UNSERE KRITIK ZU ÖFFENTLICHKEITSFAHNDUNGEN

Knapp sechs Monate nach dem Fußballspiel zwischen dem VfL Bochum und dem 1. FC Köln im November letzten Jahres griff die Polizei Bochum zu einer beachtenswerten Maßnahme: Sie veröffentliche Fahndungsfotos von zwei jungen FC-Fans verbunden mit einem öffentlichen Fahndungsaufruf. Die Fotos wurden schnell von Zeitungen aufgenommen, abgedruckt, ins Internet gestellt und kursieren seitdem in sozialen Medien, Chats und Foren. Öffentlichkeitsfahndungen sind ein sensibles Instrument der Strafverfolgung, wir als Fanhilfe kritisieren diese Maßnahme entschieden, die aus unserer Sicht rein auf die Bloßstellung von Fans abzielt, die sich nun durch die in den Medien und im Internet verbreiteten Bildern Vorverurteilung ausgesetzt sehen und eventuell mit Repressalien durch z. B. Arbeitgeber rechnen müssen.

Die Veröffentlichung von Fahndungsfotos ist leider kein Einzelfall. Erst am Vortag hatte die Polizei Gelsenkirchen 69 Fotos von Tatverdächtigen veröffentlicht, die sich im Mai 2023 mutmaßlich eine Schlägerei im Stadion im Rahmen des Spiels FC Schalke 04 gegen SG Eintracht Frankfurt geliefert haben sollen. Als Begründung teilte die Polizei mit, dass „sonstige Ermittlungsansätze ausgeschöpft“ seien. Darum habe das zuständige Amtsgericht Essen nun auf Antrag der Staatsanwaltschaft Essen die Veröffentlichung angeordnet. Die Folge: Eine einst große wie inhaltsleere Zeitung veröffentlichte eine ganze Seite bestehend aus Fotos von Tatverdächtigen und titelte „Galerie der Gewalt“. Welche Auswirkungen diese Darstellung auf die abgebildeten Personen haben wird, können wir nur erahnen.

Wir, die Fanhilfe „Der Kölsche Klüngel“ stellen mit Besorgnis fest, dass Fans durch öffentliche Fahndungsaufrufe immer öfter unter Generalverdacht gestellt werden, durch die Veröffentlichung von Bildmaterial eine Vorverurteilung in Medien und Öffentlichkeit stattfindet und zum Denunzieren anderer Fans aufgerufen wird. Die öffentliche Fahndung ist nichts anderes als ein moderner Pranger auf dem digitalen Markplatz der Gesellschaft.

Werden Foto- oder Videoaufnahmen veröffentlicht, kommt aber auch das Persönlichkeitsrecht der Gesuchten ins Spiel. Hier ist die Polizei klar an Regeln des Gesetzgebers gebunden, z.B. gilt die sog. Erheblichkeitsschwelle, die bestimmt, ab wann eine Straftat als schwer genug angesehen wird, um eine Öffentlichkeitsfahndung zu rechtfertigen. Wir stellen hier offen die Frage, ob das Mittel der Öffentlichkeitsfahndung ,in diesem Fall im Kontext des Polizeieinsatzes, diese Erheblichkeitsschwelle überschritten wurden und zweifeln die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme an. Zum Tatvorwurf heißt es, der junge Mann soll „Gegenstände in Richtung der eingesetzten Polizeibeamten“ geworfen haben.

Der Kölsche Klüngel hat erst kürzlich, in einem Update ebenfalls zum Auswärtsspiel in Bochum, publik gemacht, dass im Zuge der Aufarbeitung der zahlreichen Fälle von Polizeigewalt beim Auswärtsspiel in Bochum am 11.11.2023 nun erste Anzeigen betroffener FC-Fans eingereicht wurden. Der zeitliche Zusammenhang mit dem Eingang dieser Anzeigen und der Öffentlichkeitsfahndung, hat für uns als Fanhilfe eine mehr als faden Beigeschmack.

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