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Rückbau einer RaffinerieAus dem Walliser Schandfleck wird ein Prestigeprojekt

Ein Schandfleck am Eingangstor zum Wallis: Tamoil hat seine Raffinerie in Collombey-Muraz (VS) 2015 geschlossen und wird sie nun definitiv abbrechen.

Eingangstore sind wie Visitenkarten. Idealerweise ziehen sie Besucher an. Im Fall des Eingangstors vom Kanton Waadt ins Wallis ist alles anders. Man ist froh, es möglichst rasch passiert zu haben.

Das Eingangstor ist die 2015 stillgelegte Ölraffinerie in der Gemeinde Collombey-Muraz. Eine über 100 Hektaren grosse Industriebrache. Ein Schandfleck mit Dutzenden Öltanks und Verbrennungstürmen. Dabei wäre der Ort auf fruchtbarem Boden gelegen, direkt am Rhoneufer.

Ist froh, dass die Raffinerie zurückgebaut wird: Olivier Turin, Präsident von Collombey-Muraz.

Nun soll alles besser werden. Das verspricht Olivier Turin, Gemeindepräsident von Collombey-Muraz, und wird euphorisch. SP-Mann Turin spricht von einem «Vorzeigeprojekt mit riesiger Fläche, das zu einem wirtschaftlichen Hotspot für die ganze Schweiz werden wird».

Der Grund für seinen Enthusiasmus: Tamoil bringt seine Raffinerie in den kommenden vier Jahren zum Verschwinden. Nach dem Rückbau bleibt das Industriegebiet zwar weiter ein Industriegebiet und Tamoil Besitzerin des gesamten Gebietes, der Ort werde aber eine ganz andere Ausstrahlung haben, sagt Olivier Turin.

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Raumplaner und Landschaftsarchitekten werden die einzelnen Quartiere neu gestalten und das Flussufer renaturieren. Neben Industriebauten sollen Hotels entstehen, dazu Sport- und Freizeitanlagen. Vor allem ein Punkt ist dem Gemeindepräsidenten wichtig. Er hofft auf 4000 bis 5000 neue Arbeitsplätze. Verflogen scheinen Frust und Wut über Tamoil, die 2015 mit der Stilllegung der Raffinerie über 220 Angestellte entlassen hat.

Bis zur Neuansiedlung von Firmen wird es jedoch noch ein paar Jahre dauern. Der Rückbau einer Ölraffinerie ist eine äusserst komplexe Aufgabe. Tamoil hat sich verpflichtet, Tausende Tonnen Stahl zu entsorgen und kontaminierte Böden zu sanieren.

«Das Besondere an diesem Auftrag ist die Grösse der Anlage», sagt Janine Flückiger, die mit ihrer Firma Dutzende Öltanks auseinanderbauen und den Schrott rezyklieren muss.

Hilfe bekommt die Ölfirma unter anderem aus dem Aargau, vom auf Industrierecycling spezialisierten Familienunternehmen Flückiger. Dieses baut die Tankanlagen, Pumpstationen und Rohrleitungen zurück und trägt dabei auch «die Verantwortung für die umweltgerechte Bearbeitung und Entsorgung von Schadstoffen, die beim Rückbau anfallen», wie Geschäftsführerin Janine Flückiger ausführt. Mit einer allfälligen Bodensanierung sei ihr Unternehmen aberzumindest heutenicht beauftragt worden.

54 Öltanks müssen weg

Rückbauten von Tankanlagen bleiben für die 1924 gegründete Firma spezielle Aufträge, obschon sie bis heute 30 Tankanlagen demontiert hat. «Das Besondere an diesem Auftrag ist die Grösse der Anlage», sagt Janine Flückiger. Eine Raffinerie sprengt alle Grenzen. 54 Tanks muss Janine Flückiger zum Verschwinden bringen und damit rund 17000 Tonnen Schrott wegschaffen. In diese Grösse nicht eingerechnet sind die Rohrleitungen, die auf dem Gesamtgebiet der Raffinierie rund 90 Kilometer lang sein sollen.

Sämtliche Materialien werden vom Unterwallis an den Firmensitz nach Rothrist gekarrt. Tankbleche als Beispiel werden auf der firmeneigenen Schrottaufbereitungsanlage in sogenannt chargierfähige Stücke zerkleinert und danach zur Wiederverwertung an Stahlwerke geliefert. Janine Flückiger betont: «Bei dieser Art Abfall handelt es sich um hochwertigen Schrott.»

Interessant ist auch die rechtliche und finanzielle Vereinbarung zwischen Tamoil und Flückiger. «Aus rechtlichen Gründen gehen die Anlagen zum Zeitpunkt der Auftragserteilung in unseren Besitz über», sagt Janine Flückiger. Den Aufwand für den Rückbau der Anlagen stellt Flückiger ihrer Auftraggeberin in Rechnung. Im Gegenzug erhält Tamoil aber eine Gutschrift für den Erlös aus der Materialrückgewinnung.

Der Abbruch der Öltanks ist bereits in Gang.

Wie viel Geld Tamoil in den Rückbau und die Bodensanierung investiert, will Sprecher Stéphane Trachsler nicht sagen. Trachsler bestätigt aber, gegenüber der Gemeinde Collombey-Muraz eine Finanzgarantie von 10 Millionen Franken hinterlegt zu haben. Die Bodensanierung wird gemäss Trachsler weniger aufwendig als befürchtet und von den Walliser Medien dargestellt. Er sagt: «Nur zwei Prozent des Geländes sind verschmutzt und das in sehr klar begrenzten Bereichen.»

Kontaminierte Böden

Probleme bereitet der teilweise zu hohe Kohlenwasserstoffanteil im Boden. Mit der Bodensanierung hat Tamoil das amerikanische Umweltingenieurunternehmen Aecom beauftragt. Die Firma sei «international renommiert und habe einen ausgezeichneten Ruf», sagt Tamoil-Sprecher Trachsler. Das Unternehmen werde seine Verpflichtungen weiterhin einhalten, verspricht er. Überwachen die lokalen Behörden die Sanierungsarbeiten? Diese Frage stellt sich auch darum, weil der Kanton Wallis im Fall der Visper Pharmafirma Lonza grosse Probleme mit quecksilberverschmutzten Böden hat.

Der Staat wird die Bodensanierung gemäss Olivier Turin begleiten. Aber nicht seine knapp 10’000 Einwohner grosse Gemeinde, denn die habe das Know-how dafür nicht, sagt Turin. Er setzt auf die Spezialisten beim Kanton.

2025 soll der Rückbau und 2028 auch die Bodensanierung beendet sein. Tamoil-Sprecher Trachsler will die Arbeiten um einiges früher zu Ende bringen. Auf dem Masterplan der Raumplaner ist der industrielle Schandfleck bereits verschwunden.

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