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Wissenschaft Risikobereitschaft

Dieser Gentest will das Krieger-Gen nachweisen

Dieser Mann besitzt unzweifelhaft das Krieger-Gen: Arnold Schwarzenegger in "Conan der Barbar" Dieser Mann besitzt unzweifelhaft das Krieger-Gen: Arnold Schwarzenegger in "Conan der Barbar"
Dieser Mann besitzt unzweifelhaft das Krieger-Gen: Arnold Schwarzenegger in "Conan der Barbar"
Quelle: dpa
Mit einem simplen Gentest können Männer herausfinden, ob sie Sieger sind – angeblich.

Haben Sie das Krieger-Gen? „Diese Genvariante bewirkt bei den Trägern eine erhöhte Risikobereitschaft und lässt sie zugleich Ihre Erfolgschancen in kritischen Situationen besser einschätzen.“ Das behauptet das Schweizer Unternehmen Igenea , auf dessen Internetseite Männer eine DNA-Analyse bestellen können, die ihnen sagt, ob sie zu den Trägern der Genvariante MAOA-L gehören.

„Risikobereitschaft und Erfolg können genetische Ursachen haben“, schreibt Igenea und bezieht sich auf eine Studie von Forschern des California Institute of Technology. Die fanden heraus, dass die Männer mit der Genvariante MAOA-L eher finanzielle Risiken in Kauf nahmen, aber nur dann, wenn es für sie vorteilhaft war.

Das klingt, als ob das sogenannte Krieger-Gen ihre Träger zu erfolgreichen Siegertypen macht. Doch weiter unten auf der Webseite findet sich auch folgender Satz: „Frühere Studien haben gezeigt, dass die MAOA-L-Variante auch für ein impulsiveres Verhalten und aggressiveres Verhalten verantwortlich sein kann.“

Was hat es denn nun mit dem Krieger-Gen auf sich? Das Monoamin-Oxidase-A-(MAOA)-Gen liegt auf dem X-Chromosom und produziert Enzyme, die für den Abbau von Neurotransmittern wie Adrenalin, Dopamin und Serotonin im Gehirn verantwortlich sind.

Neurotransmitter sind biochemische Botenstoffe, die Informationen von einer Nervenzelle zur nächsten übertragen und unsere Stimmung beeinflussen können. Durch das Enzym wird geregelt, wie hoch die Konzentration der Neurotransmitter ist. Ob die Enzyme dabei eine hohe oder eher niedrige Aktivität haben, ist genetisch veranlagt.

Der Zusammenhang von genetischen Mutationen am MAOA-Gen und Aggressivität war der Fachwelt bereits vor einigen Jahren aufgefallen. Wissenschaftler um Olivier Cases vom Institut Curie in Orsay hatten 1995 in einer Studie herausgefunden, dass Mäuse, denen das MAOA-Enzym gänzlich fehlte, durch ein Übermaß an Serotonin und Noradrenalin aggressiv wurden.

Das schien Befunde einer kleinen Studie zu bestätigen, die bereits zuvor eine niederländische Familie angeregt hatte. Die suchte nach den Ursachen für die überdurchschnittliche Gewaltbereitschaft ihrer männlichen Verwandten und beauftragte den Genetiker Hans Brunner vom Nijmegen Centre for Molecular Life Sciences.

Der Forscher entdeckte 1993 eine mögliche Erklärung. Die aggressiven Männer hatten eine Mutation im MAOA-Gen, das wie bei den Mäusen zum Mangel des MAOA-Enzyms führte.

Viele weitere Untersuchungen

Diese Entdeckung stieß eine Reihe anderer Untersuchungen an. Denn obwohl bei den meisten Menschen das Enzym einwandfrei funktioniert, vermuteten die Forscher einen Zusammenhang zwischen der genetisch vererbten Aktivität des Enzyms und aggressivem Verhalten.

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Die Genvarianten von MAOA standen bei Männern allerdings in keinem direkten Zusammenhang mit antisozialem und gewalttätigem Verhalten. Sie beeinflussten sie nur über Umwege, die zusätzlich zu den Genen wirkte.

So schützte die hochaktive Variante Männer, die in ihrer Kindheit misshandelt oder vernachlässigt worden waren und damit eigentlich ein höheres Risiko für antisoziale Verhaltensweisen hatten. Und die Genvariante MAOA-L, die eine niedrige Aktivität des Enzyms kennzeichnet, erhöhte bei Männern in einer Studie von Kevin Beaver vom College of Criminology and Criminal Justice in Florida das Risiko, bei schwierigem sozialen Hintergrund in gewalttätige Gangs zu geraten.

Kaum Aussage über Aggressivität

Eine Genmutation sagte also nicht viel über die Aggressivität ihrer Träger aus. Denn die Effekte traten immer nur auf, wenn bestimmte nicht-genetische Bedingungen auch vorhanden waren.

Und auch für Frauen waren die Ergebnisse lange unklar. Da das Gen auf dem X-Chromosom liegt, tragen Männer nur eine, Frauen aber zwei Kopien des Gens. Veränderungen am MAOA-Gen wirken sich so vermutlich bei Männern und Frauen unterschiedlich aus.

Viele Studien fanden bei Frauen gar keinen Effekt der Genvariante. Doch eine gemeinsame Studie des National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism und dem National Institutes of Health in den USA konnte zeigen, dass die Genvariante MAOA-L das Risiko für Alkoholismus erhöht, aber nur bei Frauen, die in der Kindheit sexuell missbraucht worden waren.

Die Ergebnisse all dieser Studien verdeutlichen, wie schwierig es ist, mit dem Erbgut ein bestimmtes Verhalten zu erklären. Tatsächlich ist das Zusammenspiel von Genen und Umwelt dafür verantwortlich, ob eine genetische Veranlagung sich im Verhalten niederschlägt oder nicht. Deshalb sprechen Forscher auch von erhöhten oder niedrigeren Risiken. Mit einfachen Gentests Gewaltbereitschaft oder Kampfgeist voraussagen zu wollen, ist etwas zu kurz gegriffen.

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