Sensorungenauigkeit in Antrieben

Falsche Messdaten eliminieren

27. Mai 2014, 16:35 Uhr | von Philip Brockerhoff und Konrad Kapser

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Schwachpunkt Phasenverschiebung

Bild 3. Das Drehmoment des Motors (20 Nm) verändert sich unterschiedlich in Abhängigkeit vom Betriebspunkt. Zu sehen sind der Winkelfehler bei Grunddrehzahl (oben) und der Winkelfehler im Feldschwächbereich (2489 min–1; unten).
Bild 3. Das Drehmoment des Motors (20 Nm) verändert sich unterschiedlich in Abhängigkeit vom Betriebspunkt. Zu sehen sind der Winkelfehler bei Grunddrehzahl (oben) und der Winkelfehler im Feldschwächbereich (2489 min–1; unten).
© Elektronik

Bei höheren Drehzahlen wird die Leistung des Motors im Wesentlichen über den Winkel der Wechselrichter-Spannung zum Strom bestimmt, da die Wechselrichter-Spannung schon voll ausgenutzt ist. Es ergibt sich eine große Abhängigkeit des Motorstroms und somit des Drehmoments vom Winkel. Im unteren Bereich von Bild 3 ist zu sehen, dass sich das Drehmoment im Feldschwächbereich deutlich stärker und anders verändert als im Grunddrehzahlbereich. Um für unseren Beispielmotor (20 Nm, 6 Polpaare, 24 V, 5000 min–1) einen Drehmomentfehler kleiner 5 % zu halten, ist im Grunddrehzahlbereich eine absolute Winkelgenauigkeit von 2,5° mechanisch notwendig. Im Feldschwächbereich erhöht sich die Anforderung für 5 % Drehmomentfehler um den Faktor 10 auf 0,25° mechanisch.

Deshalb muss im Feldschwächbereich die Phasenverschiebung, welche durch eine begrenzte Bandbreite der Sensoren oder eine Verzögerung in der Übertragung entsteht, kompensiert werden. Die beiden Gleichungen für die Kompensation von Verzögerungen des Strom- und Winkelsensors lauten wie folgt:

ΔΘWinkelsensor = +ωe · Td, Winkelsensor          (1)

ΔΘIabc = –ωe · Td, Iabc            (2)

Die Verzögerungszeit muss dabei für den Sensor und Betriebspunkt entsprechend bestimmt werden. Alternativ kann sie einmal vermessen und als Look-up Table hinterlegt werden.

Durch Kompensation und Interpolation können Motoren auch mit Sensoren genutzt werden, welche die absoluten Anforderungen an die Winkelgenauigkeit nicht in jedem Betriebspunkt erfüllen.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Bild 4. Die Regelung des Drehmoments im Feldschwächbereich erfolgt über Größe und Phasenlage des Stroms. Dadurch wirken sich Phasenverschiebungen stark aus.
Bild 4. Die Regelung des Drehmoments im Feldschwächbereich erfolgt über Größe und Phasenlage des Stroms. Dadurch wirken sich Phasenverschiebungen stark aus.
© Elektronik

Das unterschiedliche Verhalten in den beiden Betriebsbereichen ist noch einmal in Bild 4 verdeutlicht. In grün sind die Linien konstanten Drehmoments aufgetragen. Wird ein Antrieb mit konstantem Drehmoment beschleunigt, bewegt sich der Betriebspunkt auf einer der grünen Hyperbeln. Im Grunddrehzahlbereich (BS, base speed) ändert sich das Drehmoment in Abhängigkeit von der Phasenlage wenig. Die Geschwindigkeit und Frequenz des Motors ist gering und entsprechend treten Phasenverschiebungen durch eine Bandbreitenbegrenzung der Sensoren nur in geringem Umfang auf. Damit ist das System relativ unempfindlich gegen Sensorungenauigkeiten.

Im Feldschwächbereich (FW, field weakening) hingegen führt eine kleine Änderung des Vektorwinkels bereits zum Schneiden verschiedener grüner Linien. Eine deutliche Änderung des Drehmoments ist die Konsequenz. Gleichzeitig ist die Frequenz durch die hohe Drehzahl groß und damit wirkt sich die Bandbreitenbegrenzung der Sensoren stark aus. Dementsprechend sind Antriebe im Feldschwächbereich deutlich empfindlicher gegenüber Sensorungenauigkeiten. Günstig wirkt sich aus, dass die rotatorische Energie des Antriebs quadratisch abhängig von der Drehzahl ist. So benötigt ein Verringern der Drehzahl von 100 auf 50 % dreimal so viel Energie wie von 50 auf 0 %. Folglich ist der Antrieb bei hoher Geschwindigkeit relativ träge und ändert seine Drehzahl nur langsam. Damit lässt sich der Phasenversatz gut kompensieren.


  1. Falsche Messdaten eliminieren
  2. Schwachpunkt Phasenverschiebung
  3. Magnetische Winkelsensorik: Alternative zu Resolvern

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Infineon Technologies AG

Weitere Artikel zu Sensoren & -systeme