscheidungsstränge der verschiedenen Gesellschaften zusammenlaufen, mit dem<br />
Hinweis auf seinen nur mittelbaren Anteilsbesitz der Verantwortung entziehen und die Gläubiger auf eine<br />
Inanspruchnahme der zwischengeschalteten Gesellschaft verweisen könnte. Wer wie ein Gesellschafter<br />
handelt, muß sich auch wie ein Gesellschafter behandeln lassen.<br />
2. Pflichtwidriger Eingriff<br />
- keine Pflicht Liquidität zuzuführen<br />
- Pflicht in der Krise, eine verantwortliche Investititonsentscheidung zu treffen<br />
Entweder Mittel zuführen oder ordnungsgemäß liquidieren<br />
� Solange keine Entscheidung die Gesellschaft zu liquidieren besteht im Hinblick<br />
auf den Gläubigerschutz auch beim Alleingesellschafter die Pflicht, den Bestand<br />
der Gesellschaft und ihre Zahlungsfähigkeit (Solvenz) nicht zu gefährden<br />
3. Eingriff, gefährdet Existenz / Solvenz der Gesellschaft<br />
� Hiermit ist zu prüfen, ob die entzogenen Mittel benötigt werden, um die Gläubiger zu<br />
befriedigen (Damit Prüfung ähnlich wie bei § 31 III S. 2 GmbHG: „soweit erforderlich um<br />
die Gläubiger zu befriedigen“)<br />
4. Isolierter Nachteilsausgleich nach §§ 30, 31 GmbHG nicht möglich<br />
Die vorliegende pflichtwidrige Nachteilszufügung, führt nur dann zu einer unbeschränkten<br />
Haftung, wenn diese „nicht schon nach §§ 30, 31 GmBH ausgeglichen werden können<br />
oder der Gesellschafter nachweist, daß der Gesellschaft im Vergleich zu der<br />
Vermögenslage bei einem redlichen Verhalten nur ein begrenzter - und dann in diesem<br />
Umfang auszugleichender - Nachteil entstanden ist.“ (BGH 24.1.2004 = GmbHR 2005,<br />
229, ähnl BGH KBV)<br />
Denn eine Rechtsfortbildung bzw. teleologische Reduktion ist nur dann nicht<br />
gerechtfertigt, wenn auf Grundlage der bestehenden Rechtsvorschriften ein ausreichender<br />
Schutz gewährleistet werden kann.<br />
� Prüfung ähnlich wie bei § 311 AktG<br />
a. Liegt ein Nachteil vor (dies ist hier durch die Gefährdung der Zahlungsfähigkeit indiziert)<br />
b. Kann dieser nach §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen werden<br />
� inzident §§ 30, 31 GmbH prüfen<br />
� Folgende Besonderheiten sind zu berücksichtigen<br />
aa. Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Ansprüche aus § 31 GmbHG sind nur<br />
geeignet, den Nachteil auszugleichen, wenn sie durchsetzbar und vollwertig sind<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
bb. Häufig kann der Nachteil nicht ausgeglichen werden, weil nicht mehr im<br />
Einzelnen nachverfolgt werden kann, und eine Abgrenzung der<br />
Vermögenssphären Gesellschafter/Gesellschaft kaum noch möglich ist<br />
cc. Beweislast beim Gesellschafter<br />
Beachte Der bloße Umstand, daß die Gesellschaft in eine masselose Insolvenz<br />
geraten ist, schließt einen solchen Nachweis nicht aus.<br />
5. Verschulden<br />
In der Literatur wird diskutiert, dass man zumin<strong>des</strong>t fahrlässiges Handeln fordern müsse.<br />
IV. Rechtsfolge<br />
� Persönliche unbegrenzte Haftung nach §§ 128, 129 HGB analog, und zwar unmittelbar<br />
Außenhaftung gegenüber den Gläubigern<br />
C. Deliktische Ansprüche, inbes. § 823 II iVm 263 StGB<br />
Anspruch Konkurriert � Urteil Dez 2004 = GmbHR 2005, 229 ff (Folgeentscheidung KBV):<br />
Daneben kommt eine Haftung nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher und sittenwidriger<br />
Schädigung in Betracht.<br />
I. Allgemein zum Verhältnis zur Haftung nach §§ 128, 129 HGB analog<br />
Zwei Ansätze, die der BGH nebeneinander anwendet, stehen nicht im<br />
Ausschließlichkeitsverhältnis, keine randscharfe Abgrenzung<br />
II. Anspruch aus § 823 II i.V. § 266 („Bremer Vulkan“)<br />
1. Verletzung eines Schutzgesetzes - § 266 StGB<br />
a. Feststellung, schützt auch individuelle Vermögensinteressen – Schutzgesetz (+)<br />
b. Verletzung – Prüfung <strong>des</strong> Tatbestan<strong>des</strong> von § 266 StGB<br />
aa. Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht<br />
bb. Adressat der Vermögensbetreuungspflicht ist zunächst das herrschende<br />
Unternehmen, d. h. Muttergegsellschaft, aber gemäß § 14 StGB unterliegen die<br />
Organ einer juristischen Personen, den Pflichten, die sich aus dem StGB ergeben.<br />
� Anders als oben bei B, haften hier auch die Organe <strong>des</strong> herrschenden<br />
Unternehmens, nicht nur das Unternehmen selbst bzw. deren Gesellschafter<br />
c. Vermögensschaden iSv § 266 StGB<br />
d. Schuldhafte Verletzung � Subjektiver TatbestandVorsatz (Strafgesetz, Vorsatzdelikt !)<br />
2. Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht kausal für Schaden <strong>des</strong> Gläubigers<br />
(idR Höhe der Forderung, mit der er ausfällt)<br />
III. § 826<br />
Der Gesellschafter einer GmbH und eine von ihm beherrschte Schwestergesellschaft haften<br />
den Gläubigern der GmbH nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn sie der GmbH<br />
planmäßig deren Vermögen entziehen und es auf die Schwestergesellschaft verlagern,<br />
um den Zugriff der Gesellschaftsgläubiger zu verhindern und auf diese Weise das von<br />
der Gesellschaft betriebene Unternehmen ohne Rücksicht auf die entstandenen<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Schulden fortführen zu können („KBV“ BGHZ 151, 181, 183; bestätigt in BGH<br />
„Privatklinken“, GmbHR 2004, 1530-1532).<br />
1. Objektiver Tatbestand – Objektive Sittenwidrigkeit („Umstandsmoment“<br />
Es ist zu prüfen, ob der Anspruchsgegner seinen Einfluss genutzt hat, um<br />
Vermögensverlagerungen zu Lasten <strong>des</strong> zur Befriedigung der Gläubiger dienenden<br />
Haftungsfond zu veranlassen<br />
2. Subjektive Sittenwidrigkeit (Vorsatzelement)<br />
Der Anspruchsgegner muss diese Vermögensverlagerung zu dem Zweck vorgenommen<br />
haben, den Gläubigern Mittel aus dem Haftungsfond zu entziehen oder zumin<strong>des</strong>t eine<br />
Schädigung der Gläubiger durch Verringerung <strong>des</strong> Haftungsfonds billigend in Kauf<br />
genommen haben<br />
3. Vermögensverlagerung kausal für den Schaden, objektiv vorhersehbar und vom Vorsatz<br />
umfasst<br />
4. Kreis der Haftenden<br />
a. Der Handelnde<br />
b. Wenn Handelnder Organ der herrschenden Gesellschaft oder einer<br />
Schwestergesellschaft, wird das Handeln diesen Gesellschaften gemäß § 31 BGB<br />
zugerechnet, so dass auch die Gesellschaften haften<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Gegenüberstellung der zwei Haftungstatbestände<br />
Anspruchsgegner<br />
(persönlicher<br />
Anwendungsbereich)<br />
Sachlicher<br />
Anwendungsbereich<br />
Existenzvernichtender Eingriff,<br />
Haftung § 128 HGB analog<br />
Nur Gesellschafter der „Opfer-<br />
Gesellschaft“ sowie<br />
mittelbar an der Gesellschaft beteiligte<br />
Spezielles Institut <strong>des</strong> dt. GmbH-Rechts,<br />
Übertragbarkeit auf AG diskutiert, kein<br />
eindeutiges Meinungsbild<br />
Intensität <strong>des</strong> Eingriffs Jeder Verstoß gegen § 30 GmbHG, es<br />
sei denn, er kann durch Ansprüche aus §<br />
Berufung auf Kompensationsfähigkeit<br />
31 GmbHG ausgeglichen werden<br />
Kann sich auf Ausgleichsfähigkeit<br />
berufen<br />
Subjektive Seite Nicht geklärt, ob überhaupt<br />
Verschulden, jedenfalls genügt einfache<br />
Fahrlässigkeit<br />
Leitbild Sorglose, leichtfertige Umgang mit der<br />
Gesellschaft, Vernachlässigung der<br />
Finanzierungsverantwortung und der<br />
Pflicht zur Vermögenstrennung<br />
Haftung nach § 823 / § 826 BGB<br />
-Auch die Organe der Gesellschaft<br />
selbst sowie von juristischen Personen,<br />
die an der Gesellschaft beteiligt<br />
-Auch Schwestergesellschaft der<br />
„Opfergesellschaft“<br />
-Anwendung kommt grundsätzlich bei<br />
allen Rechtsformen<br />
- inbes. Kommt auch bei nach ausländ.<br />
Recht gegründeten Gesellschaften in<br />
Betracht<br />
Gefährdung der Existenz, <strong>des</strong><br />
Bestan<strong>des</strong> <strong>des</strong> Unternehmens<br />
Berufung auf Möglichkeit eines<br />
Nachteilsausgleichs nicht möglich<br />
Sowohl bezüglich Eingriff als auch<br />
bezüglich Schädigung der Gläubiger ist<br />
min<strong>des</strong>tens bedingter Vorsatz<br />
erforderlich<br />
Rücksichtslos stellt Gesellschafter<br />
seine Privatinteressen über die der<br />
Gesellschaft und nimmt die<br />
Gefährdung von deren Bestand und<br />
eine Schädigung der Gläubiger<br />
billigend in Kauf.<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Im Einzelnen<br />
Tatbestandsvoraussetzungen für Durchgriffshaftung nach § 128 HGB analog und §§ 823<br />
ff BGB<br />
A. Analoge Anwendung § 302 AktG analog bei GmbH (-)<br />
� Keine analoge Anwendung von Vorschriften zum Aktienkonzernrecht<br />
„Bremer Vulkan“ BGHZ 149, 10 ff = ZIP 2001, 1874 ff<br />
Der Schutz einer abhängigen GmbH gegenüber Eingriffen ihres Alleingesellschafters folgt nicht dem<br />
Haftungssystem <strong>des</strong> Konzernrechtes <strong>des</strong> Aktiengesetzes (§§ 291 ff. AktG). Er beschränkt sich auf die Erhaltung<br />
ihres Stammkapitals im Sinne der §§ 30 f. GmbHG, für die im Rahmen <strong>des</strong> § 43 Abs. 3 GmbHG auch ihre<br />
Geschäftsführer haften, und die Gewährleistung ihres Bestandsschutzes in dem Sinne, daß ihr<br />
Alleingesellschafter bei Eingriffen in ihr Vermögen und ihre Geschäftschancen angemessene Rücksicht auf ihre<br />
seiner Disposition entzogenen eigenen Belange zu nehmen hat. An einer solchen angemessenen Rücksichtnahme<br />
auf die Eigenbelange der abhängigen GmbH fehlt es dann, wenn diese infolge der Eingriffe ihres<br />
Alleingesellschafters ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann (BGHZ 122, 123, 130 - TBB). Zu<br />
einer Haftung <strong>des</strong> Alleingesellschafters für die Verbindlichkeiten der von ihm beherrschten GmbH führt aber<br />
auch ein solcher bestandsvernichtender Eingriff nur dann, wenn sich die Fähigkeit der GmbH zur Befriedigung<br />
ihrer Gläubiger nicht schon durch die Rückführung entzogenen Stammkapitals gemäß § 31 GmbHG<br />
wiederherstellen läßt.<br />
B. Obersatz Haftung nach Grundsätze zum existenzvernichtenden Eingriff § 128 HGB<br />
analog<br />
„KBV“ BGHZ 151, 181-188 = ZIP 2002, 1578-1580<br />
Daneben könnte der Klägerin auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt <strong>des</strong> sog. existenzvernichtenden<br />
Eingriffs zustehen. Wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, müssen der Alleingesellschafter oder<br />
einverständlich handelnde Gesellschafter für Nachteile einstehen, die den Gesellschaftsgläubigern dadurch<br />
entstehen, daß sie der Gesellschaft Vermögen entziehen, das sie zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt<br />
(BGH, Urteil v. 17. September 2001 - II ZR 178/99, ZIP 2001, 1874; Urteil v. 25. Februar 2002 - II ZR 196/00,<br />
ZIP 2002, 848).<br />
Entziehen die Gesellschafter unter Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf diese Zweckbindung<br />
<strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und<br />
beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung<br />
ihrer Verbindlichkeiten, so liegt darin, wie der Senat schon früher ausgesprochen hat (vgl. BGHZ 122, 123 -<br />
TBB), ein Mißbrauch der Rechtsform der GmbH, der zum Verlust <strong>des</strong> Haftungsprivilegs führen muß,<br />
soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil schon nach §§ 30, 31<br />
GmbHG vollständig ausgeglichen werden kann oder kein ausreichender Ausgleich in das<br />
Gesellschaftsvermögen erfolgt (vgl. Röhricht, FS 50 Jahre BGH, 2000, Bd. I, S. 83, 93 ff., 105 ff.).<br />
Unterbilanz.<br />
I. Grundsätzlich § 13 II GmbHG<br />
Grundsätzlich § 13 II GmbHG Ein Gesellschafter ist seinen Gläubigern gegenüber<br />
grundsätzlich nicht verpflichtet, das Gesellschaftsunternehmen fortzuführen. Es steht ihm frei,<br />
den Geschäftsbetrieb einzustellen oder eine sich ihm bietende Geschäftschance nicht zu<br />
ergreifen. Erst recht ist er nicht verpflichtet, die Ertragskraft <strong>des</strong> Gesellschaftsunternehmens<br />
durch Investitionen zu erhalten oder wiederherzustellen.<br />
II. Aber das Haftungsprivileg ist teleologisch nach den Grundsätzen zum<br />
Institutionenmissbrauch zu reduzieren<br />
„KBV“ BGHZ 151, 181 ff. = ZIP 2002, 1578 ff.<br />
Das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen, für das<br />
Recht der Kapitalgesellschaften jedoch grundlegenden Voraussetzung, daß das Gesellschaftsvermögen, das zur<br />
Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
zum Zwecke der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muß und damit der - im Recht der GmbH im übrigen<br />
sehr weitgehenden - Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist. Die GmbH hat zwar keinen Anspruch<br />
gegen ihre Gesellschafter auf Gewährleistung ihres Bestan<strong>des</strong>. Sie können die Existenz der Gesellschaft im<br />
Grundsatz jederzeit - sei es im Rahmen einer freiwilligen Liquidation, sei es im Rahmen eines<br />
Insolvenzverfahrens - beenden (BGHZ 76, 352, 353; 103, 184, 192; 129, 136, 151). In jedem Fall hat ihre<br />
Beendigung jedoch in einem geordneten Verfahren zu erfolgen, in dem die Vermögenswerte der Gesellschaft<br />
zunächst zur Befriedigung ihrer Gläubiger zu verwenden sind. Auf keinen Fall kann es ihnen erlaubt sein, der<br />
Gesellschaft ihr Vermögen ohne Rücksichtnahme auf ihre gesetzliche Funktion, anstelle ihrer Gesellschafter als<br />
Haftungsträger zu dienen, zu entziehen und ihr dadurch die Möglichkeit zu nehmen, ihre Verbindlichkeiten -<br />
ganz oder wenigstens teilweise - zu erfüllen. Den Gesellschaftern steht innerhalb wie außerhalb der Liquidation<br />
nur der Zugriff auf den zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuß zu. Die<br />
Notwendigkeit der Trennung <strong>des</strong> Vermögens der Gesellschaft von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter<br />
und die strikte Bindung <strong>des</strong> ersteren zur - vorrangigen - Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger besteht<br />
während der gesamten Lebensdauer der GmbH. Beide - Absonderung und Zweckbindung - sind unabdingbare<br />
Voraussetzung dafür, daß die Gesellschafter die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in<br />
Anspruch nehmen können. Allein dieses Zusammenspiel von Vermögenstrennung und Vermögensbindung<br />
einerseits sowie die Haftungsbeschränkung andererseits vermag das Haftungsprivileg <strong>des</strong> § 13 Abs. 2<br />
GmbHG zu rechtfertigen.<br />
Bestätigt in BGH 24. Januar 2004 = GmbHR 2005, 229 ff.<br />
Will er die Unternehmenstätigkeit einstellen, muß er sich dabei aber <strong>des</strong> dafür im Gesetz vorgesehenen<br />
Verfahrens bedienen. Er hat das Vermögen der Gesellschaft ordnungsgemäß zu verwerten und aus dem Erlös die<br />
Gläubiger zu befriedigen bzw. deren Befriedigung gemäß § 73 Abs. 1 GmbHG sicherzustellen. Überträgt er<br />
dagegen Vermögenswerte der Gesellschaft auf sich selbst oder auf eine andere Gesellschaft, an der er beteiligt<br />
ist, ohne dafür eine marktgerechte Gegenleistung zu erbringen, verhält er sich unredlich. Er beendet dann nicht<br />
nur die Gesellschaft, sondern entzieht ihr das vorhandene Vermögen und beraubt sie dadurch der Möglichkeit,<br />
wenigstens in diesem Umfang ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. Erst unter dieser Voraussetzung kommt eine<br />
der Höhe nach unbeschränkte Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs in Betracht, …<br />
III. Voraussetzungen für einen solchen Missbrauch im Einzelnen<br />
Anknüpfen an die Voraussetzungen im Obersatz oben<br />
BGH v. 24. Januar 2004 = ZIP GmHR 2005, 229 ff<br />
… Überträgt er dagegen Vermögenswerte der Gesellschaft auf sich selbst oder auf eine andere Gesellschaft, an<br />
der er beteiligt ist, ohne dafür eine marktgerechte Gegenleistung zu erbringen, verhält er sich unredlich. Er<br />
beendet dann nicht nur die Gesellschaft, sondern entzieht ihr das vorhandene Vermögen und beraubt sie dadurch<br />
der Möglichkeit, wenigstens in diesem Umfang ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. Erst unter dieser<br />
Voraussetzung kommt eine der Höhe nach unbeschränkte Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs in<br />
Betracht, sofern nicht die zugefügten Nachteile bereits nach den Regeln der §§ 30 f. GmbHG ausgeglichen<br />
werden können oder der Gesellschafter nachweist, daß der Gesellschaft im Vergleich zu der Vermögenslage bei<br />
einem redlichen Verhalten nur ein begrenzter - und dann in diesem Umfang auszugleichender - Nachteil<br />
entstanden ist. Der bloße Umstand, daß die Gesellschaft in eine masselose Insolvenz geraten ist, schließt<br />
einen solchen Nachweis nicht aus.<br />
1. Persönlicher Anwendungsbereich: Gesellschafter einer GmbH<br />
a. Der Anspruchsgegner muss Gesellschafter einer GmbH<br />
b. Wie auch bei verdeckter Sacheinlage u.ä. reicht es, wenn er mittelbar an der Gesellschaft<br />
beteiligt ist, vgl BGH<br />
BGH v 24. 1. 2004 = GmbHR 2005, 229 ff.<br />
Allerdings betrifft die Haftungsschranke <strong>des</strong> § 13 Abs. 2 GmbHG, die bei einer Haftung wegen<br />
existenzvernichtenden Eingriffs außer Kraft gesetzt wird, grundsätzlich nur die Gesellschafter der GmbH<br />
(BGHZ 149, 10, 16 f.). Hier ist von den Vorinstanzen offen gelassen worden, ob der Beklagte Gesellschafter der<br />
90
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
FZ war. Revisionsrechtlich ist daher davon auszugehen, daß er nicht Gesellschafter war. Wohl aber war er mit<br />
hälftiger Beteiligung Gesellschafter der E. GmbH, die wiederum sämtliche Anteile an der FZ hielt.<br />
In der Rechtsprechung <strong>des</strong> Senats zu den Grundsätzen der Kapitalaufbringung und -erhaltung ist seit langem<br />
anerkannt, daß derjenige, der nur über einen Mittels- oder Strohmann an einer Gesellschaft beteiligt ist, genauso<br />
wie der unmittelbare Gesellschafter für die Aufbringung und Erhaltung <strong>des</strong> Stammkapitals einzustehen hat<br />
(BGHZ 31, 258; 118, 107, 110 ff.; ebenso BGH, Urt. v. 3. November 1976 - I ZR 156/74, WM 1977, 73, 75).<br />
Nur so kann das Interesse der Gesellschaftsgläubiger an der Schaffung und Wahrung <strong>des</strong> Haftungsfonds<br />
der Gesellschaft wirksam und praktikabel geschützt werden. Nicht ausreichend wäre es dagegen, die<br />
Gläubiger darauf zu verweisen, mögliche Befreiungsansprüche <strong>des</strong> Vordermanns gegen den Hintermann geltend<br />
zu machen. Das gleiche gilt für den Gesellschafter-Gesellschafter, also denjenigen, der an einer Gesellschafterin<br />
der Gesellschaft beteiligt ist. Er wird jedenfalls dann einem Gesellschafter gleichgestellt, wenn er einen<br />
beherrschenden Einfluß auf die Gesellschafterin ausüben kann, etwa aufgrund einer qualifizierten<br />
Anteilsmehrheit (Senat, BGHZ 81, 311, 315 f.; Urt. v. 24. September 1990 - II ZR 174/89, NJW 1991, 357, 358;<br />
v. 21. Juni 1999 - II ZR 70/98, NJW 1999, 2822).<br />
Diese Grundsätze gelten auch für die Haftung eines Gesellschafter-Gesellschafters wegen eines<br />
existenzvernichtenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen. Er ist jedenfalls dann wie ein unmittelbarer<br />
Gesellschafter zu behandeln, wenn er über die zwischengeschaltete Holding einen beherrschenden Einfluß<br />
auf die Gesellschaft ausüben kann. In dieser Lage ist nicht auf die formaljuristische Konstruktion,<br />
sondern auf die tatsächliche Einflußmöglichkeit abzustellen. Es wäre unbillig, wenn sich derjenige, in<br />
<strong>des</strong>sen Händen die Entscheidungsstränge der verschiedenen Gesellschaften zusammenlaufen, mit dem<br />
Hinweis auf seinen nur mittelbaren Anteilsbesitz der Verantwortung entziehen und die Gläubiger auf eine<br />
Inanspruchnahme der zwischengeschalteten Gesellschaft verweisen könnte. Wer wie ein Gesellschafter<br />
handelt, muß sich auch wie ein Gesellschafter behandeln lassen.<br />
c. Offene Fragen<br />
aa. Inwieweit auf AG übertragbar ?<br />
bb. Haftung der Geschäftsführer ?<br />
„Bremer Vulkan“ BGHZ 149, 10 ff = ZIP 2001, 1874 ff – keine Haftung:<br />
Für den Erfolg der Klage bleibt das jedoch ebenso ohne Bedeutung wie die Frage, ob die Fähigkeit der M. zur<br />
Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten allein durch die Erstattung <strong>des</strong> ihr entzogenen Stammkapitals nach § 31<br />
GmbHG wiederherstellbar wäre. Denn sowohl der Erstattungsanspruch nach § 31 GmbHG als auch der<br />
Anspruch der Gesellschaft wegen eines bestandsvernichtenden Eingriffs in ihr Vermögen und ihre<br />
Geschäftschancen nach den Grundsätzen der Entscheidung BGHZ 122, 123 ff. richtet sich grundsätzlich allein<br />
gegen ihren Gesellschafter, nicht aber auch gegen <strong>des</strong>sen Organe. Eine persönliche Verpflichtung der Beklagten<br />
aus den genannten Anspruchsgrundlagen ist damit nicht begründbar.<br />
- § 128 HGB ausgerichtet auf Gesellschafter<br />
- Argument nicht zwingend: bei Personengesellschaft Selbstorganschaft<br />
- Aber: Missverhältnis von Ertrag und Risiko<br />
- Denkbar § 43 GmbHG analog ?<br />
2. Pflichtwidriger Eingriff<br />
- keine Pflicht Liquidität zuzuführen<br />
- Pflicht in der Krise, eine verantwortliche Investititonsentscheidung zu treffen<br />
Entweder Mittel zuführen oder ordnungsgemäß liquidieren<br />
� Solange keine Entscheidung die Gesellschaft zu liquidieren besteht im Hinblick<br />
auf den Gläubigerschutz auch beim Alleingesellschafter die Pflicht, den Bestand<br />
der Gesellschaft und ihre Zahlungsfähigkeit (Solvenz) nicht zu gefährden<br />
- Jedenfalls Pflicht, es zu unterlassen, der Gesellschaft Vermögen zu entziehen, dass die<br />
Gesellschaft zur Erhalt ihrer Solvenz und ihrer Fähigkeit die Gläubiger zu befriedigen<br />
benötigt<br />
� Immer wenn Entzug von Mitteln gegen § 30 GmbHG verstöß ist dies zunächst ein<br />
pflichtwidriger Eingriff<br />
� Im Einzelfall auch dann, wenn mit § 30 GmbHG vereinbar, wenn dadurch<br />
91
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Existenz/ Solvenz der Gesellschaft gefährdet wird<br />
„eine Durchgriffshaftung gegenüber sämtlichen Gesellschaftsgläubigern kommt<br />
nur bei einem Eingriff in den zu ihrer Befriedigung dienenden Haftungsfonds in<br />
Betracht“ (BGH Urt 13.12.2004 = ZIP 2005, 250 ff).<br />
Exkurs: hier gewisse Parallele zum Gläubigerschutzsystem im US-amerikanischen Recht: Dort beurteilt sich die<br />
Zulässigkeit der Zahlung von Gesellschaftsvermögen von einer Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter nach<br />
dem sog Equity Insolvenzy Test. Anhand von bestimmten Finanzkennzahlen wird ermittelt, ob die Gesellschaft<br />
trotz der Zahlung an die Gesellschafter in der Lage sein wird, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. (Markus<br />
Bauer Gläubigerschutz durch formelle Nennkapitalziffer – Kapitalgesellschaftsrechtliche Notwendigkeit oder<br />
überholtes Konzept ?, Diss., 319 ff.)<br />
3. Eingriff, gefährdet Existenz / Solvenz der Gesellschaft<br />
„KBV“ BGHZ 151, 181 ff. = ZIP 2002, 1578 ff.<br />
„beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur<br />
Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten, …“ das gilt erst recht bei Vorliegen einer Unterbilanz<br />
� Hiermit ist zu prüfen, ob die entzogenen Mittel benötigt werden, um die Gläubiger zu<br />
befriedigen (Damit Prüfung ähnlich wie bei § 31 III S. 2 GmbHG: „soweit erforderlich um<br />
die Gläubiger zu befriedigen“)<br />
Das ist hier der Fall. Denn wie bei 2. begründet, werden die Mittel zur Befriedigung der G<br />
benötigt.<br />
4. Isolierter Nachteilsausgleich nach §§ 30, 31 GmbHG nicht möglich<br />
Die vorliegende pflichtwidrige Nachteilszufügung, führt nur dann zu einer unbeschränkten<br />
Haftung, wenn diese „nicht schon nach §§ 30, 31 GmBH ausgeglichen werden können oder<br />
der Gesellschafter nachweist, daß der Gesellschaft im Vergleich zu der Vermögenslage bei<br />
einem redlichen Verhalten nur ein begrenzter - und dann in diesem Umfang auszugleichender<br />
- Nachteil entstanden ist.“ (BGH 24.1.2004 = GmbHR 2005, 229, ähnl BGH KBV)<br />
Denn eine Rechtsfortbildung bzw. teleologische Reduktion ist nur dann nicht gerechtfertigt,<br />
wenn auf Grundlage der bestehenden Rechtsvorschriften ein ausreichender Schutz<br />
gewährleistet werden kann.<br />
� Prüfung ähnlich wie bei § 311 AktG<br />
a. Liegt ein Nachteil vor (dies ist hier durch die Gefährdung der Zahlungsfähigkeit indiziert)<br />
b. Kann dieser nach §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen werden<br />
� inzident §§ 30, 31 GmbH prüfen<br />
� Folgende Besonderheiten sind zu berücksichtigen<br />
aa. Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Ansprüche aus § 31 GmbHG sind nur<br />
geeignet, den Nachteil auszugleichen, wenn sie durchsetzbar und vollwertig sind<br />
cc. Häufig kann der Nachteil nicht ausgeglichen werden, weil nicht mehr im<br />
Einzelnen nachverfolgt werden kann, und eine Abgrenzung der<br />
Vermögenssphären Gesellschafter/Gesellschaft kaum noch möglich ist<br />
Anmerkung zum Verständnis<br />
Bei diesem Merkmal kreuzen sich zwei Linien der konzernrechtlichen Diskussion:<br />
Zum einen knüpft die Rspr <strong>des</strong> BGH an die im Schrifttum diskutierte Fallgruppe <strong>des</strong> Verlustes <strong>des</strong><br />
Haftungsprivileg infolge einer Vermögensvermischung an , vgl BGH, KBV: „ Allein dieses Zusammenspiel von<br />
Vermögenstrennung und Vermögensbindung einerseits sowie die Haftungsbeschränkung andererseits vermag<br />
das Haftungsprivileg <strong>des</strong> § 13 Abs. 2 GmbHG zu rechtfertigen.“<br />
92
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Zum anderen lehnt sich der BGH an das Modell <strong>des</strong> § 311 AktG an. Dies beinhaltet nicht nur Pflicht zum<br />
Nachteilsausgleich, sondern auch eine Privilegierung: Soweit der Gesellschafter für einen vollwertigen<br />
Nachteilsausgleich Sorge trägt, können im Interesse der Vorteile einer koordinierten Konzernführung<br />
(zeitweilige) Vermögensverschiebungen geduldet werden. Diese Privilegierung ist dann verwirkt, wenn die<br />
Nachteile nicht mehr Einzeln erfasst werden können.<br />
cc. Beweislast beim Gesellschafter<br />
Beachte Der bloße Umstand, daß die Gesellschaft in eine masselose Insolvenz<br />
geraten ist, schließt einen solchen Nachweis nicht aus.<br />
„KBV“ BGHZ 151, 181 ff. = ZIP 2002, 1578 ff.<br />
Das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen, für das<br />
Recht der Kapitalgesellschaften jedoch grundlegenden Voraussetzung, daß das Gesellschaftsvermögen, das zur<br />
Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft<br />
zum Zwecke der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muß und damit der - im Recht der GmbH im übrigen<br />
sehr weitgehenden - Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist. Die GmbH hat zwar keinen Anspruch<br />
gegen ihre Gesellschafter auf Gewährleistung ihres Bestan<strong>des</strong>. Sie können die Existenz der Gesellschaft im<br />
Grundsatz jederzeit - sei es im Rahmen einer freiwilligen Liquidation, sei es im Rahmen eines<br />
Insolvenzverfahrens - beenden (BGHZ 76, 352, 353; 103, 184, 192; 129, 136, 151). In jedem Fall hat ihre<br />
Beendigung jedoch in einem geordneten Verfahren zu erfolgen, in dem die Vermögenswerte der Gesellschaft<br />
zunächst zur Befriedigung ihrer Gläubiger zu verwenden sind. Auf keinen Fall kann es ihnen erlaubt sein, der<br />
Gesellschaft ihr Vermögen ohne Rücksichtnahme auf ihre gesetzliche Funktion, anstelle ihrer Gesellschafter als<br />
Haftungsträger zu dienen, zu entziehen und ihr dadurch die Möglichkeit zu nehmen, ihre Verbindlichkeiten -<br />
ganz oder wenigstens teilweise - zu erfüllen. Den Gesellschaftern steht innerhalb wie außerhalb der Liquidation<br />
nur der Zugriff auf den zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuß zu. Die<br />
Notwendigkeit der Trennung <strong>des</strong> Vermögens der Gesellschaft von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter<br />
und die strikte Bindung <strong>des</strong> ersteren zur - vorrangigen - Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger besteht<br />
während der gesamten Lebensdauer der GmbH. Beide - Absonderung und Zweckbindung - sind unabdingbare<br />
Voraussetzung dafür, daß die Gesellschafter die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in<br />
Anspruch nehmen können. Allein dieses Zusammenspiel von Vermögenstrennung und Vermögensbindung<br />
einerseits sowie die Haftungsbeschränkung andererseits vermag das Haftungsprivileg <strong>des</strong> § 13 Abs. 2<br />
GmbHG zu rechtfertigen.<br />
5. Verschulden<br />
In der Literatur wird diskutiert, dass man zumin<strong>des</strong>t fahrlässiges Handeln fordern müsse.<br />
IV. Rechtsfolge<br />
� Persönliche unbegrenzte Haftung nach §§ 128, 129 HGB analog, und zwar unmittelbar<br />
Außenhaftung gegenüber den Gläubigern<br />
C. Deliktische Ansprüche, inbes § 823 II iVm 263 StGB<br />
Anspruch Konkurriert � Urteil Dez 2004 = GmbHR 2005, 229 ff (Folgeentscheidung KBV):<br />
Daneben kommt eine Haftung nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher und sittenwidriger<br />
Schädigung in Betracht.<br />
I. Allgemein zum Verhältnis zur Haftung nach §§ 128, 129 HGB analog<br />
- In Aufsätzen oft suggeriert, dass fraglich, ob über Missbrauch der Rechtsform und §§ 128,<br />
129 HGB analog oder ob deliktsrechtlichen über existenzgefährdenden Eingriff über Delikt<br />
- Aber es sind zwei Ansätze, die der BGH nebeneinander anwendet, stehen nicht im<br />
Ausschließlichkeitsverhältnis, keine randscharfe Abgrenzung<br />
- Wie bei anderen konkurrierenden Anspruchsgrundlagen auch, mal nur der eine, mal nur der<br />
andere, mal beide einschlägig<br />
93
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
II. Anspruch aus § 823 II i.V.m. § 266 („Bremer Vulkan“)<br />
1. Verletzung eines Schutzgesetzes - § 266 StGB<br />
a. Feststellung, schützt auch individuelle Vermögensinteressen – Schutzgesetz (+)<br />
b. Verletzung – Prüfung <strong>des</strong> Tatbestan<strong>des</strong> von § 266 StGB<br />
aa. Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht<br />
„Bremer Vulkan“ BGHZ 149, 10 ff = ZIP 2001, 1874 ff<br />
Das Berufungsgericht hat den Treubruchtatbestand <strong>des</strong> § 266 Abs. 1 StGB mit der Begründung verneint, die<br />
Beklagten hätten keine auf einem Treueverhältnis beruhende Pflicht zur Wahrung der Vermögensinteressen von<br />
M. gehabt. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.<br />
16<br />
Die Vermögensbetreuungspflicht von B. gegenüber der M. im Sinne <strong>des</strong> § 266 Abs. 1 StGB folgt aus ihrer<br />
Stellung als beherrschen<strong>des</strong> Unternehmen gegenüber M. als beherrschter Gesellschaft. Aufgrund dieser Stellung<br />
war B. in der Lage, auf M. und ihre Geschäftsführung faktisch unbeschränkt Einfluß zu nehmen. Davon hat sie<br />
nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen insoweit Gebrauch gemacht, als sie M. veranlaßt hat,<br />
zunächst dem Liquiditätsverbund <strong>des</strong> B.-Konzerns und am 1. September/30. November 1994 dem CC-Vertrag<br />
beizutreten. Sie veranlaßte M. ebenso wie ihre anderen Tochtergesellschaften, ihre liquiden Mittel in den<br />
Liquiditätsverbund einzubringen. Sie bestimmte allein darüber, in welcher Weise über die eingebrachten<br />
liquiden Mittel verfügt wurde. Diese Vermögensbetreuungspflicht von B. gegenüber M. bestand zwar nicht<br />
unbegrenzt. Da B. über ihre unmittelbare und mittelbare Beteiligung an M. deren Alleingesellschafterin war,<br />
hatte sie jedoch die Pflicht, das Vermögen von M. insoweit zu betreuen, als sie bei ihren Dispositionen über<br />
Vermögenswerte der M. durch angemessene Rücksichtnahme auf deren Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung<br />
ihrer Fähigkeit, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen (vgl. oben unter 1.) darauf zu achten hatte, daß sie die<br />
Existenz der M. nicht gefährdete (vgl. BGH, Urt. vom 24. August 1988 - 3 StR 232/88, NJW 1989, 112). Dieser<br />
Pflicht ist sie, wie bereits oben unter 1. ausgeführt, im vorliegenden Falle nicht nachgekommen …<br />
bb. Adressat der Vermögensbetreuungspflicht ist zunächst das herrschende<br />
Unternehmen, d. h. Muttergegsellschaft, aber gemäß § 14 StGB unterliegen die<br />
Organ einer juristischen Personen, den Pflichten, die sich aus dem StGB ergeben.<br />
� Anders als oben bei B, haften hier auch die Organe <strong>des</strong> herrschenden<br />
Unternehmens, nicht nur das Unternehmen selbst bzw. deren Gesellschafter<br />
c. Vermögensschaden iSv § 266 StGB<br />
d. Schuldhafte Verletzung � Subjektiver TatbestandVorsatz (Strafgesetz, Vorsatzdelikt !)<br />
2. Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht kausal für Schaden <strong>des</strong> Gläubigers<br />
(idR Höhe der Forderung, mit der er ausfällt)<br />
III. § 826<br />
Der Gesellschafter einer GmbH und eine von ihm beherrschte Schwestergesellschaft haften<br />
den Gläubigern der GmbH nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn sie der GmbH<br />
planmäßig deren Vermögen entziehen und es auf die Schwestergesellschaft verlagern,<br />
um den Zugriff der Gesellschaftsgläubiger zu verhindern und auf diese Weise das von<br />
der Gesellschaft betriebene Unternehmen ohne Rücksicht auf die entstandenen<br />
Schulden fortführen zu können („KBV“ BGHZ 151, 181, 183; bestätigt in BGH<br />
„Privatklinken“, GmbHR 2004, 1530-1532).<br />
1. Objektiver Tatbestand – Objektive Sittenwidrigkeit („Umstandsmoment“<br />
Zwar sind die Gesellschafter einer GmbH nicht verpflichtet, deren Geschäftsbetrieb im<br />
Interesse von Gesellschaftsgläubigern fortzuführen. Sie können den Geschäftsbetrieb sogar<br />
mit dem Ziel der Weiterführung durch eine neu gegründete Gesellschaft einstellen. Dabei<br />
müssen sie aber die für die Abwicklung der GmbH geltenden Regeln beachten.<br />
94
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Insbesondere dürfen sie nicht außerhalb eines Liquidationsverfahrens planmäßig das<br />
Vermögen einschließlich der Geschäftschancen von der alten Gesellschaft auf die neue<br />
Gesellschaft verlagern und so den Gläubigern der alten Gesellschaft den Haftungsfonds<br />
entziehen. Ein solches Verhalten widerspricht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht<br />
Denkenden und ist damit sittenwidrig<br />
Daher ist zu prüfen, ob der Anspruchsgegner seinen Einfluss genutzt hat, um<br />
Vermögensverlagerungen zu Lasten <strong>des</strong> zur Befriedigung der Gläubiger dienenden<br />
Haftungsfond zu veranlassen<br />
„KBV“ BGHZ 151, 181 ff. = ZIP 2002, 1578 ff.<br />
Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für eine Haftung aus § 826 BGB dem Grunde nach nicht darauf<br />
an, ob die Schuldnerin zum Zeitpunkt der schädigenden Handlungen bereits insolvenzreif war. Entscheidend ist<br />
allein, daß die Gesellschaftsgläubiger infolge der Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen geschädigt worden<br />
sind. Das ist auch dann der Fall, wenn die Gesellschaft schon überschuldet ist, diese Überschuldung aber noch<br />
vertieft wird mit der Folge, daß die Gläubiger schlechter dastehen als ohne die schädigenden Handlungen. So<br />
liegt der Fall hier. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin war rentabel. Die Schuldnerin war nur <strong>des</strong>halb<br />
insolvenzreif geworden, weil sie nach der Abspaltung gemäß §§ 133, 135 UmwG für die Schulden der<br />
übertragenden Gesellschaft mithaftete. Hätte sie ihren Geschäftsbetrieb fortführen können, wären demnach<br />
Überschüsse erwirtschaftet worden, die zur Befriedigung der Gläubiger hätten verwendet werden können.<br />
24<br />
2. Subjektive Sittenwidrigkeit (Vorsatzelement)<br />
Der Anspruchsgegner muss diese Vermögensverlagerung zu dem Zweck vorgenommen<br />
haben, den Gläubigern Mittel aus dem Haftungsfond zu entziehen oder zumin<strong>des</strong>t eine<br />
Schädigung der Gläubiger durch Verringerung <strong>des</strong> Haftungsfonds billigend in Kauf<br />
genommen haben<br />
3. Vermögensverlagerung kausal für den Schaden, objektiv vorhersehbar und vom Vorsatz<br />
umfasst<br />
4. Kreis der Haftenden<br />
a. Der Handelnde<br />
b. Wenn Handelnder Organ der herrschenden Gesellschaft oder einer<br />
Schwestergesellschaft, wird das Handeln diesen Gesellschaften gemäß § 31 BGB<br />
zugerechnet, so dass auch die Gesellschaften haften<br />
95
Fall 8<br />
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Die J-AG hat <strong>Probleme</strong> mit der Ertragskraft. Die J-AG ist an der Börse notiert und hat zwei<br />
Sparten. In der J-Anlagenbau-AG ist der Anlagenbau organisiert. Dieser trägt 78 % zum<br />
Konzernumsatz bei, jedoch ist diese Sparte nicht profitabel und schließt das Geschäftsjahr<br />
lediglich mit einer „schwarzen Null“ ab. Die neue Sparte im Bereich der Optik-<br />
Hochtechnologie ist in der J-Optotronic-AG organisiert und ist sehr profitabel hat aber nur<br />
einen Anteil von 22 % an den Umsätzen.<br />
§ 10 II der Satzung der J-AG regelt, dass alle Beschlüsse der Hauptversammlung mit<br />
einfacher Mehrheit gefaßt werden können, soweit nicht das Gesetz oder die Satzung zwingend<br />
anderes bestimmen. In § 5 I ist der Unternehmensgegenstand der J-AG bestimmt:<br />
Unternehmensgegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Anlagenbau-Produkten<br />
und die Entwicklung und der Vertrieb von optischen Geräten. Die Gesellschaft ist berechtigt,<br />
alle Geschäfte einzugehen, die geeignet sind, den Geschäftszeck der Gesellschaft zu fördern.<br />
Sie kann im In- und Ausland Zweigniederlassungen errichten, sich bei anderen Unternehmen<br />
<strong>des</strong> In- und Auslands beteiligen, solche Unternehmen erwerben oder gründen und solche<br />
Unternehmen ganz oder teilweise unter einheitlicher Leitung zusammenfassen.<br />
Var. 1<br />
Zur Sanierung werden folgende Maßnahmen ergriffen. Es wird ein Partner in Taiwan (T-plc.)<br />
gefunden. Dieser ist bereit, sich im Bereich <strong>des</strong> Anlagenbaus im Rahmen eines Joint-Ventures<br />
zu beteiligen. Die Parteien entscheiden sich für folgende Vorgehensweise: Es wird eine neue<br />
Gesellschaft gegründet (sog. New-CO) an der die J-Ag mit 60 % und die T-plc mit 40 %<br />
beteiligt ist. Im Vertrag mit der T-plc verpflichtet sich die J-AG ihre Anteile an der J-<br />
Anlagenbau-AG in die New-CO einzubringen. Dabei wird aber vereinbart, dass die J-AG von<br />
dem Vertrag zurücktreten kann, wenn die Hauptversammlung der J-AG „die erforderliche<br />
Zustimmung verweigert“.<br />
In der Einladung zur Hauptversammlung und der Bekanntmachung der Tagesordnung der J-<br />
AG wird der Vertrag genannt und erläutert. Die Hauptversammlung wird am 3. Juni 2004<br />
abgehalten. Der Hauptverhandlung wird kein schriftlicher Bericht über die geplanten Verträge<br />
vorgelegt. Der vorgeschlagenen Transaktion stimmen 63 % der bei der Hauptversammlung<br />
vertretenen Stimmen zu. Der Aktionär A der J-AG begehrt Auskunft darüber, was die<br />
Unternehmensführung zwei Investmentfonds, die mit je 6 % an der J-AG sind, im Vorfeld<br />
der Hauptversammlung zu dieser Transaktion mitgeteilt worden sind. Die Information wird<br />
vom Vorstand mit der Begründung verweigert, dass ein Öffentlichwerden der den Fonds<br />
erteilten Informationen dem Gesellschaftsinteresse schade. So sei das Gesellschaftsinteresse<br />
nicht gefährdet, da sich die Fonds in einer Vereinbarung zur Verschwiegenheit verpflichtet<br />
hätten.<br />
Der Aktionär B legt Widerspruch zur Niederschrift ein und erhebt gegen den<br />
Hauptversammlungsbeschluss am 12. Juni 2004 Klage mit der er sich gegen die Wirksamkeit<br />
<strong>des</strong> Hauptversammlungsbeschlusses wendet. Ungeachtet der erhobenen Klage unterschreibt<br />
der Vorstand der J-AG die Vereinbarung mit der Taiwan plc über die Einbringung der Anteile<br />
in die gemeinsame New-Co. Daraufhin erweitert der B seine Klage und erhebt zusätzlich<br />
Klage auf Feststellung der Nichtigkeit dieser Vereinbarung.<br />
Prüfen Sie die Erfolgsaussichten der Klage bzw. der Klagen !<br />
96
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Var. 2<br />
Gleiche Ausgangslage. Diesmal sucht die J-AG die Lösung über einen Börsengang der<br />
Anlagenbau-Tochter. Es wird Folgen<strong>des</strong> geplant: Die J-AG überträgt die Anteile an der<br />
J-Anlagenbau-AG auf die Investmenbank Evening and Stanly (E). Diese soll versuchen, die<br />
Aktien im eigenen Namen an der Börse zu plazieren, indem die Aktien in den Handel am<br />
amtlichen Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) eingeführt werden. Aktien, die<br />
nicht platziert werden können, sollen an die J-AG zurückübertragen werden. Eine<br />
Einberufung der Hauptversammlung ist nicht geplant. Der Vorstand ist der Auffassung, diese<br />
Maßnahme falle in seine Zuständigkeit.<br />
Als der Aktionär B von diesen Plänen erfährt (Frage zum Hintergrund: Auf welchen Wegen<br />
könnte ein „einfacher Aktionär“ von diesen Plänen erfahren ?), will er Durchführung dieser<br />
Maßnahme verhindern und erreichen, dass der Vorstand diese unterlässt.<br />
Er fragt Sie, ob es einen Weg gibt, es gerichtlich durchzusetzen, dass der Vorstand dieses<br />
eigenmächtige Vorgehen unterlässt. Schlagen Sie einen Weg vor und begutachten Sie die<br />
Erfolgsaussichten <strong>des</strong> von Ihnen vorgeschlagenen Rechtsbehelfs !<br />
Zugrunde liegende Entscheidung<br />
BGH Urt. v. 26.4.2004 II ZR 155/02, NZG 2004, 571 ff („Gelatine I“);<br />
BGH Urt. v. 26.4.2004, II ZR 154/04 NZG 2004, 575 ff („Gelatine II“).<br />
(Es genügt, wenn Sie eine dieser Entscheidungen lesen, vorzugsweise “Gelatine I”)<br />
Weitere wichtige Entscheidungen<br />
„Altana Milupa“ BGHZ 146, 288-298 = ZIP 2001, 416-419<br />
BGH BGHZ 153, 57 ff. = NJW 2003, 1032 ff. (“Macrotron“)<br />
BGHZ 83, S. 122 ff. („Holzmüller“)<br />
Literatur<br />
- ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten<br />
Einstieg: Fuhrmann AG 2004, 339 ff (Entscheidungsbesprechung)<br />
Vertiefung: Simons DStR 2004, 1482 ff, 1528 ff. (instruktiver Überblick über alle<br />
Fragen im Zusammenhang mit einer ungeschriebenen<br />
Hauptversammlungskompetenz)<br />
Habersack, AG 2005, 137 ff. (zum dogmatischen Verständnis und zum<br />
Verhältnis von „Gelatine“ zu „Macrotron“)<br />
- Klage <strong>des</strong> Aktionärs auf Unterlassung, Bayer NJW 2000, 2609 ff.<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Fall 8 - Lösungsskizze<br />
Variante 1<br />
Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist<br />
A. Zulässigkeit der Klage<br />
I. Statthafte Klageart<br />
1. Vorgehen gehen die Wirksamkeit <strong>des</strong> Beschlusses (Antrag zu 1)<br />
a. § 256 ZPO<br />
Allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 I ZPO scheidet aus. Durch § 241 AktG<br />
verdrängt, besondere Anforderungen aufstellt.<br />
b. Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage (§§ 241, 249 AktG / §§ 243, 248)<br />
- Gleiche Ziel, Anfechtungsklage schließt immer auch Feststellung der Nichtigkeit ein.<br />
In beiden Fällen geht es um die richterliche Klärung der Nichtigkeit eines HV-<br />
Beschlusses für und gegen jedermann. Daher müssen keine Hilfs- oder<br />
Eventualanträge gestellt werden (BGHZ 134, 364, 366 f.)<br />
- Daher ist bei Auslegung <strong>des</strong> Klageantrags die Klage als Anfechtungsklage anzusehen<br />
� Statthafte Klage ist die Anfechtungsklage<br />
Hinweis: Die Abgrenzung ist dann relevant, wenn die Anfechtungsfrist von einem Monat (§ 246 AktG)<br />
verstrichen ist oder kein Widerspruch zur Niederschrift (§ 245 Nr. 1 AktG) erklärt wurde. Dann können nur noch<br />
Nichtigkeitsgründe geltend gemacht werden.<br />
2. Feststellung der Nichtigkeit <strong>des</strong> Vertrages � Allgemeine Feststellungsklage (Antrag zu 2)<br />
II. Ordnungsgemäß Klageerhebung,<br />
Klageerhebung erfolgt durch Zustellung an den Beklagten (§ 256 I ZPO): Das ist hier die<br />
J-AG.<br />
Unterscheidung im Detail<br />
Grundsätzlich erfolgt Zustellung nach § 170 ZPO an eine juristische Person durch Zustellung am Sitz der<br />
Gesellschaft. Zustellung an Vorstand genügt, da der Vorstand die Gesellschaft nach außen vertritt. So auch<br />
hier bei der Klage hinsichtlich der Feststellung der Unwirksamkeit <strong>des</strong> Vertrages.<br />
Die Anfechtungsklage betrifft aber nicht nur das Außenverhältnis, sondern auch das Innenverhältnis <strong>des</strong><br />
Verban<strong>des</strong>. Daher ist nach Rspr <strong>des</strong> BGH die Anfechtungsklage gemäß §§ 253 I, 261 ZPO erst dann<br />
rechtshängig, wenn Zustellung sowohl an Vorstand als auch an den Aufsichtsrat (BGH NJW 1992, 2099 f.).<br />
Für die Praxis bedeutet dies, Klage in zweifacher Ausfertigung beim Sitz der Gesellschaft zuzustellen ist.<br />
III. Sachliche und örtliche Zuständigkeit<br />
1. Anfechtungsklage – Zuständigkeit ergibt sich aus § 246 III S. 1 ZPO<br />
2. Feststellungsklage - allgemeinen Zuständigkeitsregeln<br />
a. Örtlich - §§ 12, 17 I ZPO � Sitz der Gesellschaft<br />
b. Sachlich, §§ 23 Nr. 1, 71 GVG � Landgericht, da Streitwert über EUR 10.000<br />
(richtet sich nach §§ 1, 4 ZPO: Gegenstandswert <strong>des</strong> Vertrages abzüglich Abschlag weil<br />
nur Feststellungs- und kein Leistungsantrag von 20 – 50 %)<br />
� Im Ergebnis gleich Gericht wie bei Anfechtungsklage<br />
3’ Sog funktionelle Zuständigkeit – Kammer für Handelssachen<br />
a. Anfechtungsklage � § 95 I Nr. 4 lit a) GVG (Gesellschaftsrechtliche Streitigkeit)<br />
b. Feststellungsklage � § 95 I Nr. 1 GVG iVm §§ 3 I, 6 II HGB (Klage gegen Kaufmann)<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Beachte Keine zwingende Zuständigkeit. Zuständigkeit wird erst durch Antrag <strong>des</strong> Klägers iSv § 96 I GVG<br />
begründet. Ansonsten ist eine allgemeine Kammer <strong>des</strong> LG zuständig. Beklagter gds. keine Möglichkeiten gegen<br />
den Willen <strong>des</strong> Klägers Verhandlung bei der Kammer für Handelssachen zu erzwingen.<br />
Achtung Im UMAG 26 ist hier eine Änderung vorgesehen: Nach § 246 III. 1 AktG ReGE soll künftig die<br />
Kammer für Handelssachen zwingen zuständig sein.<br />
III’’ Weitere spezielle Anforderungen in § 245 AktG<br />
Nach ständiger Rechtsprechung sind Einhaltung der Klagefrist und<br />
Anfechtungsbefugnis Frage der Begründetheit und daher auf der Ebene der Zulässigkeit<br />
nicht zu prüfen<br />
IV Zulässigkeit der Verbindung von Anfechtungs- und allgemeiner Feststellungsklage<br />
(Sog Objektive Klagehäufung)<br />
1. Richtet sich grundsätzlich nach § 260 ZPO. Dessen Voraussetzungen liegen vor<br />
2. Aber hier wurde allgemeine Feststellungsklage erst erhoben als die Anfechtungsklage<br />
bereits rechtshängig war. Ein nachträgliche Klagehäufung stellt eine Klageänderung iSv §<br />
263 ZPO dar, die nur dann zulässig ist, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie<br />
für sachlich erachtet (beachte Einwilligungsvermutung in § 267 ZPO)<br />
- Sachdienlich dann, wenn zur endgültigen Beilegung <strong>des</strong> Rechtstreits geeignet und keine<br />
unverhältnismäßige Verzögerung <strong>des</strong> Rechtsstreits droht<br />
- Das ist hier der Fall. Denn der Grund auf den die Nichtigkeit <strong>des</strong> Vertrages gestützt<br />
wird steht in Zusammenhang mit der Wirksamkeit <strong>des</strong> HV-Beschlusses<br />
B. Begründetheit <strong>des</strong> Antrags zu 1 (Anfechtung <strong>des</strong> HV-Beschlusses)<br />
I. Passivlegitimation<br />
Die J-AG ist gemäß § 246 I S. 3 AktG passiv legitimiert.<br />
II. Nichtigkeitsgründe<br />
Anfechtungsantrag umfasst auch Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen, die in § 241<br />
AktG abschließend geregelt sind. Solche sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere sind<br />
Fragen der ausreichenden Information und der erforderlichen Mehrheit keine Frage, die<br />
das „Wesen der Aktiengesellschaft (vgl. § 241 Nr. 3 AktG) berühren (Näher zur Prüfung<br />
von Nichtigkeitsgründen Käpplinger S, 118 f.)<br />
� kein Nichtigkeitsgrund<br />
� Beschlussmängel nur noch geltend machen, wenn die besonderen Voraussetzungen <strong>des</strong><br />
§ 245 AktG vorliegen<br />
III. Anfechtungsbefugnis - § 245 AktG<br />
Immer schauen: Ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass bei der HV anwesend und<br />
Widerspruch?<br />
1. Wenn ja, denn § 245 Nr. 1 AktG<br />
2. Wenn nein die besonderen Befugnisse Nr. 2 und Nr. 3 prüfen<br />
Beachte: Hier wäre dann zB hinsichtlich Nr. 2 Fehler in der Bekanntgabe der<br />
Tagesordnung bereits unter dem Aspekt der Anfechtungsbefugnis zu prüfen (Um<br />
Inzidenzprüfung zu vermeiden, sollte man dann Anfechtungsgrund vor<br />
Anfechtungsbefugnis pr<br />
26 Entwurf der Bun<strong>des</strong>regierung zu einem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung <strong>des</strong><br />
Anfechtungsgesetz, im Internet unter www.bmj.de / Gesetzesentwürfe / Handels- und Wirtschaftsrecht<br />
Überblick über aktuellen Stand <strong>des</strong> Verfahrens und Inhalt bei Seibert WM 2005, S. 157 ff. Das Gesetz soll (trotz<br />
Neuwahlen) im November 2005 in Kraft treten.<br />
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Beachte: Nach § 245 Nr. 1 AktG RegE UMAG (s.o. Fn. 1) soll der Aktionär nur klagebefugt sein, wenn er<br />
Aktien der Gesellschaft bereits vor Bekanntmachung der Tagesordnung hatte. Diese Regelung soll das Aktien<br />
gezielt nur <strong>des</strong>halb erworben werden, um Anfechtungsklage erheben zu können.<br />
3. Im Hinterkopf: Ausschluss der Anfechtungsbefugnis wegen Missbrauch <strong>des</strong><br />
Anfechtungsrechts (§ 242 BGB – unzulässig Rechtsausübung, treuwidrig)<br />
� Hier keinerlei Anhaltspunkt<br />
IV. Anfechtungsfrist - § 246 I AktG - einen Monat nach Beschlussfassung<br />
V. Beschlussmängel - § 243 I AktG<br />
Jede Verletzung <strong>des</strong> Gesetzes (je<strong>des</strong> Gesetz iSv Art 2 EGBGB) und der Satzung<br />
(Dennoch in der Klausur auf Prüfung der Vereinbarkeit mit dem AktG beschränken, wenn<br />
nicht eindeutige Anhaltspunkte, dass auch andere Gesetze. Besonders relevant: HGB,<br />
UmwG, WpÜG)<br />
Vorüberlegungen<br />
Es stehen drei Mängel im Raum: (1) Verletzung <strong>des</strong> Auskunftsrechts, (2) fehlerhafte Bekanntgabe / Fehlen eines<br />
Vorstandsberichts und (3) Verfehlung der erforderlich en Mehrheit. Bei letzterem geht es darum, ob hier<br />
freiwillige Vorlage <strong>des</strong> Vorstands nach § 119 II AktG oder zwingende ungeschriebene HV-Zuständigkeit. Die<br />
Frage <strong>des</strong> Vorstandsberichts ist letztlich eine Folgefrage <strong>des</strong> Problems, worauf ich die ungeschriebene HV-<br />
Kompetenz stütze. Auch spricht mehr für Bestehen einer Pflicht zur Erstellung Vorstandsberichts als<br />
Erfordernis, wenn nicht nur einfache Mehrheit, sondern qualifizierte Mehrheit. Daher mit Frage der<br />
erforderlichen Mehrheit beginnen<br />
1. Verfehlen der erforderlichen Mehrheit<br />
- Ausgangspunkt. §§ 119 II, 133 I AktG. Bei freiwilliger Vorlage durch den Vorstand<br />
reicht die einfache Mehrheit aus<br />
- Fraglich ist, ob sich hier aus einer zwingenden, ungeschriebenen HV-Kompetenz das<br />
Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit ergibt<br />
a. Qualifizierte Mehrheit bei ungeschriebener Zuständigkeit<br />
Grundsätze <strong>des</strong> BGH in „Holzmüller<br />
- Helfen von der Rechtsfolge nicht weiter<br />
- Entgegen der der hM in der Literatur keine Analogie zu Strukturänderungen<br />
sondern Verdichten <strong>des</strong> Vorlageermessens in § 119 II AktG zu einer Vorlagepflicht<br />
� Kategorie der „zustimmungspflichtigen Geschäftsführungsmaßnahme<br />
� Hiernach nur einfache Mehrheit erforderlich<br />
b. Herrschende Meinung in der Literatur<br />
aa. Kritik am Ansatz <strong>des</strong> BGH<br />
Die im Schrifttum wohl vorherrschende Auffassung kritisiert die Anknüpfung an § 119 II AktG 27 .<br />
Diese widerspräche dem Telos <strong>des</strong> § 119 II AktG, der allein auf den Schutz der Vorstandsmitglieder<br />
gerichtet sei 28 . Durch den Beschluss der Hauptversammlung würden sie gemäß § 93 IV 1 AktG von<br />
einer eventuell drohenden Haftung befreit. Da es sich damit um ein Instrument der Reduzierung von<br />
Haftungsrisiken für den Vorstand handele, könne es nicht als Grundlage für eine Erweiterung <strong>des</strong><br />
27 Ebenroth AG 1988, S. 1, 3; Flume Juristische Person AT I 2 § 8 V 4; Geßler FS Stimpel S. 771, 773; Hirte<br />
Bezugsrechtsausschluss, S. 160; Liebscher Konzernbildungskontrolle, S. 78; Martens ZHR 147 (1983), 377,<br />
380ff., 427ff.; Mecke Konzernstruktur, S. 152 m.w.N; Raiser Kapitalgesellschaften § 16 Rn. 13; K. Schmidt<br />
GesR § 28 V 2; Werner ZHR 147 (1983), S. 429, 437ff.<br />
28 Vgl. nur Martens aaO, S. 383ff., Mecke aaO; Werner aaO, S. 438 (Fn. 28).<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Aktionärsschutzes dienen. Auch böte der Wortlaut keinen Anhaltspunkt für eine<br />
Ermessenreduzierung 29 .<br />
bb. Ansatz der h.M. im Schrifttum – Gesamtanalogie zu geschriebenen<br />
Strukturänderungen im UmwG / AktG<br />
Als Anknüpfungspunkt für eine ungeschriebene Zuständigkeit seien die Normen zu den<br />
Grundlagenentscheidungen heranzuziehen, in denen aufgrund der Tragweite der jeweiligen<br />
Maßnahme eine Zuständigkeit der Hauptversammlung angeordnet ist 30 . Bei der Begründung einer<br />
Hauptversammlungszuständigkeit wegen einer „faktischen Strukturänderung“ 31 beruft man sich also<br />
auf die Vergleichbarkeit mit einer bestimmten Grundlagenentscheidung 32 bzw. auf eine<br />
Gesamtanalogie 33 zu den genannten Vorschriften. Damit bleibt es bei der Allzuständigkeit <strong>des</strong><br />
Vorstands für Geschäftsführungsmaßnahmen. Die Hauptversammlungskomp etenz wird nur um<br />
Maßnahmen erweitert, die faktisch so schwerwiegend sind, dass sie nicht mehr als<br />
Geschäftsführungsmaßnahmen, sondern als Grundlagenentscheidung angesehen werden müssen.<br />
c. BGH in Gelatine<br />
BGH nähert sich der Literatur an:<br />
- Orientierung den gesetzlichen Mitwirkungsbefugnissen auf der Tatbestandsseite<br />
- Aufgabe der Begründung über § 119 II AktG<br />
- Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit<br />
� BGH hat mit Urteil vom 26.4.2004 34 in Sachen „Gelatine“ klargestellt, dass eine<br />
ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz nur in „engen Grenzen“ in Betracht<br />
kommt, und zwar allenfalls dann wenn die fragliche Maßnahme einen<br />
„tiefgreifenden Eingriff in die mitgliedschaftlichen Befugnisse“ bzw „tiefgreifende<br />
Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Aktionäre“ zur Folge habe. 35<br />
Zur Annäherung an die Literaturmeinung<br />
Damit hat er sich zumin<strong>des</strong>t hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen für eine ungeschriebenen<br />
Hauptversammlungskompetenz stark der Literaturmeinung angenähert, wonach die ungeschriebene<br />
Hauptversammlungskompetenz aus der Vergleichbarkeit mit einer bestimmten Grundlagenentscheidung 36<br />
bzw aus einer Gesamtanalogie 37 zu den Vorschriften, die eine Hauptersammlungskompetenz vorsehen,<br />
abzuleiten ist. Er wendet sich damit sowohl gegen die Lehre, die „Holzmüller“ als Grundstein für eine<br />
spezifische Konzernbinnenordnung aufgefasst hat 38 , als auch gegen Teile <strong>des</strong> Schrifttums, die zum<br />
Zwecke eines größtmöglichen Aktionärsschutzes die quantitative Bestimmung der Eingriffsstelle nicht<br />
29<br />
Ebenroth AG 1988, S. 1, 3; Hübner FS Stimpel, S. 791, 794; Liebscher Konzernbildungskontrolle, S. 78.<br />
30<br />
Vgl. u.a. §§ 119 Nr. 5 i.V.m. 179ff. (Satzungsänderung allgemein); § 119 Nr. 6 i.V.m. §§ 182ff.<br />
(Kapitalmaßnahmen); 119 Nr. 8 i.V.m. 262 I Nr. 2 (Auflösung); §§ 293ff. (Vertragskonzernierung);<br />
Umwandlungen nach UmwG (z.B. § 13 UmwG).<br />
31<br />
Vgl. auch BGHZ 83, 122, 132 (Holzmüller): „...änderte die Unternehmensstruktur von Grund auf“.<br />
32<br />
Zu einer Einzelanalogie tendieren u.a. Hirte Bezugsrechtsausschluss, 179ff.; Hübner FS Stimpel S. 791, 794;<br />
Mecke Konzernstruktur S. 153; i.E. auch Mülbert GroßkommAktG § 119 Rn. 29ff.<br />
33<br />
Altmeppen DB 1998, S. 49, 50; Habersack in Emmerich/Habersack, vor § 311 Rn. 16, 24; Hommelhoff<br />
Konzernleitungspflicht, S. 87ff.; Liebscher Konzernbildungskontrolle, S. 78, 84ff.; Lutter/Leinekugel ZIP 1998,<br />
S. 225, 230f.; dies. ZIP 1998, S. 805, 806; Priester ZHR 163 (1999), S. 187, 195; Timm ZHR 153 (1989), S. 60,<br />
68ff.; Wahlers Konzernbildungskontrolle, 177ff; Wiedemann in GroßkommAktG 179 Rn. 6; ders. bereits in<br />
Unternehmensgruppe, S. 53ff.<br />
34<br />
Urteile vom 26.04.2004, II ZR 155/02 = AG 2004, 384 ff. .<br />
35<br />
BGH aaO 387, 389.<br />
36<br />
Zu einer Einzelanalogie tendieren u.a. Hirte Bezugsrechtsausschluss, 179 ff; Hübner FS Stimpel 791, 794;<br />
Mecke Konzernstruktur 153; i.E. auch Mülbert GroßkommAktG § 119 Rn 29 ff.<br />
37<br />
Altmeppen DB 1998, 49, 50; Habersack in Emmerich/Habersack, vor § 311 Rn 16, 24; Liebscher<br />
Konzernbildungskontrolle, 78, 84 ff; Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 225, 230 f; dieZIP 1998, 805, 806; Priester<br />
ZHR 163 (1999), 187, 195; Timm ZHR 153 (1989), 60, 68 ff; Wahlers Konzernbildungskontrolle, 177ff;<br />
Wiedemann in GroßkommAktG 179 Rn 6; derbereits in Unternehmensgruppe, 53 ff.<br />
38<br />
BGH aaO Vgl Ansätze bei Lutter FS für Stimpel, 1985, 825, 833 ff; ähnl. Timm Aktiengesellschaft, 135 ff. ,<br />
164 ff.; vgl auch Hommelhoff Konzernleitungspflicht, 87 ff.<br />
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positiv definieren, sondern negativ durch Festlegung von Bagatellgrenzen bestimmen wollten. 39 Der BGH<br />
verlangt ausdrücklich eine Orientierung an den gesetzlichen Mitbestimmungsbefugnissen. 40 Damit hat er<br />
sich zumin<strong>des</strong>t hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen für eine ungeschriebenen<br />
Hauptversammlungskompetenz stark der Literaturmeinung angenähert, wonach die ungeschriebene<br />
Hauptversammlungskompetenz aus der Vergleichbarkeit mit einer bestimmten Grundlagenentscheidung 41<br />
bzw aus einer Gesamtanalogie 42 zu den Vorschriften, die eine Hauptersammlungskompetenz vorsehen,<br />
abzuleiten ist.<br />
Zur Aufgabe der Begründung über § 119 II AktG<br />
Zwar hat sich der BGH nicht auf eine Gesetzesanalogie festgelegt, sondern spricht von einer „offenen<br />
Rechtsfortbildung“, jedoch hat er den noch im Holzmüller-Urteil verfolgten Ansatz der Begründung der<br />
Zuständigkeit über die Reduzierung <strong>des</strong> Vorlagermessens 43 ausdrücklich aufgegeben und betont „die<br />
Orientierung der in Betracht kommenden Fallgestaltungen an den gesetzlich festgelegten …<br />
Mitwirkungsbefugnisse vorzunehmen“. 44<br />
Zum Mehrheitserfordernis – BGH in Gelatine I:<br />
Ist danach - ausnahmsweise - die Zustimmung der Hauptversammlung für eine<br />
Geschäftsführungsmaßnahme einzuholen, bedarf diese einer Dreiviertel-Mehrheit <strong>des</strong> vertretenen<br />
Grundkapitals, wie dies im Ergebnis der inzwischen herrschenden Auffassung im Schrifttum entspricht<br />
(vgl. z.B. Hübner, FS Stimpel S. 791, 795 f.; Priester, ZHR 163 [1999], 187, 199 f.; Joost, ZHR 162<br />
[1999], 164, 172; Altmeppen, DB 1998, 49, 51; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften 3. Aufl. § 16<br />
Rdn. 15; Habersack aaO vor § 311 Rdn. 45 m.w.Nachw.; a.A. Hüffer, FS Ulmer S. 279, 297 ff.; Semler in<br />
Münch.Handb.d.Gesellschaftsrechts Bd. 2, 2. Aufl. § 34 Rdn. 42). Dagegen spricht nicht, daß es sich bei<br />
der ausnahmsweise der Zustimmung der Hauptversammlung unterstellten Maßnahme - worauf das<br />
Berufungsgericht in seiner Hilfsbegründung abgestellt hat (ähnlich Liebscher aaO S. 92 f.) - um eine<br />
Geschäftsführungsangelegenheit und nicht um eine Satzungsänderung handelt. Entscheidend ist vielmehr,<br />
daß Gegenstand der Beschlußfassung eine Maßnahme ist, die zwar noch keine Satzungsänderung<br />
erfordert, ihr aber angesichts der tief in die mitgliedschaftliche Stellung der Aktionäre eingreifenden<br />
Wirkung so nahe kommt, daß die an sich gegebene Gestaltungsmacht <strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> hinter der<br />
gebotenen Mitwirkung der Hauptversammlung zurücktreten muß. In diesem Sinn hat der Gesetzgeber<br />
auch für andere nicht die Verfassung, sondern Geschäftsführungsmaßnahmen im weiteren Sinn<br />
betreffende Angelegenheiten - etwa für den Abschluß von Unternehmensverträgen (vgl. diesen<br />
Beispielsfall herausstellend Kropff aaO S. 96) oder für die inhaltlich verwandten Umstrukturierungen<br />
nach dem Umwandlungsgesetz 1994 - nicht nur die Zustimmung der Hauptversammlung überhaupt<br />
angeordnet, sondern bestimmt, daß eine qualifizierte Mehrheit hierfür erreicht werden muß.<br />
d. Zwischenergebnis<br />
Egal ob man der hM im Schrifttum oder dem BGH folgt, besteht mittlerweile<br />
weitgehend Einigkeit, dass wenn eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz<br />
vorliegt, eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist.<br />
e. Besonderheit <strong>des</strong> Fall: In der Satzung sog „Konzernklausel“, wonach in der Satzung<br />
bestimmt ist, dass einfache Mehrheit ausreichen soll<br />
- Die Satzung kann aber zwingen<strong>des</strong> Aktienrecht nicht aushebeln (vgl. § 23 V AktG)<br />
- Wenn man aus einer Analogie zu geschriebenen Mitwirkungsbefugnissen eine<br />
ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz mit dem Erfordernis einer qualifizierten<br />
39 BGH aaO (Fn 25 ###), 387. So auch bereits Hüffer, AkktG § 119 Rn 18b; derFS Ulmer 2003, 279, 295 f. Zu<br />
den Stimmen, die „Bagatellgrenzen“ im Bereich von 10 – 25 % befürworten vgl LG Frankfurt, AG 1993, 287.<br />
Instruktiver Überblick bei Habersack in Emmerich/Habersack, Vor § 311 Rn 40 f.<br />
40 BGH aaO, 388.<br />
41 Zu einer Einzelanalogie tendieren u.a. Hirte Bezugsrechtsausschluss, 179 ff; Hübner FS Stimpel 791, 794;<br />
Mecke Konzernstruktur 153; i.E. auch Mülbert GroßkommAktG § 119 Rn 29 ff.<br />
42 Altmeppen DB 1998, 49, 50; Habersack in Emmerich/Habersack, vor § 311 Rn 16, 24; Liebscher<br />
Konzernbildungskontrolle, 78, 84 ff; Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 225, 230 f; dieZIP 1998, 805, 806; Priester<br />
ZHR 163 (1999), 187, 195; Timm ZHR 153 (1989), 60, 68 ff; Wahlers Konzernbildungskontrolle, 177ff;<br />
Wiedemann in GroßkommAktG 179 Rn 6; derbereits in Unternehmensgruppe, 53 ff.<br />
43 Vgl BGHZ 83, 122 ff.<br />
44 BGH, AG 2004, 384, 387.<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Mehrheit ableitet, dann im Wege der Rechtsfortbildung gewonnes zwingen<strong>des</strong><br />
Aktienrecht<br />
BGH Gelatine I<br />
Hiervon ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch dann nicht abzugehen, wenn die Satzung eine sog.<br />
Konzernklausel enthält (ebenso Habersack aaO vor § 311 Rdn. 45; a.A. Lutter, FS Stimpel S. 825, 847 f.;<br />
Wiedemann, Unternehmensgruppe aaO S. 57) oder wenn - wie hier in § 19 Abs. 2 der Satzung geschehen -<br />
bestimmt ist, daß alle Beschlüsse der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit gefaßt werden können, soweit<br />
nicht das Gesetz oder die Satzung zwingend anderes bestimmen. Mit der Aufnahme einer allgemeinen<br />
Konzernöffnungsklausel in die Satzung erweitern die Aktionäre lediglich den Handlungsspielraum <strong>des</strong><br />
Vorstan<strong>des</strong>, der dementsprechend nicht gehalten ist, den Unternehmensgegenstand ausschließlich durch eigene<br />
operative Tätigkeit der Aktiengesellschaft zu verwirklichen, sondern dafür auch zu gründende oder zu<br />
erwerbende Gesellschaften oder Beteiligungen einsetzen darf. Des mit der Anerkennung ungeschriebener<br />
Hauptversammlungszuständigkeiten bezweckten Schutzes begeben sich die Aktionäre dadurch nicht; das hat der<br />
Senat der Sache nach bereits in der "Holzmüller"-Entscheidung (BGHZ 83, 122, 141 ff.) angenommen, indem er<br />
für die Hauptversammlung der Muttergesellschaft ein Mitwirkungsrecht auch bei grundlegenden Maßnahmen in<br />
der Tochtergesellschaft nach Durchführung einer der Zustimmung der Aktionäre bedürfenden<br />
Ausgliederungsmaßnahme anerkannt hat.<br />
Angesichts der Schwere der möglichen Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre kann die<br />
Satzung zu ihren Lasten das Quorum für die Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme nicht absenken,<br />
vielmehr ist das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit hier nicht anders als z.B. in den Fällen der §§ 179 a<br />
Abs. 1 Satz 2, 293 Abs. 1 Satz 3, 319 Abs. 2 Satz 3 AktG zwingend.<br />
� Damit stellt sich BGH auf den Standpunkt „Wenn schon, denn schon“.<br />
f. Kriterien für eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz<br />
- tiefgreifenden Eingriff in die mitgliedschaftlichen Befugnisse“ bzw „tiefgreifende<br />
Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Aktionäre 45<br />
- Dabei: „die Orientierung an den gesetzlich festgelegten Mitwirkungsbefugnisse<br />
vorzunehmen“. 46<br />
Auch wenn viele Einzelheiten insbesondere hinsichtlich <strong>des</strong> Anwendungsbereichs<br />
umstritten und die Problematik von einer abschließenden Klärung weit entfernt ist 47 ,<br />
wird man aus „Gelatine“ den Schluss ziehen dürfen, dass nunmehr aus den sogenannten<br />
„Holzmüller Grundsätzen“ allenfalls dann eine ungeschriebene<br />
Hauptversammlungskompetenz abgeleitet werden kann, wenn in ihren Auswirkungen<br />
Nähe zur Satzungsänderung oder einer sonstigen gesetzlichen Mitwirkungsbefugnis<br />
stehen oder in den <strong>des</strong> BGH 48 „wenn sie (die fraglichen Geschäftsführungsmaßnahme,<br />
Anm. <strong>des</strong> Verf.) an die Kernkompetenz der Hauptversammlung über die Verfassung der<br />
Gesellschaft zu bestimmen rühren und ihren Auswirkungen einem Zustand nahezu<br />
entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann“. Ohne<br />
diese Relevanz für Unternehmensgegenstand bzw Unternehmensstruktur als<br />
qualitatives Merkmal kommt – unabhängig von der quantitativen Dimension - eine<br />
ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz nicht in Betracht. 49 (Dies ist noch eine<br />
45 BGH aaO, 387, 389.<br />
46 BGH, aaO, 384, 387.<br />
47 Vgl hinsichtlich der in Betracht kommenden Fallgruppen divergierende Besprechungen bei Altmeppen ZIP<br />
2004, 999, 1001; Götze (NZG 2004, 585, 587) Bungert BB 2004, 1346f; Fuhrmann AG 2004, 339, 340; Just<br />
EWiR 2004, 573 f; Simons DStR 2004, 1482, 1486; 1528 ff. Weißhaupt AG 2004, 585, 587.<br />
48 BGH AG 2004, 388.<br />
49 So auch ganz überwiegend das Verständnis in den Anmerkungen zu „Gelatine“ Bungert BB 2004, 1346f;<br />
Fuhrmann AG 2004, 339, 340; Just EWiR 2004, 573 f; Hirte EWiR 2004, 1161f; Simons DStR 2004, 1482,<br />
1486; 1528 ff. Weißhaupt AG 2004, 585, 587; i. Ergebnis auch Fleischer, der zwar einen abweichenden<br />
Obersatz formuliert, diesen aber als „Ergänzung“ der bisherigen Überlegungen sieht, vgl NJW 2004, 2335, 2336.<br />
103
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
relativ großzügige Interpretation der Urteilesgründe. Teilweise wird die Entscheidung<br />
wesentlich restriktiver interpretiert. 50 )<br />
Daraus folgt, dass Folgen<strong>des</strong> zu prüfen ist<br />
aa. Qualitatives Element: Eingriff in Mitgliedschaftsrechte <strong>des</strong> Aktionärs, Nähe zu<br />
einer geschriebenen Hauptversammlungskompetenz, insbesondere<br />
Vergleichbarkeit mit Satzungsänderung<br />
bb. Quantitatives Element:<br />
Wenn je wesentliche Beeinträchtigung der Rechte aus der Mitgliedschaft zu einer<br />
ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz führten, wäre die<br />
Handlungsfähigkeit <strong>des</strong> Vorstand unverhältnismäßig eingeschränkt.<br />
Wenn je wesentliche Beeinträchtigung der Rechte aus der Mitgliedschaft zu einer<br />
ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz führten, wäre die<br />
Handlungsfähigkeit <strong>des</strong> Vorstand unverhältnismäßig eingeschränkt.<br />
[Dazu näher unten bei f bb]<br />
g. Anwendung auf den vorliegenden Fall<br />
aa. Qualitatives Element<br />
- Dies sah der BGH sowohl in der „Holzmüller“ als auch jetzt in der „Gelatine“-<br />
Rspr. in dem sog. Mediatisierungseffekt<br />
(1) Allgemein zum Mediatisierungseffekt<br />
- Durch Verlagerung von Vermögensgegenständen bzw. Gesellschaftsanteilen auf eine<br />
Tochtergesellschaft werden die Mitwirkungsrecht mediatisiert<br />
� Aktionäre sind nicht mehr unmittelbar an den Vermögensgegenständen<br />
beteiligt, sondern nur mittelbar über ihre Beteiligung an der<br />
Muttergesellschaft<br />
� Die Rechte aus der Beteiligung an der Tochtergesellschaft werden aber<br />
nicht von den Aktionären, sondern vom Vorstand der Muttergesellschaft -<br />
hier der Muttergesellschaft ausgeübt<br />
� Querverweis: Sowie Ausschluss <strong>des</strong> Bezugsrechts zur Verwässerung der<br />
<strong>des</strong> Vermögenswerts der Beteiligung führen kann, kann die<br />
„Mediatisierung“ zu einer Verwässerung der Beteiligungsrechte führen<br />
Zum Mediatisierungseffekt ausführlich BGH in „Holzmüller“ BGHZ 83, 122 ff.<br />
Verlagert eine Aktiengesellschaft wesentliche Teile ihres Betriebsvermögens auf eine<br />
Tochtergesellschaft, so schwächt diese Strukturänderung selbst dann, wenn sämtliche Anteile in den<br />
Händen der Obergesellschaft verbleiben, die Rechtsstellung ihrer Aktionäre. Diese verlieren dadurch<br />
namentlich die Möglichkeit, im Rahmen der gemäß § 119 AktG der Hauptversammlung vorbehaltenen<br />
Befugnisse den Einsatz <strong>des</strong> abgespaltenen Betriebskapitals, das Risiko seines Verlusts und die<br />
Verwendung seiner Erträge unmittelbar zu beeinflussen. Denn alle Gesellschafterrechte im<br />
Tochterunternehmen übt bei hundertprozentiger Beteiligung der Vorstand der Obergesellschaft aus, für<br />
den hierbei formal - unbeschadet seiner Verantwortlichkeit gemäß § 93 AktG - weder die Satzung der<br />
Tochtergesellschaft noch verschärfte Mehrheitserfordernisse ein unüberwindbares Hindernis bilden und<br />
der zum Beispiel auch bei der Verwendung <strong>des</strong> Jahresüberschusses praktisch keinen Beschränkungen<br />
unterliegt. Wichtige Entscheidungen werden auf diese Weise mit dem übertragenen Geschäftsvermögen<br />
aus der Ober- in die Tochtergesellschaft verlegt. Darüber hinaus besteht die Gefahr, daß der Vorstand<br />
namentlich durch Unternehmensverträge mit einem Dritten oder durch Aufnahme fremder Gesellschafter,<br />
etwa im Wege einer Kapitalerhöhung, die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre in der Obergesellschaft<br />
vollends aushöhlt; damit können zugleich (wie z.B. bei einem zu niedrigen Ausgabekurs für neue Aktien)<br />
Noch restriktiver Altmeppen ZIP 2004, 999, 1001: nur unter dem Gesichtspunkt Missbrauch der<br />
Vertretungsmacht.<br />
50 Altmeppen ZIP 2004, 999, 1001(vgl Fn 41 ###) .<br />
104
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
konkrete Vermögensverluste verbunden sein (vgl. hierzu Urt. d. Sen. v. 16. 11. 1981 aaO; Bericht über<br />
die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, 1980, Tz 1258 ff, 1282 ff, 1290; Lutter in<br />
Festschr. f. Harry Westermann, 1974, S. 347, 351 ff).<br />
Gegen solche Eingriffe bietet das Aktienrecht durch seine ausdrücklichen Regelungen den<br />
Aktionären <strong>des</strong> herrschenden Unternehmens nur unzureichenden Schutz. Seine Schutzvorschriften<br />
gelten vornehmlich den außenstehenden Aktionären abhängiger Gesellschaften. Zwar ist ihm die<br />
Sicherung auch der Gesellschafter <strong>des</strong> herrschenden Unternehmens gegen rechtliche und<br />
wirtschaftliche Nachteile aufgrund konzernmäßiger Verflechtungen nicht fremd, wie § 293 Abs. 2<br />
AktG zeigt: Danach muß einem Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag auch die<br />
Hauptversammlung der Obergesellschaft zustimmen, wenn es eine Aktiengesellschaft ist. Dieser<br />
Schutz versagt jedoch bei einem nur faktischen Konzernverhältnis, wie es hier zwischen der<br />
Beklagten und der H KGaA besteht.<br />
Zur Relevanz der „Mediatisierung“ Gelatine I<br />
nur ausnahmsweise in Betracht kommende - Einschaltung der Hauptversammlung bei derartigen<br />
Geschäftsführungsmaßnahmen <strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> soll nämlich der bei der Verabschiedung <strong>des</strong> Gesetzes nicht<br />
erkannten (Geßler, FS Stimpel S. 771, 780; Hüffer aaO § 119 Rdn. 18 a "Anschauungslücke") besonderen<br />
Fallgestaltung Rechnung tragen, daß das Handeln <strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> zwar durch seine Vertretungsmacht, den<br />
Wortlaut der Satzung und die nach § 82 Abs. 2 AktG im Innenverhältnis begrenzte Geschäftsführungsbefugnis<br />
formal noch gedeckt ist, die Maßnahmen aber "so tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im<br />
Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen" (vgl. BGHZ 83, 122, 131), daß diese<br />
Auswirkungen an die Notwendigkeit einer Satzungsänderung heranreichen. Durch diese notwendige<br />
Mitwirkung der Hauptversammlung soll der mit der Ausgliederung entscheidend wichtiger Teile <strong>des</strong><br />
Unternehmens der Gesellschaft auf nachgelagerte Beteiligungsgesellschaften notwendigerweise<br />
verbundenen Mediatisierung <strong>des</strong> Einflusses der Aktionäre (vgl. dazu BGHZ 153, 47, 54; hierauf maßgeblich<br />
abstellend z.B. Habersack aaO vor § 311 Rdn. 34; s. auch Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht<br />
S. 53 ff.; ablehnend, allein auf den Schutz der Vermögensinteressen abstellend Mülbert, Aktiengesellschaft,<br />
Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt S. 416 ff.; ders. in Großkomm.z.AktG aaO § 119 Rdn. 33), denen es als<br />
Satzungsgeber zukommt, Gegenstand und Grenzen <strong>des</strong> Handelns der für die Gesellschaft tätigen Leitungsorgane<br />
zu bestimmen, begegnet werden (BGHZ 83, 122, 136, 139). Zugleich soll der Schutz der Anteilseigner vor<br />
einer durch grundlegende Entscheidungen <strong>des</strong> Vorstands eintretenden nachhaltigen Schwächung <strong>des</strong><br />
Wertes ihrer Beteiligung gewährleistet werden (BGHZ 83, 122, 142 f.; vgl. Kubis in Münch.Komm.z.AktG 2.<br />
Aufl. § 119 Rdn. 44 ff.; Zimmermann/Pentz, FS Welf Müller S. 151, 163). Den berechtigten Belangen der<br />
Aktionäre wird damit - anders als wenn sie, was natürlich bei Anerkennung eines weiten Gestaltungsspielraums<br />
<strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> unberührt bleibt, ausschließlich auf die Verfolgung von Schadenersatzansprüchen gegen den<br />
Vorstand wegen pflichtwidriger Ausübung seiner Leitungsmacht verwiesen würden - schon präventiv Rechnung<br />
getragen.<br />
(2) „Mediatisierung“ im vorliegenden Fall<br />
- Ausgangspunkt ist die Verlagerung von Vermögensgegenständen von der<br />
Gesellschaft, an der der Aktionär beteiligt ist auf eine Tochtergesellschaft<br />
(„Holzmüller“)<br />
- In „Gelatine“ entschieden, dass auch bei Verlagerung von Tochtergesellschaft<br />
auf die Enkelgesellschaft eine Mediatisierung sein kann, die in ihrer Tragweite<br />
mit einer Satzungsänderung vergleichbar ist<br />
BGH Gelatine I<br />
Zutreffend ist allerdings der Ansatzpunkt der Kläger, daß die hier in Aussicht genommene Einbringung der<br />
bisher von der Beklagten gehaltenen Beteiligung an der R. S. GmbH & Co. KG und deren Komplementärin in<br />
eine im alleinigen Besitz der Muttergesellschaft stehende Tochtergesellschaft eine Maßnahme ist, die einen<br />
Mediatisierungseffekt (s. dazu BGHZ 153, 47, 54) zu Lasten der Aktionäre zur Folge hat. Das ergibt sich hier -<br />
anders, als wenn die Geschäftsanteile lediglich von einer 100prozentigen auf eine andere ebenfalls<br />
100prozentige Tochtergesellschaft (vgl. dazu Kubis aaO § 119 Rdn. 74) übertragen werden - schon daraus, daß<br />
mit der beabsichtigten Übertragung eine weitere hierarchische Ebene geschaffen und damit der Einfluß der<br />
herrschenden Obergesellschaft und deren Hauptversammlung auf die Führung der Geschäfte, aber auch auf die<br />
Entscheidung über die Gewinnverwendung und andere Maßnahmen dieses nunmehr zu einer Enkelgesellschaft<br />
gewordenen Unternehmens abnimmt. Denn die Leitungsorgane dieser Gesellschaft erhalten den Rahmen für ihr<br />
Handeln nunmehr nicht mehr durch den von der Hauptversammlung kontrollierten Vorstand der<br />
Muttergesellschaft, sondern von dem organschaftlichen Vertreter der zwischengeschalteten Tochtergesellschaft<br />
105
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
vorgegeben, der seine Berufung einer nach § 76 AktG getroffenen Entscheidung <strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> der<br />
Muttergesellschaft verdankt.<br />
- Ähnlich liegt der Fall hier. Keine Verlagerung von Vermögen von der<br />
Muttergesellschaft auf eine Tochtergesellschaft. Übertragung der Beteiligung<br />
an der Tochtergesellschaft (J-Anlagenbau AG) auf eine Tochtergesellschaft<br />
(die NewCo). Damit wird die J-Anlagenbau-AG zur Enkelgesellschaft.<br />
- Allerdings ist die Eingriffsintensität bei Übertragung Mutter-Tochter höher als<br />
bei Übertragung Tochter-Enkelgesellschaft. (Der BGH musste dieses Problem<br />
nicht abschließend entscheiden, da er im konkreten Fall eine ungeschriebene<br />
Hauptversammlungskompetenz verneint hat.)<br />
- Diese Frage muss auch hier nicht abschließend entschieden werden. Denn hier<br />
kommt zu der „vertikalen“ Mediatisierung eine Horizontale Verwässerung der<br />
Beteiligungsrechte aus der Mitgliedschaft. Denn die J-Ag ist an der New-Co<br />
nicht – wie vormals an der Anlagenbau - AG mit 100 %, sondern nur mit 60 %<br />
beteiligt<br />
(3) Verwässerung der Beteiligungsrechte aus der Mitgliedschaft<br />
Der BGH hat deutlich gemacht, dass die Mediatisierung nicht der einzige<br />
Gesichtspunkt ist, unter dem eine HV-Kompetenz in Betracht kommt, sondern<br />
allgemein bei „Umstrukturierung <strong>des</strong> Beteiligungsbesitzes“<br />
Gelatine II<br />
Der zur Entscheidung stehende Streitfall gibt dem Senat keinen Anlaß, abschließend darüber zu befinden, bei<br />
welchen einzelnen Geschäftsführungsmaßnahmen der Vorstand, obwohl er dazu nach dem geschriebenen Gesetz<br />
nicht verpflichtet ist, aus dem Gesichtspunkt eines tiefgreifenden Eingriffs in die mitgliedschaftlichen<br />
Befugnisse der Aktionäre intern gehalten ist, die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen. Jedenfalls<br />
aber kann ein Mediatisierungseffekt (vgl. Liebscher, Konzernbildungskontrolle S. 65 ff., 74 f.; Wiedemann,<br />
Unternehmensgruppe S. 53 f.; Kubis aaO § 119 Rdn. 74; Habersack aaO vor § 311 Rdn. 35; ferner allgemein<br />
BGHZ 153, 47, 54), den der Vorstand angesichts der von ihm ausgehenden tiefgreifenden Auswirkungen auf die<br />
Rechtsstellung der Aktionäre, deren ihm anvertrautes Geld der Vorstand bei seiner Leitungstätigkeit zu<br />
verwalten hat (vgl. dazu schon 1. Bericht <strong>des</strong> Vorsitzenden <strong>des</strong> Ausschusses für Aktienrecht bei Schubert,<br />
Protokolle aaO S. 485), nicht ohne deren Zustimmung herbeiführen darf, nicht nur wie im Fall "Holzmüller"<br />
(BGHZ 83, 122) von der Ausgliederung eines wichtigen Betriebs auf eine dazu gegründete Tochtergesellschaft<br />
ausgehen. Er kann wegen der hier ebenfalls eintretenden (weiteren) Machtverschiebung zu Lasten der<br />
Aktionäre der Muttergesellschaft auch bei Umstrukturierungen <strong>des</strong> Beteiligungsbesitzes, wie sie etwa den<br />
Anlaß für den vorliegenden Rechtsstreit bilden, auftreten ...<br />
� Worin liegt die Beeinträchtigung der Rechte aus der Mitgliedschaft<br />
(a) Beeinträchtigung der Verwaltungsrechte:<br />
- Bereits vorher nur mittelbare Beteiligung<br />
- Insoweit mittelbare Beeinträchtigung als Muttergesellschaft keine<br />
Satzungsänderung mehr durchsetzen kann<br />
(b) Vermögensstammrechte<br />
- An der neuen Trägergesellschaft ist die J-AG nur mit 60 % beteiligt<br />
- Damit verringert sich die Beteiligung an den Erträgen der Anlagenbau-AG<br />
und damit mittelbar auch der Aktionäre der J-AG<br />
- Damit ähnlicher Verwässerungseffekt wie bei Kapitalerhöhung bei der<br />
Tochtergesellschaft unter Ausschluss <strong>des</strong> Bezugsrechts der<br />
Obergesellschaft. Hier wird von der hM HV-Zuständigkeit bejaht (vgl.<br />
Kubis in MünchKomm § 119 Rn. 78 mwN)<br />
- Dieser Verwässerung steht auch keine Gegenleistung gegenüber, etwa durch<br />
Gegenleistung seitens der T-plc<br />
106
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Eine Verwässerung <strong>des</strong> Anteilswerts ist durchaus im Hinblick auf Gelatine I relevant (soweit durch<br />
Mitgliedschaft vermittelt (vgl. Geltatine I: Zugleich soll der Schutz der Anteilseigner vor einer durch<br />
grundlegende Entscheidungen <strong>des</strong> Vorstands eintretenden nachhaltigen Schwächung <strong>des</strong> Wertes<br />
ihrer Beteiligung gewährleistet werden<br />
- Wirtschaftlich letztlich im Ergebnis eine Anteilsübertragung auf die T-plc.<br />
- Bei Übertragung von Gesellschaftsvermögen ergibt sich bei § 179a AktG bei<br />
Übertragung von mehr als 90 % <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens eine<br />
Hauptversammlungszuständigkeit aus dem Gesetz<br />
- Wegen <strong>des</strong> naheliegenden Umkehrschlusses zu § 179a AktG, ist stark<br />
umstritten, ob in Fälle der Beteiligungsveräußerung unter der Schwelle von §<br />
179a AktG überhaupt eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz in<br />
Betracht kommt (dazu näher in Variante 2)<br />
- Zum einen erhält hier die J-AG keine Gegenleistung. Zum anderen kommt zu<br />
der Verwässertung aufgrund der Reduktion der Beteiligungshöhe der bei (2)<br />
beschriebene Mediatisierungseffekt hinzu<br />
Fazit<br />
� Fraglich und umstritten, ob aus Mediatisierung aufgrund von Übertragung<br />
Tochter- auf Enkelgesellschaft bzw. der Geefahr der Verwässerung bei der<br />
Beteiligungsveräußerung allein eine HV-Kompetenz abgeleitet werdem kann<br />
� Hier kommt aber bei<strong>des</strong> zusammen, damit Eingriff verhältnismäßig<br />
unproblematisch zu bejahen<br />
� Zwischenergebnis Rechte aus der Mitgliedschaft nicht unerheblich tangiert<br />
bb. Quantitatives Element<br />
Wenn je wesentliche Beeinträchtigung der Rechte aus der Mitgliedschaft zu einer<br />
ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz führten, wäre die<br />
Handlungsfähigkeit <strong>des</strong> Vorstand unverhältnismäßig eingeschränkt.<br />
Daher muss die Maßnahme hinsichtlich ihres wirtschaftlichen Gewichts dem Fall<br />
nahekommen, der dem bei „Holzmüller“ entschiedenen Fall zugrunde lag. (Dort<br />
Übertragung eines Seehafens, der etwas mehr als 80 % <strong>des</strong><br />
Gesellschaftsvermögens ausmachte<br />
Gelatine II<br />
Hinweis auf das Grundprinzip<br />
,.... hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Hauptversammlung in Anbetracht ihrer inhomogenen, dem<br />
Zufall ausgelieferten Zusammensetzung und ihrer Ferne zu den jeweils zu treffenden<br />
Geschäftsführungsmaßnahmen ihrer ganzen Struktur nach für die Mitwirkung an der Leitung einer<br />
Aktiengesellschaft ungeeignet ist, daß ihr aber die Grundlagenkompetenz für die "Verfassung", nämlich die<br />
Aufstellung und Änderung der Satzung, einschließlich der Entscheidung über eine Kapitalerhöhung, sowie für<br />
die Bestellung und Abberufung <strong>des</strong> Aufsichtsrats und die Entlastung der Geschäftsführung zugewiesen bleiben<br />
müsse (vgl. 1. und 2. Bericht <strong>des</strong> Vorsitzenden <strong>des</strong> Ausschusses für Aktienrecht bei Schubert, Protokolle aaO S.<br />
486, 503 ff.; Begründung zum AktG 1937 aaO S. 3).<br />
Diese mit § 70 AktG 1937 eingeführten Regeln hat der Gesetzgeber <strong>des</strong> geltenden Aktienrechts, ohne nach der<br />
konkreten Struktur der Gesellschaft zu differenzieren (so aber Liebscher, Konzernbildungskontrolle S. 100 ff.),<br />
ausdrücklich übernommen und die Befugnisse der Hauptversammlung lediglich in einzelnen<br />
Geschäftsführungsfragen erweitert, von denen er - wie etwa beim Abschluß von Unternehmensverträgen -<br />
annahm, sie seien so wesentlich für die weitere Entwicklung der Gesellschaft, daß sie dem Vorstand nicht allein<br />
überlassen bleiben könnten (Kropff, AktG vor § 76 S. 95 f.).<br />
Wirtschaftliche Erwägungen:<br />
In einer global vernetzten Wirtschaftsordnung, in der es darauf ankommt, sich bietende Chancen umgehend zu<br />
nutzen oder aufkommenden Gefahren sogleich zu begegnen, wäre eine zu enge Bindung an jeweils einzuholende<br />
107
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Entschließungen der nicht ständig präsenten, sondern regelmäßig nur mit erheblichem Aufwand an Zeit und<br />
Kosten einzuberufenden Hauptversammlung gänzlich unpraktikabel und hätte eine Lähmung der Gesellschaft<br />
zur Folge.<br />
Folgerung<br />
Danach kann eine im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehene Mitwirkung der Hauptversammlung bei<br />
Geschäftsführungsmaßnahmen <strong>des</strong> Vorstands nur in engen Grenzen, nämlich dann in Betracht kommen, wenn<br />
sie an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, rühren<br />
und in ihren Auswirkungen einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung<br />
herbeigeführt werden kann. Die Überschreitung der im Schrifttum in diesem Zusammenhang genannten<br />
Schwellenwerte - sie beziehen sich auf unterschiedliche Parameter und schwanken zwischen 10 % und 50 % (s.<br />
Nachw. bei Habersack aaO vor § 311 Rdn. 41; Kubis aaO § 119 Rdn. 55; Krieger in<br />
Münch.Handb.d.Gesellschaftsrechts Bd. 2, 2. Aufl. § 69 Rdn. 7 f.) - kann danach nicht ausreichen; die<br />
beschriebenen Voraussetzungen, die zur Durchbrechung der vom Gesetz vorgesehenen Kompetenz- und<br />
Arbeitsteilung führen, werden vielmehr regelmäßig erst dann erfüllt sein, wenn der Bereich, auf den sich die<br />
Maßnahme erstreckt, in seiner Bedeutung für die Gesellschaft die Ausmaße der Ausgliederung in dem vom<br />
Senat entschiedenen " Holzmüller"-Fall erreicht.<br />
Auswirkung auf die Vermögensinteressen der Aktionäre im vorliegenden Fall<br />
Die J-Anlagenbau-AG trägt 78 % zum Konzernumsatz bei. Letztlich handelt es<br />
sich um die Übertragung von 78 % <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens. Damit Nähe zu §<br />
179a AktG<br />
Hier zwar keine Mediatisierung, aber 40 % dieser Sparte werden ganz aus der<br />
Hand gegeben, ohne dass dem unmittelbar eine Gegenleistung gegenüber steht.<br />
Exkurs: Bei der Veräußerung einer Beteiligung wird teilweise argumentiert, dass der Mediatisierungseffekt<br />
rückgängig gemacht werde. Wenn die Muttergesellschaft eine Beteiligung veräußere gelange die Gegenleistung<br />
ja zurück in die Muttergesellschaft, so dass die Aktionäre auf die Gegenleistung einen besseren Zugriff haben als<br />
auf die (ehemalige) Tochtergesellschaft.( zu dieser Ansicht vgl. Emmerich/Habersack Vor § 311 Rn. 16)<br />
Aber das nützt den Aktionären nichts, wenn die Gegenleistung nicht angemessen. Daher kein Anlass die<br />
Beteiligungsveräußerung generell auszunehmen. Nach allgemeinen Kriterien ob die veräußerte Beteiligung im<br />
Hinblick auf den Unternehmensgegenstand quantitativ von ganz erheblicher Bedeutung ist, sprich zumin<strong>des</strong>t 75<br />
% <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens ausmacht (Kubis in MünchKommAktG § 119 Rn. 63 f.)<br />
(Relativ klar läge der Fall, wenn die J-AG an der NewCo nur eine<br />
Minderheitsbeteiligung hielte)<br />
� Damit spricht einiges für ein Vorliegen eines „Holzmüllerfalls“<br />
(aber Grenzfall, Gegenansicht genauso gut vertretbar),<br />
� nach dieser Lösung<br />
� ungeschriebene Hauptversammlung (+)<br />
� Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit (+)<br />
� Verstoß gegen Gesetz (+)<br />
2. Verstoß gegen Bekanntmachungspflicht § 124 IV AktG<br />
a. Ausgangspunkt: Über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß<br />
bekannt gemacht wurden, würfen keine Beschlüsse gefasst werden (§ 124 IV AktG)<br />
b. § 124 II S. 2 AktG: Wenn über Vertrag ein Beschluss gefasst werden soll, ist auch<br />
<strong>des</strong>sen wesentlicher Inhalt anzugeben<br />
Das wurde hier laut Sachverhalt beachtet: „... wird der Vertrag genannt und erläutert“<br />
c. Aber teilweise weitergehend für die Aktionäre das Recht zur Einsichtnahme in den<br />
vollen Vertragswortlaut an, indem es der Gesellschaft die Auslegung <strong>des</strong> Vertrages von<br />
der Einberufung der Hauptversammlung an in ihren Geschäftsräumen und in der<br />
Hauptversammlung selbst sowie die Übersendung einer Abschrift auf Verlangen je<strong>des</strong><br />
Aktionärs auferlegt. So etwa bei<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- §§ 293 f Abs. 1 Nr. 1, 293 g Abs. 1 AktG),<br />
- Verschmelzungsverträge (§§ 63 Abs. 1 Nr. 1, 64 Abs. 1 Satz 1 UmwG),<br />
- ferner Nachgründungsverträge (§ 52 AktG) sowie<br />
- auf Vermögensübertragung gerichtete Verträge (§§ 179 a AktG, 174 ff.<br />
UmwG).<br />
d. Hier analog ?, str. Linie <strong>des</strong> BGH:<br />
- Das sind Ausnahmetatbestände, grundsätzlich reicht Beachtung von § 124 II S. 2<br />
AktG aus<br />
- Daher Auslegungspflicht nur, wenn mit einer dieser Strukturänderungen vergleichbar<br />
Altana/Milupa – Bekanntmachungspflichten<br />
Wenn der Vorstand gemäß § 119 Abs. 2 AktG in einer Geschäftsführungsangelegenheit die Entscheidung der<br />
Hauptversammlung verlangt, so muß er ihr auch die Informationen geben, die sie für eine sachgerechte<br />
Willensbildung benötigt (vgl. Hüffer aaO, § 119 Rdn. 13 m. N.). Handelt es sich bei dieser der<br />
Hauptversammlung vom Vorstand abverlangten Entscheidung um die Zustimmung zu einem Vertrag, so drängt<br />
sich wegen <strong>des</strong> Fehlens spezieller Vorschriften für die Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung<br />
im Hinblick auf die Wahrung der Informationsrechte der Aktionäre eine entsprechende Heranziehung der für<br />
zustimmungsbedürftige Verträge geltenden gesetzlichen Regelungen auf, soweit von einer vergleichbaren<br />
Situation auszugehen ist.<br />
b) Hinsichtlich der von Gesetzes wegen für zustimmungsbedürftige Verträge allgemein geltenden Pflicht der<br />
Gesellschaft zur Bekanntmachung <strong>des</strong> wesentlichen Inhalts der Verträge gemäß § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG ist<br />
eine dem Normzweck vergleichbare Situation jedenfalls dann gegeben, wenn der Vorstand sich im vorhinein <strong>des</strong><br />
Einverständnisses der Hauptversammlung zum Vertragsabschluß oder zur Mitwirkung bei diesem versichern<br />
will oder wenn er gar den Vertrag unter der Bedingung der Zustimmung (§ 158 BGB) oder unter dem Vorbehalt<br />
der Genehmigung (§ 184 BGB) der Hauptversammlung geschlossen hat (vgl. dazu Hüffer aaO, § 124 Rdn. 15;<br />
Zöllner in KK z. AktG § 119 Rdn. 42). Nicht anders als bei der gesetzlich vorgeschriebenen Zustimmung der<br />
Hauptversammlung kann auch in solchen Fällen <strong>des</strong> gewillkürten Zustimmungserfordernisses kraft Verlangens<br />
<strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> gemäß § 119 Abs. 2 AktG die Hauptversammlung über die ihrer Entscheidung unterstellten<br />
Verträge nur in Kenntnis ihrer Tragweite entscheiden (vgl. Werner in Großkomm. AktG 4. Aufl. § 124 Rdn. 49<br />
m.w.N.); das setzt min<strong>des</strong>tens die Information über den wesentlichen Vertragsinhalt voraus. Eine vergleichbare<br />
Interessenlage besteht auch im vorliegenden Fall <strong>des</strong> vereinbarten Rücktrittsvorbehalts. Zwar ist die Zustimmung<br />
der Hauptversammlung der Beklagten zu dem Vertrag zwischen der M. AG als ihrer Tochtergesellschaft und<br />
dem N.-Konzern nicht unmittelbar gesetzliches oder gewillkürtes Wirksamkeitserfordernis kraft Verlangens <strong>des</strong><br />
Vorstands gemäß § 119 Abs. 2 AktG. Gleichwohl kommt der Entscheidung der Hauptversammlung der<br />
Beklagten eine vergleichbare Bedeutung für den Bestand <strong>des</strong> Vertrages zu, weil dieser damit - wie bereits<br />
dargelegt - faktisch "steht oder fällt".<br />
c) Über die Bekanntmachung <strong>des</strong> wesentlichen Inhalts <strong>des</strong> Vertrages hinaus ordnet das Gesetz bei bestimmten<br />
Verträgen, die von der Gesellschaft nur mit Zustimmung der Hauptversammlung rechtswirksam abgeschlossen<br />
werden können, weitergehend für die Aktionäre das Recht zur Einsichtnahme in den vollen Vertragswortlaut an,<br />
indem es der Gesellschaft die Auslegung <strong>des</strong> Vertrages von der Einberufung der Hauptversammlung an in ihren<br />
Geschäftsräumen und in der Hauptversammlung selbst sowie die Übersendung einer Abschrift auf Verlangen<br />
je<strong>des</strong> Aktionärs auferlegt. Dazu gehören vor allem Unternehmensverträge (§§ 293 f Abs. 1 Nr. 1, 293 g Abs. 1<br />
AktG), Verschmelzungsverträge (§§ 63 Abs. 1 Nr. 1, 64 Abs. 1 Satz 1 UmwG), ferner Nachgründungsverträge<br />
(§ 52 AktG) sowie auf Vermögensübertragung gerichtete Verträge (§§ 179 a AktG, 174 ff. UmwG). Daraus läßt<br />
sich freilich nicht ohne weiteres - wie das Berufungsgericht meint (ähnlich bereits OLG München, AG 1996,<br />
327, 328) - im Wege einer Gesamtanalogie ableiten, daß derartig gesteigerte Informationspflichten gegenüber<br />
den Aktionären auch für alle anderen Verträge, die der Hauptversammlung zur Zustimmung unterbreitet werden,<br />
gelten. Dabei wird nämlich übersehen, daß es kraft Gesetzes auch zustimmungsbedürftige Verträge im Sinne <strong>des</strong><br />
§ 124 Abs. 2 Satz 2 AktG gibt, hinsichtlich derer weitergehende Informationspflichten der Gesellschaft nicht<br />
bestehen, nämlich Verzicht oder Vergleich in Bezug auf Ersatzansprüche der Gesellschaft (§§ 50, 53, 93 Abs. 4,<br />
116, 117 Abs. 4, 309 Abs. 3, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG). Mangels einer einheitlichen<br />
gesetzlichen Regelung über die weitergehenden Informationsrechte der Aktionäre für sämtliche Vertragstypen<br />
zustimmungsbedürftiger Verträge bedarf es daher stets einer Prüfung im Einzelfall, ob eine der jeweiligen<br />
speziellen Norm vergleichbare Fallkonstellation vorliegt, die ihre entsprechende Anwendung in bezug auf das<br />
Einsichtsrecht der Aktionäre in den Vertrag rechtfertigt.<br />
11<br />
109
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
� Damit hier prüfen, ob eine solche Vergleichbarkeit<br />
aa. § 179 I AktG, weil Unternehmensgegenstand (23 III Nr. 2 AktG) betroffen ?<br />
(-) � (noch) keine Aufgabe von Aktivitäten in der Branche<br />
bb. Hier noch am ehesten § 179a AktG in Betracht. Aber die J-Ag überträgt nicht ihr<br />
gesamtes Gesellschaftsvermögen, sondern nur 78 %. Dies rechtfertig zwar die<br />
Bejahung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz, aber noch keine<br />
Einzelanalogie. Die Vorschrift <strong>des</strong> § 179a AktG ist ein enger Ausnahmetatbestand<br />
� Einzelanalogie (-)<br />
� Damit keine Auslegungspflicht<br />
(Gegenansicht gut vertretbar, Argument könnte sein: Gemeinsamer Rechtsgedanke<br />
aller Vorschriften, die eine Auslegung vorsehen. Die Aktionäre ein Interesse daran,<br />
genau über die Gegenleistung / Abfindung / Ausgleich informiert zu werden. Bei der<br />
Vermögensübertragung ist für die Aktionäre die Gegenleistung für das übertragende<br />
Vermögen wichtig).<br />
3. Verstoß gegen Berichtspflicht § 243 I iVm § 186 IV S. 2 AktG<br />
Eine verbreitete Ansicht verlangt aus einer Gesamtanalogie oder aus einer Analogie zu §<br />
186 IV S. 2 AktG die Erstattung eines Vorstandsberichts 51<br />
a. Vor Gelatine<br />
Vor Gelatine wurde diese mit dem Argument abgelehnt, dass nach „Holzmüller“ es sich<br />
bei der ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz um eine zustimmungspflichtige<br />
Geschäftsführungsmaßnahme handele, und daher nicht der Standard für tiefgreifenden<br />
Strukturänderungen verlangt werden könne (so Hüffer AktG § 119 Rn. 19)<br />
b. Mit Gelatine stützt nun auch der BGH die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz<br />
auf eine Vergleichbarkeit mit den Strukturänderungen und verlangt eine qualifizierte<br />
Mehrheit. Ob daraus nun folgt, dass eine Berichtspflicht besteht, wird kontrovers<br />
diskutiert<br />
Pro: BGH behandelt vorliegend die HV-kompetenz weitgehend analog zu<br />
Strukturänderungen. Ob daraus<br />
Contra: Das stimmt nicht uneingeschränkt. Der BGH hält daran fest, dass keine<br />
Eintragung <strong>des</strong> Beschlusses in das Handelsregister und dass die Unwirksamkeit<br />
<strong>des</strong> Beschlusses keine Außenwirkung gegenüber Dritten entfaltet.<br />
c. Eigener, vermittelnder Ansatz<br />
- Wie bei der Auslegungspflicht kommt es darauf an, ob die in Rede stehende Maßnahme<br />
konkret mit einer Strukturänderung vergleichbar ist, bei der eine Berichtspflicht<br />
vorgesehen ist<br />
- Dies passt sich in die Rechtsprechung <strong>des</strong> BGH zu Altana/Milupa ein<br />
- Auch in der Macrotron-Entscheidung zum Rückzug von der Börse (Delisting - DB<br />
2003, 543 ff.) hat der BGH eine Berichtspflicht mit Hinweis auf die fehlende<br />
Vergleichbarkeit mit einer Strukturänderung verneint.<br />
d. Anwendung auf den Fall<br />
- Hier kommt allenfalls Bezugsrechtsausschluss § 186 IV S. 2 AktG in Betracht (vom<br />
51 Anknüpfungspunkt sind die in AktG und UmwG statuierten Berichtspflichten vgl OLG Frankfurt WM 1999,<br />
1881, 1883 f. (Vorinstanz Altana Milupa); OLG Frankfurt AG 1999, 378, 379; LG Karlsruhe ZIP 1998,<br />
385, 387 ff. („Badenwerk AG); Krieger MünchHdb.AG § 69 Rn 11; Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 805, 814;<br />
weitere Nachw. bei Hüffer AktG § 119 Rn 19. .<br />
110
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
wirtschaftlichen Ergebnis ähnliche Verwässerung wie bei Ausschluss <strong>des</strong> Bezugsrech<br />
- Aber der Effekt einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss tritt auf der Ebene<br />
der Tochtergesellschaft ein. Nach ganz hM haben die Aktionäre der Muttergesellschaft<br />
bei Kapitalerhöhung der Tochtergesellschaft kein Bezugsrecht auf Aktien der<br />
Tochtergesellschaft. Wenn ohnehin kein Bezugsrecht, dann kann man auch § 186 IV S.<br />
2 AktG nicht anwenden.<br />
Hier befürwortes Ergebnis:<br />
Keine Berichtspflicht � kein Gesetzesverstoß � kein Anfechtungsgrund<br />
4. Verletzung <strong>des</strong> Auskunftsrechts § 243 IV AktG iVm § 131 AktG<br />
Wegen Verletzung <strong>des</strong> Auskunftsrechts kann jeder Aktionär anfechten, nicht nur derjenige,<br />
dem die Auskunft verweigert wurde<br />
Anfechtungsgrund besteht, wenn Auskunft zu Unrecht verweigert wurde.<br />
a. § 131 I S. 1 AktG<br />
- Auskunftsbegehren<br />
- von einem Aktionär<br />
- Zur Beurteilung eines Punktes der Tagesordnung erforderlich<br />
b. Keine Rechtfertigung der Verweigerung<br />
aa. Rechtfertigung könnte sich aus § 131 III S. 1 Nr. 1 AktG ergeben<br />
bb. Dies muss nicht näher erwogen werden, denn hier musste wegen § 131 IV Auskunft<br />
gegeben werden (sog erweiterte Auskunftspflicht)<br />
- Gesellschaft hat einem anderen Aktionär (Investmentfonds)<br />
- in seiner Eigenschaft als Aktionär (Investmentfonds ist Aktionär, es ist keine<br />
Sonderbeziehung ersichtlich, aus der sich anderweitig ein Anlass zur<br />
Informationserteilung ergeben könnte (Gegenbeispiel: Als Aktionär beteiligte<br />
Bank erhält Informationen in ihrer Eigenschaft als Darlehensgeber)<br />
� Folge: Auskunft muss auch dann erteilt werden, wenn nicht zur Beurteilung der<br />
Tagesordnung erforderlich sind und darf auch nicht die Auskunft nach §<br />
131 III S. Nr. 1 –4 AktG verweigern<br />
� Auskunft durfte nicht verweigert werden<br />
� Verletzung von § 131 I S. 1 AktG<br />
� Gesetzesverstoß iSv § 243 I AktG<br />
� Auf Kausalität / Relevanz kommt es (noch) nicht an § 243 IV AktG<br />
� Anfechtungsgrund (+)<br />
UMAG: Auch hier sieht RegE UMAG (s.o. Fn. 1) eine Neuregelung vor: Gemäß § 243 IV AktG kann eine<br />
Anfechtungsklage auf die Verletzung <strong>des</strong> Auskunftsrechts nur dann gestützt werden, wenn ein „objektiv<br />
urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte<br />
Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. (Dies entspricht der von der Lit.<br />
entwickelten Relevanztheorie für die Erheblichkeit von Verfahrensfehlern. Diese Theorie konnte wegen <strong>des</strong><br />
Wortlauts <strong>des</strong> § 243 IV aF auf die Verletzung <strong>des</strong> Auskunftsrechts nicht angewendet werden<br />
C. Begründetheit <strong>des</strong> Antrags zu 2 (Feststellung der Nichtigkeit <strong>des</strong> Vertrags)<br />
- Die Feststellungsklage ist begründet, wenn der Vertrag nichtig bzw. unwirksam ist.<br />
- Die Unwirksamkeit könnte sich aus § 177 I BGB ergeben. Hierzu müsste der Vorstand<br />
ohne Vertretungsmacht gehandelt haben<br />
I. Grundsatz<br />
111
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Für die Wirksamkeit <strong>des</strong> Vertrages ist die Vertretungsmacht <strong>des</strong> Vorstands maßgeblich. Dies<br />
führt zur Frage, ob der Beschluss nur die Geschäftsführungsbefugnis betrifft 52 oder eine<br />
„Außenwirkung“ dergestalt entfaltet, dass mit dem Fehlen oder der Nichtigkeit <strong>des</strong><br />
Hauptversammlungsbeschlusses die Wirksamkeit der Antragstellung entfällt.<br />
Rechtstechnisch handelt es sich hier um eine Geschäftsführungsmaßnahme, über die ein<br />
Beschluss der Hauptversammlung ergangen ist. 53 Gemäß § 82 II AktG ist der Vorstand nur im<br />
Innenverhältnis zur Einhaltung der Vorgaben <strong>des</strong> Hauptversammlungsbeschlusses<br />
verpflichtet, ohne dass hierdurch seine Vertretungsmacht berührt wird. 54 Diese ist gemäß § 82<br />
I AktG im Außenverhältnis grundsätzlich inhaltlich nicht beschränkbar. 55 In „Gelatine“ hat<br />
der BGH klargestellt, dass trotz Aufgabe von § 119 II AktG als Anknüpfungspunkt er daran<br />
festhält, dass die Maßnahme von der Vertretungsmacht umfasst sei, und die Unwirksamkeit<br />
<strong>des</strong> Beschlusses nicht zur Unwirksamkeit der pflichtwidrig vorgenommenen Rechtshandlung<br />
führe. 56<br />
BGH „Gelatine<br />
Die Anerkennung einer solchen, nur das Innenverhältnis zwischen Vorstand und Gesellschaft betreffenden<br />
ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit durch den Senat wird heute im Schrifttum überwiegend<br />
gebilligt (vgl. Nachw. bei Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht 3. Aufl. vor §<br />
311 Rdn. 33 Fn. 143). … Vorzugswürdig - zumal der Gesetzgeber in Kenntnis der lang anhaltenden Diskussion<br />
Initiativen zur Regelung <strong>des</strong> Problems nicht ergriffen hat (vgl. Hüffer, FS Ulmer S. 279, 301 f.) - erscheint es<br />
<strong>des</strong>wegen, die Grundlage für ein ungeschriebenes Mitwirkungsrecht der Aktionäre bei<br />
Geschäftsführungsmaßnahmen weder aus § 119 Abs. 2 AktG noch aus einer Gesetzesanalogie herzuleiten,<br />
sondern die zutreffenden Elemente beider Ansätze, nämlich die bloß das Innenverhältnis betreffende Wirkung<br />
einerseits und die Orientierung der in Betracht kommenden Fallgestaltungen an den gesetzlich festgelegten<br />
Mitwirkungsbefugnissen auf der anderen Seite, aufzunehmen und diese besondere Zuständigkeit der<br />
Hauptversammlung als Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung anzusehen (vgl. schon Geßler, FS Stimpel S.<br />
771, 780).<br />
Anmerkung<br />
Hier wird deutlich, warum der BGH sich nicht auf das Konzept der Gesamtanalogie der Strukturmaßnahmen<br />
festlegen will, sondern eine „offene Rechtsfortbildung“ befürwortet. Auf der Tatbestandsseite (wann<br />
ungeschriebene HV-Kompetenz) folgt der Literatur. Aber auf der Rechtsfolgenseite will er sicherstellen, dass<br />
nur Innenwirkung. Dies ließe sich bei einer Analogie zu Strukturmaßnahmen nur schwer begründen.<br />
� Grundsätzlich nur im Innenverhältnis<br />
� Kein Durchschlagen auf das Außenverhältnis<br />
II. Besonderheit: Vereinbarung<br />
Hier wurde vereinbart, dass die J-Ag im Falle der fehlenden Zustimmung der HV vom<br />
Vertrag zurücktreten darf. Diese Vereinbarung führt nicht unmittelbar zur Unwirksamkeit <strong>des</strong><br />
Vertrages. Die erfolgreiche Anfechtung <strong>des</strong> HV-Beschlusses schafft erst die Voraussetzungen<br />
für den Rücktritt. Aber bis zur Rücktrittserklärung ist der Vertrag grundsätzlich wirksam. Zur<br />
Abgabe der Rücktrittserklärung ist nicht der einzelne Aktionär, sondern nur das<br />
Vertretungsorgan der Gesellschaft, also der Vorstand der J-AG befugt.<br />
Exkurs<br />
Anders würde es sich verhalten, wenn der Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der<br />
Hauptversammlung geschlossen worden wäre bzw. der auflösenden Bedingung der Versagung der Zustimmung<br />
52<br />
So die ganz hM. vgl nur Adolff/Tieves DB 2003, 797, 800; Groß ZHR 165 (2001), 141, 156 f; Lutter FS<br />
Zöllner, 363, 380; Hellwig ZGR 1999, 781, 801; wohl auch Vollmer/Grupp ZGR 1995, 459, 476 in Fn 76.<br />
53<br />
Dazu oben I.2.b). ###<br />
54<br />
Vgl nur Hüffer AktG § 82 Rn 3 f. und 11.<br />
55<br />
Kübler GesR § 15 III 3. b); K. Schmidt GesR § 28 II 1. c).<br />
56<br />
BGH AG 2004, S. 384, 387; vgl. auch BGHZ 83, 122, 127 und 131 f. (Holzmüller).<br />
112
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
durch die Hauptversammlung geschlossen worden wäre. (So die Vertragspraxis aus den USA, die sich in Europa<br />
immer mehr durchsetzt: Wenn bei einem „Deal“ rechtliche Erfordernisse erfüllt sein müssen, wird der Vertrag<br />
unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der Gesellschaftsorgane, öffentlich-rechtlicher<br />
Genehmigungen etc gestellt. Der „Deal“ ist erst dann abgeschlossen, wenn beim sog. closing die Parteien<br />
checklistenartig geprüft und bestätigt haben, dass alle Bedingungen erfüllt sind.)<br />
� Aus dem Rücktrittsvorbehalt allein ergibt sich nicht die Unwirksamkeit <strong>des</strong> Vertrages<br />
III. Missbrauch der Vertretungsmacht<br />
Die strikte Beschränkung der Bindungswirkung <strong>des</strong> Hauptversammlungsbeschlusses auf das<br />
Innenverhältnis auf dem Gedanken <strong>des</strong> Verkehrsschutzes. 57 Bei dem typischen Holzmüller-<br />
Fall (Veräußerung wesentlicher Gegenstände <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögens 58 ) ist es dem<br />
Erwerber nicht zuzumuten, abzuschätzen, ob das Geschäft für die Aktionäre <strong>des</strong> Veräußerers<br />
von einschneidender Bedeutung ist bzw ob der Beschluss rechtmäßig ist. Die<br />
Vertretungsmacht würde hier von vielen Imponderabilien abhängen. Dies ist mit dem<br />
Verkehrsschutz nicht zu vereinbaren. Allerdings gilt der Verkehrsschutz nicht<br />
uneingeschränkt. So ist es nach der Altana/Milupa-Entscheidung <strong>des</strong> BGH 59 zulässig,<br />
rechtsgeschäftlich die Wirksamkeit eines Unternehmensvertrages von der Zustimmung der<br />
Hauptversammlung abhängig zu machen. Damit ist hier auch für die Gegenseite deutlich, dass<br />
die Hauptversammlung zustimmen muss.<br />
Nach den Grundsätzen zum Missbrauch der Vertretungsmacht findet die Unbeschränkbarkeit<br />
der Vertretungsmacht <strong>des</strong> Vorstands nach § 82 I AktG dort ihre Grenzen, wo diese<br />
missbraucht wird und dieser Missbrauch für die Gegenseite evident ist, da der Vorstand der J-<br />
AG auf „erkennbar verdächtige Weise handelt (vgl. Hüffer AktG § 82 Rn. 6 f )<br />
1. Voraussetzungen für den Missbrauch<br />
a. Auf Seiten <strong>des</strong> Vertreters – interne Pflichtwidrigkeit<br />
Überschreiten der Geschäftsführungsbefugnis allein reicht nicht. Vertreter muss<br />
bewusst zum (wirtschaftlichen) Nachteil der AG handeln (BGH NJW 1988, 3012, 3013,<br />
Hüffer AktG § 82 Rn. 7) Aber der Vorstand ist hier wohl überzeugt, dass diese<br />
Maßnahme für die Sanierung erforderlich. Ist Hinwegsetzen über HV-Kompetenz allein<br />
schon ein Nachteil? Fraglich<br />
b. Wenn man dies bejaht ist weiter zu prüfen, ob der Missbrauch evident ist. Dies ist der<br />
Fall, wenn der Vertreter auf erkennbar verdächtige Weise handelt. Damit reicht grob<br />
fahrlässige Unkenntnis vom Fehlen der Vertretungsmacht aus. Angesichts der<br />
vertraglichen Vereinbarung könnte man jedenfalls bejahen, wenn ein<br />
Hauptversammlungsbeschluss ganz fehlen würde. Hier fehlt es aber lediglich an der<br />
qualifizierten Mehrheit. Daher fraglich, ob grob fahrlässig, wenn man die erforderliche<br />
Mehrheit verkennt, zumal laut Satzung eine einfache Mehrheit ausreicht. Anderseits ist<br />
das keine Frage der Tatsachenkenntnis, sondern der rechtlichen Würdigung. Hier lässt<br />
sich bei<strong>des</strong> gut vertreten<br />
2. Rechtsfolgen<br />
a. Literatur: § 177 ff. BGB analog<br />
b. Rspr. Nach § 242 BGB kann sich die Gegenseite nicht auf die Wirksamkeit berufen<br />
� Wenn Missbrauch der Vertretungsmacht bejaht � Klage begründet<br />
� Wenn Missbrauch der Vertretungsmacht verneint � Klage unbegründet<br />
57<br />
Vgl nur Hüffer AktG Rn 82 Rn 1, 4.<br />
58<br />
Vgl o. I.1., 2.<br />
59<br />
BGH ZIP 1996, 416 ff. (Altana/Milupa) zu den rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
113
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
IV. Prozesstaktische Frage<br />
Wenn man zu der Auffassung gelangt, dass kein Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegt,<br />
was kann man tun?<br />
Wenn der Vorstand für eine Maßnahme nicht die gesetzlich bzw. nach der Rspr.<br />
erforderlichen Mehrheit erhält, dann ist er gemäß § 93 AktG verpflichtet, die Maßnahme zu<br />
unterlassen. Denn zur Beachtung der Sorgfalt iSv § 92 AktG gehört auch die Beachtung von<br />
Recht, Gesetz und Satzung. Soweit er die Maßnahme durchgeführt hat, ist der gegenüber den<br />
Aktionären auf die Rückgängigmachung der Maßnahme hinzuwirken. Der effektivste Weg<br />
der Rückgängigmachung ist hier die Abgabe einer Rücktrittserklärung. Daher wäre es hier der<br />
sicherere Weg, die Feststellungsklage auf die Feststellung zu richten, dass der Vorstand<br />
verpflichtet ist, den Rücktritt von dem Vertrag zu erklären. Anderseits gewährt die direkte<br />
Erklärung der Unwirksamkeit ein mehr an Rechtsschutz<br />
Klage könnte lauten<br />
An das Landgericht Berlin<br />
- Kammer für Handelssachen -<br />
In der Sache …<br />
Aktionär B<br />
gegen<br />
die J-AG, vertreten durch den Vorstand<br />
erheben wir namens und in Vollmacht <strong>des</strong> Klägers<br />
Klage<br />
und beantragen<br />
1) festzustellen, dass der Vertrag vom ### zwischen der Beklagten und Taiwan plc<br />
unwirksam ist<br />
hilfsweise (für den Fall <strong>des</strong> Unterliegens mit dem Antrag zu 1)<br />
2) festzustellen, dass die Beklagte, vertreten durch den Vorstand verpflichtet ist, den<br />
Rücktritt von dem im Antrag zu 1) genannten Vertrag zu erklären.<br />
114
Fall 9<br />
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Die M-AG ist eine sehr erfolgreiche Brauerei mit Sitz in Deutschland. Die Aktien der<br />
Gesellschaft sind an der FWB (Frankfurter Wertpapierbörse) zum Handel am amtlichen<br />
Markt zugelassen. Der Vorstand und der Aufsichtsrat haben sowohl im Jahr 2003 als auch im<br />
Jahr 2004 erklärt, dass sie den Empfehlungen der Deutschen Corporate Governance<br />
Kommission (DCGK) im vollen Umfang entsprochen haben und entsprechen. Die Vergütung<br />
sieht sowohl für den Vorstand als auch den Aufsichtsrat Stock-option-Pläne vor, wonach<br />
Vorstand bzw. Aufsichtsrat Aktien aus bedingten Kapital erhalten, wenn der Aktienkurs zwei<br />
Wochen über einem bestimmten Wert liegt. Diese Komponente macht – vorausgesetzt die<br />
Bedingung tritt ein – 50 % der Gesamtvergütung aus.<br />
Die Gründerfamilie der M-AG hält noch einen Anteil von 25 % an der Gesellschaft. Die<br />
englische B-Brauerei hält an der Gesellschaft 20 %. Die restlichen Aktien befinden sich im<br />
Streubesitz. In einer Vereinbarung zwischen der M-AG und der B-AG ist ein<br />
Wettbewerbsverbot, wonach die B-AG in Deutschland ihre Produkte nicht vertreiben darf.<br />
Am 2. Juli 2004 veröffentlich die B-AG ihre Entscheidung, dass sie ein Übernahmeangebot<br />
abgeben will. 60 Da der Vorstand der M-AG die Übernahme unbedingt verhindern will, will er<br />
den Kurs der M-AG in die Höhe treiben, um so die Übernahme zu verteuern. Daher<br />
veröffentlich er eine Reihe von Ad-hoc Meldungen 61 mit sehr „optimistischen Prognosen“<br />
und „geschönten Zahlen“. Daraufhin steigt der Kurs stark an. Die Steigerung ist sogar so<br />
stark, dass die Bedingung der stock-option Pläne eintritt.<br />
Am 28. Juli 2004 leitet die B-AG der BaFin die Angebotsunterlage zu 62 . Am 11. August<br />
genehmigt die BaFin die Abgabe <strong>des</strong> Angebots worauf die B-AG die Angebotsunterlage<br />
unverzüglich veröffentlicht. Am 14. August empfiehlt der Vorstand in seiner Stellungnahme<br />
der M-AG, das Angebot nicht anzunehmen.<br />
Auf Betreiben <strong>des</strong> Aufsichtsratsmitglieds J (zugleich ein Vorstandsmitglied der B-AG) wird<br />
am 20. August eine Aufsichtsratssitzung durchgeführt. Auf dieser Aufsichtsratssitzung gelingt<br />
es dem J auch die im Aufsichtsrat vertretenen Mitglieder der GRünderfamilie sowie die<br />
Bankenvertreter von der Übernahme sowie die Vertreter der Gewerkschaft von der<br />
Übernahme zu überzeugen. Auch der anwesende Vorstand kann, nachdem man ihm eine<br />
Abfindung in Aussicht gestellt hat, „überzeugt“ werden. Daraufhin fasst der Aufsichtsrat<br />
gegen die Stimmen der Vertreter <strong>des</strong> Betriebsrats, aber mit Zustimmung der<br />
Gewerkschaftsvertreter folgende Beschlüsse:<br />
1) Die stock option Pläne sowohl die zugunsten <strong>des</strong> Vorstands als auch <strong>des</strong> Aufsichtsrats<br />
werden im vollen Umfang durchgeführt, so dass die Aktien entsprechend zugeteilt werden<br />
2) Die Vorstandsmitglieder, deren Amtszeit noch zwei Jahre währt, erhalten eine Abfindung<br />
in Höhe ihres 7-fachen Jahresgehalts<br />
3) Der Aufsichtsrat stimmt zu, dass der Vorstand namens der M-AG die Vereinbarung über<br />
das Wettbewerbsverbot der B-AG mit der B-AG einvernehmlich aufhebt<br />
60 Vgl. § 10 WpÜG<br />
61 Vgl. § 15 WpHG<br />
62 Vgl. § 14 WpÜG<br />
115
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Anschließend veröffentlicht der Vorstand am 18. August 2004 eine neue Stellungnahme, in<br />
der er die Annahme <strong>des</strong> Angebots empfiehlt, worauf der Aktienkurs absinkt. Die Übernahme<br />
gelingt. Im September 2004 befinden sich nur noch 3 % der Aktien im Streubesitz. Seit der<br />
Übernahme ist der Börsenkurs der M-AG stark gesunken, weil die B-AG das Unternehmen<br />
vorwiegend als Vertriebskanal für die Produkte der B-AG nutzt, so dass die Umsätze der M-<br />
AG stark gesunken sind.<br />
Das Betriebsratsmitglied S, das auch im Aufsichtsrat gegen die Beschlüsse gestimmt hat,<br />
erhebt noch am 10. September Klage beim für die M-AG zuständigen LG gegen die<br />
Beschlüsse, und beantragt, „diese Beschlüsse für unwirksam zu erklären“. Ferner Vorstand<br />
und Aufsichtsrat zu verurteilen, die erhaltenen Leistungen zurückzugewähren. Er bringt<br />
folgende Argumente vor:<br />
- Die stock option seien reine Selbstdienung. Der Vorstand habe den Eintritt der<br />
Bedingungen durch Manipulation selbst herbeigeführt. Auch seien stock options beim<br />
Aufsichtsrat mit <strong>des</strong>sen Position und Aufgaben ohnehin nicht zu vereinbaren.<br />
- Abgesehen davon waren sie ohnehin unangemessen ausgestaltet. Denn trotz der<br />
Manipulationen lag die Kursteigerung nicht wesentlich über der allgemeinen Steigerung in<br />
der Branche. Aber stock options seien nur gerechtfertigt, wenn gegenüber anderen<br />
Unternehmen der Branche besondere gute Performance<br />
- Die Abfindungszahlung sei völlig überzogen und letztlich Bestechung. Damit verstoße<br />
auch sie gegen § 33 III WpÜG (von § 87 AktG gar nicht zu reden).<br />
Die Gesellschaft hält entgegen<br />
- Der Corporate Governance verlange in den Empfehlungen sogar (abgedruckt u.a. bei<br />
Hüffer AktG, in Kommentierung zu § 161 AktG) erfolgsabhängige<br />
Vergütungskomponenten sowohl für den Vorstand wie den Aufsichtsrat<br />
- Von „ungerechtfertigen Geldleistungen“ könne keine Rede sein. Bei den stock option<br />
handele es sich um reine Vertragserfüllung. Der Aufsichtsbeschluss habe nur feststellenden<br />
Charakter.<br />
- Die Abfindung sei angemessen. Dies sei üblich bei vorzeitiger Vertragsbeendigung. Die<br />
Summe von stock otptions plus Abfindung sei um ein Vielfaches unter der Steigerung <strong>des</strong><br />
Börsenwerts <strong>des</strong> Unternehmens die sich schließlich auch in einem lukrativen<br />
Abfindungsanspruch niedergeschlagen habe (dies trifft in der Sache auch zu).<br />
Erfolgsaussichten der Klage(n) <strong>des</strong> S ?<br />
Auch der Aktionär A ist hochgradig erregt. Aufgrund der ganzen geschönten Nachrichten, sei<br />
er überzeugt gewesen, dass die M-AG, ob unabhängig oder abhängig, eine großartige Zukunft<br />
vor sich habe. Daher habe er weder die Aktien auf dem Höchststand verkauft, noch das<br />
Übernahmeangebot angenommen. Er verklagt die Gesellschaft, die Vorstandsmitglieder und<br />
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die Aufsichtsratsmitglieder auf Ersatz der Differenz Höchstkurs – derzeitiger Kurswert.<br />
Folgende Anspruchsgrundlagen seien einschlägig.<br />
- § 823 I BGB Verletzung Mitgliedschaft, da über die Befreiung der B-AG vom<br />
Wettbewerbsverbot die Hauptversammlung zuständig gewesen wäre. Der Niedergang der<br />
M-AG sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die B-AG konkurrierend tätig ist.<br />
- Der Vorstand habe mit seinem Verhalten gegen § 20a WpHG 63 , 400 AktG, § 33 WpÜG, §<br />
263 StGB verstoßen. Daraus ergebe sich eine Haftung aus § 823 II. Ferner ergebe sich eine<br />
Haftung aus § 37c WpHG (von § 826 BGB ganz zu schweigen). Auch die Gesellschaft<br />
hafte, weil das Handeln <strong>des</strong> Vorstands der Gesellschaft ja zuzurechnen sei.<br />
- Die Aufsichtsratsmitglieder hätten zwar keine Kursmanipulation betrieben, seien aber<br />
auch haftbar, weil sie die Beschlüsse gefasst haben. Dies stelle Untreue iSv § 266 StGB<br />
dar. Auch hätten sich die Aufsichtsratsmitglieder sich durch ihre Zustimmung hinsichtlich<br />
der oben genannten Verstöße zu Gehilfen <strong>des</strong> Vorstands gemacht, so dass sie auch haften<br />
würden<br />
Schadensansprüche <strong>des</strong> A ?<br />
Literaturhinweise<br />
- LG Düsseldorf NJW 45/2004, 3275; Anmerkung Kort NJW 2005, 333-336<br />
- Erläuterungen zum Corporate Governance Kodex bei Hüffer AktG § 161 AktG<br />
- Stock options für Aufsichtsratsmitglieder? „Mobilcom“ BGHZ 158, 122-129 = ZIP 2004,<br />
613-615 (anders Vorinstanz OLG Schleswig, Beschl 26.4.2004, ZIP 2004, 1143)<br />
- Haftung für falsche Mitteilungen / Umfang bzw. Abwicklung Schadensersatz<br />
(1) BGH „Informatec“, BGHZ 160, 134-149<br />
(2) OLG Frankfurt 1. Zivilsenat, Urteil vom 17. März 2005, Az: 1 U 149/04<br />
ZIP 2005, 710-714 „Comroad I“<br />
(3) OLG München 7. Zivilsenat, Urteil vom 20. April 2005, Az: 7 U 5303/04, ZIP<br />
2005, 901 ff. „Comroad II“<br />
- Konzerneingangsschutz durch Beschlusskontrolle, „Süssen“,<br />
BGH NJW 1981, 1521 ff<br />
63 Zur Strafbarkeit siehe § 38 I I Nr. 4 iVm § 39 I Nr. 1 Nr. 2 WpHG.<br />
117
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Übersicht<br />
Teil 1 – Feststellung der Nichtigkeit <strong>des</strong> AR-Beschlusses<br />
A. Zulässigkeit<br />
I. Statthafte Klageart<br />
II. Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />
1. Zuständigkeit – LG Sitz der Gesellschaft<br />
2. Keine Klagebefugnis, nur allgemeine Feststellungsinteresse<br />
� bei einem Mitglied <strong>des</strong> Aufsichtsrat unproblematisch gegeben<br />
3. Objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO)<br />
B. Begründetheit<br />
I. Beschluss über Ausgabe der Aktien zugunsten <strong>des</strong> Vorstands<br />
1. Ausgabe rechtmäßig, weil Beschluss über die bedingte Kapitalerhöhung nicht<br />
angefochten wurde?<br />
2. Rechtswidrigkeit, weil Ausgabe trotz Nichteintritts der Bedingung<br />
� Nach § 162 II BGB muss sich der Vorstand so behandeln lassen, als wäre<br />
die Bedingung nicht eingetreten<br />
3. Rechtswidrigkeit wegen fehlender Zuständigkeit <strong>des</strong> AR<br />
4. Verstoß gegen § 87 I AktG, vgl. auch Kodex 4.2.3<br />
5. Generalklauseln<br />
II. Beschluss über die Ausgabe von Aktien zugunsten <strong>des</strong> Aufsichtsrats<br />
� Unterschiede ggü I.<br />
1. Anwendung <strong>des</strong> § 162 II BGB – AR-Mitglieder nicht selbst gehandelt<br />
2. Kompetenzproblem: § 113 AktG / § 199 I AktG<br />
3. BGH: Unzulässigkeit der Gewährung von stock options an AR-Mitglieder<br />
(„Mobilcom“)<br />
Gesamtergebnis zu I. und II<br />
� Beschluss über die Ausgabe der Aktien an die Mitglieder <strong>des</strong> Vorstands und <strong>des</strong><br />
Aufsichtsrats ist rechtswidrig<br />
� Klage insoweit begründet<br />
III. Beschluss über die Gewährung der Abfindung<br />
1. Verstoß gegen 87 AktG - „Mannesmann“ -Urteil<br />
2. Verstoß gegen § 266 StGB - hier keine eigenständige Bedeutung<br />
3. Verstoß gegen § 33 III WpÜG?<br />
IV. Beschluss über die Befreiung <strong>des</strong> Wettbewerbsverbots<br />
1. Verstoß gegen Kompetenzordnung, weil HV zuständig? „Süssen“-Entscheidung<br />
2. Übertragung dieser Grundsätze auf die AG?<br />
Teil 2 Klage auf Rückzahlung<br />
A. Zulässigkeit<br />
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I. Statthafte Klageart – allgemeine Leistungsklage (Zahlungsklage)<br />
1. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen<br />
2. Prozessführungsbefugnis - § 51 I ZPO iVm § 112 AktG<br />
a. Hinsichtlich der Ansprüche gegen den Vorstand<br />
� Allenfalls kommt eine Art Not Prozessführungsbefugnis nach den Grundsätzen<br />
der actio pro socio in Betracht (offenes Problem)<br />
b. Hinsichtlich der Ansprüche gegen den Aufsichtsrat<br />
� Gegenüber Aufsichtsrat wird die Gesellschaft grundsätzlich vom Vorstand<br />
vertreten.<br />
� Hinsichtlich dieser Ansprüche Aufsichtsratsmitglied nicht prozessführungsbefugt<br />
B. (Hilfsweise): Begründetheit der Klage<br />
I. Aktivlegitimation<br />
II. Schadensersatzansprüche<br />
1. § 93 II S. 1 AktG (Vorstand) bzw. § 116 iVm § 93 II S. 1 AktG (AR)<br />
� SE-Anspruch § 93 II S. 1 AktG (+)<br />
2. § 117 II S. 1 AktG (+)<br />
3. § 823 II iVm § 266 StGB<br />
III. Rückzahlungsansprüche<br />
1. § 62 I S. 1 AktG / § 89 AktG direkt (-)<br />
2. § 89 AktG analog (-)<br />
3. § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB<br />
� Entscheidend, ob die schuldrechtlichen Vereinbarungen die den stock options und<br />
der Abfindung zugrunde liegen. Fraglich sind, ob auch diese Vereinbarungen nichtig<br />
sind.<br />
a. Nichtigkeit nach § 134 BGB iVm § 87 II S. 1 AktG<br />
� § 87 II S. 1 wohl kein Verbotsgesetz<br />
� Eine §§ 134, 138 BGB vorgelagerte Vorschrift für die Dirigierung der<br />
Ausübung <strong>des</strong> Ermessens <strong>des</strong> AR für<br />
b. Nichtigkeit nach § 134 BGB iVm § 33 III WpÜG ist Verbotsgesetz<br />
� Wenn man Verstoß gegen § 33 III WpÜG bejaht, dann Anspruch aus § 812 I<br />
S. 1, 1. Alt. BGB auf Rückzahlung der Abdindunbg (+)<br />
c. Nichtigkeit nach § 134 BGB iVm § 266 StGB<br />
Strafrechtliche Normen sind, wenn sie objektiv und subjektiv erfüllt sind, im Zweifel<br />
Verbotsgesetz (Palandt § 134 Rn. 24; BGHZ 115, 125)<br />
Teil 3 Klagen <strong>des</strong> Aktionärs<br />
A. Ansprüche der Gesellschaft gegen Vorstand / Aufsichtsart<br />
� Geltendmachung von Ansprüchen unter den Voraussetzungen der § 147 iVm § 117 I S. 1<br />
AktG<br />
B. Ansprüche <strong>des</strong> Aktionärs gegen die Gesellschaft<br />
I. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche<br />
1. Anspruch aus § 117 I S. 2 AktG<br />
§ 117 I S. 2 AktG (-) � Anspruch nicht gegen die Gesellschaft gerichtet<br />
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2. Anspruch wegen Verletzung der Mitgliedschaft (-)<br />
§ 823 I BGB (-) � kein schwerwiegender Eingriff in die Mitgliedschaft<br />
II. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche<br />
1. § 37c WpHG<br />
2. § 823 II iVm Schutzgesetz<br />
a. Schutzgesetz<br />
aa.§ 33 III WpÜG<br />
bb. § 15 I WpHG (-)<br />
cc. § 400 AktG<br />
dd. § 33 I S. 1 WpÜG (Verletzung der Neutralitätspflicht)<br />
ee. § 263 StGB (-) � Kursbeeinflussung allein kein Betrug<br />
ff. § 266 StGB<br />
b. Zurechung der Gesellschaft § 31 BGB<br />
3. § 826 BGB („Informatec“)<br />
C. Ansprüche <strong>des</strong> Aktionärs gegen Mitglieder <strong>des</strong> Vorstands und <strong>des</strong> Aufsichtsrats<br />
I. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche<br />
1. Anspruch aus § 117 I S. 2 AktG<br />
§ 117 I S. 2 AktG (-) � Schaden nur Reflex der Beeinträchtigung <strong>des</strong><br />
Gesellschaftsvermögens<br />
2. Anspruch wegen Verletzung der Mitgliedschaft (-)<br />
§ 823 I BGB (-) � kein schwerwiegender Eingriff in die Mitgliedschaft<br />
II. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche<br />
1. § 37c WpHG<br />
�Nur Anspruch gegen die Gesellschaft, nicht gegen die Organmitglieder direkt<br />
2. § 823 II iVm Schutzgesetz (zu den Schutzgesetzen s.o.)<br />
3. § 826 BGB („Informatec“)<br />
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Lösung im Einzelnen<br />
Vorüberlegung<br />
- Anfechtung <strong>des</strong> AR-Beschlusses. Allgemein anerkannt, dass Mitglied <strong>des</strong> Aufsichtsrats<br />
befugt eine allgemeine Feststellungsklage auf Feststellung der Nichtigkeit <strong>des</strong> AR-<br />
Beschlusses zu erheben.<br />
- Bei der Klage auf Rückzahlung bzw. auf Schadensersatz hingegen problematisch.<br />
Grundsätzlich § 112 AktG. Nur der AR als Organ befugt. Daher sollte man beide Klagen<br />
getrennt prüfen<br />
Teil 1 – Feststellung der Nichtigkeit <strong>des</strong> AR-Beschlusses<br />
A. Zulässigkeit<br />
I. Statthafte Klageart<br />
P: Abgrenzung Anfechtbarkeit / Nichtigkeit wie bei § 241 AktG / § 243 AktG analog bei<br />
den Aufsichtsratsbeschlüssen (vgl. Problematik bei der GmbH)<br />
hM keine analoge Anwendung, allgemeine Feststellungsklage (§ 256 ZPO)<br />
Hauptargument: Die Abgrenzung in § 241 / § 243 AktG passt nur bei<br />
Gesellschafterbeschlüssen. Aufsichtsrat ist aber spezielles Gremium.<br />
(Hüffer AktG § 108 Rn. 19)<br />
II. Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />
1. Zuständigkeit – LG Sitz der Gesellschaft<br />
2. Keine Klagebefugnis, nur allgemeine Feststellungsinteresse<br />
� bei einem Mitglied <strong>des</strong> Aufsichtsrat unproblematisch gegeben<br />
3. Objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) � es wird ja gegen drei Beschlüsse vorgegangen<br />
B. Begründetheit<br />
Die Klage ist begründet, wenn die Beschlüsse nichtig sind. Hier geht es um mehrere<br />
Beschlüsse. Daher systematisch die Beschlüsse nacheinander prüfen.<br />
I. Beschluss über Ausgabe der Aktien zugunsten <strong>des</strong> Vorstands<br />
Vorüberlegungen:<br />
- Grundprinzip: Bedingte Kapitalerhöhung § 192 II Nr. 3 AktG. Wenn Bedingung eintritt,<br />
dann erfolgt die Ausgabe der Aktien durch den Vorstand (§ 199 AktG).<br />
- Damit rechtswidrig, wenn<br />
1) wenn Mangel bei der Grundlage für die Aktien, sprich Beschluss über die bedingte<br />
Kapitalerhöhung (hierzu keine Angaben im Sachverhalt � Davon ausgehen, dass<br />
„Bestandskraft“ – Anfechtungsfrist abgelaufen<br />
� Beschluss <strong>des</strong> AR nicht allein <strong>des</strong>halb rechtswidrig, da Beschluss nichtig / oder anfechtbar.<br />
2) Bedingung ist nicht eingetreten<br />
3) Ausgabe verstößt gegen Kompetenzordnung<br />
4) Ausgabe der Aktien verstößt aus sonstigen Gründen gegen § 87 AktG<br />
5) Generalklauseln: § 242, § 138 BGB<br />
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Erwägungen in der Lösung<br />
1.) Rechtswidrigkeit <strong>des</strong> Beschlusses<br />
- Aus den bei den genannten Vorüberlegungen genannten Erwägungen kann formal auf die<br />
Rechtswidrigkeit <strong>des</strong> Beschlusses nicht gestützt werden<br />
- Aber hier keine Außenbeziehung. Es geht um das Innenverhältnis. Daher kann sich der AR<br />
auch nicht formal auf den HV-Beschluss zur Rechtfertigung der Ausgabe der Stock<br />
Options berufen. Wenn die Ausgabe gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, ist diese<br />
unabhängig von der Wirksamkeit <strong>des</strong> Beschlusses über die bedingte Kapitalerhöhung<br />
rechtswidrig<br />
2.) Bedingung nicht eingetreten<br />
- Die festgesetzte Bedingung ist formal eingetreten<br />
- P: Durch Beeinflussung <strong>des</strong> Kurses herbeigeführt, könnte man denken, dass treuwidrig.<br />
� Aber spezielle Ausprägung: § 162 II BGB<br />
� enthält allgemeinen Rechtsgedanken, aus einem treuwidrig herbeigeführten Ereignis<br />
dürfen keine Vorteile abgleitet werden Palandt § 162 Rn. 4<br />
Klassiker <strong>des</strong> BGH: Herbeiführung Eintritt <strong>des</strong> Bürgschaftsfsfalls, indem Hauptschuldner zur Nichtleistung<br />
veranlasst wird (BGH BB 1966, 305); nah am folgenden Fall: treuwidrige Herbeiführung der Voraussetzungen<br />
für einen Abfindungsanspruch (OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 766)<br />
- Der Vorstand hat den Börsenkurs beeinflusst<br />
- Möglicher Einwand: Ihm kam es nicht auf die Herbeiführung <strong>des</strong><br />
Bedingungseintritts, sondern die Verhinderung der Übernahme an<br />
�Bei § 162 BGB genügt jede (mit)ursächliche Einwirkung, auf „Vorsatz“ kommt es<br />
nicht an<br />
� Ergebnis: Nach § 162 II BGB muss sich der Vorstand so behandeln lassen, als wäre<br />
die Bedingung nicht eingetreten<br />
3. AR zuständig für den Beschluss?<br />
- Denkbarer Einwand: Gemäß § 199 AktG gibt der Vorstand die Aktien aus<br />
- Beschluss nicht als direkte Ausgabe, sondern als Zustimmung zur Ausgabe der Aktien zu<br />
sehen<br />
- Der AR ist befugt zu bestimmen, bestimmte Maßnahmen von seiner Zustimmung abhängig<br />
zu machen. Und zwar nicht nur abstrakt im voraus, sondern auch konkret ad hoc (§ 111 IV S.<br />
2 AktG<br />
4. Verstoß gegen § 87 I AktG<br />
- Auch wenn Beschluss über bedingte Kapitalerhöhung vorliegt, dürften die Aktien nicht<br />
ausgegeben werden, stock options nicht mit § 87 AktG<br />
- Ausgangspunkt: erfolgsabhängige Komponenten sogar erwünscht, wie auch Kodex wie die<br />
Regelungen bei 4.2.3 zeigen<br />
- Zwei Aspekte, die problematisch<br />
> Zusammen mit der Abfindung ist die Gesamthöhe unangemessen (wird im<br />
Zusammenhang mit der Abfindung erörtert)<br />
> Letztlich schneidet (trotz Manipulation) Kurs nicht viel besser ab als die<br />
Konkurrenzunternehmen<br />
- Zum zweiten Aspekt Aber Gesetz lässt hinsichtlich der Ausgestaltung<br />
Gestaltungsspielraum, auch der Kodex (vgl. 4.2.3). Kein Gebot Erfolg zu verlangen, der<br />
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über den Durchschnitt der Branche hinausgeht (Nicht alles was nicht sachgerecht erscheint,<br />
muss rechtswidrig sein!)<br />
� Soweit stock options isoliert betrachtet, verstoßen sie als solche nicht gegen § 87 I AktG<br />
5. Generalklauseln<br />
- § 87 AktG bereits generalklauselartig<br />
- Dem Aspekt, dass eigenhändig Bedingungseintritt geschaffen, bereits durch § 162 II BGB<br />
Rechnung getragen<br />
� Kein Anlass für detaillierte Prüfung von Generalklauseln<br />
II. Beschluss über die Ausgabe von Aktien zugunsten <strong>des</strong> Aufsichtsrats<br />
Unterschiede ggü I.<br />
1. Anwendung <strong>des</strong> § 162 II BGB<br />
- Die Beeinflussung <strong>des</strong> Kurses hat der Vorstand vorgenommen, nicht die Mitglieder <strong>des</strong><br />
AR<br />
- Auch kein Anhaltspunkt im Sachverhalt, dass mit Wissen und Kenntnis <strong>des</strong> Aufsichtsrats<br />
P: inwieweit muss sich dies der Aufsichtsrat zurechnen lassen<br />
- Das kann hier dahinstehen, denn<br />
2. Kompetenzproblem: § 113 AktG / § 199 I AktG<br />
- Der AR kann nicht selbst seine Vergütung bestimmen. Dafür ist gemäß § 113 AktG die HV<br />
zuständig<br />
- Wenn diese ein Optionsprogramm mit bedingten Kapital beschließt sind die<br />
Rahmenbedingungen festgesetzt<br />
- Wenn die Bedingungen eintreten, erfolgt die Ausgabe durch den Vorstand (§ 199 I AktG)<br />
� Der AR ist für einen Beschluss über die Ausgabe von Aktien an AR-Mitglieder gar nicht<br />
zuständig. Daher wäre, selbst wenn man stock options für AR-Mitglieder grundsätzlich für<br />
zulässig hält, der Beschluss aufgrund eines Verstoßes gegen die Kompetenzordnung nichtig<br />
3. BGH: Unzulässigkeit der Gewährung von stock options an AR-Mitglieder<br />
(„Mobilcom“)<br />
a. Das aktienrechtliche Problem – Ausgangslage<br />
- stock options letztlich Rechte auf Bezug von Aktien<br />
- für die Ausgabe der entsprechenden Aktien braucht man eine gesetzliche Grundlage<br />
Möglichkeit 1:<br />
Bedingte Kapitalerhöhung, § 192 II Nr. 3 AktG. Aber erlaubt nur Gewährung von<br />
Bezugsrechten an Arbeitnehmer oder Mitglieder der Geschäftsführung. AR-Mitglieder<br />
sind weder das eine, noch das andere<br />
� Daher ganz hM bedingtes Kapital für Bezugsrechte für AR-Mitglieder nicht zulässig<br />
Möglichkeit 2:<br />
- Gesellschaft erwirbt eigene Aktien und bietet diese den AR-Mitglieder zum Bezug an<br />
� Grundsätzlich erlaubt das Gesetz auch den Erwerb von Aktien zwecks Ausgabe von<br />
Be zugsrechten (§ 71 I S. 1 Nr. 8 S. 5 AktG)<br />
- Diese Norm verweist aber auf § 193 II Nr. 4 AktG, dieser wiederum auf § 192 II Nr. 3<br />
AktG. Hier stellt sich die Frage, ob Rechtsgrundverweisung (dann für AR-Mitglieder<br />
unzulässig) oder Rechtsfolgenverweisung (dann zulässig)<br />
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� Bis vor kurzem die Frage im Schrifttum stark umstritten und von der Rspr. nicht<br />
geklärt. Die wohl hM ging von Rechtsgrundverweisung aus<br />
b. Das Mobilcom-Urteil <strong>des</strong> OLG Schleswig<br />
Das OLG Schleswig Holstein hat 5.4.5 Satz 4 <strong>des</strong> Kodex als Beleg für die rechtliche<br />
Zulässigkeit von stock options für Aufsichtsratsmitglieder der Mobilcom-AG<br />
herangezogen. 64 Der BGH hat das Urteil aufgehoben und stock option Pläne zugunsten von<br />
Aufsichtsratsmitglieder für unzulässig erklärt. Aus dem Kodex könne nicht Gegenteiliges<br />
abgeleitet werden. 65 Denn stock options nenne der Kodex namentlich nur in der Regelung<br />
4.2.3 betreffend die Vergütung <strong>des</strong> Vorstands, nicht jedoch in den Regelungen zur<br />
Vergütung <strong>des</strong> Aufsichtsrats. Daraus ergebe sich, dass auch die DCGK-Kommission stock<br />
option nur als ein für die Vergütung <strong>des</strong> Vorstands geeignetes Instrument ansieht. 66<br />
Die unterschiedliche Behandlung der zwei beschriebenen Wege zur Ausgabe <strong>des</strong> bedingten<br />
Kapitals sei dadurch gerechtfertigt, dass bei bedingter Kapitalerhöhung die Gefahr der<br />
Verwässerung der Anteile bestünde, während es beim Erwerb eigener Aktien „nur“ zu<br />
einem Liquiditätsabfluss komme<br />
c Das Mobilcom-Urteil – <strong>des</strong> BGH<br />
Der BGH hat das Urteil aufgehoben und stock option Pläne zugunsten von<br />
Aufsichtsratsmitglieder für unzulässig erklärt. Aus dem Kodex könne nicht Gegenteiliges<br />
abgeleitet werden. 67 Denn stock options nenne der Kodex namentlich nur in der Regelung<br />
4.2.3 betreffend die Vergütung <strong>des</strong> Vorstands, nicht jedoch in den Regelungen zur<br />
Vergütung <strong>des</strong> Aufsichtsrats. Daraus ergebe sich, dass auch die DCGK-Kommission stock<br />
option nur als ein für die Vergütung <strong>des</strong> Vorstands geeignetes Instrument ansieht. 68<br />
BGH, BGHZ 158, 122-129<br />
Zur wortgetreuen Auslegung von § 192 Abs. 2 Nr. 3, 193 II Nr. 4 AktG<br />
a) Als mögliche Bezugsberechtigte der mit bedingtem Kapital unterlegten Optionen sind in § 192 Abs. 2 Nr. 3<br />
AktG allein die "Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen<br />
Unternehmens" aufgeführt. Diese Regelung ist nach einhelliger Auffassung abschließend, so daß die<br />
Aktienoptionsgewährung an Aufsichtsratsmitglieder über § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG nicht möglich ist (vgl.<br />
Hoff, WM 2003, 910 f.; Hüffer aaO, § 192 Rdn. 21; Krieger aaO, Rdn. 31; Weiß, WM 1999, 353, 357).<br />
…Offensichtlich hat aber der Gesetzgeber eine - der Kontrollfunktion <strong>des</strong> Aufsichtsrats u.U. abträgliche (vgl.<br />
DAV aaO, Tz. 117; Martens aaO; Bender/Vater, DStR 2003, 1807, 1811) - Angleichung der<br />
Vergütungsinteressen von Vorstand und Aufsichtsrat mit Ausrichtung auf Aktienoptionen und damit auf den<br />
Aktienkurs, der durch gezielte Sachverhaltsgestaltungen <strong>des</strong> Managements inner- oder außerhalb der Legalität<br />
beeinflußbar (vgl. Pellens/Crasselt/Rockholtz in: Pellens aaO, S. 3, 16) und erfahrungsgemäß auch sonst nicht<br />
immer ein zuverlässiger Maßstab für den inneren Wert und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens ist,<br />
jedenfalls bisher nicht für angebracht erachtet. Auch im Deutschen Corporate Governance Kodex (abgedr.<br />
ZIP 2002, 452) werden Aktienoptionen oder vergleichbare Gestaltungen als variable<br />
Vergütungskomponente explizit nur für Vorstands- (Nr. 4.2.3), nicht aber für Aufsichtsratsmitglieder (Nr.<br />
5.4.5) empfohlen - unbeschadet sonstiger erfolgsorientierter Vergütungen (vgl. auch § 113 Abs. 3 AktG),<br />
die auf den langfristigen Unternehmenserfolg bezogene Bestandteile enthalten sollten.<br />
Auch die im Referentenentwurf zum KonTraG (ZIP 1996, 2129 f.) ursprünglich vorgesehene Erweiterung <strong>des</strong> §<br />
71 Abs. 1 Nr. 2 AktG auf "Organmitglieder" ist nicht Gesetz geworden, weil die Befürchtung bestand, der<br />
Aufsichtsrat sei befangen, wenn es um die Festsetzung seiner eigenen Bezüge gehe, zumal dafür im Rahmen<br />
dieser Vorschrift - anders als nach §§ 71 Abs. 1 Nr. 8, 192 Abs. 2 Nr. 3 (und § 221) AktG - nicht einmal ein<br />
Beschluß der Hauptversammlung erforderlich wäre (vgl. Hoff, WM 2003, 910, 912; Hüffer, ZHR 161 [1997],<br />
214, 244; Lutter, AG Sonderheft 1997, S. 52, 56).<br />
64<br />
Vgl OLG Schleswig Holstein NZG 2003, 176-181 („Mobilcom I“); zustimmend Goulding/Miles/ Schall<br />
ECFR 2005, 20, 51 – 59.<br />
65<br />
BGH BGHZ 158, 122-129 = ZIP 2004, 613-615 (Urt. v. 16. Februar 2004, Az: II ZR 316/02).<br />
66<br />
BGH BGHZ 158, 122-129 = ZIP 2004, 613-615 (Urt. v. 16. Februar 2004, Az: II ZR 316/02).<br />
67<br />
BGH BGHZ 158, 122-129 = ZIP 2004, 613-615 (Urt. v. 16. Februar 2004, Az: II ZR 316/02).<br />
68<br />
BGH BGHZ 158, 122-129 = ZIP 2004, 613-615 (Urt. v. 16. Februar 2004, Az: II ZR 316/02).<br />
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Zur Frage, ob bei Erwerb eigener Aktien Beschränkung <strong>des</strong> § 192 II Nr. 3 AktG vermieden werden kann<br />
c) Für das im vorliegenden Fall von der Beklagten gewählte Beschlußverfahren nach § 71 Abs. 1 Nr. 8<br />
AktG gilt hinsichtlich <strong>des</strong> Kreises der Optionsbegünstigten im Ergebnis nichts anderes als nach § 192 Abs. 2 Nr.<br />
3 AktG, der wegen seiner praktisch größeren Bedeutung bei den Gesetzesberatungen im Vordergrund stand. Die<br />
beiden Regelungen unterscheiden sich im wesentlichen nur in der Art der Beschaffung der zur Unterlegung<br />
der Optionsrechte benötigten Aktien bzw. darin, daß durch die Unterlegung mit bedingtem Kapital eine<br />
gewisse Verwässerung der Anteile der Altaktionäre eintritt, während bei dem Aktienrückkauf Liquidität<br />
aus der Gesellschaft abfließt. Diese Unterschiede haben mit der Frage <strong>des</strong> für ein Aktienoptionsprogramm in<br />
Betracht kommenden Personenkreises nichts zu tun.<br />
Zwar bestimmt § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG den Kreis der mit zurückgekauften eigenen Aktien zu<br />
beliefernden Erwerber nicht unmittelbar. Für den Fall der Bedienung von stock options wird jedoch auf §<br />
193 Abs. 2 Nr. 4 AktG verwiesen (vgl. Hüffer, AktG 5. Aufl. § 71 Rdn. 19 j; Seibert aaO, S. 35), der von einem<br />
auf "Mitglieder der Geschäftsführungen und Arbeitnehmer" beschränkten Teilnehmerkreis ausgeht und<br />
seinerseits auf § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG Bezug nimmt, der - wie oben zu a ausgeführt - Aufsichtsratsmitglieder<br />
als Optionsberechtigte eindeutig nicht einschließt, was sonach auch im Rahmen <strong>des</strong> § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zu<br />
gelten hat (ebenso Krieger aaO, § 63 Rdn. 37; Oechsler in: MünchKomm.AktG, 2. Aufl. § 71 Rdn. 225; Weiß,<br />
WM 1999, 353, 360; a.A. Hoff, WM 2003, 910 f.; Schäfer, NZG 1999, 531, 533; Schüppen in: Seibert/Kiem<br />
[Hrsg.], Hdb. der kleinen AG, 4. Aufl. Rdn. 903).<br />
Gegen Deutung § 71 I Nr. 8 S. 5 als Rechtsfolgenverweisung<br />
Für eine Deutung <strong>des</strong> § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 Halbs. 2 AktG als nur "partielle Rechtsfolgenverweisung" auf die<br />
inhaltlichen Erfordernisse <strong>des</strong> Hauptversammlungsbeschlusses gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG ohne <strong>des</strong>sen<br />
personelle Beschränkungen (so Hoff aaO und im Ergebnis auch das Berufungsgericht) sprechen weder der<br />
Gesetzeswortlaut noch die Materialien zum KonTraG. Im Gegenteil geht die Entwurfsbegründung zu § 71 Abs.<br />
1 Nr. 8 AktG (BT-Drucks. aaO, S. 14) wie selbstverständlich davon aus, daß eigene Aktien zur Bedienung von<br />
Aktienoptionsprogrammen "für Geschäftsleitungsmitglieder und Führungskräfte" <strong>des</strong> Unternehmens verwendet<br />
werden könnten und in diesem (!) Fall § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG entsprechend gelte, was die Einbeziehung der<br />
Mitglieder <strong>des</strong> Aufsichtsrats als Kontroll- und Beratungsorgan eindeutig nicht deckt. Durch § 193 Abs. 2 Nr. 4<br />
AktG soll für die beiden Aktienbeschaffungsformen gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 und § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG "das<br />
Sicherheitsniveau angeglichen" werden (BT-Drucks. aaO). Weder die konstruktiven noch die wirtschaftlichen<br />
Unterschiede der beiden Beschaffungsformen bieten eine Rechtfertigung dafür, die nach § 192 Abs. 2 Nr. 3<br />
AktG grundsätzlich ausgeschlossene Gewährung von Bezugsrechten an Aufsichtsratsmitglieder im Rahmen von<br />
§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zuzulassen. Denn der dagegen zu § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG angeführte Grund (vgl. oben<br />
a), daß die Hauptversammlung gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG nur die Eckpunkte eines<br />
Aktienoptionsprogramms zu beschließen habe und dem Aufsichtsrat nicht überlassen werden könne, die<br />
weiteren Konditionen für sich selbst festzusetzen, greift im Rahmen von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG i.V.m. §<br />
193 Abs. 2 Nr. 4 AktG in gleicher Weise ein.<br />
Ergebnis<br />
Da aus den vorstehend genannten Gründen eine Beteiligung <strong>des</strong> Aufsichtsrats an<br />
Aktienoptionsprogrammen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ebensowenig wie nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG<br />
zulässig ist,<br />
d. Übertragung auf den Fall<br />
- Bei dem Urteil ging es um die Anfechtung einer bedingten Kapitalerhöhung, die auf die<br />
Bedienung von stock options für AR-Mitglieder gerichtet war.<br />
- Hier ist der Beschluss nicht angefochten worden<br />
- Aber der Beschluss ist nur Grundlage dafür, dass Aktien für die Bedienung der<br />
Optionsrechte zur Verfügung stehen. Dessen ungeachtet dürfen die Aktien nur ausgegeben<br />
werden, wenn die im Beschluss festgesetzten Bedingungen vorliegen und die Ausgabe<br />
sonst rechtlich zulässig ist<br />
� Wenn die Ausgabe von Aktien an AR-Mitglieder als Vergütung mit dem Aktiengesetz<br />
nicht vereinbar ist, dann kann auch das Vorliegen eines nicht (mehr) anfechtbaren<br />
Beschlusses die Ausgabe nicht rechtfertigen<br />
� Der Beschluss über die Ausgabe ist mit der Rolle und den Aufgaben <strong>des</strong> AR nicht zu<br />
vereinbaren<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Gesamtergebnis zu I. und II<br />
� Beschluss über die Ausgabe der Aktien an die Mitglieder <strong>des</strong> Vorstands und <strong>des</strong><br />
Aufsichtsrats ist rechtswidrig<br />
(Dies ist unabhängig davon, inwieweit die Verträge über die stock options zwischen dem<br />
Vorstand und dem AR wirksam sind. Wie auch bei Bestellung / Anstellung bei<br />
Vorstandsmitglieder ist strikt zwischen Aktienrecht und vertraglichen Vereinbarungen zu<br />
trennen)<br />
� Achtung: Nichtigkeitsfeststellungsklage nur begründet, wenn der Beschluss nichtig ist.<br />
Allgemein führt nicht jede Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit <strong>des</strong> Beschlusses. Eine<br />
spezielle Vorschrift, die anordnet, dass jeder Gesetzes oder Satzungsverstoß zur<br />
Nichtigkeit führt – wie § 243 I AktG – ist für den AR-Beschluss nicht vorgesehen<br />
� Herleitung der Nichtigkeit über § 134 BGB. Hiernach Unterscheidung missbilligt die<br />
Rechtsordnung nur die Art und Weise <strong>des</strong> Zustandekommens (z.B. Verfahrensfehler) oder<br />
auch das Ergebnis.<br />
� Hier die Antwort: stock options die zwingendem Aktienrecht widersprechen, will die<br />
Rechtsordnung nicht. Nicht nur Art und Weise <strong>des</strong> Zustandekommens, sondern vor allem<br />
der Beschlussinhalt wird von der Rechtsordnung missbilligt<br />
� Nichtigkeit nach § 134 I BGB iVm § 162 II BGB und bei AR auch § 192 II Nr. 3 AktG<br />
III. Beschluss über die Gewährung der Abfindung<br />
1. Verstoß gegen 87 AktG<br />
- „Mannesmann“ -Urteil -<br />
LG Düsseldorf NJW 2004 Heft 45 3277<br />
bbb) Verstoß gegen § 87 AktG. Die aktienrechtliche Pflichtverletzung ergibt sich aus dem materiellen Inhalt <strong>des</strong><br />
Beschlusses. Er verstieß gegen § 87 I 1 AktG.<br />
aaaa) Handlungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielraum. Zu den originären Befugnissen eines Aufsichtsrats<br />
zählt die Ausgestaltung der Anstellungs- bzw. Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern der<br />
Aktiengesellschaft. Insoweit kommt dem Aufsichtsrat nicht nur eine Überwachungs- oder Kontrollfunktion zu,<br />
vielmehr handelt es sich um eine eigenständige und in seinem ausschließlichen Zuständigkeitsbereich liegende<br />
Personalkompetenz. Der Aufsichtsrat der Mannesmann AG hatte die Ausübung dieser Kompetenz gem. § 107 III<br />
2 AktG in zulässiger Weise dem Präsidium übertragen, so dass dieses in eigener Verantwortung sämtliche<br />
Vergütungsentscheidungen für die Vorstandsmitglieder zu treffen hatte.<br />
Da derartige Vergütungsentscheidungen Ausdruck unternehmerischen Handelns sind, steht einem Präsidium<br />
grundsätzlich ein für solches Handeln anerkanntermaßen zuzubilligender Handlungsspielraum zur<br />
Verfügung. Ohne einen solchen ist eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar (BGHSt 47,<br />
187 = NJW 2002, 1585; BGHZ 135, 244 = NJW 1997, 1926 = ZIP 1997, 883). Daraus folgt zum einen, dass die<br />
Annahme einer Pflichtverletzung nicht begründet werden kann, wenn sich ein Präsidium innerhalb seines<br />
Handlungsspielraums bewegt, der grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen<br />
umfasst, und zum anderen die nur eingeschränkte justizielle Kontrolle der getroffenen Entscheidung. Solange<br />
sich ein Präsidium bei seiner Entscheidung innerhalb der Grenzen <strong>des</strong> gewährten Handlungsspielraums hält, ist<br />
es einem Gericht verwehrt, seine eigenen Vorstellungen und Erwägungen an die Stelle derer <strong>des</strong> Präsidiums zu<br />
setzen oder gar eine eigene Ermessensausübung vorzunehmen - selbst dann nicht, wenn es diese für treffender,<br />
sinnvoller oder genauso gut hält. Aufgabe <strong>des</strong> Gerichts ist lediglich die Überprüfung der Einhaltung der äußeren<br />
Grenzen <strong>des</strong> Handlungs- und Ermessensspielraums. Infolge<strong>des</strong>sen ist die Bandbreite möglicher und vertretbarer<br />
Vergütungsentscheidungen zu akzeptieren (BGHZ 111, 224 = NJW 1990, 2625 [für die Vergütung eines GmbH-<br />
Geschäftsführers]; Adams, Vorstandsvergütungen, Die Fälle Mannesmann und DaimlerChrysler, S. 45; Brauer,<br />
NZG 2004, 502 [504]; Dreher, ZHR 158 [1994], 614 [618ff.]; Fischer, BB 1996, 225 [226]; Fonk, in: Semler,<br />
Teil I, Rdnr. 111; Gawrisch, Ermessensentscheidungen <strong>des</strong> Aufsichtsrats und ihre gerichtliche Kontrolle, 1999,<br />
S. 245; Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropf, AktG II, § 76 Rdnr. 14; Henze, NJW 1998, 3309<br />
[3310f.]; Horn, ZIP 1997, 1129 [1133]; Hüffer, § 93 Rdnr. 29, § 76 Rdnr. 10; Kindler, ZHR 162 [1998], 101;<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Mertens, in: Kölner Komm z. AktG, 2. Aufl., § 93 Rdnr. 29, § 76 Rdnr. 10; Liebers/Hoefs, ZIP 2004, 97 [100];<br />
Lutter, ZIP 1995, 441; Peltzer, in: Festschr.f. Lutter, 2000, S. 571 [577]; Poseck, Die strafrechtliche Haftung der<br />
Mitglieder <strong>des</strong> Aufsichtsrats einer AG, 1997, S.68; Raiser, Das Recht d. Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., § 14<br />
Rdnrn. 11, 71; Schilling, in: Großkomm. z. AktG, 3. Aufl., § 93 Rdnr. 15; Thümmel, BB 1999, 2633;<br />
Tiedemann, in: Festschr.f. Tröndle, 1989, S. 319 [333]).<br />
bbbb) Unternehmensinteresse als Grenze. Der einem Präsidium zuzubilligende Handlungsspielraum ist nicht<br />
uferlos. Bei der Festsetzung der Vergütungen hat je<strong>des</strong> einzelne Präsidiumsmitglied ohne Unterschied seiner<br />
persönlichen Kenntnisse, Fähigkeiten oder Herkunft gem. §§ 116, 93 AktG die Sorgfalt eines ordentlichen und<br />
gewissenhaften Geschäftsleiters an den Tag zu legen. Nach § 87 I 1 AktG ist im Hinblick auf die Gesamtbezüge<br />
<strong>des</strong> einzelnen Vorstandsmitglieds dafür zu sorgen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den<br />
Aufgaben <strong>des</strong> Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen.<br />
Auch wenn in § 87 I 1 AktG, der Ausdruck einer Ermessensentscheidung ist, ausdrücklich nur von einem<br />
„angemessenen Verhältnis“ die Rede ist, bedeutet dies keineswegs, dass diese Vorschrift nur die Höhe einer<br />
Vergütung als solche im Blick hat und auch nur insoweit Handlungsmaßstab für einen Aufsichtsrat bzw. die<br />
Mitglieder eines Präsidiums ist, mit der Folge, dass nur noch eine Verständigung zu der Frage, wie hoch die<br />
Vergütung ausfallen solle, zu erfolgen hätte. Dieser Ansatz greift zu kurz und würde letztlich bedeuten, die<br />
schlichte Existenz <strong>des</strong> § 87 I AktG entziehe einem Aufsichtsrat bzw. einem Präsidium die ureigene<br />
Verantwortung für das Eruieren eines Zahlungsanlasses. Es wäre nicht mehr das „Ob“, sondern allein das „Wie“<br />
(hoch) von Bedeutung. Dass dem nicht so ist, erhellt im Zusammenspiel mit den oben genannten<br />
Sorgfaltspflichten der Sinn und Zweck <strong>des</strong> § 87 I AktG. Dieser dient dem Schutz der Aktiengesellschaft,<br />
ihrer Aktionäre, Arbeitnehmer und anderer Gläubiger vor sachlich ungerechtfertigten Bezügen <strong>des</strong><br />
Vorstands (Adams, S. 45 [46]; Brauer, NZG 2004, 502 [503]; Baums, in: Festschr.f. Claussen, 1997, S. 3 [27];<br />
Hefermehl, in: Großkomm. z. AktG, 4. Aufl., § 87 Rdnr. 1; Hüffer, § 87 Rdnr. 1; Peltzer, in: Festschr. f. Lutter,<br />
S. 571 [574]; Thüsing, ZGR 2003, 457 [459]).<br />
Bei der Bestimmung der i.S. <strong>des</strong> § 87 I 1 AktG angemessenen (Gesamt-)Vergütung hat sich der Aufsichtsrat<br />
angesichts <strong>des</strong> ihm obliegenden Sorgfaltsmaßstabs - wie bei jeder seiner Entscheidungen - ausschließlich am<br />
Unternehmenswohl zu orientieren und eine Entscheidung im Unternehmensinteresse zu treffen (BGHZ<br />
135, 244 = NJW 1997, 1926 = ZIP 1997, 883; Baums, ZIP 1995, 11 [13]; Dreher, ZHR 158 (1994), 614; ders.,<br />
JZ 1990, 896 [897]; Lutter, Rechte u. Pflichten d. Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 303; Raiser, § 15 Rdnr. 129;<br />
Semler, in: MünchKomm-AktG III, 2. Aufl., § 116 Rdnrn. 174ff.).<br />
Deshalb muss bei einer Vergütungsentscheidung unabhängig davon, ob das Unternehmensinteresse als dem<br />
(konkretisierenden) § 87 I AktG vorgelagert oder als Ausprägung der Angemessenheit anzusehen ist, stets<br />
zunächst die Frage beantwortet werden, ob eine in Betracht gezogene Vergütung für ein Vorstandsmitglied in<br />
der konkret gegebenen Situation überhaupt gezahlt werden kann und darf. Sachlich gerechtfertigt ist eine<br />
Vergütung nur dann, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Zuwendung im Interesse <strong>des</strong> Unternehmens erfolgt. Die<br />
Beantwortung der Frage, ob eine Vergütung gezahlt werden soll, mag bei der erstmaligen Ausgestaltung <strong>des</strong><br />
Dienstvertrags und einer darin enthaltenen Vergütungsvereinbarung als keine weiteren Ausführungen<br />
erfordernde Selbstverständlichkeit angesehen werden. Anders ist es hingegen bei - wie hier in Rede stehenden -<br />
Zahlungen, die freiwillig für zuvor erbrachte Leistungen und erzielte Erfolge sowie zusätzlich zu bereits<br />
vorhandenen vertraglich vereinbarten Vergütungen geleistet werden sollen, wenn das baldige Ausscheiden <strong>des</strong><br />
Begünstigten aus dem Vorstand feststeht und die die Zahlung gewährende Aktiengesellschaft auf dem Weg zu<br />
einer konzernabhängigen Tochtergesellschaft ist.<br />
Ob in den jeweiligen Situationen ein Unternehmensinteresse für eine Vergütung spricht, hat der Aufsichtsrat<br />
bzw. das Präsidium zu entscheiden. Bei der Ausfüllung <strong>des</strong> unbestimmten Rechtsbegriffs <strong>des</strong><br />
Unternehmensinteresses steht ihm ein Beurteilungsspielraum zur Seite, der je nach den tatsächlichen<br />
Voraussetzungen durchaus zu einer zeitweisen Bevorzugung einer der im Unternehmensinteresse unstreitig<br />
gebündelten Partikularinteressen führen kann (zum Begriff <strong>des</strong> Unternehmensinteresses: Brinkmann,<br />
Unternehmensinteresse u. Unternehmensrechtsstruktur, 1983; Dreher, JZ 1990, 896 [897]; Jürgenmeyer, Das<br />
Unternehmensinteresse, 1984, S. 234ff.; Mertens, in: Kölner Komm. z. AktG, Vorb. § 76 Rdnr. 28, § 76 Rdnrn.<br />
22, 30ff.; Landwehrmann, in: Heidel, AktienR, 2003, § 93 Rdnr. 62; Lutter/Krieger, Rechte u. Pflichten d.<br />
Aufsichtsrats, 3. Aufl., Rdnr. 303; Raisch, in: Festschr.f. Hefermehl, 1976, S. 347; Raiser, § 15 Rdnr. 130; Salm,<br />
Unternehmensinteresse, 1986; Schilling, BB 1997, 377; Semler, Leitung u. Überwachung d. Aktiengesellschaft,<br />
2. Aufl., Rdnrn. 51ff.; ders. in: MünchKomm-AktG III, § 116 Rdnrn. 177f.; Semler/Stengel, NZG 2003, 1 [2f.];<br />
Teubner, ZHR 149 [1985], 470).<br />
cccc) Fehlen eines Handlungs- Ermessens- und Beurteilungsspielraums. Wegen der bei der Mannesmann AG<br />
infolge <strong>des</strong> zu Gunsten von Vodafone entschiedenen Übernahmekampfs eingetretenen Situation stand den<br />
Angekl. <strong>Prof</strong>. Dr. Funk, Zwickel und Dr. Ackermann am 4. 2. 2000 - ex ante betrachtet - kein Handlungs-,<br />
Ermessens- und Beurteilungsspielraum der dargelegten Art hinsichtlich der Frage zu, ob dem Angekl. Dr. Esser<br />
eine Anerkennungsprämie zu gewähren ist. Es ist ausgeschlossen, dass die beschlossene Prämie in der<br />
konkreten Situation unter Berücksichtigung der Kriterien <strong>des</strong> § 87 I 1 AktG im Interesse der<br />
Mannesmann AG lag.<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Dies ergibt sich allerdings nicht schon per se aus dem Umstand, dass es sich bei der gewährten<br />
Anerkennungsprämie um eine freiwillige Vergütung handelte, die nachträglich bereits zuvor erbrachte<br />
Leistungen und erzielte Erfolge entlohnen und zusätzlich zu den bestehenden vertraglichen Vereinbarungen<br />
geleistet werden sollte. Einvernehmliche Änderungen <strong>des</strong> als Dienstvertrag gem. §§ 611, 675 BGB zu<br />
qualifizierenden Anstellungsvertrags eines Vorstandsmitglieds sind angesichts der Privatautonomie der<br />
Vertragsparteien jederzeit möglich (BGHZ 10, 187 = NJW 1953, 1465; Hüffer, § 84 Rdnr. 11; Mertens, in:<br />
Kölner Komm. z. AktG, § 83 Rdnrn. 33, 91); auch § 612 BGB kann zur Anwendung kommen (Liebers/Hoefs,<br />
Anerkennungs- und Abfindungszahlungen an ausscheidende Vorstandsmitglieder; Thüsing, ZGR 2003, 457<br />
[503ff.]; einschränkend Brauer, NZG 2004, 502 [503, 507]; Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 [120]).<br />
Änderungen der bestehenden vertraglichen Vereinbarungen sind jedoch ebenfalls nur unter Beachtung<br />
der oben erwähnten Vorgaben, den Maßstäben <strong>des</strong> § 87 I 1 AktG zulässig. Hierbei bedarf es zunächst der<br />
Klarstellung, dass § 87 I 1 AktG eine Angemessenheit der Gesamtbezüge, zu denen auch eine<br />
Anerkennungsprämie gehört, bei deren Festsetzung fordert. Maßgeblich ist mithin der Zeitpunkt, in dem die<br />
Vergütung bzw. ein weiterer Vergütungsbestandteil <strong>des</strong> Vorstands vereinbart bzw. beschlossen wird. Zu dieser<br />
Zeit müssen die Gesamtbezüge <strong>des</strong> Vorstands in Beziehung zu <strong>des</strong>sen Aufgaben und der Lage der Gesellschaft<br />
gesetzt werden. Wie die beiden kumulativen Entscheidungsdeterminanten in der Vergangenheit zu bewerten<br />
waren, ist hiernach nicht von Interesse.<br />
Aufgabe <strong>des</strong> Vorstandsvorsitzenden. Die Auslegung einer Norm hat zunächst bei deren Wortlaut zu beginnen. §<br />
87 I 1 AktG spricht von Aufgaben <strong>des</strong> Vorstandsmitglieds und nicht von - erbrachten - Leistungen (so ausdr.<br />
auch Hefermehl/Spindler, in: MünchKomm-AktG III, § 87 Rdnr. 13). Diese Begriffe sind nicht gleichzusetzen.<br />
Der Begriff „Aufgaben“ beinhaltet vielmehr ein vorausschauen<strong>des</strong> Element, es geht um zu Erwarten<strong>des</strong>, um vor<br />
einem Liegen<strong>des</strong>, um das gesamte Tätigkeitsfeld. Auch hieraus wird mithin die prospektive, nicht rückwärts<br />
gewandte Ausrichtung <strong>des</strong> § 87 I AktG deutlich (so ausdr. auch Brauer, NZG 2004, 502 [507]).<br />
Am 4. 2. 2000 lagen vor dem Angekl. Dr. Esser nur noch begrenzte Aufgaben als Vorstandsvorsitzender der<br />
Mannesmann AG. Bereits an diesem Tag stand, wie den Angekl. <strong>Prof</strong>. Dr. Funk, Zwickel und Dr. Ackermann<br />
bekannt war, fest, dass der Angekl. Dr. Esser als geschäftsleitender Vorstand nur noch für den Zeitraum der<br />
Integration der Mannesmann AG in den Vodafone Verbund zur Verfügung stand bzw. stehen sollte. Sein<br />
Ausscheiden war für den 31. 7. 2000 vorgesehen,es verblieben circa sechs Monate im Dienste der<br />
Mannesmann AG.<br />
Ein Interesse der Mannesmann AG an einer über die bereits vereinbarte Vergütung hinausgehende<br />
Anerkennungsprämie für den Vollzug bzw. die „positive Begleitung“ dieser Integration seitens <strong>des</strong><br />
Angekl. Dr. Esser bis zu seinem Ausscheiden bestand nicht. Bereits auf der Grundlage seines<br />
Dienstvertrags gehörte die Erfüllung dieser Aufgabe zu seinen Pflichten. Hierfür erhielt er bereits die dort<br />
vereinbarte Vergütung.<br />
Im Dienstvertrag vom 20. 11. 1998 hieß es, die vereinbarte Vergütung wird „für die gesamte Tätigkeit im<br />
Interesse der Mannesmann AG“ gezahlt. Da die konkreten Anforderungen an die geschäftsleitenden Tätigkeiten<br />
und Aufgaben <strong>des</strong> Vorstands nicht im Einzelnen vorab festgelegt werden können, sondern sich während der<br />
Laufzeit <strong>des</strong> Vertrags je nach Entwicklung <strong>des</strong> Unternehmens und <strong>des</strong>sen Umfeld mehrfach und schnell ändern<br />
können, das Unternehmen aber stets die unternehmerische Führung benötigt, die nach der konkreten Situation<br />
erforderlich ist, ist eine solch globale Bezugnahme auf die „gesamte Tätigkeit“ sinnvoll und praktikabel. Damit<br />
geht jedoch einher, dass alles, was der Angekl. Dr. Esser für die Mannesmann AG auf Grund dieses<br />
Dienstvertrags als Vorstand geleistet hat, bereits durch das vereinbarte Jahresgehalt, die Boni und die tentative<br />
shares abgegolten war.<br />
Es könnte allenfalls dann etwas anderes gelten, wenn eine Aufgabe im Raum stand, die neu war und bei<br />
Abschluss <strong>des</strong> Dienstvertrags außerhalb der Vorstellungen der Vertragsparteien gelegen hatte. Unerheblich ist<br />
insoweit allerdings, dass die Angekl. <strong>Prof</strong>. Dr. Funk und Dr. Ackermann zu dieser Zeit noch keine Mitglieder<br />
<strong>des</strong> Präsidiums waren. Als Vertragspartei ist nur die Mannesmann AG als solche maßgeblich. Nicht ausreichend<br />
ist bei der Beantwortung dieser Frage eine bloß „ungewöhnliche“ oder nur konkret nicht vorhersehbare<br />
Situation, denn deren Meistern wird selbstverständlich von jedem Vorstandsmitglied erwartet. Deshalb sind<br />
Vorstände angestellt.<br />
Eine solche Konstellation war nicht gegeben. Die Integration der Mannesmann AG in den Vodafone Verbund<br />
war eine logische Konsequenz eines bei Abschluss <strong>des</strong> Dienstvertrags präsenten möglichen<br />
Übernahmegeschehens. Das Thema „Übernahme“ war im November 1998 hinlänglich bekannt. Die<br />
Mannesmann AG strebte, basierend auf dem Konzept <strong>des</strong> Angekl. Dr. Esser, seit 1995 Mehrheitsbeteiligungen<br />
an anderen europäischen Telekommunikationsfirmen an und war hiermit erfolgreich. Bereits im Oktober 1998<br />
war sie im Zuge <strong>des</strong>sen erstmalig an Orange plc. herangetreten. Andererseits gab es seit Ende der 80er Jahre<br />
mehrere inoffizielle Versuche, die Mannesmann AG zu übernehmen, weshalb das „Friedland Projekt“<br />
eingerichtet worden war. Die mögliche Involvierung der Mannesmann AG in eine Übernahme - entweder auf der<br />
Seite der Übernehmerin oder auf der Seite der zu Übernehmenden - war ein bekanntes Szenario. Deshalb hatte<br />
der Angekl. Dr. Esser bei Eintritt einer solchen Situation die dienstvertragliche Pflicht, alles zu tun, was im<br />
Interesse der Mannesmann AG lag. Sowohl das Führen eines Übernahmekampfs als auch die aus einer<br />
Niederlage folgenden Tätigkeiten, wie das Zusammenführen der beiden Unternehmen und die Beachtung der<br />
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Geschäftspolitik der zukünftigen Mehrheitsaktionärin bzw. Muttergesellschaft, gehörten mithin von Anfang an<br />
zu seinen Aufgaben. Er selbst hat dies im Übrigen auch so verstanden. Einer Motivation hierzu bedurfte es nicht.<br />
Nicht unberücksichtigt bleiben kann zudem, dass lediglich eine Verschiebung der Schwerpunkte der<br />
Vorstandstätigkeiten erfolgte. Den nun erforderlichen vorrangig integrierenden, zusammenführenden Tätigkeiten<br />
stand in Anbetracht <strong>des</strong> baldigen Ausscheidens <strong>des</strong> Angekl. Dr. Esser und <strong>des</strong> stetig zunehmenden Einflusses der<br />
Muttergesellschaft ein Wegfall an konzeptionellen, strategischen Managementaufgaben gegenüber.<br />
Eine erneute Vergütung im Wege der Anerkennungsprämie stellt sich folglich als eine doppelte<br />
Vergütungsleistung für die gleiche Aufgab dar.<br />
- Übertragung auf den folgenden Fall<br />
- keine besonderen „überobligatorischen Tätigkeiten, die Anlass für besondere<br />
Vergütungen geben<br />
- Abfindung geht über das hinaus, was Vorstand für die Erfüllung <strong>des</strong> Vertrages über die<br />
gesamte Laufzeit erhalten hätte.<br />
- Im Gegenteil: Nach WpÜG Neutralitätspflicht (§ 33 I WpÜG ). Abwehrmaßnahmen nur<br />
mit Zustimmung der Hauptversammlung bzw. <strong>des</strong> AR soweit Ermächtigungsbeschluss<br />
� Damit letztlich Prämie für rechtswidriger Verhalten<br />
Zur Rechtslage vor dem WpÜG<br />
Zur Zeit der Mannesmann/Vodafone Übernahme war das WpÜG noch nicht in Kraft. Daher spielen die<br />
Erwägungen zum Neutralitätsgebot im Urteil der Strafkammer beim LG Düsseldorf keine Rolle.<br />
Allerdings war auch damals das Verhalten <strong>des</strong> Vorstands aktienrechtlich problematisch. So hat bereits vor dem<br />
WpÜG eine verbreitete Auffassung in der Lit aus § 93 I AktG eine Neutralitätspflicht <strong>des</strong> Vorstands abgeleitet.<br />
Zudem hatte die Mannesmann-AG den Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission unterzeichnet<br />
und sich damit zu <strong>des</strong>sen Einhaltung verpflichtet. Dieser sah auch eine Neutralitätspflicht vor. Daher haben<br />
Aktionäre beim LG Düsseldorf eine Unterlassungsklage nach § 1004 analog iVm § 823 I BGB angestrengt, mit<br />
dem Argument, der Verstoß gegen die Neutralitätspflicht verletze sie in ihrem Recht aus der Mitgliedschaft<br />
Diese Klage wurde allerdings vom LG Düsseldorf (AG 2000, 233, 234) bestätigt durch (OLG Düsseldorf DB<br />
2000, 2210) abgewiesen.<br />
2. Verstoß gegen § 266 StGB<br />
- hier keine eigenständige Bedeutung<br />
- Denn wenn kein Verstoß gegen § 87 I AktG, kommt eine Untreue von vornherein nicht<br />
in Betracht.<br />
3. Verstoß gegen § 33 III WpÜG?<br />
- Pendant zum strafrechtlichen TB der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) / Bestechung (§ 334 StGB)<br />
- Verbietet allerdings nur Gewährung von Vorteilen durch den Bieter<br />
- Vorteilsgewährung durch die Zielgesellschaft nicht von § 33 III WpÜG erfasst. Beurteilt sich nach<br />
§ 87AktG (KölnKommWpÜG § 33 Rn. 191)<br />
- ier könnte kann argumentieren, dass es darauf ankommt ob Vorteilsgewährung vom Bieter ver<br />
anlasst. Wenn dies dann sogar zu Lasten <strong>des</strong> Vermögens der Zielgesellschaft geht (anstatt zu Las<br />
en <strong>des</strong> Vermögens <strong>des</strong> Bieters) ist das sogar schlimmer<br />
� m.E. sowohl Bejahung wie Verneinung eines Verstoßes gegen § 33 III WpÜG gut vertretbar<br />
IV. Beschluss über die Befreiung <strong>des</strong> Wettbewerbsverbots<br />
1. Verstoß gegen Kompetenzordnung, weil HV zuständig?<br />
Auf der Grundlage der „Süssen“-Entscheidung <strong>des</strong> BGH könnte man wie folgt<br />
argumentieren<br />
- auch wenn die B-AG Mehrheit erlangt, entsteht allein dadurch keine Abhängigkeit iSv<br />
§ 17 II AktG<br />
- Spezifische Konzernrisiken durch das vertragliche Wettbewerbsverbot weitgehend<br />
ausgeschlossnen<br />
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- Damit wird die Abhängigkeit erst durch die Befreiung vom Wettbewerbsverbot<br />
begründet<br />
- Maßnahmen, die von der Gesellschaft (mit) vorgenommen werden und die eine<br />
Abhängigkeit der Gesellschaft begründen bedürfen bei der GmbH der Zustimmung der<br />
Gesellschafterversammlung und müssen im Hinblick auf das Gesellschaftsinteresse<br />
gerechtfertigt werden können (BGH „Süssen“):<br />
Süssen-Entscheidung, – NJW 1981, 1521 ff<br />
1. Kann die Gesellschafterversammlung einer GmbH von einem laut Satzung bestehenden Wettbewerbsverbot<br />
der Gesellschafter Befreiung erteilen, so genügt dazu die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen selbst<br />
dann, wenn die GmbH dadurch zu einem abhängigen Unternehmen im Sinne von AktG § 17 Abs 1 wird.<br />
2. In einem solchen Falle liegt in der Zustimmung zur Befreiung aber nur dann keine mißbräuchliche Ausübung<br />
<strong>des</strong> Stimmrechts, wenn die Befreiung im Interesse der GmbH geboten ist.<br />
Orientierungssatz<br />
(Voraussetzungen für den beherrschenden Einfluß nach AktG § 17)<br />
1. Der beherrschende Einfluß im Sinne <strong>des</strong> AktG § 17 kann von mehreren gleichgeordneten Unternehmen<br />
ausgehen. Es kann aber auch ein nicht über die erforderliche Mehrheit verfügender Unternehmer dadurch zum<br />
beherrschenden werden, daß ihn ein Gesellschafter, der selbst kein Unternehmer ist, mit seinen Stimmen<br />
unterstützt. Allerdings ist erforderlich, daß die Unterstützung nicht zufällig auftritt, vielmehr auf ausreichend<br />
sicherer Grundlage von vornherein und beständig gesichert ist. Die Familienverbundenheit allein läßt einen<br />
dahingehenden Schluß nicht zu. Es gibt keinen Erfahrungssatz, daß Familienangehörige stets gleichgerichtete<br />
Interessen verfolgen, vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, die den Schluß rechtfertigen, daß die<br />
Familie beständig zu einer gemeinsamen Stimmrechtsausübung in der GmbH zusammenfindet (Vergleiche<br />
BGH, 4. März 1974, II ZR 89/72, BGHZ 62, 193; Vergleiche BGH, 28. April 1980, II ZR 254/78, WM IV 1980,<br />
709).<br />
Fundstellen<br />
GmbHR 1981, 177-186, Timm, Wolfram (Aufsatz)<br />
Einstimmigkeit ?<br />
1. Soweit die Revision hiergegen vorbringt, schon durch Auslegung <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrages ergebe sich,<br />
daß die Befreiung nur einstimmig habe beschlossen werden können, ist ihr nicht zu folgen. Nach § 9 <strong>des</strong><br />
Vertrages erteilt die Befreiung vom Wettbewerbsverbot die Gesellschafterversammlung. Das geschieht, falls<br />
nichts anderes bestimmt ist, nach § 47 Abs 1 GmbHG mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Daß auch<br />
hier die Mehrheitsentscheidung zu gelten hat und nicht Einstimmigkeit zu fordern war, ergibt der Vergleich <strong>des</strong><br />
§ 9 <strong>des</strong> Vertrages mit <strong>des</strong>sen § 5, wo die Abtretung der Geschäftsanteile abweichend von der Formulierung <strong>des</strong> §<br />
9 nicht an die Zustimmung der Gesellschafterversammlung, sondern an die der Gesellschafter - und damit,<br />
wovon auch die Parteien ausgehen, an die Zustimmung aller - geknüpft ist. Der Unterschied der Formulierung<br />
macht deutlich, daß im § 9 die Einstimmigkeit gerade nicht gewollt ist, die Mehrheitsentscheidung vielmehr<br />
ausreicht.<br />
Auch im übrigen vermag die Revision keine Gründe für ein Zustimmungserfordernis <strong>des</strong> Klägers aufzuzeigen.<br />
Durch die Befreiung vom Wettbewerbsverbot ist dem Kläger weder ein Sonderrecht entzogen worden, noch hat<br />
die Gesellschafterversammlung die Beklagten zu 2 bis 5 von einer Sonderverpflichtung mit der Folge einer<br />
Leistungsvermehrung auf seiten <strong>des</strong> Klägers entbunden. Eine Satzungsänderung, der gemäß § 12 Abs 2 <strong>des</strong><br />
Gesellschaftsvertrages der Vater <strong>des</strong> Klägers hätte zustimmen müssen, liegt ebenfalls nicht vor, da das<br />
Wettbewerbsverbot im Vertrage erhalten bleibt und nur von der darin ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit<br />
der Befreiung für den Einzelfall Gebrauch gemacht worden ist. Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist schon<br />
<strong>des</strong>halb nicht verletzt, weil sich die Frage, ob auch dem Kläger Befreiung zu erteilen sei, gar nicht gestellt hat.<br />
Der Beklagte zu 2 hat gem § 47 GmbHG, der - wie nicht weiter ausgeführt werden muß - auf die Befreiung vom<br />
Wettbewerbsverbot anwendbar ist, nicht mitgestimmt.<br />
Stimmverbot Verwandte?<br />
Zu Unrecht nimmt die Revision an, daß auch die Ehefrau <strong>des</strong> Beklagten zu 2 und Mutter der Beklagten zu 3 bis<br />
5 gemäß § 47 Abs 4 GmbHG von der Abstimmung über die Befreiung vom Wettbewerbsverbot ausgeschlossen<br />
war. Personen, die dem vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafter persönlich oder rechtlich nahestehen,<br />
sind nach allgemeiner Meinung aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in das Stimmverbot einbezogen (vgl<br />
BGHZ 56, 47, 54). Zwar können Verwandte demselben Interessenkonflikt wie der Betroffene selbst unterliegen.<br />
Es läßt sich aber nicht generell feststellen, daß sie stets den privaten Interessen gegenüber denen der Gesellschaft<br />
den Vorzug geben (vgl Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen<br />
Personenverbänden 1963, S 209). Sollte in krassen Fällen die Befangenheit <strong>des</strong> Gesellschafters unbestreitbar<br />
130
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
sein (vgl Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG 6. Aufl 1978 § 47 Anm 139), bedarf es <strong>des</strong> Stimmrechtsverbots<br />
<strong>des</strong>halb nicht, weil die Anfechtung wegen Stimmrechtsmißbrauchs ausreichend Schutz gewährt.<br />
Missbrauch?<br />
Das Berufungsgericht hat einen solchen Mißbrauch verneint. Die hierfür gegebene Begründung trägt die<br />
Entscheidung jedoch nicht, weil das Berufungsgericht bei seiner Wertung nicht die Möglichkeit in Betracht<br />
gezogen hat, daß die Erstbeklagte durch die Befreiung vom Wettbewerbsverbot zu einem von einem<br />
Wettbewerber abhängigen Unternehmen im Sinne von § 17 Abs 1 AktG geworden sein kann.<br />
Das nur der Fall, wenn Beklagter als herrschen<strong>des</strong> Unternehmen anzusehen wäre<br />
Unternehmer im Sinne dieser Bestimmung ist der Beklagte zu 2 durch seine Beteiligung an der VGS<br />
offensichtlich schon seit Jahren. Wie § 1 seines Anstellungsvertrages zeigt, ist ihm das erlaubt. Mit dem Erwerb<br />
der Anteile an der N. durch die VGS ist der Beklagte zu 2 jedoch Konkurrenz-Unternehmer geworden, was ihm<br />
laut Gesellschaftsvertrag verboten war. Die Unternehmereigenschaft im Sinne <strong>des</strong> § 17 AktG liegt vor, wenn für<br />
den Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft eine wirtschaftliche Interessenbindung besteht, die stark genug ist,<br />
um die ernsthafte Besorgnis zu begründen, der Gesellschafter könnte um ihretwillen seinen Einfluß zum Nachteil<br />
der Gesellschaft geltend machen (vgl BGHZ 69, 334, 337; 74, 359, 365). Diese starke wirtschaftliche<br />
Interessenbindung besteht darin, daß der Beklagte zu 2 Mehrheitsgesellschafter der VGS ist und diese wiederum<br />
48% der Anteile an der N. besitzt. Hinzu kommt, daß der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer der VGS zusammen<br />
mit seinen Söhnen, den Beklagten zu 3 bis 5, die weitere 12% der Anteile halten, die Geschäftspolitik der N.<br />
bestimmen kann. Daß diese im Familienbesitz befindliche Mehrheit einheitlich und auf Dauer geltend gemacht<br />
würde, ist - anders als bei der Frage der Abhängigkeit - zur Bejahung der Unternehmereigenschaft <strong>des</strong> Beklagten<br />
zu 2 nicht erforderlich.<br />
Daß die N. ein Konkurrenz-Unternehmen ist, hat das Berufungsgericht festgestellt. Sehr deutlich haben darauf<br />
auch die Beklagten hingewiesen, als sie darlegten, in welcher Weise sich die Konkurrenztätigkeit der N.<br />
nachteilig für die Beklagte zu 1 hätte auswirken können, wenn die Anteile in den Besitz der SKF gelangt wären.<br />
Mit der Feststellung, daß der Beklagte zu 2 Konkurrenz-Unternehmer geworden war, ist allerdings noch<br />
nichts darüber gesagt, ob die Beklagte zu 1 von ihm abhängig ist.<br />
Der Beklagte zu 2 besitzt bei ihr weder die Mehrheit der Kapitalanteile noch die der Stimmrechte, ist mithin kein<br />
Mehrheitsgesellschafter im Sinne <strong>des</strong> § 16 Abs 1 AktG, so daß die Abhängigkeitsvermutung <strong>des</strong> § 17 Abs 2<br />
AktG nicht gilt. Einen beherrschenden Einfluß hat er <strong>des</strong>halb nur, wenn zu seiner Stimmenmacht weitere<br />
Umstände hinzutreten. Dabei kommt insbesondere die Unterstützung durch die Ehefrau mit deren<br />
Beteiligung von 40% in Betracht. Der beherrschende Einfluß im Sinne <strong>des</strong> § 17 AktG kann von mehreren<br />
gleichgeordneten Unternehmen ausgehen (vgl BGHZ 62, 193, 196f). Es kann aber auch ein nicht über die<br />
erforderliche Mehrheit verfügender Unternehmer dadurch zum beherrschenden werden, daß ihn ein<br />
Gesellschafter, der selbst kein Unternehmer ist, mit seinen Stimmen unterstützt. Allerdings ist erforderlich,<br />
daß die Unterstützung nicht zufällig auftritt, vielmehr auf ausreichend sicherer Grundlage von vornherein<br />
und beständig gesichert ist. Die Familienverbundenheit allein läßt einen dahingehenden Schluß nicht<br />
zu. Es gibt keinen Erfahrungssatz, daß Familienangehörige stets gleichgerichtete Interessen verfolgen (vgl<br />
SenUrt v 28.4.80 - II ZR 254/78, WM 1980, 709, 712), vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen,<br />
die den Schluß rechtfertigen, daß die Familie beständig zu einer gemeinsamen Stimmrechtsausübung in der<br />
GmbH zusammenfindet. Eine derart sichere Grundlage gemeinsamer Herrschaft können nicht nur<br />
vertragliche oder organisatorische Bindungen, sondern auch rechtliche und tatsächliche Umstände sonstiger<br />
Art bilden (vgl BGHZ 62, 193, 199; 74, 359, 367). Diese Voraussetzungen könnten beispielsweise vorliegen,<br />
sollte die Familie in der Vergangenheit stets als geschlossene Einheit aufgetreten sein, insbesondere stets mit<br />
gleicher Stimme gesprochen und dadurch dem Beklagten zu 2 als alleinvertretungsberechtigten<br />
Geschäftsführer die für die Geschäftspolitik nötige Rückendeckung gegeben haben.<br />
Sollte sich ergeben, wozu das Berufungsgericht noch weitere Feststellungen wird treffen müssen, daß die<br />
mitgliedschaftlich geteilte Stimmenmacht der Familie S./St. in einem verfestigten Interessenverbund<br />
zur Einheit geworden ist, wäre die Beklagte zu 1 vom Beklagten zu 2 als Konkurrenz-Unternehmer abhängig<br />
im Sinne <strong>des</strong> für die GmbH entsprechend geltenden § 17 Abs 1 AktG.<br />
Die Gefahr, die sich für die Beklagte zu 1 und damit auch für die Minderheitsgesellschafter aus dieser<br />
Abhängigkeit ergibt, besteht darin, daß von der durch die Abhängigkeit begründeten Herrschaftsmöglichkeit<br />
jederzeit zum Nachteil der Gesellschaft Gebrauch gemacht werden kann. Die Möglichkeiten sind<br />
mannigfaltig. Sie reichen von Einflüssen mit eindeutig isolierbaren und <strong>des</strong>halb ausgleichsfähigen Nachteilen<br />
(vgl BGHZ 65, 15) bis zu solchen, bei denen sich weder hinreichend sicher bejahen noch verneinen läßt, daß<br />
eine nachhaltige Einflußnahme vorliegt, insbesondere aber, daß ein Nachteil dem Unternehmen im Falle<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
seiner Unabhängigkeit erspart geblieben wäre, was stets Voraussetzung einer Ausgleichspflicht ist. So mag<br />
es durchaus zweifelhaft sein, ob und wann die Produktion der Beklagten zu 1 zur Erhaltung der<br />
Wettbewerbsfähigkeit einst rationalisiert oder umgestellt werden muß. Eine unabhängige Gesellschaft wird in<br />
einem solchen Falle eher zu einem Risiko bereit sein als der die Gesellschaft beherrschende Unternehmer,<br />
der über seine anderweitige Beteiligung das Konkurrenzprodukt vertreibt.<br />
Gerade weil in solchen Fällen jeder objektive Maßstab für die jeweils sachgerechte Maßnahme und damit<br />
für die Frage einer Benachteiligung und deren Ausgleich fehlt, stellt die Abhängigkeit eine derart<br />
starke Gefahr für die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit und damit den Bestand <strong>des</strong><br />
Unternehmens dar, daß die Zustimmung zu einer in die Abhängigkeit führenden Befreiung vom<br />
Wettbewerbsverbot nicht im freien Ermessen der Mehrheit liegt. Sie ist vielmehr grundsätzlich<br />
rechtswidrig, falls sie nicht durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist.<br />
Diese zur formellen, der Mehrheit, hinzutretende sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung der Befreiung vom<br />
Wettbewerbsverbot schließt die Abwägung der Interessen und die Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck<br />
ein. Ergibt die Abwägung, daß ungeachtet der aus der Abhängigkeit folgenden Gefahren schwerwiegende<br />
Gründe im Interesse künftiger Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Beklagten zu 1 am 12.<br />
Januar 1978 dafür sprachen, daß die Beklagten zu 2 bis 5 die Anteile an der N. erwarben und behielten, ist<br />
der angefochtene Beschluß fehlerfrei. Min<strong>des</strong>tvoraussetzung dafür ist, daß ein Erwerb der Anteile durch die<br />
Beklagte zu 1 weder ursprünglich noch am 12. Januar 1978 von der VGS und den Beklagten zu 3 bis 5<br />
möglich war. Andererseits reicht es nicht aus, daß der Erwerb der Anteile durch die Beklagten zu 2 bis 5 für<br />
die Beklagte zu 1 lediglich nützlich ist, weil diese nunmehr Zubehör an die N. liefern und von dieser<br />
Elektronik beziehen kann. Sollte der Erwerb der Anteile im Interesse der Beklagten zu 1 dringend geboten,<br />
der Direkterwerb durch diese aber nicht möglich gewesen sein, stellt sich die weitere Frage, ob die Befreiung<br />
vom Wettbewerbsverbot nicht davon abhängig gemacht werden mußte, daß die VGS, vertreten durch den<br />
Beklagten zu 2, und die Beklagten zu 3 bis 5 einerseits durch Verträge mit der Beklagten zu 1 andererseits<br />
hinsichtlich der erworbenen Anteilsrechte bestimmt, zum Beispiel treuhänderische, Bindungen eingingen.<br />
Auf diese Weise könnte sichergestellt werden, daß die Nachteile, die die Beklagte zu 1 durch eine<br />
möglicherweise einseitige Geschäftspolitik zugunsten der N. erleidet, durch eine mittelbare Beteiligung an<br />
deren Geschäftsergebnissen wieder ausgeglichen wird.<br />
Die Parteien haben bisher weder zur Frage der Abhängigkeit der Beklagten zu 1 noch zur Rechtfertigung der<br />
Befreiung vom Wettbewerbsverbot unter den vorstehend genannten Gesichtspunkten Stellung nehmen<br />
können. Soweit es um die Anfechtung geht, ist das Urteil <strong>des</strong>halb aufzuheben und die Sache an das<br />
Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird, sollte sich ergeben, daß die Beklagte zu 1 vom Beklagten<br />
zu 2 abhängig ist, die Frage <strong>des</strong> Stimmrechtsmißbrauchs unter Abwägung der Interessen erneut zu<br />
entscheiden haben.<br />
III. Die Revision ist unbegründet, soweit der Kläger von den Beklagten zu 2 bis 5 die Übertragung der Anteile an<br />
die Beklagte zu 1 fordert. Zur Geltendmachung dieser Forderung - wobei offenbleibt, ob sie überhaupt<br />
entstanden ist - wäre jedenfalls als materielle Anspruchsvoraussetzung ein Beschluß der<br />
Gesellschafterversammlung erforderlich gewesen. Auf die im Rahmen <strong>des</strong> § 46 Nr 8 GmbHG streitige Frage,<br />
ob der Minderheitsgesellschafter auch ohne einen solchen Beschluß stets, nur unter bestimmten<br />
Voraussetzungen oder überhaupt nicht mit der actio pro socio gegen seine Mitgesellschafter vorgehen kann<br />
(vgl Hachenburg/Schilling, GmbHG 7. Aufl § 46 Anm 38; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG 6. Aufl § 46<br />
Anm 111), braucht hier nicht eingegangen zu werden. Bei Wettbewerbsverstößen hat die Gesellschaft in<br />
entsprechender Anwendung <strong>des</strong> § 113 HGB neben dem Schadensersatzanspruch alternativ - soweit es<br />
rechtlich möglich ist - das Eintrittsrecht. Die Entscheidung, welches Recht geltend gemacht werden soll, fällt<br />
nicht in die Zuständigkeit eines, sondern aller Gesellschafter (§ 113 Abs 2 HGB), bei der hier gegebenen<br />
GmbH in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung. Bevor der Beschluß nicht gefaßt worden ist,<br />
kann bei einer Personengesellschaft kein Gesellschafter mit der actio pro socio gegen einen Mitgesellschafter<br />
vorgehen. Für die GmbH gilt nichts anderes.<br />
2. Übertragung dieser Grundsätze auf die AG?<br />
- Inwieweit diese Grundsätze auf die AG zu übertragen sind, ist umstritten<br />
- Bei einer personalistisch strukturierten AG ist dies durchaus plausibel<br />
- Aber bei der hier vorliegenden börsennotierten AG muss das WpÜG berücksichtigt<br />
werden<br />
� Pflichtangebot nach § 35 WpÜG ist letztlich ein Austrittsrecht, das daran anknüpft, dass<br />
ein Unternehmen die „Kontrolle“ (§ 29 II WpÜG) über eine Gesellschaft hat<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
� Damit hat zumin<strong>des</strong>t hinsichtlich der börsennotierten AG der Gesetzgeber sich<br />
zugunsten eines Austrittsrechts gegen eine beschlussförmige Konzerneingangskontrolle<br />
entschieden 69<br />
� Im Hinblick auf Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit und die<br />
Übernahmerichtlinie wäre auch fraglich, ob eine derartige Konzerneingangskontrolle<br />
europarechtskonform wäre. 70<br />
Teil 2 Klage auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen<br />
A. Zulässigkeit<br />
I. Statthafte Klageart – allgemeine Leistungsklage (Zahlungsklage)<br />
1. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen<br />
2. Prozessführungsbefugnis - § 51 I ZPO iVm § 112 AktG<br />
a. Hinsichtlich der Ansprüche gegen den Vorstand<br />
- § 112 AktG steht nur nur Aufsichtsrat als Gremium zu (Grunewald, S. 260 f)<br />
- das einzelne Aufsichtsratsmitglied weder prozessführungs- noch sonst berechtigt, AG<br />
gegenüber Vorstand allein zu vertreten<br />
� Muss auf Beschlussfassung <strong>des</strong> Gremiums klagen<br />
� Allenfalls kommt eine Art Not Prozessführungsbefugnis nach den Grundsätzen der actio<br />
pro socio in Betracht (offenes Problem)<br />
(1) muss versucht haben, Beschluss herbeizuführen<br />
(2) im Interesse der Gesellschaft erforderlich, keine Alernativr<br />
- Hier kann man argumentierte, dass Klage auf Feststellung, dass<br />
Aufsichtratsmitglieder verpflichtet sind, einer Geltendmachung der Ansprüche gegen<br />
den Aufsichtsrat zuzustimmen<br />
- Dagegen spricht Prozessökonomie, Effektivität <strong>des</strong> Rechtsschutzes<br />
b Hinsichtlich der Ansprüche gegen den Aufsichtsrat<br />
� Gegenüber Aufsichtsrat wird die Gesellschaft grundsätzlich vom Vorstand vertreten.<br />
� Hinsichtlich dieser Ansprüche Aufsichtsratsmitglied nicht prozessführungsbefugt<br />
B. (Hilfsweise): Begründetheit der Klage<br />
I. Aktivlegitimation<br />
Aktiv legitimiert ist die AG sowohl hinsichtlich der Ansprüche gegen den Vorstand als<br />
auch gegen den Aufsichtsrat<br />
II. Vorüberlegung:<br />
Rückzahlung klingt erst einmal nach Rückgewähr.<br />
- Spezielle Rückgewähransprüche im Aktienrecht § 62 I S. 1 AktG, § 89 V AktG (-)<br />
- Damit § 812 I S. 1 AktG<br />
� ohne Rechtsgrund � Überlegen, inwieweit Verträge, die diesen Leistungen zugrunde<br />
liegen einen Rechtsgrund bilden bzw. nichtig sind<br />
69<br />
Dazu Mülbert ZIP 2001, 1221; Fleischer NZG 2002, 545, 547 ff; U. H. Schneider AG 2002, 125, 127;<br />
Seibt/Heiser ZHR 165 (2001) 467, 480.<br />
70<br />
Vgl. zu den europarechtlichen Grenzen für die Umsetzung der Übernahmerichtlinie Mülbert NZG 2004, 633<br />
ff.<br />
133
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
- Aber die Vermögensverschiebung zu Lasten der Gesellschaft ist letztlich ein Schaden. Und<br />
Schadensersatzansprüche vor Bereicherungsrecht<br />
III. Schadensersatzansprüche<br />
1. § 93 II S. 1 AktG (Vorstand) bzw. § 116 iVm § 93 II S. 1 AktG (AR)<br />
- zu den Pflichten gehört insbesondere die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften<br />
- Vorstands- und AR-Mitglieder haben gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen<br />
und hätte dies vermeiden können, wenn sie Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften<br />
Geschäftsleiters (vgl. § 93 I S. 1 AktG) hätten walten lassen<br />
- Hierdurch ist der Gesellschaft ein Schaden entstanden, nämlich ein Liquiditätsabfluss in<br />
Höhe der unberechtigten stock options und der Abfindungszahlung<br />
� SE-Anspruch § 93 II S. 1 AktG (+)<br />
2. § 117 II S. 1 AktG<br />
In dem Handeln der B kann man durchaus eine Einflussnahme iSv § 117 I S. 1 AktG sehen.<br />
Gemäß § 117 II S. 1 AktG haften gesamtschuldnerisch die Organmitglieder für den aus der<br />
Einflussnahme entstandenen schaden, wenn sie unter Verletzung ihrer Pflichten gehandelt<br />
haben. Das ist wie eben begründet der Fall.<br />
3. § 823 II iVm § 266 StGB<br />
- § 266 StGB ist eine drittschützende Norm iSv § 266 StGB<br />
- Fordert aber qualifizierten Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht. Nicht jeder<br />
Verstoß gegen aktienrechtlichen Vorschriften stellt einen solchen qualifizierten Verstoß<br />
dar. Letztlich ist das eine Wertungsfrage. LG Düsseldorf hat Strafbarkeit wegen § 266<br />
StGB verneint.<br />
IV. Rückzahlungsansprüche<br />
1. § 62 I S. 1 AktG / § 89 AktG direkt (-)<br />
2. § 89 AktG analog<br />
Denkbare Erwägung: Wenn schon Darlehen zurückgezahlt werden müsen, dann erst recht<br />
Vermögenszuwendungen denen keine angemessene Gegenleistung gegenüber steht.<br />
Aber im Hinblick auf Ausnahmecharakter der Vorschrift analoge Anwendung eher<br />
abzulehnen.<br />
3. § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB<br />
Vorstand und AR-Mitglieder haben die Zahlungen durch Leistung der Gesellschaft erlangt.<br />
Diese Leistung müsste ohne Rechtsgrund erfolgt sein. Die AR-Beschlüsse sind nichtig,<br />
können daher keinen Rechtsgrund darstellen. Aber daneben gibt es schuldrechtliche<br />
Vereinbarungen, die den stock options und der Abfindung zugrunde liegen.<br />
Fraglich sind, ob auch diese Vereinbarungen nichtig sind.<br />
a. Nichtigkeit nach § 134 BGB iVm § 87 II S. 1 AktG<br />
� § 87 II S. 1 wohl kein Verbotsgesetz<br />
� Eine §§ 134, 138 BGB vorgelagerte Vorschrift für die Dirigierung der Ausübung <strong>des</strong><br />
Ermessens <strong>des</strong> AR bei der Bestimmung der Vergütung<br />
b. Nichtigkeit nach § 134 BGB iVm § 33 III WpÜG ist Verbotsgesetz<br />
� Wenn man Verstoß gegen § 33 III WpÜG bejaht, dann Anspruch aus § 812 I S. 1, 1.<br />
Alt. BGB auf Rückzahlung der Abdindunbg (+)<br />
134
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
c. Nichtigkeit nach § 134 BGB iVm § 266 StGB<br />
Strafrechtliche Normen sind, wenn sie objektiv und subjektiv erfüllt sind, im Zweifel<br />
Verbotsgesetz (Palandt § 134 Rn. 24; BGHZ 115, 125)<br />
Teil 3 Klagen <strong>des</strong> Aktionärs<br />
A. Ansprüche der Gesellschaft gegen Vorstand / Aufsichtsart<br />
� Ansprüche der Gesellschaft wie oben<br />
� Geltendmachung von Ansprüchen unter den Voraussetzungen der § 147 iVm § 117 I S. 1<br />
AktG<br />
B. Ansprüche <strong>des</strong> Aktionärs gegen die Gesellschaft<br />
I. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche<br />
1. Anspruch aus § 117 I S. 2 AktG<br />
§ 117 I S. 2 AktG (-) � Anspruch nicht gegen die Gesellschaft gerichtet<br />
2. Anspruch wegen Verletzung der Mitgliedschaft (-)<br />
§ 823 I BGB (-) � kein schwerwiegender Eingriff in die Mitgliedschaft<br />
II. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche<br />
1. § 37c WpHG<br />
a. Voraussetzungen liegen vor – Verhalten <strong>des</strong> Vorstands wird nach § 31 BGB<br />
zugerechnet<br />
b. P: Rechtsfolge Rückgabe der Anteile gegen Kaufpreis (so BGH zur alten Rechtslage in<br />
Informatec (dazu gleich näher unten) und „comroad“ Rspr 71<br />
oder Ersatz der Kursdifferenz<br />
- Einwand gegen die ersten Variante: Konflikt mit § 57 AktG<br />
- wohl h.M.: §§ 37b, 37c WpHG gegen als Spezialregelung vor, Aktionär primär als<br />
Mitglied, sondern als Vertragspartner eines Anlagevertrages betroffen. 72<br />
2. § 823 II iVm Schutzgesetz<br />
a. Schutzgesetz<br />
� eine Reihe von Normen verletzt<br />
aa. § 33 III WpÜG<br />
bb. § 15 I WpHG (-) � Drittschutz insoweit abschließend, vgl. § 15 VI S. 1 WpHG.<br />
(beachte aber § 15 VI S. 2: SE-Ansprüche aufgrund anderer Rechtsgrundlagen als §<br />
15 WpHG bleiben unberührt)<br />
cc. § 400 AktG<br />
P: Ad hoc Mitteilungen Berichte iSv § 400 AktG ? Wohl nicht (so auch BGH in<br />
Sachen „Informatec“ 73<br />
� § 400 AktG wurde in der Praxis im Fall EM-TV relevant (Falschangaben in<br />
Quartalsberichten. Strafsenat hat hier eine unrichtige Darstellung iSv § 400 AktG<br />
bejaht. 74<br />
71 OLG München ZIP 2005, 901 ff.<br />
72 Zimmermann in Schwark (Hrsg.) Kapitalmarktkommentar, 3. Aufl. 2004, § 37b WpHG Rn. 12 ff. mwN.<br />
73 BGH Urteil v 19.07. 2004, Az: II ZR 217/03 „Informatec“, NJW 2004, 2668-2671<br />
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Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
dd. § 33 I S. 1 WpÜG (Verletzung der Neutralitätspflicht)<br />
� bis auf § 400 AktG sind die Normen nicht drittschützend<br />
ee. § 263 StGB (-) � Kursbeeinflussung allein kein Betrug<br />
ff. § 266 StGB<br />
� Problem 1 – Verstoß gegen § 87 AktG qualifizierter Verstoß, so dass Untreue ?<br />
LG Düsseldorf nein<br />
� Problem 2 – Untreue primär zu Lasten der Gesellschaft, Aktionäre nur mittelbar<br />
betroffen. Daher fraglich, ob sich Drittschutz auch auf den einzelnen Aktionär<br />
erstreckt<br />
b. Zurechung der Gesellschaft § 31 BGB<br />
3. § 826 BGB („Informatec“) 75 bestätigt in „EM-TV“ 76<br />
� nach den Kriterien <strong>des</strong> Informatec-Urteils wäre hier eine Haftung zu bejahen<br />
� der Gesellschaft wird Handeln <strong>des</strong> Vorstands nach § 31 BGB zugerechnet<br />
� Allerdings ist zu fragen, ob nach Einführung der §§ 37b, 37c WpHG noch Raum für<br />
den allgemeinen, Generalklausel-artigen Tatbestand <strong>des</strong> § 826 BGB ist<br />
� Der BGH knüpft an die vorsätzliche Beeinflussung <strong>des</strong> Kurses mit bedingtem<br />
Schädigungsvorsatz an. Damit geht der Vorwurf über die Fehlerhaftigkeit der Ad-hoc<br />
Mitteilung an sich hinaus. Nur insoweit sind §§ 37b, 37c WpHG abschließend. Gemäß<br />
§ 15 VI S. 2 WpHG bleibt die Haftung wegen anderer Rechtsvorschriften (als Verstoß<br />
gegen § 15 WpHG) unberührt.<br />
� Im Ergebnis ist nach den Grundsätzen der Rspr. hier wohl die Haftung zu bejahen.<br />
Informatec – Urteil BGH Urteil v 19.07. 2004, Az: II ZR 217/03 „Informatec“, NJW 2004, 2668-2671<br />
I. Schadensersatz aus Prospekthaftung<br />
1. Allerdings ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die von der Rechtsprechung entwickelten<br />
Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen <strong>des</strong> Anlegers auf die Richtigkeit und<br />
Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen (vgl. BGHZ 71, 284 u.<br />
st.Rspr.), hier überhaupt auf die Haftung der Beklagten für die von ihnen veranlaßten fehlerhaften Ad-hoc-<br />
Mitteilungen (§ 15 WpHG a.F.) der I. AG - eines Unternehmens <strong>des</strong> Neuen Marktes, der ein Segment <strong>des</strong><br />
geregelten Marktes ist (vgl. dazu Potthoff/Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 3, S. 6 ff.) - Anwendung<br />
finden könnten. Der Senat hat bislang - anders als die Revision meint - lediglich entschieden (BGHZ 123, 106),<br />
daß die Prospekthaftungsgrundsätze auch für Prospekte gelten, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb<br />
der geregelten Aktienmärkte geworben wird (vgl. aber für den Bereich der nicht zum Handel an einer<br />
inländischen Börse zugelassenen Wertpapiererstemissionen nunmehr die spezialgesetzliche Haftungsregelung<br />
nach § 13 VerkaufsprospektG (v. 13. Dezember 1990, BGBl. I, 2749) i.V.m. §§ 45 bis 48 BörsG).<br />
2. Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und vom<br />
13. September 1999 jedenfalls nicht die an einen "Prospekt" im Sinne der Prospekthaftungsgrundsätze zu<br />
stellenden Anforderungen erfüllen.<br />
Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste und häufigste Informationsquelle dar<br />
und bildet im allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung. Nach der Rechtsprechung <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>gerichtshofes darf ein Anleger erwarten, daß er ein zutreffen<strong>des</strong> Bild über das Beteiligungsobjekt erhält,<br />
d.h. daß der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder<br />
sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000<br />
- II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 - jew. m.w.N.).<br />
Diese Anforderungen kann eine Ad-hoc-Mitteilung i.S. <strong>des</strong> § 15 Abs. 1 WpHG a.F. in der Regel nicht erfüllen.<br />
Sie ist anlaßbezogen auf neue, bislang nicht veröffentlichte gewichtige Einzeltatsachen, die lediglich die bereits<br />
bekannten Informationen für den Sekundärmarkt ergänzen. Dabei erhebt die Bekanntgabe einer solchen<br />
kapitalmarktbezogenen Einzelinformation - anders als die den Primärmarkt betreffende Publizität eines<br />
74 BGH 1. Strafsenat, Urt. v. 16.12. 2004, NJW 2005, 445-450 „EM-TV“.<br />
75 BGH Urteil v 19.07. 2004, Az: II ZR 217/03 „Informatec“, NJW 2004, 2668-2671<br />
76 Urt. v. 9.5.2005, ZIP 2005, 1270 ff.<br />
136
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
(Emissions-)Prospekts - erkennbar nicht den Anspruch, eine das Publikum <strong>des</strong> Sekundärmarktes umfassend<br />
informierende Beschreibung zu sein.<br />
II. Schadensersatz aus Verletzung von Schutzgesetzen<br />
Zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche der Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der<br />
Verletzung etwaiger Schutzgesetze verneint.<br />
1. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG a.F. besteht nicht.<br />
§ 15 WpHG a.F. ist kein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Normzweck <strong>des</strong> § 15 WpHG a.F. ist nach den<br />
Gesetzesmaterialien nicht der Schutz der Individualinteressen der Anleger, sondern ausschließlich die im<br />
öffentlichen Interesse liegende Sicherung der Funktionsfähigkeit <strong>des</strong> Kapitalmarktes (vgl. insbesondere: BT-<br />
Drucks. 12/7918, S. 96, 102). Dementsprechend stellt § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. ausdrücklich klar, daß<br />
Verstöße gegen § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. keine Schadensersatzpflicht <strong>des</strong> Emittenten auslösen. Das schließt<br />
eine Schutzgesetzeigenschaft <strong>des</strong> § 15 WpHG a.F. aus (h.M., vgl. BVerfG, Urt. v. 24. September 2002 - 2 BvR<br />
742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; Kümpel in Assmann/Schneider, WpHG 2. Aufl. § 15 Rdn. 188; Rützel, AG 2003,<br />
69, 72; Thümmel, BB 2001, 2331, 2332; Groß, WM 2002, 477, 482; Horn, Festschrift Ulmer 2003, S. 817, 819;<br />
zur Gegenansicht: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität 2003, § 16 Rdn. 55).<br />
19<br />
2. Auch § 88 BörsG a.F. (jetzt § 20a WpHG) ist - entgegen der Ansicht der Revision - kein Schutzgesetz i.S. <strong>des</strong><br />
§ 823 Abs. 2 BGB.<br />
Der Senat hat bislang die Frage, ob § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist,<br />
offengelassen (vgl. Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 840). Er verneint sie nunmehr in<br />
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts und der herrschenden Meinung (vgl.<br />
BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988 mit umfangreichen Nachw. z. Meinungsstand). Nach den Gesetzesmaterialien<br />
(BT-Drucks. 10/318, S.44) ist über § 88 BörsG a.F. ein Schutz <strong>des</strong> einzelnen Anlegers nicht gewollt.<br />
21<br />
Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie - sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit - gerade<br />
dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu<br />
schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck <strong>des</strong> Gesetzes sowie darauf an,<br />
ob der Gesetzgeber bei Erlaß <strong>des</strong> Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung<br />
in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder<br />
zumin<strong>des</strong>t mitgewollt hat (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242 m.w.N.). Wie<br />
bereits in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 10/318, S. 45), steht bei § 88 BörsG a.F.<br />
allgemein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit ihrer für das gesamte<br />
Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund. § 88 BörsG a.F. bezweckt <strong>des</strong>halb nach dem<br />
Willen <strong>des</strong> Gesetzgebers in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Zwar wirkt sich der Schutz der<br />
Allgemeinheit mittelbar auch zugunsten <strong>des</strong> einzelnen Kapitalanlegers aus (vgl. BT-Drucks. aaO S. 46). Damit<br />
erstrebt das Gesetz aber noch nicht einen besonderen Schadensersatzanspruch zum Schutze (auch) der<br />
Individualinteressen <strong>des</strong> einzelnen (vgl. dazu: BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374). Der dem einzelnen zustatten<br />
kommende mittelbare Schutz ist vielmehr nur eine Reflexwirkung <strong>des</strong> Gesetzes, die die zivilrechtliche Haftung<br />
nicht begründen kann (vgl. BGHZ 89, 383, 401). Die Funktion, den Anleger vor Täuschungen und<br />
Vermögensverlusten zu schützen, wurde von § 264 a StGB übernommen; diese Norm ist aufgrund ihres<br />
drittschützenden Charakters Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 aaO; vgl.<br />
dazu unten unter 5.).<br />
Entgegen der Ansicht der Revision müssen weder § 15 WpHG a.F. noch § 88 BörsG a.F. aufgrund<br />
europarechtlicher Vorgaben in berichtigender Auslegung als Schutzgesetze ausgelegt werden. Der EG-Insider-<br />
Richtlinie 89/592/EWG vom 13. November 1989 (ABl Nr. L 334/30, Einleitung und Art. 13; sowie die in Art. 7 in<br />
Bezug genommene Richtlinie 79/279/EWG) oder der EG-Transparenz-Richtlinie 88/627/EWG vom 12.<br />
Dezember 1988 (ABl Nr. L 348/62) läßt sich kein Gebot entnehmen, § 15 WpHG a.F. oder § 88 Abs. 1 Nr. 1<br />
BörsG a.F. als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB auszugestalten (BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989).<br />
4. Einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hat das Berufungsgericht zutreffend<br />
verneint,<br />
weil die unrichtigen Ad-hoc- Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 nicht den Tatbestand <strong>des</strong><br />
§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllen.<br />
24<br />
a) Zwar ist die Strafvorschrift <strong>des</strong> § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (einhellige<br />
Meinung: vgl. z.B. BGHZ 149, 10, 20; Otto in Großkomm./AktG, 4. Aufl. 1997, § 400 Rdn. 2 m.w.N.). § 400<br />
137
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Abs. 1 Nr. 1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die<br />
Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen.<br />
b) Die Beklagten haben jedoch durch die beiden Ad-hoc-Mitteilungen nicht die Verhältnisse der Gesellschaft "in<br />
Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) unrichtig wiedergegeben.<br />
Als "Darstellungen über den Vermögensstand" gelten nur solche Berichte, die den Vermögensstand <strong>des</strong><br />
Unternehmens so umfassend wiedergeben, daß sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der<br />
Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Auch das ist bei den Ad-hoc-<br />
Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 offensichtlich nicht der Fall.<br />
28<br />
29<br />
5. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB hat das Berufungsgericht zu<br />
Recht verneint.<br />
Zwar hat die Strafnorm drittschützenden Charakter (vgl. Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW<br />
1992, 241 f.) und ist damit Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Um den Tatbestand <strong>des</strong> § 264 a StGB zu<br />
erfüllen, muß u.a. die fehlerhafte Information "in Prospekten" oder "in Darstellungen oder Übersichten über den<br />
Vermögensstand“ erfolgen. Die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 bzw. 13. September 1999<br />
sind jedoch - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - weder "Prospekte" (siehe oben I. 2.) noch "Darstellungen<br />
oder Übersichten über den Vermögensstand" (siehe oben II. 4.). Unabhängig davon fehlte es hier an dem<br />
außerdem in § 264 a Abs. 1 StGB vorausgesetzten Zusammenhang der Tathandlung mit dem "Vertrieb von<br />
Anteilen" (Nr. 1) oder mit einem Erhöhungsangebot (Nr. 2) (vgl. dazu: Lackner, StGB 24. Aufl. § 264 a Rdn. 6).<br />
6. Ein Anspruch der Kläger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheidet nach den zutreffenden<br />
Erwägungen <strong>des</strong> Berufungsgerichts bereits <strong>des</strong>halb aus, weil hier eine Absicht der Beklagten, sich oder einem<br />
Dritten "stoffgleich" zu Lasten <strong>des</strong> Vermögens der Kläger einen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht<br />
feststellbar ist.<br />
Gemäß § 263 StGB muß der Täter einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen <strong>des</strong> Geschädigten in<br />
der Weise anstreben, daß dieser Vorteil "die Kehrseite <strong>des</strong> Schadens" ist (BGHSt 6, 115, 116; Tiedemann in<br />
Leipziger Komm./StGB, 11. Aufl. 2000, § 263 Rdn. 256). Eine - lediglich mittelbare - Begünstigung der I. AG<br />
oder der Beklagten selbst durch einen infolge der falschen Ad-hoc-Mitteilung steigenden Aktienkurs reicht nicht<br />
aus (Möllers, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rdn. 104; Rützel, AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437,<br />
2440). Hinsichtlich der an den Aktienkäufen der Kläger beteiligten unbekannten Verkäufer liegt eine<br />
Bereicherungsabsicht der Beklagten fern.<br />
33<br />
III. Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB<br />
34<br />
Auch einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus § 826 BGB hat das Berufungsgericht - jedenfalls im<br />
Endergebnis - zu Recht verneint.<br />
1. Dazu hat es folgen<strong>des</strong> ausgeführt:<br />
2. Die Beweislastentscheidung zum Nachteil der Kläger hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis<br />
stand. Das Berufungsgericht hat weder die Darlegungs- und Beweislast zum Nachteil der Kläger hinsichtlich der<br />
behaupteten Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen für ihre Kaufentschlüsse verkannt (§ 286 ZPO)<br />
...<br />
Die Beweisnot der Kläger führt nicht dazu, daß an ihre Behauptungen nur ein geminderter<br />
Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen wäre; auch ein unverschuldeter Mangel an Beweismitteln rechtfertigt<br />
insoweit keine Vergünstigung gegenüber der anderen Partei (BGHZ 110, 363, 364). Das Berufungsgericht mußte<br />
nicht ausdrücklich darauf hinweisen, daß es sich dieser Beweisnot der Kläger bei seiner Entscheidung über die<br />
Ablehnung der Parteivernehmung von Amts wegen bewußt war. Denn dieser Umstand lag im Prozeß von<br />
_______________________________________________________________________<br />
C. Ansprüche <strong>des</strong> Aktionärs gegen Mitglieder <strong>des</strong> Vorstands und <strong>des</strong> Aufsichtsrats<br />
I. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche<br />
1. Anspruch aus § 117 I S. 2 AktG<br />
§ 117 I S. 2 AktG (-) � Schaden nur Reflex der Beeinträchtigung <strong>des</strong><br />
Gesellschaftsvermögens<br />
2. Anspruch wegen Verletzung der Mitgliedschaft (-)<br />
138
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
§ 823 I BGB (-) � kein schwerwiegender Eingriff in die Mitgliedschaft<br />
II. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche<br />
1. § 37c WpHG<br />
�Nur Anspruch gegen die Gesellschaft, nicht gegen die Organmitglieder direkt<br />
�Damit ist die Rechtsprechung zur Rechtslage vor Einführung der §§ 37b, 37c WpHG<br />
relevant. Dann kommt es auf § 823 II / 826 BGB an, wenn man die Organmitglieder<br />
direkt in Haftung nehmen möchte<br />
2. § 823 II iVm Schutzgesetz<br />
� eine Reihe von Normen verletzt<br />
a. § 33 III WpÜG<br />
b. § 15 I WpHG (-)<br />
c. § 400 AktG<br />
d. § 33 I S. 1 WpÜG (Verletzung der Neutralitätspflicht)<br />
� bis auf § 400 AktG sind die Normen nicht drittschützend<br />
e. § 263 StGB (-) � Kursbeeinflussung allein kein Betrug<br />
f. § 266 StGB<br />
� Problem 1 – Verstoß gegen § 87 AktG qualifizierter Verstoß, so dass Untreue ?<br />
LG Düsseldorf nein<br />
� Problem 2 – Untreue primär zu Lasten der Gesellschaft, Aktionäre nur mittelbar<br />
betroffen. Daher fraglich, ob sich Drittschutz auch auf den einzelnen Aktionär<br />
erstreckt<br />
3. § 826 BGB („Informatec“)<br />
�Im Ergebnis ist nach den Grundsätzen der Rspr. hier die Haftung zu bejahen.<br />
139
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Anhang A Sondervorschriften für börsennotierte Gesellschaften<br />
Kapitalmarktrechtliche Informations- und Verhaltenspflichten<br />
§ 12 ff WpHG** Insiderhandelsverbot<br />
§§ 15, 37b, 37c<br />
WpHG<br />
Ad hoc-Publizität<br />
§ 15a WpHG Veröffentlichung und Mitteilung von Directors’ Dealing<br />
§ 15b WpHG Führen eines Insiderverzeichnisses<br />
§ 20a WpHG Verbot der Kursmanipulation<br />
§§ 21 ff WpHG Gegenüber §§ 20 ff AktG weiter gehende Meldepflichten<br />
§ 37o WpHG BaFin ist befugt bei konkretem Anlass oder stichprobenartig Rechnungslegung <strong>des</strong><br />
Unternehmens zu überprüfen<br />
§ 39 BörsG Allgemeine Verhaltenspflichten, insbesondere Unterrichtungspflichten (§ 39 I Nr. 3<br />
iVm 63ff BörsZulVO)<br />
§ 40 BörsG* Zwischenberichtspflicht (vgl zu Einzelheiten §§ 53 ff BörsZulVO)<br />
§ 41 BörsG Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber Zulassungsstelle und gegenüber dem<br />
Publikum (bei Aufforderung durch die Zulassungsstelle)<br />
§ 1 WpÜG WpÜG nur auf börsennotierte Unternehmen anwendbar<br />
Prime Standard<br />
der FWB<br />
§ 62 I / § 77 BörsO 77<br />
Amtlicher Markt § 42 BörsG iVm §§ 62 ff BörsO<br />
Geregelter Markt § 50 III BörsO iVm §§ 77ff BörsO<br />
- Jahresabschluss nach internationalen Standards (IFRS o. US-GAAP)<br />
- Abschluss und Lagebericht in deutscher und englischer Sprache<br />
- Veröffentlichung spätestens vier Monate nach Berichtszeitraum<br />
§ 63 / § 78 BörsO - Pflicht zur Quartalsberichterstattung<br />
- nach § 63 VII sollen Berichte einer prüferischen Durchsicht unterzogen<br />
werden<br />
§ 64 / § 79 BörsO Unternehmenskalender Zusammenfassung der wichtigen Termine<br />
77 BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse in der Fassung v 27.6.2005.<br />
140
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
§ 65 / § 80 BörsO Eine Analystenveranstaltung außerhalb der Jahrespressekonferenz<br />
§ 66 / § 81 BörsO Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen in englischer Sprache<br />
Rechnungslegung nach HGB<br />
§ 266 I S 3 HGB*** Kleine AGs können verkürzte Bilanz aufstellen<br />
§ 274a HGB*** Größenabhängige Befreiungen von verschiedenen Bilanzierungsvorschriften<br />
§ 276 I HGB*** Größenabhängige Möglichkeit der Zusammenfassung von Vorgängen in einem<br />
"Rohergebnis" bei der Gewinn- und Verlustrechnung<br />
§ 285 II Nr 17 /<br />
§ 314 I Nr 9<br />
§§ 286 III S 3, 313<br />
III S. 3 HGB<br />
Angabe <strong>des</strong> Aufwan<strong>des</strong> für Abschlussprüfung und für sonstige Bewertungs- und<br />
Steuerberatungsleistungen im Anhang <strong>des</strong> Jahresabschlusses<br />
Unternehmen kann nicht mit Berufung auf § 286 III 1 Nr. 2 die Veröffentlichung von<br />
Beteiligungen nach § 285 S. 1 Nr.11, 11a unterlassen,<br />
§ 313 III S. 3 regelt Entsprechen<strong>des</strong> zum Konzeranhang<br />
§ 288 HGB*** Größenabhängige Erleichterungen beim Lagebericht<br />
§ 291 III Nr 1 HGB* Befreiung vom Abschluss nach § 291 I HGB nicht möglich, obwohl Abschluss den<br />
Vorgaben nach § 291 II HGB entspricht, wenn zu befreiende Muttergesellschaft am<br />
amtlichen Markt notiert ist<br />
§ 293 V HGB Von in § 293 I HGB vorgesehenen größenabhängigen Befreiungen kann kein Gebrauch<br />
werden, wenn das Mutterunternehmen oder eine in den Abschluss einbezogene<br />
Unternehmen börsennotiert ist (§ 293 V HGB)<br />
§ 297 I 2 HGB Pflicht zur Erweiterung <strong>des</strong> Konzernanhangs entfällt<br />
§ 313 III 2 HGB Berufung auf sog. Schutzklausel nach § 313 III 1 HGB möglich wonach<br />
Pflichtangaben nur fakultativ sind , wenn durch die Angaben einem der Unternehmen<br />
im Konzern erheblich Nachteile entstehen können<br />
§ 315a II HGB /<br />
Art. 4 I IFRS-VO1 1<br />
Aufstellung <strong>des</strong> Konzernabschlusses nach IFRS<br />
316 I S 1 HGB*** Kleine AG muss Lagebericht nicht prüfen lassen<br />
1 EG-Verordnung 1606/2002 zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards.<br />
141
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
317 IV HGB Pflicht zur Einbeziehung <strong>des</strong> Überwachungssystems nach § 91 II AktG in die<br />
Abschlussprüfung entfällt<br />
§ 319a I HGB Besondere Ausschlussgründe für Abschlussprüfer<br />
§ 323 II S. 2 HGB* Haftungshöchstsumme beim Abschlussprüfer bei Unternehmer mit amtlicher Notierung<br />
4 Millionen € anstatt 1 Million €<br />
§ 342b II HGB Prüfung der Rechnungslegung durch die Prüfstelle für Rechnungslegung<br />
Aktiengesetz ( Definition der „börsennotierten“ Aktiengesellschaft in § 3 II AktG)<br />
§ 110 III Bei börsennotierten Unternehmen muss der Aufsichtsrat zwingend zwei Sitzung im<br />
Kalenderhalbjahr abhalten<br />
§ 130 I S 3 Notarielle Niederschrift <strong>des</strong> Hauptversammlungsbeschlusses zwingend erforderlich<br />
§ 134 I S 2 Höchststimmrechte bei börsennotierten Unternehmen nicht zulässig<br />
§ 149 (UMAG) Bekanntmachung einer Haftungsklage<br />
§ 161 - Pflicht zur Abgabe Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate<br />
Governance Kodex (DCGK) und damit einher gehenden Pflichten §§ 285 I Nr. 16,<br />
314 I Nr. 8; 321 I 3, 322 IV, 325 I HGB 1<br />
- Kodex abgedruckt bei Hüffer AktG, § 161 Rn 9; zu Einzelheiten siehe auch Anhang B<br />
§ 171 II 2 Der Prüfungsbericht <strong>des</strong> Aufsichtsrat muss bei börsennotierten Gesellschaften<br />
Einze lheiten zu den Aufsichtsratsauschüssen enthalten<br />
§ 186 III 4 Die Zulässigkeit <strong>des</strong> Bezugsrechtsausschlusses bei Bareinlagen bis 10 % <strong>des</strong><br />
Grundkapitals ist nicht mehr gesetzlich ausdrücklich festgeschrieben<br />
§ 248a (UMAG) Bekanntgabe der Erhebung der Anfechtungsklage in den Gesellschaftsblättern<br />
§ 328 III Einschränkungen der Stimmrechtsausübung für wechselseitig beteiligte Unternehmen<br />
bei Wahl <strong>des</strong> Aufsichtsrates einer börsennotierten Gesellschaft<br />
§ 404 Höchststrafe bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht verringert sich von zwei Jahren<br />
auf ein Jahr<br />
Vorschriften ohne nähere Angaben knüpfen an die Notierung an einem organisierten Markt iSv § 2 V WpHG<br />
* Pflicht gilt nur für amtlichen Handel. Im geregelten Markt gilt sie nur dann, wenn die Börsenordnung bzw. das<br />
Regelwerk dies vorsieht<br />
1 Vgl. zur Publizität und Prüfung der Erklärung §§ 285 I Nr 16, 314 I Nr 8; 321 I 3, 322 IV, 325 I HGB<br />
142
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
** Pflicht auch dann bindend, wenn die Aktien zwar nicht zum amtlichen oder geregelten Markt zugelassen,<br />
aber in den Freiverkehr einbezogen<br />
*** Größenabhängige Erleichterungen bei der Rechnungslegung. Auswirkungen <strong>des</strong> Börsenrückzugs, daher auf<br />
mittelgroße (§ 267 I HGB) und (meist nur) kleine AGs (§ 267 II HGBI begrenzt<br />
143
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
Anhang B Der durch europäische Richtlinien vorgegebener Min<strong>des</strong>tstandard für<br />
Zulassungsfolgepflichten<br />
Emittenpflicht Derzeit für die Notierung am<br />
amtlichen Markt 1 geltender<br />
Standard<br />
§ 12 ff WpHG Art 2 ff MarktmissrauchsRiLi* 4<br />
Ab 2007 2 geltender Standard für<br />
alle geregelten Märkte iSd<br />
WertpapierdienstleistungsRiLi 3<br />
Art 2 ff MarktmissrauchsRiLi<br />
§ 15 WpHG Art 6 MarktmissbrauchsRiLi* Art 6 MarktmissbrauchsRiLi<br />
§ 15 WpHG Art 6 MarktmissbrauchsRiLi* Art 6 MartmissbrauchsRiLi<br />
§ 15a WpHG Art 6 MarktmissbrauchsRiLi ? Art 6 MarktmissbrauchsRiLi<br />
§ 15b WpHG Art 6 III S 3, 4<br />
MarktmissbrauchsRiLi<br />
Art 6 III S 3, 4<br />
MarktmisbrauchsRiLi<br />
§ 20a WpHG Art 5 ff MartkmissbrauchsRiLi* Art 5 ff MartkmissbrauchsRiLi<br />
§§ 21 ff WpHG Art 85-97 BörsenzulassungsRiLi* Art 9 TransparenzRiLi 5<br />
§ 65 BörsG (Jahresbericht) Art 67 BörsenzulassungsRiLi Art 4 TransparenzRiLi<br />
§ 40 BörsG (Zwischenbericht) Art 72 ff BörsenzulassungsRiLi Art 5 TransparenzRiLi<br />
Zwischenmitteilung Nicht geregelt Art 6 TransparenzRiLi<br />
§ 39 I BörsG<br />
- Nr 1<br />
- Nr 3<br />
- Nr 4<br />
Sonstige<br />
Zulassungsvoraussetzungen<br />
Offenlegung der<br />
Beteiligungsverhältnisse<br />
BörsenzulassungsRiLi<br />
Art 65 I<br />
Art 65 II<br />
Art 64<br />
Art 17 I TransparenzRiLi<br />
Art 17 II TransparenzRiLi<br />
Art 64 BörsenzulassungsRiLi**<br />
Art 5, 42 ff. Börsenzulassungs RiLi Art 5, 42 ff. Börsenzulassungs<br />
RiLi**<br />
nicht geregelt Art 10 ÜbernahmeRiLi 6<br />
1<br />
Amtliche Notierung iSd der BörsenzulassungsRiLi 2001/34/EG v 28.05.2001.<br />
2<br />
Umsetzungfrist für die MarktmissbrauchsRiLi ist bereits abgelaufen. Die neue WertpapierdienstleistungsRiLi<br />
ist bis April 2004 umzusetzen, die TransparenzRiLi bis 20.01.2007.<br />
3<br />
Art 4 Nr 14 WertpapiedienstleistungsRiLi 2004/30/EG v 30.4.2004<br />
4<br />
Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG v 12.4.2003.<br />
5<br />
Transparenzrichtlinie 2001/34/EG v 15.12.2004 (umzusetzen bis zum 20.01.2007 vgl Art 31).<br />
144
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
* Gilt nicht nur am amtlichen Markt, sondern für jeden „geregelten Markt iSv Art. 13<br />
WertpapierdienstleistungsRiLi 93/22/EWG<br />
** Soll auch 2007 nur bei „amtlicher Notierung“ iSd BörsenzulassungRiLi<br />
6 ÜbernahmeRiLi, 2004/25/EG v 21.04.2004 (umzusetzen bis zum 21.05.2006, vgl Art 21 I).<br />
145
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Anhang C – Übersicht über die gesetzlichen Vorschriften, die der Deutsche Corporate<br />
Governance Kodex wiedergibt oder konkretisiert<br />
2. Aktionäre und Hauptversammlung<br />
2.1<br />
2.1.1<br />
2.1.2<br />
2.2<br />
2.2.1<br />
2.2.2<br />
2.2.3<br />
2.2.4<br />
2.3<br />
2.3.1<br />
Satz 1<br />
Aktionäre<br />
Die Aktionäre nehmen ihre Rechte in der HV wahr und üben dort ihr Stimmrecht aus.<br />
Jede Aktie gewährt grundsätzlich eine Stimme. Aktien mit Mehrstimmrechten oder<br />
Vorzugsstimmrechten ("golden shares") sowie Höchststimmrechte bestehen nicht.<br />
Hauptve rsammlung (HV)<br />
Der Vorstand legt der HV den Jahresabschluss und den Konzernabschluss vor. Sie<br />
entscheidet über die Gewinnverwendung sowie die Entlastung von Vorstand und<br />
Aufsichtsrat (AR), wählt die Anteilseignervertreter im AR und in der Regel den<br />
Abschlussprüfer.<br />
Darüber hinaus entscheidet die HV über die Satzung und den Gegenstand der<br />
Gesellschaft, über Satzungsänderungen und über wesentliche unternehmerische<br />
Maßnahmen wie insbesondere Unternehmensverträge und Umwandlungen, über die<br />
Ausgabe von neuen Aktien und von Wandel- und Optionsscheinverschreibungen sowie<br />
über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien.<br />
Bei der Ausgabe neuer Aktien haben die Aktionäre grundsätzlich ein ihrem Anteil am<br />
Grundkapital entsprechen<strong>des</strong> Bezugsrecht.<br />
Jeder Aktionär ist berechtigt, an der HV teilzunehmen, dort das Wort zu Gegenständen<br />
der Tagesordnung zu ergreifen und sachbezogene Fragen und Anträge zu stellen.<br />
Der Versammlungsleiter sorgt für eine zügige Abwicklung der HV.<br />
Einladung zur HV, Stimmrechtsvertreter<br />
Die HV der Aktionäre ist vom Vorstand min<strong>des</strong>tens einmal jährlich unter Angabe der<br />
Tagesordnung einzuberufen. Aktionärsminderheiten sind berechtigt, die Einberufung<br />
einer HV und die Erweiterung der Tagesordnung zu verlangen.<br />
3. Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat<br />
3.1<br />
3.2<br />
3.3<br />
3.4<br />
Abs.1,<br />
Abs. 2,<br />
Abs.3<br />
Satz 2,3<br />
3.5<br />
Vorstand und AR arbeiten zum Wohle <strong>des</strong> Unternehmens eng zusammen.<br />
Der Vorstand stimmt die strategische Ausrichtung <strong>des</strong> Unternehmens mit dem AR ab<br />
und erörtert mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung.<br />
Für Geschäfte von grundlegender Bedeutung legen die Satzung oder der AR<br />
Zustimmungsvorbehalte zugunsten <strong>des</strong> AR fest. Hierzu gehören Entscheidungen oder<br />
Maßnahmen, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage <strong>des</strong> Unternehmens<br />
grundlegend verändern.<br />
Die ausreichende Informationsversorgung <strong>des</strong> AR ist gemeinsame Aufgabe von<br />
Vorstand und AR.<br />
Der Vorstand informiert den AR regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das<br />
Unternehmen relevanten Fragen der Planung, der Geschäftsentwicklung, der Risikolage<br />
und <strong>des</strong> Risikomanagements. Er geht auf Abweichungen <strong>des</strong> Geschäftsverlaufs von den<br />
aufgestellten Plänen und Zielen unter Angabe von Gründen ein.<br />
Berichte <strong>des</strong> Vorstands an den AR sind in der Regel in Textform zu erstatten.<br />
Entscheidungsnotwendige Unterlagen, insbesondere der Jahresabschluss, der<br />
Konzernabschluss und der Prüfungsbericht, werden den Mitgliedern <strong>des</strong> AR möglichst<br />
rechtzeitig vor der Sitzung zugeleitet.<br />
Gute Unternehmensführung setzt eine offene Diskussion zwischen Vorstand und AR<br />
sowie in Vorstand und AR voraus. Die umfassende Wahrung der Vertraulichkeit ist<br />
dafür von entscheidender Bedeutung.<br />
Alle Organmitglieder stellen sicher, dass die von ihnen eingeschalteten Mitarbeiter die<br />
Verschwiegenheitspflicht in gleicher Weise einhalten.<br />
§ 118 Abs. 1 AktG<br />
§§ 12, 134 AktG<br />
§§ 119, 120, 58, 174,<br />
179, 179a, 182ff.<br />
AktG,<br />
§ 221 UmwG<br />
§§ 186 Abs. 1 AktG<br />
§§ 126, 131 AktG<br />
*<br />
§§ 122, 124, 175<br />
AktG<br />
(§§ 76, 90, 93 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§§ 90, 111 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§ 111 Abs. 4 Satz 2<br />
AktG<br />
§§ 90, 111 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§ 93 Abs. 1 Satz 2<br />
AktG ggf. iVm § 116<br />
AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
146
3.7<br />
Abs. 1,<br />
Abs. 2<br />
3.8<br />
Abs. 1<br />
3.9<br />
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
4. Vorstand<br />
4.1<br />
4.1.1<br />
4.1.2<br />
4.1.3<br />
4.1.4<br />
4.2<br />
4.2.2<br />
Abs. 2<br />
4.2.3<br />
Abs. 1<br />
Satz 3<br />
4.3.<br />
4.3.1<br />
4.3.2<br />
4.3.3<br />
4.3.4<br />
Satz 2<br />
5. Aufsichtsrat<br />
5.1<br />
5.1.1<br />
5.1.2<br />
Bei einem Übernahmeangebot müssen Vorstand und AR der Zielgesellschaft eine<br />
begründete Stellungnahme zu dem Angebot abgeben, damit die Aktionäre in Kenntnis<br />
der Sachlage über das Angebot entscheiden können.<br />
Der Vorstand darf nach Bekanntgabe eines Übernahmeangebots keine Handlungen<br />
außerhalb <strong>des</strong> gewöhnlichen Geschäftsverkehrs vornehmen, durch die der Erfolg <strong>des</strong><br />
Angebots verhindert werden könnte, wenn er dazu nicht von der HV ermächtigt ist oder<br />
der AR dem zugestimmt hat. Bei ihren Entscheidungen sind Vorstand und AR an das<br />
beste Interesse der Aktionäre und <strong>des</strong> Unternehmens gebunden.<br />
Vorstand und AR beachten die Regeln ordnungsgemäßer Unternehmensführung.<br />
Verletzen sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw.<br />
ARsmitglieds schuldhaft, so haften sie der Gesellschaft gegenüber auf Schadenersatz.<br />
Die Gewährung von Krediten <strong>des</strong> Unternehmens an Mitglieder <strong>des</strong> Vorstands und <strong>des</strong><br />
AR sowie ihrer Angehörigen bedarf der Zustimmung <strong>des</strong> AR.<br />
Aufgaben und Zuständigkeiten<br />
Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung. Er ist dabei an das<br />
Unternehmensinteresse gebunden und der Steigerung <strong>des</strong> nachhaltigen<br />
Unternehmenswertes verpflichtet.<br />
Der Vorstand entwickelt die strategische Ausrichtung <strong>des</strong> Unternehmens, stimmt sie<br />
mit dem AR ab und sorgt für ihre Umsetzung.<br />
Der Vorstand hat für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen und<br />
wirkt auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin.<br />
Der Vorstand sorgt für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling im<br />
Unternehmen.<br />
Zusammensetzung und Vergütung<br />
Die Vergütung der Vorstandsmitglieder wird vom AR unter Einbeziehung von<br />
etwaigen Konzernbezügen in angemessener Höhe auf der Grundlage einer<br />
Leistungsbeurteilung festgelegt. Kriterien für die Angemessenheit der Vergütung<br />
bilden insbesondere die Aufgaben <strong>des</strong> jeweiligen Vorstandsmitglieds, seine persönliche<br />
Leistung, die Leistung <strong>des</strong> Vorstands sowie die wirtschaftliche Lage, der Erfolg und die<br />
Zukunftsaussichten <strong>des</strong> Unternehmens unter Berücksichtigung seines<br />
Vergleichsumfelds.<br />
Sämtliche Vergütungsbestandteile müssen für sich und insgesamt angemessen sein.<br />
Interessenkonflikte<br />
Vorstandsmitglieder unterliegen während ihrer Tätigkeit für das Unternehmen einem<br />
umfassenden Wettbewerbsverbot.<br />
Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter dürfen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit<br />
weder für sich noch andere Personen von Dritten Zuwendungen oder sonstige Vorteile<br />
fordern oder annehmen oder Dritten ungerechtfertigte Vorteile gewähren.<br />
Die Vorstandsmitglieder sind dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Kein Mitglied<br />
<strong>des</strong> Vorstands darf bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen<br />
Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, nutzen.<br />
Alle Geschäfte zwischen dem Unternehmen einerseits und den Vorstandsmitgliedern<br />
sowie ihnen nahe stehenden Personen oder ihnen persönlich nahe stehenden<br />
Unternehmungen andererseits haben branchenüblichen Standards zu entsprechen.<br />
Aufgaben und Zuständigkeiten<br />
Aufgabe <strong>des</strong> ARs ist es, den Vorstand bei der Leitung <strong>des</strong> Unternehmens regelmäßig zu<br />
beraten und zu überwachen. Er ist in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für<br />
das Unternehmen einzubinden.<br />
Der AR bestellt und entlässt die Mitglieder <strong>des</strong> Vorstands.<br />
§§ 27, 33 WpÜG,<br />
§ 93 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§§ 93 Abs. 2, 116<br />
AktG<br />
§ 89 AktG<br />
§§ 76, 90, 93 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§§ 76, 90, 93 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§§ 76, 90, 93 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§ 91 Abs. 2 AktG<br />
§ 87 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§ 87 Abs. 1 AktG<br />
§ 88 AktG<br />
§§ 89, 93 AktG,<br />
§§ 266, 299 StGB<br />
§ 88 AktG,<br />
§ 93 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
*(§ 89 Abs. 3 AktG)<br />
§§ 90, 111 AktG<br />
(Konkretisierung und<br />
Zwang)<br />
§ 84 AktG<br />
147
Abs.1<br />
Satz 1<br />
5.2<br />
Abs.1<br />
5.4<br />
5.4.3<br />
Satz 1<br />
5.4.5<br />
Abs.1<br />
Satz 1,2<br />
5.5<br />
5.5.1<br />
5.5.4<br />
Kaspar Krolop – LS <strong>Prof</strong>. Windbichler – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Probleme</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitalgesellschaftsrechts</strong> – SoS 2005<br />
6. Transparenz<br />
6.1<br />
6.2<br />
6.6<br />
Abs.1<br />
Aufgaben und Befugnisse <strong>des</strong> ARsvorsitzenden<br />
Der ARsvorsitzende koordiniert die Arbeit im AR und leitet <strong>des</strong>sen Sitzungen.<br />
Zusammensetzung und Vergütung<br />
Je<strong>des</strong> ARsmitglied achtet darauf, dass ihm für die Wahrnehmung seiner Mandate<br />
genügend Zeit zur Verfügung steht.<br />
Die Vergütung der ARsmitglieder wird durch Beschluss der HV oder in der Satzung<br />
festgelegt. Sie trägt der Verantwortung und dem Tätigkeitsumfang der ARsmitglieder<br />
sowie der wirtschaftlichen Lage und dem Erfolg <strong>des</strong> Unternehmens Rechnung.<br />
Interessenkonflikte<br />
Je<strong>des</strong> Mitglied <strong>des</strong> AR ist dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Es darf bei seinen<br />
Entscheidungen weder persönliche Interessen verfolgen noch Geschäftschancen, die<br />
dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen.<br />
Berater- und sonstige Dienstleistungs- und Werkverträge eines ARsmitglieds mit der<br />
Gesellschaft bedürfen der Zustimmung <strong>des</strong> AR.<br />
Der Vorstand wird Tatsachen, die im Tätigkeitsbereich <strong>des</strong> Unternehmens eingetreten<br />
und nicht öffentlich sind, unverzüglich veröffentlichen, wenn sie wegen der<br />
Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen<br />
Geschäftsverlauf geeignet sind, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere der<br />
Gesellschaft erheblich zu beeinflussen.<br />
Sobald der Gesellschaft bekannt wird, dass jemand durch Erwerb, Veräußerung oder<br />
auf sonstige Weise 5, 10, 25, 50 oder 75% der Stimmrechte an der Gesellschaft<br />
erreicht, über- oder unterschreitet, wird dies vom Vorstand unverzüglich veröffentlicht.<br />
Erwerb oder Veräußerung von Aktien der Gesellschaft oder von darauf bezogenen<br />
Erwerbs- oder Veräußerungsrechten (z. B. Optionen) sowie von Rechten, die<br />
unmittelbar vom Börsenkurs der Gesellschaft abhängen, durch Vorstands- und<br />
ARsmitglieder der Gesellschaft oder ihres Mutterunternehmens sowie durch bestimmte<br />
ihnen nahe stehende Personen werden von diesen unverzüglich der Gesellschaft<br />
mitgeteilt. Von der Mitteilungspflicht sind der Erwerb auf arbeitsvertraglicher<br />
Grundlage, als Vergütungsbestandteil sowie unwesentliche Erwerbs- und<br />
Veräußerungsgeschäfte (25.000,- EURO in 30 Tagen) ausgenommen. Die Gesellschaft<br />
veröffentlicht die Mitteilung unverzüglich.<br />
7. Rechnungslegung und Abschlussprüfung<br />
7.1<br />
7.1.1<br />
Satz 1,4<br />
7.1.2<br />
Satz 1<br />
7.2<br />
7.2.2<br />
7.2.4<br />
Rechnungslegung<br />
Anteilseigner und Dritte werden vor allem durch den Konzernabschluss informiert. Für<br />
gesellschaftsrechtliche Zwecke (Ausschüttungsbemessung, Gläubigerschutz) werden<br />
Jahresabschlüsse nach nationalen Vorschriften (HGB) aufgestellt, die auch Grundlage<br />
für die Besteuerung sind.<br />
Der Konzernabschluss wird vom Vorstand aufgestellt und vom Abschlussprüfer sowie<br />
vom AR geprüft.<br />
Abschlussprüfung<br />
Der AR erteilt dem Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag und trifft mit ihm die<br />
Honorarvereinbarung.<br />
Der Abschlussprüfer nimmt an den Beratungen <strong>des</strong> AR über den Jahres- und<br />
Konzernabschluss teil und berichtet über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung.<br />
*(§ 107 AktG)<br />
§ 116 iVm § 93<br />
Abs.1 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§ 113 AktG<br />
(Konkretisierung)<br />
§ 116 iVm § 93<br />
AktG,<br />
§§ 266, 299 StGB<br />
(Konkretisierung)<br />
§§ 114, 115 AktG<br />
§ 15 WpHG<br />
§ 21f. WpHG<br />
(subsidiär §§ 20ff.<br />
AktG)<br />
§ 15a WpHG<br />
§§ 290ff. HGB,<br />
§ 40 BörsG<br />
§ 290 HGB, §§ 316,<br />
317 HGB, §§ 170,<br />
171 AktG<br />
§ 111 Abs. 2 Satz 3<br />
AktG<br />
§ 171 Abs. 1 Satz 2<br />
AktG<br />
* im Gesetz nicht explizit geregelt, aber allgemein anerkannte Rechtspflichten, vgl. wie z.B. zügige Abwic klung<br />
der HV bei Hüffer § 29 Rn. 19 m.w.N.<br />
148