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Trendobjekt Wegwerf-VapeWie neue E-Zigi Jugendliche anfixen

Einweg-E-Zigaretten gelten bei Jugendlichen als «cool» und «trendy» – und sind darum auch ein Modeaccessoire geworden.

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Die Geschmacksrichtungen tragen klingende Namen wie «Miami Mint» oder «Triple Berry Ice», die Verpackungen kommen in Farben wie Pastellpink oder Lila daher. Die Rede ist nicht von Glace, sondern von Einweg-E-Zigaretten – oder Vapes, wie sie im englischen Sprachraum und mittlerweile auch hierzulande genannt werden.

Während Jugendliche früher heimlich hinter dem Hauseingang Zigaretten gequalmt haben, ziehen die Jungen heute demonstrativ an ihren Vapes. Dabei handelt es sich um Geräte, bei denen nicht Tabak, sondern Nikotin in flüssiger Form – auch E-Liquid genannt – elektronisch erhitzt wird. Die Flüssigkeit ist dabei meist aromatisiert und lässt einen süsslich-klebrigen Duft zurück, der momentan immer öfter in der Luft hängt. Je nach Modell kann man Hunderte bis Tausende Male daran ziehen oder «puffen», bis der Tank leer ist.

Vapes sind auf jugendlich gestylt

Der Wegwerf-Vape ist die neuste Generation der E-Zigaretten. Nachdem jahrelang grosse und klobige Modelle zu sehen waren, folgten mit der US-Marke Juul 2015 erstmals handliche und kompakte Vapes, die eher an ein Hightechgerät erinnerten. Seit 2020 ist in der Schweiz die jüngste Generation von E-Dampfern mit Einfachfüllung da. Der grosse Unterschied zu seinen Vorgängern: Hier werden ganz offensichtlich junge Menschen angesprochen.

Das zeigt sich allein an der Verpackung. Die bunten Hülsen erinnern mit ihrem rundlichen Design und dem schwarzen Mundstück an Stabilo-Leuchtstifte. Oder an eine Süssigkeit, ein Spielzeug oder an einen Lippenstift. Zu den beliebtesten Vapes gehören derzeit diejenigen der chinesischen Marke Elf Bar.

Mit Aromen wie Triple Berry Ice und einem coolen Design imponieren Vape-Hersteller Jugendlichen.

Die Vapes von Lost Mary, einer Tochterfirma von Elf Bar, sehen hingegen aus wie ein cooles Gadget, etwa eine Airpod-Hülle. «Die bunten Produkte sind vor allem für Jugendliche sehr attraktiv», sagt Claudia Künzli, die bei der Lungenliga Schweiz den Bereich Prävention leitet. Für 11- bis 16-Jährige gelten die verspielten Vapes als «cool» und «trendy». Sie betrachten sie als Modeaccessoire. Das hat 2023 eine britische Studie gezeigt.

Mehr Nikotin für wenig Geld

Auch in der Schweiz boomen die Wegwerf-Vapes bei jungen Menschen. In einer Studie von Sucht Schweiz im Jahr 2022 gab bereits jeder vierte 15-Jährige an, innerhalb von 30 Tagen mindestens einmal gedampft zu haben. Und fast die Hälfte der 15-Jährigen hat schon mindestens einmal an einer E-Zigarette gezogen.

Das liegt nicht nur an der ästhetischen Verpackung und den fruchtig-frischen Aromen, sondern auch daran, dass sie in den sozialen Medien allgegenwärtig sind, wo sie von Influencern und Influencerinnen beworben werden. Der Hashtag Elf Bar hat auf Tiktok rund 2,7 Milliarden Aufrufe. Auch Stars blasen Dampfringe in die Kamera oder verkaufen sogar unter ihrem eigenen Label E-Dampfer. Darunter angesagte Deutschrapper wie Haftbefehl, Capital Bra oder 187 Strassenbande.

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Entscheidend für den Erfolg ist auch, dass sich die meisten Jugendlichen Vapes leisten können. Jene von Elf Bar kosten je nach Modell und Puffvolumen zwischen 8 und 29 Franken und sind damit relativ preiswert. Vor allem, wenn man sie mit Zigaretten vergleicht. Gemäss Hersteller Elf Bar entspricht eine Elf Bar 800 vom Nikotingehalt 60 Zigaretten, also drei Schachteln, die rund 26 Franken kosten würden. Der Elf Bar ist mit knapp 10 Franken deutlich günstiger.

Dass Vapes bei jungen Menschen zu einer Art Lifestyle-Produkt geworden sind, beunruhigt Experten. «Die Zahlen von Sucht Schweiz sind besorgniserregend», sagt Künzli. Es deute alles darauf hin, dass Hersteller mit dem verspielten Produkt auf Jugendliche abzielten.

Dabei behaupten sie seit Jahren, dass es sich bei Vapes um ein Produkt handelt, das sich an Personen wendet, die mit dem Rauchen aufhören wollen. Und tatsächlich hat diese Woche eine neue Schweizer Studie gezeigt, dass Vapes eine effektive und sichere Methode für Raucher sein können, um mit dem Rauchen aufzuhören.

Vape-Hersteller zielen mit der bunten Verpackung und den fruchtig-frischen Aromen laut Experten auf Jugendliche ab.

Aber bei den Jugendlichen ist die Situation ganz anders. «Hier soll eine neue Generation nikotinsüchtig gemacht werden», sagt Claudia Künzli. Sonst würden die Zahlen der Tabakkonsumenten ja zurückgehen. «Das ist jedoch nicht der Fall. Die Vapes-Konsumenten kommen noch obendrauf», warnt die Expertin. «E-Dampfer sind zu einem Problem der öffentlichen Gesundheit geworden.»

Coolness-Faktor eines iPhones

Dass eine so unverblümt auf junge Menschen ausgerichtete Marketingstrategie heute noch möglich ist, verwundert, wenn man die Geschichte der Vape-Marke Juul bedenkt. Das amerikanische Start-up eroberte 2015 mit seinem Vape in Form eines USB-Sticks den Markt. Das Hightechprodukt war unter den bisher eher schwerfällig daherkommenden E-Zigaretten vom Coolness-Faktor quasi das iPhone unter den Vapes.

Bald beklagten sich sowohl Schulen als auch besorgte Eltern über die unauffälligen Vapes, die Kinder heimlich während des Unterrichts dampften. Es folgten etliche Klagen, weil das Unternehmen seine Werbe- und Verkaufspraktiken auf junge Menschen ausgerichtet hatte. Juul musste mehrere Strafen von insgesamt über einer Milliarde Dollar zahlen. 2020 zog sich das Start-up aus wirtschaftlichen Gründen aus allen europäischen Märkten zurück.

Das Start-up Juul geriet in den USA wegen seiner Marketingstrategie in Verruf.

Die Vape-Marken aus China lassen sich davon nicht beirren. Und sprechen mit ihrer poppigen Verpackung noch offensiver und unverschämter junge Menschen an. 

Dass die Strategie aufgeht, zeigen auch die Verkaufszahlen: Beim Onlinehändler Galaxus machten Vapes und E-Liquids im Jahr 2023 beispielsweise rund 500 Ränge gut im Vergleich zum Vorjahr. Somit verkaufte Galaxus fast dreimal so viele Vapes als noch im Jahr zuvor.

Umweltproblem und bedenkliche Inhaltsstoffe

Und das, obwohl es grosse Gesundheitsbedenken gibt. Laut Claudia Künzli weiss man noch zu wenig über die Langzeitschäden von Vapes. Kurzfristige Symptome aufgrund von Vape-Konsum seien jedoch erforscht. Wie eine 2020 veröffentlichte Studie unter der Leitung des Zürcher Kinderspitals ergab, klagten minderjährige Raucher und Raucherinnen über verstopfte Nasen, Atemnot oder Asthmasymptome. Bei 73 Prozent der befragten Jugendlichen waren E-Zigaretten dabei die beliebteste Form des Rauchens. 

Wegwerf-Vapes enthalten laut Künzli neben Nikotin ein chemisches Gemisch mit teilweise krebserregenden Stoffen. In einigen Produkten seien sogar Metallrückstände gefunden worden. Zudem wisse man derzeit noch zu wenig darüber, wie Aromastoffe im Körper wirkten, wenn man sie inhaliere. «Das Gehirn und die Lunge von Jugendlichen befinden sich noch in der Entwicklung. Umso schädlicher sind solche, teilweise bedenklichen Inhaltsstoffe.»

Die Expertin befürchtet zudem, dass Jugendliche, die nie auf die Idee gekommen wären, etwas zu konsumieren, mit E-Dampfern anfangen – auch weil sie harmlos wirken. «Viele haben das Gefühl, dass das nur ein bisschen Wasserdampf ist.» Ausserdem bestehe die Gefahr, dass Jugendliche von Nikotinprodukten auf Tabakprodukte umstiegen. 

Dieser Ansicht ist auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie gab im vergangenen Dezember eine Gesundheitswarnung für Vapes heraus und forderte die Regierungen auf, E-Zigaretten im Namen des Kinderschutzes ähnlich wie Tabak zu behandeln und alle Aromen zu verbieten.

Dem Aufruf ist etwa Australien gefolgt und hat diesen Januar die gesamte Einfuhr von Einweg-E-Zigaretten verboten, um insbesondere die jungen Menschen zu schützen. Ab März sollen auch wiederverwendbare E-Dampfer nur noch in Apotheken und auf ärztliches Rezept erhältlich sein.

Vapes in allen möglichen Farben: Hier in einem Souvenirshop in London.

Auch Grossbritannien hat jüngst Einweg-E-Zigaretten zum Schutz der Kinder den Kampf angesagt. Neben einem Verbot von Wegwerf-Vapes plant die britische Regierung, die Auswahl der Geschmacksrichtungen bei wiederverwendbaren E-Dampfern einzuschränken. Auch müssen Hersteller die Verpackungen schlichter und optisch weniger ansprechend gestalten. 

Das französische Parlament verabschiedete Anfang Jahr ebenfalls einen Gesetzesentwurf zum Verbot von Einweg-E-Zigaretten. Auch in Irland und Deutschland gibt es solche Bestrebungen.

Neben dem Jugendschutz ist in einigen Ländern auch der ökologische Schaden ein Grund dafür. Denn wenn die E-Dampfer leer sind, landen sie meist mitsamt dem darin enthaltenen Lithium-Akku ungeachtet im Haushaltsmüll. Vielen ist nicht klar, dass die Hülsen aus Kunststoff eigentlich in den Sondermüll gehören. So werden in Grossbritannien schätzungsweise fünf Millionen Einweg-Vapes weggeworfen – und zwar jede Woche.

In der Schweiz für Minderjährige legal zu kaufen

Und wie sieht es in der Schweiz aus? Hier gelten Vapes noch als Lebensmittel  – und fallen somit nicht unter das Tabakproduktgesetz. Dieses enthält ein gesetzliches Mindestalter, das den Verkauf von Zigaretten an Minderjährige verbietet. E-Zigaretten hingegen können aktuell von Kindern und Jugendlichen ohne Einschränkung erworben werden. Ein Selbstversuch in einem Schweizer Onlineshop für Tabak- und Nikotinprodukte zeigt: Mit wenigen Mausklicks kann sich jeder und jede bequem und ohne Altersprüfung E-Dampfer nach Hause bestellen. 

Auch bezüglich Werbung für diese Produkte bestehen keine Einschränkungen. Zurzeit flimmern bei Schweizer Fernsehsendern wie 3+ Werbungen für Vapes der Marke Happy Hale über den Bildschirm. An der letztjährigen Street Parade in Zürich wurden an den Bars neben Drinks auch prominent Einweg-E-Zigaretten angeboten.

Das soll sich mit dem Inkrafttreten des Tabakproduktgesetzes, das auf Mitte 2024 erwartet wird, ändern. Dann wäre auch der Verkauf von Vapes an Minderjährige landesweit untersagt. Einige Kantone wollten nicht so lange warten: So haben elf Kantone – darunter Genf, Bern und Thurgau – den Verkauf von E-Zigaretten an unter 18-Jährige verboten. 

Wäre ein umfassendes Vape-Verbot wie in Australien auch in der Schweiz sinnvoll? Nein, findet Reto Auer. Er ist Professor an der Universität Bern und Hausarzt und war an der neuen Studie beteiligt, die nachgewiesen hat, dass Vapes Erwachsenen beim Rauchstopp helfen können. «In der Schweiz sind Zigaretten an jeder Ecke erhältlich und werden weiter beworben», sagt Auer. Es mache also wenig Sinn, E-Dampfer so viel strenger zu regulieren als die hochgiftigen herkömmlichen Zigaretten.

Dennoch ist es Realität, dass Jugendliche mit Wegwerf-Vapes angefixt werden. Dem stimmt auch der Mediziner zu. «Am besten ist es natürlich, frische Luft einzuatmen», sagt Auer. Die grosse Beliebtheit von Vapes bei den Jungen findet er deshalb bedenklich.

Diese könnten bei Jugendlichen schnell ein Suchtverhalten auslösen. Das liege an den im E-Dampfer enthaltenen Nikotinsalzen. Diese seien viel weniger reizend als das Nikotin in Tabakzigaretten. «Eine tabaknaive Person kann eine viel höhere Nikotindosis zu sich nehmen, ohne Rachenweh oder einen Hustenanfall zu bekommen», erklärt Auer. Dadurch könnten E-Dampfer viel mehr Leute süchtig machen. Der Mediziner fordert deshalb wie auch Claudia Künzli, dass man E-Dampfer und auch weitere Nikotinprodukte sowie herkömmliche Zigaretten für Jugendliche unbedingt rasch regulieren müsse.

Allerdings ist in der Schweiz nun etwa ein Streit darum entbrannt, wie die Werbung im Tabakproduktegesetz geregelt werden soll. Denn das Parlament ist sich in der Umsetzung der vor zwei Jahren vom Volk angenommenen Initiative «Kinder ohne Tabak» uneins.*

Abgesehen von der geplanten Altersbegrenzung für den Verkauf von E-Zigaretten können besorgte Eltern also von der Politik so schnell wenig erwarten. Aber vielleicht erledigt sich der Trend von selbst. Inmitten des Hypes um Vapes hat sich in sozialen Medien bereits ein Gegentrend formiert. Auf Tiktok kursieren Videos, in denen ehemalige Vape-Fans von ihrer Sucht berichten, um andere zu warnen. Jugendliche, die aufhören wollen, kippen ihre Sammlungen von bunten Wegwerf-Vapes in Behälter mit Wasser, um sie für immer funktionsuntüchtig zu machen.

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Mittlerweile werden online sogar Hilfsmittel angepriesen, die einem beim Aufhören helfen sollen – etwa eine Halskette mit einem Anhänger, der dem Mundstück eines Vapes ähnelt. Süchtige können daran ziehen, um das Dampfen nachzuahmen und so ihr Verlangen zu befriedigen.

*Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass sich die Einführung des neuen Tabakproduktegesetzes und dadurch auch die Einführung der Altersbegrenzung für Vapes aufgrund des Streits um die Werbung verzögern könnte. Laut dem BAG ist die Inkraftsetzung des neuen Tabakproduktegesetzes mit dem Abgabeverbot von E-Zigaretten an unter 18-Jährige jedoch nicht abhängig von der parlamentarischen Umsetzung der Volksinitiative. Bei letzterer handle es sich um eine Gesetzesrevision, die separat in Kraft gesetzt werde. Die Inkraftsetzung des neuen Tabakproduktegesetzes ist derweil noch nicht vom Bundesrat beschlossen. Geplant ist jedoch eine Inkraftsetzung per Mitte 2024.