Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.
eWDG und ZDL

Bedeutungen

1.
Zwickmühle
Zwickmühle
(Tetzemann, CC0)
im Mühlespiel   bestimmte Stellung der Spielsteine einer Farbe, in der durch bloßes Hin- und Herziehen eines Steines jeweils eine Reihe (²Mühle) geschlossen und ein Stein des Gegners entfernt werden kann
Beispiele:
Bei einer »Zwickmühle« sind fünf Steine so angeordnet, daß bei jedem Zug sowohl eine »Mühle« aufgehoben als auch geschlossen wird. So wird mit jedem Zug ein Stein des Gegners des Feldes verwiesen. [Berliner Zeitung, 26.11.1994]
Mir fällt dazu nur der Vergleich mit dem Mühlespiel ein: Wenn es einem gelingt, eine Zwickmühle zu bauen, hat der Spielpartner keine Chance mehr, egal, was er sich einfallen lässt. [Salzburger Nachrichten, 26.11.2019]
Meine Mutter war Mühle‑Expertin. Obwohl ich mich schwarz ärgerte, wenn sie nach wenigen Zügen eine Zwickmühle gebaut hatte und genüsslich alle Steine abräumte, gehören diese Spielstunden zu meinen schönsten Kindheitserlebnissen. [Bild am Sonntag, 17.08.2003]
Wann immer ich durch mein dünnes Glasrohr in die unteren Gemächer blickte, gewahrte ich Frau Schulze und Heino beim Mühlespiel, nicht selten besiegte sie ihn dabei durch doppelte Zwickmühlen. [Die Zeit, 26.03.1953]
Eines abends spielten sie zusammen Mühle. Jost neigte sich vor, um einen Stein zu bewegen. […] »Die zweite Zwickmühle«, triumphierte er und schalt zugleich: »Du paßt auch gar nicht auf. Jetzt bist du verloren.« [Neues Deutschland, 25.09.1947]
Sie brachte ihre Mühlen zustande und ihre Zwickmühlen – alles geriet ihr nach Wunsch […] [ HagelstangeSpielball314]WDG
2.
umgangssprachlich, übertragen verzwickte, ausweglose LageWDG
Beispiele:
Das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank […] steckt in einem gewaltigen, nahezu unlösbaren Dilemma. Angesichts der boomenden Schweizer Wirtschaft müsste es dringend die extrem niedrigen Leitzinsen erhöhen, um ein Überhitzen der Wirtschaft und vor allem des Immobilienmarkts zu verhindern. Doch damit würden die Währungshüter den im Vergleich mit dem Euro und dem Dollar bereits sehr festen Franken noch mehr stärken. Aus dieser Zwickmühle gibt es fast kein Entkommen. [Neue Zürcher Zeitung, 15.06.2011]
Diejenigen [Bürger], die sich keine Immobilie leisten können und denen Aktien und Fonds suspekt sind, finden sich immer mehr in einer Zwickmühle wieder. Die Niedrigzinsen, die zunehmend sogar in Negativzinsen umschlagen, erschweren den Vermögensaufbau für den Ruhestand erheblich. [Die Welt, 04.12.2019]
Natürlich kann man […] [nach dem Bachelorstudium] erst mal ein paar Jahre arbeiten und später an die Uni zurückkommen, um noch einen Master draufzusatteln. Vielen fällt es aber schwer, auf ihr Gehalt zu verzichten[…]. Noch schwieriger wird es für alle, die schon eine Familie gegründet haben und sehr genau aufs Geld achten müssen. Wer solche Zwickmühlen vermeiden will, sollte gleich den Master anschließen. [Die Zeit, 21.05.2017 (online)]
[Der französische Präsident] François Hollande sieht sich […] [angesichts der griechischen Finanzkrise] in einer Zwickmühle. Nach außen steht er weiter zu seiner »Partnerin« Angela Merkel, wie es die deutsch‑französische Freundschaft vorgibt. In Wahrheit käme er aber womöglich viel lieber [dem griechischen Ministerpräsidenten] Alexis Tsipras entgegen. [Der Standard, 06.07.2015]
Viele Geschäftsleute und teilweise auch private Sparer verzichten […] heute auf den höheren Zins eines Sparkontos, um jederzeit an ihr Geld herankommen zu können. Die volkswirtschaftliche Zwickmühle, die sich daraus ergibt, ist klar: Die Bank muß das Geld praktisch täglich flüssig halten. [Der Spiegel, 12.03.1952]

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Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Mühle · Mühlrad · Tretmühle · Windmühle · Zwickmühle
Mühle f. ‘Mahlanlage für Getreide’, ahd. mulī, mulīn (10. Jh.), mhd. mül, müle, asächs. muli, mnd. mȫle, mnl. mōlen(e), nl. molen, afries. mol(e)ne, monle, moune, aengl. mylen, engl. mill ist entlehnt aus spätlat. molīna (bzw. für das Aengl. auch molīnum) ‘Wassermühle’, aus lat. mola ‘Mühlstein, Mühle’, einer Ableitung von lat. molere ‘mahlen’ (verwandt mit mahlen, s. d.). Die mit Wasserkraft betriebene Mühle der Römer verdrängt die alte Handmühle der Germanen sowie deren Bezeichnung ahd. quirn(a) (9. Jh.), mhd. kürn(e) ‘Mühle, Mühlstein’, asächs. quern, aengl. cweorn(e), engl. quern, anord. kvern, got. -quaírnus (n-Ableitungen zur Wurzel ie. *gu̯er(ə)- ‘schwer’). Als Bezeichnung eines Brettspiels begegnet Mühle seit dem 17. Jh., ein bereits in der Antike bekanntes Spiel (lat. mola ‘Mühlstein’, s. oben) fortsetzend. Vielleicht weil die Spielsteine des Gegners durch die Mühle genannte Spielfigur gleichsam zerrieben werden? S. unten Zwickmühle). – Mühlrad n. ‘durch Wasserkraft betriebenes Rad der Mühle’, mhd. mülrat. Tretmühle f. ‘mit Querleisten versehenes Maschinenrad, das ein Mensch oder Tier von Leiste zu Leiste steigend durch sein Körpergewicht in Bewegung hält’, spätmhd. tretemüle. Seit dem 19. Jh. Bezeichnung für eine aufreibende, gleichförmige Tätigkeit. Windmühle f. ‘durch Wind betriebene Mühle’, spätmhd. wintmül. Zwickmühle f. ‘Stellung der Steine im Mühlespiel, bei der man mit einem Zug die eine Mühle schließen und eine andere eröffnen kann’ (17. Jh.). Das erste Glied des Kompositums entwickelt sich wohl aus zwie ‘zwei’ unter Einfluß von gleichbed. Fickmühle zu Zwickmühle. Anfangs (15. Jh.) bezeichnet Fickmühle, Zwickmühle ‘zwei Möglichkeiten (die je nach Lage genutzt werden), einen doppelten Ausweg’ (auch damals schon von einem Spiel ausgehend?). Vom Gegenspieler her gesehen, erscheint das als ‘ausweglose Situation’. In dieser Verwendung ist Zwickmühle üblich in Redewendungen wie in der Zwickmühle stecken ‘keinen Ausweg wissen’ (17. Jh.), in die Zwickmühle geraten ‘in eine ausweglose Situation geraten’ (Anfang 20. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Dilemma · Zielkonflikt · Zwickmühle · verzwickte Situation
Unterbegriffe
  • Prinzipal-Agenten-Dilemma · Prinzipal-Agenten-Problem
Assoziationen
  • Krise · Misere · Missstand · angespannte Lage · kritische Situation · missliche Lage · schlimmer Zustand · Übel  ●  Elend ugs., fig., übertreibend · Kalamität geh., lat. · Krisis geh., veraltend · Malaise fachspr. · Schlamassel ugs.
  • in Schwierigkeiten (sein) · in Schwierigkeiten (stecken) · in einer schwierigen Situation sein · in einer schwierigen Situation stecken  ●  (sich) in schwierigem Fahrwasser befinden fig.
  • schwierige Aufgabe  ●  Balanceakt fig. · Drahtseilakt fig. · Spagat fig.
  • es sich nicht aussuchen können · in einer Zwangslage (sein) · keine Wahl haben  ●  Vogel friss oder stirb! sprichwörtlich
  • anscheinend nicht lösbar (sein) · nicht vor und nicht zurück können · sich selbst blockiert haben · verfahren (Adj.) · vertrackt  ●  sich verkeilt haben fig.
  • Dilemma · Wahl zwischen Pest und Cholera · missliche Lage · schwierige Situation · zwischen Szylla und Charybdis  ●  schmaler Grat fig.
  • Egal was man tut, es ist (alles) falsch. · Egal wie man's macht, es ist falsch. · Es gibt (da) keine gute Lösung. · Wie man's auch (dreht und) wendet, es bleibt ... (z.B. unbefriedigend).

Typische Verbindungen zu ›Zwickmühle‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Zwickmühle‹.

Zitationshilfe
„Zwickmühle“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Zwickm%C3%BChle>.

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selten häufig

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