?Die sieben Todsünden?

Gula


?Gula? kommt aus dem Lateinischen und ist bekannt als die 6. der sieben Todsünden, ins Deutsche übersetzt bedeutet das Wort ?Völlerei? (auch Fresssucht, Gefräßigkeit, Maßlosigkeit und Unmäßigkeit). Die Völlerei ist die Charaktereigenschaft, das Laster, eines Menschen die ihn zu einem ausschweifenden und maßlosen Leben führt und ihn somit undankbar gegenüber dem Schöpfer und der Gabe des Lebens werden lässt. Die Strafe für diese Todsünde ist in der katholischen Mythologie die Verbannung in die Hölle und die Erleidung ewiger Schmerzen.

Mein Happening beschäftigt sich mit der Aktualität und Modernität dieser Todsünde.

Die Vorbereitung und Planung lief über eine Woche bis fünf Minuten vor Beginn meiner Aktion und beinhaltet die Hilfe von bis zu zwölf bereitwilligen Menschen. Im Vorfeld trafen sich mein Kunstkurs und weitere Freunde bei mir um mitgebrachtes Essen in sich hineinzustopfen und einmal richtig zu fressen, wobei sie sich als Fotomodelle zur Verfügung stellten. Meine Intention war, die entstandenen Fotos, auf denen die sechste Todsünde dargestellt werden sollte, während meines Happenings im Hintergrund zu zeigen und es somit zu unterstützen.´
Nach dem regelrechten Fressgelage bearbeitete ich zehn Fotos, die die Maßlosigkeit und die Gefräßigkeit gut zur Geltung brachten, so weit, dass sie ausgedruckt (30 x 45 cm) aussagekräftig waren und bei dem Betrachter ein Gefühl von Ekel auslösen sollten.

Die Kunstaktion an sich wurde am Freitag, den 31. März 2006, in der zweiten großen Pause vor der Aula durchgeführt. Dazu deckte ich eine Tafel (bestehen aus den zwei Holztischen aus der Pausenhalle und weiteren sechs Schultischen) mit vielen weißen Tischdecken, dreizehn Gläser (gefüllt mit Traubensaft) und einem Kerzenständer.
Dreizehn Personen setzten sich mit dem Rücken zur Wand (sprich Blickrichtung zum Publikum) an die Tafel und jeder einzelne hatte sein Fast-Food-Menu vor sich; die männliche Person in der Mitte trug lange Haare und einen künstlichen Bart. Süßigkeiten (wie Chips, Mohrköpfe, Haribo) verteilte ich zusätzlich auf dem Tisch. Mit dem Pausenklingeln begannen die Personen an zu essen, wieder maßlos und ungezügelt. Die Betrachter sollten die Situation mit dem ?Abendmahl? assoziieren, wobei dies weder als Blasphemie noch als Witz verstanden werden sollte. Die moderne Darstellung des Abendmahls soll den Bezug zur Kirche herstellen, denn die lässlichen Sünden wurden von der katholischen Kirche definiert. Unterstützend verteilte ich in der Pause zuvor Flyer als Werbung, auf denen ein Zitat aus der Bibel und die sieben Todsünden aufgelistet waren, wobei das Wort Gula näher erklärt worden ist (siehe Anhang).
Im Hintergrund hing ich, wie bereits oben erwähnt, die zehn 30x45 cm großen Bilder schief nebeneinander, in der Länge der Tafel, auf; oben drüber befand sich ein Plakat, auf dem nochmals alle Todsünden mit den lateinischen Begriffen aufgelistet waren.

Mein Bestreben war, den Betrachtern die lässlichen Sünden, anhand der Darstellung von Gefräßigkeit, näher zu bringen und vor allem einen Hinweis geben, dass heutzutage durchaus viel zu maßlos gelebt wird.
Die moderne Kunst, hier also das Happening, sollte also dazu dienen, ein Stück weit ?aufkläririsch? zu sein und den Betrachter zum Denken anzuregen ? die gegebenen Informationen und die Darstellung in den Kontext mit der Aktualität zu bringen und auf die heutige Zeit zu beziehen. Gerade das Veraltete geglaubte (Kirche, Sünde) mit dem Modernen (Fast-Food, Mc Donalds) in Verbindung bringen und meine Kritik an die heutige Gesellschaft und ihren Lebensstil zu begreifen.
Die Idee dazu kam mir in der Schule während der täglichen Szenerie an der Cafeteria, bei der sich alle Schüler ? ob groß oder klein ? in der Fünf-Minuten-Pause regelrecht die Köpfe einschlagen wegen dem Essen und der Süßigkeiten.

Die Reaktionen während und nach dem Happening entsprachen durchaus meinen Vorstellungen; Kinder drängten sich an die Absperrung und verlangten bzw. schrieen nach Pommes und Süßigkeiten, kontroverse Gespräche machten sich unter Älteren und Lehrern breit, Religionslehrer interpretieren meine moderne Art des Abendmahls falsch, andere Lehrer übertraten die Absperrung und klauten sich etwas vom Tisch, es wurde natürlich gelacht und Köpfe geschüttelt. Mit welcher Reaktion ich jedoch niemals gerechnet hätte, die mir aber am besten gefiel, spielte sich nach dem Happening ab; während des Aufräumens kamen Kinder an die Tafel gerannt und suchten zwischen den Essensresten und dem Matsch von Chips, Ketchup, Mohrüben, Pizza und Burgern nach Süßigkeiten, die sie sich dann sofort in den Mund stopften, egal wo diese vorher lagen. Und genau auf diese Gleichgültigkeit und Fresssucht unserer Gesellschaft wollte ich mit meiner Kunstaktion anspielen! 
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