Der Charme des Krachens und Kratzens
21.07.2015
Wir sind ja so verwöhnt heute. Die wenigen handgeschalteten Fahrzeuge, die man heute noch kaufen kann, lassen leichtgängige und komplett geräuschlose Gangwechsel zu. Zwischengas unnötig. Gefühlsvolles Bewegen des Schalthebels durch die Gassen reiner Luxus. Das war früher anders! So manches Getriebe widersetzte sich gerne den Versuchen des Piloten, elegante und geräuscharme Schaltmanöver zu tätigen. Im Gegenteil, es kratzte im Getriebe und krachte in der Kraftübertragung, dass sich mancher Pilot wegen seiner offenbar fehlenden Fahrkünste schämen musste.
Kein Wunder, griffen mancher Eigner zu moderneren Getrieben und liess eine Moss-Viergangschaltbox durch ein modernere Getrag-Variante ersetzen oder griff gleich zu einem Getriebe aus einem moderneren Auto, das halt irgenwie in den alten Wagen einpassbar war. Zwar steigt der Schaltkomfort damit sicherlich an, doch bleibt nicht auch etwas auf der Strecke? Gehört es nicht gerade dazu, dass die alten Autos halt nicht so einfach zu fahren sind und mehr Sorgfalt benötigen? Ist nicht der Lustgewinn beträchtlich, wenn man dann tatsächlich einmal einen Gang butterweich einlegen kann, weil man die richtige Portion Zwischengas gegeben hat?
Wir sind letzthin ein über sechzigjähriges Auto mit moderner (nachgerüsteter) Fünfgangschaltung gefahren, dessen Schaltpräzision vorbehaltlos überzeugte und deren drehzahlsenkende oberste Fahrstufe dem Wagen und seiner Nutzbarkeit sicher zum Vorteil gereicht. Doch wir haben uns am Schluss dann doch gefragt, ob bei dieser Modifikation nicht auch ein Teil des Fahrspasses verloren gegangen ist und ob der Klassiker mit der Aufrüstung nicht auch einen Teil seines Charmes verloren hat ...