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Umweltfreundliche Mobilität Ein Plädoyer für das Fahrradfahren

Rad fahren macht Spaß
© yossarian6 / Fotolia
Rad fahren ist verblüffend einfach, dazu gesund und umweltschonend. Warum quälen sich viele Menschen trotzdem lieber mit dem Auto durch verstopfte Innenstädte? Ein Plädoyer von GEO.de-Redakteur Peter Carstens

Inhaltsverzeichnis

Einfacher geht's nicht

Fahrradfahren ist Unabhängigkeit pur. Nur Tretroller-, Rollschuh- und Skateboardfahrer können sich genauso rühmen, aus eigenem Antrieb, emissionsfrei und zügig von A nach B zu kommen. Verkehrsplaner haben errechnet, was Radfahrer längst wissen: In verstopften Innenstädten läuft das Fahrrad als Verkehrsmittel dem Auto mühelos den Rang ab. Seit vielen Jahren fahre ich jeden Arbeitstag genussvoll an stockendem Autoverkehr vorbei, sieben Kilometer bis zu Gruner+Jahr am Hamburger Baumwall und wieder zurück.

Neulich allerdings musste ich mein Fahrrad für ein paar Tage in die Werkstatt geben. Das war schrecklich. Als ich morgens aus dem Haus trat und zu Fuß zur U-Bahn ging, fühlte ich mich, als hätte ich meine Hose vergessen. Natürlich fuhr die Bahn vor meiner Nase ab. Nutzloses Herumstehen folgte. Was für ein Gesicht setzt man da auf? Ein gleichgültiges? Andere bilden jeden Morgen Stop-and-go-Kolonnen mit ihren PKWs. Darf man da in der Nase bohren?

Solche Fragen stellen sich Radfahrer nicht. Für sie ist jede Sekunde Aktion und Reaktion, frische Luft, Duft von Lindenblüten, zumindest im grünen Hamburg. Das schont die Nerven, regt an, macht ausgeglichen und, im Krankenkassenjargon, die grauen Zellen munter. Die weiteren Vorteile des Fahrradfahrens sind hinlänglich bekannt: ein gesegnetes Alter und die Rettung des Klimas. Unstrittig ist, dass das Autofahren nicht nur auf kurzen Arbeitswegen überflüssig ist. Viele Besorgungen könnten ebenso gut mit dem Fahrrad erledigt werden. Man müsste es nur tun. 70 Millionen Fahrräder warten in deutschen Kellern darauf, bewegt zu werden.

Einfacher geht's nicht

Einer der größten Vorteile des Radfahrens ist so offensichtlich, dass es fast peinlich ist, ihn anzuführen: Ich fahre direkt von der Haustür los und muss nicht erst rekonstruieren, wo ich gestern nach nervenzehrendem Im-Kreis-Fahren einen Parkplatz gefunden habe, der - genau besehen - etwas zu eng war. Wenn ich da bin, wo ich hinwollte, stelle ich mein Rad ab. Fertig. Autofahrer dagegen zahlen Monat für Monat gutes Geld für einen Stellplatz. Oder drehen morgens und abends ihre Runden.

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Hier fährt es sich besonders gut

Wenn ich Menschen frage, warum sie nicht radfahren, höre ich oft: "Bin einfach zu bequem." - Was soll denn daran bequem sein, sich jeden Tag an derselben Kreuzung zu ärgern, verschlafen und gereizt ins Büro zu hasten? Um nach Feierabend denselben Film mit Motorkraft rückwärts laufen zu lassen? Gott bewahre!

Andere Hinderungsgründe (zu kalt, zu nass, zu anstrengend) sind leicht als Scheinargumente zu entlarven: Gegen Regen und Kälte gibt es superleichte, wasser- und winddichte Hightech-Bekleidung, bei Gegenwind macht man sich klein und freut sich schon mal auf den Nachhauseweg. Nabendynamos, heute serienmäßig verbaut, machen das Fahren mit Licht zum geräuscharmen Leichtlauf-Genuss. Mit pannensicheren Reifen rollen wir ungestraft durch Scherbenhaufen.

Spielarten der Rücksichtslosigkeit

Manches aber, das soll nicht verschwiegen werden, nervt. Zum Beispiel alle Arten von Verkehrsteilnehmern, die mich beschimpfen, weil sie Verkehrsschilder nicht sehen oder verstehen oder in der Auslegung der Straßenverkehrsordnung unsicher sind. Jogger, die um die Alster rennen, auch auf dem Radweg, als ginge es um irgendwas. Hundeleinen, die zwischen Herr und Hund über den Radweg gespannt sind. Plötzlich aufspringende Autotüren. Blinde Rechtsabbieger. Überhaupt alle Übergangsformen zwischen Unaufmerksamkeit und Ignoranz.

Und, nicht zuletzt: dass "Verkehr" für deutsche Verkehrsplaner immer noch gleichbedeutend ist mit "Autoverkehr". Radler dagegen gelten als Lustreisende, die auf manchen Straßen geduldet, noch lieber aber auf separate Pfade umgelenkt werden, die sie "Radwege" nennen. Dass die dafür verantwortlichen Minister und Senatoren nicht mit dem Rad zur Arbeit fahren, kann man an Erfindungen wie der "Anforderungsampel" ablesen.

Während in Kopenhagen und Amsterdam die Radler in den Innenstädten auf der Grünen Welle schwimmen, werden sie in Hamburg mit dieser raffinierten Ampelschaltung ausgebremst. Die Bettelampel lässt an Kreuzungen Radfahrer stehen, während Autos in derselben Fahrtrichtung grün haben. Es sei denn, der Radfahrer hat rechtzeitig den Anforderungsknopf betätigt. Daher die unverdächtige offizielle Bezeichnung "Anforderungsampel".

Das Rad der zukunftsfähigen urbanen Mobilität muss in manchen Stadtverwaltungen offenbar jeweils neu erfunden werden.

Tipps

  • Beim Fahrradkauf darauf achten, dass das Rad einen Nabendynamo hat. Die sind absolut zuverlässig und laufen leicht.
  • Pannensichere, "unplattbare" Reifen, z. B. Schwalbe Marathon Plus gewähren unbeschwerten Fahrgenuss auch auf Sandwegen. Das Mitschleppen von Flickzeug entfällt damit.
  • Auf den richtigen Luftdruck achten (Aufdruck auf der Flanke des Mantels)! Das macht das Fahren leichter und schont die Reifen.
  • Die Kette sollte immer gut geölt sein, aber nicht vor Fett strotzen. Nach Regenfahrten abwischen und wieder ölen.
  • Naben- oder Kettenschaltung? Das ist Geschmackssache. Die Nabenschaltung hat einen geringeren Wirkungsgrad, das Fahrrad tritt sich also schwerer. Dafür ist sie wartungsarm. An der Kettenschaltung ist viel einzustellen, zu ölen und zu putzen.
  • Regendichte Kleidung und Gamaschen immer dabeihaben! Wann es wo regnet, verraten diverse Wettervorhersage-Sites, z.B. www.wetter-online.de. Für die Kurzfrist-Vorhersage ist das Niederschlagsradar praktisch.
  • Absolut regendichte Packtaschen, z. B. von Ortlieb, leisten wertvolle Dienste.

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