Immer wieder bemühen wir uns in diesem Medium, unser Publikum zu überraschen. Zum Beispiel mit der Geschichte über eine staatliche Cannabis-Plantage in Wien: Die Republik baut dort rauschige Hanfpflanzen für den medizinischen Gebrauch an. Das ist die erste Überraschung. Die zweite Überraschung erfuhren einige Leserinnen und Leser am Ende des ersten Absatzes: "Es ist zurzeit der einzige Ort in Österreich, an dem rauschfähiges Cannabis angebaut wird."

Nun wollen wir niemandem unterstellen, genauere Informationen über Cannabis-Pflanzen zu haben, die ein bisschen, sagen wir, außerhalb des Blickfelds der wachsamen Augen des Staates wachsen. Aber die Annahme ist nachvollziehbar, dass wohl irgendwo in dieser Republik Gras wächst, das nicht unbedingt nur für den gesetzlich vorgesehenen Gebrauch gedacht ist. Ein kleines, aber wichtiges Wort hat in unserem Satz gefehlt: Die Plantage in Wien ist nämlich "zurzeit der einzige Ort in Österreich, an dem legal rauschfähiges Cannabis angebaut wird".

So groß sind illegale Cannabisplantagen in Österreich wohl nicht – kleinere gibt es aber angeblich.
Reuters / LUISA GONZALEZ

Ganz normal verhört

Dass das besprochene Kraut ohne ärztliches Rezept verboten bleibt, dafür setzt sich unter anderem die niederösterreichische Landeshauptfrau ein. Johanna Mikl-Leitner sieht sich damit als Vertreterin der "normal denkenden Mitte der Gesellschaft". Das ist die neue Linie der niederösterreichischen Volkspartei: Was sie denkt, ist normal. "Ideologen und Träumern" gegenüber will sie nun Kante zeigen, erklärte sie bei einem Hintergrundgespräch mit Journalistinnen und Journalisten.

Das wörtliche Zitat haben wir aus der Meldung der Austria Presse Agentur übernommen, die sich verhört hatte – und so berichteten wir zuerst, die Landeshauptfrau hätte von "Idealisten und Träumern" gesprochen. Bei allem normalen Pragmatismus will sich die ÖVP nicht vom Idealismus an sich abgrenzen, wir haben das Zitat korrigiert.

Ganz normal ist auch eine moderate Geldentwertung. Besonders rasant geht sie aber in der Türkei vonstatten: Die dort gültige Lira verliert dramatisch an Wert. "Allein seit der Wahl ist der Preis für einen Euro von 22 auf 26 Lira gestiegen", berichteten wir – so weit, so richtig. Dann habe es einen "weiteren Kursschub auf 17 Lira pro Euro gegeben". Es rächt sich, dass die Eins und die Zwei auf der Tastatur so nah beieinanderliegen: Der Kurs ist auf 27 Lira gestiegen.

Individuell im Zug

Aus Japan berichteten wir über Schnellzüge. Die hohe Geschwindigkeit sei einer der Gründe dafür, dass dort so viele Menschen mit dem Zug fahren, schrieben wir. Bei so viel Tempo passierte ein Fehler: "30 Prozent des Individualverkehrs" würden "auf der Schiene stattfinden." Wer nicht mit dem eigenen Privatzug fährt, ist auf Schienen aber immer öffentlich unterwegs – und eben nicht individuell. (Sebastian Fellner, 4.7.2023)

Ein Affe hält sich die Augen zu. Darunter steht: VERMURKST Die Fehlerkolumne
Wir bedauern! "Vermurkst" ist die Fehlerkolumne des STANDARD, in der wir unsere publizistischen Missgeschicke anzeigen.
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