Würden Deutschlands Autofahrer, würden Anzugträger oder Damen mit Kostüm und sorgsam manikürten Fingernägeln das neue Konzept akzeptieren? Hätten Tankstellen ohne Tankwart hierzulande überhaupt eine Chance? Anfang der siebziger Jahre war man sich da nicht so sicher. Im Gegenteil: Die Skepsis war groß. Gerd Deisenhofer, der das Geschäftsmodell nach Westdeutschland brachte, brauchte eine Menge Überredungskunst und Beharrlichkeit, um Geschäftspartner und seinen damaligen Vertriebschef von der Idee zu überzeugen. Deisenhofer war da Geschäftsführer beim Kemptener Energiehändler Präg.

Deisenhofer hatte von dem Selbstbedienungstankkonzept erstmals im Oktober 1971 auf einer Energie-Konferenz in London erfahren. Ein schwedischer Hersteller präsentierte die neue Idee, mit der die Fahrzeuge im weitläufigen Norden seit einiger Zeit mit Kraftstoff versorgt wurden. Die Vorteile waren evident: Es brauchte kein Personal, damit ein schwedischer Landwirt sein Fahrzeug betanken konnte.

Das SB-Konzept ersparte ihm den Weg in die nächste, oft viele Kilometer entfernte Stadt, wo es Kraftstoffstationen und Tankwarte gab. Für die Landbevölkerung hatte man einzelne Zapfsäulen in dünn besiedelten Regionen aufgestellt. Hier griff der Kunde selbst zum Stutzen und bezahlte via Kundenkarte.

Angst, die Kunden zu vergraulen

Der Unternehmer aus dem Allgäu war begeistert. Er sah in dem Konzept die Möglichkeit, den Benzinpreis durch eingesparte Personalkosten zu senken – und zugleich den Absatz für seine Firma zu erhöhen. Kurzerhand flog er nach Schweden, um sich dort von der einfachen Bedienung der Benzinzapfsäulen zu überzeugen.

Zurück in Deutschland machte der damals 31-jährige Geschäftsführer seinem skeptischen Vertriebschef die Sache schmackhaft, indem er nicht irgendeine Tanke als Teststation ins Auge fasste – sondern die an der B17 in Lagerlechfeld südlich von Augsburg, ganz in der Nähe eines Luftwaffenstützpunktes der Bundeswehr. Diese Tankstelle wurde von vielen der dort stationierten rund 5.000 Soldaten regelmäßig angesteuert.

Der Eigentümer der Tankstelle, Erich Werner, winkte zunächst ab. Er fürchtete, die Kunden würden zur Konkurrenz wechseln, wenn sie plötzlich den Zapfhahn bedienen sollten. Deisenhofer aber ließ nicht locker. Zum einen glaubte er, dass Soldaten durchaus bereit wären, an der Kraftstoffsäule selbst Hand anzulegen. Zum anderen hoffte er, dass ein um drei Pfennig günstigerer Preis schnell auch Zivilisten animieren würde, sich im Selbsttanken zu versuchen.