ÖPNV in Gießen schlecht getaktet

Wieder einmal direkt vor der Nase weggefahren, die Linie 7 an der Haltestelle Schützenstraße Foto: Schäfer
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Zwei Minuten können eine halbe Stunde bedeuten: Wegen schlechter Taktung fährt Nutzern der Anschlussbus oft vor der Nase weg. Der Fahrgastbeirat diskutierte über die Problematik.

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GIESSEN. Richtig getakteter Verkehrsanschluss von einem Verkehrsmittel des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zum nächsten ist so eine Sache. Die funktioniert nicht immer: Da kommt man beispielsweise von der Arbeit in Frankfurt abends per Zug am Bahnhof Gießen mit nur einer einzigen Minute Verspätung an Gleis 1 an. Und nur einige wenige Meter entfernt fährt einem der Bus der Linie 5 vor der Nase weg. Ärgerlich ist es dann, 15 Minuten oder gar eine halbe Stunde auf die nächste Busabfahrt warten zu müssen. Karl-Heinz Funck, zehn Jahre lang Kreistagsvorsitzender - die letzten beiden Legislaturperioden von 2011 bis 2021 - kann davon ein Lied singen. Dies tut er dann auch in der digitalen Fahrgastbeiratssitzung.

Bei ihm ist es nicht der Zug-Bus-Anschluss, sondern der Umstieg von Bus zu Bus. "Von meinen lebenslangen Busfahrten aus dem Kreis in die Stadt will ich erzählen", beginnt er seine Ausführungen. Funck wohnt in Biebertal-Frankenbach. Also kommt er mit der Linie 42. Die ist lange über etliche Dörfer und viel Haltestellen unterwegs. Da bleibt es nicht aus, dass der Fahrplan nicht minutiös eingehalten werden kann. Funcks Arbeitsplatz ist jahrelang in der Kreisverwaltung am Riversplatz an der Automeile gewesen.

Zwei Minuten

An der Haltestelle Schützenstraße - das ist auf der Rodheimer Straße kurz vor der Sachsenhäuser Lahnbrücke (stadteinwärts) - habe er morgens umsteigen müssen in die Linie 7 der Stadtwerke (SWG). Am Marktplatz dann in die Linie 2 Richtung Kreisverwaltung. "Ich komme mit der Linie 42 von Frankenbach fahrplanmäßig um 36 an der Haltestelle Schützenstraße an." (Funcke meint die Minuten nach der jeweiligen Stunde.) Die Linie 7 fährt fahrplanmäßig um 38 ab, also zwei Minuten danach. "Wenn mein Bus ein bis zwei Minuten Verspätung hat, schaffe ich die 7 nicht. Dann ist sie gerade weg." Somit sind 30 Minuten Wartezeit angesagt, bis der nächste Bus der Linie 7 vorbeikommt. Das ist nicht nur für ihn sehr ärgerlich. Funckes Anliegen ist es, die zwei Minuten Abstand zwischen Einlaufen der Linie 42 und Abfahrt der Linie 7 etwas zu vergrößern, um eine höhere Anschlusssicherheit zu haben. Doch Gerhard Muth-Born vom Zweckverband Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) macht ihm da wenig Hoffnung: "Ein besserer Anschluss ist nicht immer möglich. Wichtig ist immer der Bahnhof. Bei einem 15- oder 30-Minuten-Takt muss der auch eingehalten werden." Muth-Born betont damit, dass oberste Priorität die Buslinien haben, die den Bahnhof ansteuern. Und dabei so getaktet sind, dass der Anschluss im Bahnverkehr gewährleistet ist. Zwar fährt die Linie 7 nicht zum Bahnhof. Die Taktung in der Zwischenstation Marktplatz zum Anschlussbus Richtung Bahnhof ist noch zwischengeschaltet. Also alles verhältnismäßig kompliziert, so scheint es.

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Und dann offenbart Funck noch ein weiteres Ärgernis, was er unbedingt loswerden will. "Die Lautsprecheransagen in den Bussen sind oft nicht zu verstehen." Entweder seien sie zu laut und nervtötend. Und dann verstehe man manchmal gar nichts, weil die Haltestellenansage kaum wahrnehmbar sei. Sven Germann, Vorsitzender des Behindertenbeirates, stimmt dieser Problematik zu. Gerade für Sehbehinderte wie ihm sei es eminent wichtig, die Haltestellenansagen deutlich vernehmen zu können. Anne Müller-Kreutz, Leiterin Nahverkehr-Services bei den SWG, erläutert, es sei gar nicht so einfach, die Durchsagen so zu optimieren, dass es "allzeit passend" sei. "Bei fast leerem Bus sind die Ansagen oft zu laut, bei vollbesetztem Fahrzeug, obgleich in gleicher Lautstärke, kaum zu verstehen." Den Fahrer treffe kein Verschulden, da er keinen Einfluss auf die Lautstärke besitze, sie nicht eigenhändig ändern könne.

Sie, Müller-Kreutz, könne nur appellieren: "Sich zu melden, wenn die Durchsagen nicht zu verstehen sind. Wir versuchen, Abhilfe zu schaffen."