Konferenzbericht (PDF) - Dräger-Stiftung
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XIV. Malenter Symposium<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
Mittelständische<br />
und familien geführte<br />
Unternehmen in<br />
Deutschland –<br />
Wege aus der Krise<br />
22. - 23. September 2003<br />
Lübecker Musik- und<br />
Kongresshalle<br />
1
XIV<br />
2
Seit 30 Jahren fördert und veranstaltet die<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong> internationale Konferenzen<br />
und Symposien. Die Reihe der Malenter<br />
Symposien - benannt nach dem ersten Konferenzort<br />
in Schleswig-Holstein - ist die wichtigste<br />
und bekannteste Konferenzreihe der<br />
<strong>Stiftung</strong>. Die Symposien sind Foren für innovative<br />
Diskussionen über nationale und internationale<br />
politische, wirtschaftliche und<br />
soziale Themen.<br />
Die vergangenen Konferenzen befassten<br />
sich unter anderem mit Fragen des Arbeits -<br />
marktes und der Beschäftigungs politik, mit<br />
Welthandelsfragen und dem Technologie -<br />
transfer, mit Fragen der Globa lisierung und<br />
der Integration der osteuro päischen Trans -<br />
formationsländer in die Weltwirtschaft, mit<br />
Strategien zur Armuts bekämpfung in<br />
Schwel len ländern oder mit der Reform<br />
unseres Ge sundheits systems. Am 22. und<br />
23. Septem ber 2003 veranstaltete die<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong> das XIV. Malenter<br />
Symposium zum Thema “Mittels tändische<br />
und familiengeführte Unter nehmen in<br />
Deutschland - Wege aus der Krise”.<br />
Das XIV. Malenter Symposium greift damit<br />
ein Thema auf, das für die Entwick lung<br />
der deutschen Wirtschaft von zentraler<br />
XIV. Malenter Symposium<br />
Mittelständische und familiengeführte<br />
Unternehmen in Deutschland –<br />
Wege aus der Krise<br />
Bedeu tung ist, und zwar sowohl im Hin -<br />
blick auf die Schaffung von Arbeits- und<br />
Ausbil dungsplätzen als auch mit Blick auf<br />
ihren Anteil an der Investitionstätigkeit,<br />
der Brutto wert schöpfung und am Steuer -<br />
auf kommen. Soll der Mittelstand auch in<br />
Zu kunft Motor für die deutsche Wirtschaft<br />
bleiben, müssen sich Klima und Rahmen -<br />
bedingungen für die se Unternehmen<br />
verbessern, müssen arbeits-, tarif- und<br />
steuerrechtliche Bestim mun gen auf den<br />
Prüfstand. Allerdings müs sen auch viele<br />
mittelständische Betriebe umdenken. Die<br />
Zeiten kostengünstiger Kredit finanzie rung<br />
bei unzureichender Eigen kapi tal decke<br />
sind vorbei, ein moder nes Kosten manage -<br />
ment ist Voraussetzung für das Überleben.<br />
Darüber hinaus stellt sich die Frage,<br />
welche Rahmenbedingun gen seiner Ge -<br />
schäfts tätig keit der Mittelstand selbst neu<br />
gestalten und wie er seine Inte ressen bes -<br />
ser wahr nehmen und durch setzen kann.<br />
Ziel des Symposiums war es, Vertreter aus<br />
Wirtschaft, Politik und Wissenschaft an<br />
einen Tisch zu bringen, um im Rahmen der<br />
Plenar- und Arbeitskreissitzungen die Ur -<br />
sachen der gegenwärtigen Mittelstands -<br />
misere zu analysieren und Lösungsvor -<br />
schlä ge für die Probleme zu erarbeiten.<br />
Für ihre aktive und wertvolle Unterstützung<br />
bei der Vorbereitung des Symposiums<br />
dankt die <strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
Professor Dr. Peter May,<br />
INTES Akademie für Familienunternehmen<br />
GmbH, Bonn<br />
Professor Dr. Rolf Peffekoven,<br />
Institut für Finanzwissenschaft, Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz<br />
Jochen Sauerborn,<br />
Sauerborn Trust AG, Bad Homburg, und<br />
Ralph Wiechers,<br />
NOHETO! GmbH & Co. KG,<br />
Unternehmens- und Managementberatung,<br />
Witten<br />
Ebenfalls Dank sagen für großzügige<br />
Unterstützung möchte die <strong>Stiftung</strong> der<br />
DaimlerChrysler AG, Stuttgart und<br />
OCÉ-Deutschland GmbH,<br />
Geschäfts stelle Hamburg sowie den<br />
Künstlerinnen Beatrice Dettmann,<br />
Karin Ohlsen und Angela Preusz<br />
für die Gestaltung des künstlerischen<br />
Rahmens.<br />
Petra Pissulla<br />
Direktorin, <strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
3
Montag, 22. September<br />
Plenarsitzung<br />
Moderation<br />
Prof. Dr. Dieter Feddersen<br />
Mitglied des Vorstandes,<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong>, Lübeck<br />
13:30 Uhr Begrüßung<br />
Prof. Dr. Dieter Feddersen<br />
13:45 Uhr Eröffnungsrede<br />
Dr. Jürgen Heraeus<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates,<br />
Heraeus GmbH, Hanau<br />
Die Malaise des deutschen<br />
Mittelstands – Ursachen und Auswege<br />
14:30 Uhr Diskussion<br />
15:30 Uhr<br />
Dr. Franz Ruder<br />
Direktor, Underberg AG, Dietlikon, Schweiz<br />
Was ist los mit dem deutschen<br />
Mittelstand – Ein Blick von außen<br />
16:00 Uhr Diskussion<br />
16:30 Uhr<br />
Prof. Dr. Peter May<br />
Gründer und Geschäftsführer,<br />
INTES Akademie für<br />
Familienunternehmen GmbH, Bonn<br />
Faktor Nachfolge: Was tun?<br />
17:00 Uhr Diskussion<br />
18:00 Uhr<br />
Prof. Dr. h.c. Lothar Späth<br />
Ministerpräsident a.D., Stuttgart<br />
Brauchen wir eine neue<br />
Mittelstandspolitik?<br />
4<br />
Montag, 22. September 2003<br />
Dienstag, 23. September 2003<br />
18:30 Uhr - 19:00 Uhr Diskussion<br />
20:00 Uhr Abendessen<br />
im Restaurant „Schiffergesellschaft”<br />
Grußwort<br />
Bernd Saxe<br />
Bürgermeister der Hansestadt Lübeck<br />
Festvortrag<br />
Prof. Dr. Paul Kirchhof<br />
Direktor, Institut für Finanz- und<br />
Steuerrecht, Ruprecht - Karls - Universität<br />
Heidelberg<br />
Eigenverantwortung und Familie –<br />
Grundlagen mittelständischer<br />
Unternehmen<br />
Dienstag, 23. September<br />
08:30 Uhr Begrüßung<br />
Theo <strong>Dräger</strong><br />
Vorsitzender des Vorstandes,<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG, Lübeck<br />
Das <strong>Dräger</strong>werk – seit über 110<br />
Jahren familiengeführt<br />
09:00 Uhr - 11:15 Uhr<br />
Parallele Arbeitskreissitzungen<br />
Arbeitskreis 1<br />
Finanzierung und Förderung des<br />
Mittelstands<br />
Chair:<br />
Prof. Dr. Gerhard Prosi<br />
Wissenschaftlicher Beirat,<br />
Mittelstandsinstitut Schleswig-Holstein e.V.,<br />
Altenholz<br />
Themen:<br />
–Basel II und andere Finanzierungs -<br />
konzepte für Gründung, Betrieb und<br />
Über nahme – Geht dem Mittelstand das<br />
Geld aus?<br />
– Existenzgründungsmodelle ohne<br />
Subventionen<br />
– Best Practice – Was können wir von<br />
anderen lernen?<br />
Kick-off-Statements:<br />
Dr. Peter Fleischer<br />
Mitglied des Vorstandes,<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau, Bonn<br />
Peter Jungen<br />
Geschäftsführender Gesellschafter,<br />
Peter Jungen Holding GmbH, Köln;<br />
Präsident, EBAN European Business<br />
Angels Network, Brüssel, Belgien
Dr. Wallace Mathai-Davis<br />
Former Member of the Board of Directors,<br />
Mercantile Bankshares Corp.,<br />
Baltimore, Maryland, USA<br />
Edgar Meister<br />
Mitglied des Vorstandes,<br />
Deutsche Bundesbank, Frankfurt/Main<br />
Dr. Andreas M. Odefey<br />
Geschäftsführender Gesellschafter, BPE<br />
Private Equity GmbH, Hamburg<br />
Arbeitskreis 2<br />
Arbeitsrecht, Mitbestimmung und<br />
Beschäftigung<br />
Chair:<br />
Prof. Dr. Eberhard Hamer<br />
Wiss. Leiter, Mittelstandsinstitut<br />
Niedersachsen e.V., Hannover<br />
Themen:<br />
– Das Individualarbeitsrecht und seine<br />
Auswirkungen auf die Beschäfti gungs-<br />
situation im Mittelstand<br />
– Mitbestimmung und Betriebsverfassung<br />
– Best Practice – Was können wir von<br />
anderen lernen?<br />
Kick-off-Statements:<br />
Prof. Dr. Gerrick<br />
Freiherr von Hoyningen-Huene<br />
Prodekan, Juristische Fakultät,<br />
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg<br />
Dr. Jörg Mittelsten Scheid<br />
Persönlich haftender Gesellschafter,<br />
Vorwerk & Co., Wuppertal<br />
Mario Ohoven<br />
Präsident, Bundesverband mittelständische<br />
Wirtschaft – Unternehmerverband<br />
Deutschland e.V., Berlin<br />
Thomas Selter<br />
Geschäftsführer, Gustav Selter GmbH &<br />
Co. KG, Altena; Mitglied des Bundesvo r -<br />
standes, Arbeitsgemeinschaft Selbständiger<br />
Unternehmer (ASU), Berlin<br />
Arbeitskreis 3<br />
Steuerrecht und Sozialsystem<br />
Chair:<br />
Rainer Kirchdörfer<br />
Partner, Hennerkes,<br />
Kirchdörfer & Lorz, Stuttgart<br />
Themen:<br />
– Der Mittelstand und die Ertragssteuern<br />
– Vermögens- und Erbschaftssteuerrecht<br />
– Lohnnebenkosten<br />
– Best Practice – Was können wir von<br />
anderen lernen?<br />
Kick-off-Statements:<br />
Dr. Barbara Hendricks<br />
MdB, Parl. Staatssekretärin,<br />
Bundesministerium der Finanzen,<br />
Berlin<br />
Knut Henze<br />
Geschäftsführer, Steuerberaterkammer<br />
Schleswig-Holstein, Kiel<br />
Dr. Carl-Heinz Heuer<br />
Partner, Heuer & Partner –<br />
Rechtsanwälte, Frankfurt/Main<br />
Dr. Klaus Murmann<br />
Chairman, Sauer-Danfoss Inc., Neumünster<br />
Plenarsitzung<br />
11:45 Uhr<br />
Paneldebatte<br />
Moderation:<br />
Thomas Voigt<br />
Chefredakteur, impulse, Köln<br />
Was kann die Politik leisten?<br />
Walter Hoffmann<br />
MdB, Mitglied der Arbeitsgruppe Wirtschaft<br />
und Arbeit, SPD-Bundestagsfraktion, Berlin<br />
Matthias Max Schön<br />
Mitglied des Aufsichtsrates,<br />
MAX SCHÖN AG, Lübeck; Präsident,<br />
Arbeitsgemeinschaft Selbständiger<br />
Unternehmer (ASU), Berlin<br />
Dr. Hermann Otto Solms<br />
MdB, FDP-Bundestagsfraktion;<br />
Vizepräsident, Deutscher Bundestag, Berlin<br />
13:00 Uhr<br />
Zusammenfassende Betrachtung<br />
(Arbeitskreise und Panel)<br />
Prof. Dr. Peter May<br />
Gründer und Geschäftsführer,<br />
INTES Akademie für<br />
Familienunternehmen GmbH, Bonn<br />
13:30 Uhr Schlussvortrag<br />
Nicholas R. Teller<br />
Mitglied des Vorstandes, Commerzbank<br />
AG, Frankfurt/Main<br />
Erfolgreiche Unternehmensführung in<br />
mittelständischen Betrieben aus Sicht<br />
der Banken und Finanzmärkte<br />
5
6<br />
Begrüßung<br />
Prof. Dr. Dieter Feddersen,<br />
Mitglied des Vorstands, <strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
ich darf Sie auch im Namen meines<br />
Kollegen im Vorstand der <strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong>,<br />
Dr. Christian <strong>Dräger</strong>, zum diesjährigen<br />
XIV. Malenter Sym posium herzlich be grüßen.<br />
Der Name Malente für ein Symposium, das<br />
seit längerer Zeit in Lübeck stattfindet, ist<br />
darauf zurückzuführen, dass unser Stif t ungsgründer,<br />
Heinrich <strong>Dräger</strong>, diese Veranstal -<br />
tungsreihe ursprünglich in Malente begrün -<br />
det hat. Auch wenn es heutige Verkehrs -<br />
verbindungen besser erscheinen lassen,<br />
diese Symposien nun hier am Sitz des<br />
Unternehmens und der <strong>Stiftung</strong> in Lübeck<br />
durchzu führen, wollen wir mit dem Namen<br />
Ma lente aber doch weiterhin gern an die<br />
erfolgreichen ersten Jahre zurück denken.<br />
Wir haben als Thema für die heutige Ver -<br />
anstaltung das mittelständische und fami -<br />
liengeführte Unternehmen in Deutschland<br />
ins Visier genommen. Der Mittelstand ist<br />
für die Entwicklung der deutschen Wirt -<br />
schaft von zentraler Be deutung, und zwar<br />
sowohl im Hinblick auf die Schaffung von<br />
Arbeits- und Aus bildungsplätzen als auch<br />
mit Blick auf seinen Anteil an der Investi -<br />
tionstätigkeit, der Bruttowertschöpfung und<br />
am Steu er aufkommen. Die gegenwärtige<br />
wirt schaftliche Situation des Mittel stands<br />
allerdings ist alles andere als gut. Umso<br />
wichtiger ist deswegen die Suche nach<br />
Wegen aus der Krise auch für die deut sche<br />
Wirtschaft insgesamt. Mit 'Krise' meinen wir<br />
dabei nicht so sehr die Krise des Mittel -<br />
standes selbst, son dern wir meinen in<br />
erster Linie na türlich die wirtschaftliche<br />
Lage des Lan des, und da gibt es nun zum<br />
ge gen wär tigen Zeitpunkt in der Tat sehr<br />
we nig Grund zur Freude.<br />
Fast haben wir uns daran gewöhnt, mei ne<br />
Damen und Herren, dass Deutsch land zum<br />
wirtschaftlichen Schlusslicht in Europa<br />
geworden ist. Die Stellung nahme des IWF<br />
vor wenigen Tagen hat das wieder einmal<br />
in bestürzender Wei se bestätigt. Das Wirt -<br />
schafts wachs tum war im ersten Quartal<br />
2003 negativ, die Arbeitslosenzahl liegt bei<br />
4,3 Millionen, die Zahl der Insolvenzen<br />
steigt von Mo nat zu Monat auf neue Rekordhöhen.<br />
Ein gesamtstaatliches Haus halts -<br />
defizit von knapp unter 4 % für das laufen -<br />
de Jahr 2003 ist kaum noch zu vermeiden,<br />
die Neuverschuldung steigt drastisch, das<br />
Sozialsystem steht vor dem Kollaps. Dem<br />
stehen an positiven Nachrichten nur die<br />
leichten Verbesser ungen des Geschäfts -<br />
klimaindexes – immerhin nun bereits zum<br />
wiederholten Male – und die vorsichtig<br />
positiven Kon junktur indi ka toren aus den<br />
USA ent gegen, denn ein Prozent Wachs -<br />
tum in den USA bringt erfahrungsgemäß –<br />
wenn auch mit zeitlicher Verzögerung –<br />
etwa 0,3 % mehr Wachstum für die<br />
Bundesrepublik Deutschland und 0,2 %<br />
mehr für die EU. Allerdings sind solche<br />
Zusam men hänge außerordentlich vol atil,<br />
wie wir im mer wieder sehen kön nen.<br />
Ereignisse an den Börsen, Wech sel kurs -<br />
schwan kun gen, das Schei tern von Welt handels<br />
runden und Ähnliches haben immer<br />
wieder zur Folge, dass sich solche Prog -<br />
nosen nicht realisieren lassen.<br />
Aber wo liegen nun die Ursachen die ser<br />
fatalen Entwicklungen? Tragen ver krustete<br />
Arbeitmarktstrukturen und leis tungsfeind -<br />
liche soziale Sicherungs sys teme wirklich<br />
die Alleinschuld an un se ren Problemen<br />
oder steckt doch etwas mehr dahinter?<br />
Sind es nicht auch an dere Faktoren –
makroöko no mische Ur sachen – wie z.B.<br />
die Höhe der Staats verschuldung, die Real -<br />
zinsen – die in Deutschland höher sind als<br />
in anderen Ländern der Währungsunion –,<br />
die Infla tionsrate, die Quote der öffent lichen<br />
In vestitionen – die in Deutschland im Zuge<br />
des Stabilitäts- und Wachs tums pakts stär -<br />
ker gesunken ist als in den an deren Län -<br />
dern –, die sinkende Lohn quote, wie die<br />
nachfrage orien tie rten Wis senschaftler<br />
meinen, und nicht zu letzt die zu geringe<br />
Innovations fähig keit der deutschen Wirt -<br />
schaft, die für das Zurückbleiben unserer<br />
Wirtschafts leis tung mitverantwortlich sind?<br />
Haben sich also Entwicklungen im Bereich<br />
der Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik absolut<br />
und relativ im Vergleich zu den anderen<br />
Ländern der Währungsunion dämpfend auf<br />
unsere Wirtschaftsentwicklung aus gewirkt?<br />
Wenn ja: was muss auch in die sen Berei -<br />
chen geschehen, um die deutsche Wirt -<br />
schaft wieder auf Vorder mann zu bringen?<br />
Dann nämlich würde es nicht ausreichen,<br />
die Steuer- und Sozialsysteme zu refor -<br />
mieren und die Arbeitsmärkte zu deregu -<br />
lieren, insbe son dere dann nicht, wenn der<br />
Senkung der Steuerquote auf der anderen<br />
Seite eine nochmals höhere Verschuld ung<br />
ent gegensteht.<br />
Das alles, meine Damen und Herren, be -<br />
schäftigt natürlich den Mittelstand genauso<br />
wie andere Unternehmen und wie die Bür -<br />
ger insgesamt, aber speziell für den Mittel -<br />
stand stellt sich die Frage nach Veränderungen<br />
mit besonderer Schärfe: die Zahl der<br />
Insolvenzen steigt derzeit um fast 8 % pro<br />
Monat; allein in den ersten vier Monaten<br />
dieses Jahres waren mehr als 15.000<br />
Firmeninsol ven zen zu verzeichnen. Zwar<br />
besteht Partei übergreifend Einigkeit darü -<br />
ber, dass et was passieren muss; weitest -<br />
gehend zer stritten allerdings sind die<br />
Parteien, wenn es darum geht, Wege aus<br />
der Kri se zu finden – die gegenseitigen<br />
Blo cka den in Bundestag und Bundesrat<br />
sind notorisch, und es ist nicht sehr er muti -<br />
gend, wenn von den Oppositions parteien<br />
immer wieder betont wird, dass abgesehen<br />
von dem Partei über greifen den Konsens<br />
bei der Reform des Ge sundheitswesens<br />
keine weitere Ko ope ra tion in Frage käme.<br />
Der meines Er ach tens richtige Gedanke,<br />
dass wir von der alles lähmenden Konsens -<br />
demokratie zu einem Verfahren kommen<br />
müssen, in dem die nun ein mal vorhandene<br />
Mehrheit die Entschei dungen trifft, ist<br />
immer noch nicht durch gedrungen.<br />
Wie also soll es weitergehen? Wie kann<br />
das theoretische Wissen um die Reform -<br />
notwendigkeit in die Praxis um ge setzt<br />
werden? Reichen hierzu, meine Damen<br />
und Herren, die personellen Re ssourcen<br />
in unserem Lande überhaupt noch aus?<br />
Ein großer Teil der jungen Eliten geht ins<br />
Ausland. Aber müssen wir nicht unter an -<br />
derem aufgrund der verschlechterten Bil -<br />
dungsstrukturen hier in der Bundes republik<br />
Deutschland auch einen Rück gang der Qua -<br />
lität un serer Eliten verzeich nen? Wir müssen<br />
uns auch im Mittelstand die Frage stel len,<br />
ob unsere Top-Manager den Anfor derungen<br />
heute noch gewachsen sind oder ob auch<br />
hier ein neuer Aufbruch – wie nach 1949 –<br />
nötig sein wird. Wir werden morgen früh<br />
Herrn Theo <strong>Dräger</strong>, den Vorstandsvorsitzenden<br />
der <strong>Dräger</strong>werk AG, zu diesem Thema<br />
hör en, wenn er näm lich darüber be richtet,<br />
wie man ein Unterneh men über 100 Jahre<br />
in einer Familie führen kann.<br />
Meine Damen und Herren, der Mittel stand<br />
hat nach 1949 die Wirtschaft aus dem Tal<br />
gezogen, man könnte auch sa gen: ziehen<br />
müssen, als nämlich die Großindustrie<br />
noch an den Folgen der Demontagen litt<br />
und erst wieder aufge baut werden musste.<br />
Seither steht der Mittelstand im Zentrum<br />
deutscher In dus trieentwicklung und ist die<br />
Stärke der deutschen Industrie geblieben.<br />
Der Mittel stand schafft Arbeitsplätze, wäh -<br />
rend die Großindustrie Arbeitsplätze ab -<br />
baut. Er wird auch in Zukunft das Rückgrat<br />
für die Wiedergewinnung von Arbeitsplätzen<br />
sein müssen. Im Lichte der Tatsache, dass<br />
wir über den ohne hin schon stattfindenden<br />
Schwund von industriellen Arbeitsplätzen<br />
hinaus künf tig auch verstärkt mit Verla -<br />
gerungen von Dienstleistungsarbeitsplätzen<br />
ins Ausland rechnen müssen, gibt dies<br />
mei nes Erachtens jeden Anlass, auch sei -<br />
tens der Politik über den Mittelstand und<br />
seine weitere Förderung nachzu denken,<br />
Anlass aber auch für den Mit tel stand selbst,<br />
seine Position in die sem Kontext zu be -<br />
haup ten und seine Interessen zu ver -<br />
treten.<br />
Damit möchte ich die Begründung ab lie fern,<br />
warum wir Sie heute hierher ge beten haben.<br />
Wir danken Ihnen allen für ihr Erscheinen<br />
und ihre Bereitschaft, diese uns alle be -<br />
rührenden Fragen zu diskutieren und nach<br />
Problemlösungen zu suchen.<br />
Aber bevor ich die Konferenz eröffne, ge -<br />
statten Sie mir noch einige wenige weitere<br />
Worte des Danks. Ein herz lich er Dank<br />
geht an die Mitglieder des Steering<br />
Committees für die wertvolle Unterstützung<br />
bei der Vorbereitung des Symposiums –<br />
an Profes sor Dr. Peter May, Gründer und<br />
Geschäfts führer der INTES Akademie für<br />
Familien unter neh men GmbH; Professor Dr.<br />
Rolf Peffekoven, Johannes Gutenberg-<br />
Universität Mainz; Jochen Sauerborn,<br />
Sprecher des Vor standes der Sauerborn<br />
Trust AG, und Ralph Wiechers, Partner der<br />
Unterneh mens- und Managementberatung<br />
NOHETO! GmbH & Co. KG.<br />
Ferner geht unser Dank an die Daimler -<br />
Chrysler AG für die erneute großzügige Bereitstellung<br />
von Limousinen und Fah rern für<br />
den Fahrservice und an OCÉ-Deutschland<br />
GmbH, Geschäftsstelle Hamburg für ihre<br />
äußerst hilfreiche tech nische Unterstützung.<br />
Und nicht zuletzt geht unser Dank an drei<br />
Künst ler innen aus Hamburg und Mecklen -<br />
burg-Vorpommern – an Beatrice Dett mann,<br />
Karin Ohlsen und Angela Preusz – die uns,<br />
ebenfalls bereits zum wieder holten Male,<br />
Ihre Bilder für eine be glei tende<br />
Ausstellung überlassen haben.<br />
XIV7<br />
Und nun wünsche ich unserem Sympo sium<br />
einen erfolgreichen Verlauf.
8<br />
Eröffnungsvortrag<br />
Die Malaise des deutschen Mittelstands –<br />
Ursachen und Auswege<br />
Dr. Jürgen Heraeus, Vorsitzender des<br />
Aufsichtsrats, Heraeus GmbH<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
herzlichen Dank, Herr Professor Fed dersen,<br />
für Ihre wohlmeinende Einfüh rung. Auch<br />
ich darf Sie, meine Damen, meine Herren,<br />
zum XIV. Malen ter Symposium hier in<br />
Lübeck herzlich begrüßen.<br />
Die Eröffnungsrede beschäftigt sich mit<br />
einem Thema, dass mich seit Jahren be -<br />
gleitet und bewegt: Der Zustand fami lie n -<br />
geführter mittelständischer Unter neh men<br />
in Deutschland – ihre enormen Potenziale,<br />
aber eben auch ihre Schwä chen und An -<br />
fälligkeiten.<br />
An den Anfang meiner Ausführungen<br />
möchte ich ganz unmissverständlich ein<br />
klares Bekenntnis zur Institution des in -<br />
habergeführten – und das heißt in der<br />
Regel familiengeführten – Unter neh mens<br />
stellen. Der Inhaber trifft seine unterneh -<br />
merischen Entscheidungen mit dem Ziel,<br />
den langfristigen Erfolg sei nes Betriebs zu<br />
sichern. Der familien fremde Manager trifft<br />
seine Entschei dungen im Zweifel eher mit<br />
dem Ziel, seinen persönlichen Erfolg zu<br />
sichern – und der muss nicht zwingend mit<br />
dem betrieblichen einhergehen. Der Inhaber<br />
riskiert sein eigenes Geld, oft sein gan zes<br />
Vermögen. Der Manager riskiert bestenfalls<br />
seinen Job – und kassiert dabei meist noch<br />
eine satte Abfindung.<br />
Weil für den mittelständischen Inhaber und<br />
Unternehmer die eigene Zukunft auf engste<br />
mit der seines Betriebs, mit der Zukunft<br />
der Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden<br />
verknüpft ist, sind seine Leistungen unter -<br />
nehmensübergreifend und systemstiftend.<br />
Dadurch wird der Mittelstand zum Motor,<br />
Herz oder Rück grad – oder zu allem zusam -<br />
men – einer jeden freien Volks wirtschaft.<br />
Deshalb kommt dem Mittelstand aber auch<br />
eine besondere gesellschaftliche Ver ant -<br />
wor tung zu. Die systemstiftende Wirkung<br />
des Inhaberunternehmens trägt aus mei ner<br />
Sicht zur Bedeutung des Mittel stands in<br />
unserem Wirtschaftsleben viel mehr bei als<br />
die rein rechnerische Tat sache, dass mehr<br />
als 99 % aller Unternehmen in Deutsch -<br />
land dem Mit tel stand zuzurechnen sind.<br />
Aber diese Schlüsselrolle ist kein Frei brief!<br />
So eindeutig ich mich zum traditionsreichen<br />
Inhaberunternehmen be kenne, so deutlich<br />
sage ich auch: Der Respekt vor der Tradi -<br />
tion hört dort auf, wo es um die Zukunft<br />
des Unterneh mens geht. Wenn es dem<br />
Mittelstand am Standort Deutschland nicht<br />
mehr gelingt, die eigenen Stärken auch in<br />
Pro fitabilität umzusetzen – dann war er die<br />
längste Zeit Motor, Herz oder Rück grad<br />
der deutschen Wirtschaft. Wenn er seine<br />
Probleme nicht löst, dann löst sie der Markt,<br />
und zwar auf seine Art. Und ich wäre der<br />
letzte, der vom Staat Subventionen zum<br />
künstlichen Er halt der aussterbenden<br />
Spezies “Mittel stand” fordern würde.<br />
Im eigenen Unternehmen haben wir die ses<br />
Prinzip immer konsequent ange wandt:<br />
Gewiss, der Heraeus-Konzern als Ganzes
ist – obwohl auch nach üb er 150 Jahren<br />
Firmengeschichte noch immer praktisch<br />
vollständig in Fami lien hand – mit neun tau -<br />
send Mitarbeitern und einem Umsatz von<br />
sechs Milliarden Euro längst mittel stän di -<br />
schen Dimen sio nen entwachsen. Übrigens:<br />
Das ist wahrscheinlich die beste aller Mög -<br />
lich keiten für einen Mittelständler, seine<br />
Pro bleme zu lösen – ihnen einfach zu ent -<br />
wachsen. Den gleichen Weg ist üb ri gens<br />
auch <strong>Dräger</strong> gegangen. Wenn auch mit der<br />
Börsenvariante.<br />
Wir haben aber immer Wert darauf ge legt<br />
– und werden dies auch in Zu kunft tun –,<br />
dass die direkt am Markt operie renden Ein -<br />
heiten typisch mittel ständ isch aufgestellt sind.<br />
Mit einer be grenz ten Zahl von Mitarbei tern<br />
in einem beherrschbaren Marktseg ment. Mit<br />
ho her Marktdurchdringung und Markt kom -<br />
petenz. Mit einem hohen Maß an Eigenstän -<br />
digkeit gegenüber der Konzern spitze. Mit<br />
Geschäftsführern, die ihren fest umris se nen<br />
Arbeitsbereich weitge hend selbst verantwortlich<br />
führen.<br />
Auf gabe der Konzernspitze ist es, die Kul tur<br />
des inhabergeführten Unterneh mens nach<br />
unten, in die Organisation zu trans portieren.<br />
Und ihre Aufgabe ist es, die Führung der<br />
mittelständisch auf gestellten Bereiche daran<br />
zu messen, ob sie die Profitabilität auf Dauer<br />
zu sich ern und zu stär ken in der Lage sind.<br />
Bereiche, in denen das – aus welchen Gründen<br />
auch immer – nicht gelingt, ha ben<br />
keinen Bestand im Konzern.<br />
Ich denke, niemand kommt ernsthaft<br />
um die Verallgemeinerung herum: Das<br />
deutsche mittelständische Unter neh men,<br />
dem die profitable Teilnahme am Markt<br />
nicht mehr gelingt, kann keinen Bestand<br />
am Wirtschaftsstandort Deutschland haben.<br />
Ein solches Unter nehmen am künstlichen<br />
Tropf zu halten, macht keinen Sinn.<br />
An dieser Stelle ist eine Bestands auf nah -<br />
me nötig: Wie ist es denn nun tat sächlich<br />
um den deutschen Mittelstand bestellt?<br />
Steckt er wirklich – wie es die Überschrift<br />
über diesem Symposium unter stellt – in ei -<br />
ner tiefen Krise. Steht er, wie einige so gar<br />
behaupten, vor dem Aus? Oder reiht sich<br />
der Mittel stand etwa nur in das ein, was<br />
andere gesellschaftliche Gruppen hier zu lan -<br />
de derzeit mit Leiden schaft zelebrie ren:<br />
das Jammern?<br />
Im Grunde muss ich der Welt am Sonn tag<br />
zustimmen, die kürzlich schrieb: “50 Jahre<br />
nach dem Wirt schaftswunder sind die Deutschen<br />
nur noch Weltmeister im Jammern.”<br />
DGB-Chef Sommer lag aller dings total da -<br />
neben, als er sagte, die Unternehmer seien<br />
“zu golfspielenden Jammern den degene -<br />
riert”. Besser hätte er sich auf sich selbst<br />
und seine Gewerkschafts kollegen bezogen<br />
und eine archaische Sportart gewählt, Steinzeitfußball<br />
zum Beispiel.<br />
Ist der Mittelstand also nur vom Virus des<br />
Jammerns befallen? Ich bin sicher, Sie wer -<br />
den die objektive Krise des deutschen<br />
Mittelstandes in den fol gen den Workshops<br />
und Arbeitskreisen mit einer Vielzahl von<br />
Daten und Fakten zu belegen wissen. Ver -<br />
gessen Sie dabei aber nicht den Blick ins<br />
Detail und auf andere Volkswirtschaften, um<br />
vernünf tige Maßstäbe anlegen zu können.<br />
Ein Beispiel: Die Zahl der Insolvenzen in<br />
Deutschland hat sich seit 1990 kontinuier -<br />
lich erhöht. Alle 13 Minuten hat im Jahr<br />
2002 ein mittelständisches Unternehmen<br />
in Deutschland Konkurs angemeldet. Ein<br />
alarmierendes Signal für das Wegbrechen<br />
mittelständischer Strukturen? Nicht unbe -<br />
dingt, wenn man berücksichtigt, dass viele<br />
dieser Unternehmen Ein-Mann-Betriebe<br />
sind, die nur wenige Monate existiert haben.<br />
Wenn man berücksichtigt, dass die Zahl<br />
der Insolvenzen überall in Europa zunimmt<br />
und überall vor allem die Klein- und Kleinstbetriebe<br />
um ihr Überleben kämpfen.<br />
Auch mit einem anderen bei uns gern ge -<br />
pflegten Vorurteil sollten wir aufräumen:<br />
dass der Mittelstand in Deutschland öko no -<br />
misch und volkswirtschaftlich einen sehr<br />
viel höheren Stellenwert hätte als in ande -<br />
ren Ländern. Tatsache ist, dass der Anteil,<br />
den kleine und mittlere Unterneh men zum<br />
Gesamtumsatz ihres Landes beitragen, in<br />
Deutschland kleiner ist als in fast allen<br />
anderen westeuropäischen Ländern. Nur in<br />
Großbritannien und Irland ist der Anteil<br />
noch geringer.<br />
Nun will ich Ihnen für die kommenden Dis -<br />
kussionen natürlich nicht den Boden unter<br />
den Füßen wegziehen. Ich möchte nur je -<br />
dem, der sich mit der Situation des deut -<br />
schen Mittelstands auseinandersetzt, ein<br />
differenziertes und vorurteilsfreies Heran -<br />
gehen ans Herz legen. Nur dann nämlich<br />
offenbaren sich die fundamentalen, jenseits<br />
der Tagesaktualität liegenden Probleme<br />
des deutschen Mittelstands.<br />
9
10<br />
Ich sehe drei wesentliche Ursachen für die<br />
strukturelle Malaise des deutschen Mittel -<br />
stands:<br />
– die von der Bundesregierung, zum Teil<br />
auch von der Europäischen Union deter -<br />
minierten politischen Rahmenbedingun-<br />
gen, die vor allem den Mittelstand<br />
belasten,<br />
– die ökonomischen, technologischen und<br />
soziokulturellen Veränderungen, denen<br />
sich der Mittelstand zum Teil noch nicht<br />
gestellt hat und<br />
– “hausgemachte” selbstverschuldete<br />
Probleme – die in den Unternehmen<br />
meist erst dann angegangen werden,<br />
wenn das Kind bereits in den Brunnen<br />
gefallen ist.<br />
Über den ersten Punkt, die politischen<br />
Rahmenbedingungen, ist so viel gesagt<br />
und geschrieben worden, dass ich mich<br />
kurz fassen will.<br />
Zumal wir Unternehmer hier wenig aktive<br />
Gestaltungsmöglichkeiten haben. Wir<br />
können nur anregen, mahnen, Vorschläge<br />
unterbreiten.<br />
Seit Jahren weisen Unternehmer und Wirt -<br />
schaftsverbände auf die schleichende Ver -<br />
schlechterung der Standortfaktoren in<br />
Deutschland hin. Aber nichts geschieht<br />
und wenn etwas angefangen wird, verwäs -<br />
sern es entscheidungsunfähige, demosko -<br />
pie beses sene und an ihren Ämtern und<br />
Bezügen klebende Politiker so lange, bis<br />
nur noch eines gesichert ist: die vermeint -<br />
liche Wiederwahl.<br />
Unverdrossen predigen die Parteien, dass<br />
es eigentlich keinen Anlass zur Sorge gebe<br />
und nur ein paar kleine Korrekturen an un -<br />
seren Sozialsystemen nötig seien. Und falls<br />
einem Politiker doch die Einsicht dämmert,<br />
dass eine radikale Wende unvermeidbar ist,<br />
sind sofort die Sozialverbände zur Stelle, um<br />
publikumswirksam darzulegen, wie die Nutznießer<br />
unseres viel zu engmaschigen so -<br />
zialen Netzes wie Lemminge über die
Klippe ihrer berechtigten Ansprüche ins<br />
große Elend gestürzt würden.<br />
Zu den Standortnachteilen nur drei kurze<br />
Bemerkungen.<br />
Erstens: Wer ein kleines oder mittleres<br />
Unternehmen führt, hält seine Entlohnung<br />
etwa als geschäftsführender Gesellschafter<br />
eher gering, um den Betrieb nicht unnötig<br />
zu belasten. Wenn dann auch noch der<br />
Gewinn nach Steuern – nicht nur als Folge<br />
einer schwachen Konjunktur, sondern vor<br />
allem als Folge schlechter Rahmenbedingun -<br />
gen – marginal ist, verdient ein mittelstän -<br />
di scher Unternehmer oft weniger als ein<br />
mittelmäßiger Manager. Das lässt manchen<br />
darüber nachdenken, den eigenen Betrieb<br />
aufzugeben und stattdessen als gut bezahlter<br />
Manager zu arbeiten.<br />
Der zweite Hinweis: Die Regeln des deut -<br />
schen Erbschaftsrechts diskriminieren Mittelständler.<br />
Viele Unternehmer sehen keinen<br />
Sinn mehr darin, ihren Betrieb weiterzu füh -<br />
ren, weil angesichts immer höherer Erb -<br />
schafts steuern für die Kinder praktisch<br />
nichts mehr übrig bleibt. Die Erhöhung der<br />
Freigrenze auf 200 Tausend Euro ist für<br />
Kioskbesitzer interessant, nicht für einen<br />
mittelständischen Unternehmer.<br />
Und drittens: Die Politik übersieht sträflich,<br />
dass hohe Lohnzusatzkosten, hohe Steuer -<br />
abgaben, hohe Arbeitslosigkeit, übermäßige<br />
Regulierung, der bevorstehende Zusammenbruch<br />
der Sozialsysteme, die Defizite im<br />
Bildungswesen, die Abwanderung der High<br />
Potentials ins Ausland, den Mittelstand –<br />
und damit, wie schon erwähnt, mehr als<br />
99 % aller Unternehmen – weit härter trifft<br />
als die Großunternehmen. Bei diesen fällt<br />
der bürokratische Aufwand weniger ins<br />
Gewicht. Großunternehmen beschäftigen<br />
Zentralstäbe und Beraterfirmen damit,<br />
Schlupflöcher in der Gesetzgebung und<br />
Zugang zu direkten und indirekten Sub -<br />
ventionen zu finden, um die Standortnach -<br />
teile abzufedern. Und wenn das alles nichts<br />
hilft, gehen sie ins Ausland.<br />
Lassen Sie mich zum zweiten Punkt kom -<br />
men: zu den allgemeinen Rahmenbedingun -<br />
gen für unternehmerisches Handeln in<br />
Deutschland. Wir müssen fragen: Ist die<br />
Malaise des deutschen Mittelstands mög -<br />
licherweise auch darauf zurückzuführen,<br />
dass ihn die zum Teil dramatischen öko no -<br />
mischen, technologischen, sozialen und<br />
kulturellen Veränderungen, die wir derzeit<br />
erleben, überfordern?<br />
Welche Antwort finden mittelständische<br />
Unternehmer zum Beispiel auf die zuneh -<br />
mende Globalisierung und Vernetzung der<br />
Märkte? Nutzen sie die Möglichkeiten der<br />
neuen Informations- und Kommunikations -<br />
technologien oder werden sie von ihnen<br />
überrollt? Kapitulieren sie vor der Technologie-<br />
und Leistungsfeindlichkeit in unserer<br />
Gesellschaft, vor der Diskriminierung von<br />
Führerschaft und Reichtum?<br />
Zu den Themen Globalisierung, Neue Technologien<br />
und Neue Medien sehe ich in<br />
Deutschland eine Reihe vielversprechen der<br />
Mittelstandsinitiativen der Verbände und<br />
Kammern, aber auch sinnvolle Förder maß -<br />
nahmen der Bundesregierung und der<br />
Lan desregierungen. Es ist richtig und wich -<br />
tig, den Mittelstand zum Beispiel für eine<br />
erfolgreiche Geschäftstätigkeit in Japan<br />
oder China zu ertüchtigen. Oder ihm die<br />
Nutzung neuer Informations- und Kommu -<br />
nikationstechnologien zu erleich tern. Für<br />
beispielhaft halte ich etwa die Gründung<br />
des “IT-Notfallzentrums für den Mittel stand”,<br />
das den Betrieben schnelle Hilfe bei Pro -<br />
blemen mit der Datensicherheit oder bei<br />
Viren- und Hacker-Attacken an bietet.<br />
Entscheidend ist, dass der deutsche Mittel -<br />
stand diese Angebote jetzt auch nach haltig<br />
nutzt!<br />
Stichwort Globalisierung: Mittelständler<br />
müssen akzeptieren, dass sie längst im<br />
globalen Wettbewerb stehen – ob sie das<br />
wollen oder nicht. Sie müssen akzeptieren,<br />
dass heute die Kosten entscheiden, nicht<br />
mehr das Preis-Leistungsverhältnis, und<br />
immer weniger die Qualität. Die wird vor -<br />
ausgesetzt! Das “made in Germany” hat<br />
keine Prämie mehr, eine Positionierung<br />
über Qualitätsführerschaft ist zumindest im<br />
industriellen Sektor heute praktisch nicht<br />
mehr möglich. Die “Aldisierung”, die wir in<br />
Deutschland in der Lebensmittelbranche<br />
erleben, hat in den USA längst die Auto -<br />
mobilbranche erfasst.<br />
Wobei ich auf der anderen Seite vor über -<br />
zogenen Reaktionen warne. Lassen Sie es<br />
mich pointiert sagen: Wenn ein deutscher<br />
Bäcker nicht auf die Idee kommt, eine Ver -<br />
triebsniederlassung in Shanghai zu eröff nen,<br />
seine Brötchen per E-Commerce im Internet<br />
anzubieten und in seiner Bäckerei ein IT-<br />
Netzwerk mit Firewall und Intranet zu installieren<br />
– dann werden ihm diese weisen Ent -<br />
scheidungen eher nützen als schaden.<br />
11
12<br />
Erlauben Sie mir, auf einen Punkt etwas ausführlicher<br />
einzugehen, weil ich ihn in der<br />
Diskussion um den deutschen Mittel stand<br />
manchmal vermisse: die soziokultu rel len<br />
Veränderungen in seinem Umfeld. Dazu will<br />
ich kurz die Entwicklungs geschichte eines<br />
typischen mittelstän dischen Betriebs skiz -<br />
zieren:<br />
Mit einer innovativen Produktidee hat die<br />
Gründergeneration den Betrieb aufgebaut<br />
und mit wenigen Mitarbeitern die ersten<br />
Geschäftserfolge errungen. Ein hochmotivier -<br />
tes Team verbreiterte dann das Produkt -<br />
portfolio und meisterte auch die ersten<br />
Täler – Rezessionen, Kriege. Der Wieder -<br />
aufbau nach dem Zweiten Weltkrieg führte<br />
die Firma unter schwierigsten Bedingun -<br />
gen mit zweistelligen Wachstumsraten in<br />
das deutsche Wirtschaftswunder, in die<br />
“Überflussgesellschaft”. Die Gründung von<br />
Vertriebsstützpunkten im Ausland generier -<br />
te weiteres Wachstum – aber nur selten<br />
neue Produktideen.<br />
Entscheidend für die unternehmerischen<br />
Erfolge war in all diesen Phasen die Auf -<br />
bruchstimmung, der gemeinsame Drang<br />
nach vorne bei wachsenden Märkten. Die<br />
heutige Unternehmergeneration steht vor<br />
der fast unlösbaren Aufgabe, in gesättigten<br />
Märkten, bei sinkenden Margen, an die<br />
Erfolge der Gründer- und Wirtschafts wun -<br />
dergeneration anzuknüpfen – ohne dass<br />
sie auf eine Aufbruchstimmung bauen kann,<br />
wie sie die Gründerjahre oder das Wirt -<br />
schaftswunder kennzeichneten.<br />
Wenn es heute bei jungen Unternehmern,<br />
aber auch bei jungen Akademikern und<br />
Spezialisten in Deutschland noch eine Auf -<br />
bruchstimmung gibt, dann die ins Aus land!<br />
Man geht ins Ausland auf bessere Schulen,<br />
um sich in einem Klima der Zuversicht<br />
und Zukunftsorientierung zu engagieren<br />
und dort die Erfolgserlebnisse zu haben,<br />
die in Deutschland nicht mehr möglich<br />
sind.<br />
Viele Kinder deutscher Mittelständler gehen<br />
lieber ins Ausland als in den elterlichen<br />
Betrieb. Sie leben ihre unternehmerischen<br />
Fähigkeiten und Neigungen lieber im<br />
ame rikanischen E-Business aus als sich in
Deutschland im kleinen oder mittleren Ma -<br />
schinenbaubetrieb mit der tausendsten un -<br />
sinnigen Sicherheitsvorschrift, mit Steuervergünstigungs-Abbaugesetzen<br />
und hunderten<br />
von Formularen herumzuplagen, um<br />
zum Schluss festzustellen, dass wesentliche<br />
Teile des Gewinns vom Staat kassiert<br />
wurden. Wenn man in einem Land arbeits -<br />
loser Schwarzarbeiter sein muss, um nicht<br />
vom Staat geschröpft zu werden, dann wer -<br />
den die Leistungsträger die Leistung ver -<br />
weigern oder das Land verlassen. Das Land<br />
selbst wird in die Mittelmäßigkeit abglei ten.<br />
Aber die Auszehrung des Unternehmer tums<br />
und damit des Mittelstands in Deutsch land<br />
hat – neben der Abwanderung unternehme -<br />
rischer Kompetenz ins Aus land – noch eine<br />
andere Ursache: Wachs tumsglaube und<br />
Anspruchsdenken, die Schlüsselbegriffe<br />
der Nachkriegs gene ra tion in Deutschland,<br />
haben auch den Mittelstand nicht verschont.<br />
Lassen Sie mich das er läutern.<br />
Die Nachkriegsgeneration war den kon -<br />
kreten Auswirkungen des Zweiten Welt -<br />
krieges nicht mehr ausgesetzt, wurde in<br />
Wohlstand, Wachstumseuphorie und Voll -<br />
beschäftigung hineingeboren. Sie erlebte<br />
und lernte, dass Unzufriedenheiten, wo<br />
immer sie in der Gesellschaft auftraten,<br />
durch Umverteilung eines stetig wachsen -<br />
den Kuchens ohne große Anstrengungen<br />
behoben werden konnten. Sie lernte vor<br />
allem, wie man die eigenen Interessen und<br />
Ansprüche erfolgreich gegen andere durchsetzt.<br />
Der Warnung ihrer Eltern, dass die<br />
Schere zwischen Leistungsbereitschaft<br />
und Anspruchsdenken nicht beliebig aus -<br />
einander gehen kann, begegnete sie mit<br />
Unverständnis. Denn ihre Erfahrung des<br />
bundesrepublikanischen Wirtschaftswunders<br />
lehrte sie anderes.<br />
Bis weit in die 80er Jahre hinein schien<br />
jedes Problem durch wirtschaftliches<br />
Wachs tum lösbar. Wachstum wurde zum<br />
Fetisch einer ganzen Generation. Unter -<br />
nehmensfusionen schufen gigantische<br />
Konzerne. Größe per se diente als Garant<br />
für unternehmerischen Erfolg, für größt -<br />
möglichen Gewinn. Der Enron-Skandal, der<br />
ja zu einem guten Teil darauf zurück zufü -<br />
hren ist, dass das extreme Wachstum des<br />
Unternehmens den Banken, Aufsichts gre -<br />
mien und Aktionären den kritischen Blick<br />
vernebelt hat, ist vielleicht der bis heri ge<br />
Höhepunkt einer Lebensanschau ung, die<br />
sich mit einem Satz beschreiben lässt:<br />
Wachstum heiligt alle Mittel.<br />
13
Dass Wachstum nicht grenzenlos sei, da -<br />
rauf wies schon früh der “Club of Rome”<br />
hin. 1972 legte er eine Studie zur Zukunft<br />
der Industrienationen vor. Ihr Titel: “Grenzen<br />
des Wachstums”. Aber die Zeit war nicht<br />
reif für solche Bedenken: Kaum jemand<br />
schenkte den Wissenschaftlern Glauben,<br />
weil die Realität ihre Analyse Lügen strafte:<br />
Der Mikrochip – immer kleiner und leis -<br />
tungsfähiger – eroberte den Alltag. Perso -<br />
nal Computer, Lichtleitfasern und Neue<br />
Medien revolutionierten das Leben.<br />
In den USA explodierten “Garagenfirmen”<br />
zu multinationalen Großkonzernen und ein<br />
junger Student namens Bill Gates wurde<br />
zum Inbegriff ungebremsten Wachstums.<br />
Die “Tigerstaaten” Südostasiens erlebten<br />
einen geradezu abenteuerlichen wirtschaft -<br />
lichen Aufschwung. Das Internet entwickel -<br />
te sich mit atemberaubender Geschwindig -<br />
keit zur globalen Informations- und Kom -<br />
mu nikationsplattform und nährte damit<br />
eupho rische Hoffnungen auf weiteres<br />
Wachstum.<br />
Die Wachstumseuphorie erfasste auch die<br />
etablierten Branchen, zum Beispiel die<br />
14<br />
Banken. Mit leichter Hand legten sie<br />
Milliar den aus, um sie später als unzuläng -<br />
lich abzuschreiben – oder zu syndizieren,<br />
um Raum für neue Kredite zu schaffen.<br />
Aber auch so mancher deutsche Mittel -<br />
ständ ler erlag dem Credo unbedingten<br />
Wachstums. Nachdem die heimischen Märkte<br />
gesättigt waren, musste die Globali sie -<br />
rung des Geschäfts Wachstum erzeugen.<br />
Dass in Amerika und Asien ganz andere<br />
Geschäftsusancen gelten, dass an Produk -<br />
tion und Produkte dort zum Teil ganz<br />
andere Anforderungen gestellt werden,<br />
dass die Mitarbeiter und Geschäftspartner<br />
dort anderen Kulturkreisen entstammen<br />
und anders denken und reagieren – das<br />
alles gehört zu den unheilvollen Erfahrun -<br />
gen, an denen die Globalisierung vieler<br />
kleinen und mittleren Unternehmen letztlich<br />
scheiterte.<br />
Schließlich sind auch die Pleiten der Dot-<br />
Coms und der Zusammenbruch der New<br />
Economy auf nichts anderes zurückzu füh -<br />
ren als auf einen völlig unkritischen Glau -<br />
ben an Wachstum. Bei den Firmen grün -<br />
dern, die bombastische Wachstums raten<br />
und Gewinne versprachen, genauso wie<br />
bei den Aktionären, die sich bei den Ban -<br />
ken für zwanzig Prozent Geld liehen, das<br />
sie im Neuen Markt mit zweihundert Pro -<br />
zent Gewinn angelegt wähnten. Die Grün -<br />
dergeneration warnte, dass ein solcher<br />
Münch hausentrick nicht lange funktionieren<br />
könne. Die Nachkriegsgeneration, verwöhnt<br />
vom Fetisch Wachstum, schlug die Warnungen<br />
in den Wind – und bezahlte teuer.<br />
Heute ist die Nachkriegsgeneration um die<br />
fünfzig Jahre alt – und steht vor einem<br />
Scherbenhaufen. Der Traum vom grenzen -<br />
losen Wachstum ist ausgeträumt, aber neue<br />
Konzepte stehen nicht zur Verfü gung.<br />
Gerade diese Generation aber soll jetzt die<br />
Zukunft des Landes in exponierten Posi tio -<br />
nen gestalten – in Politik, Wirtschaft, Wis -<br />
senschaft und Kultur. Und eben auch in<br />
den über drei Millionen mittelstän dischen<br />
Unternehmen in Deutschland!<br />
Für die Bewältigung der gegenwärtigen<br />
Probleme hat diese Generation ein denkbar<br />
schlechtes Umfeld. Im Anspruchsdenken<br />
verhaftet, hat unkritischer Wachstums glau -<br />
be viele zur Aufgabe des Leistungs prinzips<br />
verleitet. Begriffe wie Führung, Leistungs -<br />
trägerschaft, Elite sind heute als Folge<br />
eines völlig missverstandenen sozia len Ge -<br />
rechtigkeitssinns in weiten Teilen der Ge -<br />
sellschaft verpönt. In dieser Atmos phäre<br />
wird Unternehmergeist nicht geför dert,<br />
sondern diskriminiert.<br />
Die Gründer- und Wirtschaftwunder gene -<br />
ration hat unbewusst und ungewollt das<br />
ihre dazu beigetragen: Auch Unter nehmer -<br />
familien öffneten sich – dem gesellschaft -<br />
lichen Trend folgend – spätestens seit den<br />
70er Jahren dem Zeitgeist einer freiheit -<br />
lichen Erziehung ihrer Kinder. Mit dem<br />
durchaus gewollten Ergebnis, dass manche<br />
Tochter, mancher Sohn andere Interessen<br />
entwickelten, als ein Unter nehmen zu füh -<br />
ren. Etwas kritischer könnte man anmer -<br />
ken, dass den Kindern vielleicht nicht<br />
immer mit dem nötigen Nachdruck Unter -<br />
nehmergeist eingeimpft wurde – weil man<br />
ganz gern damit kokettierte, es zu etwas<br />
gebracht zu haben und dem Nach wuchs<br />
das Risiko und die “Plackerei” des Unter -<br />
nehmers erspart bleiben sollten.
Lassen Sie mich ein Resümee ziehen: Un -<br />
ternehmer sind Teil der Gesellschaft. Damit<br />
unterliegen sie dem gesellschaft lichen Zeit -<br />
geist wie alle anderen Bürger auch. Dieser<br />
Zeitgeist ist geprägt von un kritischer Wachstumsgläubigkeit<br />
sowie von der Diskriminie -<br />
rung von Leistung und Führerschaft. Das<br />
aber ist Gift für die Ent wicklung gesunden<br />
unternehmerischen Denkens und Handelns.<br />
Welche Wege führen aus dieser Malaise<br />
des deutschen Mittelstands? – Ganz ein -<br />
fach: Nicht nur der “harte”, sondern auch<br />
der “weiche” Lohn muss wieder stimmen.<br />
Unternehmertum braucht wieder mehr ge -<br />
sellschaftliche Anerkennung.<br />
Unternehmerischer Erfolg und – sagen wir<br />
es ganz deutlich – Wohlstand und Reich -<br />
tum als Ergebnis unternehmerischen Er -<br />
folgs dürfen nicht länger als unsozial ver -<br />
teufelt und weggesteuert werden, sondern<br />
müssen als gerechter Lohn für harte Ar beit,<br />
kreatives Gestalten und hohe Risiko bereit -<br />
schaft anerkannt werden.<br />
Wir müssen wieder lernen, Leistung, Füh -<br />
rerschaft und Eliten zu achten und zu för -<br />
dern. Lernen wir es nicht, werden uns die<br />
Unternehmer ausgehen. Oder in Ab wand -<br />
lung eines bekannten Bonmots: Dieses<br />
Land wird die Unternehmer be kommen,<br />
die es verdient.<br />
Wir müssen junge Menschen anleiten und<br />
ermutigen, unternehmerisch zu denken.<br />
Damit die Selbstständigenquote steigt, bei<br />
der Deutschland im europäischen Vergleich<br />
nur einen schlechten zwölften Platz belegt.<br />
Die Vermittlung wirtschaftlicher Fakten und<br />
Zusammenhänge muss stärker in die Aus -<br />
bildung an Schulen, Hochschulen und Uni -<br />
versitäten integriert werden – auch und<br />
gerade in die naturwissenschaftlichen und<br />
technischen Studiengänge. In Deutschland<br />
gründen viel zu wenige junge Natur wissen -<br />
schaftler und Ingenieure in Anbindung an<br />
ihre Universitäten und unter Nutzung uni -<br />
versitärer Ressourcen eigene Firmen.<br />
Der mittelständische Unternehmer ist in<br />
diesem Zusammenhang gefordert, einen<br />
Beitrag zu leisten, der ihm bekannter maßen<br />
schwer fällt. Er muss sich dazu durch ringen,<br />
die Generation nach der Nachkriegs gene -<br />
ration jetzt mit Führungsaufgaben zu be -<br />
trauen. Denn die Potentiale der Jungen<br />
müssen wir nutzen, um Wege aus der<br />
Malaise zu finden. Ihnen sollten wir die<br />
Chance geben – vielleicht nachdem sie<br />
sich erste Sporen im Ausland verdient<br />
haben –, neue zeitgemäße Instrumente<br />
und Konzepte zu entwickeln und zu er -<br />
proben. Auch wenn wir denen skeptisch<br />
gegenüberstehen. Auch wenn nicht jeder<br />
voranstür men de Versuch gleich vom großen<br />
Durch bruch gekrönt ist. Das heißt: Wir<br />
müssen auch Versuch und Irrtum zulassen.<br />
Ich bin überzeugt – und erlebe es im eige -<br />
nen Unternehmen selbst immer wieder –,<br />
dass die frischen Ideen, der Elan, die Be -<br />
geisterung, der Drang der Jungen, Neu -<br />
land zu beschreiten, den Schaden durch<br />
Fehl versuche mehr als wettmachen. Und<br />
ich freue mich, wenn ich sehe, wie Men -<br />
schen an ihren Aufgaben wachsen. Und wie<br />
in mancher Arbeitsgruppe mit den Erfolgen<br />
das entsteht, was wir im Mittel stand und<br />
anderswo vermissen: Aufbruch stimmung.<br />
Hier hat der mittelständische Unternehmer<br />
die Gelegenheit, Veränderung selbst anzustoßen<br />
und wenigstens im eigenen Unter -<br />
nehmen den Trend umzukehren.<br />
Damit sind wir schon mitten in der Gruppe<br />
von Problemen, die der Mittelständler selbst<br />
in die Hand nehmen und lösen kann: den<br />
hausgemachten. Sich mit ihnen zu befas -<br />
sen, ist zugegeben am schmerzhaftesten –<br />
15
XIV<br />
aber wenn man es tut, auch am Erfolg ver -<br />
sprechendsten. Zumindest, wenn man es<br />
rechtzeitig und ohne Scheuklappen tut.<br />
16<br />
Ich bin sicher, Sie werden im Verlauf diese<br />
Symposiums eine umfängliche Liste der<br />
hausgemachten Probleme erarbeiten und<br />
diskutieren, die von einem veralteten Pro -<br />
dukt portfolio über heillos zerstrittene Fa mi -<br />
liengesellschafter bis zur offenen Nach folgeregelung<br />
reichen wird.<br />
Ich möchte mich deshalb darauf beschrän -<br />
ken, ein paar Gedanken zu einer Schwach -<br />
stelle zu formulieren, die in der Tat spezi -<br />
fisch für den Mittelstand in Deutschland ist<br />
und im übrigen Europa in dieser Aus prä -<br />
gung nicht auftritt: die niedrige Eigen kapitalausstattung.<br />
Weil in Deutschland Geschäftskredite über -<br />
durchschnittlich günstig waren, fehlte der<br />
Druck, einen soliden Eigenkapitalsockel<br />
aufzubauen. Die Reform der Baseler Eigen -<br />
kapital-Übereinkunft, die den Zugang zu<br />
Fremdkapital neu regeln soll und die ein<br />
Koordinationsgremium der Bank für Inter -<br />
nationalen Zahlungsausgleich seit etwa<br />
zwei Jahren vorbereitet, wird den deut schen<br />
Mittelstand deshalb besonders hart treffen.<br />
Kern der Reform, für die sich das Schlag -<br />
wort “Basel II” eingebürgert hat, ist, dass<br />
die Banken Kredite an Unternehmen nicht<br />
mehr fix mit acht Prozent Eigenkapital ab -<br />
sichern dürfen, sondern dass in Zukunft<br />
die Höhe der Eigenkapital-Hinterlegung<br />
mit der Ausfallwahrscheinlichkeit wächst.<br />
Das bedeutet zum Schluss nichts anderes,<br />
als dass Kunden mit schlechter Bonität –<br />
und das dürfte leider der weit über wiegen de<br />
Teil der mittelständischen Unter neh men in<br />
Deutschland sein – für einen Kredit hö he re<br />
Zinsen zu zahlen hat, wenn er ihn denn<br />
über haupt erhält.<br />
Offiziell soll Basel II erst Ende 2006 in<br />
Kraft treten. Weil aber die großen Banken<br />
derzeit in einer tiefen Strukturkrise stecken,<br />
bleibt ihnen keine Wahl, als die ausliegen -<br />
den Kredite schon jetzt im Sinne von<br />
Basel II zu durchforsten, um ihre Abschrei -
un gen zu mindern. Beziehungsweise für<br />
die Vergabe neuer Kredite schon jetzt die<br />
Maßstäbe von Basel II anzulegen. Eine Stu -<br />
die der Kreditanstalt für Wiederaufbau er -<br />
gab, dass die deutschen Großbanken schon<br />
im vergangenen Jahr jeden fünften Investi -<br />
tionskreditantrag ablehnten. Wichtigste Be -<br />
gründung: zu niedrige Eigen kapitalquote<br />
des Antragstellers.<br />
Die Zeiten, in denen der Firmenchef den Di -<br />
rektor der örtlichen Bank oder Sparkasse an -<br />
rief und mit dem Hinweis auf seinen gu ten<br />
Na men fast jeden Kredit erhielt, sind wohl<br />
zu En de. Der gute Name allein reicht nicht<br />
mehr.<br />
Dennoch bin ich überzeugt, dass Banken -<br />
krise und Basel II nicht das endgültige Aus<br />
für den deutschen Mittelstand bedeuten, wie<br />
es manche bereits schwarzmalen. Ich er war -<br />
te vielmehr, dass in den Unter neh men jetzt<br />
der Druck steigt und die Einsicht reift, Rechnungslegung,<br />
Bilanzierung sowie Fi nanz- und<br />
Strategieplanung endlich auf sichere Säu len<br />
zu stellen, um das eigene Über leben zu<br />
sichern.<br />
Die mittelständischen Unternehmen jeden -<br />
falls, die sich bereits einem Rating unter zo -<br />
gen haben, haben damit überwiegend gute<br />
Erfahrungen gemacht: Denn das Rating ge neriert<br />
quasi einem Business-Plan, der als Steuerungsinstrument<br />
und Früh warn system ge -<br />
nutzt werden kann. Die nicht un erhebli chen<br />
Rating-Kosten sind durch die verbes ser te<br />
Performance schnell wieder eingespielt.<br />
Allerdings wird dazu so mancher mittel ständische<br />
Unternehmer seine lang ge pflegte<br />
“Planungs-Resistenz” aufgeben müssen.<br />
Das schließt wahrscheinlich auch die Ge -<br />
brü der Albrecht ein, die – nach ihrem Er -<br />
folgs re zept gefragt – einmal antworte ten:<br />
“Wir hal ten es für uneffektiv, im alten Jahr<br />
Zeit und Kosten zur Erstellung von Bud gets<br />
zu ver geuden, um im neuen Jahr noch mehr<br />
Geld auszu geben, um die Abwei chun gen zu<br />
erklären.”<br />
Ich will es noch einmal deutlich sagen: Viel<br />
zu lange dienten leichte Kredite für kleine<br />
Firmen in Deutschland im Grunde nur ihrer<br />
künstlichen Ernährung. Die Unternehmensführung<br />
war nicht gezwungen, Wettbe werbsposition<br />
und Kosteneffizienz zu ver bessern.<br />
Das hat entscheidend zum Sub stanzverlust<br />
vieler mittelständischer Unter nehmen bei -<br />
getragen. Als Folge öffnete sich die Schere<br />
zwischen steigendem Finanzie rungsbedarf<br />
und sinkender Eigen kapital basis immer<br />
gefährlicher.<br />
Der deutsche Mittelstand ist gut beraten,<br />
sich möglichst rasch auf ein Kredit-Rating<br />
der Banken einzurichten, das sich an die<br />
Rating-Prozeduren der Spezialagenturen<br />
anlehnt. Im Klartext heißt das: Geschäfts-<br />
und Finanzrisiko werden von Unterneh -<br />
mens fremden intensiv analysiert und das<br />
Ergebnis der Analyse entscheidet über<br />
Kreditlinie und Zinshöhe. Für Familien un -<br />
ter nehmer, die das Verlangen einer Bank<br />
nach Einblick in die Bilanzen bisher als<br />
nachgerade obszön empfanden, erfor dert<br />
das gewiss ein schmerzhaftes Um denken.<br />
Vor allem aber erfordert es mehr Professionalität<br />
an der Spitze. Kompetente Finanz -<br />
experten müssen die Bilanzen, die Kapital -<br />
struktur, die Rentabilität, die Finanzpolitik<br />
des Unternehmens und seine finanzielle<br />
Flexibilität optimieren und das Finanzrisiko<br />
minimieren. Sie müssen prüfen, ob Alter -<br />
nativen zum Kredit Sinn machen –<br />
Factoring, also der Verkauf von Forderun -<br />
gen, oder Leasing zum Beispiel.<br />
Meine Empfehlung für kleine und mittlere<br />
Familiengesellschaften ist, jetzt rasch mehr<br />
Kompetenz im dargestellten Sinn in die Führung<br />
einzubinden. Das müssen nicht immer<br />
festangestellte – und teure – Spezia listen<br />
sein. Das können auch externe Be rater sein.<br />
Die zusätzlichen Kosten ließen sich auch<br />
durch Kooperationen – zum Bei spiel durch<br />
die Einrichtung gemein sa mer “Centers of<br />
Financial Competence” –, warum nicht<br />
auch durch Fusionen in Grenzen halten.<br />
Dann wären die Familienunternehmen nicht<br />
nur gut auf die kommenden Boni tätsprü fun-<br />
17
gen vorbereitet, sie wären auch risikoresis -<br />
tenter und zukunftsorientierter. Sie könn ten<br />
ihre Gewinnsituation ver bes sern und die<br />
Eigenkapitalbasis verbreitern.<br />
Auch die Kreditinstitute werden ihren Bei -<br />
trag leisten. Zum Ausgleich von Finan zie -<br />
rungsengpässen durch Basel II werden sie<br />
neue Produkte entwickeln. Die neue Mittelstandsbank<br />
oder die IKB Deutsche In dus -<br />
trie bank zum Beispiel haben bereits erste<br />
richtungsweisende Konzepte vor gestellt.<br />
Etwa die Platzierung verbriefter Unterneh -<br />
menskredite als Anleihen oder Asset<br />
Backed Securities, kurz ABS. Andere Kon -<br />
zepte grei fen Mischformen aus Eigen- und<br />
Fremd kapital auf, so genannte mezzanine<br />
Finan zierungen, die interessant sind, weil<br />
sie die unterneh me rische Unab hängigkeit<br />
wahren. Fest steht: Für die Ka pi talisierung<br />
des Mit telstands sind längst nicht alle<br />
Optionen ausgeschöpft.<br />
Eins aber gilt für alle denkbaren Optionen:<br />
Ihr Preis wird auf jeden Fall von der Bonität<br />
des Fremdkapitalnehmers anhängen! Der<br />
Weg zurück in die guten alten Zeiten des<br />
“guten Namens” bleibt bei aller Kreativität<br />
der Fremdkapitalgeber mit Sicherheit auf<br />
Dauer gesperrt. Deshalb wiederhole ich<br />
meinen Rat an den Mittelstand: Lassen Sie<br />
sich raten! Und reden Sie mit Ihrer Bank,<br />
ob diese Sie auch in Zukunft be gleiten<br />
möchte und zwar nicht nur auf der Einlagenseite<br />
und dem privaten Wealth-Management.<br />
Welches Fazit kann ich Ihnen also in die<br />
Arbeitskreise und Workshops mitgeben?<br />
Vielleicht dieses: Es gibt keine Über lebensberechtigung<br />
für mittelständische deutsche<br />
Unternehmen per se. Auch wenn sie das<br />
Rückgrad der Wirtschaft sind. Auch wenn<br />
sie in den 90er Jahren hun dert tausen de<br />
neuer Arbeitsplätzen geschaf fen haben,<br />
wäh rend die Groß unternehmen im glei -<br />
chen Zeitraum massiv Arbeitsplätze abge -<br />
baut haben. Ein “Recht” aufs Über leben<br />
muss sich jedes Unter nehmen da durch<br />
erwerben, dass seine Führung sich den<br />
politischen Rahmen bedingungen stellt, auf<br />
äußere Verände rungen angemessen rea -<br />
giert und die haus gemachten Probleme<br />
konsequent löst.<br />
Einen Königsweg aus der Malaise gibt es<br />
nicht. Jeder einzelne Mittelständler ist ge -<br />
fordert, mit Intelligenz, Kreativität und<br />
unternehmerischem Mut seinen eigenen<br />
Weg zu finden und zu gehen. In einigen<br />
Fällen gehört dazu leider auch der Mut<br />
zu akzeptieren, dass bestimmte Produkte<br />
und bestimmte Fertigungsmethoden in<br />
Deutschland ohne jeden Zweifel keine<br />
Zukunft ha ben werden. Ich meine damit<br />
alles, was sich den Schlagworten “low<br />
cost”, “low tech”, “low demand” zuordnen<br />
lässt. Mittel ständler müssen mutig genug<br />
sein, auch das zu erkennen – und lieber<br />
heut als morgen die Konsequenz ziehen.<br />
Früher habe ich einmal gesagt: Nicht die<br />
Großen fressen die Kleinen, sondern die<br />
Schnellen die Langsamen. Das stimmt<br />
vielleicht nicht ganz, man sollte es viel-<br />
leicht variieren, dahingehend, dass die<br />
Schnellen zumindest nicht so leicht<br />
gefressen werden.<br />
Für das Malenter Symposium wünsche ich<br />
Ihnen kreative Ideen, fruchtbare Dis kus -<br />
sionen und nutzbringende Anregungen.<br />
19
20<br />
Was ist los mit dem deutschen<br />
Mittelstand? – Ein Blick von außen<br />
Dr. Franz Ruder, Direktor, Underberg AG<br />
Ich bin aufgefordert, einen Blick von außen<br />
auf den deutschen Mittelstand zu werfen.<br />
Warum gerade ich, der Vertreter eines ur -<br />
deutschen Unternehmens, das unter ande -<br />
rem zwei klassische deutsche Spirituosen -<br />
marken wie Underberg und Asbach besitzt?<br />
Underberg ist ein Familienunternehmen in<br />
der 5. Generation, hat seit 50 Jahren eine<br />
Tochtergesellschaft in der Schweiz und hat<br />
vor fast 30 Jahren die Dachgesellschaft in<br />
die Schweiz verlagert. Seit 1976 liegt der<br />
Sitz der Holding in Dietlikon, Zürich.<br />
Warum haben wir nun von den vielen Län -<br />
dern – Underberg wird in über 100 Länder<br />
verkauft – gerade die Schweiz ausgewählt<br />
als unseren Standort für die heutige Gesell -<br />
schaft? Um zu verstehen, warum Underberg<br />
den Schritt getan hat, möchte ich Ihnen zu -<br />
erst die spezifischen Besonderheiten des<br />
Un ternehmens erklären und dann die Gründe<br />
vorstellen, die den Ausschlag für die Unternehmensverlegung<br />
gegeben haben. Sie<br />
werden ein sehr persönliches Bild aus unse -<br />
rer Sicht erhalten, das sicher diskussions -<br />
fähig ist.<br />
Underberg wurde 1846 in Rheinberg ge -<br />
gründet, und aus dieser Firma ist die heu -<br />
tige Underberg AG, die Holding in Dietlikon,<br />
hervorgegangen. Wir sind zu 100% eine im<br />
Familienbesitz befindliche Gesellschaft.<br />
Heute sind die 4. und die 5. Generation im<br />
Unternehmen tätig - die 5. Generation ist<br />
meine Frau. In verschiedenen Tochterfirmen<br />
arbeiten wir mit über 30 Partnern weltweit<br />
zusammen. Die Dachgesellschaft ist die<br />
Underberg AG in Zürich mit Tochtergesell -<br />
schaften, die unsere Produkte in Deutsch -<br />
land, Österreich, der Schweiz, Ungarn, den<br />
Niederlanden und Dänemark verkaufen. In<br />
allen anderen Ländern vertreiben wir un -<br />
sere Marken mit externen Partnern.<br />
In unserem deutschen Unternehmen gibt<br />
es für jedes Produktportfolio und für jede<br />
Kundengruppe eine eigene Vertriebs gesell -<br />
schaft. Zum Beispiel bedient die Firma<br />
Diversa den Supermarkt- und den Cash<br />
and Carry-Bereich, die Firma Team Spirit<br />
beliefert den Gastronomie- und Fachhandel.<br />
Daneben verkaufen wir unser Weinportfolio<br />
über zwei Weinvertriebsgesellschaften, die<br />
Firmen Segnitz und Schlumberger.
Lassen Sie mich darstellen, wie sich unser<br />
Unternehmen in den letzten Jahren ent -<br />
wickelt hat. 1996 haben wir das Sortiment<br />
des holländischen Hauses Bols in unser<br />
Portfolio übernommen. Wir haben im sel -<br />
ben Jahr die Firma Riemerschmidt in Mün -<br />
chen gekauft, deren Marken wie Pitú und<br />
Sirupe sich sehr positiv entwickelt haben.<br />
Zwei Jahre später haben wir die Simex-<br />
Marken Moskowskaja und Krimskoje in<br />
unser Vertriebsprogramm aufgenommen.<br />
Im selben Jahr haben wir unsere Team Spirit<br />
Organisation als Konzept für den Fach -<br />
handel und die Gastronomie neu auf ge -<br />
stellt. Ende 1999 hat Underberg 50 % der<br />
Firma Asbach GmbH gekauft und mit der<br />
Distribution Asbach und Metaxa in Deutschland<br />
begonnen. Seit Anfang 2002 besitzt<br />
Underberg 100 % der Asbach GmbH.<br />
Daneben vertreibt Underberg eine Reihe<br />
von weiteren internationalen Importmarken<br />
wie Averna, Glenfiddich oder Amarula.<br />
Unser Standort in Rheinberg ist für deutsche<br />
Verhältnisse sehr gut gelegen, denn wir er -<br />
reichen mit einer Fahrtzeit von 45 Minuten<br />
unsere wichtigsten deutschen Kunden.<br />
Lediglich zwei Großkunden sind weiter<br />
entfernt. Unsere deutsche Vertriebsorgani -<br />
sation orientiert sich an der Einteilung<br />
Deutschlands durch die Marktforschungs -<br />
firma Nielsen, damit wir auch den Erfolg<br />
der einzelnen Verkaufsteams eindeutig<br />
zuordnen können. Unsere Vision geht aller -<br />
dings darüber hinaus: da wir ja schwerpunkt -<br />
mäßig auf dem deutschsprachigen Markt<br />
aktiv sind, sehen wir langfristig nicht mehr<br />
die nationalen Grenzen unserer Vertriebs -<br />
gesellschaften, sondern wir streben eher<br />
die Aufteilung dieses Marktes nach Menta -<br />
li tätsgrenzen an.<br />
Damit komme ich nun zu meinem Thema,<br />
dem Blick von außen auf den deutschen<br />
Mittelstand. Der erste Punkt, den ich an -<br />
sprechen möchte, betrifft die Standortwahl.<br />
Zwar ist der Standort nicht das wichtigste<br />
Kriterium, wenn es um die Frage geht, wie<br />
man erfolgreich ein Unternehmen führt.<br />
Trotzdem ist er ein wichtiger Faktor. Denn<br />
wenn Sie ein Unternehmen in der 4. oder<br />
in der 5. Generation führen und schon seit<br />
über 150 Jahren auf dem Markt sind, dann<br />
haben Sie auch irgendwann einmal eine<br />
existentielle Krise durchlebt. Das gilt für<br />
alle Unternehmen, die in einem solchen<br />
Alter sind. Und um so eine Krise auffangen<br />
zu können, müssen alle für das Unterneh -<br />
men wichtigen Faktoren optimal sein. Des -<br />
wegen sind auch die staatlichen Rahmen -<br />
bedingungen und die Wahl des Standortes<br />
so wichtig für ein Unternehmen, das so<br />
lange auf dem Markt ist.<br />
Warum also sitzen wir in der Schweiz?<br />
Wenn Sie den sprichwörtlichen “Mann auf<br />
der Straße” danach fragen, dann lautet üb -<br />
licherweise die Antwort: es sind die Steu -<br />
ern. Aber sind es wirklich die Steuern?? Ich<br />
habe bewusst zwei Fragezeichen dahin ter<br />
gesetzt. In Deutsch land tragen 10 % der<br />
Steuerzahler über 50 % der Steuerlast. Aber<br />
ich darf Sie beruhigen, es ist in der Schweiz<br />
ähnlich, auch wenn auf den ersten Blick<br />
dort die Steuern wirklich günstiger sind.<br />
Für den Familienunter neh mer ist zudem<br />
ganz wichtig, dass in den meisten Kanto nen<br />
für direkte Nachkommen keine Erbschafts -<br />
steuer erhoben wird.<br />
Verlegen Sie allerdings Ihren Standort in<br />
die Schweiz, dann kommt auf den zweiten<br />
Blick schnell die Ernüchterung: Ich habe<br />
einmal bei uns aus der Unternehmens -<br />
gruppe zusammengetragen, was ein ver -<br />
gleichbarer Mitarbeiter am deutschen Stand -<br />
ort an Lohn erhält und was er am Schweizer<br />
Standort bekommt. Das direkte Brutto -<br />
gehalt liegt in der Schweiz um über 60 %<br />
höher als in Deutschland. Auch einschließlich<br />
der Sozialkosten, die in der Schweiz gün -<br />
stiger als in Deutschland sind, betragen die<br />
Mehrkosten immer noch fast 60 %. Selbst<br />
wenn man die Kosten in Lohn pro Arbeits -<br />
stunde umrechnet – in der Schweiz wird<br />
mehr gearbeitet als in Deutschland –,<br />
haben wir immer noch um die 40 % Mehr -<br />
kosten. Was hier für die Lohnkosten gilt,<br />
das gilt auch für alle anderen Kostenarten<br />
in der Schweiz. Allgemein müssen Sie an<br />
einem Standort in der Schweiz mit um 30 -<br />
40 % höheren Kosten als in Deutschland<br />
rechnen.<br />
Ferner können Sie Gewinne nicht einfach<br />
in die Schweiz verlagern, obwohl in der<br />
Schweiz die Steuern niedriger sind. Sie<br />
können nur die Gewinne in der Schweiz<br />
21
22<br />
versteuern, die Sie auch in der Schweiz<br />
erwirtschaften. Und das ist mit einem Un -<br />
ternehmen, das nur in Deutschland einen<br />
Markt hat, schwierig. Sie müssen sich also<br />
zunächst langfristig einen Markt in der<br />
Schweiz aufbauen, respektive andere ge -<br />
winnbringende Aktivitäten in der Schweiz<br />
entwickeln.<br />
Ebenso ist nahezu unbekannt, dass fast<br />
alle Kantone der Schweiz, auch die so ge -<br />
nannten steuergünstigen Kantone, eine Vermögenssteuer<br />
erheben. Man muss also die<br />
Behauptung, die Steuern seien in der<br />
Schweiz so günstig, genauer hinterfragen.<br />
Andererseits hat die Schweizer Steuer -<br />
politik im Bereich der Besteuerung von<br />
Kapital und Kapitalerträgen sehr intelligent<br />
auf die Tatsache reagiert, dass das knappste<br />
Gut im internationalen wirtschaftlichen<br />
Wet tbewerb das benötigte Kapital ist. In<br />
dem Land, das das meiste Kapital von Ka -<br />
pital anlegern anziehen kann, werden auch<br />
die meisten Arbeitsplätze geschaffen. Da<br />
Kapital sehr beweglich ist, kann es auch<br />
schnell woanders hin transferiert werden,<br />
nämlich dorthin, wo die Bedingungen aus<br />
Sicht des Kapitalanlegers besser sind.<br />
Dies hat die Schweiz sehr gut erkannt und<br />
deshalb die Besteuerung von Kapital und<br />
Kapital erträgen verringert. Weniger wichtig<br />
im in ter nationalen Wettbewerb ist dagegen<br />
die Besteuerung des Einkommens natür -<br />
licher Personen. Ich habe bei meiner priva -<br />
ten Steuerrechnung erkannt, dass ich kaum<br />
weniger Steuern in der Schweiz als in<br />
Deutschland bezahle. Hier hat also die<br />
Schweiz ihre Steuerpolitik intelligent opti -<br />
miert. In Deutschland sehe ich in diesem<br />
Bereich große Defizite.<br />
Dennoch: die steuerlichen Vorteile der<br />
Schweiz greifen nicht schnell, sie kommen<br />
für einen Unternehmer erst nach vielen<br />
Jahren zum Tragen. Das kann bis zu einer<br />
Generation dauern. Außerdem müssen Sie<br />
als Unternehmer – so wie das jetzt Herr<br />
Müller getan hat – ganz konsequent auch<br />
den persönlichen Umzug in die Schweiz<br />
betreiben.<br />
Im Übrigen nutzt die Schweiz im Vergleich<br />
zu Deutschland auch auf diesem Gebiet<br />
die Möglichkeiten des Föderalismus in<br />
positivster Weise aus. Man erlaubt einen<br />
Wettbewerb der verschiedenen Kantone<br />
untereinander. Wer im Wettbewerb der<br />
Kantone das Nachsehen hat, der findet
keine Investoren mehr, und von dort ziehen<br />
auch die Bürger weg.<br />
Wenn wir jetzt die Schweizer Verhältnisse<br />
noch genauer betrachten, dann werden Sie<br />
noch verschiedene Vorteile mehr sehen.<br />
Zum einen gibt es eine ganz langfristige<br />
Verlässlichkeit der Steuergesetzgebung.<br />
Das gesamte staatliche Umfeld, die staat -<br />
lichen Rahmenbedingungen sind in der<br />
Schweiz viel besser als in Deutschland.<br />
Zum anderen ist Neid – ein sehr wichtiges<br />
Thema für einen Familienunternehmer –<br />
in der Schweiz kaum ein Thema. Damit<br />
zusammenhängend ist das Bild des mittel -<br />
ständischen Unternehmers in der Schweiz<br />
ein viel positiveres als in Deutschland.<br />
Diese sogenannten weichen Faktoren<br />
spre chen eindeutig für die Schweiz.<br />
Warum ist die Schweizer Steuergesetz -<br />
gebung so vorhersehbar und so langfristig<br />
planbar? Das liegt zu einem wesentlichen<br />
Teil am Schweizer Steuersystem. Jede<br />
politische Ebene – Gemeinde, Kanton und<br />
Bund – bestimmt ihre eigene Steuer.<br />
Jeder Kanton setzt seine jeweilige Steuer -<br />
quote fest, und die einzelnen Gemeinden<br />
können auf diese sogenannte Staatssteuer<br />
einen Hebesatz festlegen. Der Bund erhält<br />
eine eigene Steuer. Sämtliche Steuern<br />
werden einmal im Jahr berechnet.<br />
Man hält in der Schweiz den Steuerzahler<br />
für wirklich mündig, Steuern werden nicht<br />
einfach vom Gehalt abgezogen, sondern<br />
über Rechnung erhoben. Der wesentliche<br />
Unterschied zum deutschen System besteht<br />
nun allerdings darin, dass nicht die<br />
Politiker den Steuersatz festsetzen, son -<br />
dern das Stimmvolk. Dies ist der ganz we -<br />
sentliche Unterschied, der das Schweizer<br />
Steuersystem so langfristig berechenbar<br />
macht, denn Sie können sich vorstellen,<br />
was mit einem Politiker passiert, der beim<br />
Volk eine Steuererhöhung beantragt. Nun<br />
kommen natürlich auch auf Schweizer<br />
Politiker, insbesondere auf Kommunal -<br />
politiker, wie in Deutschland viele Wünsche<br />
zu. Da geht es um Schwimmbäder, Stadt -<br />
hallen, Umgehungsstraßen und anderes.<br />
Gern würde jeder Politiker diese Wünsche<br />
erfüllen, denn er will ja wiedergewählt<br />
werden. Dieses Problem gibt es in der<br />
Schweiz genauso wie in Deutschland.<br />
Auch der Schweizer Politiker will wieder -<br />
gewählt werden. Aber wenn in der Schweiz<br />
ein Politiker ein größeres Projekt verwirk -<br />
lichen will, wenn er zum Beispiel in einer<br />
Gemeinde ein Schwimmbad bauen will,<br />
dann muss er dieses Projekt finanzieren<br />
können. Kreditfinanzierung ist auf kommu -<br />
naler und kantonaler Ebene in der Schweiz<br />
nur schwer möglich. Das bedeutet, dass<br />
der Politiker, der ein Schwimmbad bauen<br />
will und das Geld dafür nicht in seinem<br />
Budget hat, vor die Gemeinde treten und<br />
eine Steuererhöhung beantragen muss.<br />
Und die wird in der Regel, ich habe es<br />
schon erwähnt, abgelehnt. Ich verrate Ihnen<br />
sicher kein Geheimnis, wenn ich Ihnen<br />
sage, dass die Anzahl der Schwimmbäder<br />
in der Schweiz höchstens halb so groß ist<br />
wie in Deutschland.<br />
Zum Thema Bürokratie: Mein erster Behördengang<br />
in der Schweiz war für mich ein<br />
wirkliches Schlüsselerlebnis. Ich bin dort,<br />
so wie ich das in Deutschland immer ge -<br />
wohnt war, bei der Behörde erschienen<br />
und habe um die nötigen Formulare ge -<br />
beten. Als die Gemeindemitarbeiter erfahren<br />
hatten, dass ich neu hinzuziehe, erschien<br />
sofort der Chef der Gemeindeverwaltung<br />
um mich persönlich zu begrüßen: Er freute<br />
sich, dass ich Frick als Gemeinde ausge -<br />
wählt hatte und hier meine Steuern be -<br />
zahlen wollte. Weiterhin fragte er mich, wie<br />
er mich denn unterstützen könnte, damit<br />
ich jetzt mit der Bürokratie fertig werden<br />
könne. Und er hat mir auch noch viele<br />
weitere Tipps mitgegeben. So etwas habe<br />
ich in Deutschland oder in Amerika nie<br />
erlebt. In der Schweiz gibt es eben Wahl -<br />
beamte, die gewohnt sind, kundenorientiert<br />
zu denken.<br />
Das gleiche gilt für Krankenversiche rungen:<br />
In Deutschland schaffen wir es auch mit<br />
viel Bürokratie nicht, die Kosten unter<br />
Kontrolle zu bringen. Auch die Schweiz<br />
hat ein gewisses Kostenproblem, aber es<br />
ist quantitativ nicht vergleichbar mit dem in<br />
Deutschland. Und woran liegt das? Es ist<br />
in der Schweiz per Gesetz verboten, bei<br />
Krankenversicherten mit Einkommen, die<br />
über dem Sozialhilfesatz liegen, alle Aus -<br />
lagen zu erstatten. Von daher hat der Ver -<br />
sicherte immer eine gewisse Eigenbeteili -<br />
gung. Die Eigenbeteiligung führt dazu,<br />
23
dass der Versicherte jede Rechnung, die<br />
er von einem Arzt oder einem Kranken -<br />
haus erhält, sehr genau kontrolliert.<br />
Ein weiterer ganz wichtiger Punkt für Un -<br />
ter nehmer ist das Thema Arbeitsrecht,<br />
Kündigungsschutz und Tarifverträge. Die<br />
längste gesetzliche Kündigungsfrist in der<br />
Schweiz beträgt drei Monate ohne Abfin -<br />
dun gen. Wenn ich das unseren Kollegen in<br />
Deutschland erzähle, beneiden Sie uns um<br />
die Schweizer Verhältnisse. Tarifverträge<br />
spielen in der Schweiz keine große Rolle.<br />
Wir können also mit unseren Mitarbeitern<br />
zu Marktbedingungen die Löhne frei aus -<br />
handeln. Im Ergebnis zahlen wir relativ hohe<br />
Löhne, die dem Marktniveau in der Schweiz<br />
entsprechen.<br />
Ein weiterer Pluspunkt in der Schweiz liegt<br />
in der möglichen Altersteilzeit. Sie führt zu<br />
keinen Abstrichen bei der Rentenversiche -<br />
rung, denn die Schweiz kennt eine kapital -<br />
gebundene Rentenversicherung. Als Basis<br />
der Rentenzahlung dienen die über das<br />
gesamte Arbeitsleben akkumulierten Ein -<br />
zahlungen.<br />
24<br />
Woran liegt es, dass es Unternehmen in<br />
der Schweiz in vielerlei Hinsicht leichter<br />
gemacht wird als in Deutschland? Frau<br />
Dr. Busch sagte heute, wir hätten die fal -<br />
schen Politiker. Woran könnte es wiederum<br />
liegen, dass wir die falschen Politiker haben?<br />
Werfen wir einen Blick auf die Statistiken:<br />
Lehrer, Beamte und Gewerkschafter domi -<br />
nieren den Bundestag. Man kann darüber<br />
diskutieren: Stellen diese Berufsgruppen<br />
wirklich die besseren Politiker? Hier sehe<br />
ich einen großen Vorteil im System der<br />
Schweiz. In unserem Dorf ist der Großrat<br />
(entspricht einem deutschen Landtags -<br />
abgeordneten) ein Bäcker. Dies ist nur<br />
deshalb möglich, weil in der Schweiz bis<br />
hin zum Nationalrat die Parlaments mitglieder<br />
Nebenberufspolitiker sind. Sitzungen sind<br />
so organisiert, dass es auch Nebenberufs -<br />
politikern möglich ist teilzunehmen. Durch<br />
seine Berufstätigkeit ist natürlich der Ab ge -<br />
ordnete in der Schweiz wesentlich volks -<br />
näher und pragmatischer als der deutsche.<br />
Selbstverständlich sind andererseits auch<br />
in der Schweiz in leitenden Positionen Be -<br />
rufspolitiker nötig. In diesem Fall kann ich<br />
immer noch nicht verstehen, dass ein Vor -<br />
standsvorsitzender von einem großen Un -<br />
ternehmen mehrere Hunderttausend oder<br />
vielleicht Millionen Euro Gehalt im Jahr<br />
verdient, aber ein deutscher Bundeskanzler,<br />
der Verantwortung für ein ganzes Land<br />
trägt, vielleicht mit nur 200.000 € im Jahr<br />
heimgehen muss. Das ist für mich unbe -<br />
greiflich. Natürlich müssen sich dann die<br />
Bürger mit einer Qualität von Politikern<br />
zufrieden geben, die einem solchen Gehalt<br />
entsprechen.<br />
Mit Interesse beobachte ich das Thema<br />
“Anzahl der nötigen Abgeordneten in<br />
einem Parlament”: Ich sehe 600 Bundes -<br />
tagsabgeordnete vor mir und versuche mir<br />
jeden vorzustellen: Was denkt so ein Bun -<br />
destagsabgeordneter, wenn er gewählt<br />
wird? Jeder möchte oder muss ja letztlich<br />
seinen Wählern beweisen, dass er ein ganz<br />
wichtiger Abgeordneter ist. Deswegen wird<br />
jeder dieser 600 Abgeordneten versuchen,<br />
mindestens ein Gesetz im Laufe der Bun -<br />
destagsperiode mitverantwortlich zu initi -<br />
ieren. Die Folgen sind eine wachsende Ge -<br />
setzesflut und – auch hier – eine wachsen de
Bürokratie. Ein Ergebnis dieser Ge setzesflut<br />
ist, dass weltweit in den Rechtswissen -<br />
schaften die meisten Veröffent lichungen<br />
in Deutsch erfolgen. Das ist in keiner<br />
ande ren Wissenschaft so. Wie jeder weiß,<br />
ist die beherrschende Sprache der Natur -<br />
wissenschaften Englisch.<br />
Man könnte das Problem der Gesetzesflut<br />
durch verschiedene Maßnahmen lösen: Es<br />
wird ein neues Gesetz verabschiedet, nach -<br />
dem jedes neu eingebrachte Gesetz die<br />
Löschung von zwei alten bedingt. Ebenso<br />
könnte eine Verkleinerung des Bundes -<br />
tags Wunder bewirken, weil nur noch 300<br />
Abgeordnete dann auch weniger Gesetze<br />
einbringen können.<br />
Jetzt kommen wir zu einem weiteren wich -<br />
tigen deutschen Problem, dem Thema Neid.<br />
In den 70er Jahren hat es geheißen: Man<br />
muss die Belastbarkeit der Unternehmen<br />
testen. Gewerkschaften und verschiedene<br />
Politiker haben den Zeigefinger gegen die<br />
Unternehmer erhoben und zur moralischen<br />
Jagd auf die Unternehmer geblasen. Unter<br />
diesem negativen Bild, das damals von<br />
den Unternehmern gezeichnet worden ist,<br />
haben wir Unternehmer heute noch zu lei -<br />
den. Die meisten Bürger wollen deshalb<br />
zwar Unter nehmen, die Arbeitsplätze bie -<br />
ten, aber Un ternehmer, die Geld verdie nen,<br />
will man eigentlich nicht haben. Als Un -<br />
ternehmer muss ich aber viel Geld ver -<br />
dienen, denn ich brauche Geld, um mein<br />
Unternehmen weiterzuentwickeln und neue<br />
Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn man dem<br />
Unternehmer das Geld über steuerliche<br />
und andere Rahmenbedin gun gen über<br />
Jahrzehnte hinweg systema tisch weg nimmt,<br />
dann kommen wir zu dem be kannten Zu -<br />
stand, dass die familiengeführ ten Unter -<br />
nehmen unter Kapitalarmut leiden. Sie sind<br />
dann nicht mehr in der Lage, Ar beitsplätze<br />
zu schaffen.<br />
Auch Jürgen Heraeus hat heute das Thema<br />
Neid erwähnt, wie er es in der Schule mit -<br />
erlebt hat. Ich kann dies nur aus eigener<br />
Erfahrung aus meiner Kindheit bestätigen.<br />
Während ich diesen Vortrag hier vorberei -<br />
tet habe, habe ich deshalb gestern Abend<br />
meinen ältesten Sohn gefragt, ob er schon<br />
mal in der Schu le auf den Reichtum der<br />
Eltern angespro chen worden ist. Da hat er<br />
mich mit großen Augen an geschaut, als ob<br />
ich vom Mond käme. Neid ist für unsere<br />
Kinder in der Schweiz über haupt kein<br />
Thema.<br />
Neid beeinflusst das Denken der Bürger<br />
und wirkt sich deshalb langfristig auf die<br />
wirtschaftliche Entwicklung aus. Neid setzt<br />
ausschließlich negative Energien frei und<br />
hindert den Menschen daran, positiv für<br />
sein eigenes Schicksal tätig zu werden.<br />
Eher überlässt er es dem Staat, für ihn zu<br />
handeln. Als ein Ergebnis der deutschen<br />
Sozialpolitik hat die Bevölkerung in den<br />
letzten 30 Jahren eine Vollkasko-Mentalität<br />
entwickelt. Zwar ist im Moment diesbe züg -<br />
lich ein echter Paradigmenwechsel er kenn-<br />
bar, aber er wird nicht von heute auf morgen<br />
Ergebnisse zeigen. Es hat eine Generation<br />
gedauert, bis wir so weit gekommen sind,<br />
und ich fürchte, es wird wieder eine Gene -<br />
ration dauern, bis wir das alles wieder zu -<br />
rückdrehen können.<br />
Underberg hat vor 30 Jahren die Entschei -<br />
dung getroffen, die Dachgesellschaft in die<br />
Schweiz zu verlegen. Wir müssen heute<br />
leider feststellen, dass die deutsche Politik<br />
seither diese Entscheidung gerechtfertigt<br />
hat. Die Standortfaktoren in Deutschland<br />
haben sich weiter verschlechtert. Leider<br />
rechnen wir nicht mit einer schnellen Ver -<br />
änderung. Wir haben als Familie in der<br />
Schweiz positive Erfahrungen gemacht und<br />
wollen der nächsten Generation ebenso<br />
unternehmerisches Handeln ermöglichen<br />
und ein funktionierendes Unternehmen<br />
übergeben.<br />
Wir erleben allerdings derzeit einen unbe -<br />
streitbaren Paradigmenwechsel in der Politik<br />
und der öffentlichen Meinung. Deutschland<br />
hat zum ersten Mal seit 30 Jahren eine<br />
realistische Chance, die Weichen neu zu<br />
stellen. Vielleicht werden wir in einigen<br />
Jahren wesentlich bessere Bedingungen<br />
für Unternehmer in Deutschland vorfinden.<br />
Bitte unterstützen Sie uns dabei. Es liegt<br />
auch in Ihrer Hand.<br />
25
26<br />
Faktor Nachfolge –<br />
Was tun?<br />
Prof. Dr. Peter May, Gründer und Geschäftsführer,<br />
INTES Akademie für Familienunternehmen GmbH<br />
Wie Unternehmer sich ihre Nachfolge<br />
wünschen<br />
Die Bewältigung der Nachfolge ist eine der<br />
zentralen Herausforderungen im Lebens -<br />
zyklus eines Familienunternehmens. Die<br />
INTES Akademie für Familienunternehmen<br />
hat deshalb im Jahre 2003 gemeinsam mit<br />
der Fachhochschule der Wirtschaft in<br />
Bergisch-Gladbach eine großangelegte<br />
empirische Untersuchung zu diesem The -<br />
menkomplex durchgeführt. Wir wollten her -<br />
ausfinden, mit welchen Einstellungen, Wün -<br />
schen und Hoffnungen die deutschen Fa -<br />
milienunternehmer dem Phänomen Nach -<br />
folge begegnen, insbesondere welche<br />
Nachfolgekonzepte sie bevorzugen und<br />
warum.<br />
Die Resonanz war beachtlich. Von 2000<br />
versandten Fragebögen wurden 251 bearbeitet<br />
zurück geschickt, was einer Rücklauf -<br />
quote von 12,55 % entspricht. Mehr noch:<br />
Über 75 % der Rücksender signalisierten<br />
ausdrücklich ihr Interesse, die Thematik in<br />
einem persönlichen Gespräch zu vertiefen.<br />
Familieninterne Nachfolge immer<br />
noch favorisiert<br />
Auch die Ergebnisse der Studie waren von<br />
uns in dieser Eindeutigkeit nicht erwartet<br />
worden. Von “Nachfolge-Müdigkeit” als Re -<br />
sultat des oft beschworenen Werte wandels<br />
ist bei den deutschen Familienunternehmern<br />
zumindest in der Übergeber-Generation<br />
noch wenig zu spüren.<br />
So äußerten annähernd 75 % der Befragten<br />
den ausdrücklichen Wunsch, das Unter -<br />
nehmen in der nächsten Generation im<br />
Familienbesitz zu erhalten. Nur 6,4 % sehen<br />
in einem MBO, einem MBI oder einem Ver -<br />
kauf an Dritte ein für sie geeignetes Nach -<br />
folgemodell.<br />
Auch in Punkto Führungsnachfolge sind<br />
die Wunschvorstellungen eindeutig auf fa -<br />
milieninterne Lösungen gerichtet. 51,4 %<br />
der Befragten wünschen sich, in der Füh -<br />
rung des Unternehmens durch ein oder<br />
mehrere Familienmitglieder “beerbt” zu<br />
werden. Das sind mehr als zwei Drittel der -
jenigen Befragten, die ihr Unternehmen im<br />
Familienbesitz erhalten wissen wollen. Der<br />
archaische Wunsch, ein geschaffenes Le -<br />
benswerk an sein “eigen Fleisch und Blut”<br />
weiter zu geben, hat also wenig von seiner<br />
Strahlkraft eingebüßt. Auch die Begrün dun -<br />
gen scheinen kaum gewandelt. Fa milien -<br />
unternehmer glauben unverändert, dass die<br />
Stärken und der besondere Charakter eines<br />
Familienunternehmens unter Führung eines<br />
Mitglieds der Eigentümerfamilie am besten<br />
zur Geltung gebracht werden können.<br />
Neben traditionellen Aspekten spielt dabei<br />
die “principal agent-Problematik” eine nicht<br />
zu unterschätzende Rolle. “Unser Vermögen<br />
sollte auch von uns verwaltet werden,” gab<br />
nicht nur einer der Befragten zu Protokoll.<br />
Von einem Geschäftsführenden Gesellschafter<br />
erwarten die Beteiligten aufgrund der<br />
Interessenidentität mehr Loyalität und Iden -<br />
tifikation als von einem angestellten Manager.<br />
Fremdmanagement im Familienunter -<br />
nehmen - mehr Einsicht als Leiden -<br />
schaft<br />
Führungsmodelle, bei denen das Familien -<br />
unternehmen unter Einbeziehung von oder<br />
ausschließlich durch angestellte Manager<br />
geführt werden, werden von den Befragten<br />
grundsätzlich als “second best” qualifiziert.<br />
Auf sie wird in der Regel nur zurück ge -<br />
griffen, wenn nicht genügend geeignete<br />
Nachfolger aus der Familie zur Verfügung<br />
stehen. Immerhin konnten sich 13,5 % der<br />
Befragten eine gemischte und 9,6 % eine<br />
reine Fremdführung ihres Familienunter -<br />
neh mens in der nächsten Generation vor -<br />
stellen.<br />
Kaum verwunderlich ist aber auch, dass ihr<br />
Anteil mit wachsender Unternehmensgröße<br />
zunimmt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein<br />
Familienmitglied über die zur Führung not -<br />
wendigen Fähigkeiten verfügt, nimmt mit<br />
wachsender Unternehmensgröße ab. Es<br />
gehört nun einmal mehr dazu, einen Kon -<br />
zern wie Aldi zu führen als ein Einzel han dels -<br />
geschäft. Reinhold Würth, der Schrauben-<br />
König, hat die Wahrscheinlich keit, dass<br />
eines seiner Kinder geeignet sein könnte,<br />
in seine Fußstapfen zu treten, vor Jahren<br />
einmal mit “weniger als 1:1 Million” bezeich -<br />
net. Wenn die Inhaber größerer Familien -<br />
unternehmen dem Fremdmanage ment auf -<br />
geschlossener gegenüber stehen, so hat<br />
dies weniger mit Leidenschaft als vielmehr<br />
mit kluger Anpassung der eigenen Wünsche<br />
an die Wirklichkeit zu tun.<br />
Doch nicht nur mit dem Wachstum des Un -<br />
ternehmens, auch mit wachsender Zahl der<br />
Gesellschafter steigt nach unserer Stu die<br />
die Bereitschaft, die Firma von Dritten führen<br />
zu lassen. Hier wird ein weiterer Aspekt des<br />
Familienunternehmens wirksam. Mit wach -<br />
sen der Gesellschafter zahl und kleiner wer -<br />
dender Beteiligung sinkt die Identifikation<br />
der Eigentümer mit ihrem Unternehmen<br />
und mit ihr die Bereitschaft, Führungs -<br />
verantwortung im „eigenen” Unternehmen<br />
zu übernehmen. Auch sind sich die Eigen -<br />
tümer von Fami lienunternehmen mit meh -<br />
re ren Gesell schaftern offensichtlich bewusst,<br />
welcher Sprengstoff darin liegen kann, dass<br />
einzelne Familienmitglieder an der Führung<br />
der gemeinsamen Firma beteiligt und an -<br />
dere von ihr ausgeschlossen werden.<br />
Haniel, unserer Kenntnis nach das Fa milien -<br />
unternehmen mit den meisten Gesell schaf -<br />
tern in Deutschland, hat daraus den Schluss<br />
gezogen, Familienmitgliedern den Weg an<br />
die Unternehmensspitze grund sätzlich zu<br />
versperren. Die Nachteile, die durch den<br />
Ausschluss eines möglicher weise besonders<br />
27
efähigten Familien mit gliedes entstehen,<br />
erscheinen der Familie geringer als die<br />
Gefahren, die durch un fähige Fa milien mit -<br />
glieder oder durch Streit um die Führungs -<br />
position entstehen können.<br />
MBO, MBI und Verkauf als “Notlösung”<br />
Nur, wenn eine Weitergabe innerhalb der<br />
Familie nicht in Betracht kommt, ist der<br />
Durchschnittsunternehmer bereit, über<br />
alternative Nachfolgelösungen wie MBO,<br />
MBI oder Verkauf nachzudenken. Auch un -<br />
ter ihnen sind die Präferenzen eindeutig<br />
verteilt. Während große, alte Unternehmen<br />
mit vielen Gesellschaftern als Exit-Szenario<br />
den klassischen Verkauf an einen strate -<br />
gischen oder einen Finanzinvestor bevor -<br />
zugen, stellen MBO und MBI die Exit-<br />
Variante für die kleinen und mittleren Un -<br />
ternehmen dar. Über die Hälfte der Unter -<br />
nehmer, die angaben, ihre Nachfolge durch<br />
MBO oder MBI regeln zu wollen, führen<br />
28<br />
Unternehmen mit einem Umsatz von weni -<br />
ger als 10 Mio. Euro. Fast die Hälfte von<br />
ihnen sind Unternehmensgründer.<br />
Als typisches Motiv für ein MBO muss<br />
dabei der Wunsch gelten, das Unter -<br />
nehmen, wenn schon nicht von einem<br />
Familienmitglied, so doch jedenfalls von<br />
einem Menschen weiter geführt zu wissen,<br />
bei dem der übergebende Unternehmer<br />
annehmen darf, dass das Le benswerk in<br />
seinem Sinne fortgeführt wird. Hierfür sind<br />
viele Unternehmer bereit, Ab striche beim<br />
Verkaufserlös hinzunehmen. Ist dieses Ziel<br />
nicht erreichbar, tritt die Maximierung des<br />
Verkaufserlöses als Moti vation stärker in<br />
den Vordergrund. Dies er klärt, warum das<br />
Management-Buy-In (MBI) mit 0,4 % bei<br />
allen Präferenznennungen ein deutig hinter<br />
dem MBO (4,0 %) und dem Verkauf an<br />
Außenstehende (2,0 %) zurück bleibt. Der<br />
klassische MBI-Kandidat kann in Bezug auf<br />
den Kontinuitätswunsch mit ei nem firmen -<br />
internen Kandidaten und in Be zug auf den<br />
zu erwartenden Kaufpreis mit einem strate -<br />
gischen Investor nicht kon ku rrieren. Er wird<br />
deshalb nur als “viert beste” Lösung empfun -<br />
den.<br />
Diskrepanz zwischen Wunsch und<br />
Wirklichkeit<br />
Bis zu diesem Punkt mag man die Er geb -<br />
nisse zu unserer Untersuchung durchaus<br />
ermutigend nennen. Würden die Wünsche<br />
Wirklichkeit, müsste uns um die Zukunft<br />
unserer Familienunternehmen nicht bange<br />
sein. Doch die Wirklichkeit sieht anders<br />
aus. Das Institut für Mittelstandsforschung<br />
(IfM) in Bonn hat im Jahre 2002 ebenfalls<br />
eine Untersuchung zum Thema Unter neh -<br />
mensnachfolge durchgeführt, dabei jedoch<br />
nicht Präferenzen, sondern Realitäten un -<br />
tersucht. Die dabei zutage geförderten<br />
Er gebnisse sprechen eine andere Sprache.
So gelingt eine familieninterne Weitergabe<br />
in weniger als der Hälfte aller Fälle. Eher<br />
häufiger kommt es zu einem Verkauf<br />
(19,2 %), einem MBI (16,1 %) oder einem<br />
MBO (12,1 %), in 7 von 100 Fällen sogar<br />
zur Stilllegung. Auch wenn die Bezugs -<br />
gruppe des IfM auch sehr viel kleinere Un -<br />
ter nehmen einschloss, lässt sich doch mit<br />
ausreichen der Sicherheit behaupten, dass<br />
zwischen Wunsch und Wirklichkeit in der<br />
Unter neh mensnachfolge eine gehörige<br />
Diskrepanz besteht. Etwa einem Drittel<br />
unserer Fa milienunternehmer gelingt es<br />
nicht, ihre Zielvorstellungen von der Un ter -<br />
nehmens nachfolge zu realisieren.<br />
Die Ursache: Mangelnde Professionali -<br />
tät im Nachfolgemanagement<br />
Die Ursachen liegen auf der Hand. So pro -<br />
fessionell sich die meisten Unternehmer bei<br />
der Führung ihrer Unterneh men verhal ten,<br />
so sehr handeln sie beim Management der<br />
Nachfolge als Amateure. Ein professio nelles<br />
Nachfolgemanagement im Sinne ei nes Projektmanagements<br />
betreiben die we nigsten<br />
Unternehmer.<br />
20 % der von uns befragten Unternehmer<br />
gaben an, überhaupt noch keine Planungen<br />
zur Unternehmensnachfolge angestellt zu<br />
haben. Dass etliche dieser Unternehmer<br />
eher jünger sind, darf als ernst zu nehmende<br />
Entschuldigung nicht gelten. Zumindest<br />
einen Notfallplan, d.h. ein Konzept für den<br />
Fall des ungeplanten vorzeitigen Eintritts<br />
der Nachfolgesituation, sollte jeder Unter -<br />
nehmer haben. Denn die Nachfolgesitua -<br />
tion tritt, auch dies hat die Studie des IfM<br />
belegt, in einer statistisch signifikanten Zahl<br />
von Fällen nicht erst mit Erreichung der<br />
Altersgrenze ein. Zudem gilt: Je früher der<br />
Unternehmer mit der Planung seiner Nach -<br />
folge beginnt, desto größer ist die Wahr -<br />
schein lichkeit, dass er die gesteckten Ziele<br />
auch erreicht.<br />
Um so unverständlicher bleibt das wenig<br />
professionelle Verhalten unserer Unter-neh -<br />
mer bei der Bewältigung der Proble matik.<br />
Schließlich ist die Unternehmens-nachfolge<br />
nicht nur eine der großen Krisen im Lebenszyklus<br />
eines Familienunterneh mens, sondern<br />
zudem die einzige, die un vermeidbar eintritt.<br />
Es ist also nicht so, dass man sich auf sie<br />
nicht einstellen könnte. Auch wissen wir,<br />
was uns erwartet. Der Übergang des Eigen -<br />
tums, mehr noch der Übergang der Führung<br />
von einem Unter nehmer auf einen – mögli -<br />
cher weise mehrere – anderen, verändert<br />
Zielsetzungen, Stra tegie, Strukturen und<br />
Kultur des Unter nehmens und sorgt für<br />
Tur bulenzen. Dieser Prozess will gemanagt<br />
werden. Wer ihn dem Zufall überlässt, darf<br />
sich nicht wundern, wenn er in eine der<br />
klassischen Nachfolge fallen tappt und mit<br />
seiner Wunschvor stellung scheitert. Es ist<br />
höchste Zeit, dass die deutschen Unter -<br />
nehmer ihre Nachfolge mit der gleichen<br />
Professionalität managen, mit der sie ihre<br />
Unternehmen leiten.<br />
Professionelles Nachfolgemanagement<br />
- die wichtigsten Tipps<br />
Was aber heißt professionelles<br />
Management der Unternehmensnachfolge?<br />
1. Früh begonnen ist halb gewonnen!<br />
Wer früh genug anfängt, sich mit seiner<br />
Nachfolge auseinander zu setzen, hat eine<br />
29
Reihe von Vorteilen. Wer Zeit gewinnt,<br />
gewinnt Handlungsspielräume. So ist beispielsweise<br />
der Aufbau einer vom Unter -<br />
nehmen unabhängigen Altersversorgung -<br />
ein wichtiger Baustein eines professionellen<br />
Nachfolgemanagements – einfacher zu<br />
bewerkstelligen, wenn hierfür nicht nur fünf,<br />
sondern zwanzig Jahre zur Verfügung stehen.<br />
Gleiches gilt für den Aufbau einer alter -<br />
nativen Beschäftigung für die Zeit nach<br />
dem Ausscheiden aus der Unternehmens -<br />
führung. Zudem lässt sich manch schwierige<br />
Fragestellung um so rationaler bearbeiten,<br />
je größer der zeitliche Abstand zu ihr respektive<br />
je geringer die persönliche Betroffen -<br />
heit durch sie ist. Über Sinnhaftigkeit oder<br />
Notwendigkeit einer so genannten “Alters -<br />
guillotine”, die den Zeitpunkt für das Aus -<br />
scheiden aus Geschäftsführung und/oder<br />
Beirat verbindlich vorschreibt, lässt sich mit<br />
einem Fünfzigjährigen gewiss leichter<br />
diskutieren als mit einem Achtundsechzig -<br />
jährigen. Unser Rat ist deshalb ebenso ein -<br />
30<br />
fach wie eindeutig: Je früher Sie anfangen,<br />
sich mit Ihrer Nachfolge auseinander zu<br />
setzen desto besser.<br />
Und noch etwas: Einen Notfallplan, der re -<br />
gelt was beim ungeplanten vorzeitigen Aus -<br />
fall des Unternehmers zu geschehen hat,<br />
sollte jeder Unternehmer haben – sobald er<br />
Verantwortung übernimmt.<br />
2. Professionelles Nachfolgemanage -<br />
ment bedarf eines ganzheitlichen<br />
systemischen Ansatzes<br />
Die Regelung der Unternehmensnachfolge<br />
ist eine komplexe Problematik, bei der viele<br />
Fragen aus unterschiedlichen Bereichen angesprochen<br />
werden. Persönlich-individuelle<br />
Fragestellungen und interpersonale Themen<br />
aus dem Eltern-Kind- oder dem Geschwister-<br />
Verhältnis verbinden sich mit betriebswirt -<br />
schaftlichen Überlegungen zu Strategie,<br />
Struktur, Kultur oder Führung. Fragen aus<br />
der Vermögenssphäre treffen auf Gedanken<br />
zur rechtlichen Absicherung und zur steuer -<br />
lichen Optimierung. Keine dieser Frage -<br />
stellungen darf isoliert betrachtet werden.<br />
Komplexe Systeme müssen systemisch be -<br />
arbeitet werden. Sie bedürfen eines ganz -<br />
heitlichen Ansatzes. Professionelles Nach -<br />
folgemanagement bedeutet deshalb, eine<br />
Gesamtkonzeption zu erarbeiten und um -<br />
zusetzen, in der die verschiedenen persön -<br />
lichen, zwischenmenschlichen, betriebswirt -<br />
schaftlichen, vermögensmäßigen und recht -<br />
lich-steuerlichen Aspekte professionell be -<br />
arbeitet und integriert werden. Die Zeiten,<br />
in denen Unternehmer ihre Nachfolger aus -<br />
schließlich oder zuvorderst mit ihrem Steuerberater,<br />
ihrem Rechtsanwalt oder dem Notar<br />
besprachen, sollten endgültig der Ver gan -<br />
genheit angehören.<br />
3. Suchen Sie sich einen professio -<br />
nellen Nachfolgebegleiter<br />
Die Unternehmensnachfolge gehört zu den<br />
Problemen, die der Unternehmer nur ein<br />
Mal im Leben bewältigen muss. Für ihre<br />
Lösung mangelt es ihm demzufolge zwangsläufig<br />
an verwertbaren Erfahrungen; nur in<br />
seltenen Fällen ist er aufgrund von Vor bil -<br />
dung Experte auf diesem Gebiet. In ver -<br />
gleichbaren Situationen, etwa beim Unter -<br />
nehmenskauf, greift der kluge Unternehmer<br />
auf qualifizierte Fachleute zurück, die sich<br />
auf die Lösung solcher Probleme speziali -<br />
siert haben, und kauft sich fehlende Erfah -<br />
rung und mangelndes Expertenwissen ein.<br />
Unser Rat: Verhalten Sie sich in Bezug auf<br />
die Unternehmensnachfolge nicht anders.<br />
Zum professionellen Nachfolgemanagement<br />
gehört die professionelle Nachfolge beglei -<br />
tung, welche die verschiedenen Einzel -<br />
aspekte bearbeiten und zu einer Gesamt -<br />
konzeption integrieren kann.<br />
4. Binden Sie Ihre Familie in Ihre<br />
Nachfolgeüberlegungen mit ein<br />
Die meisten Unternehmer scheuen sich,<br />
ihre Überlegungen mit ihrer Familie zu teilen.<br />
Sie fürchten, lang gehegte Tabus zu<br />
berühren und familiäre Sprengstofffragen<br />
anzurühren; sie sind es nicht gewohnt, über<br />
eigene Ängste und Besorgnisse zu sprechen,<br />
oder sie wollen einfach nur eine schnelle<br />
Lösung ohne große Diskussionen. Ein<br />
Irrtum mit oft verhängnisvollen Folgen.<br />
Nachfolge lässt sich nicht verordnen. Zwar
kann der Unternehmer in seiner letzt -<br />
willigen Verfügung einseitig bestimmen,<br />
was er will. Eine Garantie, dass die Erben<br />
sich an das Gewollte halten, gibt es aber<br />
nicht. Selbst die scheinbar festeste juristi -<br />
sche Konstruktion ist nicht ohne Lücken<br />
und Schwächen. Und früher oder später<br />
scheitert wieder ein traditionsreiches Fami -<br />
lienunternehmen an unfähigen oder unwilli -<br />
gen Nachfolgern oder an Streit und Zwist<br />
unter den Eigentümern. Dass die Nachwelt<br />
dafür in aller Regel den Erben die Schuld<br />
zuweist, ist ebenso ungerecht wie im Ergebnis<br />
bedeutungslos. Wer will, dass die Erben<br />
die ihnen angebotene Nachfolge auch an -<br />
treten, muss sich ihr Commitment erarbei -<br />
ten. Er muss sie einbeziehen und gemein -<br />
sam mit ihnen einen “Generationenvertrag”<br />
erarbeiten, der alle für die Nachfolge rele -<br />
vanten Fragestellungen regelt.<br />
5. Wählen Sie das passende Nach -<br />
folgekonzept<br />
Die wichtigste Frage, die der Unternehmer<br />
und seine Familie in Zusammenhang mit<br />
der Nachfolge beantworten müssen, lautet:<br />
Wohin soll es gehen? Welches Nachfolge-<br />
Konzept wollen wir verwirklichen?<br />
Viele Senioren haben dazu frühzeitig eine<br />
klare Meinung, ohne sich jemals ernsthaft<br />
und intensiv mit den verschiedenen Alter -<br />
na tiven auseinander gesetzt zu haben. Sie<br />
handeln nach dem Grundsatz: Mein Wille<br />
geschehe! Und sind enttäuscht, wenn das<br />
von ihnen angestrebte Modell am fehlen -<br />
den Willen oder mangelnden Fähigkeiten<br />
der potenziellen Nachfolger scheitert. Die<br />
Tat sache allein, dass der Unternehmer eine<br />
bestimmte Form der Nachfolge wünscht,<br />
reicht nicht aus, diesen Wunsch Wirklich -<br />
keit werden zu lassen. Erfolg hat nur, wer<br />
aus der Fülle des zur Verfügung stehenden<br />
Angebotes dasjenige auswählt, das am<br />
besten zu ihm und seiner Familie passt.<br />
6. Verschaffen Sie sich einen<br />
Überblick über Ihre Optionen<br />
Dazu gehört, dass Sie sich zunächst einen<br />
Überblick über Ihre Handlungsoptionen<br />
verschaffen. Einen Königsweg, eine für alle<br />
gleichermaßen geeignete Konzeption, gibt<br />
es nicht. Vielmehr steht dem Unternehmer<br />
eine nahezu unübersehbare Variationsbreite<br />
31
XIV<br />
denkbarer Handlungsoptionen zur Verfü -<br />
32<br />
gung. Er kann seine Nachfolge innerhalb<br />
der Familie, mithilfe von Dritten oder auch<br />
durch eine Kombination von familieninter -<br />
nen und -externen Elementen lösen.<br />
Das gilt zunächst für die Führungsnach -<br />
folge. Nicht nur gewünscht, sondern auch<br />
denkbar ist, dass der Unternehmer an der<br />
Spitze durch ein oder mehrere Familienmitglieder<br />
abgelöst wird. Bei mehreren<br />
Familienmitgliedern gilt es zu entscheiden:<br />
Gibt es einen Primus inter pares oder sollen<br />
sie gleichrangig nebeneinander arbeiten?<br />
Die Familie kann die Führung des Unter -<br />
nehmens aber auch fremden Managern<br />
überlassen oder Familienmanagement und<br />
Fremdmanagement miteinander verbinden.<br />
Geklärt werden muss dann noch, ob an der<br />
Spitze des Unternehmens ein Familien -<br />
mitglied oder ein Externer stehen soll.<br />
Möglich ist beides.<br />
Gleiches gilt für die Beteiligungsnach folge.<br />
Auch sie kann innerhalb der Familie, durch<br />
Externe oder durch eine Kombination beider<br />
Ansätze gelöst werden. Bleibt das Eigen -<br />
tum in der Familie, ist eine Thronfolger-<br />
Lösung (oder auch eine Realteilung), bei<br />
der Sie die Beteiligung nur an eines Ihrer<br />
Kinder weitergeben, ebenso in Betracht zu<br />
ziehen wie die Verteilung des Unter -<br />
nehmens erbes an mehrere Kinder. Auch<br />
können Sie einzelne Kinder von der Nach -<br />
folge ausschließen oder ihre Anteile un -<br />
gleich vererben, z.B. um einem für die<br />
Führungsnachfolge ausersehenen Kind<br />
eine größere, vielleicht gar dominierende<br />
Beteiligung zukommen zu lassen. Denkbar<br />
ist aber auch, die Beteiligungsnachfolge<br />
ebenso wie die Führungsnachfolge durch<br />
Dritte zu lösen. Hierfür kommen ein Ver -<br />
kauf oder die Eigentumsübertragung auf<br />
eine <strong>Stiftung</strong> in Betracht. Schließlich lassen<br />
sich familieninterne und externe Lösungs -<br />
ansätze auch hier miteinander kombinieren.<br />
Eine <strong>Stiftung</strong> muss nicht alle Anteile an der<br />
Firma übernehmen, und statt eines<br />
Verkaufes ist auch ein Teilverkauf, z.B.<br />
durch eine Managementbeteiligung, ein<br />
Going public oder die Aufnahme eines<br />
finanziellen oder strategischen Partners<br />
möglich, wobei sowohl Mehrheits- als auch<br />
Minderheits beteiligungen denkbar sind.<br />
Die Zahl ihrer Möglichkeiten wird noch da -<br />
durch vermehrt, dass die verschiedenen<br />
Optionen in unterschiedlicher Weise mit -
einander kombiniert werden können. Die<br />
Nachfolge in das Eigentum am Unter neh -<br />
men kann der Regelung der Führungsnachfolge<br />
folgen, muss es aber nicht. So ist<br />
z. B. denkbar, die Führung des Unterneh -<br />
mens einem Kind zu übertragen, das Eigentum<br />
aber mehr oder minder gleichmäßig an<br />
alle zu verteilen. Oder die Führung einem<br />
Familienfremden anzuvertrauen, das Eigen -<br />
tum aber gleichwohl in der Familie zu be -<br />
halten. Oder die Führung in der Familie zu<br />
behalten, sie möglicherweise gar gleich -<br />
rangig auf mehrere Familienmitglieder zu<br />
verteilen, und etwa auftretende Pattsitua -<br />
tionen durch die Hereinnahme außen -<br />
stehen der Beteiligter (z.B. eines Finanz -<br />
investors) aufzulösen. Die Zahl denkbarer<br />
Kombinationsmöglichkeiten ist nahezu un -<br />
begrenzt. Sie sollten Sie kennen, wenn Sie<br />
nicht wertvolle Ansätze zur optimalen Lö sung<br />
Ihrer Nachfolgesituation verschenken wollen.<br />
7. Bewerten Sie die verschiedenen<br />
Optionen unter Zuhilfenahme des<br />
INTES-Prinzips<br />
Das Wissen um die Vielzahl der zur Ver -<br />
fügung stehenden Optionen ist tröstlich<br />
und problematisch zugleich. Tröstlich, weil<br />
es kaum denkbar erscheint, dass sich unter<br />
den vielen Gestaltungsmöglichkeiten nicht<br />
mindestens eine verbirgt, die zu Ihnen und<br />
Ihrer Familie passt. Eines ist sicher: Es gibt<br />
zumindest eine, die besser passt als alle<br />
anderen. Und damit sind wir beim Problem.<br />
Welche ist das? Wie finden wir das heraus?<br />
Bei diesem Schritt des Nachfolgemanage -<br />
ments geht es darum, die Optionen mitein -<br />
ander zu vergleichen und zu bewerten.<br />
Dabei sollten Sie sich von einigen einfachen<br />
Grundsätzen leiten lassen.<br />
Erstens: Bei der Bewertung müssen sowohl<br />
die Wünsche und Ziele als auch die Fähig -<br />
keiten der Familie berücksichtigt werden.<br />
Es nützt nichts, dass eine Option möglich<br />
ist; sie muss auch gewollt sein. Ermitteln<br />
Sie deshalb sorgfältig, welche Wünsche,<br />
Motive und Zielsetzungen die einzelnen<br />
Familien mitglieder leiten, und messen Sie<br />
die ver schiedenen Nachfolgeoptionen an<br />
diesen Kriterien. Andererseits reicht es<br />
auch nicht, dass eine bestimmte Nachfolge -<br />
option von den Beteiligten gewollt ist. Was<br />
nützt es, dass die Beteiligten eine<br />
Führungs nach folge durch ein Familienmit -<br />
glied wollen, wenn niemand bereit steht,<br />
der die not wendigen Fähigkeiten aufweist?<br />
Und was nützt es, dass Sie die Firma in der<br />
Familie halten wollen, wenn doch allen klar<br />
ist, dass dafür in den kommenden Jahren<br />
ein Kapi tal einsatz erforderlich sein wird,<br />
den die Fa milie aus eigener Kraft nicht<br />
erbringen kann oder will? Ebenso unverzichtbar<br />
wie die Er mittlung des Gewollten ist es,<br />
diese Wunsch vorstellung an der Wirklich -<br />
keit zu spiegeln und kritisch zu hinterfragen,<br />
inwie weit das Gewollte einem an den Fähigkei<br />
ten der Be teiligten orientierten Realitäts -<br />
test stand hält.<br />
Zweitens: Bei der Beurteilung der Ziele und<br />
Fähigkeiten kommt es nicht allein auf den<br />
übergebenden Unternehmer an. Vielmehr<br />
müssen alle Familienmitglieder einbezogen<br />
werden. Nachfolge – ich werde nicht müde,<br />
dies zu betonen – lässt sich nun einmal nicht<br />
anordnen. Erst wenn Sie die Wünsche, Ziele<br />
und Fähigkeiten aller Beteiligten kennen,<br />
kön nen Sie einschätzen, was geht und was<br />
nicht.<br />
Drittens: Spätestens seit der Vorstellung<br />
des INTES-Prinzips (siehe dazu u. a. mein<br />
Buch “Lernen von den Champions”) sollte<br />
jedem Unternehmer bewusst sein, dass<br />
unternehmerische Entscheidungen nicht<br />
allein von Aspekten auf der Unternehmens -<br />
ebene bestimmt werden. Ebenso gilt es, persönliche<br />
Ziele und Fähigkeiten, Ver mögens -<br />
situation und Vermögensplanung sowie die<br />
besondere Struktur der Eigen tümerfamilie<br />
zu berücksichtigen. Dies gilt im besonderen<br />
Maße für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge.<br />
Für einen Unter nehmer, der sich<br />
in zwei Jahren aus der Führung zurückziehen<br />
möchte, macht es nun einmal keinen Sinn,<br />
die Übergabe der Führungsverantwortung<br />
auf ein Familien mitglied zu diskutieren, wenn<br />
das einzig in Betracht kommende Kind ge -<br />
ra de 16 Jahre alt ist. Ebenso sollten Modelle<br />
einer ge mein schaftlichen Fortführung des<br />
Unter nehmens in Führung und/oder Betei -<br />
ligung nur dann ernsthaft in Erwägung ge -<br />
zogen werden, wenn die Eigentümer auf<br />
familiärer Ebene ein ausreichend großes<br />
Maß an Einigkeit besitzen oder erwerben<br />
können. Zu einer professionellen Nachfolge -<br />
ent schei dung gehört es deshalb, die ver -<br />
schiedenen Optionen an allen vier Elemen -<br />
ten des INTES-Prinzips zu messen.<br />
Tut man dies für die gesamte Familie, wer -<br />
den die maßgeblichen Spannungsfelder<br />
schnell deutlich und bereiten den Raum für<br />
eine ausgewogene Entscheidungsfindung<br />
zwischen Ratio und Emotion.<br />
33
Viertens: Nur in den seltensten Fällen hat<br />
man das Glück, dabei auf eine Nachfolgeoption<br />
zu stoßen, die ausschließlich Vor -<br />
züge bietet. Regelmäßig weisen die verschiedenen<br />
Optionen sowohl Vorteile als<br />
auch Nachteile auf. Akzeptieren Sie deshalb,<br />
dass Sie eine Entscheidung treffen<br />
müssen. Handeln Sie nach dem alten<br />
Sprichwort: “Nimm was du willst,” sagte<br />
Gott, “und zahle dafür!”, und wählen Sie<br />
dasjenige Modell aus, dessen Vorzüge<br />
seine Nachteile am deutlichsten übertreffen.<br />
8. Entwickeln Sie Ihren persönlichen<br />
Nachfolge-Fahrplan<br />
Mit der Entscheidung für eine bestimmte<br />
Nachfolgeoption ist ein besonders wichtiger,<br />
keineswegs aber der letzte Schritt für ein<br />
erfolgreiches Projektmanagement in Sachen<br />
Nachfolge getan. Nun gilt es, alle im Zu -<br />
sammenhang mit dem gewollten Nachfolge -<br />
konzept relevanten Fragestellungen zu er -<br />
mitteln, in eine richtige Reihenfolge zu brin -<br />
gen und zu bearbeiten. Dazu sollten Sie auf<br />
die bewährten Regeln des Projektmanage -<br />
ments zurückgreifen. Mithilfe der drei<br />
klassi schen Fragestellungen: Was? Wann?<br />
Wer? können Sie Ihren ganz individuellen<br />
Nachfolge-Fahrplan für Ihre Familie und Ihr<br />
Unternehmen entwickeln.<br />
9. Verwenden Sie besondere Sorgfalt<br />
auf die Ermittlung und Bearbeitung<br />
der relevanten Fragestellungen<br />
34<br />
Besonderen Wert sollten Sie auf die Er -<br />
mittlung der relevanten Fragestellungen<br />
verwenden. Hier müssen Sie sorgsam und<br />
umsichtig vorgehen. Jede unbearbeitete<br />
Frage stellt einen potenziellen Sprengsatz<br />
dar, der den Erfolg Ihrer Bemühungen –<br />
mitunter erst Jahre später – vereiteln kann.<br />
Welche Fragen Relevanz haben, hängt<br />
neben den individuellen Gegebenheiten in<br />
Ihrer Familie vor allem von dem gewählten<br />
Nachfolge-Konzept ab. Es ist unmittelbar<br />
einleuchtend, dass ein Verkauf des Unter -<br />
nehmens oder die Übergabe an eine Stif -<br />
tung eine andere Agenda erfordern, als<br />
eine Übergabe innerhalb der Familie.<br />
Beispielhaft möchte ich Ihnen nachstehend<br />
einen typischen Fragenkatalog vorstellen,<br />
wie er sich bei einer familieninternen Thronfolger-Lösung<br />
ergibt. Vergleichbare Fragen -<br />
kataloge lassen sich auch für jede andere<br />
Nachfolgeoption entwickeln:<br />
– Wie bereiten wir die Beteiligten auf die<br />
Entscheidung und ihre Konsequenzen vor?<br />
– Wann, nach welchen Regeln und durch<br />
wen wird die Auswahlentscheidung<br />
getroffen?<br />
– Wie gehen wir mit “weichenden Erben”<br />
um?<br />
– Wie lassen sich die typischen Probleme<br />
beim Übergabeprozess in den Griff<br />
bekommen (Eintrittszeitpunkt, Übergabefahrplan,<br />
Sielregeln)?<br />
– Was macht der Senior danach?<br />
– Wie sichern wir den Lebensstandard des<br />
Seniors und seines Lebenspartners nach<br />
dem Ausscheiden aus dem Unternehmen?<br />
– Wie sorgen wir für eine evolutionäre<br />
Anpassung des Unternehmens durch<br />
den Junior?<br />
– Welche rechtlichen Gestaltungen sind<br />
notwendig und wann sollten sie ge -<br />
troffen werden?<br />
– Wie reduzieren wir die Belastung durch<br />
Erbschaftssteuer resp. wie stellen wir<br />
sicher, dass die hierfür benötigte<br />
Liquidi tät zeitpunktgenau zur Verfügung<br />
steht?<br />
Das Gleiche wie für die Ermittlung gilt auch<br />
für die Bearbeitung der relevanten Frage -<br />
stellungen. Nicht nur vergessene, auch un -<br />
zureichend bearbeitete Themenkomplexe<br />
können sich zum Sprengstoff für die Nach -<br />
folgelösung entwickeln. Ich möchte Sie des -<br />
halb bitten, bei Ihrer Arbeit mit dem Nach -<br />
folge-Fahrplan vor allem zwei Maximen zu<br />
beachten, deren Befolgung gerade starken<br />
Patriarchen und auf Konsens program mier -<br />
ten Unternehmerfamilien schwer fällt. Sie<br />
lauten: “Keine Tabus” und “Schneller ist<br />
nicht immer besser”.<br />
10. Vermeiden Sie die vier klassischen<br />
Nachfolgefallen<br />
Zahlreiche internationale Studien belegen<br />
es und unsere Erfahrung bestätigt es immer
wieder aufs Neue: Es sind vor allem vier<br />
klassische “Fallen”, die Ihre Nachfolge zum<br />
Scheitern bringen können.<br />
Erstens: Nicht wollen.<br />
Unternehmer muss man sein aus Leiden -<br />
schaft, weil es sonst Leiden schafft. Unter -<br />
nehmer, die sich gegen ihre innere Über -<br />
zeugung zur Nach folge drängen lassen, ste -<br />
hen stärker als andere in der Gefahr zu<br />
schei tern. Oft genug rich ten sie irgend etwas<br />
zugrunde – entweder das Unternehmen<br />
oder sich selbst, nicht selten sogar beide.<br />
Zweitens: Nicht können.<br />
Jedes Unternehmen steht im Wettbewerb.<br />
Und in dem werden auf Dauer nur die<br />
Besten bestehen. Für den Erfolg aber ist<br />
kein Faktor so bedeutsam wie die Qualität<br />
des Mannes oder der Frau an der Unter -<br />
nehmensspitze. Sorgen Sie also dafür, dass<br />
Fähigkeiten und nicht Familienzuge hörigkeit<br />
die Auswahlentscheidung dominiert. Eine<br />
schwache Führung können Sie sich nicht<br />
leisten. Es geht bekanntlich wesentlich<br />
schneller, ein Unternehmen zu ruinieren als<br />
es aufzubauen. Ein Grundsatz, den allzu<br />
viele Familienunternehmer schmerzhaft<br />
erfahren mussten.<br />
Drittens: Nicht loslassen.<br />
Ein weiterer Misserfolgsfaktor sind oft<br />
genug die übergebenden Unternehmer<br />
selbst. Nicht wenige haben Schwierigkeiten<br />
loszulassen. Noch als über 70jährige ver su -<br />
chen sie, dem Unternehmen ihren Stempel<br />
aufzudrücken und zu verdrängen, dass auch<br />
sie mit zunehmendem Alter nicht stärker wer -<br />
den oder gar unsterblich sind. Nicht selten<br />
kommt es zu Streitigkeiten mit dem Nach -<br />
folger, bei denen das Unternehmen nur<br />
verlieren kann. Wahrhaft große Unter nehmer<br />
schaffen es, in ihrem Leben zwei Aufgaben<br />
mit Bravour zu meistern: Zunächst ein groß -<br />
artiges Unternehmen auf- oder aus zubauen,<br />
und ihm dann rechtzeitig jene Struk turen<br />
und Menschen zu vermitteln, die es möglich<br />
machen, dass sich das Unter nehmen auch<br />
nach dem Ausscheiden seines Protagonisten<br />
erfolgreich weiter entwickeln kann.<br />
Viertens: Nicht vertragen.<br />
Die wahrscheinlich größte Gefahr jedoch<br />
stellt der so genannte NEM-Virus dar. Streit<br />
als Folge von Neid, Eifersucht und Miss -<br />
gunst unter den Gesellschaftern gilt unter<br />
Experten als der größte Wertvernichter im<br />
Familienunternehmen. Ausgeschlossen ist<br />
er nur dort, wo Führung und Kapital unge-<br />
teilt in einer Hand verbleiben. Es ist gewiss<br />
kein Zufall, dass die durchschnittliche Le -<br />
bensdauer von Familienunternehmen mit<br />
sog. Thronfolger-Modellen signifikant höher<br />
liegt als das derjenigen, die sich für eine<br />
“gerechte” Erbteilung entscheiden.<br />
Über legen Sie also genau, für welches<br />
Nach folgekonzept Sie sich entscheiden.<br />
Und geben Sie sich bitte nicht dem Irr glau -<br />
ben hin, bei Ihrer Familie sei alles an ders<br />
als anderswo. “No family business, if you<br />
really scratch the surface on it, is idyllic,”<br />
hat der finnische Erfolgsunternehmer<br />
Krister Ahlström dazu bemerkt. Wer sich<br />
nicht zu einer Thronfolgerlösung durch rin -<br />
gen kann, sollte deshalb zwingend für ein<br />
professionelles Familienmanagement sor -<br />
gen und sicherstellen, dass die Familie<br />
dauerhaft jenes Maß an Commitment für<br />
das Unternehmen und Harmonie in der<br />
Familie erreicht, das notwendig ist, um als<br />
Familien unternehmen mehr als eine Gene -<br />
ration er folgreich sein zu können. Von allein<br />
stellt sich dieser Erfolg nicht ein. Eine Fest -<br />
stellung, die für das gesamte Manage ment<br />
der Unternehmensnachfolge Gültigkeit hat.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein<br />
gutes Gelingen.<br />
35
36<br />
Brauchen wir eine neue<br />
Mittelstandspolitik?<br />
Prof. Dr. Lothar Späth, Ministerpräsident a.D.<br />
von Baden-Württemberg<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
lassen Sie mich zur Frage “Brauchen wir<br />
eine neue Mittelstandspolitik?” einige stich -<br />
wortartige Schwerpunkte setzen, denn ich<br />
spreche hier zu einem Kreis, dem ich nicht<br />
lang und breit erzählen muss, was Mittel -<br />
stand ist und warum wir Mittelstand brau -<br />
chen. Die entscheidende Frage ist: Wie<br />
kommen wir wieder zu einem insgesamt<br />
leistungsfähigeren Mittelstand? Und der<br />
Gedanke, dass wir dafür etwa eine neue<br />
Politik der Förderung des Mittelstandes<br />
brauchen, ist meiner Meinung nach bereits<br />
der erste falsche Ansatz.<br />
Wir müssen uns darauf besinnen, dass das<br />
Thema Mittelstand für Deutschland eine<br />
besondere Bedeutung hat, die ich insbe -<br />
sondere jetzt erkenne, seit ich für Merrill<br />
Lynch arbeite, d.h. für ein etwas größeres<br />
mittelständisches, internationales Unter neh -<br />
men. Dort habe ich nämlich eines entdeckt:<br />
Dieselben Leute, die in Amerika die Nase<br />
rümpfen, wenn sie über die deutschen Un -<br />
ternehmen reden, haben einen unglaub -<br />
lichen Drang, innovative deutsche Mittel -<br />
ständler aufzukaufen, um mit diesen Unter -<br />
nehmen mit Hilfe von Plattform konzepten<br />
auf die internationalen Märkte zu gehen.<br />
Das heißt, man hat auch in den USA<br />
entdeckt, dass dieser Mittel stand in einer<br />
ganz besonderen Weise das Rückgrat der<br />
deutschen Wirtschaft ist, und wir sorgen<br />
uns um diesen Mittelstand des halb, weil<br />
inzwischen auch die Politik über haupt<br />
keine Alternative hat, wenn es zur<br />
Beantwortung der Frage kommt, wer in<br />
Zu kunft die Arbeitsplätze in Deutschland<br />
si chern soll, wenn nicht der Mittelstand.<br />
Dabei müsste das Anliegen der Politik,<br />
Arbeitsplätze zu sichern, im Grunde ein<br />
automatisches Abfallprodukt von initiativer<br />
Unternehmenspolitik sein und nicht um -<br />
gekehrt. Langsam habe ich das Gefühl, wir<br />
sind dabei, gewissermaßen eine Art Ar -<br />
beitsplatzverwaltung in Deutschland zu<br />
gestalten, und behaupten, das sei Wirt -<br />
schaftspolitik. Ich habe nichts dagegen,<br />
wenn alle Arbeitslosen Ich-AGs werden –<br />
ich habe nach meinem Ausscheiden bei<br />
Jenoptik auch gerade eine gegründet, und<br />
beschäftige ein paar Leute. Aber ich habe<br />
die große Sorge, dass diese Arbeitslosen,<br />
die in der ersten Runde von den Betrieben<br />
entlassen auf den Arbeitsmarkt kommen,<br />
nicht gerade die sind, die nun die beson -<br />
ders Unternehmerischen wären. Es liegt ja
nicht unbedingt in der Natur der Sache,<br />
dass man sagt, wir schmeißen jetzt mal die<br />
Unternehmerischsten raus, damit die an -<br />
deren weiter beschäftigt werden können.<br />
Aber wenn Sie jetzt die Diskussion über<br />
Arbeitsmarkt und Arbeitsplatzschaffung<br />
hören, dann haben Sie das Gefühl, Sie<br />
könnten aus den vier Millionen Arbeits -<br />
losen einfach vier Millionen Ich-AGs ma -<br />
chen und das Arbeitslosenthema wäre er -<br />
ledigt. Aber das wird so nicht funktionieren.<br />
Anders gesagt, ohne den Mittelstand wird<br />
es nicht gehen. Wir loben den Mittelstand,<br />
weil er die Ausbildungsplätze bereit stellt.<br />
Wunderbar. Wir loben den Mittelstand, weil<br />
er in Deutschland mit Abstand der größte<br />
Arbeitsplatzbringer ist und weil wir jetzt<br />
etwas entdecken, was ja gar nicht neu ist,<br />
dass nämlich in den letzten 20 Jahren die<br />
Großindustrie per Saldo eine Million Ar -<br />
beitsplätze abgebaut und der Mittelstand<br />
drei Millionen geschaffen hat. Ich glaube,<br />
ein zentrales Problem, das sich aus der<br />
Globalisierung ergibt, besteht darin, dass<br />
die großen globalen Spieler – ich will das<br />
aus Zeitgründen gar nicht vertiefen - in der<br />
Lage sind, eine Wirtschaftspolitik zu ma -<br />
chen oder zu erzwingen, die nichts anderes<br />
ist als Standortpolitik.<br />
Und wenn wir es uns einmal ganz einfach<br />
machen, können wir das Thema der natio -<br />
nalen Wirtschaftspolitik eigentlich ver -<br />
gessen – die guten alten Zeiten sind vorbei.<br />
Sie können die Erhard'sche Ära nicht<br />
wiederholen, als die DM so lange abge -<br />
wertet wurde, bis Deutschland als Export -<br />
weltmeister unschlagbar war – selbst wenn<br />
wir Erhard aus der Gruft holen könnten,<br />
würde er die DM 4,20 für den Dollar nicht<br />
wieder herstellen können. Die Ausgangs -<br />
lage ist nicht wiederholbar im Euroland.<br />
Und wir können auch den Schiller und<br />
seine Keynesianische Wirtschaftspolitik<br />
nicht wieder aktivieren. Wir haben ohnehin<br />
immer nur den halben Keynes in der Politik<br />
angewendet. Das sehen Sie heute am<br />
Stand der öffentlichen Verschuldung.<br />
Natürlich können Sie im Rahmen nationaler<br />
Wirtschaftspolitik Keynesianische Wirt -<br />
schafts politik machen. Aber wie wollen Sie<br />
heute die Binnennachfrage in Deutschland<br />
ankurbeln, etwa durch neue Schulden auf -<br />
nahme? Wir können ein bisschen an der<br />
Infrastruktur rumfummeln, aber im Kern<br />
besteht die Keynes'sche Idee, die ja auch<br />
immer noch die Gewerkschaftsvorstellun gen<br />
prägt, darin, dass wir durch nachfrageorien -<br />
tierte Lohnpolitik Nachfrage erzeugen. Ich<br />
bin jetzt im Sommer häufig auch auf den<br />
Flughäfen und sehe, wie die Deutschen in<br />
alle Welt fahren, um dort die Binnenmärkte<br />
anzukurbeln. Von Mallorca bis Neuseeland,<br />
da sind wir voll dabei. Nur kann ich nicht<br />
erkennen, dass dies auch für unseren<br />
deutschen Markt gilt. Auch die Japaner<br />
haben verzweifelt versucht, ihre Binnen -<br />
nachfrage anzukurbeln – vergeblich, wie<br />
sie jetzt an ihrer Verschuldung feststellen<br />
können.<br />
Wirtschaftspolitik hat sich auf etwas ganz<br />
Einfaches reduziert, nämlich auf Infra -<br />
struktur politik, auf Standortfragen und ähn -<br />
liches. Und bei der Standortfrage haben<br />
wir wiederum eine ganz einfache Situation,<br />
in der die großen Spieler sagen: “Mich in -<br />
teressieren die Grenzen nicht. Ich mache<br />
einen Wettbewerb für meinen Standort.”<br />
Und ich sage Ihnen, es ist nur noch eine<br />
reine Zeitfrage, wann ab 3.000 Arbeits -<br />
plätzen mehr oder weniger der Bundes -<br />
kanzler persönlich kommt und die Dinge<br />
regelt. Sie können es drehen und wenden,<br />
wie Sie wollen, aber die großen global<br />
tätigen Unternehmen haben ganz einfach<br />
ein Beeinflussungspotential oder – wenn<br />
man es bösartig ausdrücken will – ein<br />
Erpressungspotential.<br />
Ich glaube, dass große Standort investitionen<br />
in Europa künftig ausgeschrieben werden.<br />
Ich will es mal vereinfachen: nehmen wir<br />
an, DaimlerChrysler wollte ein amerikani -<br />
sches Auto einmal nicht mit viel deutscher<br />
Technik in Amerika, sondern anderswo<br />
bauen. Dann würden sie wahrscheinlich<br />
darauf kommen, einen Pick-up in Europa<br />
zu bauen. Sie kennen den Pick-up, den<br />
man in Deutschland nicht hat – diesen<br />
kleinen Lastwagen mit der offenen Lade -<br />
fläche, über die man eine Plane legen<br />
kann. Wenn die Amerikaner jetzt zu dem<br />
Ergebnis kommen, die jungen Europäer<br />
sind auch ganz locker und wollen so einen<br />
Pick-up haben, dann füttern die den Com -<br />
puter einfach mit der Frage, wo baue ich<br />
eine Pick-up-Fabrik in Europa. Und da<br />
können sie in den Computer alles rein -<br />
füttern, was dafür interessant ist, Plattform -<br />
37
XIV<br />
konzepte, Vertriebskonzepte, kaufkräftige<br />
Nachfragestrukturen, Kosten von Arbeit,<br />
Kosten von Investitionen, Lohnkosten,<br />
Lohn nebenkosten, Steuern, Stabilität der<br />
Regierungen – geben Sie für Italien im<br />
Schnitt 16 Monate ein, für Deutschland bis<br />
zu 16 Jahre und so – und dann spuckt der<br />
Computer wahrscheinlich heute in Europa<br />
38<br />
aus: Dublin oder Barcelona. Aber jetzt wird<br />
noch weiter gespielt, jetzt schicken sie 250<br />
Städten das Ergebnis ihrer Computerana -<br />
lyse und sagen, Dublin 302 Punkte, Barce -<br />
lona 301 Punkte, Lübeck leider nur 240.<br />
Aber noch ist niemand ganz aus dem<br />
Rennen. Wenn Sie beiliegendes Formular<br />
ausfüllen, können Sie selbst Ihre Chancen<br />
beurteilen.<br />
Frage 1:<br />
Schenken Sie uns das Grundstück –<br />
8 Punkte extra!<br />
Frage 2:<br />
Zahlen Sie die Fabrik (2 Mrd. Dollar) –<br />
46 Punkte.<br />
Frage 3:<br />
Bringen Sie Ihre Gewerkschaft dazu, dass<br />
wir an 7 Tagen 24 Stunden produzieren<br />
können – 35 Punkte extra.<br />
Und dann können die Bewerber selber ent -<br />
scheiden, ob sie in die Nähe der 300 Punkte<br />
kommen. Dann dürfen sie sich noch mal<br />
bewerben und kommen in die Endrunde.<br />
Dies ist jetzt ein virtuelles Beispiel. Die<br />
Tatsache, dass wir heute die Körperschafts -<br />
steuer da haben, wo wir international wett -<br />
bewerbsfähig sind, ist für mich nicht in<br />
erster Linie ein Ergebnis der politischen<br />
Willensbildung der Parteien in Deutschland,<br />
sondern das Ergebnis des Wettbewerbs.<br />
Wir kriegen Druck von außen aus diesem<br />
benchmarking und aus dem Wettbewerb,<br />
wo sie für die Großen keine Sorge haben<br />
müssen, dass die ihren Weg gehen. Und,<br />
wie gesagt, ab 3.000 Arbeitsplätzen kom -<br />
men die Kommunalpolitiker im Hand stand<br />
über den roten Teppich. Und selbst die<br />
Gewerk schaft behauptet, sie sei unter -<br />
nehmer freund lich, bis die Investitions ent -<br />
schei dung gefallen ist. Ist das Wirtschafts -<br />
politik? Nein. Das ist Nutzung der Kapital -<br />
investitionen zum Standortmarketing.<br />
Und wenn wir uns jetzt die andere Seite –<br />
die Wirtschaftspolitik – ansehen, dann kann<br />
ich nicht erkennen, dass irgendeine Landesregierung<br />
in Deutschland viel unternimmt,<br />
um möglichst viele Infrastruk tur maßnahmen<br />
zur Verbesserung des Standortes – und
das heißt in erster Linie Investitionen in<br />
Universitäten und Forschungsinstitute – zu<br />
realisieren. Dabei wäre jedes Fraunhofer-<br />
Institut mehr ein großer Vorteil im inter -<br />
nationalen Wettbewerb. Ich brauche nur<br />
an meine Heimat Baden-Württemberg<br />
zu denken. Als ich 1982 mit einem<br />
Forschungs konzept und For schungsin ves -<br />
titionen angefangen habe, hat mir der<br />
Kollege Dohnányi aus Hamburg damals<br />
noch bestätigt, technisch seien wir gut,<br />
aber in der Kultur fehle es. Nur, heute<br />
lacht niemand mehr darüber, dass im<br />
Grunde alles eine Frage des Infrastruk tur -<br />
wett be werbs ist.<br />
Und wenn Sie jetzt fragen, was kann die<br />
Wirtschaftspolitik im Ganzen tun, dann<br />
kann sie eigentlich nur die Infrastruktur<br />
verstärken. Wenn wir z.B. über die Sub -<br />
ventionspolitik für die neuen Länder reden,<br />
sage ich Ihnen, dass wir uns diese Sub -<br />
ventionen ganz genau ansehen sollten. Wir<br />
verbrauchen zu viel Geld für Einzelsub ven -<br />
tionen und bauen unsere Leistungsinfra -<br />
struktur nicht ausreichend aus. Und wenn<br />
wir von Infrastruktur reden, reden wir oft<br />
genug vom dritten Autobahnstreifen. Aber<br />
das ist nicht das Thema. Sicher ist die<br />
Verkehrsinfrastruktur wichtig. Aber noch<br />
wichtiger sind die Bildungsinfrastruktur und<br />
die Forschungsinfrastruktur. Denn<br />
Deutschland muss sich über den<br />
Produktionsstandort hinaus als Bildungsund<br />
Forschungs stand ort einen Namen<br />
machen, und hierbei ist auch der<br />
Mittelstand gefordert. Bei unseren<br />
Lohnkosten können wir als reiner Produk -<br />
tionsstandort im globalen Wettbewerb<br />
nicht bestehen. Und Deutschland wird ein<br />
Hochlohnstandort bleiben. Ich will es noch<br />
einmal in Stichworten sagen: Wir können<br />
die Löhne in Deutschland nicht senken.<br />
Wir müssen froh sein, wenn wir die Real -<br />
löhne halten können. Alles andere halte<br />
ich für eine Illusion. Zwar reden alle über<br />
Lohn senkungen und Lohnflexibilität, aber<br />
in Wirklichkeit verstehen wir darunter le -<br />
diglich, dass das Lohnniveau nicht rascher<br />
steigt als die Inflationsrate oder die Pro -<br />
duk tivitätsrate. Damit bleiben wir ein Hoch -<br />
lohnland. Denn wenn Sie überlegen, dass<br />
Volkswagen jetzt entschieden hat, die<br />
nächste Fabrik nicht in Shanghai zu bauen,<br />
weil die Löhne dort mit € 1,20 pro Stunde<br />
zu hoch seien, sondern lieber für € 0,84<br />
nach Nordchina zu gehen, dann müssen<br />
wir mal überlegen, wo wir da bleiben mit<br />
unseren € 26 Stundenlohn, die in Wolfsburg<br />
bezahlt werden. Selbst bei € 13 in Barce -<br />
lona, oder sogar noch bei € 4 in Tsche chien<br />
bei Skoda sind wir nicht konkurrenz fähig.<br />
Lassen Sie mich außerdem auch gleich mit<br />
einem weiteren Irrtum aufräumen, der die<br />
Lohnnebenkosten betrifft: es ist einer der<br />
größten Irrtümer zu behaupten, wir könnten<br />
die Lohnnebenkosten insgesamt senken.<br />
Das halte ich nicht für möglich. Ich glaube<br />
nicht, dass wir die Rentenkosten in<br />
Deutsch land senken können. Dabei ist das<br />
ein völlig unpolitisches Problem: Wir haben<br />
acht Rentnerjahrgänge ungedeckt, weil wir<br />
acht Rentnerjahrgänge zu viel haben, weil<br />
die Deutschen im Durchschnitt acht Jahre<br />
älter werden. Darüber brauchen wir doch<br />
gar nicht lange zu diskutieren – Sie können<br />
das drehen und wenden wie Sie wollen,<br />
Sie kriegen die Rentenkosten nicht runter<br />
in einer Gesellschaft, die acht Rentner -<br />
jahrgänge zu viel hat. Und in der Renten -<br />
kasse ist nichts drin – wir haben das ge -<br />
prüft. Wir bräuchten jetzt eigentlich acht<br />
zusätzliche Beitragsjahrgänge, aber woher<br />
wollen Sie die so schnell kriegen, wenn die<br />
Lebensarbeitszeit eher immer kürzer als<br />
länger wird. Heute kommen die jungen<br />
Leute nicht mehr mit 14 von der Lehre<br />
sondern mit 28 von der Universität (wenn<br />
sie dort bis zum Vorruhestand nicht blei -<br />
ben dürfen), und gehen zum Ausgleich<br />
nicht mit 65 – wir diskutieren 67 – in den<br />
Ruhestand, sondern im Schnitt mit 60, und<br />
sind auf dem besten Weg zu 55. Und jetzt<br />
erzählen Sie mir mal, wie Sie die Renten -<br />
kosten senken können, auch wenn Sie<br />
jetzt einen Teil der Rentenbeiträge über<br />
die Ökosteuer an der Tankstelle bezahlen<br />
können – ein Ausweg, ohne Frage. Wenn<br />
es stimmt, dass der, der viel einzahlt, viel<br />
Rente bekommt, müssten Sie eigentlich<br />
am Wochenende mit der Familie auf die<br />
39
40<br />
Autobahn. Aber was machen Sie jetzt mit<br />
den Beamten? Die wollen andere Tank -<br />
stellen. Die wollen Pensionstankstellen.<br />
Was ich mit diesem Beispiel sagen will, ist<br />
Folgendes: Wir reden eigentlich nur darüber,<br />
wie viele öffentliche Mittel der Volkswirt -<br />
schaft entzogen und in die Rentenver -<br />
sicherung gesteckt werden müssen, die<br />
nicht durch das Beitragssystem gedeckt<br />
sind. Wir können also nicht über die Ab -<br />
senkung der Lohnnebenkosten reden,<br />
sondern wir reden über die Ankopplung<br />
dieser Lasten an andere Maßstäbe als die<br />
Löhne. Damit bin ich einverstanden, aber<br />
wir dürfen nicht übersehen, dass die<br />
Volkswirtschaft diese Kosten tragen muss,<br />
und zwar für eine ganze Generation. Wir<br />
werden noch so viele Rentenreformen be -<br />
kommen, bis wir am Schluss drei Säulen<br />
haben, nämlich erstens die Säule der<br />
Sozialhilfe als Zwangsrente, zweitens eine<br />
Säule der Betriebsrenten und Selbst -<br />
ständigenrenten, und drittens eine Säule<br />
Vermögensbildung. Aber wenn die jungen<br />
Leute dieses Modell mühsam akzeptiert<br />
und kalkuliert haben, und ihnen dann ge -<br />
sagt wird, dass da doch noch eine Kleinig -<br />
keit wäre und sie dasselbe zweimal be -<br />
zahlen müssten, weil sie von den 40 Rent -<br />
nerjahrgängen doch noch ein paar mehr<br />
übernehmen müssten, dann kriegen wir<br />
einen Generationskonflikt ohnegleichen.<br />
Und dasselbe passiert im Gesundheits -<br />
wesen. Lassen Sie sich doch von nie man -<br />
dem erzählen, dass die Gesundheitskosten<br />
in Deutschland sinken. Ich weiß nicht, ob<br />
Sie das Ärzteurteil gelesen haben, das<br />
mitten in die Kostensenkungsdiskussion<br />
hineingeplatzt ist. Das kostet allein drei<br />
Milliarden. Und Sie glauben doch nicht,<br />
dass wir überall Biotechnologieregionen<br />
gründen, auch wenn das zur Zeit die<br />
größte Infrastrukturmaßnahme der Politik<br />
ist, weil man hofft, dass diese Bioregionen<br />
junge Unternehmer anlocken, die in diesem<br />
Healthcare Bereich mit den besten Chan -<br />
cen hochwertschöpfende Arbeitsplätze<br />
schaffen. Ja, was steckt denn da dahinter?<br />
Lauter junge Unternehmen, und die Mäd -<br />
chen und Jungen erfinden nichts anderes<br />
als dauernd neue Verfahren und Produkte,<br />
die das Leben länger und schöner machen.
Stellen Sie sich vor, die sind erfolgreich.<br />
Was machen wir dann mit den Lohnneben -<br />
kosten? Ich nehme jetzt mal zwei Beispie le.<br />
Gehen Sie ein paar Jahre zurück: Wie viele<br />
Männer, ältere Männer, haben Sie getroffen<br />
in den Dörfern, die mit einem Stock her -<br />
umgelaufen sind: Oberschenkelhalsbruch,<br />
erste große Alterskrankheit. Zwei Schrau -<br />
ben rein in der Chirurgie und ein Stock,<br />
der ihm vom Chefarzt in die Hand gedrückt<br />
wurde mit den Worten: “Opa, das hält für<br />
die paar Jährchen”. Heute kriegt er ein<br />
Hüftgelenk implantiert. Die Lebensqualität<br />
ist weit höher, aber machen Sie mal einen<br />
Kostenvergleich zwischen einem Hüft -<br />
gelenk und zwei Schrauben plus einem<br />
Stock. Dann kommen Sie der Sache näher.<br />
Zweites Beispiel: ich gehöre zu der Alters -<br />
klasse, in der noch vor 10 bis 12 Jahren<br />
nach dem zweiten Herzinfarkt die Leute<br />
unter Aufsicht des Pfarrers gestorben sind.<br />
Die kriegen heute sechs Bypässe und<br />
melden sich mit 70 zum Seniorensport an.<br />
Wunderbar, aber alles wenig geeignet, um<br />
die Gesund heitskosten zu senken. These:<br />
Die Kosten werden explodieren im Ge -<br />
sundheitswesen, denn der größte Wachs -<br />
tumsmarkt, den wir nach der Informatik<br />
haben, ist HealthCare.<br />
Die Kosten werden also steigen, die Neben -<br />
kosten auch, und unsere Volkswirtschaft<br />
wird im Sozialbereich in der Zukunft mit<br />
einem gewaltigen Kostenvolumen belastet<br />
sein. Daran können wir jetzt auch kurz -<br />
fristig gar nichts mehr ändern. Als Konse -<br />
quenz kann die Großindustrie nur eines<br />
machen, näm lich auf diese wachsende<br />
Kostenlawine mit Automatisierung und mit<br />
Produktivitäts steigerung antworten.<br />
Erfolgreich hat dies die deutsche Auto -<br />
industrie vorgemacht – Lopez lässt grüßen.<br />
Denken Sie einmal an die Anfangsdiskus -<br />
sion bei Lopez – heute wird gar nicht mehr<br />
darüber diskutiert, dass wir mit 20 % und<br />
künftig sogar mit 40 % weniger Leuten die<br />
gleiche Zahl von Autos bauen. Das machen<br />
alle, und die Arbeitslosenzahlen steigen,<br />
vor allem bei den älteren Arbeitnehmern,<br />
die man früher gewissermaßen als Werk -<br />
meister einge setzt hat, wenn die Muskel -<br />
kraft nachließ, um ihre Lebens- und Arbeits -<br />
erfahrung zu nutzen. Das können Sie heute<br />
in der Informations gesellschaft vergessen.<br />
Setzen Sie mal die Lebenserfahrung eines<br />
50jährigen in der Informationsgesellschaft<br />
ein – können Sie alles zu Hause üben –<br />
machen Sie mal mit Ihren Kindern oder<br />
Ihren Enkeln 20 Minuten Videospiele, dann<br />
kriegen Sie eine ab schlie ßende Übersicht<br />
über den Wert Ihrer Lebenserfahrung im<br />
Informationszeitalter.<br />
Unsere Gesellschaft orientiert sich in ho hem<br />
Maße an Produktivitätssteigerungen. Aber<br />
jeder von Ihnen, der mit Produk tivi täts -<br />
steigerungen zu tun hat, weiß, was passie -<br />
ren kann: Wenn Sie nach 10 Jahren das<br />
erste Mal durchfahren durch den Betrieb,<br />
dann holen Sie 20 % raus. Wenn Sie nach<br />
sechs Monaten schon wiederkom men,<br />
holen Sie noch weitere 3 %. Und wenn Sie<br />
das fünfte Programm zur Produktivitäts -<br />
steige rung gemacht, aber immer noch<br />
keine neuen Produkte entwickelt haben –<br />
dann haben Sie wahrscheinlich das<br />
Problem, dass das sechste Programm der<br />
Konkurs verwalter für Sie erledigt.<br />
Jetzt spitzt sich alles zu auf die Frage nach<br />
der Innovation, was nichts Anderes heißt,<br />
als dass wir Unternehmer brauchen, die<br />
mit neuen Produkten und Verfahren auf -<br />
warten. Die Großindustrie sourct das alles<br />
aus. Die Forschung wird in die Cluster bei<br />
Universitäten, Fraunhofer- und anderen<br />
Forschungsinstituten gegeben, und selbst<br />
die Gebäudeunterhaltung wird an das<br />
Facility Management übertragen. Das<br />
heißt, die Großindustrie macht ihr zentrales<br />
Produkt erfolgreich und alles Andere<br />
schiebt sie in den Mittelstand, weil der<br />
flexibel genug ist, notfalls auch die Realität<br />
der Arbeitswelt zu gestalten, die nichts mit<br />
den Vorschriften zu tun hat. Ganze Bran -<br />
chen leben von den Milliarden, die mit<br />
Schwarzarbeit umgesetzt und am Fiskus<br />
vorbei erwirtschaftet werden. Machen wir<br />
uns nichts vor, wir Deutschen, wir ver -<br />
drängen das alles, aber es liegt auf der<br />
Hand, dass sich das ändern muss, wenn<br />
41
die Löcher in den öffentlichen Haushalten<br />
kleiner werden sollen. Wir brauchen in den<br />
nächsten Jahren eine neue Elite, die Un ter -<br />
nehmer werden will – nur dann sind wir in<br />
der Lage, die Voraussetzungen für den<br />
Auf bau eines neuen erweiterten Mittel -<br />
stands zu erhalten. Aber bitte nicht mit<br />
einem Förderprogramm. Damit eine solche<br />
neue Elite entsteht, muss die Wirtschafts -<br />
politik dem Mittelstand Rahmenbedingun -<br />
gen geben, die Unternehmertum möglich<br />
und lohnend macht.<br />
Lassen Sie mich ein paar ganz klare Eck -<br />
punkte nennen, an denen der heutige<br />
Mittelstand krankt:<br />
Der erste Punkt ist die Besteuerung –<br />
darüber brauchen wir allerdings gar nicht<br />
lang zu diskutieren. In diesem Zusammen -<br />
hang macht auch das viel diskutierte Basel<br />
II im Grunde lediglich ein ganz einfaches<br />
Problem transparent: Ein Mittelständler<br />
muss nach Steuern so viel verdienen, dass<br />
er seinen Betrieb unter normalen Erfolgs -<br />
gesichtspunkten weiter entwickeln kann.<br />
Und ich weiß auch gar nicht, warum wir<br />
dauernd darüber diskutieren, wie viel Geld<br />
der Staat braucht. Lasst uns doch mal<br />
42<br />
darüber diskutieren, wie viel Geld ein<br />
Mittelständler braucht, um zu existieren.<br />
Und jetzt kommt das Kreditrating aus den<br />
USA ins Spiel: dort verfügen die Unter -<br />
nehmen im Schnitt über 40 % Eigenkapital<br />
und müssen 25 % Steuern bezahlen. Bei<br />
uns sind es 20 % Eigenkapital und 49 %<br />
Steuern in Westdeutschland, im Osten<br />
kein Eigenkapital und keine Steuern. So<br />
kann man das Problem auch lösen.<br />
Jetzt müssen wir eigentlich eine ganz<br />
andere Frage stellen: Warum wird die<br />
Forderung, dass die Steuersätze für mittel -<br />
ständische Unternehmen unter 40 % sinken<br />
müssen, als so absurd angesehen, wenn<br />
die Summe aus Körperschaftssteuer und<br />
Gewerbesteuer heute bei etwa 37,5 % liegt.<br />
Wenn Sie diese Absenkung nicht machen,<br />
dann werden Sie erleben, dass die neuen<br />
Kapitalmarktsstrukturen die bisherigen<br />
Kredite nicht mehr hergeben - da brauchen<br />
Sie gar nicht lange zu diskutieren. Die<br />
heutigen Angebote der internationalen<br />
Kapitalmärkte entsprechen nicht mehr den<br />
bisherigen Kreditgewährungen. Noch geben<br />
die deutschen Mittelständler für durch -<br />
schnitt lich finanzierte Kredite weniger aus<br />
als alle ihre Wettbewerber – Sie können<br />
das überprüfen –, weil sie bisher über die<br />
Sparkassensysteme und andere Organi -<br />
sationen Zugang zu relativ preiswerten<br />
Krediten hatten. Jetzt werden diese Gelder<br />
teurer, weil sie risikobehaftet sind.<br />
Der Grundgedanke, dass das Eigenkapital<br />
vom Unternehmer verdient wird, ist ja nicht<br />
falsch, nur haben wir uns daran gewöhnt,<br />
dass die Steuern so hoch sind, dass der<br />
Unternehmer dieses Eigenkapital eben<br />
nicht bilden kann, und deshalb bieten wir<br />
jetzt dauernd Hilfe an. Nehmen Sie zum<br />
Beispiel die KfW-Bürgschaften. Ich möchte<br />
nicht in einem Land leben, wo am Ende<br />
jeder Mittelständler eine Bürgschaft hat.<br />
Und stellen wir uns dann das mögliche<br />
Ende vor: geht es bei dem Unternehmer<br />
schief, geht es auch mit der Bürgschaft<br />
schief. Dann zahlt der Staat die Bürgschaf -<br />
ten aus und wir können uns die Frage stel -<br />
len, warum der Staat den Leuten erst Geld<br />
wegnimmt, um es ihnen dann als Bürg schaft<br />
mit Verwaltungskosten wieder zugeben und<br />
dann doch den Schwarzen Peter zu haben,<br />
wenn die Bürgschaft fällig wird?<br />
Deshalb muss die zentrale Frage heißen:<br />
Wie sieht eine vernünftige Besteuerung
aus? Dabei darf sich die Antwort nicht<br />
nach der Frage richten: Welches Defizit<br />
hat der Staat? Das müssen wir über die<br />
Ausgabenseite lösen. Stattdessen kann der<br />
Staat nur so viel Geld kriegen, wie der<br />
Unternehmer zahlen kann, wenn er nach<br />
Steuern noch in der Lage sein will, das<br />
Risikokapital selber zu bilden. Größtes<br />
Problem hierbei: Wir haben jetzt gerade<br />
Basel II eingeführt, und wie immer, haben<br />
wir Deutschen das sehr gründlich gemacht<br />
und leider auch voreilig vor Ablauf der Ein -<br />
führungsfrist, denn es zeigt sich, dass die<br />
Amerikaner dieses Rating-System für den<br />
Mittelstand gerade wieder aussetzen und<br />
es nur noch für die ganz Großen einsetzen<br />
wollen – interessant, nicht? Am Schluss<br />
ha ben wir Deutschen auf Wunsch der<br />
Ameri kaner ein System eingeführt, von<br />
dem die Amerikaner sagen: es funktioniert<br />
nicht. Und dann fragen sie uns: Warum<br />
seid ihr Deutschen eigentlich auf die Idee<br />
ge kommen, dieses System dermaßen kon -<br />
sequent einzuführen? Da können wir nur<br />
sagen: Ihr gebt uns eine Idee, und wir füh -<br />
ren sie konsequent durch – zumindest das<br />
können wir.<br />
Die Wirklichkeit ist, dass wir jetzt im Grunde<br />
Mezzanin-Finanzierungen brauchen, um die<br />
eigenkapitalarme Zeit zu überbrücken –<br />
und die KfW arbeitet daran. Wenn wir jetzt<br />
mit den Steuern runtergehen, dann könnte<br />
man sich durchaus vorstellen, ein moder nes<br />
Finanzierungsinstrument zu schaffen –<br />
gewissermaßen in drei Stufen – mit einer<br />
Anfangssubvention, aus der die echten<br />
Kosten des Kapitalmarktes sichtbar werden,<br />
die aber immer geringer wird, bis die stu fenweisen<br />
Steuersenkungen die Subventio nie -<br />
rung ausgleichen. Wenn die Regierung den<br />
Mut hätte, ein solches Konzept und dazu<br />
eine Mezzanin-Finanzierung vorzulegen, die<br />
man am Kapitalmarkt sogar genau so ver -<br />
briefen könnte wie die loan books, dann<br />
könnte man sehen, dass man Ernst macht<br />
mit der Grundsatzentscheidung, dass der<br />
Mittelstand keine Hilfsprogramme braucht.<br />
Der Mittelstand braucht die Möglichkeit der<br />
Kapitalbildung.<br />
Jetzt könnten Sie noch etwas draufsetzen<br />
wollen: Warum können sich Jungunterneh -<br />
mer zum Beispiel nicht grundsätzlich ein -<br />
fach sagen, zwei Jahre brauche ich kein<br />
For mular auszufüllen und keine Steuern zu<br />
bezahlen. Stellen Sie sich mal vor, was das<br />
für ein Schlag wäre. Was ist dagegen die<br />
Idee, dass nur der Mittelständler, der bis<br />
€ 35.000 Umsatz im Jahr macht – und<br />
davon die Hälfte als Gewinn –, für ein, zwei<br />
Jahre keine Steuererklärung abzugeben<br />
braucht. Ich habe noch keinen Mittelständ ler<br />
getroffen, der mit € 35.000 Umsatz leben<br />
kann, geschweige denn, wie der noch<br />
50 % Gewinn macht! Ich stelle mir da<br />
immer so einen Mittelständler vor mit<br />
einem Mitarbeiter und mit einem Lehrling.<br />
Die machen € 35.000 Umsatz, alle drei,<br />
leben davon und machen 50 % Gewinn.<br />
Spannende Frage. Suchen Sie mir den<br />
Mittelständler!<br />
Das Schlimme ist, dass die Politik einen<br />
Mittelständler kreiert, den es nicht gibt,<br />
und dann sagt: Aber der müsste der Maß -<br />
stab der neuen Förderpolitik sein. Nein, wir<br />
sollten sagen: Lasst doch zwei Jahre die<br />
jungen Leute einfach keine Steuererklä rung<br />
abgeben. Was glauben Sie, was dem Staat<br />
verloren geht? Gar nichts. In der Regel<br />
kriegt der Jungunternehmer Liquiditäts -<br />
darlehen, damit er die Umsatzsteuer voraus -<br />
zahlung gleich abführen kann, bevor er die -<br />
se Umsätze überhaupt macht und bevor<br />
seine Kunden zahlen. Das heißt, der Staat<br />
nimmt ihm über die Umsatzsteuer sofort<br />
die Liquidität wieder aus der Hand, die er<br />
ihm vorher als Fördermittel gegeben hat.<br />
Wenn wir diesen Schwachsinn nicht ab -<br />
schaffen, werden wir keine neue junge<br />
Unternehmerelite bekommen. Dies ist ei -<br />
gentlich mein Hauptvorschlag für eine neue<br />
Mittelstands politik. Es muss der Mut auf -<br />
gebracht wer den zu erkennen, dass je mand,<br />
der ein Un ternehmen gründet, für alles Zeit<br />
hat, nur nicht mehr für das, was er eigentlich<br />
machen wollte. Der lernt Notar wesen ken -<br />
nen, der lernt Sachenrecht ken nen, der<br />
lernt jede Menge Behördenleiter kennen,<br />
die ihm alle sagen: Wir wollen Dir unglaub -<br />
lich gern helfen, geht aber leider nicht.<br />
Wir brauchen den Mut zu einer wirklichen<br />
Entbürokratisierung. Wenn wir von Mittel -<br />
standshilfe sprechen, dann brauchen wir<br />
den Paukenschlag einer neuen Finan zie -<br />
rung des Mittelstands. Das sind für mich<br />
die zwei Eckpfeiler. Wenn Sie die haben,<br />
können Sie alle Förderprogramme ab -<br />
schaffen. Und dann soll der Staat endlich<br />
in einem hohen Tempo seine Forschungsund<br />
Innovationsinfrastruktur ausbauen und<br />
zugleich alle Behinderungsgründe ab bauen.<br />
Noch ist er davon weit entfernt – reden Sie<br />
z.B. nur mit der Pharmafor schung: während<br />
wir jetzt die Deregulierung überall betreiben,<br />
betreiben wir so viel Re gulierung zur Ent -<br />
regu lierung der jetzt be stehenden Regulie -<br />
rung, dass da kein Mensch mehr mitkommt.<br />
Der Mittelstand braucht das richtige Klima.<br />
Stattdessen wird uns eine neue Diskussion<br />
um Erbschafts- und jetzt auch Vermögens -<br />
steuer beschert. Diese Diskussion ist, so<br />
wie ich es verstehe, vom Kanzler als Neben -<br />
kriegsschauplatz ausersehen, damit seine<br />
Genossen sich mit etwas beschäftigen<br />
können. Nur: wenn die sich lange genug<br />
damit beschäftigt haben, nehmen die es<br />
ernst. Dabei geht es gar nicht um die Erb -<br />
schaftssteuerregelung, sondern es geht<br />
darum, dass diese Dauerdiskussion den<br />
freien Unternehmer wieder einschränkt,<br />
dass sie keine Rücksicht darauf nimmt,<br />
dass unter anderem im Erbe von Kapital –<br />
von Betriebskapital – das Momentum des<br />
Betriebs liegt. Diese Diskussion verdirbt<br />
das Klima, weil ununterbrochen die alten<br />
Forderungen wieder aufgestellt werden,<br />
unter dem Motto: Starke Schultern müssen<br />
mehr tragen. Darin liegt immer die Hoff -<br />
nung, dass die Welt wieder in Ordnung<br />
kommt, wenn wir ein paar Reiche schröp -<br />
fen. Die Reichen können allerdings heute<br />
etwas tun, was sie früher so nicht tun<br />
konnten: Sie können der Schröpfung ent -<br />
gehen, indem sie das Land verlassen. Wie<br />
wollen Sie sie zurückholen, damit wir die<br />
Steuereinnahmen, die uns entgangen sind,<br />
wiederkriegen, wenn Sie gleichzeitig eine<br />
Erhöhung der Erbschaftssteuer diskutie ren?<br />
Damit bekommen Sie die absolute Garan tie,<br />
dass sich nichts bewegt.<br />
Wir müssen aufhören, an jeder Ecke Marktwirtschaft<br />
wieder mit Sozialismus mischen<br />
zu wollen. Wir müssen klar erkennen: wenn<br />
wir den Anteil der Selbstständigen an den<br />
Erwerbstätigen nicht von 7 auf 14 % er höhen,<br />
hat der Mittelstand keine Chance. Und wenn<br />
wir nicht umgekehrt die Zahl der öffentlich<br />
43
Bediensteten langfristig hal bieren, hat<br />
unsere Wirtschaft auch keine Chance. Es<br />
gibt zwei Möglichkeiten, diese Ziele zu<br />
erreichen: Wir müssen die Privatisierung<br />
vorantreiben und die Dynamik bei den Un -<br />
ternehmensgründungen erhöhen. Letzteres<br />
geht nur, wenn der steuerliche Aspekt<br />
stimmt und wenn der antibürokratische<br />
Aspekt stimmt. Ich glaube, wir können das<br />
machen. Deutschland hat alle Voraus setzungen<br />
dafür. – Ich glaube übrigens trotz der<br />
blamablen Ergebnisse der Pisa-Studie nicht,<br />
dass wir so tun müssten, als ob unsere<br />
jungen Leute ungebildet und leistungsun -<br />
willig wären. Ich habe das Gefühl, unsere<br />
jungen Deutschen sind ehr geizig, sie<br />
wollen etwas leisten. Notfalls tun sie es im<br />
Ausland – es ist ja inzwischen üb lich, dass<br />
Nobelpreisträger in Deutsch land geboren<br />
sind und in Amerika arbeiten. Die<br />
Chinesen kümmern sich um das Pro blem<br />
des brain drain, weil sie gemerkt ha ben,<br />
dass sie diese Leute alle zurückholen<br />
müssen, wenn sie Wachstumsraten von 6<br />
und 7 % haben wollen. Osteuropa steht vor<br />
der Tür und kommt zu Europa. Aber es<br />
wird nicht passieren, dass die Osteuropäer<br />
zu uns kommen. Die Diskussion über das<br />
vermeintliche Zuwanderungsproblem kön -<br />
nen wir beenden, denn unsere Zuliefer -<br />
industrie geht nach Osteuropa und schafft<br />
dort Arbeitsplätze.<br />
44<br />
Letztlich müssen wir uns die Frage beant -<br />
worten, worauf wir in der politischen Schwerpunktbildung<br />
Wert legen. Ich will hier nicht<br />
alle Aspekte aufzeigen, die für Familien -<br />
unternehmen relevant sein können, die<br />
werden Sie morgen in den Arbeits gruppen<br />
viel intensiver behandeln, als ich sie jetzt<br />
mit ein paar Strichen aufzeigen könnte. Mir<br />
geht es eigentlich darum klar zu machen,<br />
dass durch Deutschland der berühmte<br />
Herzog’sche Ruck gehen muss. Wir<br />
Deutschen haben jetzt erkannt: So geht es<br />
nicht weiter. Und, lassen Sie mich das zum<br />
Abschluss sagen, wir haben eine Riesen -<br />
chance, weil alle Umfragen und die Stim -<br />
mung in Deutschland zum ersten Mal zei -<br />
gen, dass die Deutschen jetzt Reformen<br />
wollen. Wenn wir diese Situation jetzt nicht<br />
nutzen und die Reformen nicht durchsetzen,<br />
dann haben wir eine Riesenchance vertan.<br />
Denn das wissen wir aus Erfahrung: wenn<br />
die Deutschen schon einmal reformbereit<br />
sind und man diese Bereitschaft nicht<br />
gleich ausnutzt, dann lässt sie wieder nach.<br />
Lassen Sie mich Ihnen zum Abschluss et -<br />
was mit auf den Weg geben, was ich vor kurzem<br />
bei einer Diskussionsveranstaltung der<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong> im Schwarzwald gehört habe<br />
und was mir gut gefallen hat. Frau Köcher<br />
vom Allensbacher Institut für Demoskopie<br />
hat näm lich eine interessante Übersicht<br />
über die Stimmungsveränderung in Deutschland<br />
vorgelegt, und zwar seit 1990. Da<br />
können Sie im Grunde drei Abschnitte<br />
unterscheiden:<br />
Die Deutschen von 1990 bis 1995:<br />
Stim mung wie im Schlaraffenland mit<br />
gelegentlichen Alpträumen.<br />
Von 1996 bis 2000: Das ungute Gefühl, es<br />
kommt alles anders, als wir gedacht haben,<br />
und zwar viel schlimmer. Aber trotzdem<br />
noch verbunden mit der leisen Hoffnung,<br />
der Kelch geht vielleicht doch noch einmal<br />
an uns vorüber.<br />
Die letzten drei Jahre: Schleichende Resig -<br />
nation. Zum ersten Mal die Erkenntnis:<br />
Niemand bringt uns die alten Zeiten zurück,<br />
und deshalb müssen wir aufhören mit der<br />
Nostalgie, wir müssen die Zukunft neu<br />
gestalten.<br />
Dies waren ein paar Ansätze und Ideen,<br />
die ich gern mit Ihnen teilen wollte und zur<br />
Diskussion stellen möchte. Vielen Dank.
46<br />
Eigenverantwortung und Familie –<br />
Grundlagen mittelständischer Unternehmen<br />
Prof. Dr. Paul Kirchhof, Direktor, Institut für Finanzund<br />
Steuerrecht, Universität Heidelberg<br />
1. Drei Ziele des Unternehmens<br />
Wenn ein Unternehmer sein Unternehmen<br />
in eine lange, erfolgreiche Zukunft führen<br />
will, wird er sich drei Zielen widmen: Er baut<br />
einen gediegenen Betrieb auf, sichert sich<br />
einen leistungsfähigen Nachfolger und wirkt<br />
an entwicklungsfördernden rechtlichen und<br />
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit.<br />
Diese drei Ziele benennen Aufgaben, nicht<br />
gesicherte Selbstverständlichkeiten, obwohl<br />
unsere Verfassung auf ein Konzept der Frei -<br />
heit setzt, das diese Voraussetzung als na -<br />
türliche Folge der Freiheitswahrnehmung<br />
schaffen soll. Die Garantie der Berufs- und<br />
der Eigentümerfreiheit geben die Pro duk -<br />
tionsfaktoren Kapital und Arbeit in private<br />
Hand, veranlassen den Staat also struk tu -<br />
rell zum Verzicht auf das Staatsunterneh -<br />
men und bauen damit darauf, dass die<br />
Privatinitiativen in der Verantwortlich keit<br />
des eigenen Namens und des eigenen<br />
Kapitals die bestmöglichen Wirtschafts -<br />
ergebnisse erzielen, damit individuellen<br />
Wohlstand und allgemeine Prosperität<br />
fördern wird.<br />
Freiheit heißt, sich von anderen unterschei -<br />
den und vorhandene Unterschiede mehren<br />
zu dürfen. Der eine arbeitet Tag und Nacht<br />
und wird reich an Geld, der andere philo -<br />
sophiert Tag und Nacht und wird reich an<br />
Gedanken; diese Unterschiede sind frei -<br />
heitsrechtlich notwendig und gerechtfertigt.<br />
Auch Einkommens- und Vermögens unter -<br />
schiede sind Ausdruck der Freiheit und<br />
werden als solche gutgeheißen. Ein un -<br />
ausweichliches und deshalb maßvolles<br />
Steuerrecht garantiert, dass die Rechts -<br />
gemeinschaft am individuellen Einkommenserfolg<br />
teilnimmt, aber der wesentliche Teil<br />
des Einkommens dem Berechtigten ver -<br />
bleibt. Diese Freiheitskultur wird sich aller -<br />
dings nur entfalten, wenn der Staat an je -<br />
dem individuellen Einkommenserfolg ver -<br />
lässlich teilhat, diese Gleichheit in der Ver -<br />
lässlichkeit eine maßvolle Besteuerung des<br />
Einkommens etwa mit einem Spitzen -<br />
steuersatz von 25 % gewährleistet, sich<br />
deshalb auch kein Unternehmen rüh men<br />
kann, trotz wirtschaftlicher Erfolge und<br />
beachtlicher Dividendenzahlungen keine<br />
Steuern zu zahlen.<br />
Diese privatnützige Berufs- und Eigentumsordnung<br />
lässt sich auf Dauer nur bewah -<br />
ren, wenn das Eigentum langfristig in pri -<br />
vater Hand bleibt. Der Mensch stirbt, der<br />
Staat will uns alle überleben. Deshalb muss<br />
ein Erbrecht die Kontinuität von privatem<br />
Eigentum und Unternehmen in privater<br />
Hand und als Familiengut möglichst in der -<br />
selben Familie sichern und gegen staat -<br />
lichen Zugriff abschirmen. Diese System -<br />
be dingung ist zivilrechtlich gewähr leistet,<br />
muss jedoch gegenwärtig im Steuer recht<br />
erneut verteidigt werden. Eine zweite Be -<br />
drohung dieses höchstpersönlich verant -<br />
worteten Unternehmereigentums geht von<br />
den anonymen Kapitalgesellschaften aus,<br />
die zwar das Unternehmen in privater Hand<br />
belassen, die Eigentümerfreiheiten von<br />
Unternehmensleitung und Unternehmens -<br />
ertrag aber so aufspalten, dass der Ertrags -<br />
eigentümer – der Aktionär – auf das Recht<br />
zu fremdbestimmten Erträgen und zur Ver -<br />
äußerung seiner Beteiligung zurückge drängt<br />
ist, die Unternehmensführung aber in der
Hand des beruflich qualifizierten Vorstandes<br />
und von anderen Großkapitalgebern liegt.<br />
Der junge Unternehmer wird sich insbe sondere<br />
auf eine völlig veränderte Realität des<br />
Privateigentums einzurichten haben. Er<br />
kennt von zu Hause das Verantwortungs -<br />
eigentum, bei dem der Unternehmer mit<br />
seinem Namen und seinem Vermögen für<br />
die Verwendung seines Eigentums ein s teht,<br />
er insbesondere die Leistungen seines Un -<br />
ternehmens verantwortet. Daneben wird er<br />
aber Jungunternehmer kennen, die ihren<br />
Gewinn ausschließlich dadurch zu erzielen<br />
suchen, dass sie Finanzkapital in Sekundenschnelle<br />
um den Erdball kreisen lassen,<br />
dort platzieren, wo die größte Rendite zu<br />
erwarten ist, dabei aber schlechthin keine<br />
Verantwortlichkeit für den Einsatz ihrer<br />
Kapitalmacht übernehmen, mag das jewei -<br />
lige Unternehmen Medikamente oder<br />
Waffen produzieren. Andere werden ihr<br />
geistiges Eigentum entgeltlich zur Nutzung<br />
überlassen, insbesondere ihre Rechte an<br />
Filmen, Patenten, Büchern, Computerpro -<br />
grammen verwerten, also kein Wirtschafts -<br />
gut im Tausch hingeben, sondern mög lichst<br />
ertragreich andere an eigenen Rechten<br />
teilhaben lassen, ohne diese selbst aufzu -<br />
geben. Etwas Ähnliches kennen wir bei<br />
dem Eigentum an Kabeln, Leitungen oder<br />
Verkehrswegen, das immer wieder entgelt -<br />
lich genutzt werden kann, ohne dass der<br />
Unternehmer die Substanz eines Umlauf -<br />
vermögens hingeben müsste. Diese Vielfalt<br />
der realen Eigentümerordnung findet in<br />
dem Verantwortungseigentum, dem mittel -<br />
ständischen Eigentum, seine Mitte. Würde<br />
diese fehlen oder wesentlich geschwächt<br />
sein, könnten wir die Konzeption des<br />
Privateigentums auf Dauer nicht halten.<br />
In diesem marktwirtschaftlichen Wettbe werb<br />
und freiheitlichen Rechtssystem muss das<br />
eigenverantwortete – mittelständische –<br />
Unternehmen in seinen Voraussetzungen<br />
immer wieder gefestigt und erneuert wer -<br />
den. Der Einsatz für diese Unternehmen,<br />
ihre freiheitlichen und familiären<br />
Entstehens- und Existenzbedingungen,<br />
fundiert unser freiheitliches<br />
Wirtschaftssystem, bietet da mit einen<br />
wesentlichen Beitrag für den freiheitlichen<br />
Rechtsstaat und die demo kratische<br />
Staatsverfassung.<br />
2. Gesteigerte Anforderungen an die<br />
Eigenverantwortung<br />
Verantwortliches Handeln setzt Freiheits -<br />
fähigkeit und Freiheitsbereitschaft voraus.<br />
Diese baut auf individuelle Begabung, muss<br />
aber durch behutsame Erziehung zur Ent -<br />
faltung gebracht werden. Für diesen Er -<br />
zieh ungsauftrag bieten die modernen<br />
Lebens- und Wirkungsbedingungen<br />
unserer Gesellschaft erschwerte Voraus -<br />
setzungen. Wenn dem jungen Menschen<br />
allabendlich im kleinen Welttheater seines<br />
Fernsehgerätes die Probleme der Welt,<br />
kaum aber Lösungsmöglichkeiten vor Augen<br />
geführt werden, könnte der Mensch in der<br />
Alternativität der Programme zwar mit Be -<br />
dacht und Verantwortlichkeit zu seinem<br />
eigenen Programmdirektor werden; in der<br />
Regel wird er in diesem Vorhaben jedoch<br />
als Zapperphilipp scheitern. Wenn unsere<br />
Kinder in Deutschland heute länger vor dem<br />
Fernsehgerät als in der Schule sitzen, ist<br />
der Bildungsauftrag definiert.<br />
Sodann erleben die Kinder wie ihre Eltern<br />
in der Welt des modernen Computers, dass<br />
sie über ein fast beliebiges Wissen verfügen<br />
können, die Überinformation aber auch zur<br />
Nichtinformation zu werden droht, die Kraft<br />
des Vergessens verloren geht. Während<br />
das menschliche Gedächtnis unter den<br />
vielen Erinnerungen meist die schönen<br />
und wertvollen auswählt, wird der Computer<br />
uns auch in das Erlebnis der Enttäuschung,<br />
der Resignation, des Zornes und vielleicht<br />
sogar des Hasses zurückführen. Das Bun -<br />
des zentralregistergesetz gebietet dem<br />
Staat um der Resozialisierungschance<br />
selbst eines Straftäters willen, Vergange nes<br />
nach einer bestimmten Zeit zu vergessen.<br />
Der einzelne Mensch wird um Eigenständigkeit<br />
und individuelle Verantwortlichkeit<br />
ringen müssen, um bestimmte Daten des<br />
Com puters oder auch des Fernsehgeräts<br />
nicht zur Kenntnis zu nehmen.<br />
Diese Belastung ereignet sich in einer Me -<br />
dienwelt, die sich gänzlich der Aufgabe<br />
47
48<br />
widmet, dem übergesicherten Menschen<br />
sein tägliches Quantum an Aufgeregtheit<br />
zu vermitteln. Deswegen will der Journalist<br />
zwar informieren und unterrichten, vor allem<br />
aber auch entlarven, entwaffnen, skandali -<br />
sieren und an den Pranger stellen. Das<br />
Recht der persönlichen Ehre und der<br />
Schutz der Privatheit scheinen bei Politikern<br />
und anderen im Mittelpunkt der Medien<br />
stehenden Personen kaum noch zu greifen.<br />
Selbst parlamentarische Untersuchungs -<br />
ausschüsse, die dem Parlament ein Wissen<br />
vermitteln sollen, das dieses bisher nicht<br />
hat, unterstützen diese Entwicklung, wenn<br />
sie schon am Anfang der Untersuchung<br />
erklären, was das Untersuchungsergebnis<br />
sein wird. Die Geschichte der Demokratie<br />
kennt diese Entwicklung vom griechischen<br />
ostrakismos (Scherbengericht), nach dem<br />
in Athen alle zwei Jahre ein Prominenter in<br />
Verbannung geschickt wurde. Wir scheinen<br />
uns für das gleiche System zu entscheiden,<br />
haben die Zweijahresfrist allerdings deutlich<br />
verkürzt.<br />
Sodann lebt der moderne Mensch in einer<br />
Spannung zwischen Nähe und Weite, zwi -<br />
schen vertrautem und schier grenzenlosem<br />
Lebenskreis. Aus der “Nationalökonomie”<br />
ist eine Weltwirtschaft geworden, aus dem<br />
allein vom deutschen Staatsvolk bestimmten<br />
Staat ein Mitglied der Europäischen Union,<br />
aus der geläufigen und erprobten Technik<br />
und Medizin eine die Identität des Men schen<br />
und seine Entwicklung in Frage stellende<br />
Wissenschaft der Genmanipulation und des<br />
Klonens.<br />
Auch die Sicherheit im Recht ist kaum noch<br />
verlässlich. Wenn seit dem 11. September<br />
2001 Angreifer um des Angriffs willen zum<br />
Suizid bereit sind, sie also durch Rechts -<br />
pflichten und Sanktionen – selbst die An -<br />
drohung der Todesstrafe – nicht beein flusst<br />
werden können, ist die Rechtsgemeinschaft<br />
wieder auf ihren Ausgangsbefund zurück -<br />
geworfen: Nicht das Recht, sondern die<br />
dieses Recht tragende gemeinsame Kultur<br />
sichert inneren Frieden, damit die Autorität<br />
des Rechts und die individuelle Freiheit.<br />
3. Der Schutz von Ehe und Familie<br />
In dieser Gegenwart von Orientierungs -<br />
armut und Werteverlust bieten Ehe und<br />
Familie individuelle Sicherheit und dem<br />
einzelnen Unternehmen, der Gesamtwirt -<br />
schaft und dem Staatsvolk eine Zukunft im<br />
Kind. Deutschland ist heute eines der<br />
reichsten, aber auch der kinderärmsten<br />
Länder dieser Erde. Im Vergleich unter<br />
den 191 Staaten dieser Erde steht Deutsch -<br />
land in der Kinderstatistik an der Position<br />
181, also an einer der letzten Stellen. Wenn
wir diese Entwicklung nicht korrigieren<br />
können, wird uns unser Kapitalreichtum<br />
kaum helfen, weil wir nicht wissen, an wen<br />
wir ihn weitergeben sollen. Die Zahl der<br />
Produzenten und Nachfrager wird sinken,<br />
die Familien unternehmen werden keinen<br />
Sohn und keine Tochter mehr haben, die<br />
von den Eltern auf die Unternehmens -<br />
aufgaben vor bereitet sind. Unsere wissen -<br />
schaftlichen, kulturellen, ökonomischen<br />
und politischen Standards werden ver min -<br />
dert. Dem Gene rationenvertrag wird der<br />
eine Vertrags partner, die leistungsfähige<br />
Jugend, weit gehend fehlen. Unser Leben<br />
im Alter wird sich gleichzeitig verteuern,<br />
weil wir zu wenig Menschen in Pflege beru -<br />
fen haben. Sollte zudem die soziale Einheit<br />
der Ehe geschwächt werden, also die ge -<br />
genseitige Hilfe von Mann und Frau bei<br />
Krankheit, Krise und Altersgebrechlichkeit<br />
wegfallen, werden die Versprechungen des<br />
Sozial staates wie der privaten, kapitalge -<br />
deck ten Alterssicherung unerfüllbar bleiben.<br />
Das “demografische Problem” ist vielfach<br />
beschrieben worden. Allerdings scheint die<br />
veröffentlichte Meinung sich nicht entschie -<br />
den gegen diese Entwicklung zu stemmen,<br />
sondern sie als Wertewandel zu erklären<br />
und sich so mit ihr zu arrangieren. Darin<br />
liegt ein normative Todsünde: Wer allein<br />
das, was ist, wegen seiner Faktizität zum<br />
Wert erklärt, verliert den Maßstab für gut<br />
und böse, für richtig und falsch. Wenn wir<br />
beobachten, dass täglich auf deutschen<br />
Straßen Menschen zu Tode kommen, wür -<br />
den wir dieses Faktum nicht als Werte -<br />
wandel erklären und behaupten, das Gebot<br />
“du sollst nicht töten” gelte nicht mehr.<br />
Vielmehr werden wir die Anstrengungen<br />
verstärken, um dem Tötungsverbot ver -<br />
mehrt zur Wirkung zu verhelfen. Gleiches<br />
gilt, wenn wir gegenwärtig beobachten, dass<br />
immer weniger Menschen an den lebens -<br />
notwendigen Wasserquellen stehen und<br />
Wasser schöpfen. Wir mögen vorüber -<br />
gehend das knapper werdende Wasser<br />
kontingentieren können, werden aber<br />
schließlich verdursten.<br />
Wir stehen somit vor der Frage, ob wir eine<br />
im Erwerbsstreben sterbende oder im Kind<br />
vitale Gesellschaft sein wollen. Dabei können<br />
wir uns nicht mit Vorschlägen zufrieden ge -<br />
ben, die einen lebenslangen Erwerb ohne<br />
Kind oder aber ein Leben als Alleinerzie -<br />
hende empfehlen. Hier mögen Anliegen<br />
der Industriegesellschaft und einer miss -<br />
verstandenen Gleichberechtigung zusam -<br />
mentreffen; sie verfehlen aber eine Zukunft<br />
individuellen Glücks und gemeinschaft lichen<br />
Wirtschafts- und Kulturwachstums.<br />
Deshalb müssen wir im Rentenrecht in er -<br />
ster Linie die Eltern, traditionell die Mütter,<br />
vor den Beitragszahlern berechtigen, im<br />
Arbeitsrecht familiengerechte Arbeits be -<br />
dingungen schaffen und den Eltern vor<br />
allem nach der Erfüllung des Erziehungs -<br />
auftrages eine berufliche Fortsetzungs -<br />
garantie bieten, im Steuerrecht das Splitting<br />
für die eheliche Erwerbsgemeinschaft in<br />
gleicher Weise wie bei jeder anderen<br />
Erwerbsgemeinschaft – der Personen ge -<br />
sellschaft oder der juristischen Person –<br />
erhalten, den einkommensteuerlichen<br />
Zugriff auf das Elterneinkommen insoweit<br />
vermeiden, als dieses Einkommen über<br />
die Unterhaltspflicht den Kindern gehört,<br />
das Familiengut ohne Erbschaftsteuer -<br />
belastung von der Eltern- in die Kinder -<br />
generation weiterreichen. Alles dieses sind<br />
Forderungen des Verfassungsrechts und<br />
des Bundesverfassungsgerichts, die bis<br />
heute unerfüllt sind.<br />
Für das Familienunternehmen ist damit<br />
gesagt, dass ein solches Unternehmen in<br />
der Ehe und der Familie gegründet, dem<br />
Unternehmer also gleichermaßen eine Ver -<br />
antwortlichkeit zur Entfaltung von Ehe und<br />
Familie wie auch seines Unternehmens trifft.<br />
3. Die Kraft zur Erziehung<br />
Die Zukunft des Unternehmens ist aller -<br />
dings noch nicht gesichert, wenn die Unter -<br />
nehmer Kinder haben. Sie müssen diese<br />
auch zur Freiheitsfähigkeit und Freiheits -<br />
bereitschaft, zur Entscheidungs- und Urteilskraft,<br />
zur Verantwortlichkeit erziehen.<br />
Dieser Erziehungsauftrag fordert die besondere<br />
Kraft der Eltern, weil die Kinder Erfolgreicher<br />
schwerer zu erziehen sind als andere<br />
Kinder. Zwar genießen sie die Segnungen<br />
von Wohn- und meist auch von Familien kul -<br />
tur, von Wohlstand und einem welt offenen<br />
Elternhaus, laufen aber Gefahr, im Wohl -<br />
49
50<br />
stand zu ermatten, weniger intensiv mit<br />
ihren dem Beruf zugewandten Eltern leben<br />
zu können, bei der Übernahme des Be -<br />
triebes nicht im Selbstbewusstsein des<br />
Pioniers beginnen zu dürfen und vielleicht<br />
auch unter dem Schatten des großen Na -<br />
mens zu leiden.<br />
Wirtschaftlich erfolgreiche Eltern bemühen<br />
sich deshalb, ihre Kinder ohne Wohlstandsbehagen<br />
aufwachsen zu lassen, können sie<br />
aber nicht in die Garage verweisen und<br />
selbst in der Villa leben. Sie wählen den<br />
vielversprechenden Weg, körperliche Tüch -<br />
tigkeit und Selbstdisziplin, aber auch das<br />
Gebot der Fairness unter Gleichen im Sport<br />
einzuüben, im Musikinstrument Bildungs -<br />
erlebnis und Anstrengungserfolg zu ver -<br />
mitteln, im Auslandsaufenthalt Selbst bestimmung<br />
und Eigeninitiative zu erproben, neh -<br />
men Sohn und Tochter auch mit auf die<br />
Holzfällertour in Kanada, neigen gelegent -<br />
lich aber auch dazu, mit übermäßiger<br />
Strenge und Verboten die wirtschaftliche<br />
glückliche Ausgangslage kompensieren zu<br />
wollen.<br />
Vor allem aber haben Eltern ihren Kindern<br />
trotz beruflicher Inanspruchnahme viel Zeit<br />
zu widmen. Zutrauen der Kinder zu den<br />
Eltern entsteht beim Kleinkind, kann später<br />
nicht nachgeholt werden. Deshalb müssen<br />
Vater und Mutter sich bewusst sein, dass<br />
die berufliche und die familiäre Aufbau -<br />
phase gleichzeitig und gleichrangig ver -<br />
laufen, die Zuwendung zum Säugling und<br />
Kleinkind also den Unternehmensnachfolger<br />
sichert. Bei der Übergabe des Betriebes<br />
haben die Eltern dem Nachfolger das wich -<br />
tigste Rüstzeug mitzugeben, das sie zu ver -<br />
mitteln haben: ihr Vertrauen. Deshalb ist<br />
der Be trieb rechtzeitig zu übergeben. Der<br />
erfah rene Betriebsinhaber muss seinem<br />
Nach folger Chancen bieten, also Risiken<br />
eröff-nen und Fehler tolerieren. Er muss<br />
ihn in die Freiheit entlassen und sich selbst<br />
mög lichst vollständig zurückziehen. Wer<br />
gegenüber dem eigenen Nachwuchs über -<br />
höhte, unerfüllbare Leistungserwartun gen<br />
formuliert, sein besseres Wissen nicht ver -<br />
trauensvoll anbietet, sondern vor Mitar beitern<br />
demonstriert, möglicherweise sogar den<br />
Gewinn des Nachfolgers vertraglich zu<br />
binden sucht, bekundet sein Misstrauen,<br />
bricht das Selbstbewusstsein und den Stolz<br />
des Nachfolgers und darf sich dann nicht<br />
wundern, wenn ein gebrochener Mensch<br />
zur Unternehmensführung nicht tauglich ist.<br />
In diesem Erziehungsauftrag ist es hilfreich,<br />
sich an den verfassungsrechtlichen Drei -<br />
klang von Mensch, Person und Persönlich -<br />
keit zu erinnern, den das Grundgesetz für<br />
jedermann garantiert. Jeder Mensch ist mit<br />
Würde, Individualität und Freiheit begabt,<br />
deswegen in seinem Dasein und Sosein<br />
willkommen. Die Person – definiert von<br />
prosopon, persona, der Maske, die der<br />
antike Schauspieler in der von ihm über -<br />
nommenen Rolle dem Publikum zeigte –<br />
berechtigt zur Teilnahme am Rechtsverkehr<br />
und Gemeinschaftsleben in der Weise, die<br />
der Berechtigte freiheitlich ausgewählt hat.<br />
Die Persönlichkeit ist die zur Sittlichkeit<br />
und Freiheit fähige Person, die ihr Frei -<br />
heitsrecht stets in Verantwortlichkeit für ihr<br />
Gegenüber, im Bewusstsein von des sen<br />
Rechten und Persönlichkeit wahrnimmt.<br />
Das Grundgesetz sucht dieses Menschen -<br />
bild als Grundlage einer freiheitlichen Ge -<br />
sellschaft und eines demokratischen Staates
an die Zukunft weiterzugeben. Es ist das<br />
Gedächtnis der Demokratie und erinnert<br />
daran, dass ohne dieses Menschen- und<br />
Weltbild Freiheit nicht gelingen wird.<br />
Gerade in einer multikulturellen Gesell -<br />
schaft, in der wir leben, werden wir be -<br />
wusst zu machen haben, dass wir diese<br />
Kultur der Verantwortlichkeit pflegen und<br />
bei Be darf auch verteidigen werden.<br />
Unsere Ver fassung baut auf die Würde<br />
jedes Men schen, andere Ordnungen defi -<br />
nieren den politischen Schädling als Geg -<br />
ner, den es zu vernichten gilt. Wir setzen<br />
auf die Gleichberechtigung von Mann und<br />
Frau, andere verpflichten die Frau, dem<br />
Mann ein Leben lang zu dienen. Unsere<br />
Demokratie gewährt Macht auf Zeit, andere<br />
Systeme verpflich ten zur lebenslänglichen<br />
Huldigung gegenüber dem Führer. Wir<br />
genießen Religionsfreiheit, andere fordern<br />
das Praktizieren einer Re ligion, die der<br />
Staat definiert. Das Grund gesetz garantiert<br />
das privatnützige Eigen tum, andere Verfas -<br />
sungen enthalten dem Einzelnen unter dem<br />
Stichwort des “Volks eigentums” das indi -<br />
viduell Eigene vor. So werden wir für die<br />
Strukturen einer Frei heitskultur kämpfen,<br />
auf die so verstan dene Eigenverantwortlichkeit<br />
setzen und unsere Kinder lehren, dass<br />
diese Bedin gungen der Freiheit unverzicht -<br />
bar sind. Dem jungen Unternehmer werden<br />
wir aber vor allem vermitteln, dass Freiheit<br />
keines wegs Beliebigkeit bedeutet.<br />
Selbstverständlich gehört es zu unserer<br />
Freiheitskultur, dass der Mensch nach Be -<br />
lieben entscheiden darf, ob er heute ein<br />
Glas Wasser und morgen ein Glas Wein<br />
trinken, sich heute dem Sport und morgen<br />
der Musik widmen wird, heute ins Theater<br />
und morgen in einen Vortrag gehen mag.<br />
Diese kleinen Gegenwartsfreiheiten sind<br />
ein wichtiges Fundament der freiheitlichen<br />
Ordnung.<br />
Die Struktur der individuellen Biografie, des<br />
Unternehmens und des Gemeinwe sens<br />
aber bestimmen die großen Zukunfts frei -<br />
heiten, in denen sich der Berechtigte lang -<br />
fristig bindet und Verantwortlichkeit für an -<br />
dere übernimmt. Er baut ein Haus in der<br />
Hoffnung, dass darin auch noch seine<br />
Kinder und Enkelkinder wohnen werden.<br />
Er gründet eine Firma in der Erwartung,<br />
dass diese ihn selbst überlebt. Er nimmt<br />
ein achtsemestriges Studium auf, um da -<br />
raus einen Lebensberuf zu entwickeln. Er<br />
schließt eine lebenslängliche Ehe, aus der<br />
sich eine unkündbare und unscheidbare<br />
Elternschaft entwickelt. Würde der Mensch<br />
vor diesen langfristigen Bindungen und<br />
Verantwortlichkeiten für andere zurück -<br />
schrecken, blieben ihm die wichtigsten<br />
Türen für freiheitliches Erleben verschlossen.<br />
Wer um der Freiheit willen Bindung scheut,<br />
wird die große Zukunftsfreiheit nicht erle -<br />
ben, also das wesentliche Stück Freiheit<br />
entbehren müssen.<br />
4. Rahmenbedingungen für eine<br />
Verantwortungskultur<br />
Haben wir gediegene Unternehmen und<br />
freiheitsfähige Nachfolger, so brauchen<br />
diese Rahmenbedingungen, in denen sich<br />
wirtschaftliche Freiheit verlässlich entfalten<br />
kann. Dieses bedeutet für die gegen wärtige<br />
51
52<br />
Rechtsordnung insbesondere, dass die<br />
komplexe Wirklichkeit in einem überschaubaren<br />
und verlässlichen Recht einfacher<br />
handhabbar wird. Deshalb muss das Arbeits -<br />
recht das ein zelne Unternehmen im Tarif -<br />
vertrag schüt zen, nicht aber im Kartell er -<br />
sticken. Das Sozialrecht baut darauf, dass<br />
95 % der Starken Überschüsse er wirtschaf -<br />
ten, damit 5 % Schwache daraus mitfinan -<br />
ziert werden kön nen. Das Steuerrecht darf<br />
nicht mehr – so sind unsere aktuellen Be -<br />
rechnungen – als 25 % des Ertrages weg -<br />
nehmen, muss für jeder mann in seinem<br />
Belastungs grund versteh bar und in seiner<br />
Steuer erklärung erklärbar sein, darf nicht in<br />
jedem Jahr zwölfmal ge ändert, sondern in<br />
zwölf Jahren nur einmal geändert werden,<br />
muss das unterneh mens gebundene Fami -<br />
liengut auch im Erbschaftsteuerrecht so<br />
weitergeben, dass der Nach folger ermutigt<br />
und nicht in seinem Elan gedämpft wird.<br />
Das Subven tions recht muss auf staatliche<br />
Hilfen in Ausnahmefällen be grenzt werden,<br />
im Übrigen aber dem Un ternehmer seine<br />
Freiheit zur ökonomi schen Vernunft be las -<br />
sen: Wenn gegenwärtig die Steuersubven -<br />
tionen den Steuerpflichtigen in den Schiffs -<br />
bau in Taiwan drängen, ihn für die Finanzie -<br />
rung von ihm fremdblei ben den Filmen inte -<br />
res sieren, er in Personen gesellschaften gar<br />
die Verluste sucht, wird Kapital fehlgeleitet<br />
und stillgelegt. Das Familienrecht darf nicht<br />
durch das Gesell schaftsrecht wider legt<br />
wer den, sondern muss sich auch in den<br />
Familienunter neh men bewähren.<br />
Sodann sind die einzelnen Lebensbereiche<br />
in ihren Gesetzmäßigkeiten sachgerecht zu<br />
unterscheiden. Wir müssen den jungen<br />
Menschen bewusst machen, warum auf<br />
dem Markt das Prinzip der Gewinnmaxi mierung,<br />
also der Hang zum schier grenzen -<br />
losen Erfolg richtig ist, während ein durch<br />
Doping und Drogen entgrenztes Erfolgs -<br />
streben im Sport und in der privaten Le -<br />
benswelt verboten ist. Die Rechtsordnung<br />
selbst muss sich fragen lassen, ob sie noch<br />
eine Kultur des Maßes ist, wenn Grund -<br />
rechte “optimiert” werden sollen, die Fahr -<br />
lässigkeit am Maßstab der “größt möglichen<br />
Sorgfalt” gemessen wird, die Europäische<br />
Union eine “immer engere” zu werden ver -<br />
heißt, damit an die Liebenden erinnert, die<br />
sich in der Umarmung schier den Atem<br />
rauben, oder gar an den Strick des Scharf -<br />
richters, der, immer enger werdend, uns<br />
den Atem nimmt.<br />
Auf dieser Grundlage müssen wir dem Un -<br />
ternehmensnachfolger, den aktiven Unter -<br />
nehmen und der gesamten Rechtsordnung<br />
bewusst machen, dass wir die drei Metho -
XIV<br />
den, Bedarf zu erkunden und zu befrie di gen,<br />
nicht vermengen dürfen: Markt und Wett -<br />
bewerb dienen verlässlich der Befrie digung<br />
des individuellen Bedarfs, indem Anbieter<br />
ihre Nachfrager suchen und eine Leistung<br />
nur erbringen, wenn der Preis angemessen<br />
erscheint. Dieses Erfolgs system unserer<br />
Marktwirtschaft veranlasst gegenwärtig<br />
Privatisierungen von Eisen bahn, Post, auch<br />
von öffentlichen Energie unternehmen, die<br />
– insbesondere, wenn der Übergang zum<br />
Marktwettbewerb er reicht, die staatliche<br />
Regulierung deshalb zurückgenommen<br />
worden ist – Wirt schaftsimpulse verspricht.<br />
Der Staat hingegen folgt einem fundamen -<br />
tal anderen Prinzip, um den Bedarf seiner<br />
Bürger zu ermitteln und ihm gerecht zu<br />
werden. Die Demokratie fordert eine<br />
lücken lose demokratische Legitimations -<br />
kette, die idealtypisch jeden Hoheitsakt vor<br />
dem Betroffenen rechtfertigt. Der Staat er -<br />
bringt seine Leistungen nach Bedarf, nicht<br />
nach erreichbarem Entgelt; innere und äu -<br />
ßere Sicherheit, das Recht, auch die soziale<br />
Existenzsicherung wird nicht dem Zahlungsunfähigen<br />
vorbehalten, sondern Jedermann<br />
angeboten. Heute allerdings müssen wir<br />
unseren Staat fragen, ob er nicht Leistun -<br />
gen, insbesondere die der Überregulie -<br />
rung, aufdrängt, die das demokratische<br />
Staatsvolk nicht will, andererseits seinen<br />
Leistungsauftrag durch Unterlassen – bei<br />
den notwendigen Reformen – gröblich ver -<br />
letzt. Außerdem vermengt der Staat die<br />
marktwirtschaftliche und demokratische<br />
Bedarfsbefriedigung, wenn er Rechte ver -<br />
kauft, z.B. UMTS-Lizenzen gegen Höchst -<br />
gebot versteigert und dabei 100 Milliarden<br />
DM Erlös erzielt, oder eine Gesetzes initia -<br />
tive zur Reform des Arzneimittelrechts zu -<br />
rückzieht, nachdem ein Verband 400<br />
Millio nen DM an eine öffentliche Kasse<br />
bezahlt hat. Würde der Verwaltungsbeamte<br />
einen Führerschein oder eine Baugeneh migung<br />
nach diesem Prinzip vergeben, würde<br />
er sich strafbar machen. Uns fehlt die Si cherheit,<br />
die Gesetzmäßigkeiten verschie dener<br />
und gegenläufiger Lebensstrukturen hin -<br />
reichend zu unterscheiden.<br />
Die dritte Form der Bedarfsbefriedigung ist<br />
die kulturelle, gemeinnützige Zuwendung,<br />
bei der ein Leistungsfähiger Kunst, Religion,<br />
soziale Initiativen fördert, allein in dem<br />
Willen, diese Aufgaben zu unterstützen. Er<br />
ist Spender, Sponsor, Mäzen, erwartet kei -<br />
ne Gegenleistung, sondern handelt selbst los<br />
und will allenfalls in seiner Vorbildfunktion<br />
sich einen guten Namen machen. Dieses<br />
dritte Prinzip der altruistischen Bedarfs -<br />
53
54<br />
befriedigung wird ebenfalls mit marktwirt -<br />
schaftlichen Prinzipien vermengt, wenn beim<br />
Sponsoring um des betrieblichen Vorteils<br />
willen gefördert wird. Dieses ist selbst ver -<br />
ständlich legitim und zulässig, muss dann<br />
aber deutlich dem erwerbswirtschaftlichen<br />
Handeln zugeordnet und aus dem Gemein -<br />
nützigkeitsrecht ausgenommen werden.<br />
Das Grundpostulat der Gegenwart zielt auf<br />
überschaubare Lebensverhältnisse, auf die<br />
einfache einsichtige Regel. Hier ist der Sport<br />
der große Lehrmeister. Ein Stück der all -<br />
gemeinen Faszination des sportlichen Wettbewerbs<br />
liegt darin, dass er sich überschaubar<br />
nach einfachen Regeln und Prinzipien<br />
der Fairness ereignet. Die Menschen ma -<br />
chen ihren Interessengegensatz in den<br />
unterschiedlichen Trikots der gegenein an -<br />
der kämpfenden Mannschaften deutlich,<br />
beschränken ihren Aktionsraum auf das<br />
Spielfeld und auf die Zeit von 90 Minuten,<br />
verständigen sich auf den Einsatz ihrer Füße<br />
und gelegentlich des Kopfes, nicht aber der<br />
Hände, bedienen sich eines stets präsenten<br />
Schiedsrichters, der jeden Rechtsfehler so -<br />
fort ahndet, am Schluss das Spiel abpfeift<br />
und das Spielergebnis – 2:0, wir haben ge -<br />
wonnen – festhält. In dieser Begrenzung<br />
entfaltet sich wie selbstverständlich ein<br />
Nor mensystem, das ohne staatliche Rechtsquellen<br />
in aller Welt gleichermaßen gilt und<br />
diesen Wettkampf verlässlich organisiert.<br />
Lassen Sie mich abschließend für den<br />
Sozialstaat andeuten, wie ein solch verein -<br />
fachtes Rechtssystem wirken könnte:<br />
Gegenwärtig baut der Sozialstaat die<br />
Rechtsstellung des Arbeitnehmers immer<br />
mehr aus, nimmt mit diesen hohen sozialen<br />
Standards der Selbständigkeit die Attraktivi -<br />
tät, zielt auf die Leistungskraft von Groß -<br />
unternehmen, erschwert den Mittelstand.<br />
Er schafft Märkte, insbesondere im Gesundheitswesen,<br />
bei denen die Nachfrager kein<br />
Preisrisiko tragen, Anbieter und Nachfrager<br />
sich hingegen in der gemeinsamen Über -<br />
zeugung begegnen, das Beste sei gerade<br />
gut genug, und damit eine Preisspirale in<br />
Bewegung halten. Der Sozialstaat lebt zu<br />
Lasten der Zukunft, räumt dem Bestehen -<br />
den vor Künftigem den Vorrang ein, mündet<br />
in einer sich ständig erhöhenden Staatsver -<br />
schuldung, also einer schon heute begrün -<br />
deten Steuererhöhung für die nachfolgen -<br />
de Generation.<br />
Demgegenüber muss der Staat heute ein -<br />
räumen, dass er zu viel versprochen hat. Er<br />
sichert jedem ihm anvertrauten Menschen<br />
die Zugehörigkeit zu unseren ökonomi -<br />
schen, rechtlichen und kulturellen Stan -<br />
dards, so dass niemand existentielle Not<br />
leidet. Im Übrigen aber entsinnt er sich des<br />
einfachen Grundprinzips, dass der Staat nur<br />
das sozial geben kann, was er vorher steuer-
lich genommen hat, dass also das Soziale<br />
am besten floriert, wenn immer mehr Men -<br />
schen aus eigener Kraft am Wohlstand teil -<br />
haben, sich in dieser Stärke auch die<br />
Schwa chen beteiligen und so die Ideale<br />
von Gerechtigkeit und Solidarität in der<br />
Erwerbsgemeinschaft annähern. Die<br />
wichtigste Sozialeinheit ist die Familie, der<br />
Garant allgemeiner Bedürfnisbefriedigung<br />
der private Unternehmer, der Förderer in -<br />
dividueller Freiheit und Vielfalt im Staat,<br />
der dem einzelnen Menschen Freiheit ga -<br />
ran tiert und ihn zur Freiheit befähigt.<br />
Montesquieu hat in seinem Buch “Der Un -<br />
tergang Roms” die Frage beantwortet, wa -<br />
rum eine so glanzvolle freiheitliche Demo -<br />
kratie wie die in Rom letztlich gescheitert<br />
ist. Er sieht die Ursache für den Nieder -<br />
gang in einem Staatssystem, das sich aus<br />
der Kriegsbeute finanzierte, den jungen<br />
Römern damit ein anstrengungsloses Ein -<br />
kommen versprach, also das erzieherische<br />
Band von eigener Leistung und Einkom men<br />
trennte und den Menschen vorspiegelte, sie<br />
brauchten die Familiengemeinschaft als<br />
verlässliche Sicherung gegen Krisen- und<br />
Notfälle nicht mehr.<br />
Wir haben heute glücklicherweise keine<br />
Kriegsbeute zu verteilen, wohl aber einen<br />
prall gefüllten – wenn auch vor Eingang<br />
der Erträge schon wieder entleerten –<br />
Staatshaushalt, neigen trotz verfassungs -<br />
rechtlichen Verbotes zu einer übermäßigen<br />
Staatsverschuldung, beuten unsere Fami -<br />
lien und damit die Garanten der Zukunft<br />
aus. Diese Entwicklung ist umkehrbar.<br />
Erste Voraussetzung dazu ist die Erkennt -<br />
nis der Fehlentwicklungen, die Bereitschaft<br />
zum entschiedenen Gegensteuern, Selbst -<br />
bewusstsein und Bürgerstolz, der Freiheit<br />
erst ermöglicht, damit Verantwortlichkeit<br />
für unsere Zukunft entfaltet.<br />
55
56<br />
Das <strong>Dräger</strong>werk –<br />
seit über 110 Jahren familiengeführt<br />
Theo <strong>Dräger</strong>, Vorsitzender des Vorstands,<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
ich begrüße Sie ganz herzlich zum zweiten<br />
Tag unseres Malenter Symposiums.<br />
Nachdem wir gestern in den Plenarvor trä -<br />
gen umfassend von Dr. Heraeus, Dr. Ruder,<br />
Prof. May und Prof. Späth aus unterschied -<br />
licher Sichtweise in das diesjährige Thema<br />
(“Mittelständische und familiengeführte Un -<br />
ternehmen in Deutsch land – Wege aus der<br />
Krise”) eingeführt wurden, wollen wir heute<br />
gemeinsam die Ursachen der gegen wärtigen<br />
Mittelstands misere analysieren und Lö sungsvorschläge<br />
erarbeiten.<br />
In drei parallel laufenden Arbeitskreisen<br />
werden uns heute folgende Schwerpunkte<br />
beschäftigen: die Finanzierung und För de -<br />
rung des Mittelstandes; Arbeitsrecht, Mit -<br />
bestimmung und Beschäftigung; und<br />
schließlich Steu errecht und Sozialsystem.<br />
Ich freue mich, dass wir für unser Sympo -<br />
sium Redner aus den Bereichen Wirt schaft,<br />
Politik und Wissenschaft gewinnen konnten<br />
und uns damit aus unterschied lichen Sicht -<br />
weisen mit der für unser aller Zukunft wichtigen<br />
Thematik befassen können.<br />
Bevor wir uns gleich in die Arbeitsgruppen<br />
begeben, möchte ich einführend einige<br />
Anmerkungen über das seit über 110 Jahren<br />
familiengeführte <strong>Dräger</strong>werk machen, dem<br />
ich in vierter Generation als Vorstands vor -<br />
sitzender vorstehe. In der Entwicklung des<br />
1889 gegründeten kleinen Laden- und<br />
Werkstattbetriebs “<strong>Dräger</strong> & Gerling” zum<br />
heutigen global operierenden Unter -<br />
nehmen mit rund 10 000 Mitarbeitern,<br />
Tochtergesellschaften in 40 Ländern und<br />
Repräsentanten in weiteren 150 Ländern<br />
gab es neben vielen Erfolgen auch immer<br />
wieder existenzielle Krisen, aus denen das<br />
Unternehmen gestärkt hervorging.<br />
Auch heute noch sind unsere Haupt absatz -<br />
gebiete die Sicherheitstechnik und die<br />
Medi zintechnik. Beim Umsatz im Jahr 2002<br />
von ca. € 1,3 Mrd. entfallen jeweils 2/3 auf<br />
die Medizin- und 1/3 auf die Sicherheits -<br />
technik. Die Gesellschaft <strong>Dräger</strong> Aerospace<br />
wurde im ersten Halbjahr 2003 verkauft im<br />
Rahmen unserer Fokussierung auf die<br />
Kerngeschäftsbereiche.
<strong>Dräger</strong> ist nach erheblichen Investitionen<br />
nunmehr in allen wichtigen Märkten ver -<br />
treten, wobei wir noch gewisse Defizite in<br />
der Marktbearbeitung in den USA und<br />
Asia Pacific sehen. Wir haben aber für<br />
diese Herausforderung, wie wir glauben, in<br />
der Strategie der Sparten klare Antworten.<br />
Fertigungsstätten befinden sich für Medi zintechnik-Produkte,<br />
neben dem Standort<br />
Lübeck, in Best/Holland, Telford und<br />
Danvers/USA als auch in Shanghai, für<br />
Produkte der Sicherheitstechnik in<br />
Blyth/UK, Pittsburgh und in Peking.<br />
Der <strong>Dräger</strong>-Konzern hat eine – wie wir glau -<br />
ben – effiziente Struktur. Die Holding-Ge -<br />
sellschaft der Gruppe ist die <strong>Dräger</strong>werk<br />
AG. Am Aktienkapital dieser Gesellschaft<br />
hält die Familie <strong>Dräger</strong> 50 % in Form von<br />
Stammaktien, die andere Hälfte des Ka pi -<br />
tals wurde emittiert in Form von stimm rechtlosen<br />
Vorzugsaktien. Diese werden an<br />
allen deutschen Börsen gehan delt und<br />
sind breit gestreut. Dr. Christian <strong>Dräger</strong>,<br />
der ehemalige Vorstandsvor sitzen de des<br />
Unternehmens, verfügt direkt bzw. in direkt<br />
über 100 % der Stimmen der stimm be rechtigten<br />
Stammaktien. Danach wird diese<br />
Position (dieses ist bereits erblich geord -<br />
net) zu 100 % auf seinen ältesten Sohn<br />
Stefan <strong>Dräger</strong> übergehen, der bereits als<br />
Vorstand Zentrale Aufgaben tätig ist. Dabei<br />
gibt es eine Familientradition, dass die Lei -<br />
tungsmacht im Unternehmen jeweils auf<br />
eine Person – in Übergangszeiten auf zwei<br />
Personen – der Familie konzentriert wird,<br />
die dann auch im Unternehmen tätig sein<br />
sollten. Insofern können Sie von der Aktio -<br />
närsseite klare Führungsverhältnisse unter -<br />
stellen. Sie können davon ausgehen, dass<br />
das operative Management nicht, wie gele -<br />
gentlich bei Familienunternehmen vorkom -<br />
mend, durch Querelen der Familienmitglie -<br />
der untereinander von der Fokus sierung<br />
auf das Geschäft abgelenkt wird. Diese<br />
Konstellation hat auch den Vorteil schneller<br />
Entscheidungen.<br />
Nun zur Struktur der <strong>Dräger</strong>-Gruppe im<br />
einzelnen:<br />
Aus einem Stammhaus-Konzern mit inte -<br />
grier ten Funktionen (Entwicklung, Ferti -<br />
gung, Verkauf, Finanzen, Personal) ist eine<br />
übersichtlich strukturierte Unternehmens -<br />
gruppe geworden mit der <strong>Dräger</strong>werk AG<br />
als Holding-Gesellschaft mit den Funktio -<br />
nen Gruppenstrategie, Gruppenfinanzie rung,<br />
Gruppencontrolling und einer Reihe weite -<br />
rer zentraler Funktionen und Dienstleistun -<br />
gen. Die beiden großen Teilkonzerne Si -<br />
cher heitstechnik und Medizintechnik sind<br />
aus Kapitalmarktgründen als AG & Co.<br />
KGaAs organisiert worden. In die beiden<br />
Obergesellschaften sind jeweils die zu ge -<br />
hörigen Tochtergesellschaften im In- und<br />
Ausland direkt eingebracht worden. Da ne -<br />
ben sind an die <strong>Dräger</strong>werk AG als Holding<br />
eine Reihe von konzerninternen Dienst -<br />
leistern und Lieferanten angehängt worden.<br />
Es ist die Politik der Familie <strong>Dräger</strong> und<br />
des Vorstandes, dass auch in der zukünfti -<br />
gen Entwicklung beide Gesellschaften als<br />
Spartengesellschaften mit Mehrheit im Un -<br />
ternehmensbesitz bleiben, da sie das Kern -<br />
geschäft repräsentieren.<br />
Die Form der KGaA wurde auch deswegen<br />
gewählt, weil beabsichtigt ist, zukünftiges<br />
Wachstum durch Emission von Kommanditaktien<br />
zu finanzieren. Die KGaA stellt auf -<br />
grund der Rechtsposition des Komplemen -<br />
tärs eine übernahmesichere Konstruktion<br />
dar. Damit wird der in den Unternehmens -<br />
grundsätzen verankerten Grundsatz, “die<br />
Unabhängigkeit und den Charakter des<br />
Familienunternehmens zu sichern”, han dels -<br />
rechtlich abgesichert.<br />
Die Schaffung der KGaAs, die erste Emis -<br />
sion von Vorzugsaktien im Jahre 1979 nach<br />
über 20jähriger Pause an der Deutschen<br />
Börse überhaupt und die erste Emission<br />
bör sennotierter aktienähnlicher Genuss -<br />
schei ne in Deutschland hat gezeigt, dass in<br />
der Gruppe eine Tradition und Know-how<br />
existiert, die Finanzierungsprobleme eines<br />
wachsenden Familienunternehmens mit<br />
unterschiedlichen – zum Teil neuartigen –<br />
Finanzierungsinstrumenten zu lösen.<br />
Damit ist bereits einiges zur langfristigen<br />
Strategie, nämlich Konzentration auf das<br />
Kerngeschäft in der Medizintechnik und<br />
Sicherheitstechnik, Finanzierung aus dem<br />
Kapitalmarkt und Erhaltung der Unab hängigkeit<br />
im Wege einer Mehrheitsbeteiligung<br />
gesagt. Bei der Strukturierung der Gruppe<br />
haben wir auch darauf geachtet, dass koali -<br />
tionsfähige Einheiten entstehen.<br />
In Ausführung dieser Strategie hat die<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG mit der Siemens AG eine<br />
Vereinbarung über Zusammenarbeit und<br />
die Bildung eines Joint Venture auf dem<br />
Gebiet der Medizintechnik abgeschlossen.<br />
Gegen Einbringung des gesamten Ge -<br />
schäfts bereiches Elektro-Medizin, d.h. die<br />
dem <strong>Dräger</strong>-Programm entsprechenden<br />
57
XIV<br />
58<br />
Arbeitsgebiete Monitoring, Beatmung und<br />
Narkose, hat die Siemens AG eine 35<br />
prozentige Beteiligung an der <strong>Dräger</strong><br />
Medical AG & Co. KGaA erhalten. Nach<br />
Erfüllung kar tell rechtlicher Auflagen, die<br />
die Arbeitsgebiete Beatmung und Narkose<br />
betreffen, ist die Integration der übergeben -<br />
en Arbeits gebiete ab dem 1. Juli 2003 voll -<br />
zogen worden. Die <strong>Dräger</strong> Medical AG &<br />
Co. KGaA ist nach dieser Transaktion,<br />
anders als jeder Konkurrent, in der Lage,<br />
die gesamte Patienten-Prozess kette von<br />
Notfall über Operations saal, Inten sivpflege,<br />
Station und Home Care abzu decken.<br />
An der <strong>Dräger</strong> Safety AG & Co. KGaA hält<br />
die <strong>Dräger</strong>werk AG 100 %, aber auch hier<br />
könnte ein Minderheitspartner im Wege<br />
einer Sacheinlage aufgenommen werden.<br />
Neben diesen finanziellen und strukturellen<br />
Grundsätzen nun zu den Unternehmens -<br />
zielen im allgemeinen. <strong>Dräger</strong> will in seinen<br />
Märkten zu den ersten drei Anbietern ge -<br />
hören. Dies ist zur Zeit bei ca. 70 % des<br />
Umsatzvolumens der Gruppe der Fall. Er -<br />
reichen wir dieses Ziel nicht, sind wir, wie<br />
auch in der Vergangenheit bereit, diese<br />
Aktivitäten zu verkaufen, zu schließen oder<br />
an einen Partner zu übergeben.<br />
Weiteres Unternehmensziel – und dies<br />
wird Sie insofern nicht überraschen, als es<br />
sich nicht von den Zielen anderer börsen -<br />
notierter Gesellschaften unterscheidet –<br />
ist es, den Unternehmenswert, insbeson de -<br />
re die Marktkapitalisierung, deutlich zu ver -<br />
bessern, was uns auch in den letzten bei den<br />
Jahren gelungen ist. Dazu gehört auch die<br />
Beachtung jener Grundsätze, wie sie neuer -<br />
dings im Deutschen Corporate Governance<br />
Kodex zusammengefasst worden sind.<br />
Über den Grundsatz der Bewahrung der<br />
Unabhängigkeit und des Charakters eines<br />
Familienunternehmens hatte ich bereits
ge sprochen. Ein weiterer Grundsatz ist:<br />
<strong>Dräger</strong> will weltweit ein exzellentes Unter -<br />
nehmen sein – Nummer 1 bei seinen Kun -<br />
den und attraktiv für seine Mitarbeiter. Als<br />
finanzielles Unternehmensziel ist definiert:<br />
Es soll eine Rendite von mehr als 20 %<br />
auf EBIT-Basis auf das eingesetzte Kapital<br />
erwirtschaftet werden. Im Jahre 2002 wurde<br />
eine EBIT-Rendite von 13,2 % erreicht.<br />
Die Stärken des Unternehmens liegen da -<br />
rin, dass wir in mehr als 100 Jahren unse -<br />
rer Geschichte in den meisten Arbeits ge -<br />
bieten Marktführerpositionen erreicht haben.<br />
Auch für einen sich konsolidieren den Markt<br />
haben wir die kritische Größe erreicht, um<br />
notwendige Entwicklungen zu finanzieren<br />
und eine aktive Rolle bei Akquisitionen zu<br />
spielen.<br />
<strong>Dräger</strong> wird ein Ruf für Zuverlässigkeit und<br />
hohe Qualität attestiert. <strong>Dräger</strong> hat gezeigt,<br />
dass es durch systematische Produkt inno -<br />
vationen in seinen Märkten neue Wege zei -<br />
gen kann und sich zum Teil seinen Markt<br />
selber schafft. Dies wird dadurch doku mentiert,<br />
dass wir in den letzten 10 Jahren mit<br />
einem Umsatzwachstum von 6 % zum Teil<br />
deutlich über dem Marktwachstum lagen.<br />
Zusammenfassend lässt sich zum Ist-Zu -<br />
stand sagen: Wir sind überzeugt, dass<br />
<strong>Dräger</strong> in Zukunftsmärkten tätig ist, wir<br />
haben hier eine führende Position. <strong>Dräger</strong><br />
hat auch die kritische Größe, aufwändige<br />
Neuentwicklungen zu finanzieren und sich<br />
aktiv am Konsolidierungsprozess, der in bei -<br />
den Spartenmärkten zu beobachten ist, zu<br />
beteiligen.<br />
Durch die Umstrukturierung des Unter neh -<br />
mens in den letzten Jahren haben wir uns,<br />
wie gesagt, auf die Sparten Sicher heits technik<br />
und Medizintechnik fokussiert. Durch<br />
die Schaffung von übernahmesiche ren ge -<br />
sellschaftsrechtlichen Strukturen haben wir<br />
Voraussetzungen auch für die externe Fi -<br />
nan zierung weiteren Wachstums geschaffen.<br />
Nun zu einer Zusammenfassung auf län -<br />
ge re Sicht:<br />
Von den 500 Unternehmen des breit ge -<br />
streuten Standard & Poor Index im Jahre<br />
1957 sind laut Ausweis dieses Index im<br />
Jahre 1997, also nach 40 Jahren, noch 77<br />
Unternehmen als selbständige Unter neh -<br />
men existent.<br />
Das <strong>Dräger</strong>werk hat es mit der Mehrheits -<br />
beteiligung der Familie <strong>Dräger</strong> auf 114 Jahre<br />
Selbstständigkeit gebracht.<br />
Ich glaube, es sind vier Hauptfaktoren, die<br />
dazu beigetragen haben:<br />
1. Fokussierung auf Arbeitsgebiete, die<br />
direkt oder indirekt mit Beatmung<br />
zusammenhängen und konsequentes<br />
Konzentrieren auf diese Marktnische.<br />
2. Innovationsführerschaft.<br />
Unter anderem gibt es bei <strong>Dräger</strong>, unge-<br />
wöhnlich für ein Unternehmen dieser<br />
Größenordnung, eine Grundlagenent-<br />
wicklung mit 30 Mitar beitern, die sich im<br />
Mittel 20 - 30 % ihrer Arbeits gebiete<br />
selbst aussuchen.<br />
3. Das Ressort Personal hat bei <strong>Dräger</strong><br />
immer eine herausgehobene Stellung<br />
gehabt. Auch in dem 100-Mann-Unter-<br />
nehmen der 20er Jahre gab es einen<br />
Personalleiter, der sich mit nichts ande-<br />
rem als mit Personal aktivitäten beschäf -<br />
tigte. Insgesamt hat es seit den 20er<br />
Jahren nur dreimal einen Wechsel in der<br />
Personaleitung gegeben.<br />
4. Familiendisziplin.<br />
Jeweils ein Mitglied der Familie hat eine<br />
klare Mehrheit im Unternehmen mit dem<br />
Effekt: klare Führungsstruktur, schnelle<br />
Entscheidungen, keine Ablenkung durch<br />
Familienquerelen und, wenn Sie die<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG als börsennotiertes Un-<br />
ter nehmen ansprechen, keine Über nah-<br />
me querelen.<br />
Meine Damen und Herren, ich spreche<br />
nicht von Patentrezepten. Die gibt es auf<br />
dem Themengebiet familiengeführtes Un -<br />
ternehmen nicht. Es ließen sich durchaus<br />
unterschiedliche andere Konzepte mit ei -<br />
nem positiven Endergebnis anführen. Um<br />
nur einige zu nennen: z.B. die Konzepte<br />
der Familien Heraeus, Freudenberg, Henkel<br />
und andere. Vielleicht habe ich Ihnen aber<br />
mit diesem kurzgefassten Statement die<br />
ei ne oder andere Anregung vermitteln<br />
können.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit<br />
und wünsche der Tagung der <strong>Dräger</strong>-<br />
<strong>Stiftung</strong> weiterhin einen guten Verlauf.<br />
59
60<br />
Zusammenfassende Betrachtung<br />
Prof. Dr. Peter May<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
zum Abschluss unserer Veranstaltung möchte<br />
ich den Versuch unternehmen, die wich -<br />
tigsten Erkenntnisse der beiden zurück lie -<br />
genden Tage zusammenzufassen. Dabei<br />
will ich versuchen, aus der Vielzahl der Ein -<br />
zelerkenntnisse eine Gesamtbotschaft her -<br />
aus zu kristallisieren. Leiten lassen möchte<br />
ich mich dabei von der Frage: Was habe<br />
ich persönlich als Erkenntnis aus diesem<br />
Malenter Symposium gewonnen?<br />
1. Unser Land befindet sich in einer tief -<br />
greifenden strukturellen Krise. In einer solchen<br />
Situation ist die politische Führung in<br />
einem besonderen Maße gefordert. Sie<br />
muss zum einen die notwendigen struk tu -<br />
rellen Veränderungen vornehmen, und zum<br />
anderen den Menschen das verlorenge gan -<br />
gene Vertrauen dafür zurückgeben, dass es<br />
zukünftig wieder besser wird. Ohne strukturelle<br />
Veränderungen wird es keine posi -<br />
tive Zukunft geben. Doch ohne den Glau ben<br />
an diese positive Zukunft wird den Men -<br />
schen die Bereitschaft fehlen, die notwen -<br />
digen Veränderungen mit ihren individuell<br />
durchaus negativen Auswirkungen mitzu -<br />
tragen. Wer den eingeforderten Ruck in<br />
un serer Gesellschaft initiieren will, muss<br />
einen wirtschaftspolitischen Paradigmen -<br />
wechsel initiieren. Anstatt den Gedanken<br />
der Verteilungsgerechtigkeit in den Mittel -<br />
punkt der Diskussion zu stellen (Stichworte:<br />
Vermögensabgabe für Reiche, Erhöhung<br />
der Erbschaftssteuer etc.), muss jetzt die<br />
Frage nach den richtigen Strategien für<br />
zukünftige Wohlstandsmehrung den Kern<br />
unserer Diskussionen ausmachen. Über die<br />
gerechte Verteilung eines größer werden -<br />
den Kuchens lässt sich nun einmal leichter<br />
und emotionsfreier diskutieren als über<br />
diejenige eines schrumpfenden. “Wir müs -<br />
sen wegkommen von einer Ethik des Ver -<br />
teilens zu einer Ethik des Vermehrens”, hat<br />
Thomas Selter von der ASU dies heute<br />
Mor gen in einem unserer Arbeitskreise ge -<br />
nannt - eine, wie ich finde, markante For -<br />
mulierung für meine erste wichtige Erkennt -<br />
nis aus diesem Malenter Symposium.<br />
2. Im Mittelpunkt einer auf Mehrung gerich -<br />
teten Politik muss der Mittelstand stehen.<br />
Denn mehr Wohlstand lässt sich nur durch<br />
mehr Beschäftigung erreichen. Wer aber<br />
mehr Menschen in Arbeit bringen will, muss<br />
zunächst diejenigen fördern, die Arbeit ge -<br />
ben können. Und das sind nun einmal zu -<br />
vorderst unsere mittelständischen Unter nehmen<br />
und Unternehmer.<br />
3. Ein zentrales Problem für den Wohl -<br />
stand in Deutschland ist, auch das wurde<br />
hier mehrfach betont, die zu hohe Staats -<br />
quote. Unser Staat ist längst zu einer ineffi -<br />
zienten Umverteilungsmaschinerie degene -<br />
riert. Viele Bürger haben aufgehört, für sich
selber zu sorgen. Sie, insbesondere die<br />
Men schen meiner Generation, erwarten vom<br />
Staat rundum versorgt zu werden und ach -<br />
ten dabei sorgsam darauf, dass sie aus dem<br />
System mehr herausholen als Sie einbe zahlen.<br />
Das Resultat ist ebenso folgerichtig wie<br />
zwingend: immer weniger staatlichen Ein -<br />
nah men stehen immer mehr staatliche Aus -<br />
gaben gegenüber. Abhilfe kann nur ein<br />
völliges Umdenken, eine neue Kultur der<br />
Selbstständigkeit schaffen. Im Grunde geönommen<br />
ist es eine einfache Gleichung:<br />
Ein Land mit einem starken Mittelstand ist<br />
ein starkes Land. Wie konnte es gesche hen,<br />
dass dieses Credo der Nachkriegsjahre bei<br />
uns so in Vergessenheit geriet? Lothar<br />
Späth hat es gestern Abend noch einmal<br />
drastisch formuliert: “Entweder wir bekom -<br />
men in den nächsten Jahren eine Elite, die<br />
Unternehmer werden will, oder dieses Land<br />
wird im Mittelmaß versinken”.<br />
4. Welche Rahmenbedingungen aber<br />
braucht eine solche neue Elite? Ein Pro -<br />
blem der bestehenden Mittelstandspolitik<br />
ist, dass sie allzusehr auf die Existenzgründungsförderung<br />
fokussiert, um nicht zu sa -<br />
gen, reduziert ist. Weitaus wichtiger aber<br />
ist, dass Rahmenbedingungen bereitge stellt<br />
werden, in denen die selbstständige Exis -<br />
tenz erfolgreich gedeihen kann. Andernfalls<br />
wird die Politik nur dazu führen, die Men -<br />
schen von der Arbeitslosenstatistik mit ei -<br />
ner geringen zeitlichen Verzögerung in die<br />
Insolvenzstatistik zu überführen.<br />
5. Ein wichtiger Aspekt guter Mittelstands -<br />
politik ist aber auch Standortattraktivität.<br />
Nur wenn Deutschland insgesamt ein attrak -<br />
tiver Standort für Unternehmer ist, kann es<br />
ein guter Standort für die Mittelständler un -<br />
Welche Rolle kann, welche muss Bundes -<br />
politik für die Förderung wirtschaftlicher und<br />
mittel ständischer Interessen in Zukunft spie -<br />
len? Wo sind die Grenzen der Einflusssphäre<br />
von Politik? Und welche Rolle spielen die<br />
Wirtschaft und deren Interessensvertreter?<br />
fragte Thomas Voigt die Teilnehmer der<br />
Podiumsdiskussion.<br />
Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Der Mittelstand muss im Mittelpunkt der<br />
deutschen Wirtschaftspolitik stehen. Das Ziel<br />
der Politik müssen Erleichterungen und Ent -<br />
lastungen der unternehmerischen Tätigkeit<br />
und die Schaffung von mehr Handlungs- und<br />
Entscheidungsspielräumen für diejenigen sein,<br />
die Arbeits- und Aus bildungsplätze in Deutschland<br />
schaffen sollen. 30 Milliarden Euro Büro -<br />
kratie kosten im Jahr für kleine und mittlere<br />
Unter nehmen sind ein Hemmschuh der<br />
deutschen Wirtschaftsentwicklung.<br />
Walter Hoffmann, MDB:<br />
Wer das Rückgrat unserer Wirtschaft stärken<br />
will, muss die richtigen Schwerpunkte setzen.<br />
Dies sind<br />
– die Absenkung der Steuer- und Abga ben -<br />
last der Unternehmen,<br />
– die Förderung von Existenzgründern und<br />
Kleinstunternehmen,<br />
– die Sicherung und Verbesserung der<br />
Finanzierung des Mittelstandes,<br />
– der Abbau von Bürokratie und aller<br />
unsinnigen Einschränkungen wirt schaft -<br />
licher Betätigung,<br />
– die Förderung der Berufsausbildung und<br />
die Bereitstellung qualifizierter Fachkräfte<br />
im Rahmen einer Initiative für mehr Bildung<br />
und Ausbildung,<br />
– eine Innovationsoffensive, die insbesondere<br />
Zukunftstechnologien fördert und für eine<br />
bessere Vernetzung der KMU mit der<br />
Forschung sorgt und<br />
– die Verbesserung und Verbreiterung der<br />
außenwirtschaftlichen Beziehungen angesichts<br />
der Tatsache, dass bei uns jeder<br />
fünfte Arbeitsplatz vom Export abhängt.<br />
Matthias Max Schön:<br />
Die Leistungsfähigkeit der Politik kann nur<br />
durch ihren “geordneten Rückzug” wiederher -<br />
gestellt werden. Hierzu braucht es einen ord -<br />
nungspolitischen Kompass, welcher der Politik<br />
gegenwärtig leider abhanden gekommen ist.<br />
Direktdemokratische Elemente auf Länderund<br />
kommunaler Ebene sollten verstärkt, auf<br />
Bundesebene überhaupt erst eingeführt wer -<br />
den, um die Entscheidungsmonopole der Par -<br />
lamente bzw. der Berufspolitiker zu brechen.<br />
61
62<br />
ter ihnen sein. Lothar Späth hat auch dies<br />
gestern Abend sehr eindringlich formuliert.<br />
Wir verbrauchen zu viel Geld in Einzelsub -<br />
ventionen und vernachlässigen die Investi -<br />
tionen in die Infrastruktur. Und als die ent -<br />
scheidenden Infrastrukturbereiche für den<br />
Wettbewerb in einer globalisierten Welt hat<br />
er dann erstens Forschung und zweitens<br />
Bildung bezeichnet. Dahin müssen unsere<br />
Gelder in der Zukunft fließen.<br />
6. Mehr noch als Standortattraktivität brau -<br />
chen unsere mittelständischen Familienun -<br />
ternehmen Chancengleichheit, um im Wettbewerb<br />
bestehen zu können. Dabei müs -<br />
sen wir Chancengleichheit in einem umfas -<br />
senden Sinn verstehen. Inländische Groß -<br />
unternehmen sind als Adressaten ebenso<br />
gemeint wie solche aus dem Ausland, aus -<br />
ländische Mittelständler oder Unternehmen<br />
im Einflussbereich der öffentlichen Hand.<br />
Aber auch im Verhältnis zu seinen Arbeit -<br />
nehmern und seinen Kunden, den Verbrauchern<br />
(Stichwort “Verbraucherschutz”),<br />
muss die Position des mittelständischen<br />
Un ternehmers gleichgewichtig ausgestaltet<br />
sein, um seine Überlebensfähigkeit zu si -<br />
chern. Hier ist in den vergangenen Jahren<br />
und Jahrzehnten manche Sünde begangen<br />
worden. Jetzt gilt es, diese zu korrigieren.<br />
Chancengleichheit beinhaltet aber auch den<br />
konsequenten Verzicht auf eigene Bevor -<br />
zugung. Der Mittelstand braucht kein Reser -<br />
vat. Er braucht keine Subventionen, er will<br />
sie auch gar nicht. Er will nur nicht, dass<br />
andere sie bekommen. Was er will und<br />
braucht, ist ein Umfeld, in dem er so für<br />
sich selber sorgen kann, dass er überlebt.<br />
7. Schließlich geht es darum, Selbststän dig -<br />
keit umfassend zu fördern. Die eingefor der -<br />
te neue Kultur der Selbstständigkeit<br />
bedeutet nichts Anderes, als dass der<br />
selbstständige, von staatlichen Leistungen<br />
möglichst unabhängige Mensch, zum kul tu -<br />
rellen Leitbild unseres Gemeinwesens er hoben<br />
wird. Es muss sich lohnen, selbst stän -<br />
dig zu sein, und es muss Spaß machen –<br />
auch wirtschaftlich. Nur dann werden wir die<br />
wirtschaftlichen und produktiven Kräfte in<br />
unseren Menschen entfesseln und in Rich -<br />
tung auf Wohlstandsmehrung kanalisieren.<br />
Einige wichtige Anregungen dazu wurden<br />
in den Plenarvorträgen und insbesondere<br />
in den Arbeitsgruppen und der Panel diskussion<br />
erarbeitet.<br />
Arbeitskreis “Steuern”<br />
Es ist in den letzten Tagen so häufig ge -<br />
sagt worden, dass ich mich kaum noch<br />
traue, es zu wiederholen: Das wahr schein -<br />
lich wichtigste Hemmnis für Wachstum und<br />
Wohlstand liegt im deutschen Steuerrecht<br />
begründet. Das deutsche Steuerrecht mit<br />
seiner Vielzahl von Steuerarten, Ausnah metatbeständen,<br />
Sonderregelungen, Erklä -<br />
rungspflichten und Wahlrechten ist zu kompliziert.<br />
Selbst Experten haben noch Schwie -<br />
rigkeiten, dieses Steuerrecht zu verstehen.<br />
Die Konsequenzen sind fatal; machen wir<br />
sie uns zum Schluss dieses Tages noch<br />
einmal bewusst: Die Höhe der von den Bür -<br />
gern und von den Unternehmern tatsäch -<br />
lich gezahlten Steuern differiert bei ver -<br />
gleichbaren Sachverhalten erheblich. Sie<br />
hängt in ganz maßgeblichem Umfang von<br />
der Wahl der für die unternehmerische<br />
Betätigung gewählten juristischen Form,<br />
von der Ausnutzung vorhandener Sonder -
egelungen und Ausnahmetatbestände und<br />
nicht zuletzt von der Qualität des steuer -<br />
lichen Beraters ab. Darin wird zurecht ein<br />
eklatanter Verstoß gegen das oben postu -<br />
lierte Gebot der Chancengleichheit gese -<br />
hen. Als Antwort darauf – auch davor dür -<br />
fen wir die Augen nicht verschließen –<br />
wählen nicht wenige den Weg in die Illega -<br />
lität. Steuerverkürzung ist zu einer Art<br />
Volkssport geworden und wird weithin als<br />
erlaubte Notwehrmaßnahme angesehen.<br />
Der Ehrliche ist der Dumme, zumal der<br />
Staat die durch Unehrlichkeit entstehenden<br />
Steuerausfälle durch höhere Steuern bei<br />
den Steuerehrlichen kompensiert und die<br />
be stehende Chancenungleichheit damit<br />
weiter vertieft.<br />
Ebenso gravierend ist die Fehlleitung des<br />
unternehmerischen Potentials. Im Gegen -<br />
satz zu ihren ausländischen Kollegen ver -<br />
wenden Unternehmer hierzulande nicht<br />
selten mehr Zeit und Kreativität auf die<br />
Optimierung ihrer steuerlichen Verhältnisse<br />
als auf die Befriedigung von Kundenwün -<br />
schen oder die Suche nach Marktchancen.<br />
“Die Menschen investieren in Partnerschaf -<br />
ten, deren Partner sie nie sehen, in Stand -<br />
orte, die sie nie betreten, und in Produkte,<br />
die sie nicht interessieren – nur um Steu -<br />
ern zu sparen”, so oder so ähnlich hat Paul<br />
Kirchhof dies gestern Abend plakativ und<br />
richtig formuliert. “Das ist Schwachsinn, das<br />
ist organisierter Schwachsinn”, hat Max<br />
Schön eben in der Podiumsdiskussion<br />
dazu – ich denke stellvertretend für uns<br />
Arbeitskreis Steuern<br />
Dr. Klaus Murmann:<br />
Unsere Wirtschaft befindet sich in einer<br />
tiefen Vertrauenskrise. Dieses Vertrauen<br />
kann nur zurückgewonnen werden, wenn<br />
die Politik mit eindeutigen und berechen -<br />
baren Sig nalen auf einen wachstums-<br />
und beschäftigungsfreundlichen Kurs ein -<br />
schwenkt. Hierzu zählt ganz zentral die<br />
Steuerpolitik. Sie ist mittlerweile zu einem<br />
reinen Einnahmeinstru ment degeneriert.<br />
Doch die Steuerschraube ist längst über -<br />
dreht. Je mehr sie angezogen wird, desto<br />
größer werden die Löcher.<br />
Dr. Carl-Heinz Heuer:<br />
Die Enttäuschung über die mangelnde<br />
Entschlusskraft, für richtig erkannte Re -<br />
formen auch umzusetzen, findet in der<br />
Bürgergesellschaft ihren Ausdruck in<br />
außerparlamentari schen Gruppen, heißen<br />
sie nun Initiative oder Bürgerkonvent. Der<br />
Eindruck einer blockierten Republik wird<br />
damit auch zu einer Krise des Parteien -<br />
systems, sollte es nicht insbe sondere den<br />
beiden großen Volksparteien gelingen,<br />
richtig erkannte Reformansätze durchzu -<br />
setzen. Eine Beibehaltung des gegen -<br />
wärtigen Sozial- und Steuersystems führt<br />
angesichts der bedrohlichen demografi -<br />
schen Entwicklung in die Organisation des<br />
Staats bankrotts zu Lasten der nachfolgen -<br />
den Generationen.<br />
Dr. Barbara Hendricks:<br />
Deutschland braucht weder Steuererhöhungen<br />
noch neue Steuern und erst recht<br />
keine Wiederbelebung alter Steuern wie<br />
z.B. der Vermögensteuer. Das Mittel der<br />
Wahl zur Kräftigung der immer noch schwa -<br />
chen Konjunktur lautet stattdessen:<br />
niedrige Steuer sätze bei weniger Ausnah -<br />
men. Im Interesse einer attraktiven, zugleich<br />
effektiven Besteu erung des mobilen Fak -<br />
tors 'Kapital' und damit größerer Steuer -<br />
gerechtigkeit stehen die vorgesehene<br />
'Brücke zur Steuerehrlichkeit', die kon se -<br />
quente Umsetzung der EU-Zins richtlinie<br />
und eine grundlegende Reform der natio -<br />
nalen Kapitalertragsbesteuerung, die der -<br />
zeit vorbereitet wird.<br />
63
Arbeitskreis Arbeit<br />
Thomas Selter:<br />
Zusätzlich zu der bisher aus unserem<br />
Grund gesetz abgeleiteten Ethik des Tei -<br />
lens (Eigen tum verpflichtet) benötigen<br />
wir eine Ethik des Vermehrens von Gütern<br />
und Leistungen. Die Ethik des Ver -<br />
mehrens schafft mehr Wohlstand für alle.<br />
Die Ethik des Teilens zerstört tendenziell<br />
immer die Substanz dessen, wovon sie<br />
lebt. Das gilt genauso für die Aus uferung<br />
des indivi duel len Arbeitsrecht und die<br />
Beschneidung von Verfügungsrechten<br />
über betriebliches Eigentum durch<br />
Mitbestimmung und Betriebsverfassung.<br />
64<br />
Jörg Mittelsten Scheid:<br />
Wenn es dem Unternehmen gut geht, geht<br />
es auch den Arbeitnehmern gut. Das Ar beit -<br />
nehmerinteresse darf nicht über dem<br />
Unter nehmerinteresse stehen. Ein Unter -<br />
nehmen ist kein gemeinnütziger Verein.<br />
alle – ausgerufen. Für eine auf Wachstum<br />
und Beschäftigung ausgerichtete Wirt -<br />
schafts- und Finanzpolitik ist eine grundle -<br />
gen de Reform des deutschen Steuerrechtes<br />
deshalb unumgänglich. Diese sollte unter<br />
dem Leitmotiv “Schluss mit Steuern durch<br />
Steuern” stehen und zu einer radikalen Ver -<br />
einfachung des bestehenden Systems füh -<br />
ren. Die aus unserer Sicht wichtigsten Maßnahmen<br />
hat der Arbeitskreis “Steuern” wie<br />
folgt formuliert:<br />
1. Wir brauchen kein Herumkurieren am<br />
bestehenden Einkommensteuersystem,<br />
son dern ein völlig neues Gesamtsystem:<br />
Einfachheit, Abschaffung der Steuersub -<br />
ven tionen, Abschaffung der unterschied -<br />
lichen Behandlung von Einkünften etc.<br />
2. Das Bundesverfassungsgericht hat<br />
bereits vor Jahren die Rechtsform neutrali -<br />
tät zum Verfassungsgebot erhoben. Diese<br />
Entscheidung ist bis heute nicht umgesetzt.<br />
Es ist an der Zeit, dies nachzuholen.<br />
3. Die Berater und die Betroffenen können<br />
mit dem gegenwärtigen System der Erbschaftssteuer<br />
(hier ist insbesondere an den<br />
40 %igen Bewertungsabschlag auf Be -<br />
triebsvermögen gedacht) leben. Aber dies<br />
gilt nur, sofern die Bewertungsbasis nicht<br />
geändert, d.h. nicht erhöht wird. Der Ar -<br />
beitskreis hat auch die Erwartung, dass<br />
unsere Politiker sich allen entsprechenden<br />
Änderungswünschen kraftvoll widersetzen.<br />
4. Die letzte Forderung betrifft das Sozial -<br />
versicherungsrecht. Im Streit zwischen Bür -<br />
gerversicherung und Kopfpauschale votiert<br />
die Arbeitsgruppe für das Kopfpauschalen-<br />
System.<br />
Nachdenken sollten wir schließlich auch<br />
über eine Anregung, die sich aus dem gestri -<br />
gen Vortrag von Herrn Dr. Ruder ableiten<br />
ließe. In der Schweiz, so Herr Dr. Ruder,<br />
werden Steuererhöhungen nicht vom Par -<br />
lament, sondern vom Wahlvolk beschlos sen.<br />
Kein Wunder also, dass in diesem Land<br />
die Steuern so viel niedriger sind als bei<br />
uns. Dass es dafür, wie Herr Dr. Ruder<br />
meinte, nur halb so viele Schwimm bäder<br />
und Bürgerhallen gibt, mag der Schweizer<br />
verschmerzen. Wir sollten diesen Ansatz
aufnehmen und das Steuer recht zu einem<br />
Anwendungsgebiet für mehr Basisdemo -<br />
kratie machen. Mehr noch: Ich meine, wir<br />
müssen dies tun, wenn wir ver hindern<br />
wollen, dass eine mögliche Reform in<br />
wenigen Jahren von auf Wiederwahl be -<br />
dachten Politikern erneut bis zur Unkennt -<br />
lichkeit verstümmelt wird.<br />
Arbeitskreis “Arbeit”<br />
Als weiteres Hemmnis für Wachstum und<br />
Wohlstand wurde von der zweiten Arbeitsgruppe<br />
das bestehende System der deut -<br />
schen Arbeits- und Sozialpolitik kritisiert.<br />
Zwar ist Deutschland als Sozialstaat ver -<br />
pflichtet, seinen Bürgern gleiche Zugangschancen<br />
zu wichtigen Ressourcen zu ge -<br />
währen und jenen Unterstützung zu geben,<br />
die aus eigener Kraft nicht ausreichend für<br />
sich und ihre Familien zu sorgen ver mögen.<br />
Aber längst nicht jede Wohltat, die unser<br />
Staat seinen Bürgern gewährt, lässt sich<br />
aus der sozialstaatlichen Verpflichtung ab -<br />
leiten. Vielmehr hat sich Deutschland zu<br />
einer gigantischen Umverteilungs ma schi ne -<br />
rie entwickelt, deren Maßstab immer sel te -<br />
ner soziale Bedürftigkeit und immer häu -<br />
figer die Durchsetzungskraft der hinter den<br />
Interessen stehenden Gruppierungen ist.<br />
Franz Böhm, einer der Begründer der or -<br />
do liberalen Schule, hat übrigens bereits<br />
1953 vorhergesagt, was 2003 traurige<br />
Wirklichkeit ist. “In einem Land, in dem es<br />
Sitte ist, dass Extrawürste für jeden ge bra -<br />
ten werden, der eine hinreichend große<br />
Faust besitzt, die er dem Parlament und<br />
der Regierung unter die Nase halten kann,<br />
muss es die Regierung zu ihrem Überle -<br />
bensinhalt machen, solche Extrawürste zu<br />
braten. Und die Staatskunst besteht dann<br />
genau darin, es so einzurichten, dass die<br />
Größe der Wurst immer genau der Größe<br />
der Faust angepasst ist, die das Koch -<br />
geschirr präsentiert”. Das Resultat ist der<br />
wirtschaftlich unmündige Bürger, der nicht<br />
in erster Linie für sich selbst sorgt, sondern<br />
erwartet, vom Staat versorgt zu werden.<br />
Gleiches gilt für das Arbeitsrecht. Zwar ist<br />
unbestritten, dass Bestimmungen zum<br />
Schutz der Arbeitnehmer verankert werden<br />
müssen. Ebenso wenig lässt sich jedoch<br />
leugnen, dass wir es mit dem Schutz der<br />
Arbeitnehmer in den vergangenen Jahr -<br />
zehnten übertrieben haben. Von Chancen -<br />
gleichheit zwischen Arbeitnehmer und<br />
Unternehmer kann im Bereich des Mittel -<br />
standes längst keine Rede mehr sein. Das<br />
deutsche Arbeitsrecht erdrosselt die mittel -<br />
ständischen Betriebe und reduziert damit<br />
die Chancen der Arbeitslosen, wieder in<br />
den Arbeitsprozess zurückzufinden. Im Er -<br />
gebnis wenden sich die überzogenen Ar -<br />
beitnehmerschutzrechte damit wieder ge -<br />
gen die Arbeitnehmer.<br />
65
Arbeitskreis Finanzierung<br />
Prof. Dr. Gerhard Prosi:<br />
Neue Finanzierungsinstrumente müssen<br />
dazu beitragen, die Krisenfähigkeit und<br />
damit die Risiko- und Innovationsfähigkeit<br />
eines mittelständischen Unternehmens zu<br />
erhöhen. Alle Förderung, die das nicht tut,<br />
ist für die Katz!<br />
Edgar Meister:<br />
Durch Basel II sollen die tatsächlichen Risi -<br />
ken der Banken bei der Bemessung des<br />
regulatorischen Eigenkapitals stärker<br />
berücksichtigt werden. Ganz vereinfacht<br />
gesagt: ein Kredit an Siemens sollte in der<br />
Kapitalunterlegung nicht ebenso behandelt<br />
werden wie ein Kredit an eine Firma, die<br />
kurz vor dem Konkurs steht. Wenn wir die<br />
Diskussion um Basel II, also um eine ob -<br />
jektivere Beurteilung der Risiken und damit<br />
der Bemessung des Eigenkapitals, schon<br />
vor 10 Jahren geführt hätten, wären wir<br />
jetzt eine ganze Ecke weiter. Viele der<br />
Probleme, die heute insbesondere mit der<br />
schwachen Kapitalausstattung mittelständi -<br />
scher kleiner Unternehmen verbunden sind,<br />
hätten wir nicht mehr.<br />
Dr. Peter Fleischer:<br />
Hausbanken schrecken häufig vor einem<br />
finanziellen Engagement bei Existenzgrün -<br />
dun gen zurück, da die Risiken bei Grün -<br />
66<br />
dun gen hoch und meist schwer einzu schät -<br />
zen sind, und die Rendite bei den meist<br />
relativ kleinen Volumina gering ist. Im<br />
Rahmen der Förde rung von Existenz grün -<br />
dungen geht die KfW-Mittelstandsbank<br />
diese spezifischen Finan zierungsprobleme<br />
der Gründer mit den Programmen Mikro-<br />
Darlehen und Startgeld aktiv an. Im Übrigen<br />
haben Unternehmen vier Aktionsfelder, um<br />
auf die Veränderungen im Bankensektor<br />
zu reagieren: sie können die Unternehmenssteuerung<br />
an die neuen Rating- Anforde -<br />
rungen anpassen, sie können alternative<br />
Finanzierungsmöglichkeiten prüfen, sie<br />
können die haftenden Mittel erhöhen, sie<br />
können die Beziehungen zu ihrer Hausbank<br />
neu ausrichten. Für Mittelständler gibt es<br />
jetzt ganz klar steigende Informations anfor -<br />
de rungen seitens der Kreditinstitute - auch<br />
der Hausbanken.<br />
Peter Jungen beklagt die große Angst<br />
vor der Selbstständigkeit in Deutschland.<br />
Auf die Frage ‘Würde Sie die Angst zu<br />
scheitern davon abhalten, ein Unterneh men<br />
zu gründen’, antworteten 52,9 % der Be fragten<br />
in Deutschland mit ja, in West euro pa<br />
im Schnitt 34 %, in den USA 20 %
Folgende konkrete Veränderungsvor schläge<br />
wurden von der Arbeitsgruppe präsentiert:<br />
1. Tarifverträge sollen zukünftig nur noch<br />
Richtlinienfunktion haben und nicht mehr<br />
verbindlich sein. Verbindliche Tarifverträge<br />
sind nicht mittelstandsgerecht, weil sie auf<br />
die Flexibilitätsbedingungen des Mittel -<br />
standes und die unterschiedlichen Produk -<br />
tivitäten keine Rücksicht nehmen.<br />
2. Mitbestimmung und Betriebsratspflicht<br />
sollen durch Schwellenwerte eingeschränkt<br />
werden. Unternehmen unter 20 Mitarbei -<br />
tern sollten von dieser Verpflichtung befreit<br />
werden. Denn was für Großunternehmen<br />
richtig ist, kann für kleine Unternehmen<br />
falsch sein, weil sie ein soziales, funktionie -<br />
rendes Gebilde sind, in das Fremdeinflüsse<br />
nicht hineingetragen werden sollten.<br />
3. Die durch die Arbeitsgerichte üblich ge -<br />
wordenen Abfindungen für entlassene Mit -<br />
arbeiter sind ebenso abzuschaffen wie die<br />
Sozialauswahl. Abfindungen sollen nur noch<br />
für außertarifliche Mitarbeiter gezahlt wer den<br />
oder zumindest steuerlich rückstellbar sein.<br />
4. Der Kündigungsschutz sollte wieder auf<br />
größere Betriebe über 20 Mitarbeiter re du -<br />
ziert werden, denn der Kündigungsschutz<br />
schützt nicht vor Kündigung und erhält die<br />
Betriebe nicht, sondern beutet sie aus.<br />
Arbeitskreis “Finanzierung und<br />
Förderung”<br />
In der Arbeitsgruppe, die sich mit dem<br />
The ma Finanzierung und Förderung be -<br />
schäftigt hat, wurde zwar nicht minder in -<br />
tensiv diskutiert, doch fiel es dort schwerer,<br />
Ergebnisse zu formulieren. Wahrscheinlich<br />
auch, weil das kein Thema ist, zu dem wir<br />
großartige Forderungen an die Politik stel -<br />
len sollten, sondern ein Problem, das wir<br />
am besten selber lösen. Wäre es nicht<br />
furchtbar, wenn dieser Markt zukünftig<br />
staatlich reglementiert würde oder wenn<br />
die Anforderungen für ein gutes Rating,<br />
zukünftig von staatlicher Seite verbindlich<br />
vorgestellt würden? Deshalb hat sich die<br />
Arbeitsgruppe darauf beschränkt, uns zwei<br />
zentrale Fragen mit auf den Weg zu geben:<br />
1. Brauchen wir besser funktionierende<br />
Märkte für Risikokapital, in denen sich<br />
Unternehmer (nicht nur Existenzgründer)<br />
und Investoren treffen können, um Ange -<br />
bot und Nachfrage besser als bisher auf -<br />
einander abzustimmen?<br />
2. Wie kann es gelingen, die Diskussion<br />
um Basel II endlich aus dem Allgemein-<br />
Grundsätzlichen und Politischen heraus -<br />
zubringen und konkret zu benennen,<br />
wel che Maßnahmen das mittelständische<br />
Un te r neh men ergreifen muss, um auch in<br />
Zu kunft ausreichend mit Kapital versorgt<br />
zu sein?<br />
Gestatten Sie mir zu guter Letzt eine per -<br />
sönliche Schlussbemerkung: Neben all dem<br />
Gesagten brauchen wir auch ein besseres<br />
Umfeld für Selbstständigkeit und Unter -<br />
nehmertum in Deutschland! Beide – der<br />
Unternehmer und der Selbstständige –<br />
genießen bis heute in Deutschland kein hohes<br />
Ansehen. Seit jeher gilt die Karriere im<br />
System hierzulande mehr als die Be grün -<br />
dung einer selbstständigen Existenz. Was<br />
früher der Offizier oder der hohe Beam te<br />
im Staatsdienst war, ist heute der Spitzen -<br />
manager im Großkonzern. Unter nehmer<br />
werden immer noch allzu gern als Ausbeuter<br />
angesehen, und mit Neiddiskus sionen<br />
gegen die angeblich Reichen lassen sich im<br />
politischen Meinungskampf bis heute nur<br />
allzu leicht Stimmen gewinnen – auch<br />
dieses Problem wurde von mehreren<br />
Rednern angesprochen. Wenn wir die<br />
Zukunft unseres Landes si chern wollen,<br />
müssen wir auch hier um denken. Konkret<br />
verbinde ich damit zwei Forderungen:<br />
1. Das Unternehmerbild in der Öffentlich -<br />
keit muss über Erziehung aktiv verändert<br />
werden. Selbstständigkeit muss als anzu -<br />
strebendes Lebensziel verstanden und in<br />
unseren Schulen und Hochschulen ver -<br />
mittelt werden.<br />
2. Ebenso muss das Verständnis für öko nomische<br />
Zusammenhänge stärker ge schult<br />
werden. Nur wer die Zusammen hän ge ver -<br />
steht, kann aktiv an den notwen digen<br />
Veränderungen mitwirken.<br />
3. Vielleicht sollten wir aber auch einmal<br />
darüber nachdenken, warum die politische<br />
Bedeutung des Mittelstandes in Deutsch -<br />
land bis heute so weit hinter seiner realen<br />
Bedeutung zurückbleibt. Wo ist die kraft -<br />
volle Interessenvertretung des Mittelstan -<br />
des? Warum engagieren sich so viele Un -<br />
ternehmer überhaupt nicht? Und warum<br />
gibt es beinahe ebenso viele Mittelstands -<br />
verbände wie politisch aktive Unterneh mer?<br />
Dabei ist uns doch allen bewusst, dass die<br />
politische Macht der Arbeitnehmervertre tungen<br />
in erster Linie mit der Effizienz ihrer<br />
Organisationen zusammenhängt.<br />
In diesem Sinne wünsche ich uns allen den<br />
Optimismus, die Leidenschaft, die Beharr -<br />
lichkeit und die Einigkeit, die notwendig<br />
sein werden, um die Dinge in die richtige<br />
Richtung zu bewegen.<br />
67
68<br />
Schlussvortrag<br />
Erfolgreiche Unternehmensführung<br />
in mittelständischen Betrieben aus<br />
Sicht der Banken und Finanzmärkte<br />
Nicolas R. Teller<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
hier in Lübeck, keine tausend Meter vom<br />
Buddenbrook-Haus entfernt, frage ich mich:<br />
Hat Thomas Mann jemals geahnt, dass er<br />
mit dem Sujet seines Romans ein zeitloses<br />
Phänomen beschrieben hat – zumal eines,<br />
das im 21. Jahrhundert Bestandteil von Ra -<br />
tingbögen der Banken sein wird? Ich meine<br />
das Generationen- und Nachfolge problem<br />
in mittelständischen Familienunter nehmen.<br />
Ich werde im Folgenden noch darauf<br />
zurückkommen.<br />
Meine Damen und Herren, Sie sehen schon:<br />
Dies wird nicht die übliche Rede über den<br />
neuen Baseler Eigenkapitalakkord, kein<br />
Seminar über Ausfallwahrscheinlichkeiten,<br />
Ratings und Eigenkapitalgewichtungen.<br />
Vielmehr will ich zeigen: Mit Basel II hält<br />
auch von Aufsichts wegen etwas in die<br />
Kreditwürdigkeitsprüfung und Konditionen -<br />
gestaltung Einzug, was von fortschrittlichen<br />
Kreditinstituten längst berücksichtigt wird.<br />
Dies ist die Qualität der Unternehmens -<br />
führung. Denn die sogenannten “weichen<br />
Fak toren” erhalten ein eigenes, höheres<br />
Gewicht. Im Rückblick erscheint das als<br />
logische Fol ge einer bisher unvoll kom me -<br />
nen Ent wick lung. Früher – sagen wir bis vor<br />
30 Jah ren – waren die Banken zu frie den,<br />
wenn sie mit den Inhabern und Ge schäfts -<br />
führern einmal im Jahr eine Bilanz – mög -<br />
lichst schon die des Vorjahres – anschauen<br />
konn ten. Ansonsten wurde bei einem guten<br />
Cognac “vertrauensbildende Unterhaltung”<br />
gepflegt. Die Achtziger Jahre waren da -<br />
gegen geprägt vom übertriebenen Glauben<br />
an “harte” Faktoren wie Kenn zahlen und<br />
“Maschinelle Bilanzanalyse” – was für sich<br />
genommen keine schlechten Instrumente<br />
sind. Sie allein reichen aber nicht aus für<br />
ein umfas sen des Bild vom Kreditnehmer,<br />
von seiner Strategie, seinen Plänen und<br />
Zukunfts aus sichten.<br />
Wenn also künftig nach Basel II im Rating -<br />
bogen auch die Qualität der Unternehmens -<br />
führung einen bedeutenden Platz einnimmt,<br />
ist das ein großer Fortschritt für die Kredit -<br />
wirtschaft. Es ist aber auch für Unterneh mer<br />
wie Unternehmen Chance und Anstoß, alle<br />
Verbesserungsmöglichkeiten in dieser Richtung<br />
zu nutzen. Denn so erhöhen sie ihre<br />
Kreditwürdigkeit und halten die Kredit -<br />
kosten niedrig.<br />
Ich will einmal versuchen, entlang dem<br />
Le benszyklus eines Unternehmens solche<br />
Mög lichkeiten aufzuzeigen. Wenn ich dabei
auf den einen oder anderen Splitter auf -<br />
merk sam mache, übersehe ich ausdrück lich<br />
nicht den Balken im eigenen Auge. Denn<br />
natürlich ist nur allzu bekannt, dass gerade<br />
die deutschen Kreditinstitute ihre beson de -<br />
ren Probleme haben – Probleme, die sie<br />
aber inzwischen erkannt und energisch<br />
angepackt haben.<br />
Hierzu gehört zumindest bei der Commerz -<br />
bank die ganz klare strategische Entschei -<br />
dung, sich als Mittelstandsbank zu positio -<br />
nieren. Wir bekennen uns ausdrücklich auch<br />
dazu, neue gute Adressen als Kunden ge -<br />
winnen zu wollen. Gerade dabei kommen<br />
uns unsere zahlreichen, in Jahrzehnten ge -<br />
wachsenen Kundenverbindungen zugute.<br />
Dadurch haben wir unter anderem einen<br />
großen Erfahrungsschatz dazu gesammelt,<br />
wie erfolgreiche Unternehmensführung bei<br />
unseren Kunden aussieht. Gestatten Sie<br />
mir daher, ein wenig aus dem Nähkästchen<br />
zu plaudern!<br />
Beginnen wir im Lebenszyklus ganz vorn.<br />
1. Unternehmer wird jemand, indem er ent -<br />
weder ein Unternehmen gründet oder in -<br />
dem er eines kauft. Oder – eigentlich noch<br />
besser – indem er eines erbt.<br />
Zunächst zum Existenzgründer. Es läge jetzt<br />
nahe, die üblichen Ausführungen über Grün -<br />
dungsfinanzierung und Venture Capital an -<br />
zubringen. Das ist nicht meine Absicht. Nur<br />
so viel: Mit dem Platzen der Börsen-Blase<br />
am damaligen Neuen Markt ist die Option<br />
“Börsengang” bis auf weiteres nahezu weg -<br />
gefallen. Doch nicht nur Privatanleger, son -<br />
dern auch viele Wagnisfinanzierer haben<br />
sich seither erschrocken abgewandt. Und<br />
Banken stehen weiterhin vor dem Dilem ma,<br />
dass sie als Fremdkapitalgeber solche hoch -<br />
riskanten Engagements im Grunde gar nicht<br />
eingehen dürfen – jedenfalls nicht bei den<br />
in Deutschland üblichen, viel zu geringen<br />
Margen.<br />
Basel II fordert für Eigenkapitalengage ments<br />
der Banken übrigens besonders hohe Ei -<br />
genkapitalunterlegungen von den Banken.<br />
Hier muss sich in den Richtlinienentwürfen<br />
dringend etwas ändern, sonst wird dieser<br />
Markt für Kreditinstitute völlig unattraktiv.<br />
Doch soweit private Anbieter wegen zu<br />
69
70<br />
schlechter Risiko-Ertrags-Verhältnisse hier<br />
keine ausreichenden Angebote zur Verfü -<br />
gung stellen, ist – wie bei jedem “Markt ver -<br />
sagen” – der Staat gefordert. Er sollte dann<br />
darüber nachdenken, ob er mit För dermitteln<br />
selbst ins Risiko geht. Das ist ord nungspoli -<br />
tisch unbedenklich, solange es auf Basis<br />
nachvollziehbarer, statistischer Da ten und<br />
genau festgelegter Förderziele geschieht.<br />
Die Kreditanstalt für Wiederauf bau und die<br />
Förderbanken der Länder finden hier eine<br />
sinnvolle, gesamtwirt schaft lich sogar<br />
dringend erforderliche Aufgabe.<br />
Selbstverständlich schätzt Basel II auch in<br />
diesem Bereich die kaufmännischen Fähig -<br />
keiten des Unternehmensgründers als wichtig<br />
ein – was ja im Grunde für jeden Kapi -<br />
talnehmer gilt. Daran hapert es aber oft.<br />
Denn ein “Doktor rer. nat.” vermag als hoch -<br />
befähigter Naturwissenschaftler, der viel -<br />
leicht sogar ein Patent entwickelt hat, mög -<br />
licherweise ein Unternehmen zu gründen<br />
und mit – sagen wir – fünf Mitarbeitern er -<br />
folgreich zu betreiben. Voraussetzung ist,<br />
dass ihm ein Profi bei der Erstellung des<br />
Geschäftsplans hilft und sich daraufhin ein<br />
Kapitalgeber findet. Aber nur allzu oft ver -<br />
liert er in der folgenden Wachstums- und<br />
Aufbauphase betriebswirtschaftlich den Bo -<br />
den unter den Füßen, wird leichtsinnig oder<br />
kümmert sich zu viel um die Forschung<br />
und zu wenig z.B. um die Liquidität und<br />
den Ertrag.<br />
Meine Damen und Herren, was lässt sich<br />
da tun? Echte Doppelbegabungen sind sel -<br />
ten. Es kommt daher entscheidend darauf<br />
an, dass möglichst früh nach der Grün -<br />
dungs phase entweder externer Rat zur<br />
Verfügung steht, beispielsweise von Kam -<br />
mern oder Verbänden. Oder es ist darauf<br />
zu achten, dass solches Wissen von außen<br />
ins – noch junge – Unternehmen geholt<br />
wird. Grundsätzlich aber sollte das “Einmal -<br />
eins der Betriebswirtschaft” zum festen<br />
Bestandteil gerade der naturwissenschaft -<br />
lichen Studiengänge und Ausbildungs -<br />
ange bote gehören. Wer operativ in der<br />
Unter nehmensführung tätig ist, muss also<br />
über das nötige Fach- und Praxiswissen<br />
verfügen. Das klingt zunächst trivial. Es ist<br />
aber kei nes wegs eine Selbstverständlichkeit,<br />
weder bei Existenzgründern noch in dem<br />
anderen, vorhin erwähnten Fall, bei den<br />
Er ben und Nachfolgern.<br />
Mein Damen und Herren, auch eine früh -<br />
zeitige, wohlgeordnete Unternehmensnach -<br />
folge wird im Lichte von Basel II an Bedeu -
tung gewinnen. Greise Patriarchen, die ihre<br />
Nachkömmlinge kurzhalten oder in macht -<br />
losen Unternehmensgremien “parken”, sind<br />
dem Unternehmensinteresse ebenso schädlich<br />
wie jene, die den “Junior” notfalls mit<br />
der Brechstange in die Unternehmens füh -<br />
rung hieven, auch wenn der Zahnmedizin<br />
studiert hat oder lieber Philosoph gewor -<br />
den wäre – wie z.B. Arthur Schopenhauer.<br />
Besser wäre es, der – zumindest früher<br />
noch oft so bezeichnete – “Filius” müsste<br />
sich – wie jeder Externe auch – in einem<br />
ordentlichen Bewerbungsverfahren für die<br />
Stelle qualifizieren. Er muss dazu gar kein<br />
amerikanisches MBA-Studium absolviert<br />
haben. Hierzulande in einem vergleich baren<br />
Unternehmen gesammelte, breite Praxis -<br />
erfahrung scheint mir persönlich manchmal<br />
sogar besser geeignet.<br />
Fest steht: Das Buddenbrook-Syndrom ist<br />
keineswegs eine Erfindung Thomas Manns.<br />
Einer jüngeren Untersuchung zufolge errei -<br />
chen zwar zwei Drittel aller Familienunter -<br />
nehmen erfolgreich die zweite Generation,<br />
aber nur 30 % die dritte und sogar nur ein<br />
Achtel der Unternehmen werden in vierter<br />
Generation geführt. Firmen wie Villeroy<br />
und Boch, die schon in der achten Gene ra -<br />
tion von Familienmitglie dern geleitet wer -<br />
den, sind die absolute Ausnahme. Leider<br />
trifft eben oft zu: “Der Vater erstellt’s, der<br />
Sohn erhält’s, dem Enkel zerfällt’s.”<br />
Meine Damen und Herren, einem Banker<br />
fällt es schwer – und er fühlt: es steht ihm<br />
eigentlich gar nicht zu –, den Chef und<br />
Patriarchen in solchen Fällen auf das un ge -<br />
löste Nachfolgeproblem hinzuweisen. Aber<br />
er wird es in Zukunft tun müssen – eben<br />
weil es ein Punkt unter vielen in der<br />
Unternehmensanalyse auf seinem Rating -<br />
bogen ist. Beispielsweise sind zerstrittene<br />
Familienstämme eine Gefahr für ein Unter -<br />
nehmen und daher jedem Kreditfachmann<br />
ein Graus.<br />
Nicht ungefährlich ist auch jener Senior-<br />
Chef, der sich zwar pro forma in den Auf -<br />
sichtsrat, den Beirat oder in die <strong>Stiftung</strong><br />
zurückgezogen hat, aber immer noch jeden<br />
Tag durch die Werkhalle streift, mit den<br />
Ar beitern und Angestellten spricht und da -<br />
bei die Autorität seines Nachfolgers –<br />
Tochter, Sohn oder Manager – nachhaltig<br />
untergräbt. Solche Fälle soll es geben.<br />
Zur rechten Zeit loslassen zu können ist<br />
also auch für Unternehmer eine Kunst.<br />
Entfremdung zwischen der Familie und<br />
dem Unternehmen muss dabei aber eben -<br />
so vermieden werden wie übertriebene<br />
Nähe und Gängelung. Eindeutig formulier -<br />
te Gesellschafterverträge oder ein Familienkodex<br />
– der Konzept, Philosophie und<br />
Ethik der Firma festhält – können hierbei<br />
helfen, ebenso ein gut besetzter Beirat, dem<br />
auch externe Fachleute angehören – wa rum<br />
nicht auch ein Bankenvertreter? Der muss<br />
nicht einmal von der Hausbank kommen,<br />
im Gegenteil: Branchenvergleichende Er -<br />
fahrungen und Anregungen eines “Außen -<br />
stehenden” ohne allzu viel finanzielle und<br />
persönliche Invol vierung sind oft sogar<br />
besser.<br />
2. Damit, meine Damen und Herren, bin<br />
ich mitten in den Problemen bestehender<br />
Unternehmen, also in Phase zwei des Le -<br />
benszyklus’. Denn die Beiratsfrage gehört<br />
zum großen Thema der Unternehmens -<br />
kontrolle im Mittelstand, zur “Corporate<br />
Governance”, wie es moderner heißt.<br />
Ich weiß: Die wenigsten mittelständischen<br />
Unternehmen wollen und können jemals<br />
direkt an den Kapitalmarkt gehen. Ich ge -<br />
höre auch nicht zu jenen, die dieses Ziel<br />
für unbedingt erstrebenswert für alle deut -<br />
schen Mittelständler halten. Auch hier diffe -<br />
renziere ich lieber. Und ich bin überzeugt:<br />
Für viele ist es besser, sich von den manch -<br />
mal übertriebenen Transparenzanfor derun -<br />
71
72<br />
gen der Börsen und Kapitalmärkte fernzu -<br />
halten.<br />
Es kann für ein mittelgroßes, innovatives<br />
Unternehmen sogar schädlich sein, wenn<br />
es Quartalsberichte veröffentlichen muss.<br />
Denn es kann z.B. schnell in Erklärungs -<br />
not stand kommen, nur weil es vorüber ge -<br />
hend den Forschungs- und Entwicklungs -<br />
aufwand hochgefahren hat, was notwen di -<br />
ger weise zulasten des ausgewiesenen<br />
Gewinns geht.<br />
Sofern und soweit also der direkte Kapital -<br />
marktzugang nicht ins Auge gefasst wird,<br />
stellt die Bankfinanzierung oft die einzige,<br />
aber auch die “klassische” Alternative dar.<br />
Hier jedoch kann und will ich – gerade mit<br />
Blick auf Basel II – eine zentrale Bedin gung<br />
für die künftige Kreditversorgung des Mit -<br />
telstands nicht verschweigen: Wenn die<br />
volle Unternehmenstransparenz nach außen<br />
vermieden werden soll, muss die Offenheit<br />
im Verhältnis zur Bank größer werden.<br />
Eine defensive Informationspolitik wird sich<br />
künftig unmittelbar in vorsichtigeren, also<br />
aus Unternehmersicht schlechteren Rating -<br />
einschätzungen niederschlagen. Beispiels -<br />
weise werden verspätete oder un vollstän -<br />
dige Unterlagen zu hartnäckigen Nachfra -<br />
gen Ihrer Bank führen – und zwar nicht,<br />
weil sie Ihnen übel mitspielen will, sondern<br />
weil es die Bankenaufsicht so ver langt, und<br />
weil es – ganz unabhängig da von – auch<br />
betriebswirtschaftlich mehr als vernünftig<br />
ist. Wenn Sie so wollen, wird Basel II eine<br />
Art Unternehmenskontrolle durch die<br />
Kreditgeber einführen. Sie wer den mit<br />
ihren Fragen – die freilich diskret und<br />
hinter verschlossenen Türen bleiben – eine<br />
gewisse Kontroll- und Beratungswir kung<br />
entfalten. Das sollte – wenn es richtig<br />
gehandhabt wird – auch den Eigentümern<br />
und Managern mittelständischer Betriebe<br />
willkommen sein und Nutzen stiften.<br />
Dabei wird der Schwerpunkt in Zukunft auf<br />
der vorausschauenden Unternehmensfüh -<br />
rung liegen. Denn die tägliche Praxis zeigt:<br />
Es gibt noch viel zu verbessern, gerade bei<br />
den Planungs- und Controllinginstrumen ten.<br />
Wer sich nur auf Vergangenheitszahlen<br />
verlässt und meint, auf Planungsinstru mente<br />
verzichten zu können, gleicht einem Auto -<br />
fahrer, der die Frontscheibe zugeklebt hat<br />
und sich nur über den Rückspiegel orien -<br />
tiert. Eine solche betriebswirtschaftliche<br />
Geisterfahrt muss früher oder später schief -<br />
gehen.<br />
Ich betone an dieser Stelle nochmals: Wir<br />
Banken haben in dieser Hinsicht in den<br />
letzten Jahren viel dazugelernt – und Lehr -<br />
geld gezahlt, gerade im vergangenen ITund<br />
Börsenboom.<br />
Doch weil Banken das größte Interesse an<br />
einem erfolgreichen deutschen Mittelstand<br />
haben, möchten wir Ihnen Stichworte wie<br />
die folgenden ans Herz legen:<br />
– Zum einen Früherkennungs- und Warn -<br />
systeme, wie sie das sogenannte<br />
KontraG, das “Gesetz zur Kontrolle und<br />
Transparenz im Unternehmensbereich”,<br />
für größere Firmen vorschreibt. Sie sind<br />
auch für den Mittelstand empfehlenswert<br />
– in angepasster Dimension, versteht sich.<br />
– Zum anderen liefert z.B. eine Sparten-<br />
rechnung Aufschluss darüber, mit welchen
Produktlinien oder sogar Einzelprodukten<br />
wie viel Geld verdient – oder ver lo ren<br />
wird. Ein Unternehmer, der nicht weiß,<br />
wo mit er Gewinn und womit er Verlust<br />
macht, kommt mir vor wie ein Kapitän,<br />
der zwar wunderbar Kurs halten kann,<br />
der sich aber erst viel zu spät wundert,<br />
warum so viele Leute unter Deck sind<br />
und Wasser pumpen, bevor der ganze<br />
Kahn am Ende möglicherweise auf hoher<br />
See jämmerlich untergeht.<br />
– Frühwarn- und Controlling-Systeme<br />
funktionieren allerdings nur, wenn es<br />
schließlich auch Planungsrechnungen<br />
gibt, die einen regelmäßigen, möglichst<br />
unterjährigen Soll-Ist-Vergleich erlauben.<br />
Das gilt für Kosten wie für Erträge, für<br />
Personalkapazitäten wie für Investitionen<br />
– z.B. zur Erneuerung des Maschinen-<br />
parks –, und ganz besonders für die Li-<br />
quidität. Wie viele Unternehmen sind<br />
schon gescheitert, nur weil sie ihre Liqui-<br />
dität vernachlässigt hatten! Unangemel-<br />
dete Überziehungen lassen bei jedem<br />
Kontoführer und Firmenkundenbetreuer<br />
die Alarmglocken schrillen.<br />
In prekären Situationen bewährt es sich,<br />
wenn man eine langjährige, stabile und ver -<br />
trauensvolle Beziehung zu einer Bank –<br />
oder einigen wenigen Banken – gepflegt<br />
hat. Die Hausbank kann mit gewisser Si -<br />
cherheit beurteilen, ob es sich um vorüber -<br />
gehende Schwierigkeiten, also um eine Art<br />
“Betriebsunfall” handelt, oder ob ein gravie -<br />
rendes, vielleicht sogar strukturelles Pro -<br />
blem vorliegt. Und sie wird dabei helfen,<br />
lös bare Probleme zu überstehen. Denn die<br />
Hausbank hat kein Interesse daran, dass<br />
ihr Kunde insolvent wird. Das aber geht –<br />
ich erwähnte es schon – nur auf Basis<br />
großer Offenheit und Trans parenz. Nur<br />
dann wird die Hausbank ihre – gesamt wirt -<br />
schaftlich nützliche und auch wissenschaft -<br />
lich nachgewiesene – “Versicherungs funk -<br />
tion gegen vorübergehende Unterneh menskrisen”<br />
wirklich wahrnehmen können.<br />
Die Versuchung, sehr viele Bankverbin dun -<br />
gen zu unterhalten – und bei Bedarf sogar<br />
gegeneinander auszuspielen –, hat also<br />
ihren Preis. Denn dann wird es unverhält -<br />
nismäßig schwer, eine solche Versiche -<br />
rungs funktion in Anspruch zu nehmen.<br />
Faires miteinander Umgehen in guten und<br />
schlechten Zeiten ist eine gegenseitige<br />
Erwartung von Kreditnehmer und Kredit -<br />
geber. Wenn die Sanierungsbereitschaft<br />
der Kreditinstitute in den letzten Jahren ge -<br />
litten hat, sind vor allem hier die Ursa chen<br />
zu suchen.<br />
Die Vorteile des Hausbankprinzips wieder -<br />
um kommen natürlich nur zum Tragen,<br />
wenn das Kreditinstitut seine Kunden noch<br />
persönlich kennt, und wenn über Finanzie -<br />
rungen nicht in weit entfernten “Kredit -<br />
fabriken” entschieden wird. Die Commerz -<br />
bank hat diesem Trend – trotz des enormen<br />
Kostendrucks, der auch auf uns lastet –<br />
bisher widerstanden. Nach wie vor unter -<br />
halten wir in Deutschland zwanzig Gebiets -<br />
filialen mit eigenständigen Kreditzentren.<br />
3. Mit dem Thema “Krisenauslöser” bin ich<br />
bei Phase drei im Lebenszyklus eines Un -<br />
ter nehmens, und zweifellos bei der schwie -<br />
rigsten: bei der Krise, die über Fortbestand<br />
oder Untergang, über Sanierung oder Li qui -<br />
dierung entscheidet.<br />
Auch hier gilt: Offenheit und rechtzeitiges<br />
Agieren des Unternehmens sind die Vor -<br />
aussetzung für jeden Rettungsversuch –<br />
und eine gewisse Gelassenheit. Denn die<br />
Bank ist in solchen Situationen gerade<br />
kein Feind, sondern ein natürlicher Verbün -<br />
deter. Sie will schließlich Kredit aus fälle so -<br />
weit wie möglich vermeiden.<br />
Ich werde Ihnen ein Beispiel nennen: Viele<br />
größere Kreditinstitute haben inzwischen<br />
besondere Abteilungen eingerichtet, die<br />
recht irritierende Namen wie “Spezial-<br />
Kreditmanagement” oder “Intensivbehand -<br />
lung” tragen. Die semantische Nähe zur<br />
Notfall-Medizin ist allerdings zutreffend.<br />
Denn es geht um nicht mehr und nicht<br />
weniger als um die Rettung von Unter neh -<br />
men, und das heißt auch: von Arbeits plätzen.<br />
Dabei muss der Spezialist in der Bank mög -<br />
lichst rasch einen vollständigen, ungeschönten<br />
Überblick über alle heutigen und künf -<br />
tigen Verbindlichkeiten erhalten, und zudem<br />
über alle übrigen Bankverbindungen. Das<br />
heißt: Lieber den Liquiditätsbedarf der<br />
nächsten Monate vorsichtig, also etwas<br />
73
74<br />
höher einschätzen, als etwas zu verschwei -<br />
gen und zu hoffen, dass schon “alles gut -<br />
gehen” wird. Denn nichts hasst ein Risikomanager<br />
der Bank in dieser Phase mehr als<br />
Überraschungen durch plötzliche Über -<br />
ziehungen, nach dem bereits Liquidität<br />
nachgeschossen wurde. Gut eingespielte<br />
Früherkennungs- und Planungssysteme<br />
erweisen sich üb ri gens – wenn sie schon<br />
die Krise nicht ver hindern konnten –<br />
spätestens zu diesem Zeitpunkt als beson -<br />
ders wertvoll. Ja, sie können sogar über<br />
den Fortbestand des Unternehmens ent -<br />
scheiden. Auf Basis ver lässlicher, offengeleg -<br />
ter Daten lässt sich auch ein Banken-Pool<br />
bilden, der die Ret tung organisiert.<br />
Umgekehrt lösen Heimlichtuerei und Her -<br />
umlavieren nach “Vogel-Strauß-Manier” nur<br />
allzu oft ein Windhundrennen der Banken<br />
aus, d.h. den schon aus früherer Zeit be -<br />
kannten “concursus creditorum”. Um we -<br />
nigs tens den gesunden Kern des Unter -<br />
neh mens – darunter auch soweit wie mög -<br />
lich das immaterielle Vermögen und die<br />
Arbeitsplätze – zu retten, kann zudem eine<br />
rechtzeitig und planvoll organisierte Insol -<br />
venz helfen. Denn das heutige Insol venz -<br />
recht stellt mit Insolvenzplanverfahren und<br />
übertragender Sanierung ein erwei ter tes<br />
Instrumentarium zur Verfügung, das der<br />
Unternehmenserhaltung den Vorrang vor<br />
der Zerschlagung gibt. Voraussetzung sind<br />
natürlich entsprechend befähigte Insol venz -<br />
verwalter. Hieran mangelt es aber oft noch,<br />
ebenso übrigens wie an wirtschaftlich be -<br />
schlagenen Insolvenzrichtern. Generell gilt,<br />
dass der Staat – Gesetzgeber, Rechtspre -<br />
chung wie Exekutive – noch eine Menge<br />
tun könnte, um Unternehmen in dieser<br />
schwie rigsten Phase ihrer Existenz zu<br />
helfen.<br />
Meine Damen und Herren, es muss wirk -<br />
lich alles getan werden, damit auch Eigen -<br />
kapitalinvestoren – also “Private Equity-<br />
Geber” – in Deutschland endlich mit Erfolg<br />
und in großem Umfang tätig werden kön nen.<br />
Oft streben sie übrigens gar nicht nach un -<br />
ternehmerischem Einfluss und kommen<br />
damit sogar der – immer noch verbreiteten<br />
– “Herr-im-Hause”-Mentalität des Mittel -<br />
stands entgegen. Aber auch gegenüber<br />
sol chen Finanziers sind – vergleichbar der<br />
Hausbankbeziehung – Mindestan forde run -<br />
gen an die Unternehmenstransparenz zu<br />
erfüllen, einschließlich einer klaren Strate gie<br />
und Planung.<br />
Eine ganz wesentliche Ursache für die eklatante<br />
Eigenkapitalschwäche des deutschen<br />
Mittelstands liegt zweifellos in steuerlichen<br />
Anreizen, die Fremdkapital bevorzugen.<br />
Aber in einigen Fällen hat auch eine aggres -<br />
sive oder wenigstens eine zu sorglose Ent -<br />
nahmepolitik mitgeholfen. Inzwischen ran -
XIV<br />
giert Deutschland im europäischen Ver -<br />
gleich der Eigenkapitalquoten hinter Frank -<br />
reich, Belgien und Spanien, ja sogar hinter<br />
Portugal.<br />
Meine Damen und Herren, auch eine aus -<br />
reichende Eigenkapitalquote wird künftig<br />
von Basel II als Zeichen vorsorgender Un -<br />
ternehmensführung positiv honoriert – und<br />
sie wird sich in niedrigeren Kreditzinsen niederschlagen.<br />
Doch ich will diesen Vortrag<br />
nicht zum be triebswirtschaftlichen Seminar<br />
umgestalten!<br />
4. Ich fasse daher wie folgt zusammen:<br />
Erstens: Basel II bringt einige Verbesse rungen<br />
in der Bankenaufsicht und in der Kreditvergabepraxis<br />
der Banken. Es liefert zu -<br />
gleich Chance und Anstoß für Verbesse run -<br />
gen im Mittelstand. Die wichtigsten Stich -<br />
worte sind Transparenz, Planung, Risiko -<br />
management.<br />
Zweitens bedarf es einer “Professionali sie -<br />
rung des Krisenmanagements” in den Un -<br />
ternehmen. Ziel muss es sein, der Sanie -<br />
rung und Fortführung Vorrang vor der Zer -<br />
schlagung zu geben. Dazu gehört, dass<br />
Banken und übrige Gläubiger, aber auch<br />
zusätzliche Spezialisten und zuletzt notfalls<br />
der Insolvenzverwalter rechtzeitig und um -<br />
fassend eingebunden werden. Dann ist der<br />
“Pleitier” in Deutschland endlich auch kein<br />
“Versager” mehr, sondern ein Unter nehmer,<br />
der es immerhin schon einmal – wenn auch<br />
erfolglos – mit der Selbständigkeit versucht<br />
hat.<br />
Denn das ist – drittens – meine wichtigste<br />
Botschaft: Wir brauchen eine – ja vielleicht<br />
seit hundert Jahren erstmals wieder eine<br />
neue – Unternehmer- und Gründerkultur in<br />
Deutschland. Hierzu ist vor allem ein “ge -<br />
sellschaftlicher Grundkonsens” darüber nö -<br />
tig, dass privates Unternehmertum ebenso<br />
wie breit gestreutes Produktiveigentum die<br />
Grundlage der Marktwirtschaft bilden.<br />
Diese kann nur dann sozial sein, wenn es<br />
attraktiv ist, etwas zu “unternehmen” und<br />
Risiken zu übernehmen. Dabei muss zu -<br />
dem ein ausreichender Gewinn erzielbar<br />
sein – und zwar nach Steuern. Als Bildungsziele<br />
müssen daher in den Lehrplänen der<br />
Schulen und Hochschulen wie in der<br />
beruf lichen Bildung die Bereitschaft zu<br />
Engage ment, Verantwortung, Kreativität<br />
und Lei stung verankert werden.<br />
Kenntnisse über die Funktionsbedin gun gen<br />
der sozialen Marktwirtschaft gehören heute<br />
zum Kanon der Allgemeinbildung, der möglichst<br />
früh zu vermitteln ist – mit modernen<br />
didaktischen Methoden wie “Übungsfir men”<br />
und Planspielen. Erfahrungsgemäß lernen<br />
junge Leute dabei deutlich mehr als im üb -<br />
lichen Frontalunterricht. Und sie entwickeln<br />
ein erstes Verständnis dafür, was es heißt,<br />
ein Unternehmen zu leiten.<br />
Meine Damen und Herren, Sie sehen:<br />
Impulse für die Unternehmensführung im<br />
Mittelstand zu geben, ist nicht nur ein An -<br />
liegen der Banken und ihrer Aufsichts -<br />
behörden. Es ist eine Aufgabe für uns alle!<br />
75
Ahlmann, Hans-Julius<br />
Büdelsdorf<br />
Ahlmann, Johanna<br />
Büdelsdorf<br />
Ahls, Peter<br />
Commerzbank AG Kiel<br />
Gebietsfilialleiter<br />
Kiel<br />
Andrae, Dr. Kathrin<br />
Hauptverband des Deutschen Einzelhandels<br />
Mittelstandsbeauftragte<br />
Berlin<br />
Arnold, Wolf<br />
Bundesverband mittelständische Wirtschaft<br />
Stellv. Landesgeschäftsführer Nord<br />
Hamburg<br />
Baader, Rudolf Fr.<br />
Schrauben-Köhler GmbH & Co.<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Lübeck<br />
Baer, Robert<br />
Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein<br />
Prokurist/Abteilungsleiter<br />
Kiel<br />
Bardusch, Helmut<br />
Bardusch & Gehrsitz<br />
VermögensverwaltungsGmbH<br />
Gesellschafter<br />
Ettlingen<br />
Beck, Christoph<br />
Tricon Unternehmensberatung<br />
Geschäftsführender Partner<br />
Berlin<br />
Behlau, Hans-Erich<br />
Unternehmensberater<br />
Stockelsdorf<br />
Bergmann, Dr. Matthias<br />
Allgemeine Privatkundenbank AG<br />
ALLBANK<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Hannover<br />
76<br />
Teilnehmerliste<br />
Blöcker, Hans-Werner<br />
Baugesellschaft Claus Alpen mbH<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Neustadt/Holstein<br />
Blomberg, Peter von<br />
Transparency International –<br />
German Chapter<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Köln<br />
Blunk, Dr. Michaela<br />
FDP-Kreisverband Lübeck<br />
Fraktionsvorsitzende<br />
Lübeck<br />
Bockholdt, Hans-Jürgen<br />
Bockholdt-Gruppe Dienstleistungs GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Boedecker, Jürgen M.<br />
Boedecker.Colleagues.<br />
Netzwerk für Strategie- und<br />
Kommunikationsberatung<br />
Senior Partner<br />
Hamburg<br />
Böttcher, Barbara<br />
Deutsche Bank Research<br />
Abteilungsdirektorin<br />
Frankfurt am Main<br />
Böttcher, Dr. Welf<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Leiter Unternehmenskommunikation<br />
Lübeck<br />
Bormann, Hans-Werner<br />
WSFB-Beratergruppe Wiesbaden<br />
Geschäftsführer<br />
Wiesbaden<br />
Bornmüller, Prof. Dr. Gerd<br />
Institut für Unternehmensberatung<br />
Vorstand Hamburg<br />
Boy, Dr. Frank<br />
Axxential Consulting AG<br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
Brüggen, Jochen<br />
H. & J. BRÜGGEN KG<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Lübeck<br />
Bruhn, Jörn<br />
FOXXConsult Jörn Bruhn<br />
Hamburg<br />
Brune, Mark<br />
Planungs- und Ingenieurbüro Ewald Brune<br />
Dipl.-Ing. Architekt und Stadtplaner<br />
Bremen<br />
Buhmann, Wolfgang<br />
Kieler Nachrichten<br />
Wirtschaftspolitischer Korrespondent<br />
Kiel<br />
Buhr, Jens de<br />
JDB mediapool GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Busch, Dr. Sibylle<br />
MTC Management + Technologie<br />
Consultants<br />
Hamburg<br />
Buschmann, Dr. Birgit<br />
Institut für Mittelstandsforschung,<br />
Universität Mannheim<br />
Geschäftsführerin<br />
Mannheim<br />
Cabos, Dr. Karen<br />
Fachhochschule Lübeck<br />
Lehrstuhlinhaberin<br />
Lübeck<br />
Christ, Angelika<br />
Verband der Wellpappen-Industrie e.V.<br />
Geschäftsführerin<br />
Darmstadt<br />
Cloos, Matthias<br />
Baubedarf Cottbus GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Kolkwitz
Cordes, Günter<br />
Ehlbeck & Cordes OHG<br />
Mitinhaber<br />
Schenefeld<br />
Czerwinski, Hans-Werner<br />
Bundesverband mittelständische Wirtschaft<br />
Landesgeschäftsführer Nord<br />
Hamburg<br />
Dargers, Torsten<br />
MainSkill Technologies GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Demuth, Klaus<br />
Dr. Demuth GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Katlenburg-Lindau<br />
Deters, Jürgen<br />
Pöppelmann GmbH & Co. KG<br />
Abteilungsleiter Controlling<br />
Lohne<br />
Diekmann, Johannes<br />
Pöppelmann GmbH & Co. KG<br />
Assistent der Geschäftsführung<br />
Lohne<br />
Dolzer, Prof. Dr. Dr. Rudolf<br />
Institut für Völkerrecht, Rheinische<br />
Friedrich - Wilhelms - Universität Bonn<br />
Direktor<br />
Bonn<br />
Donath, Renate<br />
Bundesverband deutscher<br />
Kosmetikerinnen<br />
Vorstand<br />
Hamburg<br />
<strong>Dräger</strong>, Dr. Christian<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
<strong>Dräger</strong>, Stefan<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
<strong>Dräger</strong>, Theo<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
Duske, Heiner<br />
E. DUSKE GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Witten<br />
Duske, Philipp<br />
E. DUSKE GmbH & Co. KG<br />
Witten<br />
Eberhard, Hans-Jürgen<br />
Consultant<br />
Lübeck<br />
Eckmann, Dieter<br />
Eckmann Handelsgesellschaft mbH<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Düsseldorf<br />
Ehlers, Thomas<br />
Lübecker Nachrichten GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Eisenblätter, Dr. Bernd<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Technische Zusammenarbeit GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Eschborn<br />
Empen, Eric<br />
Hartmann & Partner<br />
Finanzmanagement GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Rendsburg<br />
Erdmenger, Dr. Katharina<br />
Deutscher Gewerkschaftsbund<br />
Referatsleiterin<br />
Berlin<br />
Feddersen, Prof. Dr. Dieter<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
Fischer, Jens<br />
Fischer & Partner<br />
Geschäftsführer<br />
Berlin<br />
Fischer, Manfred<br />
Welt am Sonntag<br />
Redakteur<br />
Berlin<br />
Fleischer, Dr. Peter<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Bonn<br />
Flemming, Lorenz<br />
MTC Management +<br />
Technologie Consultants<br />
Hamburg<br />
Foit, Benedikt<br />
Mittenberg<br />
Foit, Josef Paul<br />
Gottlob Volkhardtsche<br />
Druckerei GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Amorbach<br />
Freers, Joachim<br />
Gebr. Leffers GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Oldenburg<br />
Fuchs, Prof. Dr. Andreas<br />
Institut für Mittelstandsfragen Osnabrück,<br />
Universität Osnabrück<br />
Direktor<br />
Osnabrück<br />
Gerken, Dr. Lüder<br />
<strong>Stiftung</strong> Marktwirtschaft<br />
Vorstand<br />
Berlin<br />
Gries, Dr. Werner<br />
Ministerialdirektor a.D.<br />
Bonn<br />
Grunenberg, Michael R.<br />
Grunenberg Training & Consulting GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Günther, Matthias<br />
NDR Studio Lübeck<br />
Lübeck<br />
77
Günther, Matthias<br />
Nordrei Dienstleistungen und<br />
Umwelttechnik GmbH<br />
Kaufmännische Abteilung<br />
Hamburg<br />
Gutmann, Joachim<br />
Comm'on Gesellschaft für Kommunikation<br />
und Medienberatung mbH<br />
Geschäftsführer<br />
Köln<br />
Haeften, Jan von<br />
von Haeften & Co.<br />
Hamburg<br />
Haenel, Manfred<br />
FMN communications GmbH<br />
Sonderbeauftragter<br />
(Mehrheitsgesellschafter)<br />
Hildesheim<br />
Halbedel, Wolfgang<br />
Senator für Wirtschaft und Soziales<br />
Lübeck<br />
Hamer, Prof. Dr. Eberhard<br />
Mittelstandsinstitut Niedersachsen e.V.<br />
Wissenschaftlicher Leiter<br />
Bundesarbeitsgemeinschaft Mittelstands -<br />
forschung<br />
Präsident<br />
Hannover<br />
Hartmann, Dietmar<br />
Hartmann & Partner<br />
Holding GmbH & Co. KG<br />
Inhaber<br />
Rendsburg<br />
Hautz, Dr. Uwe<br />
C. Mackprang jr. GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Hellstern, Peter<br />
Sternplastic Hellstern GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Villingen-Schwenningen<br />
Hendricks, Dr. Barbara<br />
Bundesministerium der Finanzen<br />
MdB, Parl. Staatssekretärin<br />
Berlin<br />
78<br />
Henze, Knut<br />
Steuerberaterkammer Schleswig-Holstein<br />
Geschäftsführer<br />
Kiel<br />
Heraeus, Dr. Jürgen<br />
Heraeus GmbH<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />
Hanau<br />
Hermann, Wulf<br />
IHK Lübeck<br />
Geschäftsführer Recht und Fair Play,<br />
Stellv. Hauptgeschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Herrmann, Gerd<br />
Bundesverband für Gerüstbau<br />
Geschäftsführer,<br />
Landesbevollmächtigter für Hamburg<br />
Hamburg<br />
Hesselbach, Georg F.<br />
INTERPANE MAN + Fin AG<br />
International Glas AG<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />
Meggen, Schweiz<br />
Hettich, Dr. Andreas<br />
Hettich Management Service GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Kirchlengern<br />
Heuer, Dr. Carl-Heinz<br />
Heuer & Partner – Rechtsanwälte<br />
Rechtsanwalt<br />
Frankfurt am Main<br />
Hinz, Olaf<br />
Strametz & Partner GmbH<br />
Leiter der Niederlassung<br />
Hamburg<br />
Hoffmann, Walter<br />
SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag<br />
MdB, Mitglied der Arbeitsgruppe<br />
Wirtschaft und Arbeit<br />
Berlin<br />
Holzgreve, Thomas<br />
<strong>Dräger</strong> Safety AG & Co. KGaA<br />
Vorstand<br />
Lübeck<br />
Hoyningen-Huene,<br />
Prof. Dr. Gerrick Freiherr von<br />
Juristische Fakultät, Ruprecht-Karls-<br />
Universität Heidelberg<br />
Prodekan<br />
Heidelberg<br />
Hübener, Bernd<br />
Hübener Consulting<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Iken, Matthias<br />
Die Welt<br />
Korrespondent<br />
Hamburg<br />
Inzelmann, Ulf Ch.<br />
Umco Umweltconsult GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Jaksch, Roland<br />
<strong>Dräger</strong> Medical AG & Co. KGaA<br />
CFO<br />
Lübeck<br />
Janssen, Stefan<br />
Sal. Oppenheim Jr. & Cie. KGaA<br />
Köln<br />
Jugel, Prof. Dr.-Ing. Albert<br />
<strong>Dräger</strong> Safety AG & Co. KGaA<br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
Junge, Axel<br />
Konditorei Junge GmbH & Co. KGaA<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Jungen, Peter<br />
Peter Jungen Holding GmbH<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Köln<br />
EBAN European Business Angels<br />
Network<br />
Präsident<br />
Brüssel, Belgien<br />
Katte, Dr. Christoph von<br />
Rechtsanwalt<br />
Kamern
Kimmich, Martin<br />
WSI – Hans-Böckler-<strong>Stiftung</strong><br />
Doktorand<br />
Düsseldorf<br />
Kirchdörfer, Rainer<br />
Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz<br />
Partner<br />
Stuttgart<br />
Kirchhof, Prof. Dr. Paul<br />
Institut für Finanz- und Steuerrecht,<br />
Ruprecht - Karls - Universität Heidelberg<br />
Direktor<br />
Heidelberg<br />
Kliment, Cornelia<br />
Institut für Familienunternehmen,<br />
Universität Witten/Herdecke<br />
Fundraising<br />
Witten<br />
Koepff, Antje G.<br />
Gelinova GmbH<br />
Rechtsanwältin<br />
Heidelberg<br />
Koepff, Dr. Karin<br />
Gelinova GmbH<br />
Berater<br />
Heidelberg<br />
Köhler, Hajo<br />
IKB Deutsche Industriebank AG;<br />
Niederlassung Norddeutschland<br />
Niederlassungsleiter<br />
Hamburg<br />
Korsch, Marija<br />
B. Metzler seel. Sohn & Co. Holding AG<br />
Partner<br />
Frankfurt am Main<br />
Kostal, Andreas<br />
UWH-Forschungsgesellschaft mbH<br />
Organisator<br />
Witten<br />
Krämer, Clemens<br />
Wirtschaftsjunioren Deutschland<br />
Mitglied des Bundesvorstandes<br />
Berlin<br />
Krause, Dietmar<br />
MKB Mittelstandskreditbank AG<br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Hamburg<br />
Kreuter-Kirchhof, Charlotte<br />
Institut für Völkerrecht der Rheinischen<br />
Friedrich - Wilhelms - Universität Bonn<br />
Wissenschaftliche Assistentin<br />
Bonn<br />
Kritten, Johannes<br />
Pegasus GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Windhagen<br />
Kroemer, Thomas<br />
Niedersächsisches Ministerium<br />
für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />
Abteilungsleiter Mittelstand<br />
Hannover<br />
Krückemeyer, Reinhard<br />
Landesverband Großhandel-Außenhandel<br />
Präsident<br />
Wilnsdorf<br />
Krumsiek, Jörg Eduard<br />
Deutsche Bank <strong>Stiftung</strong> Alfred Herrhausen<br />
Hilfe zur Selbsthilfe<br />
Geschäftsführer<br />
Frankfurt am Main<br />
Kunze, Bernhard<br />
GKSS-Forschungszentrum GmbH<br />
Leiter der Stabsstelle Innenrevision<br />
Geesthacht<br />
Lambert, Martin<br />
Deutscher Sparkassen-<br />
und Giroverband<br />
Referent für Mittelstand<br />
Berlin<br />
Lange, Klaus<br />
Kapitän<br />
Lübeck<br />
Lehmann, Dietmar<br />
BWE Bauwerkserhaltung AG<br />
Vorstand<br />
Hamburg<br />
Lehmann, Ilona<br />
BWE Bauwerkserhaltung AG<br />
Controlling<br />
Hamburg<br />
Lein, Klaus-Martin<br />
Universität Witten/Herdecke<br />
Lehrstuhl für gesamtwirtschaftliche<br />
und institutionelle Entwicklung<br />
Witten<br />
Liebke, Ralph P.<br />
AON JAUCH & HÜBENER GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Liebrecht, Christian<br />
Kurt Liebrecht GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Lage<br />
Luger, Dr. Reinhard<br />
Coherent Lübeck GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Lundt, Albert<br />
Ernst Russ GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Mainz, Wolfgang<br />
Bund Junger Unternehmer;<br />
Kronenbrot KG Franz Mainz<br />
Mitglied des Bundesvorstandes<br />
Würselen/Aachen<br />
Marx, Dr. Franz-Peter<br />
TE Technology Engineers<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Mathai-Davis, Dr. Wallace<br />
Mercantile Bankshares Corp.<br />
Former Member of the Board of Directors<br />
Baltimore, Maryland, USA<br />
Matwejew, Wladimir P.<br />
Botschaft der Russischen Föderation<br />
Gesandter – Botschaftsrat<br />
Handels- und Wirtschaftsbüro<br />
Leiter<br />
Berlin<br />
79
May, Prof. Dr. Peter<br />
INTES Akademie für<br />
Familienunternehmen GmbH<br />
Gründer und Geschäftsführer<br />
Bonn<br />
Meißner, Heidelore<br />
Interessengemeinschaft für<br />
Kleinunternehmen und Selbständige e.V.<br />
Stellvertretende Vorsitzende<br />
Malente<br />
Meister, Edgar<br />
Deutsche Bundesbank<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Frankfurt am Main<br />
Meyer, Bernd<br />
HKL Baumaschinen GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Meyer-Grünefeldt, Dr. Werner<br />
Commerzbank AG Lübeck<br />
Leitung<br />
Lübeck<br />
Mittelsten Scheid, Dr. Jörg<br />
Vorwerk & Co.<br />
Persönlich haftender Gesellschafter<br />
Wuppertal<br />
Moock, Hans J.<br />
EQT Partners Beteiligungsberatung GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
München<br />
Müller, Dr. Dierk<br />
American Chamber of Commerce in<br />
Germany General Manager<br />
Frankfurt am Main<br />
Müller, Wolfgang<br />
MÜLLER Umwelttechnik GmbH & Co. KG<br />
Technischer Geschäftsführer<br />
Schieder-Schwalenberg<br />
Murmann, Dr. Klaus<br />
Sauer-Danfoss Inc. Chairman<br />
Neumünster<br />
80<br />
Neudel, Michael<br />
Neudel Verpackungen GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Neckarbischofsheim<br />
Nieuwenburg-Liebherr, Frederika<br />
Bundesverband deutscher Kosmetikerinnen<br />
Landesbeauftragte Norddeutschland<br />
Hamburg<br />
Nölke, Stefan<br />
Gebr. Nölke GmbH & Co. KG<br />
Unternehmer<br />
Versmold<br />
Nolte, Maren<br />
Nolte möbelindustrie<br />
Holding GmbH & Co. KGaA<br />
Gesellschafterin<br />
Germersheim<br />
Odefey, Dr. Andreas M.<br />
BPE Private Equity GmbH<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Hamburg<br />
Ohoven, Mario<br />
Bundesverband mittelständische<br />
Wirtschaft – Unternehmerverband<br />
Deutschland e.V.<br />
Präsident<br />
Berlin<br />
Oldenburg, Henning<br />
Deutsche Bank AG, Marktgebiet<br />
Schleswig-Holstein, Lübeck/Kiel<br />
Leiter Corporate & Investment Bank<br />
Lübeck<br />
Paasch, Jens-Uwe<br />
ACO Severin Ahlmann GmbH & Co. KG<br />
Kaufmännischer Leiter<br />
Büdelsdorf<br />
Peter, Kurt<br />
Pumpenfabrik Wangen GmbH<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Wangen<br />
Petersen, Aslak<br />
McKinsey & Company Inc.<br />
Hamburg<br />
Pfeifer, Dr. Helmuth<br />
Possehl-<strong>Stiftung</strong><br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
Pissulla, Petra<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
Direktorin<br />
Lübeck<br />
Prescher, Holger<br />
MainSkill GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
Prinz, Detlef<br />
Prinz Medien<br />
Inhaber<br />
Berlin<br />
Prosi, Prof. Dr. Gerhard<br />
Mittelstandsinstitut Schleswig-Holstein e.V.<br />
Wissenschaftlicher Beirat<br />
Altenholz<br />
Putlitz, Prof. Dr. Gisbert Freiherr zu<br />
Gottlieb Daimler- und Karl Benz-<strong>Stiftung</strong><br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Ladenburg<br />
Putz, Volker<br />
Putz & Partner Unternehmensberatung AG<br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Hamburg<br />
Rauschen, Mark<br />
Lengermann + Trieschmann,<br />
Textil-Kaufhaus<br />
Prokurist<br />
Osnabrück<br />
Reichel, Gerd-Rüdiger<br />
Wirtschaftsministerium<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Abteilungsleiter Wirtschafts- und<br />
Strukturpolitik, Technologie, Energie<br />
Schwerin<br />
Reim, Dr. Wolfgang<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Lübeck
Richter, Friedrich<br />
<strong>Dräger</strong> Medical<br />
Beauftragter des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
Rohr, Joachim<br />
Bankenverband Schleswig-Holstein e.V.<br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Kiel<br />
Roth, Wolfgang<br />
Europäische Investitionsbank Vizepräsident<br />
Luxemburg, Luxemburg<br />
Ruder, Dr. Franz<br />
Underberg AG<br />
Direktor<br />
Dietlikon, Schweiz<br />
Rüscher, Manfred<br />
Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag<br />
Redakteur<br />
Lübeck<br />
Schade, Susanne<br />
Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />
Uelzen mbH<br />
Geschäftsführerin<br />
Uelzen<br />
Schiering, Klaus<br />
Lübeck<br />
Schindlbeck, Klaus<br />
friendly sensors AG<br />
Vorstand Finanzen<br />
Jena<br />
Schinzel, Horst<br />
HS-Kulturkorrespondenz<br />
Freier Journalist<br />
Eutin<br />
Schneider, Bastian<br />
NOHETO! GmbH & Co. KG.<br />
Unternehmens- und Managementberatung<br />
Partner<br />
Witten<br />
Schön, Matthias Max<br />
MAX SCHÖN AG<br />
Mitglied des Aufsichtsrates<br />
Arbeitsgemeinschaft Selbständiger<br />
Unternehmer e.V. (ASU)<br />
Präsident<br />
Lübeck, Berlin<br />
Schulz, Dr. Dietrich<br />
L. Possehl & Co. mbH<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />
Lübeck<br />
Schulz, Reimund<br />
Famos Projekt GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Korschenbroich<br />
Schwarz, Heinz-Werner<br />
BWE Bauwerkserhaltung AG<br />
Dipl.-Ing.<br />
Hamburg<br />
Schweneker, Carsten<br />
EBERO GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Köln<br />
Seiboth, Sigurd<br />
Interessengemeinschaft für<br />
Kleinunternehmen und Selbständige e.V.<br />
Geschäftsführer<br />
Malente<br />
Seiler, Michael<br />
Gebrüder Dorfner GmbH & Co.,<br />
Kaolin- u. Kristallquarzsand-Werke KG<br />
Kfm. Geschäftsführer<br />
Hirschau<br />
Selter, Thomas<br />
Gustav Selter GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Arbeitsgemeinschaft Selbständiger<br />
Unternehmer e.V. (ASU),<br />
Mitglied des Bundesvorstandes<br />
Altena, Berlin<br />
Selzer, Hans-Joachim<br />
Selzer Fertigungstechnik GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Driedorf<br />
Skubsch, Ulrich<br />
USK-Consult GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Scharbeutz<br />
Solms, Dr. Hermann Otto<br />
FDP-Bundestagsfraktion<br />
MdB, Vizepräsident des<br />
Deutschen Bundestages,<br />
Berlin<br />
Sollors, Guido M.<br />
Berenberg Bank<br />
Generalbevollmächtigter<br />
Hamburg<br />
Späth, Prof. Dr. Lothar<br />
Ministerpräsident a.D.<br />
Stuttgart<br />
Spahr, Kristoff<br />
M.M. Warburg & Co.<br />
Hamburg<br />
Stadler, Maximilian<br />
Forschungsgesellschaft –<br />
Kongress für Familienunternehmen<br />
Universität Witten/Herdecke<br />
Organisator<br />
Witten<br />
Staege, Michael<br />
IGKuS Interessengemeinschaft<br />
für Kleinunternehmen und Selbständige<br />
Erster Vorsitzender<br />
Eutin<br />
Standop, Prof. Dr. Dirk<br />
Institut für Mittelstandsfragen Osnabrück,<br />
Universität Osnabrück<br />
Leiter<br />
Osnabrück<br />
Stein, Dr. Stefan<br />
Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft,<br />
Ruhr-Universität Bochum<br />
Geschäftsführer<br />
Bochum<br />
Strait, Ingmar<br />
Christian Beutin GmbH & Co. KG<br />
Geschäftsführer<br />
Lübeck<br />
81
Strombeck, Hans-Herbert<br />
Verband der Bürgschaftsbanken (VDB),<br />
Vorsitzender des Verbandes<br />
Bürgschaftsbank NRW GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Bonn, Neuss<br />
Sturm, Claudia<br />
Bundesverband Junger Unternehmer e.V.<br />
der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger<br />
Unternehmer (ASU)<br />
Stellvertretende Bundesvorsitzende<br />
Berlin<br />
Suhlrie, Dietrich<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)<br />
Direktor<br />
Leiter Kreditsekretariat<br />
Frankfurt am Main<br />
Sulzer, Hans-Oskar<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Lübeck<br />
Teller, Nicholas R.<br />
Commerzbank AG<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Frankfurt am Main<br />
Terlau, Olaf<br />
LSS GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Gelsenkirchen<br />
Terlau, Viktor<br />
LSS GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Gelsenkirchen<br />
Thiess, Michael<br />
Michael Thiess Management<br />
Consultants<br />
Inhaber<br />
München<br />
Thuß, Klaus<br />
Landeskreditbank Baden-Württemberg<br />
Grundsatzreferent<br />
Stuttgart<br />
82<br />
Tryggvason, Höddi<br />
B2B Berlin Brandenburg GmbH<br />
Geschäftsführer<br />
Berlin<br />
Turner, Anke<br />
Institut für Finanzdienstleistungen<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
Hamburg<br />
Uckermann, Adalbert Freiherr von<br />
Sauerborn Trust AG<br />
Senior Consultant<br />
Bad Homburg<br />
Verschinin, Prof. Dr. Alexander<br />
Botschaft der Russischen Föderation,<br />
Handels- und Wirtschaftsbüro<br />
Stellvertretender Leiter<br />
Berlin<br />
Voget, Dr. Michael<br />
ECON Aktiengesellschaft<br />
Vorstand<br />
Lübeck<br />
Voigt, Thomas<br />
impulse<br />
Chefredakteur<br />
Köln<br />
Vollmer, Diethard<br />
Philips Medical Systems DMC<br />
Development Manager<br />
Hamburg<br />
Walter, Götz<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Mittelstands beratung mbH<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Wass von Czege, Dr. Andreas<br />
I.P.I. - International Partnership Initiative e.V.<br />
Geschäftsführer<br />
Wolfsburg<br />
Wassermann, Ewald<br />
Sächsisches Staatsministerium für Kultus<br />
Referatsleiter<br />
Dresden<br />
Wegner, Olaf<br />
Institut für Personal- und<br />
Unternehmensberatung<br />
Partner<br />
Köln<br />
Weimann, Werner<br />
Commerzbank AG<br />
Regionalvorstand<br />
Hamburg<br />
Welina, Reinhold<br />
DIN Deutsches Institut für Normung e.V.<br />
Mitglied der Geschäftsleitung<br />
Berlin<br />
Welling, Ingo<br />
<strong>Dräger</strong>werk AG<br />
Lübeck<br />
Wiechers, Ralph<br />
NOHETO! GmbH & Co. KG<br />
Partner<br />
Witten<br />
Wilhelm, Andreas<br />
Wirtschaftsjunioren Hanseraum<br />
Vorstand<br />
Wietelstede<br />
Wilkniß, Jürgen<br />
Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein GmbH<br />
Leiter Bürgschaftsabteilung<br />
Kiel<br />
Willich, Günter<br />
Nordmetall<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburg<br />
Wittstock, Dr. Matthias<br />
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit<br />
Ministerialrat, Referatsleiter<br />
Mittelstandspolitik<br />
Berlin<br />
Wollert, Prof. Dr. Artur<br />
Beruf + Familie gemeinnützige GmbH<br />
Vorsitzender des Audit-Rates<br />
Frankfurt am Main<br />
Wortberg, Dr. Ernst J.<br />
L. Possehl & Co. mbH<br />
Vorsitzender des Vorstandes<br />
Lübeck
Impressum<br />
© 2004<br />
<strong>Dräger</strong>-<strong>Stiftung</strong><br />
München/Lübeck<br />
Verantwortlich:<br />
Dipl.-Volksw. Petra Pissulla<br />
Gestaltung:<br />
Designagentur von Krottnaurer,<br />
Lübeck<br />
Druck:<br />
<strong>Dräger</strong> + Wullenwever<br />
print + media Lübeck GmbH & Co. KG<br />
Bildnachweise:<br />
Axel Kirchhof, Hamburg<br />
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