FeuerTRUTZ Magazin 3.2018: Interview Weiterbildung ist für Brandschützer essenziell
Sabine Schönherr (li.) und Cynthia Tschentscher im Gespräch mit André Gesellchen (FeuerTrutz) über 20 Jahre Brandschutz-Weiterbildung bei EIPOS (Bild: FeuerTrutz/Thomas Geiger)

Beruf | Ausbildung 14. Juni 2018 Interview: "Weiterbildung ist für Brandschützer essenziell"

In diesem Jahr feiert EIPOS ein Jubiläum: Bereits seit 20 Jahren bietet das Institut umfassende berufsbegleitende Qualifizierungsmöglichkeiten im Brandschutz. Über die Entwicklung der Branche und der EIPOS-Weiterbildungsangebote sprach die FeuerTrutz Redaktion mit Sabine Schönherr und Cynthia Tschentscher.

Wenn man überlegt, dass die Brandschutz-Branche erst vor gut 20 Jahren so richtig in Bewegung gekommen ist, hat EIPOS fast den kompletten Werdegang der Branche begleitet. Wie haben Sie diese Entwicklung erlebt?

Schönherr: Ich habe seit 1998 im Zusammenhang mit dem Weiterbildungsthema Brandschutz eine ganz rasante Entwicklung erlebt. Auch für uns war es damals unvorhersehbar, dass sich ein echtes neues Leistungsbild entwickeln wird. Ausschlaggebend war zweifelsohne der Flughafenbrand in Düsseldorf 1996, der die gesamte Branche in einen neuen Fokus gerückt hat. Bis heute ist der Bedarf an gut ausgebildeten/qualifizierten Fachleuten ungebrochen hoch. Diese Dynamik hat uns als Weiterbildungsanbieter früh erfasst und bis heute begleitet.

Bei EIPOS begann alles mit einer Anfrage durch die Bauabteilung des Universitätsklinikums Dresden, die im Zusammenhang mit den anstehenden komplexen Baumaßnahmen viele Brandschutzprobleme zu lösen hatte und nach geeigneten Schulungen für die eigenen Mitarbeiter suchte. Wir haben Experten gesucht und mit Dr. Friedrich Mehl, Andreas Rümpel, Josef Mayr und Thomas Eulitz die ersten Mitstreiter für die Entwicklung von Brandschutzweiterbildung gefunden, die sofort Feuer und Flamme waren. Damit hatten wir schnell ausgewiesene Kompetenz und langjährige Erfahrung aus erster Hand, seitens der Gesetzgebung, der Feuerwehr, der Schadenerfahrung und der Berufspraxis.

1998 wurde das erste Lehrprogramm entwickelt und der Abschluss Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz ins Leben gerufen, der erstmalig an Absolventen vergeben wurde. Bis heute ist diese Qualifikation die wichtigste bei EIPOS überhaupt und auch die Zahl von mittlerweile mehr als 6.000 EIPOS-Brandschutzabsolventen bundesweit spiegelt dies wider.

Das Weiterbildungsportfolio umfasst heute weit mehr als diesen Fachplaner-Kurs?

FeuerTRUTZ Magazin 3.2018: Interview: Weiterbildung ist für Brandschützer essenziell (Schönherr)
Dipl.-Ing. Sabine Schönherr ist Geschäftsführerin von EIPOS – Europäisches Institut für postgraduale Bildung GmbH. Sie hat die Brandschutz-Angebote von EIPOS von Beginn an miterlebt und gestaltet. (Bild: FeuerTrutz/Thomas Geiger)

Schönherr: Das stimmt, relativ schnell stellte sich heraus, dass das Thema Brandschutz ein sehr breit gefächertes ist: vom konzeptionellen Brandschutz über Gebäude- und Anlagentechnik bis hin zur Fachbauleitung. Experten bzw. Fachkräfte sind in allen Themenbereichen und Spezialisierungen gefragt. Hierfür sind besonders zugeschnittene Inhalte nötig, die EIPOS inzwischen in sechs verschiedenen Qualifizierungsrichtungen umgesetzt hat.

Mit der MBO 2002 hat sich in der Brandschutzbranche relativ rasch ein neues Berufsfeld insbesondere für Architekten und Ingenieure entwickelt.

Seitdem kennt man den Fachplaner Brandschutz, wenn es um die Erstellung eines Brandschutznachweises oder -konzeptes geht, und den Prüfingenieur, der die bauaufsichtliche Prüfaufgabe im hoheitlichen Auftrag oder privatrechtlich wahrnimmt. EIPOS war und ist in zweierlei Hinsicht mit dieser Entwicklung verbunden. Zum einen ist die Weiterbildung für viele ein Grundstein auf dem Weg zum Spezialisten oder Prüfingenieur und zum anderen wächst kontinuierlich das EIPOS-Netzwerk an Dozenten und Experten, die wiederum maßgeblich die Weiterbildungsinhalte prägen. Ein aus unserer Sicht wesentliches Erfolgskriterium für EIPOS.

Auf dem Markt bieten mittlerweile eine Vielzahl von Akademien und Organisationen Lehrgänge mit ebensolchen Abschlüssen und Weiterbildungen an. Wie schätzen Sie die Möglichkeiten für Wissenshungrige ein?

Tschentscher: Ja, das ist richtig. Hochschulen, Kammern, private Institute bis hin zu Produktherstellern bieten verschiedene Schulungsmöglichkeiten an. Für den Weiterbildungssuchenden ist es sicherlich schwierig, hier den Überblick zu behalten und das individuell passende Angebot zu finden.

Gute Weiterbildung im Brandschutz umfasst für uns drei wesentliche Bausteine: klar strukturierte und abgestimmte Lehrinhalte, erfahrene Fachdozenten und persönlicher Erfahrungsaustausch. Brandschutz ist eher eine Philosophie als Mathematik. Nicht nur eine fundierte Wissensvermittlung und Faktenwissen sind wichtig, sondern auch die Betrachtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln und die direkte Diskussion von konkreten Praxisbeispielen. Eine Weiterbildung im Brandschutz ganz ohne Präsenzveranstaltungen und diese Form des persönlichen Austausches ist für uns nur schwer vorstellbar.

Schönherr: Und es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: die Qualitätssicherung. Wenn man bedenkt, dass wir hier von freien Abschlussbezeichnungen sprechen und nicht von staatlichen Anerkennungsverfahren, so ist der Punkt der Qualitätssicherung dieser Abschlüsse besonders wichtig. Dazu gehört für uns auch eine systematische und mehrstufige Leistungs- und Kompetenzüberprüfung der Teilnehmer, die sich an festgelegten und klaren Prüfungskriterien orientiert. Und man darf auch nicht vergessen, nur weil man ein Zertifikat nach dem Kurs erhält, ist man noch lange kein zertifizierter Sachverständiger.

Welche Rolle spielt denn die noch junge Personenzertifizierung nach DIN EN ISO 17024 im Brandschutz?

FeuerTRUTZ Magazin 3.2018: Interview: Weiterbildung ist für Brandschützer essenziell (Tschentscher)
Dipl.-Ing. Cynthia Tschentscher ist die Leiterin der Produktgruppe Brandschutz und verantwortlich für die Ausrichtung und Ausgestaltung der entsprechenden Weiterbildungsangebote. (Bild: FeuerTrutz/Thomas Geiger)

Tschentscher: Im Brandschutz gibt es gesetzlich klar definierte Anforderungen und Bestellungs- bzw. Anerkennungsverfahren für Brandschutzplaner (z.B. qualifizierter Brandschutzplaner, Nachweisberechtigter) und prüfende Sachverständige (Prüfingenieure für Brandschutz und Prüfsachverständige für sicherheitstechnische Anlagen). Das schreibt das Bauordnungsrecht in den Bundesländern konkret vor, es hat sich etabliert und in der Praxis bewährt. Aus unserer Sicht wird sich daran in den nächsten Jahren nichts gravierend ändern.

Was wir in Deutschland allerdings noch nicht haben, sind allgemein verbindliche und einheitliche Qualitätsanforderungen an sogenannte freie Sachverständige, zu denen ja auch alle EIPOS-Abschlüsse gehören. EIPOS hat für seine Fortbildungen und Abschlüsse seit Jahren feste und transparente Qualitätskriterien definiert und damit zweifelsohne Maßstäbe gesetzt.

Schönherr: Mit einer darauf aufbauenden Personenzertifizierung durch akkreditierte Zertifizierungsstellen könnte nun auch die weitere Berufsausübung der freien Sachverständigen fortlaufend überwacht und die Qualität damit dauerhaft gewährleistet werden. Aus diesem Grund hat auch EIPOS eine eigenständige und unabhängige Personenzertifizierungsstelle eingerichtet, die durch die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkks) akkreditiert ist und u.a. im Bereich Brandschutz Personenzertifizierungen durchführt.

Neben den Fachplaner- und Sachverständigenqualifizierungen kann Brandschutz auch in berufsbegleitenden Masterstudiengängen studiert werden. Welche Zielrichtung haben diese Studiengänge?

Schönherr: Ziel hier ist auch heute noch, die oft bestehende Ausbildungslücke im Brandschutz zwischen dem Studium der Architektur, des Bauingenieurwesens sowie anderen Ingenieurdisziplinen und den hohen Anforderungen an sachkundige Ingenieure für Brandschutz zu schließen. Als Unikat in Deutschland startete 2003 bei EIPOS (damals in Kooperation mit der Hochschule Zittau/Görlitz) der berufsbegleitende Aufbaustudiengang Vorbeugender Brandschutz, der mit dem auch international anerkannten akademischen Grad Master of Engineering abschließt. Mittlerweile gibt es mehr als 180 Absolventen, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz gefragte Brandschutzspezialisten sind. Auch hier ist unser Qualitätsanspruch hoch: max. 25 Studierende pro Jahr, individuelle Begleitung und gezielte Auswahl der Dozenten und Prüfer. Im Fokus stehen die Befähigung zur Anwendung wissenschaftlicher Methoden für aktuelle Fragestellungen und ein großer Praxisbezug.

Tschentscher: Aus unserer Sicht ist es essenziell, in einem solchen Studiengang eine schutzzielorientierte Denkweise zu vermitteln, um Regelwerke nicht einfach nur anzuwenden, sondern sicher mit der komplexen Materie des Brandschutzes umzugehen. Der Vermittlung von Fachwissen zur Anwendung von wissenschaftlichen und praxisorientierten Ingenieurmethoden kommt dabei eine hohe Bedeutung zu.

Welche Veränderungen und Herausforderungen erwarten Sie in Zukunft?

Schönherr: Vernetzung, Digitalisierung, Sicherheit – diese Themen beeinflussen natürlich auch die Brandschutzbranche. Die immer komplexer werdenden technischen Anlagen, das gestiegene Risikobewusstsein und die individuellen Anforderungen aus der Gebäudenutzung müssen von den Planern, Errichtern und Betreibern beherrscht werden. Dafür braucht es weitere, neue Spezialisten.

Für die Weiterbildung bedeutet dies zwei Dinge: bestehende Weiterbildungskonzepte fachlich weiterzuentwickeln und neue Fortbildungsprogramme zu etablieren.

In diesem Zusammenhang gilt es auch die Weiterbildungsformate zu überdenken und den Lernprozess durch neue Bausteine sinnvoll zu ergänzen. EIPOS wird sich der steigenden Nachfrage nach flexiblen Angeboten und ergänzenden blended-learning-Elementen widmen.

Und das nächste Jubiläum lässt nicht lange auf sich warten. 2019 jähren sich auch unsere Sachverständigentage Brandschutz mit mittlerweile mehr als 800 Teilnehmern und großer Fachausstellung zum 20. Mal.

Die Gesprächspartner

  • Dipl.-Ing. Sabine Schönherr ist Geschäftsführerin von EIPOS – Europäisches Institut für postgraduale Bildung GmbH. Sie hat die Brandschutz-Angebote von EIPOS von Beginn an miterlebt und gestaltet.
  • Dipl.-Ing. Cynthia Tschentscher ist die Leiterin der Produktgruppe Brandschutz und verantwortlich für die Ausrichtung und Ausgestaltung der entsprechenden Weiterbildungsangebote.

EIPOS – Europäisches Institut für ­postgraduale Bildung

  • ein Unternehmen der TU Dresden AG
  • Portfolio: Masterstudiengang, Fachplaner- und Sachverständigenkurse, Tages- und ­Intensivseminare, Inhouse-Schulungen und jährliche Brandschutztagung
  • deutschlandweite Standorte: Dresden, ­Hamburg, München, Mainz, Stuttgart
  • über 6.000 Absolventen im Bereich Brandschutz

www.eipos.de/themenfelder/brandschutz

Das Interview ist in Ausgabe 3.2018 des FeuerTRUTZ Magazins (Mai 2018) erschienen.
Hier finden Sie weitere Informationen zum FeuerTRUTZ Magazin Ausgabe 3.2018

zuletzt editiert am 27.04.2021