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K0-Strahlenschutz

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<strong>K0</strong><br />

Physikalisches Grundpraktikum<br />

Abteilung Kernphysik<br />

<strong>Strahlenschutz</strong><br />

Die radioaktiven Präparate werden NUR vom zuständigen Assistenten in die Apparatur<br />

eingesetzt. Die Praktikumsteilnehmer dürfen NICHT selbst mit den Präparaten<br />

hantieren!<br />

1 UmgangmitradioaktivenStoffen<br />

Beim Umgang mit radioaktiven Stoffen sind besondere Schutzvorschriften zu beachten. Gesetzlich sind<br />

diese in der <strong>Strahlenschutz</strong>verordnung (StrlSchV) festgelegt, deren Zweck es ist,“zum Schutz des Menschen<br />

und der Umwelt vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung Grundsätze und Anforderungen<br />

für Vorsorge- und Schutzmaßnahmen zu regeln, die bei der Nutzung und Einwirkung radioaktiver<br />

Stoffe und ionisierender Strahlung zivilisatorischen und natürlichen Ursprungs Anwendung finden“<br />

(Zitat § 1 StrlSchV [1]).<br />

2 Strahlungsarten<br />

Beim Zerfall instabiler Atomkerne (radioaktive Substanzen) trittα-,β- und/oderγ-Strahlung auf. (α:<br />

schnelle 4 He-Kerne,β − /β + : Elektronen/Positronen,γ: elektromagnetische Strahlung hoher Energie).<br />

Neutronen (n) entstehen z. B. beim Betrieb von Kernreaktoren. Protonen (p), Deuteronen (d) und schwere<br />

geladene Teilchen treten z. B. bei Kernreaktionen auf, die an Teilchenbeschleunigern durchgeführt<br />

werden. Als Aktivität einer radioaktiven Substanz bezeichnet man die Zahl der Zerfälle pro Zeiteinheit.<br />

ȧ= Zerfälle<br />

Zeiteinheit<br />

[ȧ]=1Bq= Zerfall<br />

Sekunde<br />

(1)<br />

Die Einheit Becquerel (Bq) wird nur für die Größe „Aktivität“ benutzt. Dimensionsgleich ist die Frequenz<br />

f oderν, [f ]=[ν]=Hz, die zur Beschreibung periodischer Vorgänge verwendet wird.<br />

3 Definitionenund EinheitenderDosis<br />

In der <strong>Strahlenschutz</strong>verordnung sind verschiedene Größen verankert, deren Kenntnis für die Messung<br />

radioaktiver Strahlung und die Beurteilung des Gefährdungspotenzials notwendig sind.<br />

3.1 Energiedosis D<br />

Der Strahlenschaden ist proportional zu der in Materie bzw. im Körpergewebe deponierten Energie. Die<br />

Energiedosis D, deren Einheit das Gray (Gy) ist, wird daher definiert als die pro Masseneinheit∆m<br />

deponierte Energie∆W abs .<br />

D= ∆W abs<br />

∆m<br />

[D]=1Gy=1 J<br />

kg<br />

(alte Einheit : 1 rad = 1Gy/100) (2)<br />

<strong>K0</strong>|Seite1von5|11.03.2009 1


3.2 Äquivalentdosis H<br />

Der biologische Schaden hängt jedoch nicht nur von der Energiedosis, sondern auch von der Art der<br />

Strahlung ab. Man berücksichtigt dies durch den Strahlungs-Wichtungsfaktor w R und definiert die Äquivalentdosis<br />

H, die in Sievert (Sv) angegeben wird.<br />

H= w R·D [H]=1Sv=1 J<br />

kg<br />

(alte Einheit: 1 rem = 1 Sv/100) (3)<br />

Der Strahlungs-Wichtungsfaktor w R (Englisch: radiation, weight) hängt von der Ionisierungsdichte der<br />

Strahlung ab und ist in der folgenden Tabelle in Abhängigkeit der Teilchenart und -energie angegeben.<br />

Die Äquivalentdosis ist in der Personendosimetrie, wenn also Dosis am Körper bestimmt wird, gleichbedeutend<br />

mit der Organdosis der Haut.<br />

Art Energiebereich w R<br />

Photonen alle Energien 1<br />

Elektronen und Myonen alle Energien 1<br />

Neutronen < 10 keV 5<br />

10 keV bis 100 keV 10<br />

> 100 keV bis 2 MeV 20<br />

> 2 MeV bis 20 MeV 10<br />

> 20 MeV 5<br />

Protonen (außer Rückstoßprotonen) > 2 MeV 5<br />

α-Teilchen, Spaltfragmente, schwere Kerne 20<br />

Tabelle1: Strahlungs-Wichtungsfaktor w R inAbhängigkeit von der Teilchenart und-energie<br />

3.3 EffektiveÄquivalentdosisHeff<br />

Bei Teilkörperbestrahlung (inhomogenes Strahlungsfeld bzw. Inkorporation radioaktiver Substanzen)<br />

rechnet man die in einer Körperpartie, einem Organ oder Gewebe absorbierte Strahlungsdosis durch<br />

einen Wichtungsfaktor w T auf eine effektive Ganzkörperbestrahlung um. Man definiert die effektive<br />

Äquivalentdosis H eff als die über die einzelnen Organe gewichtete Äquivalentdosis.<br />

∑<br />

H eff = w T· H T (4)<br />

T<br />

mit ∑ T w T= 1; H T (Englisch: tissue, Gewebe) ist die mittlere in einem Organ oder Gewebe absorbierte<br />

Äquivalentdosis. Die <strong>Strahlenschutz</strong>verordnung gibt für bestimmte Organe auch Grenzwerte der „Organdosis“<br />

vor. Weitere Informationen zu H eff findet man in [2].<br />

3.4 IonendosisJ<br />

Ursache für die Strahlenwirkung (z.B. biologischer Schaden) ist die bei der Abbremsung primärer oder<br />

sekundärer, geladener Teilchen auftretende Ionisation der Materie (z.B. des Körpergewebes). Die Ionendosis<br />

J ist definiert als die pro Masseneinheit∆m erzeugte Ladung eines Vorzeichens∆Q.<br />

J= ∆Q<br />

∆m<br />

As<br />

[J]=<br />

kg<br />

(alte Einheit: 1R (Röntgen) = 2.58·10 −4 As/kg Luft) (5)<br />

<strong>K0</strong>|Seite2von5|11.03.2009 2


Organ bzw. Gewebe w T<br />

Keimdrüsen 0.20<br />

Knochenmark (rot) 0.12<br />

Dickdarm 0.12<br />

Lunge 0.12<br />

Magen 0.12<br />

Blase 0.05<br />

Brust 0.05<br />

Leber 0.05<br />

Speiseröhre 0.05<br />

Schilddrüse 0.05<br />

Haut 0.01<br />

Knochenoberfläche 0.01<br />

Andere Organe oder Gewebe 0.05<br />

Summe: 1.00<br />

Tabelle 2:WertefürdieGewebe-Wichtungsfaktoren w T zurBerechnungvon H eff .WasunterAndereOrgane<br />

oder Gewebe zu verstehen ist, ist definiert in[1], AnlageVI,Teil C.<br />

Die Ionendosis ist messtechnisch einfach zu erfassen. Es lässt sich zeigen, dass eine in Luft absorbierte<br />

Ionendosis von 1R einer Energiedosis von 1Gy/100 im Körpergewebe entspricht. Daher lassen sich in R<br />

kalibrierte ältere Dosimeter einfach in die heute nur noch zugelassenen Einheiten Gy und Sv umkalibrieren.<br />

4 Abschirmung vonradioaktiverStrahlung<br />

Oberster <strong>Strahlenschutz</strong>-Grundsatz ist, jede Strahlenexposition und Kontamination, auch unterhalb der<br />

gesetzlich festgelegten Grenzwerte, so gering wie möglich zu halten, bzw. jede unnötige Exposition zu<br />

vermeiden.<br />

Da die Intensität radioaktiver Strahlung mit 1/(Entfernung) 2 abnimmt, ist der einfachste Schutz vor<br />

Strahlenschäden: Abstand halten! Praktisch wird jede radioaktive Strahlung beim Durchgang durch<br />

Materie geschwächt oder absorbiert. Dabei wirdγ- oder Röntgenstrahlung durch Materialien mit hoher<br />

Kernladungszahl wie z. B. Blei bedeutend stärker geschwächt als etwa durch Holz gleicher Dicke.α-<br />

Strahlen haben nur sehr kurze Reichweiten (einige cm in Luft) und lassen sich durch ein Blatt Papier<br />

abschirmen. Neutronen lassen sich durch Stöße mit etwa gleich schweren Atomkernen (wasserstoffreiche<br />

Materialien) abbremsen, dem entsprechend ist die Verwendung von Blei zur Abschirmung von Neutronen<br />

(mit Energie≤2MeV) nicht sinnvoll. In geeigneten Substanzen wie z.B. Kadmium können Neutronen in<br />

den Atomkernen eingefangen werden. Viele Substanzen werden jedoch durch die Neutronenbestrahlung<br />

selbst radioaktiv!<br />

5 NatürlicheundzivilisatorischeStrahlenbelastung,gesetzlicheGrenzwerte<br />

Die natürliche Strahlenbelastung durch ionisierende Strahlung betrug 2004 ca. 2mSv/a (Äquivalentjahresdosis).<br />

Dies ist ein Mittelwert, der über die Fläche der Bundesrepublik Deutschland gebildet wurde.<br />

Sie setzt sich wie folgt zusammen (in mSv/a).<br />

<strong>K0</strong>|Seite3von5|11.03.2009 3


Art der Strahlung Energie Reichweite<br />

α- 5 MeV 40µm<br />

β- 1 MeV 4 mm<br />

Photonen (Röntgen-) 0.02 MeV 7.7 cm<br />

Photonen (γ-) 1 MeV 66 cm<br />

schwere Rückstoßkerne 50 MeV 1µm<br />

Neutronen 1 MeV 20 cm<br />

Tabelle 3:Reichweiteverschiedener StrahlenarteninWasseroderorganischem Gewebe.Fürγ-undRöntgenstrahlen<br />

sind diejenigen Schichtdicken angegeben, nach deren Durchsetzung noch etwa<br />

1%derprimärenQuantenvorhandenist.DieDosisleistung(Sv/h)wirddurchdasAuftretenvon<br />

Sekundärstrahlung nur auf etwa 10% der ursprünglichen Dosisleistung geschwächt. Für Neutronen<br />

ist eine Schichtdicke angegeben, nach der die Dosisleistung auf 10% abgeschwächt ist.<br />

InLuftist die angegebenen Reichweite etwa1000mal größer.<br />

Quelle von außen im Körper total<br />

Kosmische Strahlung und dadurch gebildete 0.24 0.24 γ-Dosis a<br />

Radionuklide wie z.B. 3 H und 14 C 0.03 0.03 n-Dosis<br />

Terrestrische Strahlung, z.B. durch 40 K, 0.40 0.40 γ-Dosis b<br />

238 U, 232 Th<br />

Zerfallskette 226 Ra→ 222 Rn, Inhalation 0.9 (in Gebäude) 0.9<br />

desα-Strahlers als Aerosol c 0.2 (außen) 0.2<br />

Natürliche Radionuklide 40 K, 210 Pb, 0.3 0.3<br />

Ingestion über Nahrung<br />

Summe: 0.67 1.4 2.1<br />

a<br />

b<br />

c<br />

auf Meereshöhe (NN)<br />

Ländliche Regionen: Mittelwert 0.35 mSv/a, lokal teilweise>1.2 mSv/a. In Städten: Mittelwert 0.49 mSv/a,<br />

lokal 0.12 ... 4.3 mSv/a<br />

Die regionalen Schwankungen der Radon-Belastung sind sehr groß.<br />

Zusätzlich zur natürlichen beträgt die mittlere zivilisatorische Strahlenbelastung in Deutschland weitere<br />

etwa 2 mSv/Jahr, mehr als 90% davon aus medizinischen Anwendungen! Die effektive Dosisleistung (bei<br />

Standard-Patienten mit ca. 70 kg Körpergewicht) liegt bei weniger als 10µSv für eine Zahnaufnahme bis<br />

zu 20 mSv für eine Untersuchung der Schlagader. Eine Computertomografie des Kopfes resultiert in<br />

etwa 2 . . . 4 mSv, des Bauchraumes in etwa 10 . . . 25 mSv [4]. Aber z. B. auch Flugreisen tragen mit<br />

4µSv/Flugstunde zur zivilisatorischen Strahlenbelastung bei. Die letale Dosis beträgt ca. 6 Sv.<br />

Dosisgrenzwerte fürGanzkörperbestrahlung:<br />

Für die allgemeine Bevölkerung darf die zusätzliche Strahlenbelastung durch Anlagen in der Umgebung<br />

nicht mehr als 1mSv pro Jahr betragen (Daueraufenthalt!). Klassifizierung von <strong>Strahlenschutz</strong>bereichen,<br />

Bezeichnung/Einstufung<br />

Personen der Bevölkerung<br />

beruflich strahlenexponierte Personen der Kategorie B<br />

beruflich strahlenexponierte Personen der Kategorie A<br />

einmalig max. 50 mSv, danach aber< 60 mSv/3 a<br />

(also ein 3-Jahres-Mittelwert≤ 20 mSv/a)<br />

eff. Äquivalentdosisleistung<br />

≤ 1 mSv/a<br />

≤ 6 mSv/a<br />

≤ 20 mSv/a<br />

die eine Überwachung erforderlich machen. Die angegebenen Dosisleistungen sind zusätzlich zur Umgebungsstrahlung<br />

anzusetzen. Die in den Praktikumsräumen vorliegende Dosisleistung ist so gering, dass<br />

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Bezeichnung Dosisleistung Anmerkung<br />

Überwachungsbereich > 1 mSv/a bei 2000 h/a Jahresarbeitszeit<br />

Kontrollbereich > 6 mSv/a bei 2000 h/a Jahresarbeitszeit<br />

ˆ= 3µSv/h<br />

Sperrbereich > 3 mSv/h = 3000µSv/h<br />

eine Überwachung nicht erforderlich ist. Auch die maximal zu erwartende Dosis für die Betreuer erfordert<br />

keine Einstufung als beruflich strahlenexponierte Person.<br />

Literaturverzeichnis<br />

[1] <strong>Strahlenschutz</strong>verordnung vom 20.07.2001, Bundesgesetzblatt (BGBl I Nr. 38, S. 1714)<br />

www.umwelt-online.de/regelwerk/energie/strahlen/ssv\_ges.htm (zugänglich nur über<br />

das Netz der TU Darmstadt)<br />

[2] Grundlagen des <strong>Strahlenschutz</strong>es; E. Sauter, Thieming-Taschenbücher, Band 95/96 (1982)<br />

[3] Strahlenphysik, Dosimetrie und <strong>Strahlenschutz</strong>; W. Petzold, B. G. Teubner Stuttgart (1983)<br />

[4] Strahlung und <strong>Strahlenschutz</strong>; Bundesamt für <strong>Strahlenschutz</strong>,www.bfs.de (2004)<br />

[5] allg. Praktikumsliteratur (Lehrbuchsammlung der Physikalischen Bibliothek)<br />

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