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STRATEGISCHE VORAUSSCHAU - La prospective

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Strategische<br />

Vorausschau<br />

Für Unternehmen<br />

und Regionen<br />

Michel Godet<br />

Philippe Durance


Michel Godet<br />

Philippe Durance<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong><br />

<strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

FÜR UNTERNEHMEN<br />

UND REGIONEN<br />

Übersetzt von Markus Pausch<br />

Überarbeitet von René <strong>La</strong>sserre


Michel GODET:<br />

Inhaber des Lehrstuhls für strategische Vorausschau am Conservatoire<br />

national des Arts & Métiers, Gründer und Ideengeber<br />

des Cercle des Entrepreneurs du Futur (Kreis der Unternehmer<br />

der Zukunft).<br />

Philippe DURANCE:<br />

Assoziierter Professor am Conservatoire national des Arts &<br />

Métiers (Schule für Management und Gesellschaft), aktives<br />

Mitglied des Cercle des Entrepreneurs du Futur.<br />

Die Publikation dieses Werks wurde ermöglicht durch eine Kooperation<br />

zwischen der Abteilung Prospective des Büros für strategische Planung<br />

der Unesco und des Cercle des Entrepreneurs du Futur. Dieser<br />

Kreis der Unternehmer der Zukunft ist eine gemeinsame Aktivität des<br />

Centre national de l'Entrepreneuriat CNE-CNAM (Staatliches Zentrum<br />

der Unternehmerschaft) und der Stiftung Prospective & Innovation.


Zum Geleit<br />

Hans d’Orville<br />

Stellvertretender Generaldirektor<br />

der UNESCO für strategische Planung<br />

Januar 2011<br />

„Wissen um voraus zu sehen und voraus zu sehen, um handeln zu<br />

können“. Dieser von Auguste Comte stammende Leitsatz<br />

beschreibt sowohl die Ziele der Prospective als auch die Maxime der<br />

UNESCO sehr treffend. Rund um die Handlungsfelder Bildung,<br />

Wissenschaft, Kultur und Kommunikation fördert die UNESCO die<br />

Produktion, die Verbreitung, die Anwendung und die Bewahrung<br />

von Wissen. Dieses Wissen wird als Instrument einer globalen Strategie<br />

zur Förderung des Friedens und einer Kultur des Friedens<br />

verstanden. Die Wissensgesellschaft und die Kraft eines integrativen<br />

Dialogs bilden die Basis für diesen Frieden.<br />

Im Gründungsakt der UNESCO aus dem Jahr 1945 wurde in der<br />

Präambel ein ebenso einfaches wie ambitioniertes Ziel formuliert,<br />

das von verschiedenen politischen und philosophischen, vor allem<br />

aber humanistischen Traditionen inspiriert war und durch internationale<br />

Kooperationen erreicht werden sollte. Dieses Ziel beruhte<br />

auf der Überzeugung, dass „…da die Kriege in den Köpfen der<br />

Menschen entstehen (…) auch der Friede in den Köpfen der Menschen<br />

gefestigt werden“ müsse. Diese vorausschauende Vision der<br />

UNESCO fordert dazu auf, die Anstrengungen aller betroffenen<br />

Akteure – von den Mitgliedstaaten, über die Zivilgesellschaft bis hin<br />

zu verantwortungsvollen Unternehmen und engagierten Bürgern<br />

zu fördern und zu unterstützen. Der erste, der diese Vision vertrat,<br />

war Gaston Berger, der 1946 als Mitglied der französischen Delegation<br />

an der ersten Generalversammlung teilnahm. An seiner Seite<br />

waren Léon Blum, René Cassin, Frédéric Joliot-Curie, Lucien<br />

Febvre oder auch François Mauriac vertreten. Heute, nach mehr als<br />

65 Jahren, hat sich unser Mandat auf viele Bereiche ausgedehnt und


IV<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong> <strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

an Ambition gewonnen. Die Förderung von Universalität und Vielfalt<br />

ist dabei nach wie vor die Basis unserer Anstrengungen.<br />

Wir haben heute eine große Verantwortung gegenüber der Zukunft<br />

– gegenüber unserer eigenen Zukunft und jener unserer<br />

Nachkommen. Wir sehen uns mit verschiedenen globalen Krisen<br />

konfrontiert, die eine Herausforderung für unsere Zivilisation,<br />

unsere Prosperität und unser Wohlbefinden darstellen. Wir sprechen<br />

heute von einer ganzen Reihe von Krisen: einer klimatischen und<br />

ökologischen Krise, einer Finanzkrise, einer ökonomischen und<br />

sozialen Krise, einer Armutskrise in bestimmten Regionen, einer<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaftskrise und einer Energiekrise. Durch die Vielzahl der<br />

betroffenen Bereiche ergibt sich eine große Gefahr für den Frieden,<br />

denn dieser beruht auf der Solidarität und den gemeinsam geteilten<br />

Werten unter den Menschen und Völkern. Die UNESCO bleibt als<br />

Akteur in der multilateralen Kooperation am Puls der Zeit, um aus<br />

der Gegenwart zu schöpfen und Ideen, Werte und Normen zu<br />

vertreten, die zur Entwicklung einer nachhaltigen moralischen und<br />

intellektuellen Infrastruktur in einer globalisierten Welt beitragen.<br />

Doch wie kann man diese Vision auch in entsprechende<br />

Handlungen übersetzen?<br />

Um von der erwünschten Zukunft zu einer realisierbaren und<br />

nachhaltigen Zukunft zu gelangen, bedarf es einer Brücke. Diese<br />

Brücke wird in der UNESCO mit Hilfe der strategischen Vorausschau<br />

gebaut. In den mittelfristigen Strategiepapieren und den auf<br />

zwei Jahre angelegten Programmen und Budgets werden die<br />

Visionen in Aktivitäten und konkrete Projekte übersetzt. Diese<br />

Projekte werden von den Mitgliedstaaten beschlossen und vom<br />

Sekretariat der UNESCO in Übereinstimmung mit den fünf Schlüsselfunktionen<br />

der Organisation realisiert.<br />

Die UNESCO erfüllt verschiedene Rollen und Funktionen. Sie ist<br />

ein Ideenlabor und ein normativer Rahmen, dessen Instrumente<br />

häufig in die nationale Rechtsetzung eingebunden sind. Sie ist auch<br />

ein Zentrum für den Austausch von Informationen und hilft beispielsweise<br />

bei der Vernetzung von Experten aus den neuen Bereichen<br />

der Wissenschaftsethik, speziell etwa aus der Bioethik. Die<br />

UNESCO trägt darüber hinaus zur Verbesserung von fachlichen<br />

Kapazitäten in den Mitgliedstaaten bei, indem sie Kompetenzen<br />

entwickelt und dauerhafte Institutionen gründet. Sie ist schließlich<br />

ein Katalysator für die internationale Kooperation und ermutigt ihre<br />

Mitgliedstaaten zu interkulturellem Dialog und internationalem<br />

Austausch. Zur Erfüllung dieser vielfältigen Aufgaben wird die stra-


© Dunod - <strong>La</strong> photocopie non autorisée est un délit.<br />

ZUM GELEIT V<br />

tegische Vorausschau als wichtiges Instrument eingesetzt, besonders<br />

wenn es um die Konkretisierung von Zielen und Erwartungen geht.<br />

Der Rückgriff auf die Verfahren, Mechanismen und Methodologien<br />

der Prospective gewinnt durch den globalen Kontext, in den die<br />

UNESCO als Teil der Vereinten Nationen eingebettet ist, sowie<br />

durch ihre Verbindung zu den einzelnen Mitgliedstaaten, zusätzlich<br />

an Bedeutung.<br />

Zwei der für uns wichtigen Dimensionen stehen in einer organischen<br />

Verbindung mit der strategischen Vorausschau. Einerseits<br />

müssen wir die Erhöhung der Kohärenz, die Genauigkeit und die<br />

Auswirkungen unserer Handlungen im Auge behalten. Es geht in<br />

der Prospective darum, vorauszusehen, um Ergebnisse zu verbessern.<br />

Andererseits sind wir aber auch angehalten, die Risiken zu<br />

verwalten und uns die Gefahren und Möglichkeiten zu erkennen,<br />

die oft unerwartet unsere interne und externe Umwelt beeinflussen.<br />

Es geht also auch um die Verpflichtung, Unsicherheiten abzusehen<br />

und abzuwägen.<br />

In der Organisationsstrategie, in Budgetfragen oder in der Personalpolitik<br />

muss man darauf achten, Risiken und Chancen zu erkennen,<br />

um die besten Ergebnisse zu erzielen. Die genannten Bereiche sind<br />

eng miteinander verbunden. Wenn man den Entwicklungen nicht<br />

bloß hinterherlaufen, sondern sie in eine bestimmte Richtung<br />

steuern möchte, dann muss man sie gleichermaßen berücksichtigen<br />

und beherrschen. Wir freuen uns besonders, dass wir mit der Vorlage<br />

dieses Handbuchs der strategischen Vorausschau für Unternehmen<br />

und Regionen eine fruchtbare Kooperation erneuern können, die in<br />

den 1990er Jahren schon das sehr bedeutende Werk „From anticipation<br />

to action“ 1 (Von der Antizipation zur Aktion) hervorgebracht<br />

hat.<br />

Antizipation und Vorausschau machen nur dann Sinn, wenn die<br />

entsprechenden Konzepte und Methoden den Akteuren in den<br />

öffentlichen und privaten Organisationen näher gebracht werden.<br />

Die Publikation dieses neuen Handbuches ist bestens geeignet, um<br />

zu zeigen, wie eine Organisation in einer Region bzw. im lokalen<br />

Bereich eine Vision und eine gemeinsame Sprache entwickeln kann,<br />

die von allen Betroffenen (Geschäftsführung, Personal, Sponsoren,<br />

Aktionären oder nationalen und lokalen Politikern) verstanden wird.<br />

1. Michel Godet (1994), From anticipation to action. A handbook of Strategic<br />

<strong>prospective</strong>, UNESCO Publishing, veröffentlicht in der Sammlung Futureoriented<br />

studies.


VI<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong> <strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

Setzen wir uns daher auch weiterhin dafür ein, eine Kultur der<br />

Vorausschau, der Hartnäckigkeit, der Neugierde und der Kreativität<br />

zu fördern, um unsere Welt ein Stück nachhaltiger und friedlicher zu<br />

machen.


Inhaltsverzeichnis<br />

Zum Geleit III<br />

Vorwort : Die Zukunft vorhersehen oder sie gestalten? XI<br />

Einleitung : Die Grundlagen der strategischen Vorausschau 1<br />

Kapitel 1<br />

Methodische Genauigkeit<br />

für eine intellektuelle „Undisziplin“<br />

I. Strategische Planung, Prospective und Strategie 12<br />

1. Eine notwendige Klärung der Konzepte 14<br />

2. Von den Wünschen der Prospective zu den Realitäten<br />

der Strategie 16<br />

3. Welche Strategie für welches Ausmaß an Unsicherheit? 16<br />

4. Vier Haltungen gegenüber der Zukunft 17<br />

5. Fünf fundamentale Fragen zur Gestaltung der Zukunft 18<br />

6. Die Entwicklungsfaktoren sind in erster Linie endogen 19<br />

II. Fünf Schlüsselideen der Prospective 21<br />

1. Die Welt verändert sich, aber die Probleme bleiben 21<br />

2. Die Zukunft ist ein Kind des Zufalls, der Notwendigkeit<br />

und des Willens 22<br />

3. Gegen das Verkomplizieren des ohnehin Komplexen 23<br />

4. Die richtigen Fragen stellen und konventionelle Ideen meiden 24<br />

5. Von der Antizipation über die Appropriation zur Handlung 25<br />

III. Die strategische Vorausschau 27<br />

1. Die strategische Planung durch Szenarien 27<br />

2. Vorgehensweise und Arbeitsphasen 29<br />

3. Maßnahmen und Instrumente zur methodischen Genauigkeit 32<br />

4. Modulartige und kontingente Anwendungen 33<br />

5. Fallstudie: Szenarioplanung bei Axa France 34<br />

6. Strategische Vorausschau unter Einbeziehung der Basis 36


VIII<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong> <strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

IV. Von der richtigen Verwendung der Methoden<br />

und Instrumente 40<br />

1. Der Traum des Nagels und das Risiko des Hammers 40<br />

2. Wozu dient ein Szenario? 42<br />

3. Wie bewertet man die Qualität eines Szenarios? 44<br />

4. Der Teufel steckt (oft) im Detail 45<br />

5. Die Zukunfts-Workshops der strategischen Vorausschau 46<br />

Kapitel 2<br />

Von den Problemen zu den Methoden<br />

I. Die Szenario-Methode: ein Überblick 50<br />

1. Die Dynamik von Szenarien 50<br />

2. Die Erarbeitung von Szenarien 51<br />

3. Nutzen und Grenzen 53<br />

II. Start des Prozesses: DIE Zukunfts-wOrkshops<br />

der Prospective 55<br />

1. Die unterschiedlichen Typen von Zukunfts-Workshops 55<br />

2. Die Implementierung der Zukunfts-Workshops 57<br />

3. Nutzen und Grenzen 58<br />

III. Entwicklung einer strategischen Diagnose<br />

des Unternehmens 59<br />

1. Der Kompetenzbaum 59<br />

2. Die Methoden und Instrumente der strategischen Analyse 62<br />

3. Die strategische Diagnose 63<br />

IV. Identifizierung der Schlüsselvariablen 66<br />

1. Die Arbeitsschritte der Strukturanalyse 66<br />

2. Die unterschiedlichen Variablen und ihre Interpretation 69<br />

3. Das Auffinden von versteckten Variablen 70<br />

4. Nutzen und Grenze 71<br />

V. Die Akteursanalyse 73<br />

1. Die Phasen der Analyse 73<br />

2. Nutzen und Grenzen 76


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ÌNDICE IX<br />

VI. Abklärung des Möglichen und Reduzierung<br />

der Unsicherheiten 77<br />

1. Die morphologische Analyse 77<br />

2. Die Delphi-Befragung 82<br />

3. Der Abakus von Régnier 85<br />

4. Die Wechselwirkungsanalyse (Cross-Impact-Analyse) 87<br />

VII. Das evaluieren der strategischen Möglichkeiten 89<br />

1. Relevanzbaumanalyse 90<br />

2. Multipol 92<br />

Kapitel 3<br />

Die regionale Vorausschau<br />

I. Anfänge und Entwicklung der regionalen Vorausschau 96<br />

1. Planung, Prospective und regionales Management 96<br />

2. Ein seit kurzem günstiger legislativer Kontext<br />

in Frankreich und Europa 106<br />

II. Die regionale Vorausschau ist eine strategische<br />

Vorausschau 108<br />

1. Der Zugang der Prospective 108<br />

2. Ein strategischer Zugang 109<br />

3. Ein partizipativer Prozess 113<br />

4. Die drei Bücher: blau, gelb und grün 113<br />

III. Regionale Vorausschau und Organisationslehre 115<br />

1. Die Studien der Prospective 115<br />

2. Die Entscheidungshilfe 116<br />

3. Die Mobilisierung der Stakeholder 116<br />

4. Ablauf von Wandel und Veränderungsprozessen 117<br />

IV. Einige Fallen, die es zu vermeiden gilt 118<br />

1. Das Risiko der partizipativen Demagogie 118<br />

2. Government und Governance dürfen nicht verwechselt werden 119<br />

3. Zu viele Szenarien und zu wenige endogene Projekte 120


X<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong> <strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

Kapitel 4<br />

Szenarien: Instrumente der Strategie<br />

und des Managements<br />

I. Von der richtigen Anwendung der Szenarien:<br />

Shell und INRA 126<br />

II. Prospective im bereich des Flugverkehrs bis 2050 128<br />

1. Grundlegende Wendepunkte und Brüche 129<br />

2. Veränderungen mit Auswirkungen auf Nachfrage<br />

und Konsumverhalten 131<br />

3. Die Entwicklung der Parameter des Angebots: 134<br />

4. Fragen der Regulierung 138<br />

III. Zwei Szenarien für die <strong>La</strong>ndwirtschaft 140<br />

1. Szenario 1: Wenn blinder Liberalismus den ländlichen<br />

Raum zerstört 140<br />

2. Szenario 2: Frankreichs Bauern spezialisieren sich<br />

auf Gartenbau 143<br />

IV. Die ANAH 2010, eine zielgerichtete Prospective 146<br />

1. Explorative Szenarien 148<br />

2. Von den Vorurteilen zu handlungsrelevanten Ideen: 152<br />

3. „Die ANAH ist kompliziert“ 154<br />

4. Welche Kompetenzen für die ANAH? 154<br />

5. Strategische Ziele und Mittel: 156<br />

6. … von der Strategie zur Reorganisation 158<br />

Konklusion : Die Schlüssel zur Exzellenz<br />

in unternemehrischer und regionaler Vorausschau 161<br />

Anhang : Wie ich Zukunftsforscher wurde 169<br />

Literaturliste 179


Vorwort<br />

Die Zukunft vorhersehen<br />

oder sie gestalten?<br />

Die Übersetzung dieses einführenden Werks über die strategische<br />

Vorausschau 1 beginnt mit einer schwierigen Frage: wie kann man<br />

das französische Konzept der „Prospective“ treffend übersetzen? In<br />

den romanischen Sprachen wie Spanisch oder Portugiesisch lässt sich<br />

rasch ein Äquivalent finden. Eine Übersetzung ins Englische stellt<br />

hingegen schon eine echte Herausforderung dar. Es gab lange Zeit<br />

kein passendes Wort für „Prospective“, denn weder „Futurology“<br />

noch „Futures Studies“ noch „Forecasting“ treffen das, was mit<br />

dem französischen Konzept gemeint ist. Vor allem „Forecasting“ ist<br />

zu sehr von der ökonomischen Modellierung und der technologischen<br />

Vorausschau geprägt. In meinen bisherigen Arbeiten in englischer<br />

Sprache wurde das Problem einfach umgangen. So wurde das<br />

Wort „Prospective“ im Titel eines Werks etwa auf Anraten von Igor<br />

Ansoff, der das Vorwort verfasst hatte, durch „scenarios“ 2 (Godet,<br />

1987) ersetzt. In einem anderen Fall wurde der Titel in „Creating<br />

Futures“ geändert (Godet 2006). Nur einmal habe ich die Formulierung<br />

beibehalten, und zwar für das Buch „From Anticipation to<br />

Action: A Handbook of Strategic Prospective“ (Godet, 1994).<br />

Dieser Titel sorgte in der englischsprachigen Welt für Aufmerksamkeit.<br />

Er wurde schließlich beim Internetanbieter Amazon aus<br />

Gründen der Verständlichkeit durch den Zusatz „Future-oriented<br />

Studies“ präzisiert.<br />

Anfang der 1990er Jahre lautete der englische Name für die Abteilung<br />

für Vorausschau in der Europäischen Kommission „Forward<br />

Unit“. Im Rahmen eines europäischen Treffens, das 1993 von Ispra<br />

1. Wir danken dem Verleger für die Erlaubnis, dieses Buch übersetzen und in<br />

mehreren Sprachen verbreiten zu dürfen.<br />

2. Scenarios and Strategic Management anstatt Prospective et planification stratégique.


XII<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong> <strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

(IPTS 1993) organisiert wurde, haben wir gemeinsam mit Ian Miles<br />

das Konzept „Profutures“ (eine Kombination aus „Prospective“ und<br />

„Futures“) ins Leben gerufen. Zu dieser Zeit hieß das Institut von<br />

Ian Miles an der Manchester University „Strategic Prospective“<br />

(Miles 2010). Wir hofften damals darauf, dass sich das Konzept der<br />

Prospective auf diese Weise in der englischen Sprache durchsetzen<br />

würde (Bain/Roubelat 1994; IPTS 1995; Godet 1979). Wir fragten<br />

uns, ob die Publikation von grundlegenden Texten, die in den USA<br />

einige Jahrzehnte zuvor in einem Versuch von André Cournand und<br />

Maurice Lévy (1973) oder Philippe de Seynes (Godet 1979)<br />

gescheitert war, nun in Europa gelingen würde. Die Hoffnungen<br />

erfüllten sich allerdings nicht, was nicht zuletzt an der passiven<br />

Haltung der Europäischen Kommission lag, die sich zwar von der<br />

französischen Schule der Prospective inspirieren ließ, aber ansonsten<br />

nichts dazu beitrug, um sie zu stärken. Die Dominanz des Englischen<br />

setzte sich durch und führte zur Etablierung des Konzepts der<br />

„Foresight“, das Ende der 1990er Jahre aufkam. Aber schließlich<br />

geht es nicht um die Verpackung, sondern um den Inhalt. Um aber<br />

wirklich von einer Annäherung der Foresight an die Inhalte der<br />

Prospective, wie sie in diesem Werk beschrieben werden, sprechen<br />

zu können, müsste man das Konzept als „Strategic Foresight“ bezeichnen.<br />

Aus den genannten Gründen hat es mehrere Jahre gedauert, bis das<br />

Konzept der Prospective ins Englische übersetzt wurde. Man<br />

verwendete lange Zeit den französischen Begriff „la <strong>prospective</strong>“,<br />

um diese Disziplin des Vorausschauens im Dienste gegenwärtiger<br />

Entscheidungen und Handlungen zu benennen und sie im Lichte<br />

von möglichen und wünschenswerten Zukünften abzubilden. Erst<br />

1996 hat Ben R. Martin in einem mittlerweile historischen Artikel<br />

das Konzept der „Foresight“ eingeführt und darin die Ähnlichkeiten<br />

zur französischen „<strong>prospective</strong>“ thematisiert: „…der Ausgangspunkt<br />

der Foresight ist ebenso wie bei „la <strong>prospective</strong>“ in Frankreich die<br />

Überzeugung, dass es mehrere mögliche Zukünfte gibt“ (Martin<br />

1996; 2010).<br />

Diese Übersetzung ist allerdings nur eine Annäherung, denn<br />

obwohl es in der „Foresight“ die Idee von partizipativen Diskussionen<br />

ähnlich wie in der modernen Prospective gibt, fehlen ihr das<br />

Projektverständnis und die Proaktivität. Die Erstellung von Aktionsplänen<br />

zur Herbeiführung von erwünschten Veränderungen und<br />

zur Umsetzung eines Projekts ist in der Foresight nicht vorgesehen.<br />

Daher ist es aus unserer Sicht notwendig, die Bezeichnung „Stra-


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VORWORT XIII<br />

tegic Foresight“ zu verwenden, da dieser Begriff näher an die Prospective<br />

der französischen und lateinamerikanischen Tradition herankommt.<br />

Im vorliegenden Werk verwenden wir „Strategic Foresight“<br />

und „Strategic Prospective“ gleichbedeutend, um die Prospective zu<br />

beschreiben.<br />

Einige Überlegungen zu den Unterschieden zwischen den USamerikanischen<br />

und den europäischen Konzepten der<br />

Prospective 1<br />

„Diese Spezialausgabe wurde von Personen vorbereitet und erarbeitet,<br />

die in vielen Unterrichtsstunden die Prospective erlernt haben. Die<br />

Gastherausgeber, der Chefredakteur und mehrere Autoren hatten<br />

Gelegenheit, die Prospective in ihrer - sowohl am amerikanischen<br />

Kontinent als auch in Europa praktizierten - Anwendung zu studieren.<br />

Es gab zwischen uns eine stillschweigende Übereinstimmung darüber,<br />

was die „strategic foresight“, ihre Konzepte und Praktiken ausmachte.<br />

Deswegen waren wir überzeugt davon, auf relativ einfache Art und<br />

Weise eine Zusammenführung der beiden grundlegenden Methodologien<br />

der Vorausschau, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden<br />

waren, ermöglichen zu können. Und das, obwohl sich die Ansätze in<br />

ihrer Entstehung radikal voneinander zu unterscheiden schienen: Da<br />

gab es auf der einen Seite den amerikanischen Weg, der auf einer im<br />

militärischen Bereich entstandenen und sehr weit fortgeschrittenen<br />

„technologischen Vorausschau“ beruhte. Auf der anderen Seite stand<br />

der französische Weg mit einer fundierten vorausschauenden Haltung<br />

und einer philosophischen Entscheidungskritik als Basis der Prospective,<br />

die sich Werten wie Freiheit verpflichtet sah und viel Platz für die<br />

Reflexion über die Finalitäten von Handlungen einräumte […]<br />

Im Rahmen unserer vielen Diskussionen sind allerdings Widersprüche<br />

aufgetaucht, die sich in den verschiedenen Beiträgen wiederfinden.<br />

Der erste Widerspruch betrifft unmittelbar den Begriff „Foresight“,<br />

der sich dem Terminus „Prospective“ nur dann annähert, wenn man<br />

ihn um „strategic“ erweitert, also von „Strategic Foresight“ spricht.<br />

Der so genannte „American style“ beschränkt „Foresight“ auf das Bild<br />

einer vorgegebenen Zukunft. Im berühmten Brundtland-Bericht der<br />

Vereinten Nationen aus dem Jahre 1987 wird der in der englischen<br />

Originalfassung benutzte Begriff „Foresight“ in der französischen Version<br />

mit „intuition“ übersetzt. Dieses Beispiel zeigt die Schwierig-<br />

1. Dieser Auszug ist der Einführung zu einer Spezialausgabe der Fachzeitschrift<br />

Technological Forecasting and Social Change entnommen, welche der strategischen<br />

Vorausschau gewidmet war und von Joseph Coates, Philippe Durance<br />

und Michel Godet im November 2010 veröffentlich wurde (vol. 77, n˚ 9).


XIV<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong> <strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

keiten sehr deutlich auf. Aus dieser Perspektive heraus kann das Wort<br />

„Foresight“ nämlich nicht verwendet werden, um einen Prozess mit<br />

seinen Instrumenten zu beschreiben. Der französische Ansatz der<br />

„Prospective“ beinhaltet hingegen ähnlich wie sein von uns vorgeschlagenes<br />

Äquivalent „Strategic foresight“ sowohl den Prozess als<br />

auch das Resultat des Prozesses, das sich in Handlungen niederschlägt.<br />

Dieser erste Widerspruch gegen eine allzu umstandslose Gleichsetzung<br />

von „Foresight“ und „Prospective“ begründet auch den<br />

zweiten Widerspruch, der sich auf die konkrete Praxis bezieht. Wenn<br />

man „Foresight“ ausschließlich als Resultat versteht, dann beschränkt<br />

sich die Rolle des Experten darauf, den Kunden die Bilder von vorgegebenen<br />

Zukünften zu präsentieren, ohne dass diese sich um<br />

Methoden oder Vorgehensweisen kümmern müssten. Das zieht zwei<br />

wichtige Konsequenzen nach sich. Erstens ist der Prozess, der zur<br />

Entstehung von Zukunftsbildern führt, auch wenn er transparent<br />

angelegt ist, dem „Futuristen“ vorbehalten. Der Kunde nimmt an dieser<br />

Arbeit nicht teil. Dieser Aspekt der „Foresight“ ist ohne Zweifel<br />

der größte Widerspruch zur französischen Prospective. Denn für diese<br />

ist es von fundamentaler Bedeutung, dass die Kunden als Produzenten<br />

in die Arbeit mit eingebunden werden. […] Zweitens wird durch die<br />

Beschränkung der Vorausschau auf ein Resultat auch die Entscheidungsebene<br />

und die Vorbereitungsarbeit, die zu diesen Resultaten<br />

führen, ignoriert. Der Kunde erhält lediglich die Visionen als Ergebnisse,<br />

auf die er sich dann einstellen und vorbereiten kann. Der „American<br />

style“ spricht übrigens nicht aufgrund einer durchzuführenden<br />

Strategieentwicklung von „Strategic foresight“, sondern rein aufgrund<br />

eines der operativen Planung übergeordneten Arbeitshorizonts. Das<br />

französische Konzept hingegen ist grundsätzlich strategisch angelegt,<br />

weil die „Prospective“ direkt an das strategische Handeln angebunden<br />

ist. Im Rahmen einer Organisation macht das Erforschen möglicher<br />

und wünschenswerter Zukünfte nur dann einen Sinn, wenn es darauf<br />

ausgerichtet ist, die Entscheidungen und Handlungen direkt zu beeinflussen.<br />

Um sicher sein zu können, dass die Strategie die für die Organisation<br />

adäquate und bestmögliche ist, muss sie auf fundamentalen<br />

Kenntnissen des Umfelds, seiner Dynamiken und der Rahmenbedingungen<br />

beruhen.<br />

Abgesehen von diesen Widersprüchen gibt es dennoch zwei große<br />

Prinzipien, die beide Herangehensweisen teilen, die also sowohl für<br />

die Prospective als auch für die „Strategic foresight“ konstitutiv sind.<br />

Das ist zum einen die Überzeugung, dass der menschliche Wille in der<br />

<strong>La</strong>ge ist, die Zukunft zu beeinflussen, indem er das zu erreichen sucht,<br />

was er für wünschenswert erachtet. Damit ist zum anderen die moralische<br />

Verpflichtung verbunden, über die Zukunft und die Folgen der


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VORWORT XV<br />

eigenen Handlungen nachzudenken. Ebenso teilen die beiden Ansätze<br />

das wichtige Ziel der Prospective, die impliziten Vorannahmen und<br />

Vorurteile der Menschen aufzudecken und in Frage zu stellen, um sie<br />

eventuell auch ändern zu können. Schließlich teilen sie auch die<br />

großen Linien der Methoden der Vorausschau (die Beschreibung des<br />

untersuchten Systems, die Identifikation von Schlüsselvariablen und<br />

Akteuren, die Formalisierung von Trends, die Beschreibung möglicher<br />

Zukünfte, die Wahl einer erwünschten Zukunft, etc.), sowie zahlreiche<br />

konkrete Techniken und Instrumente (Wechselwirkungsanalyse, morphologische<br />

Analyse, Szenarien, etc.). Auch wenn die beiden Konzepte<br />

teilweise unvereinbar scheinen mögen, so sind sie sich heute<br />

doch viel näher als vor sechzig Jahren.“<br />

Joseph Coates, Philippe Durance, Michel Godet<br />

Diese intellektuelle „Undisziplin“ ist notwendigerweise transdisziplinär<br />

und beinhaltet eine globale und systematische Vision, in der<br />

die Akteure und die Variablen eine Schlüsselrolle bei der Konstruktion<br />

einer – stets als gestaltbar und offen begriffenen - Zukunft<br />

spielen. Die Zukunft ist die Frucht des Willens, der von unseren<br />

Projekten, unseren Wünschen und Träumen getragen wird.<br />

Der Philosoph Gaston Berger (1957b) gilt als Vater der Prospective,<br />

die er in einem bahnbrechenden Artikel im Jahre 1957 begründete.<br />

Er war Schüler des Philosophen Maurice Blondel, der die Zukunft<br />

als einen Bereich verstand, den es zu konstruieren gilt – und zwar<br />

auf Basis der Materialien und Notwendigkeiten der Vergangenheit:<br />

„Die Zukunft kann man nicht vorhersehen, aber man kann sie<br />

vorbereiten“, sagte er. Gaston Berger ging einen Schritt weiter und<br />

stellte fest: „Die Zukunft ist der Grund für die Existenz der<br />

Gegenwart“, und ein großer Teil unserer Handlungen erkläre sich<br />

durch die Projekte, durch die sich diese Handlungen rechtfertigen.<br />

Diese Ideen sind zugegebenermaßen nicht neu. Sie finden sich<br />

schon in den Schriften von Aristoteles und in seiner Unterscheidung<br />

von Wirkursachen, die etwas auslösen, und Zweckursachen, die<br />

unsere Handlungen rechtfertigen. Auch das Konzept der Projekte<br />

und der zur Umsetzung dieser Projekte ausgearbeiteten Pläne ist<br />

nicht neu. Man findet es schon bei Seneca, für den es keinen günstigen<br />

Wind für den gab, der nicht weiß, wohin er segelt.<br />

Für die Prospective ist die Zukunft im Wesentlichen nicht festgeschrieben,<br />

sondern durch entscheidungsfreudige und durchsetzungskräftige<br />

Akteure erst zu konstruieren. Die Antizipation teilt sich in<br />

sich gegenseitig ergänzende Haltungen ein, die aber häufig voneinander<br />

getrennt werden: die Präaktivität und die Proaktivität. Die


XVI<br />

<strong>STRATEGISCHE</strong> <strong>VORAUSSCHAU</strong><br />

erstere versucht, vorhersehbare Veränderungen zu antizipieren,<br />

damit man sich besser auf diese vorbereiten und von ihnen profitieren<br />

kann. Diese Haltung findet man in den Zugängen der<br />

„Futures Studies“, des „Forecasting“ und der Szenarioplanung<br />

wieder. Die zweite Haltung, die Proaktivität genannt wird, versucht<br />

erwünschte Veränderungen durch proaktive Handlungen herbeizuführen<br />

(beispielsweise Innovationen zur Eroberung von<br />

Märkten).<br />

Die Prospective von Gaston Berger, auf die wir uns beziehen, ist also<br />

zu allererst ein kritisches Reflektieren gegenwärtiger Handlungen im<br />

Lichte möglicher und erwünschter Zukünfte 1 . Diese voluntaristische<br />

Vision wird in Familienunternehmen ganz selbstverständlich als<br />

„strategische Planung“ bezeichnet. Bei manchen Vertretern einer<br />

reinen Marktwirtschaft ruft sie aber auch Skepsis und Ablehnung<br />

hervor, da diese voll auf die Marktmechanismen vertrauen und daher<br />

ökonomische und soziale Planung für unnötig halten. Die Prospective<br />

hingegen widmet sich auch den Fragen einer nachhaltigen<br />

Entwicklung, der Verantwortung gegenüber der Zukunft,<br />

gegenüber dem Planeten sowie gegenüber kommender Generationen,<br />

oder dem Thema der Regulierung der Finanzmärkte für eine<br />

bessere Steuerung des Finanzsystems. Eine Beschäftigung mit diesen<br />

Fragen resultiert aus der von der Prospective vertretenen Vision.<br />

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Dieses Werk bietet eine Einführung in die strategische Vorausschau<br />

und einen Überblick über das weite Feld, das ich vor etwa zwanzig<br />

Jahren im Handbuch der Strategischen Vorausschau dargestellt habe.<br />

Ich stütze mich dabei auf meine 40jährige Erfahrung als Forscher,<br />

Professor und Berater für Unternehmen und Regionen (Godet<br />

2007).<br />

1. Die Herangehensweise der „Futuribles“ (ein Wortspiel aus „futurs possibles“)<br />

wurde einige Jahre zuvor von Bertrand de Jouvenel eingeführt und bewegt<br />

sich mehr im spekulativen Bereich der Antizipation. In seinem Buch Die<br />

Kunst der Vorausschau von 1964 verwendet Jouvenel kein einziges Mal den<br />

Begriff „Prospective“. Ich fragte ihn Ende der 1970er Jahre, warum er das<br />

Konzept der Prospective von Gaston Berger nicht erwähnt hatte, dessen Buch<br />

auf einer der ersten Seiten seines Werks für seine wichtige Bedeutung für die<br />

Sozialwissenschaft zitiert wurde. Seine Antwort lautete ganz einfach: „Wozu<br />

hätte das gut sein sollen, wo es doch das gleiche war?“ Die Geschichte hat das<br />

Konzept der Prospective bewahrt, während jenes der „Kunst der Vorausschau“<br />

(conjecture) in Vergessenheit geraten ist. Im Übrigen ist aber Vorsicht<br />

angebracht: Die „conjecture“ über mögliche Zukünfte ist riskant, denn sie<br />

führt häufig dazu, dass zu viele Szenarien entworfen und die Projekte vergessen<br />

werden.


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VORWORT XVII<br />

Ich bereite in meiner Institution zurzeit einen Generationenwechsel<br />

vor und freue mich daher besonders, dieses Buch gemeinsam mit<br />

Philippe Durance herauszugeben, dem treuesten, effizientesten und<br />

vielversprechendsten meiner Mitarbeiter. Seine Arbeit über Gaston<br />

Berger, die er unter der Betreuung von Jacques Lesourne am CNAM<br />

durchgeführt hat, wird mit Sicherheit breite Beachtung finden 1 .<br />

Die französische Schule der Prospective hat – von der Ferne<br />

betrachtet – über ihre 50jährige Existenz hindurch nichts an Strahlkraft<br />

eingebüßt. Wir haben stets versucht, ihre Flamme durch die<br />

Erarbeitung von strengen und partizipativen Methoden am Brennen<br />

zu halten, haben die Verwendung rationaler Instrumente betont,<br />

um die Komplexität zu reduzieren, um kreatives Denken mit<br />

Methoden zu bereichern und auf diese Weise gesellschaftliche Inkohärenzen<br />

zu vermeiden.<br />

Seit 2003 hatte ich dank des Cercle des Entrepeneurs du Futur (Kreis<br />

der Unternehmer der Zukunft), dem über 50 große Unternehmen 2 ,<br />

angehören, das große Vergnügen, diese strengen Methoden<br />

anzuwenden – Schlüsselvariablen zu identifizieren, Akteursanalysen<br />

durchzuführen, Szenarien zu konstruieren, ihre Wahrscheinlichkeit<br />

zu prüfen, anhand von verschiedenen Kriterien auszuwählen. Die<br />

Ergebnisse stehen kostenlos in drei Sprachen (Französisch, Englisch,<br />

Spanisch) im Internet zur Verfügung. In den letzten fünf Jahren gab<br />

es mehr als 40.000 Downloads, davon fast 40 % in <strong>La</strong>teinamerika,<br />

was den weltweiten Einfluss der französischen Prospective<br />

eindrucksvoll unter Beweis stellt.<br />

Am schwierigsten ist es immer, im eigenen <strong>La</strong>nd geschätzt zu<br />

werden. So haben wir es leider nicht geschafft, dasselbe Interesse<br />

unter den öffentlichen Einrichtungen und Akteuren zu erwecken,<br />

1. Für die Übersetzung ins Deutsche bedanken sich die Autoren bei Dr. Markus<br />

Pausch vom Zentrum für Zukunftsstudien der Fachhochschule Salzburg, der<br />

diese mit Unterstützung von René <strong>La</strong>sserre, Direktor des Centre d’information<br />

et de recherche sur l’Allemagne (CIRAC) der Universität Cergy-Pontoise<br />

durchgeführt hat.<br />

2. Der Cercle des Entrepreneurs du Futur entstand im Jahre 2003 und umfasst<br />

etwa fünfzig Mitglieder. Sein wichtigstes Anliegen ist es, zur Wissensgesellschaft<br />

beizutragen und das Unternehmertum in innovativen und alternativen<br />

Ideen zu unterstützen. (siehe http://www.la<strong>prospective</strong>.fr/cercle-des-entrepreneurs.html).<br />

Dank dieses Arbeitskreises sind die Instrumente der Prospective<br />

gratis in mehreren Sprachen abrufbar. Im Jahre 2010 ist der Cercle des<br />

Entrepreneurs du Futur zu einem Programm der Fondation Prospective et<br />

Innovation geworden. Präsident dieser Organisation ist der ehemalige französische<br />

Ministerpräsident Jean-Pierre Raffarin (siehe http://www.<strong>prospective</strong>innovation.org/).

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