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Erstattungsfähige Kosten - Kasten & Pichler Rechtsanwälte

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Recht & Steuern<br />

G E R i c h t S t E R M i n E<br />

<strong>Erstattungsfähige</strong> <strong>Kosten</strong><br />

Ob in Zivilverfahren wie bei Schadensersatzklagen nach Verkehrsunfällen oder in Strafverfahren wegen<br />

Ordnungswidrigkeiten – es ist ärgerlich, wenn der Geschäftsführer oder ein sachkundiger Mitarbeiter<br />

wegen Gerichtsterminen im laufenden Betrieb ausfällt. Diese Zeitversäumnis muss aber nicht „umsonst“<br />

im Sinne von kostenlos sein. Wir erläutern die rechtlichen Ansprüche auf <strong>Kosten</strong>erstattung.<br />

Grundsatz und Umfang der <strong>Kosten</strong>tragungspflicht<br />

einer Partei werden<br />

durch § 91 Zivilprozessordnung<br />

(ZPO) geregelt. Danach hat die im<br />

Prozess unterliegende Partei die <strong>Kosten</strong><br />

des Rechtsstreits zu tragen. Dazu gehören<br />

insbesondere die dem Gegner erwachsenen<br />

<strong>Kosten</strong>, soweit sie zur zweckentsprechenden<br />

Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung<br />

notwendig waren.<br />

Umfang der <strong>Kosten</strong>erstattung<br />

Dazu gehört auch die Erstattung der <strong>Kosten</strong>,<br />

die dem Gegner durch notwendige<br />

Reisen oder Wahrnehmung von Terminen<br />

entstanden sind. Dies bedeutet aber<br />

nicht nur alleine die Erstattung der<br />

Rechtsanwalts­ und Gerichtkosten. Vielmehr<br />

kann die anwaltlich vertretene Partei<br />

zusätzlich grundsätzlich ihre eigenen<br />

Reisekosten und eine entstandene Zeitversäumnis<br />

in Ansatz bringen.<br />

Hinsichtlich der Höhe der parteieigenen<br />

Erstattungen verweist § 91 Abs. 1,<br />

S. 2, 2. HS ZPO auf die für die Entschädigung<br />

für Zeugen geltenden Vorschriften,<br />

die im Justizvergütungs­ und Entschädigungsgesetz<br />

(JVEG) gesetzlich normiert<br />

sind. Dieses Normen existieren auch bei<br />

der <strong>Kosten</strong>erstattung beim Ausfüllen von<br />

Zeugenfragebögen (s. Autoflotte 10/ 2010,<br />

S. 72). Über § 91 ZPO und die entsprechenden<br />

Vorschriften des JVEG können<br />

folgende Punkte der <strong>Kosten</strong>regelung zugrunde<br />

gelegt und veranschlagt werden:<br />

Reisekosten<br />

Darunter fallen Fahrtkosten, der Reiseaufwand<br />

wie eine Übernachtung und die aufgrund<br />

der Reise erfolgte Zeitversäumnis.<br />

Das JVEG unterscheidet bei der Höhe der<br />

erstattungsfähigen <strong>Kosten</strong> zwischen dem<br />

Fahrtkostenersatz in § 5 JVEG und der<br />

Entschädigung für Zeitversäumnis nach<br />

den §§ 19 – 23 JVEG (siehe Tabelle unten).<br />

Nach § 5 JVEG:<br />

. Kein Ersatz wird gewährt, wenn Fahrtkosten<br />

tatsächlich nicht angefallen<br />

sind, wenn zum Beispiel ein Freund<br />

unabhängig von der Partei am Verhandlungstag<br />

den Gerichtsort ansteuert<br />

und man bei diesem mitfährt.<br />

<strong>Erstattungsfähige</strong> Reisekosten<br />

Reise zum Anwalt Reise zum Gerichtstermin<br />

Als Informationsreise, um mit dem Anwalt über<br />

den Sachverhalt zu sprechen<br />

= erstattungsfähig, einmal pro Instanz,<br />

bei schwieriger Sachlage auch öfter.<br />

Begrenzung: keine Erstattungsfähigkeit bei<br />

Routineangelegenheit, einfache Sach-und<br />

Rechtslage.<br />

. § 5 Abs. 1, öffentliche Beförderungsmittel<br />

wie Bus, Bahn, Flugzeug:<br />

Grund sätzlich werden die tatsächlich<br />

angefallenen <strong>Kosten</strong> erstattet. Eine<br />

Obergrenze bildet das Erste­Klasse­<br />

Ticket der Deutschen Bahn. <strong>Kosten</strong><br />

für die Anreise mit dem Flugzeug sind<br />

auch erstattungsfähig. Aber nur dann,<br />

wenn diese in angemessenem Verhältnis<br />

zur Bedeutung der Sache stehen<br />

(BGH, Beschluss vom 13.12. 2007,<br />

Aktenzeichen IX ZB 112/05).<br />

. § 5 Abs. 2 Nr. 1, Auto: Fährt die Partei<br />

mit dem eigenen Auto zum Termin,<br />

kann sie 0,25 Euro pro Kilometer<br />

(Hin­ und Rückfahrt) geltend machen.<br />

Umwege sind unter gewissen Umständen<br />

auch erstattungsfähig.<br />

. Übernachtungskosten: Nach dem<br />

OLG Dresden sind diese erstattungsfähig,<br />

wenn der Zeitaufwand für Hin­<br />

Nach neuerer Rechtsprechung sind Reisekosten zum<br />

Gerichtstermin unabhängig von der Anordnung des<br />

persönlichen Erscheinens erstattungsfähig. Ist hingegen<br />

das persönliche Erscheinen angeordnet, so sind die<br />

Reise kosten immer notwendig i. S. d. § 91 ZPO.<br />

OLG Köln, Beschluss vom 19.04.2006, Aktenzeichen 17 W 63/06;<br />

LG Coburg, Beschluss vom 20.07.2004, Aktenzeichen 41 T 75/04<br />

Autoflotte 04/2011


und Rückfahrt zehn Stunden über­<br />

steigt (Urteil vom 01.04.1998,<br />

Aktenzeichen 15 W 374/98). Ähnlich<br />

sah es das OLG Karlsruhe, Urteil vom<br />

24. 7. 2003, Akten zeichen 21 W 12/03.<br />

Zeitversäumnis<br />

Innerhalb des JVEG wird zwischen der<br />

Entschädigung für Zeitversäumnis und<br />

der Entschädigung für Verdienstausfall<br />

unterschieden. Die Höhe der Erstattung<br />

für Zeitversäumnis wird in § 20 und § 22<br />

JVEG geregelt.<br />

. § 20 JVEG regelt die Zeitversäumnis,<br />

die zum Beispiel durch die Reisezeit<br />

entsteht. Danach beträgt die Entschädigung<br />

drei Euro je Stunde. Diese bekommt<br />

man nur, soweit weder für<br />

einen Verdienstausfall noch für die<br />

Nachteile bei der Haushaltsführung eine<br />

Entschädigung zu gewähren ist, es<br />

sei denn, der Partei ist durch ihre Heranziehung<br />

ersichtlich kein Nachteil<br />

entstanden.<br />

. § 22 JVEG regelt die Entschädigungshöhe<br />

für den Verdienstausfall. Die<br />

Partei, der ein solcher entsteht, erhält<br />

eine Entschädigung, die sich nach dem<br />

regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich<br />

der vom Arbeitgeber zu<br />

tragenden Sozialversicherungsbeiträge<br />

richtet und für jede Stunde höchstens<br />

17 Euro beträgt. Zeitlich wird die Erstattungspflicht<br />

auf zehn Stunden am<br />

Tag beschränkt. § 22 JVEG fordert,<br />

dass durch die Inanspruchnahme des<br />

Gerichtstermins ein Verdienstausfall<br />

entsteht. Folglich wird keine Erstattung<br />

geleistet, wenn sich die Partei an<br />

dem Tag im bezahlten Urlaub befindet.<br />

Grundsätzlich dient lediglich die<br />

Zeit der Heranziehung der Partei als<br />

Bemessungsgrundlage für die konkrete<br />

Höhe der Erstattung. Ein Verdienstausfall<br />

darüber hinaus kann aber<br />

dann angenommen werden, wenn diese<br />

ursächlich für die danach auftretende<br />

Arbeitsverhinderung ist.<br />

Anspruch auf Verdienstausfall<br />

auch für Geschäftsführer<br />

Einer juristischen Person kann wegen der<br />

Teilnahme ihres Geschäftsführers an<br />

einem Gerichtstermin ein Anspruch auf<br />

<strong>Kosten</strong>los und unbezahlbar. 2x wöchentlich.<br />

autoflotte.de/newsletter<br />

Recht & Steuern<br />

Verdienstausfall zustehen (BGH, Beschluss<br />

vom 02.12.2008, Aktenzeichen<br />

VI ZB 63/07, sehr lesenswert, abrufbar<br />

unter www.bundesgerichtshof.de). Argumente,<br />

dass ein Geschäftsführer während<br />

der Wahrnehmung der Termine keine Arbeitszeit<br />

versäume, da die Vertretung der<br />

juristischen Person zu den gesetzlichen<br />

Aufgaben des Geschäftsführers gehöre,<br />

hat sich in der Rechtsprechung nicht<br />

durchgesetzt. Ist das persönliche Erscheinen<br />

der Partei in Bußgeldverfahren angeordnet,<br />

kann diese Auslagen geltend machen<br />

(jüngst LG Landshut, Urteil vom<br />

9.07.2010, Aktenzeichen 2 QS 153/10).<br />

I n k a P I c h l e r / J u s t I n e P I e c h o c I n s k I Af<br />

Inka <strong>Pichler</strong>,<br />

Rechtsanwältin<br />

für Verkehrs- und<br />

Versicherungsrecht,<br />

Partnerin<br />

der Kanzlei<br />

<strong>Kasten</strong>, Mattern<br />

& <strong>Pichler</strong> in<br />

Wiesbaden<br />

81<br />

www.autoflotte.de

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