Bei einem Besuch in Moskau hat Bundesaußenminister Heiko Maas an die russische Regierung appelliert, im Streit um den INF-Vertrag einzulenken. "Wir sind der Auffassung, dass Russland den Vertrag retten kann", sagte Maas nach einem Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. Der Vertrag verpflichtet die USA und Russland, ihre atomaren Mittelstreckenraketen abzurüsten. Die US-Regierung geht davon aus, dass Russland mit seinem Raketensystem 9M729 gegen den Vertrag verstößt und will ihn deshalb kündigen.

Der Vertrag berühre die deutschen Sicherheitsinteressen "auf elementare Art und Weise", sagte Maas. Um ihn zu erhalten, müsse Russland die Marschflugkörper so abrüsten, dass sich dies auch überprüfen lasse. Die Nato-Staaten teilen die US-amerikanische Einschätzung, wonach Russland den Vertrag mit seinem Raketensystem verletzt. Maas forderte weiter, die Rüstungskontrolle müsse insgesamt wieder zum Thema werden und weitere Staaten einbeziehen. Im März will der Minister darum nach Berlin zu einer Konferenz zur Regulierung neuartiger Waffenarten einladen.

Maas' russischer Amtskollege Lawrow wies die Kritik zurück. Russland habe es gar nicht nötig, heimlich landgestützte Raketen mit verbotener Reichweite aufzustellen, sagte er und zitierte einen Satz von Präsident Wladimir Putin: "Wenn man uns vorwirft, wir würden diesen Vertrag verletzen, beachtet man nicht, dass es solche Raketen auch in der Luft und auf See gibt." Beim Vertragsabschluss in den Achtzigerjahren habe es diese Art von Waffen noch nicht gegeben, sie seien also legitim. Zudem arbeiteten die USA mittlerweile selbst an der Entwicklung von Kurz - und Mittelstreckenraketen, sagte Lawrow.

US-Präsident Donald Trump hatte Ende Oktober angekündigt, aus dem INF-Vertrag auszusteigen. Die USA setzten Russland eine Frist bis zum 2. Februar, um sich zur Abrüstung der Marschflugkörper zu verpflichten. Bundesaußenminister Maas lobte die Gespräche zur Rettung des Vertrags, zu denen sich Vertreter beider Seiten Anfang der Woche in Genf getroffen hatten. Ein Ergebnis gab es dort aber nicht. 

Internationale Beobachter in die Meerenge von Kertsch?

Maas machte bei seinem Besuch in Russland auch einen neuen Vorschlag zum Streit um die Meerenge von Kertsch. Seit der Annexion der Krim behandelt Russland die Meerenge als sein Seegebiet. Die ukrainische Regierung wirft Russland vor, ihre Schiffe bei der Durchfahrt zu behindern. Im November hatte Russlands Küstenwache dort mehrere ukrainische Marineschiffe festgesetzt und ihre Besatzungen festgenommen. Die 24 Soldaten sind seitdem in Untersuchungshaft.

Maas schlug eine deutsch-französische Beobachtermission vor: Beide Länder könnten überwachen, ob Schiffe frei durch die Meerenge fahren dürften. Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin lehnte den Vorschlag allerdings ab. Der Plan Deutschlands und Frankreichs sei unzureichend – stattdessen brauche man eine "wirkliche internationale Kontrolle." Auch Russland reagierte skeptisch auf Maas' Idee.