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Politik Dritte Welt

Die traurige Liste der vergessenen Katastrophen

Somalia Fighter Somalia Fighter
Somalia: Die Gewalt erreichte im vergangenen Jahr wohl das schlimmste Ausmaß seit Beginn des Bürgerkrieges
Quelle: AP
Der amerikanische Online-Publizist Andrew Tyndall und sein Team beobachten genau die Nachrichtensendungen der großen Fernsehsender und registrieren, welche Länder und Themen vernachlässigt werden. Aus den Informationen erstellt Ärzte ohne Grenzen einmal im Jahr eine besondere Aufstellung: die Liste der vergessenen Krisen.

"The Tyndall Report“ enthüllt, worüber die US-Fernsehstationen ABC, CBS und NBC die Amerikaner informieren und worüber kaum. Nur 18 von insgesamt 13.800 Minuten widmeten sich im Jahr 2007 zwischen Januar und November die Nachrichtensendungen dem menschlichen Leid in mehreren Ländern Afrikas sowie in Sri Lanka, Kolumbien, Tschetschenien oder Birma. Auch das Schicksal der Opfer von Tuberkulose und Mangelernährung - besonders unter Kindern - fanden in den US-Hauptnachrichten kaum Sendezeit.


Laut Ärzte ohne Grenzen sieht es in Deutschland mit der Vernachlässigung dieser Themen nicht sehr viel anders aus. Tankred Stöbe, Präsident von Ärzte ohne Grenzen Deutschland beklagt die Situation: „Zweifellos arbeiten viele Journalisten hart daran, über die Geschehnisse in Konfliktregionen weltweit zu berichten. Doch Millionen von Menschen, die zwischen Kriegsparteien gefangen sind, aus ihrer Heimat vertrieben oder ohne die einfachste medizinische Versorgung überleben müssen, erhalten nicht die ihrem Schicksal entsprechende Beachtung.“ Die Organisation veröffentlicht deshalb seit zehn Jahren die Liste der vergessenen Krisen. WELT ONLINE stellt die Verlierer von 2007 vor.

Demokratische Republik Kongo: Im Sommer 2006 fanden weltweit beachtete Wahlen für das Präsidentenamt und das Parlament statt. Im Vorfeld rückten auch die oft erbärmlichen Lebensumstände der Menschen des Kongos in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Doch bereits einige Monate später beschäftigten sich die Nachrichtensendungen nur noch wenig oder gar nicht mehr mit dem riesigen afrikanischen Land. Die humanitäre Lage wird zur Nebensache, wenn beispielsweise kurz über die Kämpfe in der Region Nordkivu zwischen Regierungstruppen und mehreren Rebellengruppen berichtet wird.

Hunderttausende Menschen wurden durch die Kämpfe bereits aus ihren Dörfern – auch in anderen Gebieten des Landes - vertrieben. Sie verstecken sich in den dichten Wäldern, wo regelmäßige Mahlzeiten und medizinische Betreuung fehlen. Die Mehrheit der Menschen ist geschwächt und unterernährt. So sterben viele an eigentlich behandelbaren Krankheiten, wie Malaria, Atemwegserkrankungen, Lungenentzündungen oder bei Komplikationen während einer Schwangerschaft oder Geburt. Auf der Flucht leiden vor allem Frauen und Mädchen, die jederzeit mit sexuellen Übergriffen rechnen müssen. Rund 30.000 Kinder werden im Kongo für den Kriegseinsatz missbraucht. Alle Kriegsparteien setzen Jungen und Mädchen als Kämpfer, Träger, Köche oder Diener ein. Laut Unicef bestehen einige Milizen im Osten des Landes sogar bis zu 60 Prozent aus Kindern, viele von ihnen sind nicht älter als zehn Jahre.

Simbabwe: Kaum ein Land schottet sich so von der Außenwelt ab wie Simbabwe unter seinem Präsidenten Robert Mugabe. Ausländische Journalisten kommen kaum mehr ins Land und die Opposition wird brutal unterdrückt. Die zunehmende Arbeitslosigkeit, eine galoppierende Inflation und Nahrungsmittelengpässe stürzen das Land immer weiter in den Ruin. Etwa ein Fünftel der Bevölkerung von rund zwölf Millionen ist bereits vor dem Terror des Diktators in die Nachbarländer geflohen.


Das nationale Gesundheitswesen, das einst ein Vorzeigeprojekt innerhalb Afrikas war, droht unter den wirtschaftlichen und politischen Problemen zusammenzubrechen. 1,8 Millionen Simbabwer leben mit dem Aids-Virus. Doch nur weniger als ein Viertel hat Zugang zu den lebensrettenden antiretoviralen Medikamenten. So sterben etwa 3000 Männer, Frauen und Kinder wöchentlich an der Immunschwächekrankheit. Außerdem werden viele Menschen krank durch marode Wasser- und Sanitärleitungen. Lebendsbedrohliche Durchfallerkrankungen sind keine Seltenheit mehr und nehmen besonders in den großen Städten wie Harare und Bulawayo zu.


Somalia: Bereits zum siebten Mal erscheint das afrikanische Land auf der traurigen Liste von Ärzte ohne Grenzen. Seit dem Zusammenbruch des Siad-Barre-Regimes 1991 ist Somalia ohne effektive staatliche Zentralgewalt. Die Gewalt im Bürgerkriegsland erreichte im vergangenen Jahr wohl das schlimmste Ausmaß. Äthiopische Truppen und Soldaten der Übergangsregierung kämpfen gegen verschiedene bewaffnete Gruppierungen, darunter die Anhänger der Union islamischer Gerichte. Die humanitäre Lage im Land ist nicht zuletzt auf Grund der schlechten Sicherheitslage desaströs.


Die Eskalation der bewaffneten Auseinandersetzungen, Ernteausfälle durch Überschwemmungen und daraus folgende Preisanstiege führten zu einer weiteren Verschlechterung der Versorgungslage. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks UNHCR sind innerhalb des Landes rund eine Millionen Menschen auf der Flucht. Viele leben in dramatischen Verhältnissen, ohne ausreichend Nahrung oder Wasser. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nur rund 47 Jahre. Viele Krankenhäuser wurden während der Kämpfe zerstört. Die Behörden behindern außerdem ausländische Hilfsorganisationen regelmäßig durch die Blockade von Hilfslieferungen, die Duldung von Wegelagerei sowie die Sperrung sicherer Flugplätze. Immer wieder berichten Mitarbeiter außerdem von Behinderungen, Einschüchterungen bis hin zu Morddrohungen oder Entführungen.


Zentralafrikanische Republik: Die Zentralafrikanische Republik gehört zu den armen Ländern des afrikanischen Kontinents. Trotzdem hört oder liest man in den Medien eigentlich fast nie etwas über diese Region. Seit 1996 hat die Zentralafrikanische Republik mehrere Putschversuche und Meutereien des Militärs erlebt. Anfang Februar 2007 vereinbarten die Regierung und zwei Rebellengruppen einen Waffenstillstand. Die unsichere Lage in den Nachbarländern Sudan und Tschad kann sich aber jederzeit auf die Zentralafrikanische Republik auswirken.

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Die Bevölkerung leidet besonders unter bewaffneten Banden, die durch das Land streifen. Viele Dörfer, die entlang der Straßen liegen, wurden in der Vergangenheit angegriffen, geplündert und niedergebrannt. Die Einwohner flüchteten in ihrer Not in den Buch und versuchen dort unter extrem schwierigen Bedingungen zu überleben. Diese Vertriebenen haben oft keine Unterkünfte und kein Trinkwasser und sind anfällig für Krankheiten. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt lediglich bei 39 Jahren. 167 von 1000 Kindern sterben vor ihrem fünften Geburtstag. Das Gesundheitssystem der Zentralafrikanischen Republik ist zusammengebrochen, und die Unsicherheit auf den Straßen. macht es für die Menschen schwierig, Zugang zu Ärzten und Krankenhäusern zu bekommen. Eine soziale Versorgung gibt es kaum, das Gesundheitswesen ist der Schlafkrankheit, Malaria, der Lepra, Aids und anderen Krankheiten nicht gewachsen.


Kolumbien: Seit fast 60 Jahren tobt in Kolumbien ein Bürgerkrieg, bei dem es schon längst nicht mehr um Ideologien geht. In dem südamerikanischen Land kämpfen Regierungstruppen, paramilitärische Einheiten und Rebellen um die Vormachtstellung in einzelnen Gebieten. Doch inzwischen geht es eher um Drogenhandel, Macht und Reichtum. Nach

Informationen von Ärzte ohne Grenzen schafft es dieser Krieg zwar regelmäßig in Nachrichtensendungen, doch geht es in den Meldungen meist „ nur“ um Kämpfe, Anschläge, Entführungen oder Verhandlungen.


Die Situation der Bevölkerung spielt in der Berichterstattung nur eine sehr untergeordnete Rolle. Kaum jemand weiß beispielsweise, dass Kolumbien hinsichtlich der Zahl der intern Vertriebenen weltweit den dritten Platz einnimmt – hinter dem Sudan und der Demokratischen Republik Kongo. Schätzungsweise 3,8 Millionen Menschen mussten wegen der anhaltenden Gewalt bereits ihr Zuhause verlassen. Viele Familien geraten dadurch zwischen die Fronten. Kinder werden von den Milizen zwangsrekrutiert, Dörfer werden durch Straßensperren von jeglicher medizinischer Versorgung abgeschnitten und Morde – auch nur im Verdachtsfall der Kollaboration mit einem Gegner – sind an der Tagesordnung. Oft bleibt den Familien nur ein einziger Ausweg – die Flucht. Viele landen dann mittellos in den Slums der Städte, wo sie auf der Suche nach Arbeit in neue bedrohliche Situationen geraten. Die schlechten Lebensbedingungen in den Armengebieten führen zu schweren Erkrankungen, doch Ärzte gibt es kaum in den Slums.

Myanmar (Birma): Seit 1962 wird das Land von einer brutalen Militärdiktatur beherrscht. Der mutige Aufstand der Mönche gegen das Regime rückte das südostasiatische Land im August 2007 für einige Wochen in den Mittelpunkt des Weltinteresses. Doch das alltägliche Leid der Bevölkerung blieb in der Berichterstattung weitgehend unbeleuchtet. Das liegt sicher auch daran, dass Journalisten in dem abgeschotteten Land kaum arbeiten können. In der aktuellen Rangliste von „Reportern ohne Grenzen“ zur Lage der Pressefreiheit wurde Myanmar auf Platz 164 von insgesamt 168 gelistet.

Die Armut im Land ist sehr groß. Jeder zehnte der insgesamt 52 Millionen Einwohner des südostasiatischen Landes hat nicht genügend zu essen, warnt das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Auch Aids ist ein riesiges Problem in Birma. Nach UN-Schätzungen sterben jährlich rund 20.000 Menschen an der tödlichen Krankheit. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass von geschätzten 360.000 HIV/Aids-Kranken nur rund 10.000 Zugang zu den lebenswichtigen Medikamenten haben. Trotz eines erschreckend hohen Anteils an Malaria-Kranken und HIV-Infizierten erhält die in bitterer Armut lebende Bevölkerung so gut wie keine staatliche Unterstützung: Das Regime sieht rund 1,4 Prozent des Haushalts für Gesundheitsleistungen vor. Der Verteidigungsetat belief sich dagegen 2005 auf 7,1 Milliarden US-Dollar – rund 19 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Sri Lanka: Seit 25 Jahren bekämpfen sich Soldaten der Regierungstruppen und die Kämpfer der LTTE („Befreiungstiger“) in den östlichen und nördlichen Regionen des Inselreiches. Die radikale LTTE fordert einen unabhängigen Tamilenstaat. Doch sowohl der Konflikt selbst, als auch das Schicksal der in den Konfliktzonen lebenden Menschen finden kaum Raum in den Nachrichtensendungen. Bombenangriffe, Selbstmordanschläge und Morde, Entführungen, Zwangsrekrutierungen und Erpressungen machen das Alltagsleben immer unsicherer. Auch mit Ausgangssperren und willkürlichen Verhaftungen müssen die Bürger von Sri Lanka stets rechnen. Hunderttausende Menschen wurden bereits aus ihren Dörfern vertrieben. Durch ihr brutales Vorgehen, z. B. den Einsatz von Selbstmordkommandos (Black Tigers) und politischen Morden haben sich die LTTE viele Sympathien verspielt. Im Ausland werden sie bereits als terroristische Vereinigung eingeschätzt. Im März 2007 stand Sri Lanka kurz vor einem Kriegsausbruch, nachdem die Armee eine Großoffensive startete. Etwa 150.000 Menschen flüchteten ins Ungewisse.

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Tschetschenien: Die blutigen Kämpfe zwischen der russischen Zentralregierung und den kaukasischen Rebellengruppen sind abgeebbt. Bereits seit einigen hat es keine offenen Kriegshandlungen zwischen moskautreuen Einheiten und den von Islamisten geführten Rebellen mehr gegeben, sondern „nur“ noch Guerilla-Aktionen. Auch der Flughafen von Grosny wurde nach zehn Jahren wieder eröffnet. Dennoch gilt die gesamte Kaukasusregion laut Ärzte ohne Grenzen weiterhin als Pulverfass. Scharf bewaffnete Soldaten sind nahezu allgegenwärtig. Die Bewohner müssen stets mit Entführungen, Morden oder Bombenanschlägen rechnen. Auch besteht die Gefahr, dass Menschen unverschuldet in einen Schusswechsel geraten. Problematisch ist auch die Menschenrechtssituation.

Der europäische Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg zeigte sich nach einem Besuch äußerst besorgt. In Gefängnissen werden Geständnisse – auch von Unschuldigen – durch Folter erzwungen. Zehntausende Flüchtlinge, die sich vor den Kämpfen in die Nachbarrepubliken gerettet hatten, sind bereits zurückgekehrt und versuchen, die kaputte Region wieder aufzubauen. Doch sie sind meist durch die überstürzte Flucht und längere Arbeitslosigkeit verarmt. Viele leiden unter Depressionen und Angstzuständen. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung - vor allem in kaum besiedelten Gegenden - ist schlecht. Chronische Erkrankungen, wie Lungen-, Herz-, Nieren- und Kreislauferkrankungen bleiben oft unbehandelt. Auch Tuberkulose ist in den Kaukasusregionen wieder auf dem Vormarsch.

Mangelernährung: Akute Mangelernährung ist mitverantwortlich für den Tod von jährlich fünf Millionen Kindern unter fünf Jahren. Betroffen sind besonders die Länder am Horn von Afrika, in der Sahelzone und in Südostasien. Besonders in Entwicklungsregionen ist die Ernährung vieler Menschen zu einseitig. Viele essen Tag für Tag nur Reis, Mais, Weizen oder

andere Grundnahrungsmittel. Diese enthalten zwar genug Nährstoffe, aber nicht das ganze Spektrum der Vitamine und Mineralstoffe, die ein Mensch benötigt. Mangelernährung wird deshalb oft auch als "versteckter Hunger" bezeichnet und kann furchtbare Folgen haben. Laut Ärzte ohne Grenzen könnte man viele Kinder durch die Verteilung nährstoffreicher Fertignahrung retten.


Jodmangel ist beispielsweise weltweit die häufigste Ursache für geistige Behinderungen bei Kindern. Aufgrund von Jodmangel während der Schwangerschaft kommen jedes Jahr etwa 18 Millionen Babys mit geistigen Behinderungen auf die Welt. Leidet eine werdende Mutter unter Folsäuremangel kann dies ebenfalls ihrem Baby schwer schaden. Jedes Jahr werden deshalb in Entwicklungsländern laut des Berliner Entwicklungshilfeministeriums rund 200.000 Kindern mit schweren Behinderungen geboren.

Schätzungsweise 40 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren in den Entwicklungsländern leiden unter Vitamin A-Mangel. Dies führt unter anderem zu Wachstumsstörungen und zu erhöhter Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten. Etwa eine Million Kinder sterben jedes Jahr an den direkten oder indirekten Folgen. Vitamin A ist besonders für die Sehfunktion wichtig. Fehlt es dem Körper dauerhaft, treten bleibende Augenschäden auf. In Entwicklungsländern erblinden jährlich zwischen 350.000 und 500.000 Kleinkinder, weil sie mit ihrer Nahrung zu wenig Vitamin A bekommen.

Eisenmangel in den ersten beiden Lebensjahren beeinträchtigt die geistige Entwicklung von 40 bis 60 Prozent aller Kinder in Entwicklungsländern. Bei Erwachsenen senkt konstanter Eisenmangel die Arbeitsproduktivität. Das Bruttoinlandsprodukt wird dadurch in einigen Ländern um schätzungsweise zwei Prozent verringert. Bei schwangeren Frauen, die an Eisenmangel leiden, erhöht sich das Risiko einer Früh- oder Totgeburt. Durch schweren Eisenmangel während der Schwangerschaft sterben weltweit jedes Jahr etwa 50.000 Frauen bei der Geburt ihres Kindes.

Tuberkulose: Jährlich sterben etwa zwei Millionen Menschen an Tuberkulose (TB). Weitere neun Millionen erkranken an der früher als Schwindsucht berüchtigten Infektionskrankheit. Die Tuberkulose führt die Statistik der tödlichen Infektionskrankheiten an, und die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass in den nächsten zehn Jahren 30 Millionen Todesfälle eintreten werden. Man geht davon aus, dass zwei Milliarden Menschen (das ist ein Drittel der Weltbevölkerung!) mit Tuberkulosebakterien infiziert sind; allerdings bricht die Krankheit nur bei jedem Zehnten aus.

Vor allem in den ärmsten Ländern sind Millionen der TB hilflos ausgeliefert. Stark betroffen sind afrikanische Länder, Süd- und Ostasien, einige lateinamerikanische Staaten sowie die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. TB grassiert besonders in den Elendsvierteln der „Dritten Welt“.

Eine rasche Verbreitung findet die Krankheit bei Menschen, deren Abwehrkräfte geschwächt sind: durch Unterernährung, katastrophale Wohnverhältnisse und nicht zuletzt durch die Immunschwäche Aids. Menschen, die sich mit HIV infiziert haben, sind eine besonders leichte Beute für die Tuberkulose-Bakterien. Jeder neunte Aidskranke weltweit stirbt an TB. Ihr Immunsystem ist durch HIV zu geschwächt, um die Bakterien in Schach zu halten. In Afrika südlich der Sahara spricht man bereits von einer Doppel-Epidemie: Wer dort TB hat, hat meistens auch Aids.

Weil Armut und Aids mehr und mehr um sich greifen, steigt die Zahl der TB-Kranken weltweit jährlich um ein bis zwei Prozent. In Afrika sind 20 Prozent der TB-Kranken Kinder, in den Elendsvierteln schätzungsweise sogar 40 Prozent.

Trotz der steigenden Krankheitszahlen gibt es seit 1960 kaum Fortschritte in der Behandlung, klagt Ärzte ohne Grenzen. Weltweit werden „nur“ 206 Millionen Dollar für die Forschung aufgewendet, dabei wären rund 900 Millionen Dollar nötig, um die Erforschung neuer Behandlungsmethoden effektiv voran zu treiben.

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