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Die Wiederentdeckungder LangeweileONE WEEK. NO MEDIA!Aktion gegen übermäßigen MedienkonsumWerkstattbericht 2007-2009


Die Wiederentdeckung der LangeweileONE WEEK. NO MEDIA!Aktion gegen übermäßigen MedienkonsumWerkstattbericht 2007-2009


2 Impressum3InhaltImpressumInhaltProjektträgerEvangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. (eva)Dienste für Prävention, Beratung und BehandlungGünther ZeltnerBüchsenstraße 34/3670174 StuttgartTel. 0711/20 54 345release Stuttgart e.V. – Beratung und Hilfe bei DrogenproblemenUlrich BinderVillastraße 1170190 StuttgartTel. 0711/60 17 37 35Idee und Projektleitung: Martin TertelmannKonzeption: Rüdiger Schillinger, Martin TertelmannPädagogische Leitung: Rüdiger SchillingerTexte: © alle Rechte bei den AutorenLektorat: Laura KöhlmannFoto Titelseite: © tilla eulenspiegel / photo<strong>ca</strong>se.comSatz / Reinzeichnung: nullhochnullFotografien: Martin Tertelmann u.a.Internet: www.one-<strong>week</strong>-<strong>no</strong>-<strong>media</strong>.deSchutzgebühr 10 EURDas Projekt ONE WEEK. NO MEDIA! wurde mit dem 3. Preis des Jugendbildungspreises 2009 vomKultusministerium Baden-Württemberg ausgezeichnet.ONE WEEK. NO MEDIA! ist eine Initiative von der Evangelischen Gesellschaft und release. Sie stehtunter der Schirmherrschaft von Bürgermeisterin Dr. Susanne Eisenmann, Referat für Kultur, Bildungund Sport, der Landeshauptstadt Stuttgart. Gefördert durch die Jugendstiftung Baden-Württemberg,den Projektmittelfond „Zukunft der Jugend“ der Landeshauptstadt Stuttgart, das Ministerium für Kultus,Jugend & Sport und den BMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms „Vielfalt tut gut“.Impressum ..........................................................................................................................................................2Inhalt ..................................................................................................................................................................3Grußwort ............................................................................................................................................................4Wir müssen einen zivilisierten Umgang mit den Medien entwickeln! ..................................................................6Drei Jahre ONE WEEK. NO MEDIA! ................................................................................................................8ONE WEEK. NO MEDIA! Was ist das? ............................................................................................................10Medien-Fasten gegen kalte Herzen ...................................................................................................................12Projekte .............................................................................................................................................14 bis 81Beiträge Mitwirkender/Interviews ................................................................................................82Kreativ im Wald .................................................................................................................................................84Die Wiederentdeckung der Langeweile ..............................................................................................................90Musikalische Gespräche .................................................................................................................................... 92Plötzlich war es uncool .....................................................................................................................................96Nach neun war keiner mehr auf den Beinen .................................................................................................... 98Vor lauter Langeweile ein Lied geschrieben .....................................................................................................100Förderung von Lebenskompetenzen ................................................................................................................102Kühe in der Höhle? ........................................................................................................................................104Wer hätte das gedacht? ....................................................................................................................................106Dunkelheit, Stille und eine ordentliche Portion Lehm .....................................................................................110Zwei Jahre danach .......................................................................................................................................... 112Chronik/Daten und Fakten/Auswertung/Links und Literatur/Teilnehmer und Partner/Praxistipps/Veranstaltungen........................................................114Chronik ..........................................................................................................................................................116Auswertung der Feedbackbogen: Umdenken kann nicht erzwungen werden ...................................................120Presse-Berichterstattung ..................................................................................................................................128Protokoll Kulturausschuss ................................................................................................................................130Teilnehmer ......................................................................................................................................................132Partner ............................................................................................................................................................134Vorbereitung und Durchführung einer medienfreien Woche ............................................................................136Praxistipps: Tipps für Eltern zum Mediengebrauch ihrer Kinder .......................................................................138Allein geht’s auch ............................................................................................................................................140Ist doch alles halb so schlimm ..........................................................................................................................142Tatort schlägt Tagesschau .................................................................................................................................144„Medien“ : Rapsong von Moritz Schudnagitz und Johann Theisen ................................................................. 146Daten und Fakten ...........................................................................................................................................148Links und Literatur ......................................................................................................................................... 150


4 Grußwort5GrußwortGrußwortIn meiner Jugend gab es Fernsehenzu Hause nur im elterlichen Wohnzimmer,und ich nannte ein Radiomein Eigen. Telefoniert wurdeüberwiegend daheim am Festnetz-Apparat. Die ersten Walkmans– mit Tonbandkassetten! – kamenauf. Wer öffentlich mit Kopfhörernherumlief, galt manchen <strong>no</strong>ch alsmusiksüchtiger Sonderling. Allmählichtauchten die ersten „PersonalComputer“ auf. Aber diese warenzunächst nur etwas für Informatik-Freaks. Für Normalsterbliche völligunbedienbar! Wir hatten jede MengeZeit, uns zu treffen, zu spiele<strong>no</strong>der zu diskutieren.Ganz anders heute. Die Jugendlichenwachsen mit einer scheinbaralle Lebensbereiche umfassendenMedienpräsenz und -flut auf:unendlich viele Fernsehkanäle, oftein Fernseher im Kinderzimmer,meist ein eigenes Handy. Computerund Internet bieten ungeahnteInformations- und Kommunikationsmöglichkeiten– aber leiderauch ebenso viele Risiken. PortableMusik- und Media-Player tunihr Übriges, auch unterwegs eineunterbrechungsfreie „Berieselung“zu ermöglichen. Fesselnde undteilweise vor Gewalt strotzendeComputerspiele ziehen einzelneKinder und Jugendliche so in Bann,dass Sucht entstehen kann. Leiderscheinen immer mehr Kinder undJugendliche diesen starken Reizennichts Eigenes mehr entgegensetzenzu können.Nachdem der Krimi<strong>no</strong>loge Prof.Dr. Christian Pfeiffer im Mai 2006im Stuttgarter Bürgerzentrum Westseine Studie über den Zusammenhangzwischen übermäßigemMedienkonsum, so genanntenKillerspielen und wachsenderGewaltbereitschaft, Entwicklungsstörungensowie sinkenden schulischenLeistungen bei Jugendlichenvorgestellt hatte, stellte sich für unsdie Frage: Wie kann eine Präventionaussehen?Unser OberbürgermeisterDr. Wolfgang Schuster äußerte inseiner Einladung zur Veranstaltungbereits den sehr praktischenVorschlag, die „Glotze“ müsse rausaus dem Kinderzimmer. FreiwilligerMedienverzicht oder auch„Medienfasten“ wäre angesagt, umsich über das Ausmaß der eigenenAbhängigkeit klar zu werden undden Blick für die alternativenFreizeitgestaltungsmöglichkeitenüberhaupt erst wieder frei zumachen.Zu dieser Zeit wurde die Idee geboren,zusammen mit der EvangelischenGesellschaft und einer Schuleein Pilotprojekt durchzuführen:Wie wäre es, für eine Wochekomplett auf alle elektronischenMedien zu verzichten?ONE WEEK. NO MEDIA!Den Initiatoren des Projekts warklar, dass Belehrungen allein keinenpositiven Anreiz bei den Kindernund Jugendlichen haben würden:am meisten profitieren würdedie angesprochene Klientel voneigenen, positiven Erfahrungen.„Lust auf eigenes, aktives Leben!“– hierfür sollten flankierend dieentsprechenden Angebote für Spiel,Sport und Kultur angeboten undpädagogisch begleitet werden. Undganz wichtig: die Eltern müsstenmitmachen.Den Anfang machte im Sommer2007 eine sechste Klasse der Jahn-Realschule in Stuttgart-Bad Cannstatt:Eltern, Lehrer und Schülerhatten sich bereit erklärt, im Selbstversucheine Woche lang ohneTV, Computerspiele, MP3-Playerund Handy zu leben. Symbolischwurden alle Handys, MP3-Playerund Spielkonsolen in eine Kistegeworfen. Parallel wurde an derSchule ein Alternativprogramm mitNatur- und Stadterkundung, Kunstund Literatur, Musik und Poesieangeboten – und rege genutzt.Die Kinder erlebten Abenteuer imWald, schrieben eigene Rapsongs,drehten eigene Videofilme oderspielten einfach einmal wieder mitihrer Schwester. Und sie führtenüber all dies ein Tagebuch.Die Aktion war ein solcher Erfolg,dass ich im Jahr 2008 gern dieSchirmherrschaft über<strong>no</strong>mmenhabe. Im Sommer 2008 waren bereits35 Schulklassen und Gruppendabei, 2009 eine ganze Grundschuleund weitere Gruppen.Die nun vorliegende Broschüredient als Dokumentation des Projektesund soll zukünftig Schulen,Klassen und Gruppen ermutigen,die erfolgreiche Idee weiter zutragen:ONE WEEK. NO MEDIA!Dr. Susanne Eisenmann


6 Wir müssen einen zivilisierten Umgang mit den Medien entwickeln!7Wir müssen einen zivilisierten Umgang mit den Medien entwickeln!Wir müssen einenzivilisierten Umgangmit den Medienentwickeln!Machen Computerspiele süchtig?Ist übermäßiger Medienkonsumein Problemfeld, dem sich dieSuchthilfe in Zukunft verstärktwidmen muss?Im Jahr 2006 haben unsere Überlegungenund Diskussionen zupräventiven Maßnahmen gegenübermäßigen Medienkonsum begonnen.Die Öffentlichkeit begann,sich für das Thema zu interessieren.Christian Pfeiffer vom Krimi<strong>no</strong>logischenForschungsinstitut Niedersachsenund Manfred Spitzer vonder Universität Ulm haben ihreStudien in dieser Zeit vorgestelltund damit eine breite öffentlicheDiskussion angestoßen. Auch imBeratungs- und Behandlungszentrumfür Suchterkrankungen derEvangelischen Gesellschaft Stuttgart(eva) haben erstmals betroffeneEltern wegen ihrer Kinder und Jugendlichenangefragt – und da wirals Anlaufstelle für pathologischeGlücksspieler bekannt waren, habensich auch Computerspieler anuns gewandt. Begonnen haben wirim Problemfeld Medienkonsumaber mit einem Präventionsprojekt:ONE WEEK. NO MEDIA!Gewohnheiten zu ändern ist sehrschwer. Und die Gewohnheit,Medien übermäßig zu konsumieren<strong>no</strong>ch viel mehr, weil einesehr große Faszination von ihnenausgeht.Wir haben erfahren, dass durcheine medienfreie Woche die<strong>no</strong>twendige Kraft entwickelt wird,festgefahrene Konsum-Muster zudurchbrechen und auch nachhaltigImpulse für einen gesunden undangemessenen Umgang mit Medienzu setzen. Dass Schüler, Elternund Lehrer gemeinsam verzichtethaben, war einer der wichtigstenErfolgsfaktoren. So kann Prävention,das Verändern eines problematischenVerhaltens, gelingen.Sechs Monate nach dem erfolgreichenPilotprojekt fand in Berlin dieerste bundesweite Mediensucht-Konferenz statt. Im März 2008wurde in Mainz die erste Ambulanzgegen Internetsucht eröffnet.Das Thema war somit auch in denFachkreisen angekommen.Bis heute haben viele Schulklassenund Gruppen eine medienfreieWochen veranstaltet. Was dieProjekte im Einzelnen bewegt undbewirkt haben, erfahren Sie in dervorliegenden Dokumentation. Teildes Projektes war die Veranstaltungsreihe„Medialog“: Im Dialogmit Jugendlichen wurden mehrereVeranstaltungen durchgeführt. Diejungen Menschen haben dabeieinen Einblick in ihre virtuellenWelten und Computerspiele gegeben.Durch den partnerschaftlichenDialog haben die erwachsenenComputerspiel-Laien – also auchwir – sehr viel von den Kindernund Jugendlichen gelernt undauch manche voreilige Meinungkorrigiert.Ohne die Unterstützung unsereFörderer und Partner hätte dasProjekt nicht realisiert werdenkönnen. Wir bedanken uns für ihregroßzügige Unterstützung bei:der Landeshautstadt Stuttgart –Projektmittelfond „Zukunft derJugend“, der Jugendstiftung Baden-Württemberg, dem Ministeriumfür Kultus, Jugend & Sport und denBMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms„Vielfalt tut gut“, derFirma Trumpf, Ditzingen,und dem Diakoniespendenfond.Dank auch an Bürgermeisterin Dr.Susanne Eisenmann, die das Projektals Schirmherrin unterstützt undso manche Tür geöffnet hat, undan alle, die das Projekt durch ihreMitwirkung begleitet haben.Im Beratungs- und Behandlungszentrumfür Suchterkrankungen istdie Zahl der Anrufer mit der ProblematikComputersucht gestiegen.Das Projekt „Spielerberatung“ derEvangelischen Gesellschaft (eva) hatseinen Namen in „Fachstelle fürGlücksspiel und Medienkonsum“geändert und signalisiert damit, dasssich die eva dauerhaft in diesemneuen Problembereich engagierenwill. Im Jahr 2008 belief sich dieZahl der mediensüchtigen Menschenauf 51 Personen.Viele Menschen bekommen dieSogkraft der Medien nicht in denGriff und verlieren sich darin.Deshalb müssen wir ihnen dabeihelfen, zu einem gesunden Umgangmit den Medien zu kommen.Wir werden den Betroffenen inZukunft mit Hilfsangeboten zurSeite stehen, und wir werden überumfängliche differenzierte Präventionsmaßnahmennachdenken,diese entwickeln und ein Netzwerkmit anderen Präventionsprojektenaufbauen.ONE WEEK. NO MEDIA! warnur der Anfang. Ein sehr guter.Günther ZeltnerLeiter der Dienste für Prävention,Beratung und Behandlung beider Evangelischen GesellschaftStuttgart e.V.Ulrich BinderGeschäftsführer release Stuttgarte.V., Beratung und Hilfe bei DrogenproblemenMartin TertelmannProjektleiter ONE WEEK. NOMEDIA!


8 Drei Jahre ONE WEEK. NO MEDIA!9Drei Jahre ONE WEEK. NO MEDIA!Drei JahreONE WEEK. NO MEDIA!„Da war echt was los“„Ich finde die Aktion ONEWEEK. NO MEDIA! totalüberflüssig. Medien sind doch wasTolles. Ich verstehe absolut nicht,warum ich darauf verzichten soll.“Das sagte nicht etwa ein teilnehmenderSchüler, sondern ein Vater.Wie läuft es ab, wenn Kinder undJugendliche mit ihren Familieneine Woche lang auf Medienverzichten – wo doch jeder zweiteNeuntklässler einen eigenen Fernseherhat und die 10 bis 13-Jährigentäglich über drei Stunden vordem Fernseher sitzen, die Zeit vordem Computer und der Playstation<strong>no</strong>ch nicht eingerechnet?„Wir haben eine Fahrradtourgemacht und geredet wie schonlange nicht mehr“, berichtete Svenaus der sechsten Klasse der Jahn-Realschule Bad Cannstatt.Eine Lehrerin an der GrundschuleBurgholzhof, die in unmittelbarerNähe der Schule wohnt, sagte unsim Auswertungsgespräch, dass inder medienfreien Woche auf denStraßen deutlich mehr Kindergemeinsam gespielt haben: „Dawar echt was los.“ Eine Kollegindieser Lehrerin erzählte, dassnach dem Ende der medienfreienWoche zwei Klassen den Wunschgeäußert hätten, die medienfreieZeit zu verlängern – zumindest wasdas Fernsehen angeht. Schön seigewesen, viel Zeit zu haben. Dassdie Eltern mehr Zeit, mehr Ruhe,mehr Muße gehabt hätten. Dass amAbend viele Freunde draußen zumSpielen auf der Straße gewesenseien.Ein Lehrer war mit seinen Schülernins Schullandheim gefahren.Er berichtete, dass die Kinder dieMedien überhaupt nicht vermissthätten. Die Gewohnheiten imAlltag daheim könnten so natürlichnicht durchbrochen werden, dochmit ONE WEEK. NO MEDIA!würden Energiepotentiale geweckt.Aufkommende Langeweile sei fürihn so ein Energiepotential. Siewirke nur deshalb so bedrohlich,weil die Kinder nicht wüsstenwohin mit ihrer Energie. Für ihnist klar: Passiver Medienkonsumschläfert ein, medienfreie Zeitvitalisiert.2007 bis 2009 haben in über 40Schulklassen und Jugendgruppenmedienfreie Wochen stattgefunden.Alle Schulformen – Grundschule,Hauptschule, Realschule, Förderschulenund Gymnasien – warenvertreten. Am besten funktioniertedie Aktion in der Altersgruppevon acht bis zwölf Jahren, also beiSchülern der zweiten bis sechstenKlasse. Wenn die Kinder jüngersind, verstehen sie den Sinn derAktion nicht ganz. Sind sie älter,ist die Aktion zu uncool, weilelektronische Interaktion in der sogenannten Peergroup, der GruppeGleichaltriger, einen extrem hohenStellenwert hat.Auffallend war, dass in der Gruppeder unter Zwölfjährigen nichtdie Computerspiele den größtenTeil der Medienzeit einnehmen,sondern das Fernsehen.Ein Lehrer stellte an einem Montagmorgenden Schülern seinersechsten Klasse die Aufgabe, einenAufsatz über ihr spannendstesWochenenderlebnis zu schreiben.Einige Schüler haben den Film„Das Kettensägenmassaker“, deram Sonntagabend davor um 23Uhr ausgestrahlt wurde, in diesemAufsatz „verarbeitet“.Schockiert war nicht nur derLehrer, sondern auch die Eltern,denen diese blutrünstigen Aufsätzeauf dem Elternabend vorgelesenwurden. Es motivierte sie zusätzlich,an der medienfreien Wocheteilzunehmen.Viele Kinder und Jugendlichehaben die Aktion deutlich ernsterge<strong>no</strong>mmen als ihre Eltern. Sohaben Kinder erzählt, ihre Elternhätten in der Projektwoche denFernseher eingeschaltet. Fast alledieser Kinder haben für sich trotzfehlender Unterstützung die Wocheohne Medien durchgezogen. Auchwenn einige Eltern die Aktionnicht unterstützt haben: die Mehrheitfand sie gut.Ein Jugendlicher berichtete, dassseine Familie in der Woche dieMahlzeiten getrennt einge<strong>no</strong>mmenhabe, weil der Vater die Aktion ablehnte,seine Schwester auch nichtmitmachen wollte und die beidendarum wie immer vor dem Fernseherzu Abend gegessen hätten.Er selbst sei in der medienfreienWoche mit der Mutter in der Küchegesessen. Mahlzeiten vor demlaufenden Fernseher – in vielenFamilien traurige Wirklichkeit.Die Auswertungsbögen der medienfreienWoche berichten vonvielen Vorsätzen, zumindest die gemeinsamenMahlzeiten medienfreizu gestalten.Die vorliegende Dokumentationüber drei Jahre ONE WEEK.NO MEDIA! in Stuttgart undUmgebung will die Erfahrungenund Erlebnisse der Initiatoren, derteilnehmenden Eltern, Lehrer, Kinderund Jugendlichen wiedergeben.Nicht mehr und nicht weniger.Der Leser soll sich selbst ein Bildmachen.ONE WEEK. NO MEDIA! hattevon Anfang an nicht die Intention,Medien zu verteufeln. Im Gegenteil:die Initiative will Projekteanregen, in denen mit Medienaktiv und kreativ umgegangenwird. Ursprüngliches Ziel war, dieDiskussion zum Thema Medienkonsumanzustoßen. Im Projekt istdann eher die Erkenntnis gewachsen,dass Medien zivilisiert werdenmüssten.Grundsätzlich haben wir dieErfahrung gemacht, dass übermäßigerMedienkonsum ein Problemaller Schichten und Schulformenist. Hauptschüler und Menschenin sozialen Problemlagen warenam schwersten zu motivieren, siehaben oft nur zwei bis drei Tage aufMedien verzichtet. Dort wo ohnehinweniger Medien konsumiertwerden, traf die Aktion auf ehergute Akzeptanz. Wo hingegen vieleMedien konsumiert werden, wurdedas Projekt tendenziell schlechterange<strong>no</strong>mmen.Welche Initiative schafft es,Menschen dazu zu bewegen, eineWoche oder länger auf Medienzu verzichten? Was kann eineMutter motivieren, den Fernseherdauerhaft aus dem Kinderzimmerzu entfernen? Was lässt zwei Jungenaus reiner Langeweile einen Rapsongschreiben?Der temporäre Verzicht auf Medienkann ein wirksames Instrumentsein, um einen bewussten undverantwortungsvollen Umgang mitaudiovisuellen Medien zu fördern.Alle Beteiligten – also Schüler,Lehrer und Eltern – beteiligtensich überwiegend gleichermaßenund konnten sich daher gegenseitigunterstützen. Das war ein wesentlicherErfolgsfaktor für das Gelingendes Projektes.Es wurde sehr deutlich, dass dasLeben aus erster Hand deutlichmehr Spaß macht als das Leben auszweiter Hand. Eine medienfreieWoche kann jede Menge Impulsefür eine nachhaltige Korrekturvon übermäßigem Medienkonsumgeben. Sie kann festgefahrene Freizeitverhaltensmuster,die sich aufMedien konzentrieren, aufbrechen.Das soziale Miteinander in einerFamilie, Klasse oder Gruppe neuund aktiver gestalten. Es wird jedeMenge Zeit freigesetzt, die aktivgefüllt werden muss. Dadurch wirdder Blick zwangsläufig auf soziale,sportliche und kulturelle Aktivitätenin unmittelbarer Umgebunggelenkt. Angebote sind ausreichendvorhanden, die Teilnehmer müssendiese nur suchen und finden.Die Zeit ohne Medien fördertEigenaktivität und Kreativität undermöglicht auch schlicht Ruhe undSchlaf. Verzicht als Grundidee isteine alte Methode. Aber die Ideeentfaltet immer wieder Kraft undspendet Energie für das Durchhalten.Das Projekt ONE WEEK. NOMEDIA! ist nun soweit ausgereift,dass alle Interessierten die Wocheohne Medien in Eigenregie durchführenkönnen. Hilfestellungenund Instrumente stehen weiterhinunter www.one-<strong>week</strong>-<strong>no</strong>-<strong>media</strong>.de zur Verfügung. Die Initiatorenwünschen sich, dass Schulen, dieangekündigt haben, die medienfreieWoche in ihr Schulprofil aufzunehmen,dies nachhaltig umsetzenund dass die medienfreie Wochedauerhaft viele Nachahmer findet.Martin Tertelmann


10 ONE WEEK. NO MEDIA! Was ist das?11ONE WEEK. NO MEDIA! Was ist das?ONE WEEK. NO MEDIA!Was ist das?ONE WEEK. NO MEDIA! ist eine Projektinitiativeder Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva) und vonrelease, die sich gegen übermäßigen und unkontrolliertenMedienkonsum richtet.Sie will Medienkompetenz undeinen gesunden Umgang mit audiovisuellenMedien vermitteln.Ausgangspunkt sind besorgniserregendeStudien und Veröffentlichungen,die auf den direktenZusammenhang von übermäßigemMedienkonsum und gesundheitlichenStörungen hinweisen – wieÜbergewicht, Bewegungsmangel,Verschlechterung der Schulleistungen,verminderte sozialeKompetenz, Zunahme der GewaltundAggressionsbereitschaft undSuchtverhalten.Die Initiative richtet sich an Kinderund Jugendliche, deren Elternund Erziehungsberechtigte undan Pädagogen. Sie alle sollen dasProjekt gemeinsam durchführenund eine Woche lang auf Medienverzichten. Das fördert den Dialogund kann das soziale Miteinanderneu ordnen.Eine medienfreie Woche soll dasBewusstsein für den eigenen Medienkonsumund einen verantwortungsvollenUmgang damit fördernund außerdem das Risiko einerSpielsucht verringern.Die Jugendlichen, die übermäßigMedien konsumieren, werden ehernicht freiwillig auf sie verzichten –doch genau sie sind die Kernzielgruppeder Aktion ONE WEEK.NO MEDIA!. Ziel ist es, sie überSchulklassen und Gruppenverbändezu erreichen und einzubinden.Aktiv statt passivONE WEEK. NO MEDIA! willdie Medien nicht verteufeln. Zielist es, die Beteiligten vom passivenMedienkonsum zum aktiven,kreativen Handeln zu bewegen.Das kann mit und ohne Mediengeschehen.Statt passivem Musikkonsum –aktiv eigene Musik und Texteschaffen.Statt passivem Konsum von Filmenund Bildern –aktiv und kreativ eigene Bilderproduzieren.Statt anderen Menschen bei Abenteuernzuzuschauen –eigene Abenteuer erleben.Statt sich in virtuellen Welten zubewegen –in der realen Welt handeln.Statt anderen Menschen beim Lebenzuzuschauen –selber leben.Lust auf eigenes aktivesLebenIm Juli 2007 haben 28 Schülerder Klasse 6a der Jahn-RealschuleStuttgart-Bad Cannstatt eineWoche lang auf audiovisuelleMedien verzichtet. Im Juni und Juli2008 haben 34 Schulklassen undGruppen im Großraum Stuttgartdie medienfreie Woche durchgeführt.Verzichtet haben nicht nurdie Schüler, sondern auch ihreLehrer, Eltern und teilweise ihreGeschwister. Die Teilnehmer hattenmit einem Mal jede Menge Zeit,die zu füllen war. Deshalb habensie gemeinsam gespielt, gelesen,miteinander geredet, Gedichteund Rapsongs geschrieben, sindgeschwommen, haben gechilltoder einfach geschlafen und sichausgeruht.Die medienfreie Woche ist auchüber diesen kurzen Zeitraumhinaus wirksam: Eine Mutter hatsich anschließend entschlossen, denFernseher aus dem Kinderzimmerihres Sohnes zu verbannen. MitSchrecken hatte sie während dereinwöchigen Abwesenheit vonFernseher, Computer, Playstationund Handy gemerkt, was an aktiverFreizeitgestaltung möglich war.Über die Wiederentdeckung vonSport, Spiel, Kunst, Kultur undsozialem Miteinander wird die Lustauf eigenes aktives Leben geweckt.Durch den zeitweiligen Verzichtgeraten attraktive Alternativenzum übermäßigen Medienkonsumwieder ins Blickfeld. Und tretenidealerweise dauerhaft an die Stelledes passiven Konsums.


12 Medien-Fasten gegen kalte Herzen13 Medien-Fasten gegen kalte HerzenMedien-Fasten gegenkalte HerzenAm Anfang des Projektes ONE WEEK. NO MEDIA!standen ein diffuses Unbehagen gegenüber dem hohenMedienkonsum Jugendlicher und eine große Ratlosigkeit,wie damit umzugehen ist.Audiovisuelle Medien bestimmenheute einen großen Teil unseresLebens und sind nicht mehr wegzudenken.Moderne audiovisuelle Medienmachen es Kindern und Jugendlichener<strong>no</strong>rm leicht, nahezu alledenkbaren Bilder und Filme zukonsumieren. Man spricht beiübermäßigem Konsum bereitsvon Medienverwahrlosung. Sovielscheint klar: Es kann nicht gesundsein, wenn Kinder und Jugendlichejeden Tag durchschnittlich zweibis drei Stunden fernsehen undzusätzlich <strong>no</strong>ch weitere Stundenmit Computerspielen verbringen– abgesehen vom zusätzlichenintensiven Gebrauch von Handysund MP3-Playern.Was die Experten sagenDie interdisziplinäre Suchtforschungsgruppeder BerlinerCharité hat 7.000 Spieler onlinebefragt. Von ihnen erfüllten zwölfProzent die Kriterien für eineComputerspielsucht. Schätzungender Experten zufolge sind deutschlandweitetwa 1,5 MillionenSpieler computerspielsüchtig. Esgibt zahlreiche Publikationen zumThema Medienkonsum. Verschiedenere<strong>no</strong>mmierte Wissenschaftlerkommen zu ähnlichenAuffassungen.Prof. Christian Pfeiffer vom Krimi<strong>no</strong>logischenInstitut Niedersachsenhat nachgewiesen, dass Kinder,die viel fernsehen und viel amComputer spielen, schlechtereSchul<strong>no</strong>ten haben. Kinder undJugendliche, die Zugriff auf eigeneMedien haben, konsumieren dreimalhäufiger verbotene Filme undSpiele. Jungen sind stärker betroffenals Mädchen, Migranten stärker alsDeutsche, Norddeutsche stärker alsSüddeutsche.Der Ulmer Hirnforscher ManfredSpitzer vertritt die provokanteThese, dass hoher Medienkonsumdick, dumm und gewalttätig macheund fordert ein Verbot von Medienin der Grundschule.Der Psychologe Peter Winterhoff-Spurk spricht von der charakterlichenFormung kalter Herzendurch die Medien. Wer übermäßigMedien konsumiere, könne seinesoziale Kompetenz nicht voll entwickelnund bringe wahrscheinlichzunehmend schlechtere Schulleistungen.Wer viel Zeit mit Medienverbringt, hat weniger Zeit, fürdie Schule zu lernen, außerdembleiben ihm gelernte Inhalte nichtdauerhaft im Gedächtnis. Diezwangsläufige Bewegungsarmutverursacht die bekannten gesundheitsschädigendenFolgen. Es kannzu einem Anstieg der Gewaltbereitschaft,zu Suchtverhalten und zurVerschuldung kommen.Konzepte und Instrumentefür eine wirksamePräventionDass etwas getan werden muss, istüberdeutlich. Aber gibt es Rezepte,mit denen übermäßigem Medienkonsumpräventiv begegnet werdenkann? Mit denen passive und reaktiveKonsumhaltungen verändertwerden können – hin zu aktivemund kreativem Tun mit und ohneMedien? Wie kann Kindern undJugendlichen ein bewusster undverantwortungsvoller Umgang mitden Medien vermitteln werden?Wie lassen sich Eltern dazu motivieren,Vorbild und gute Partner zusein? Der bloße Appell an die Vernunftscheint nicht auszureichen,dazu üben audiovisuelle Medieneine viel zu große Faszination aus.Die Idee: Eine Wocheohne MedienVorübergehender Verzicht ist einealte Methode, sich einer Sachebewusst zu werden. So wurde dieIdee geboren, eine Woche langkomplett auf audiovisuelle Medienzu verzichten, um eine intensiveReflexion über den eigenenMedienkonsum anzustoßen. Wirsind davon ausgegangen, dassdie meisten Menschen über deneigenen Medienkonsum und diedamit einhergehenden Folgennicht bewusst nachdenken. Aberist „Medien-Fasten“ das richtigeInstrument, um Kindern undJugendlichen einen guten undgesunden Umgang mit Medien zuvermitteln? Ist überhaupt jemandbereit, dabei mitzumachen?Im Jahr 2007 haben wir mit einersechsten Schulklasse ein Pilotprojektgestartet und bis heute mitüber 40 Schulklassen und Gruppenmedienfreie Wochen durchgeführt.Wir haben viel über die Hintergründeund Ursachen des steigendenMedienkonsums gelernt.Eine Woche ohne Medien kanneinen Beitrag zu einem gesünderenUmgang mit den Medien leisten.Viele Kinder, Jugendliche, Elternund Lehrer haben im Selbstversucheine Woche lang ohne TV,Computerspiele, MP3-Player undHandy gelebt.Sie haben dabei viel Neues erlebt,spannende Erfahrungen gemacht.An mancher Stelle hat das Projekteinen bleibenden Eindruck hinterlassen,an anderer nicht. Aberimmer da, wo Kinder und Elterneinen ehrlichen und ungeschminktenBlick in ihr inneres Befindengegeben haben, war der Erkenntnisgewinnaußerordentlich hoch.Martin Tertelmann


14 15Projekte


16 Pilotprojekt Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt17Pilotprojekt Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad CannstattWir machendas jetzt malDas Pilotprojekt an derJahn-Realschule, Stuttgart-Bad CannstattDie Probleme waren erkannt, die Ideezum Projekt ONE WEEK. NO MEDIA!geboren:Eine Woche Verzicht auf audiovisuelleMedien, um eine intensiveReflexion über den eigenen Medienkonsumanzustoßen. Ein Rezept,um dauerhaft etwas zu verändern?Die beste Möglichkeit, die Qualitäteines Rezeptes zu testen, bestehtdarin, es selbst auszuprobieren. Ineinem Pilotprojekt wollten wirmehr über Hintergründe undUrsachen des steigenden Medienkonsumslernen, zu einem tieferenVerständnis kommen und ausloten,ob eine Woche des Verzichts einenBeitrag zu einem gesunderen Umgangmit den Medien leisten kann.Rüdiger Schillinger und MarcBürkle, die an der Projektentwicklungvon Anfang an beteiligt waren,sind Lehrer an der Jahn-Realschulein Stuttgart-Bad Cannstatt. Sie beschlossen,das Projekt im Juli 2007mit einer sechsten Klasse zu testen.Und taten das auch, da sich Lehrer,Schüler und Eltern der Klasse 6abereit erklärt hatten, im Selbstversucheine Woche lang ohne TV,Computerspiele, MP3-Player undHandy zu leben. Sie sagten: „Wirmachen das jetzt mal und schauen,was so passiert“. Und es ist eineMenge passiert.Die Eltern an Bord holenNach der Abstimmung mit denSchülern galt es, die Eltern beieinem Elternabend vom Projektzu überzeugen. Überraschenderweisehaben alle Eltern sehr positivreagiert. Da auch sie eine Wochelang auf Medien verzichten sollten,hatten wir mit mehr Widerstandgerechnet.Da in der Urlaubszeit oft keinerleiMedien konsumiert werden,konnten sich viele vorstellen, wiedie medienfreie Woche ablaufenkönnte. Die Eltern rieten uns, nichtzuviel Alternativprogramm anzubieten,damit die Kinder auch selbstetwas entwickeln könnten.Was wir im Vorfeld nicht bedachthatten, waren die Geschwister. Sowurde beschlossen, dass die Elterndarüber entscheiden, ob diesemitmachen oder nicht.Es wurde überdeutlich: Die Elternsind Verbündete. Hier rennt ma<strong>no</strong>ffene Türen ein, denn Elternempfinden selbst großes Unbehagen,wenn ihre Kinder übermäßigMedien konsumieren und wisse<strong>no</strong>ft nicht, wie sie damit umgehensollen. Eltern müssen Orientierunggeben und Widerstand leisten, fallsetwas aus dem Ruder läuft, und dasscheint sehr schwierig zu sein.Aktiv statt passiv – DasProgrammDem Ziel von ONE WEEK. NOMEDIA! entsprechend ging es inder medienfreien Woche darum,die Teilnehmenden vom passivenMedienkonsum zum aktiven undkreativen Handeln zu bewegen.Konkret hieß das: Selbermachen –Musik und Texte schreiben, Bildermalen, Filme produzieren undeigene Abenteuer erleben.Zeit war genug vorhanden:Ausgehend von einem durchschnittlichenMedienkonsum vondrei Stunden täglich wurden beiden 28 Schülern, deren Eltern undeinem Geschwisterkind pro Tag336 Stunden freigesetzt, die gefülltwerden mussten.Ideen für die Gestaltung derfreiwerdenden Zeit mussten alleTeilnehmenden selbst entwickeln.In der Schule wurde an drei Tagenein Programm angeboten, das bewussteinfach und leicht zugänglichgehalten wurde und ohne Kostenund großen Aufwand realisiertwerden konnte.Alle Kinder haben die Aufgabebekommen, ein Tagebuch überihre Erlebnisse und Erfahrungenzu führen. Zudem wurde dieWoche filmisch und fotografischdokumentiert.Funke der BegeisterungVom Rapworkshop bis hin zumKreativsein draußen im Wald – dieKinder haben in dieser Woche eineMenge Neues erlebt.Nach der medienfreien Zeitempfand Rüdiger Schillinger dieKlasse als ungewohnt ruhig. DieSchüler redeten viel und lachten, esherrschte eine heitere Stimmung.Beim Abschlussfest wurden dieBilder der Woche gezeigt. Dabeisprang wieder der Funke der Begeisterungüber, der die ganze medienfreieWoche getragen hatte. Eswar eine richtige Klassengemeinschaftentstanden. Alle Beteiligtenhatten eine schöne, erfahrungsreicheund fröhliche Zeit.Auch wenn sich in der Rückschauzwei Jahre später zeigte, dasssich einiges verändert, wenn ausKindern Jugendliche werden – dasProjekt war nicht vergebens. In derJugendzeit mögen Gefühle wie diein der Projektwoche aufgekommenenals uncool bewertet werden– doch sie bleiben im Herzen undtragen irgendwann Früchte. Undhaben das zum Teil bereits getan.Martin Tertelmann


18 Pilotprojekt Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt19 Pilotprojekt Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad CannstattKurz vor der Rückgabe der Handys und MP3-Player


20Grundschule Burgholzhof, Stuttgart21Grundschule Burgholzhof, StuttgartEs geht nach hintenin den KopfGrundschule Burgholzhof, Stuttgart: Eine ganze Grundschulemit acht Klassen nahm an der medienfreien Woche teil.„Wenn du zuviel Fernsehen schaust, danngeht das, was du in der Schule gelernt hast,nach hinten in den Kopf“,sagte eine Zweitklässlerin in derMitte der medienfreien Woche. DasMädchen bringt treffend auf denPunkt, was Christian Pfeiffer vomKrimi<strong>no</strong>logischen ForschungsinstitutNiedersachsen in breitenStudien erforscht und bewiesenhat: Zuviel Medienkonsum mitseinen mächtigen und attraktivenBilder verdrängt den Lernstoff derSchule – eben nach hinten in denKopf. Und das bemerken schonGrundschulkinder.Frau Bonatz und Frau Kienzlehaben die Idee der medienfreienWoche ins Kollegium derBurgholzhof-Schule gebracht, denEinführungsworkshop für Lehrerbei release besucht und es geschafft,alle Kollegen zur Teilnahme zumotivieren. Vor der medienfreienWoche fand ein Elternabend statt,der allerdings mäßig besucht wurde.Die Lehrer der Burgholzhof-Schulehatten bewusst entschieden, dieEltern mehr ins Projekt einzubeziehenund die medienfreienZeiträume nicht mit Programm zuüberfrachten. In der Aula hing einPlakat mit möglichen Aktivitäten,die in der Woche von Eltern undLehrern angeboten wurden: eineRadtour, Perlenbasteln, Fußballspielen,Volkstanz, Murmelspielenund Gummitwist. Im Kunstunerrichtmalten die Kinder Bilderzum Thema „Was mache ich in dermedienfreien Zeit?“. Im Unterrichtwurde in dieser Woche viel überMedien gesprochen und in der erstenStunde wurden täglich in jederKlasse die bisherigen Erfahrungenbesprochen.Der Grundte<strong>no</strong>r über den Verlaufder medienfreien Woche war beiallen Lehrern positiv. Sie habeneiniges vom Medienkonsum ihrerSchüler mitbekommen. ZumBeispiel dass ein lernschwachesKind einen eigenen Fernseher imKinderzimmer hat – seine Lehrerinsieht hier einen Zusammenhangzwischen unkontrolliertemMedienkonsum und schwacherSchulleistung.Es zeigte sich, dass die Kinder dieAktion oft viel ernster ge<strong>no</strong>mmenhaben, als ihre Eltern. Nicht immerhaben die Familien komplett verzichtet.Der Beschluss der Schulewurde von einigen Eltern alsundemokratisch empfunden – beieiner Wiederholung sollte das Projektbesser mit den Elternbeirätenabgestimmt werden. Es gab sogarEltern, die die Aktion torpedierthaben. Doch die meisten haben sieunterstützt, mitgemacht und gutgefunden. Eine Mutter, die vielZeit mit Medien verbringt, hat einerLehrerin berichtet, sie habe dieWoche als sehr positiv erlebt undselbst stark davon profitiert.Einige Kinder haben die Abmachungenmanchmal vergessenund aus Versehen den Fernsehereingeschaltet, ihn dann aber schnellwieder ausgemacht.Alle Kinder waren stolz, eineWoche durchgehalten zu haben. Inden Klassen eins und zwei habenviele Kinder den Sinn der Aktion<strong>no</strong>ch nicht wirklich verstanden,weshalb auch die Feedbackbogennur bedingt aussagekräftig waren.Eine Lehrerin erzählte, dass ihreKlasse <strong>no</strong>ch eine fernsehfreieWoche dranhängen wollte, weiles so schön war ohne Fernsehen.Eben mehr los, mehr Gespräche,mehr gemeinsames Miteinander,mehr Zeit für Spiel und einfachmehr Spaß.Das Thema Handy spielt in derGrundschule <strong>no</strong>ch keine großeEtwa 200 Schüler der Klassenstufen eins bis vier haben mitgemachtRolle, den<strong>no</strong>ch hatten einigeSchüler nach der Handy-Ausgabeam Ende der Woche ziemlichenNachholbedarf. Medium Nummereins ist in den Klassen eins undzwei das Fernsehen. In den Klassendrei und vier gewinnt dann beivielen Schülern die Playstation anBedeutung.Die Grundschule Burgholzhofplant, die medienfreie Wocheals jährliches Angebot mit insSchulprofil aufzunehmen. DasKollegium war sich darüber einig,wie wichtig es ist, den Anfängeneines problematischen Medienkonsumszu wehren und das Thema zureflektieren.Künftig soll denn auch das ThemaMedienpädagogik zusätzlich alsInstrument aufge<strong>no</strong>mmen werden,um den aktiven, kreativen Umgangmit Medien zu fördern.Martin Tertelmann


22 Grundschule Burgholzhof, Stuttgart23Grundschule Burgholzhof, StuttgartRapper William erarbeitet mit den Kindern einen SongEin beispielhafterTagebucheintragMontagIch war bei meiner Oma. Ich wardraußen mit meinen Freundinnen,das hat Spaß gemacht.DienstagIch war draußen mit meinenFreundinnen. Es hat sich schwerangefühlt.MittwochIch konnte es heute nicht aushalten.Ich musste einfach denFernseher anmachen.Bilder zum Thema: Was machst du ohne Medien?DonnerstagMeine Mama hat den Fernseherangemacht. Ich habe gesagt„Mach ihn aus“, aber sie hat nichtzugehört. Dann hab ich mich dazugesetzt.Mir ging’s schwer, so argschwer. Und ich konnte es nichtaushalten.FreitagDer letzte Tag der Medienwoche.Mir fiel es so schwer. Ich konntees nicht aushalten. Es war schwer,schwerer als schwer, und ich undmeine Schwester konnten es nichtaushalten.


24 Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, Stuttgart25ZitateDie Gesellschaft maltden Teufel an die WandGespräch mit Schülern einer zehnten Klasse imEberhard-Ludwigs-Gymnasium, StuttgartDie Elternvertreterin einer zehnten Klassehatte sich dafür eingesetzt, eine medienfreieWoche durchzuführen.Das Projekt wurde letztendlichnicht realisiert. Doch es hat einVorgespräch stattgefunden, bei demdie Schüler gebeten wurden, ihreHaltung zu Medien zu formulierenund dem gegenüberzustellen, wasihre Eltern ihrer Meinung nachdarüber denken. Alle Jugendlichenkonnten Vorteile und Gefahren desMediengebrauchs formulieren undwaren sich ihrer bewusst.Hier ihre Aufstellung:• Die Gesellschaft malt den Teufelan die Wand.• Besser ist es, den kompetentenUmgang zu fördern, statt Medienzu verbieten.• Man soll die Jugend selbstentscheiden lassen.Was unsere Eltern zuunserem Umgang mitMedien meinen„Wir reden seit zwei Tagen wiedermehr miteinander. Man erfährt soetwas vom anderen, was am Tagwar und so. Sonst bin ich nach derSchule nach Haus gekommen undhabe gleich den Fernseher eingeschaltet,meine Geschwister dieComputer. Und meine Mutter hatuns dann das Essen gebracht.“SvenUnsere Meinung überMedien• Man muss gezielt wählen, wielang man Medien nutzt, in welcherQualität und mit welchenInhalten.• Medien sind Zeitvertreib undPause.• Medien werden gefährlich,wenn man sich in eine Scheinweltflüchtet, wenn man keineFreunde mehr hat und nichtmehr frei entscheiden kann.• Man muss die Zeit im Augebehalten.• Chatten ist wie telefonieren.• Man muss das richtige Maßfinden.• Fernsehen ist sehr passiv.• sinnloser Zeitvertreib• Die Schule wird dadurch vernachlässigt.• Wir verbringen zu viel Zeit invirtuellen Welten, die Realitätkommt dabei zu kurz.• verhindert Kreativität• kaum <strong>no</strong>ch soziale Kontakte• zu wenig Bewegung• Man wird aggressiv.Martin Tertelmann„Alle haben sich dreckig underschöpft in die Bahn gesetzt. DerTag hat mir sehr gut gefallen.“Julia nach dem Waldtag„Einen Tag vor dem Start habe ichmir schon Gedanken gemacht, obich es schaffe oder nicht. Es kammir so leicht vor. Doch als ichangefangen hatte, war ich sauer,und ich dachte: Wenn ein Tag solangweilig ist, wie ist es dann erst ineiner Woche?“Turan


26 Eichendorffschule, Stuttgart27Eichendorffschule, StuttgartHilfe, was sollich machen?Eichendorfschule StuttgartVerlauf der medienfreien Woche vom7. bis 12. Juli 2008Ein schönes Beispiel für funktionierendesMiteinander: AmElternabend nahmen nicht nur dieLehrer und Eltern, sondern auchdie Kinder teil. Es entwickelte sicheine tolle, fruchtbare Diskussionüber die Bedeutung von Medienin den Familien. Ebenfalls tollwar, dass die Aktionen für dieMedienfreie Woche gemeinsambesprochen und geplant wurden.So konnte sich jeder mit Wünschenund Beiträgen einbringen, wasnicht nur die Durchführung derWoche erleichterte – sondern auchSpaß machte!Montag• Abgabe der elektronischenMedien• Gemeinsames Frühstück• Gestalten des Tagebuchs• nachmittags: ElternangebotMinigolf (mit Frau Moretti)Dienstag• ab 13.30 Uhr Zubereitungeines gemeinsamen Mittagessensauf dem AktivspielplatzSeelberg, Spiel und Spaß• von etwa 15.30 bis 17.30 UhrBesuch des Jugendhauses Anna• der NachmittagsunterrichtentfälltMittwoch• nachmittags: ElternangebotNordic Walking/Spielen imKurparkDonnerstag• Abend: Spieleabend von 18 bis20 Uhr in der Eichendorffschule(die Eltern sind herzlicheingeladen)Freitag• 3. und 4. Stunde Rapworkshopmit William Ponzetta• 6. Stunde: Vorbereiten des Flohmarktsvon freiwilligen Helfern• Von 15 bis 17 Uhr FlohmarktSamstag• Von 10 bis 12 Uhr Abschlussfrühstückmit den Eltern mitRückgabe der Medien„Eine Woche ohne Medien!? AmAnfang habe ich gedacht ‚oh Scheißdreck’,aber dann dachte ich, wirkönnen es zwei Wochen schaffen. Eswar schwer, mein Handy in die Medienkistezu legen. Dann ging es los,und unsere Lehrerin hat die Medienin den Tresor geschlossen.“„Ich bin stolz, dass ich auch denzweiten Tag ohne Medien ausgehaltenhabe.Es war aber sehr anstrengend. DerTag war voll schön.“„Eine Woche ohne Medien!? DieWoche wird geil. Am Anfang dachteich, das wird blöd, aber jetzt finde iches cool.“„Die Medien sind abgegeben. Es istein anderes Gefühl als sonst, dennam Abend weiß ich nicht, was ichmachen soll. Aber man muss esversuchen. Es war etwas langweiliggestern, aber ich habe mich abgelenkt,indem ich gezeichnet habe.Um 22 Uhr habe ich mich aufs Ohrgehauen.“Schlechte ZeitenOh Mann, ohne Fernsehen habe ich heute Langeweile,Deswegen mache ich Sport und renne eine Meile –Ich mach Sport, aber für mich ist Sport Mord!Ich mache mit bei ONE WEEK. NO MEDIA!, und ich halt mein Wort.Ohne Medien fühle ich mich besser und besser,Weil ich ohne Konsolen nur fresse und fresseUnd meine eigene Kontrolle gar nicht erkenne,Weil ich die ganze Zeit nur penne und penne.Neue Freunde mit viel K<strong>no</strong>w-how,Heute werde ich aus der Zeitung schlau.Wenn mir langweilig ist, dann gehe ich raus und spiele,Wenn ich nicht spiele, dann liege ich draußen und chille,Wenn ich nicht chille, dann kauf ich Eis mit Vanille,Wenn ich kein Eis kaufe, dann mach ich was mit der Familie.Wenn es vorbei ist, dann kriege ich die Medien zurückund zocke zu Hause, als wär ich verrückt.Von Maria, Sevgi, Paulo, Cemf, Ricky, Dogan, Ömer, Hilat, Florian,Fatma, Kai, Sena


28 Fasanenhof29 Fasanenhof„Das sind nichtmeine Kinder“Türkische Mütter verzichten mit ihren Familien auf MedienDas Selbstlernzentrum bietet seinen Besucherndie Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Lernen.Jeder kann hier frei bestimmen,wann, wie viel und wie schneller lernt. Möglich macht diesmoderne Lernsoftware für den PC.Kompetente Lernberaterinnen und-berater helfen beim Einstieg undstehen auch später bei Fragen undProblemen zur Verfügung. Ergänztwird das individuelle Lernen durchGruppenangebote und Seminare.Im Selbstlernzentrum konnte icheine kleine Gruppe türkischerMütter für die Teilnahme an einermedienfreien Woche interessieren.In einer ersten Veranstaltung wurdendie Mütter über die Chancender neuen Medien und auch überdie Risiken von übermäßigemMedienkonsum informiert. Denmeisten Müttern war zum Beispielnicht bewusst, dass übermäßigerMedienkonsum zu schlechterenSchul<strong>no</strong>ten führen kann. In einerzweiten Veranstaltung wurdenauch die Väter eingeladen undinformiert.Insgesamt haben dann 12 Erwachseneund 20 bis 30 Kinder an denAktionen und Ausflügen in dermedienfreien Woche teilge<strong>no</strong>mmen.Eine deutsche Frau, ein türkischerMann und zehn türkischeFrauen haben mit ihren Familienaufs Fernsehen und auf sonstigeMedien verzichtet.Auffallend war, dass der Verzichtden Teilnehmenden wirklichwehgetan hat. Kein Wunder: VieleKinder haben berichtet, dass siegewöhnlich oft bis 1 oder 2 Uhrnachts Fernsehen geschaut haben.Die Mütter waren im Verlauf derAktion sehr begeistert und positivüberrascht, weil es mit den Kindernim Alltag einfacher ging alssonst. Sie haben berichtet, dass dieKinder ausgetobter, ausgeglichenerund ausgeruhter waren als sonst.Die Mütter haben im Laufe derWoche oft gesagt: „Das sind nichtmeine Kinder, ich erkenne sie nichtwieder.“Meiner Erfahrung nach konsumierenMenschen mit Migrationshintergrundviele Medien. GutesSpielzeug für die Kinder gibt es oftnicht. In den Wohnungen nehmenFernseher, Computer und Spielkonsoleviel Raum ein.Ich habe erfahren, dass ein Vater,der seit 20 Jahren arbeitslos ist,selbst zu den Vielspielern an derPlaystation gehört und seine Kinderoft zum Spielen verleitet.Das Alternativprogramm in dermedienfreien Woche war bunt: Eswurden Lese- und Lernthemenangeboten, zum Beispiel ein halberTag Leseförderung mit Anbindungan Antolin, die Internetplattformfür Leseförderung. In einerTheater AG wurde freies Theatergespielt, der Alltag im Selbstlernzentrumdargestellt und ein kleinesDrehbuch zum Thema Mediengeschrieben. Des Weiteren wurdenMal- und Bastelkurse mit freienThemen durchgeführt.An den fünf Nachmittagen gingenalle Teilnehmer raus in die freieNatur. Das waren abenteuerlicheUnternehmungen im Wald: DieKinder mussten Dinge suchen,Pflanzen bestimmen und konntenauf einem Waldspielplatz spielen.Das Tollste war der Besuch beiBauer Klaus Brodbeck in Möhringen,der die Kinder in fast alleStallungen reinschauen ließ.Beendet wurde die Woche miteinem Abschlussfest, das die Teilnehmerselbst ausgerichtet haben.Die meisten Teilnehmer haben dieWoche als sehr positiv empfunden.So will das Selbstlernzentrum dieAktion trotz der für die Mitarbeitergroßen Anstrengung wiederholen.Ich habe die Kinder <strong>no</strong>ch nie soaufgeschlossen und kreativ gesehenwie in dieser Woche. Sie sind sonstim Alltag im Selbstlernzentrum oftsehr lethargisch.Ich glaube aber, dass es sinnvollerwäre, nur zwei bis drei medienfreieTage durchzuführen, dafür aberöfter im Jahr. Denn so können dieAlternativen zum Medienkonsumnachhaltiger ins Leben der Teilnehmeraufge<strong>no</strong>mmen werden.Reinhard Just


30 Euere Helden – unsere Helden31Euere Helden – unsere HeldenChe Guevara,Bob Marley unddie eigene MutterEuere Helden – unsere Helden: Ein Workshop mit Jugendlichen ausdem Freiwilligen Sozialen Jahr der Diakonie WürttembergHelden, Krieger und Kämpferspielen in Medien, Filmen undComputerspielen eine zentraleRolle. Wir wollten in einemWorkshop herausfinden, wer dieHelden der Jugendlichen von heutesind und welche Bedeutung sie fürihr Leben und ihre Lebensgestaltunghaben. Beunruhigt von dengewalttätigen Negativhelden, diesich unaufhörlich kämpfend undtötend durch Computerspiele undActionfilme bewegen, wollten wirergründen, ob diese bereits einenPlatz in den Herzen der Jugendlicheneinge<strong>no</strong>mmen haben. Oderob es ganz andere Helden sind, dieder Jugend als Vorbild dienen.Das Ergebnis ist vielfältig undindividuell. Es sind nicht immerdie ganz großen Helden aus derGeschichte wie Che Guevara, essind auch die kleinen Helden ausdem persönlichen Umfeld wie dieSchwester, Mutter oder Freundin.Es ist Bob Marley, der kompromisslosund gewaltlos für eine bessereWelt eintritt. Es ist die heldenhafteKrankenschwester aus dem Film„Pearl Harbor“, die einfach tatkräftigund selbstlos mit anpackt, ohneRücksicht auf ihr eigenes Leben. Esist Don Quichotte, der von hohenund scheinbar überholten Idealenbeflügelt seinen Idealen treu bleibt.Es ist die Frau eines berühmtenFilmschauspielers, die sich um Notleidende Kinder kümmert. Es istauch der „Wrestler“ aus einemComputerspiel, der durch seineKraft und Energie beeindrucktoder die fiktive weise archetypischeFigur Johannes aus dem Buch„Johannes“.Wir haben den Jugendlichenunsere Vorbilder vorgestellt undihnen erklärt, warum sie uns beeindruckenund welche Rolle sie inunserem Leben spielen.Barbara Grupp hat als ihren Heldenden Mediziner und KünstlerWolfgang Laib vorgestellt. Er istein Mensch, der kompromisslos dastut, was er für sich richtig findet.Sechs Monate im Jahr sammelt erin meditativer Versenkung mühsamBlütenstaub auf heimischen Wiesenund produziert damit vergänglicheKunstwerke.Der Held von Martin Tertelmannheißt Mahatma Gandhi, der sichunerschrocken, mutig und gewaltlosfür seine Ideale und die Rechteder „Letzten in der Gesellschaft“einsetzt. Und in letzter Konsequenzdafür sogar mit seinem Lebeneingestanden ist.Alle Jugendlichen haben in einemsehr bewegenden Gespräch ihrenHelden oder ihre Heldin vorgestelltund dann als Vor-Bild im wahrstenSinne des Wortes auf eine Leinwandprojiziert und gemalt. Wirhaben uns über die Helden derJugendlichen gefreut. Sie stehen fastallesamt für Primärtugenden wieMut, Menschlichkeit, Treue, Einsatzfür den Nächsten und Selbstlosigkeit.Ein junger Mann hat in allennebenläufigen Gesprächen immerwieder begeistert von einemamerikanischen Film-Actionhelden,einem Superagenten, erzählt.Aber tief in seinem Innerstensteht nicht dieser unbesiegbareKämpferheld, sondern seine Mutterfest als Vorbild und Heldin desAlltags in seiner Seele. Einfachweil sie sich gekümmert und trotzvieler Widrigkeiten im Leben nichtaufgegeben hat.Ein Teilnehmer hat sich einen derunbesiegbaren Kraftprotze auseinem Computerspiel beziehungsweiseFilm zum Vorbild ausgewählt.Er war der Einzige, der sein „Vor-Bild“ nicht fertig gemalt hat. Mitdem Ergebnis war er nicht zufrieden.Er hat sich dann zunehmendund auch endgültig von diesem„Vor-Bild“ distanziert und es nichtmit nach Hause ge<strong>no</strong>mmen.Barbara GruppMartin Tertelmann


32 Euere Helden – unsere Helden33 Euere Helden – unsere Helden


34 Hilfen zur Erziehung, Stuttgart35 Hilfen zur Erziehung, StuttgartMedien stellenKinder ruhigHilfen zur Erziehung, StuttgartAnfang des Jahres 2008 stellte unsMartin Tertelmann das ProjektONE WEEK. NO MEDIA! inder Leitungsrunde vor. Viele warendavon positiv angetan, so wurdegemeinsam überlegt, ob ein derartigesProjekt im Rahmen von Hilfenfür Erziehung durchführbar ist.Sieben von fünfzig Erzieherinnenund Erziehern haben die Aktionschließlich mitgetragen.Es entstand ein Programm für eineWoche und ein schlecht besuchterElterninfoabend fand statt. Letztlichhaben vier Gruppen teilge<strong>no</strong>mmen.Manche haben die ganzeWoche ohne Medien durchgehalten,andere nur zwei Tage.Es wurde angeregt, den Durchführungszeitraumflexibel zu gestalten,da sich einige Familien wohl aufeinen oder zwei medienfrei Tageeinlassen wollten, sich aber einerganze Woche nicht gewachsenfühlten. Manche Mütter habendeutlich gesagt, dass sie die Medienbrauchen, um ihre Kinder ruhigzu stellen, und um Streit in ihrerAbwesenheit zu vermeiden.Ein Erzieher machte die Beobachtung,dass Frustrationen in denFamilien oft nicht selbst gelöstwerden, sondern mit Hilfe vonKonsum kompensiert. Heutzutagegebe es für jede Art der Frustrationein Konsumangebot. Er rate denEltern immer, den schwierigenWeg zu gehen, obwohl das in derenUmfeld ganz anders propagiertwerde. Diese Gegenanstrengungenseien allerdings sehr kräftezehrend.Das Medienprotokoll wurde alsgutes Instrument zur Bewusstmachunggeschätzt. Inhaltlich solltemehr zum Thema „Umgang mitMedien“ gearbeitet werden. Diethematische Auseinandersetzung imTheater- und Rapworkshop warsehr gut. Alle Teilnehmer haben einTeilnahme-Zertifikat bekommenund Tagebuch geführt.Zwei Familien gehen seit derAktion bewusster mit Medien um.Aber die Erzieher haben auch vielAblehnung erfahren.S. BojkovicS. HohnholtR. BabuW.StuntebeckTagebuchErster Tag,Gustav Jakob-Höhle,schwäbische AlbDie Kinder stellten viele Fragenzur Natur, zu Burgen, Schlössern,Obst etc. Man merkte, dass dieKinder aus der Stadt kommen undnicht so oft in der Natur sind.Die Kinder waren erstaunt überihre Ausdauer und Leistung. EinHighlight war, dass Bernd Klenkvon release die Kinder vor undnach dem Höhlengang filmte undihnen Fragen zum Erlebten stellte.Zweiter TagIn einem Theaterworkshop mitCarmen Kühnle-Weissflog wurdenunter anderem Situationenentwickelt und gespielt, in denenman unbedingt ein Handy benötigt– und wie Situationen ohneHandy mit alternativen Kommunikationsmöglichkeitengemeistertwerden können. Es sind sehr lustigeEpisoden entstanden.Dritter Tag,Rapworkshop mit DUAP MV,Lerry und KAZinNach einer kurzen Einführung indas Thema HipHop wurden in dreiGruppen drei Rapsongs produziertund anschließend präsentiert. Eswar sehr lustig. Auffallend war derUmgang der Rapper mit den Kindernund Jugendlichen. Sie gingenganz toll auf die Kinder ein undnahmen alle Vorschläge sehr ernst.Vierter Tag,Haus des WaldesFünfter Tag,sieben Mädchen der Mädchengruppeveranstalteten eine langeLesenacht. Nach gemeinsamemKochen und Essen wurde das Buch„Die wilden Hühner“ von CorneliaFunke vorgelesen. Die Mädchenunterhielten sich <strong>no</strong>ch die ganzeNacht, einige haben wahrscheinlichgar nicht geschlafen. Die Lesenachtkam sehr gut an und wurde darumeine Woche später wiederholt.Sechster Tag,Radtour mit anschließendem Grillenam Max-Eyth-See.Gutes Wetter. Gutes Essen. GuteSpiele. Gutes Eis. Viel gelacht.


36 Hilfen zur Erziehung, Stuttgart37 Hilfen zur Erziehung, StuttgartRapper Dima erarbeitet mit den Kindern einen RapsongAusflug ins Haus der WaldesRapsongs, die im Verlauf derWoche entstanden sindEine Woche ohne Medien ist langweilig,Der Fernseher bleibt an, denn der ist mir heilig.Playstation-Spiele sind so cool,Zum Beispiel „virtual pool“.Playstation, Fernseher bleiben jetzt aus,Freunde, wir gehen jetzt raus!Die Zeit ist aus, und wir gehen nach Haus,Und die Maus ist raus.Lasst uns Mo<strong>no</strong>poly holenUnd den Typ mit der Idee versohlen.In der Schule spielen wir Fußball,Und wenn man ihn hochschießt, fliegt er ins All.In der Woche besuchen wir ’nen Workshop,Lernen mit Spaß, ohne Stopp,Und machen dabei HipHop.Ohne Freunde macht es keinen Bock,Darum spielen wir Tip Top.2 xAufgepasst, ONE WEEK. NO MEDIA!TV aus, ’ne Woche ohne Medien,Das Ding für jedermann.Von William, Riza, Kristian, Nicole, SoniaOh Tannenbaum, oh Tannenbaum,Die Oma sitzt im Kofferraum.Die Oma ruft die Feuerwehr,Die Feuerwehr kommt nackig her.Ohne Internet würd’ ich meine Hausaufgaben machenUnd danach es krachen lassen und darüber <strong>no</strong>ch mehrlachen.Ohne Fernsehen werd ich früher schlafen gehen,Um dann morgens wieder früher aufzustehen.Spongebob läuft nicht mehr, doch ich bin zufrieden,Denn ich kann draußen mit meinen Freunden Fußballspielen.Ich würd’ mit meinem Bruder Fahrrad fahrenUnd mit meiner Schwester Bilder malen.Und ich könnt auch meine Freunde öfter treffen.Ohne Radio hör ich Vögel zwitschern und die Hundekläffen.Heute würd’ ich schwimmen gehenUnd dort dann meine Freunde sehen.Ich würde sie ins Becken schubsenUnd sagen, es war aus Versehen.Ich würd’ im Garten grillen und relaxen,Ich würde einschlafen und die Würstchen fetzen.Von Peter, Veronika, Nicole, LeoIch kann kein Fernsehen schauen,Deswegen geh ich in die Stadt, um die Bühne für meinBreakdancing aufzubauen.Ich brauch kein Radio, um mit meinem Hund zu kuscheln,Deshalb geh ich in den Garten, um zu puseln.Der Fernseher ist aus, um Strom zu sparen,Deshalb kann ich öfter zu der Freundin fahren.Wir machen heut ’ne Wasserschlacht,Uns stört dann nicht der Handykrach.Und statt sich im heißen Ki<strong>no</strong> zu quälen,Gibt es im Wald Tiere zu sehen.Wir sparen den Strom und müssen nichts zahlen,Deshalb kauf ich Blätter und Stifte, um zu malen.Nun gibt’s keine Medien. Wir wollen es testen.Jetzt haben wir Zeit fürs Familienessen.Wir fanden es super, uns zu testen,Ohne Medien ging’s uns am besten.Von Aurora, Celeste, Luna, Angela, Aykurt, Dima„Eine Woche keine Glotze, keinHandy, kein PC, kein JustinTimberlake. Amen. Eine Wocheohne Medien. Ich werde es nichtaushalten.“Olivia„Ich bin mit meinen Freundinnennach Hause gegangen. Dort habenwir unsere Hausaufgaben erledigtund sind anschliessend ins Freibadgegangen. Das war ein echt tollerTag ohne Medien.“Celine„Als am Montag alle in der Schulewaren, mussten sich die Leute, dieein Handy oder einen MP3-Playerhatten, in einer Schlange aufstellenund nacheinander alles in einemKarton legen. Das fand ich öde.“Nick


38 Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt39 Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad CannstattDer Wunsch nachechten AbenteuernJahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt:ONE WEEK. NO MEDIA! aus LehrersichtIch habe interessante und teils erschreckendeEinblicke in den Medienkonsummeiner Schüler erhalten.Sehr viele Kinder kannten auseigener Erfahrung kaum Alternativenzum üblichen Medienkonsumund hatten größte Angst vor derLangeweile.Überrascht war ich, wie dankbarmanche Kinder den erzwungenenMedienverzicht annahmen, undwie sehr sich viele Kinder nachfamiliärem Umgang sehnen, nachgemeinsam verbrachter Zeit, zumBeispiel mit Gesellschaftsspiele<strong>no</strong>der gemeinsamen Unternehmungen.Auch der Wunsch nachechten Abenteuern ist groß – dafürverzichten die Kinder gerne aufelektronische Medien.Auffällig war, dass viele Kinderaus Angst vor Langeweile schlafengegangen sind, auch tagsüber, unddass fast alle Kinder wesentlichmehr Stunden der Woche schlafendverbracht haben. Manche Kinderhaben das Bücherlesen als Freizeitbeschäftigungwiederentdeckt.Schön ist es, wie offen sich die 12-und 13-Jährigen <strong>no</strong>ch auf Experimentedieser Art einlassen; ich habedie Erkenntnis gewonnen, dass mansolche Aktionen eher früher alsspäter durchführen sollte, bereits imGrundschulalter beziehungsweisein der fünften Klasse.Interessant war für mich auch,wie dankbar manche Eltern dieAnregungen von außen aufge<strong>no</strong>mmenund auch konsequentmitgetragen haben: Sie haben sichZeit ge<strong>no</strong>mmen, mit den Kindernmittags Rad zu fahren, schwimmenzu gehen, zusammen mit anderenKindern ein Picknick zu machenund zu spielen. Außerdem habensie aus Solidarität aufs Fernsehenund dergleichen verzichtet.Viele Eltern haben unsere Unternehmungenaktiv unterstützt,indem sie Kuchen, Getränke, Frühstücksbrötchenund alle anderenbenötigten Lebensmittel gespendethaben.Zwei Mütter, sowie eine ältereSchwester einer meiner Schülerhaben sogar beim Kochen undAufräumen geholfen.Die meisten Kinder waren indieser Woche viel öfter draußen alssonst und haben sich mit anderenKindern zum Spielen getroffen; sieschienen mir zufriedener und viellebendiger zu sein als sonst.Mit dem Ergebnis kann mannicht wirklich unzufrieden sein:18 von 28 Schülern, also zweiDrittel, würden diese Woche ohneEinschränkung wieder mitmachen,vier stehen der Aktion gleichgültiggegenüber und nur vier lehneneine weitere Woche ab. Zwei habenkeine Meinung geäußert.Leider fühlte ich mich als Lehrerinmit der Organisation eher alleingelassen. Es waren einige Elternbriefezusätzlich zu entwerfen – dieich allerdings bei einer weiterenTeilnahme wieder verwendenkönnte – und vom Schuljahresablaufher war diese Woche vor allemzeitlich und mit der Verantwortungeine große zusätzliche Belastungfür mich. Denn es war wichtig fürmich, dass diese Woche organisatorischund inhaltlich rund läuft.Damit verbunden war eine gewisseinnere Anspannung – wie immerbei etwas Neuem! Ebenso warauf moralischer Ebene für michwichtig, dass die Kinder erkennen,dass sich beim Verzicht auf liebgewordene Gewohnheiten etwasNeues, Unerwartetes einstellenkann. Denn wenn man etwasher- oder aufgibt, kann man auchwieder etwas zurückbekommen.Ulrike Friedmann„Ich gelobe in der medienfreienWoche kein Handy,kein Fernsehen oder andereelektronischen Medien zubenutzen.“TagebucheinträgeHeute hat die medienfreie Wocheangefangen. Zuerst war ich etwastraurig. Ich musste zwar mein Handynicht in der Schule abgeben,dafür hat meine Mutter mein Handyge<strong>no</strong>mmen. (..) Später habenwir dann richtig gut gekocht. Dashat richtig Spaß gemacht. Nachder Schule setzte ich mich zuerstvor den Fernseher, aber bevor ichihn anmachte, fiel mir wieder ein,dass ich das nicht darf. Danachdachte ich „Jetzt werde ich michlangweilen – was kann ich dennmachen?“. Aber da fiel mir ein,dass ich ja <strong>no</strong>ch eine Carrerabahnhabe, die ich dann sofort aufbauteund mit ihr spielte. Nachdem mirlangweilig wurde, ging ich raus undfuhr ein bisschen Skateboard. Undnun bin ich hier und kann nichtsmehr schreiben.Der Tag war krass. Die Fahrt zurHöhle war cool, weil Herr RittbergerGitarre gespielt hat. UnsereSachen haben wir bei einer altenRuine gelassen, und eine Gruppeist in die Höhle gegangen. Als meineGruppe drankam, musstenwir erstmal in die Höhle steigen. Inder Höhle war es stockdunkel, zumGlück ist Frau Friedmann hintermir gelaufen. Als wir draußenwaren, durften wir <strong>no</strong>ch klettern.Dann war die Heimfahrt cool, weilwir viele Lieder gesungen haben,die ich kannte.Ich hab nicht mal mein Handyabgegeben. Angst hab ich vor nichtsund ich freue mich auf gar nichts(…) Wen juckt ONE WEEK. NOMEDIA!, hä? Ich muss das jetzt malrauslassen. Mir ist die ganze Wochedreckegal. Echt. Ihr könnt mirnicht meine Freizeit verbieten. Ihrseid nicht meine Eltern. Und außerdem:Warum habe ich denn dieganzen Sachen gekauft? Um sie anzugucken,oder was? Ihr wollt dochnur, dass wir diese Woche Spaßhaben und wir das ganze Lebenmit weniger Medien auskommensollen. Und so richtig Spaß hatteich auch nicht. Das einzig Spaßigewar die Busfahrt.


40 Königin-Katharina-Stift, Stuttgart41Königin-Katharina-Stift, StuttgartDie Arbeit kann einemniemand abnehmenKönigin-Katharina-Stift, Stuttgart:10 Fragen an Lehrerin M. Hügle-DigomannWas war für Sie das Schönste in der medienfreienWoche?Die Zusammenarbeit mit denKollegen, ohne die ich dasProjekt nicht geschafft hätte. DieAbschlussfahrt in den KletterwaldLaichingen war für die Klasse undmich das Beste.Was war für Sie die größte Herausforderungin diesem Projekt?Die Überzeugungsarbeit, die ichbei Eltern und Schülern leistenmusste.Was hat Sie dazu motiviert, das Projektdurchzuführen?Ich beschäftige mich schon längermit dem Thema und sehe einenZusammenhang von Medienkonsumund der Konzentrationsfähigkeitvon Schülern. Außerdem seheich die Verdrängung von Bücherndurch die Medien mit all dendamit verbundenen Folgen: Verlustvon Phantasie, Rechtschreib- undAusdrucksfähigkeiten.Wie haben Sie das Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! insgesamterlebt?Künftig würde ich das gesamteKlassenkollegium einbeziehenwollen und das Projekt nicht nuran einzelne Stunden binden. Fürdie Kleineren, sprich Fünft- undSechstklässler, würde ich die Wocheweniger „intellektuell“ gestalten.Die „Heldenarbeit“ könnte alsVorbereitung bereits im Unterrichtlaufen. Sonst würde ich eventuelldiverse Workshops anbieten, sodassdie unterschiedlichen Schülerinteressenbesser koordiniert werdenkönnen. Den größten Spaß hattendie Schüler, wenn es am wenigstennach Unterricht aussah. DieUmfrage auf der Königstraßehat sie begeistert, ebenso unsereSporttreffen.War es für Sie schwer, Ihre Schulklassezur Teilnahme zu motivieren?Ich vermute, dass nicht alle ernsthaftteilge<strong>no</strong>mmen haben. DerSinn dieser Woche war nicht alleneinsichtig.Wie war die Zusammenarbeit mit undUnterstützung durch die Eltern?Einige Eltern haben mich sehrunterstützt, andere haben Zweifelan diesem Projekt angemeldet. Beiden Eltern muss die wahre Überzeugungsarbeitgeleistet werden.Wie bewerten Sie die Unterstützungdurch das Projektbüro ONE WEEK.NO MEDIA!?Die Anregungen sind gut, aberniemand kann einem die Arbeit inder Woche selbst abnehmen.Was würden Sie am Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! verändern?Ich würde es in der durchgeführtenArt nicht mehr ganz ans Ende desSchuljahres legen, außer wenn eswirklichen Projektcharakter unddamit die Unterstützung des ganzenKlassenkollegiums bekommt.Ich würde in der ganzen Wocheden Medienverzicht beschränkenauf PC, TV und MP3-Player.Eventuell würde ich den Zeitraumverkürzen oder einen medienfreienTag in der Fastenzeit – die kennenauch Muslime – durchführen.Würden Sie weitere medienfreie Wochendurchführen?Wir überlegen, ob wir sie in dersechsten Klasse etablieren wollen.


42 Königin-Katharina-Stift, Stuttgart43 Königin-Katharina-Stift, StuttgartDie Klasse hat in der medienfreien Wochezum Thema Helden gearbeitet.Hier die Ergebnisse:Eigenschaften einesHelden:MutHilfsbereitschaftguter Charaktersehr nettnicht eingebildetbesonderes Talentguter Instinktein guter Heldwürde sein Leben für andereopferneinen Retterinstinkter achtet nicht nur auf sein AussehenEin Held? ...Ist ein Held!Was ist ein Held? Ein Held ist:selbstloshilfsbereitgeduldigwillenstarkjemand, der in schlimmen Situationenstark istjemand, der nie aufgibtjemand, der Leben rettetselbstbewusstjemand, der einen zurechtrückt,wenn man auf der falschen Spur istjemand, der an deiner Seite sitzt,wenn es dir schlecht gehtjemand, der auch mal den Mutverlieren darfjemand, der sich für andere einsetztin guten und in schlechten ZeitenEin Held... ist ein Held!von Sophie, Sara, Nena, Ömer,OmarUnterschiedeAlltag• sie sind lebendig und echt• wenn sie sterben, gibt es sienicht mehr• sie würden das nie schaffenkönnen• man hat nur wenige Sekundenzum Handeln• sehen <strong>no</strong>rmal aus, wie <strong>no</strong>rmaleMenschenBeispiele für Helden:unsere Familie (ist immer füruns da)Feuerwehr (rettet Leben)Polizei (rettet Leben, ist immerzur Stelle)griechische GötterApotheker (Medikamente heilen)Ärzte (verarzten uns bei Unfällen)Lehrer (bringen uns Lesen undSchreiben bei)Gott (denn er hat uns erschaffen)Comic/Fernsehen• sie sind erfunden• wenn sie sterben, können sieimmer <strong>no</strong>ch weiterleben• sie können unmögliche Dingeschaffen (z.B. fliegen oder 100Meter weit springen)• es wird vorgeschrieben, was zutun ist• sehen supertoll und stark aus Ertut uns gut!Ein Held ist ein Held...Ein Held ist ein Held,Mutig und Stark,Er gibt nie auf,Er ist immer gut drauf!Ein Held ist ein Held,Auch ohne Mut,Hauptsache ist:Jeder ist ein Held!Auf seine Weise!Die einen groß und stark,Die anderen leise...PlaystationVorteile• man hat Spaß• man muss keinen DVD-Playerkaufen• man kann wissenswerte Spielespielen• man kann mit anderen Spielernzusammen spielen (Multiplayer)• Multiplayer > Freunde werden(einladen)HandyVorteile• immer und überall erreichbar• kostenlose Notrufnummern• Fotos (besondere Momentefesthalten)• immer in Kontakt mit Freunden• klein und praktischFernsehenVorteile• Nachrichten• Wetter• Kultur• Politik• Sport• Kochsendungen• Geschichtssendungen• psychologische Sendungen• Naturwissenssendungen• Tiererziehung• PromisComputer/InternetVorteile• man kann recherchieren (Wikipedia,Google)• man kann sich durch E-Mailsverständigen (MSN)• man kann sich informieren, z.B.übers Wetter• eine Hilfe für die Arbeit (Büroangestellte)• man kann sich Dokumente inder Software aufbewahren, z.B.Bilder und BriefeNachteile• man kann süchtig werden• man kann psychisch krankwerden• Zeitverschwendung• man hat keine Konzentrationfür Schul- und Hausaufgaben• schädlich für die AugenNachteile• radioaktive Strahlen > Krankheiten(Krebs)• man vergisst alles um sich herumund konzentriert sich nurauf das Handy• kann Abhängigkeit verursachen• kann im Unterricht/bei TerminenstörenNachteile• gelogene Werbungen• jugendfreie Sendungen• jugendfreundliche Sendungen• Kriminal-/Horrorfilme• süchtigmachende Sendungen• langes Fernsehen ist gesundheitsschädlich• Gewichtszunahme durch dasKnabberzeug vor dem Fernseher• sinnlose ZeitvertreibungNachteile• ist schädlich für die Augen• Stromverbrauch• man kann süchtig werden• man wird fauler und träge• man vergisst seine Umgebung• ein Fremder könnte sicheinnisten


44 Pestalozzischule Sielmingen45Pestalozzischule SielmingenMuße, Natur und Zeitfür GesprächePestalozzischule Sielmingen: eine achte Klasse fuhr 2008 insKunst-Schullandheim HepsisauDas einwöchige Kunst-Schullandheim inHepsisau war eine Woche ohne Mediender besonderen Art.Die Medienfreiheit stellte sichhier nahezu von selbst ein, da wirmit den Jugendlichen den ganzenTag in der freien Natur waren undam Abend mit ihnen in einemextra dafür eingerichteten Atelierarbeiteten.Auf das Handy zu verzichten,fiel den Jugendlichen in dieseranregenden Atmosphäre leicht,Computer und Fernsehgeräte gabes in diesem Schullandheim garnicht. Alles was für Menschen jeglichenAlters heilsam und anregendwirkt, war dagegen im Überflussvorhanden: Eine nur wenig bebaute,harmonische, „menschenfreundliche“Landschaft mit Wäldern,Wiesen, wildromantischen Tälern,frischer Luft und frischem Wasser.Menschen, die Zeit im Überflussfür Gespräche hatten. Zeiten derMuße, die jeder und jede auf seineWeise verbringen konnte. Und einAtelier, in dem gezeichnet, gemalt,gedruckt, gebaut und getöpfertwurde. Keiner der Jugendlichenkonnte sich dem Sog dieser Umgebungentziehen, keiner sehnte sichnach elektronischer Unterhaltungoder Handy-Kontakt.Dies gibt zu denken und machtmeines Erachtens deutlich, dassunser Bemühen, das Medienverhaltenvon Kindern und Jugendlichenzu beeinflussen, möglicherweisenichts weiter als das Bekämpfenvon Symptomen ist, nicht aberdas Erkennen und Beseitigen vonUrsachen.Vielleicht wäre es in einem zweitenSchritt hilfreich, gemeinsam mitden Kindern und Jugendlichen zuuntersuchen, welche Erlebnisqualitätenderen direkte Umwelt bietet.Erlebnisqualitäten in Bezug auf soziale,körperliche, geistige, religiöseund schöpferische Bedürfnisse. Wieviel Muße und wie viel Anregunghaben in ihrem Leben Platz? Wieviel frische Luft und freie Natursind ihnen geblieben? Wie vieleMenschen verbringen mit ihnenerfüllte Stunden? Wer teilt mitihnen ihre Freude und ihr Leid?Viele Erwachsenen haben Mühe,in der Flut von Möglichkeiten dieLebensart zu finden, die ihremWesen gemäß ist, viele sind trotzeiner bedrängenden Masse vonMenschen einsam, und vieleverbringen ihre Abende vor demFernseher oder dem Computer.Wie viel schwerer muss es Kindernund Jugendlichen fallen, sich denVerlockungen von Fernsehen undComputer zu entziehen! Hiergeraten sie in einen Sog, der ihremLeben fehlt, hier erleben sie starkeGefühle, die der „ge<strong>no</strong>rmte“ Alltagnicht ermöglicht.ONE WEEK. NO MEDIA! istein wunderbares Projekt, das denKindern und Jugendlichen zeigt,was Leben auch <strong>no</strong>ch sein kann.Doch ob sie ohne die kontinuierlicheund liebevolle Begleitung vonErwachsenen einen Weg finden,diese anderen Lebensqualitäten inihrem Leben zu verankern, bleibtfraglich.Barbara Grupp


46 Pestalozzischule Sielmingen47Pestalozzischule SielmingenFußball spielen oderFreunde besuchenPestalozzischule SielmingenDas schönste Erlebnis hatte nichts mitMedien zu tunEine siebte und eine achte Klasseder Pestalozzischule wollten an dermedienfreien Woche teilnehmen.Die Klassenlehrerinnen FrauSaremba und Frau Rentschlerbaten mich, die beiden Klassen zubesuchen, um den Schülern denSinn der Aktion nahezubringen.Die Klassen waren mit sieben biszehn Schülern sehr klein. Ich fragtedie Schüler zunächst, welche Mediensie nutzen und besitzen. Stolzberichteten die meisten, dass siebereits einen eigenen Fernseher imZimmer hätten und auch sonst <strong>media</strong>lbestens ausgerüstet seien, vonder Playstation über den Gameboybis hin zum eigenen PC.Auf die Frage, ob sie eine Wocheohne Medien auskommen könnten,erwiderten manche übermütig, dasssie es auch bis zu einem Monatohne Medien schaffen würden.Zwei Mädchen taten sich schwermit einer Zusage. Sie konnten sichnicht vorstellen, die nächste Folgeeiner bestimmten Fernsehserie amDonnerstagabend zu verpassen. Ichschlug ihnen vor, die Folge aufzunehmenund sie dann nach dermedienfreien Woche anzuschauen.Spontan stellte ich der Klasse dieFrage:Was war für dich inder letzten Woche dasschönste Erlebnis?• Die Feier meiner Firmung.• Fußball zu schauen und Holzhäuserzu verzieren.• Ich war bei meiner Freundin,die ich lang nicht mehr gesehenhabe.• Schwimmen mit der Familie.• Besuch der Steinzeitausstellung.• Das Eltern<strong>ca</strong>fé was sehr schön.• Das Fußballturnier war sehrschön.• Feuermachen wie in derSteinzeit.• Das Reiten war sehr schön.• Meine Konfirmationsfeier warsehr schön.• Mein Geburtstag.• Der Ausflug mit meiner Tantenach Augsburg.• Ich habe eine Praktikumsstellegefunden.• Mit meiner Freundin wasausgemacht.Wir sind in vielen Schulklassenund Gruppen oft mit der Fragenach dem schönsten Erlebnis dervergangenen Woche in das Gesprächeingestiegen. Überraschendwar, dass sowohl bei Eltern als auchbei Kindern und Jugendlichendas schönste Erlebnis fast immermit gemeinsamen Aktionen undErlebnissen in der Familie oder mitFreunden verbunden war.Medien haben hier nur ganz selteneine Rolle gespielt, obwohl derdurchschnittliche Medienkonsumbei etwa 220 Minuten täglich liegt.Wir verbringen also durchschnittlichüber 40 Prozent unsererFreizeit vor dem Fernseher odermit anderen Medien, obwohl wirdort nicht die schönsten Erlebnissehaben.ElternabendDie Eltern beider Klassen warengemeinsam mit ihren Kindernanwesend. Vorher war die Berufsberatungda gewesen, ein wichtigerTermin. Nach Meinung von FrauSaremba wären die Eltern sonstnicht gekommen.Zum Einstieg berichtet FrauSaremba von einem Jungen, dernach meinem Besuch in der Klassefreiwillig und ohne Aufforderungversucht hat, einen Tag ohne Medienauszukommen. Dieser Schülerhat ihr eine E-Mail geschrieben:„Gestern habe ich versucht, ohne Medienauszukommen. Ich hab gedacht,ich werde verrückt. Bin immer in derWohnung hin und her gelaufen. Habeaus Versehen sogar mal den Fernseherangeschaltet. Hab ihn, weil nicht gleichdas Bild kam, wieder ausgemacht. Habmich dann mit meiner Mutter unterhalten.Später bin ich zum Traininggegangen, hab dann <strong>no</strong>ch mit Freundengesprochen, zu Hause dann wieder mitmeiner Mutter. War alles gar nicht soeinfach, war langweilig. Mal sehen, obich es <strong>no</strong>ch einmal schaffe!“Ich bat die Eltern, aufzuschreiben,was für sie das schönste Erlebnisder vergangenen Woche war. DieKinder machten auch mit.Es ist gut, dass Eltern und Kindergemeinsam am Elternabend anwesendwaren. Eine große Schwesterkam in Stellvertretung ihrer Eltern.Der Medienkonsum der Elternvom Vortag wurde abgefragt: trotzvier Meldungen mit null Stundenentstand ein Mittelwert von 3,2Stunden.Medienprotokoll eines Schülers mit durchschnittlich sieben Stunden Medienkonsum täglich.Das a<strong>no</strong>nymisierte Medienprotokolleines Jungen aus der siebtenKlasse wird präsentiert.Ich stellte die Ergebnisse aus derStudie von Christian Pfeiffer vorund zeigte den Zusammenhangvon übermäßigem Medienkonsumund schlechten Schulleistungen auf.Auch dass die Präsenz der Medienim Kinderzimmer den Konsumextrem steigert. Das erreichte dieEltern – Aufklärung ist Teil derPrävention.Dann berichtete ich von denschönsten Erlebnissen der Kinderund las die eingesammeltenMeldungen der Eltern vor. Alleschönen Erlebnisse hatten durchwegnichts mit Medien zu tun,alle berichteten über Ausflüge,Spaziergänge, Gespräche, übermenschliches Miteinander oderFußballspiele.Was war für Sie in derletzten Woche dasschönste Erlebnis?Antworten der Eltern:• Habe mich mit meiner Freundingetroffen.• Habe Tagebuch geschrieben.• Bin mit meinen Hunden spazierengegangen.• Eine Geburtstagsfeier.• Ein Treffen mit meiner Schwester.• Der Besuch bei einer altenFreundin.• Ein Spaziergang.• Als mein Sohn überraschend zuBesuch kam.• Ausflug nach Bad Urach.• Ich habe eine nette Frau kennengelernt.• Spaziergang mit einem Freund.• Gemeinsame Gespräche.• Ich war auf einer Party.• Fußballstadion und CannstatterWasen


48 Pestalozzischule Sielmingen49 ZitateFrau Rentschler hat mit ihrerKlasse an der gesamten Schule eineUmfrage zum Thema Medienkonsumgemacht. Laut dieser Recherchebeträgt der durchschnittlicheMedienkonsum zwölf Stundenam Tag. Es sind viele Doppelnutzungendabei, zum Beispiel wirdein PC-Spiel gespielt, während imHintergrund der Fernseher läuft,vielleicht auch <strong>no</strong>ch Musik. UntermStrich ergibt das immer <strong>no</strong>chrund fünf Stunden am Tag.Nun wurden die Ideen der Kinderfür einen medienfreien Tag vorgestellt.Einem Vater fiel auf, dass allediese Ideen nichts oder sehr wenigkosten.Was wollen wir machenwenn wir keine Mediennutzen?Die Ideen der Kinder:• Fußball spielen• Raus in die Natur• Schwimmen• Lagerfeuer• Grillen• Lesen• Ausflüge• Wandern• Zelten• Nachtwanderung• Fahrrad fahren (Fahrradtour)• Inliner fahren• Tanzen• Abenteuer erleben• Klettern• Wasserschlacht• MutprobenDie Eltern entschieden sich mehrheitlichdafür, mitzumachen. Zweiitalienische Mütter wollten einenKochabend organisieren. Sonst warendie Wortmeldungen zur aktivenMitgestaltung verhalten. Doch FrauRentschler sagte, der eine oder anderewerde sich schon melden undüberlege <strong>no</strong>ch. Und so war es auch:beim Hinausgehen meldeten sichweitere Eltern. Schließlich muss diemedienfreie Zeit gefüllt werden.Martin Tertelmann„Der Montag war sehr schwer,muss ich jetzt ehrlich sagen, ohneFernsehen und ohne Computer.War schon sehr anstrengend. Abernur der Montag war anstrengend,ansonsten ging es eigentlich. Mankann auch ohne solche Sachenleben, ohne Medien. Mein Sohnhat viel draußen mit Freundengespielt – sonst hängt er immervorm Fernseher oder will Computerspielen. Er hat mehr mit seinerSchwester gespielt und ein Puzzlegemacht mit 1000 Teilen. Ich habeim Kinderzimmer immer einenFernseher gehabt, den möchte ichjetzt eigentlich komplett wegtun.“Mutter„Zu Hause haben wir dann <strong>no</strong>cheine Fahrradtour gemacht. Dasswar cool, mal am Neckar vorbeizudüsen.“Sven„Am Mittag habe ich den Fernseherschon ein wenig vermisst,aber dann habe ich <strong>no</strong>ch was mitmeiner Schwester unter<strong>no</strong>mmen.Am Abend war es das gleiche. Undich glaube, ich schaffe die Wocheohne Medien schon. Heute hat esjedenfalls viel Spaß gemacht.“Melanie


50 Pestalozzischule Stuttgart-Rohr51 Pestalozzischule Stuttgart-RohrEngagierte Eltern,entlastete LehrerinTop und FlopPestalozzischule Stuttgart-Rohr, Klasse 4ePestalozzischule Stuttgart-Rohr, Klasse 3bIch habe den Eindruck, die medienfreieWoche war bei uns in der Klasse ein großerErfolg.Zunächst war es gar nicht so einfach,einige Eltern zu überzeugen,mitzumachen. Aber der Großteilder Eltern fand die Idee super.Von den Eltern meiner Klassewurden schulische Aktivitäten amNachmittag gar nicht gewünscht.Die Eltern argumentierten, das seija nicht der Sinn der Sache, dieEltern sollten sich doch selbst etwasüberlegen. Also konnte ich michaus der Organisation heraushalten,habe nun allerdings auch keineDokumentation.In meiner Klasse gibt es nur ganzwenige Kinder, die sich in großemMaß mit Bildmedien beschäftigen.Ich finde das schön. Aberich bezweifle, dass wir die Elternerreichen konnten, die sich wenigdarum kümmern.Andrea Arlt10 Fragen an Andrea ArltWas war für Sie das Schönste in dermedienfreien Woche?Ich hatte mehr Zeit für andereDinge, weil der Fernseher keinZeitfresser war.Was war für Sie die größte Herausforderungin diesem Projekt?Selbst nicht den Fernseher einzuschalten,sowie die Eltern zumotivieren.Was hat Sie motiviert, das Projektdurchzuführen?Ich finde die Idee super, weil sichdie Familien Gedanken darübermachen müssen, wie sie Zeit miteinanderverbringen.Was war für Sie die wichtigste Erfahrungin der medienfreien Woche?Die Eltern haben für die ganzeKlasse an zwei Nachmittagen Angeboteorganisiert. Fast alle Kinderhaben daran teilge<strong>no</strong>mmen.Wie haben Sie das Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! insgesamterlebt?Sehr positiv.War es für Sie schwer, Ihre Schulklassezur Teilnahme zu motivieren?Nein. Die Eltern fanden das Projektinteressant.Wie war die Zusammenarbeit mit unddie Unterstützung durch die Eltern?Ich habe sehr viel Unterstützungerfahren. Sehr gute Zusammenarbeitmit den Eltern.Wie bewerten Sie die Unterstützungdurch das Projektbüro ONE WEEK.NO MEDIA!?Sehr gut – sehr ausführlich –immer zeitlich gut gesetzt (gutesTiming).Was würden Sie am Projekt ONEWEEK.NO MEDIA! verändern?Nichts.Würden Sie weitere medienfreie Wochendurchführen?Ja.In der Auswertung der medienfreienWoche stellte sich heraus,dass von zwölf Familien sechsganz mitgemacht haben. In zweiFamilien wurden Fernseher, Computerund Handy vor den Kinderweggesperrt. Die Kinder warenaber sauer, wenn sie merkten, dassihre Eltern abends doch „geglotzt“haben.Bei vier Familien gab es laut Berichtder Kinder überhaupt keineUmstellung zu Hause. Das warendurchweg Familien mit ausländischenEltern. Für mich war dasschon bezeichnend. Ich hatte mitdiesen Familien zuvor intensivenKontakt, und sie meinten, es wäresicher sehr schwer, aber sie wolltenversuchen, zumindest für das Kinddafür zu sorgen, dass es nicht ständigmit fernsieht. Leider hat es dorteben nicht geklappt.Die teilnehmenden Familien warendurchweg sehr angetan und dieKinder berichteten immer wieder,wie sie am Abend beim Spielgewonnen haben, dass also wirklichauch was anderes zu Hause lief alsgewöhnlich.B. Lücke10 Fragen an B. LückeWas war für Sie das Schönste in dermedienfreien Woche?Meistens ausgeschlafene Schüler.Was war für Sie die größte Herausforderungbei diesem Projekt?Die Eltern der Schüler zum Mitmachenzu motivieren, vor allemdie „bildungsfernen“.Was hat Sie motiviert, das Projektdurchzuführen?Der Sinn des „Nicht-Medien-Konsums“. Kinder sollten wiederKinder sein und spielen.Was war für Sie die wichtigste Erfahrungin der medienfreien Woche?Der Stolz der Kinder, wenn sieberichteten, dass sie im Spielgewonnen haben, dass sie Neuesgelernt haben.Wie haben Sie das Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! insgesamterlebt?Sehr wechselhaft, da fünf Schülernur bedingt teilnehmen konnten,weil ihre Familien nicht auf dasFernsehen verzichten wollten. DieBerichte der Teilnehmer waren füralle interessant.War es für Sie schwer, Ihre Schulklassezur Teilnahme zu motivieren?Ja, bei einigen Eltern schon. Siewollten nicht auf die abendlicheBerieselung verzichten.Wie war die Zusammenarbeit mit unddie Unterstützung durch die Eltern?Leider waren alle sehr beschäftigt.Zum Glück war tolles Wetter unddie Schüler konnten sich viel inFreien bzw. auf der Jugendfarmaufhalten.Wie bewerten Sie die Unterstützungdurch das Projektbüro ONE WEEK.NO MEDIA!?Sehr gut. Mehr kann man nichtanbieten.Was würden Sie am Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! verändern?Ich habe leider keine konstruktiveIdee. Es ist aber sehr auffallend,dass ausländische Familien nichtteilnahmen, obwohl ich auchpersönlich <strong>no</strong>ch mit Unterlagen zuüberzeugen versuchte.Würden Sie weitere medienfreie Wochendurchführen?Ja sicher, es ist zumindest ein Zeichen,auch für die nicht teilnehmendenFamilien, „Hoppla, die habenes geschafft“. Vielleicht machensie ja beim nächsten Anlauf mit.


52 Pestalozzischule Stuttgart-Rohr53Pestalozzischule Stuttgart-RohrAlle habe mitgezogen -und sich doch fastverhalten wie immerPestalozzischule Stuttgart-Rohr, Klasse 2bVorbereitung:Elternabend, 18. Februar 2008:Vorstellung der Aktion und gemeinsamerBeschluss aller Eltern,dass unsere Klasse daran teilnimmt.Elternstammtisch, 10. Juni:Gemeinsamer Beschluss, dass wirmit den Zweitklässlern in einerabgespeckten Version teilnehmen,die der Altersstufe sowie demEinzugsgebiet und der damit verbundenengeringeren Ausprägungder Problematik übermäßigenMedienkonsums angepasst ist. Dasbedeutet, dass wir in der Woche„nur“ auf Fernsehen, Computerund Spielkonsole verzichtenwerden, da die anderen Medien beiunseren Kindern keine oder kaumeine Rolle spielen.Planung eines gemeinsamenSpielenachmittags gegen Ende dermedienfreien Woche im Waldheim.Die besprochenen Punkte werdenallen Eltern in einem Elternbriefmitgeteilt.Treffen mit einer Kollegin aus derKlassenstufe eins: Ausarbeitungeines stark vereinfachten Medienprotokollsfür die Kinder derKlassen eins und zwei.Montag, 23. Juni:Die Schüler erhalten das erste Medienprotokollfür die Woche vom23. Juni bis 29. Juni als freiwilligeHausaufgabe.Hinweis der Lehrerin dazu: „DiesesBlatt soll für euch eine persönlicheKontrolle sein, ihr füllt es nur füreuch selber aus. Ich werde eureEintragungen nicht anschauen,das heißt ich werde euch nichtauf euren Medienkonsum hinüberprüfen.“Freitag, 27. Juni:Vorbereitendes Gespräch im Klassenverbandüber die für die nächsteWoche anstehende Aktion.Elternbriefvon Sonja Heilmann und RobertDinnebier, Elternvertreter (inAuszügen).Liebe Eltern und Igelkinder,(…)Vom 30. Juni bis 6. Juli 2008 nimmtunsere Klasse wie am Elternabendbesprochen an der Aktion gegenübermäßigen MedienkonsumONE WEEK. NO MEDIA! teil.Innerhalb dieser Woche wollenwir ohne Fernsehen, Computerund Spielkonsole auskommen underfahren, welche Zeit und damitzusammenhängend welche Möglichkeitenzur Freizeitgestaltungwir damit gewinnen. Die Aktionwird nur Wirkung zeigen, wenn Sieauch zu Hause mit Ihren Kinderndie Thematik behandeln und einemedienfreie Woche mit IhrenKindern durchführen.Am Stammtisch wurde besprochen,dass wir uns am Freitag dieser Woche,also am 4. Juli 08, um 15 Uhrzu einem gemeinsamenSpielenachmittag im Waldheimtreffen. Bitte <strong>no</strong>tieren Sie sich diesenTermin, eine weitere Einladungwird es nicht geben.(…)DurchführungMontag, 30. Juni:Da wir an diesem Tag unsere eigenekleine Fußball-Zweitklässler-Meisterschaft durchführen, bleibtwährend des Schultages kaum Zeitfür die Thematisierung der Aktion.Lediglich beim Aufgeben derHausaufgaben und dem Austeilendes zweiten Medienprotokollssprechen wir darüber, dass für unsalle nun die Woche ohne Fernsehenund Computer beginnt. Ichkündige den Kindern an, dass wirmorgen über ihre Gestaltung desmedienfreien Nachmittags redenwerden.Dienstag, 1. Juli:Erzählrunde der Schüler und auchder Lehrerin zu ihrem ersten medienfreienNachmittag und Abendinnerhalb der Aktion (Freibadbesuch,Verabredung mit Freunden,draußen spielen…).Auffällig, zugleich aber für dasAufwachsen dieser Schüler typischist, dass alle Kinder ihre Aktivitätenals nichts Außergewöhnliches oderBesonderes ansehen, da sie sichzum Großteil mit der auch sonstüblichen Freizeitgestaltung decken.Sehr vereinzelt erzählen Kinder,dass sich ihre Eltern nicht genau andie Vorgaben der Aktion gehaltenhaben und zum Beispiel dochden Fernseher angeschaltet haben,nachdem die Kinder im Bett waren.Diese Äußerungen werden imLauf der Woche immer seltener.Mittwoch, 2. Juli:Kurze Erzählrunde zum gestrigenNachmittag und Abend.Im Englischunterricht arbeiten wirzur Erarbeitung einer Story mitdem Medium Fernseher. Bereitsbeim Hineinfahren des Videogerätsertönt von vielen Seiten Protest:„Wir dürfen doch in dieser Wochenicht fernsehen.“ Diese Situationnehmen wir zum Anlass, über denbewussten Einsatz von Medien imUnterricht, bei der Arbeit und auchzu Hause zu sprechen.Donnerstag, 3. Juli:Keine besonderen Aktivitäten zurmedienfreien Woche.Freitag, 4. Juli:Im Kunstunterricht überlegen wirgemeinsam, wie wir ein Bild zurmedienfreien Woche malen könntenund beschließen, unser Blattzweizuteilen. Auf die obere Seitedes A3-Blattes malen die Kindersich selber in der medienfreienWoche – im Freibad, beim Spielenim Garten, beim Eisessen, beimFußballspielen …Als freiwillige Hausaufgabe überdas Wochenende erhalten dieSchüler die Rückmeldebogen zurmedienfreien Woche für sich undfür ihre Eltern.Am Nachmittag treffen sich vieleKinder der Klasse mit ihren Elternund ihrer Lehrerin im Waldheimzum gemeinsamen Spielenachmittag.Ähnlich wie bei den Berichtender Kinder in den Erzählrundenscheint auch diese Aktion nichtsAußergewöhnliches zu sein, da sicheinige Kinder der Klasse regelmäßigdort zum Spielen treffen.Bei den Eltern und der Lehrerinbietet die Aktion Gesprächsstoff: eswerden Erfahrungen über die Wocheausgetauscht und allgemeinefamilieninterne Regelungen zumbewussten und kontrollierten Umgangmit Fernsehen und Computerbesprochen.ReflexionMontag, 7. Juli:In der Woche nach der Aktionerhalten die Schüler <strong>no</strong>chmals einMedienprotokoll, das sie im Laufder Woche ausfüllen können, umdann im Vergleich mit den zweiProtokollen der vergangenenWochen mögliche Veränderungenfestzustellen.Wir schreiben persönliche Berichtezum Thema „Meine ONE WEEK.NO MEDIA!“ und blicken darinauf die Erlebnisse in der Wocheohne Fernseher und Computerzurück.Beate Wolf10 Fragen an Beate WolfWas war für Sie das Schönste in dermedienfreien Woche?Die Erzählungen meiner Schülerüber die Gestaltung ihrer Freizeitmit ihren Eltern – schöne Familiengeschichten.Und dass alle(!) Schüler der Klasse die Aktionmitgetragen haben.Was war für Sie die größte Herausforderungin diesem Projekt?Ich denke, die Herausforderungenhabe ich an die Elternhäuser abgegeben,wo die medienfreie Wocheletztendlich stattgefunden hat.Da die gesamte Eltern- und auchSchülerschaft die Aktion unterstützthat, gab es keine nennenswertenProbleme.Was hat Sie motiviert, das Projektdurchzuführen?Das Wissen über die negativenAuswirkungsmöglichkeiten übermäßigenMedienkonsums und dieHoffnung, bei manchen Eltern undKindern damit etwas anstoßen oderbewegen zu können.Was war für Sie die wichtigste Erfahrungin der medienfreien Woche?Dass meine Schüler durchaus offenfür die Thematik sind und sichgerne auf die Aktion eingelassenhaben, sich aber in ihrer Freizeitgestaltungnichts oder nur wenigverändert hat, dass sie Medien nichtübermäßig konsumieren, sondernzu großen Teilen während derWoche gar nicht.Wie haben Sie das Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! insgesamterlebt?Da in der Zeit vor den Sommerferienviel los ist, lief die Aktionabgesehen vom Freitag eher nebenher.Der Verzicht auf Fernseher undComputer wurde immer wiederthematisiert, in die Tiefe gegangenund dann auch wirklich durchgeführtwurde vor allem zu Hauseund nicht im Unterricht.


54 Pestalozzischule Stuttgart-Rohr55 Pestalozzischule Stuttgart-RohrWar es für Sie schwer, Ihre Schulklassezur Teilnahme zu motivieren?Nein! Die Kinder haben sich gernedarauf eingelassen. Dies hängt aberbestimmt auch damit zusammen,dass die meisten meiner Schülervon sich oder der Familie aus schonsehr wenig fernsehen beziehungsweiseComputer spielen.Wie war die Zusammenarbeit mit unddie Unterstützung durch die Eltern?Die Aktion wurde von der Elternschafteinstimmig beschlossen. Undneben meinen Schülern haben sichdann bei der Durchführung auchfast alle Eltern daran beteiligt. Beivorangehenden Besprechungenwurde die Aktion als klare Aufgabeder Familien an zu Hause abgegeben,daher wurde ich sehr gutunterstützt.Wie bewerten Sie die Unterstützungdurch das Projektbüro ONE WEEK.NO MEDIA!?Die Gespräche mit und dieVorschläge von Martin Tertelmannhaben mir geholfen, die Wochekonkret zu planen.Kinder malten: „Was mache ich ohne Medien?“Was würden Sie am Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! verändern?Eine frühzeitige Information undklare Aufklärung der Eltern überdie Aktion wäre wünschenswert.Eindrucksvoller wäre es sicher,wenn nicht nur vereinzelte Klassen,sondern ganze Schulen am Projektteilnehmen würden.Würden Sie weitere medienfreie Wochendurchführen?Ja, aber nur in der verschmälertenForm, in der wir dieses Jahr teilge<strong>no</strong>mmenhaben. Schule/Lehrersollten bei dieser Aktion Anregersein, nicht aber Durchführer, da dieMedienerziehung in erster LinieAufgabe der Familie ist.Kinder malten: „Medien bei uns zu Hause“


56 Pestalozzischule Schwäbisch Gmünd57Pestalozzischule Schwäbisch GmündVon Wilbär bisPublic-ViewingPestalozzischule Schwäbisch GmündDrei Klassen der Stufen fünf und sechsnahmen an der Projektwoche teil.ElternabendAnwesend sind elf Eltern beziehungsweiseErziehungsberechtigtevon 35 Kindern.Ein Vater weist auf die zunehmendeVerrohung der Gesellschaft hin. AlsBeispiel führt er den Kindersender„Dschungel TV“ von Premiere an.Er sei erstaunt und empört über dieKraftausdrücke und Kampfszenen,die er dort gesehen habe. Von denBildern im „<strong>no</strong>rmalen“ Fernsehenmal ganz abgesehen.Ein anderer Vater erzählt, dasssein Sohn seinen Medienkonsumimmer rechtfertige, indem er aufseine Mitschüler verweise, die auchetwa acht Stunden spielten, abertrotzdem fit und gut in der Schuleseien. So greife das Argument vonManfred Spitzer „Medien machendick dumm und gewalttätig“nicht. Er hätte gern <strong>no</strong>ch ein paarArgumente, die er seinen Kinderngegenüber ins Feld führen könne.Überhaupt sollte man die ganzeGesellschaft mitmachen lassen, weiles die Kinder wegen dem Gruppendruckso schwer hätten.Ein anderer Vater weist darauf hin,dass die Werbung den Kindernpermanent neue Dinge präsentiereund Wünsche einflüstere. SeineTochter wolle dann natürlich auchdas neueste Handy mit Kamerahaben. Er fragt, was er tun soll.Zumal er seine Tochter via Handyerreichen wolle, weil er und seineFrau arbeitsbedingt viel außer Hausseien.Wie immer wird klar, dass dieEltern zwar Teil des Dilemmas sind,gleichzeitig aber auch sehr besorgtum ihre Kinder. Die permanenteWerbeflut und die qualitativschlechten Programme lehnen dieEltern ab.Ein engagierter Vater, Restaurantbesitzer,will Pizza für dieKlasse backen. Lehrer Peter Heußerschlägt vor, eine lange Lesenachtim Klassenraum zu veranstalten,mit Matratzen, Kerzenschein etc.Schön fände er, wenn die eine<strong>no</strong>der anderen Eltern vorbeischauenwürden.Eine Mutter sagt, dass die Kinderdie schönen alten Gemeinschaftsspielenicht mehr kennen. Ob siedie Initiative ergreift und einenSpiele-Abend veranstaltet?Martin TertelmannAblauf der medienfreienWocheSchön war: die Ideen, die beimElternabend aufkamen, wurdenengagiert in die Wirklichkeitumgesetzt. So fand eine bunte undabwechslungsreiche medienfreieWoche statt.MontagZum Auftakt der Woche wurdendie Handys und MP3-Player eingesammelt.Mit einer Putzaktion in verschiedenenTeilen der Stadt haben dieSchüler 50 Euro für die Klassenkasseeinge<strong>no</strong>mmen. Im Anschlusshaben wir eine Kneipp-Anlagebesucht.Am Dienstaghatten wir Pech, denn bei derFahrradtour wurden wir von einemgewaltigen Gewitter überrascht.Binnen weniger Minuten warenwir bis auf die Haut durchnässt. Eskrachte und blitzte um uns, keineUnterstellmöglichkeit war in Sicht.Ein unglaublich intensives Naturerlebnis,mit dem die spannendsteTV-Show nicht konkurrieren kann.Am Mittwochwurden in der Schule verschiedeneWorkshops angeboten. Die Schülerkonnten frei wählen, ob sie amTheater-, Pantomime-, Kulissen-Malen- oder Keyboardkurs teilnehmen.Oder auch an den Straßenspielen,die eine Mutter organisierthat. Es war ein sehr fruchtbarer undkreativer Tag, wie sich am Donnerstagabendbei der Präsentationder erarbeiteten Ergebnisse zeigte.DonnerstagWir besuchten die Wilhelma. Wilbärwar die absolute Attraktion.Abends aßen wir in der Schule diePizza, die der Vater einer Schülerin,ein Pizzeria-Betreiber, füruns zubereitet hatte. So waren wirfür die lange Lesenacht inklusiveÜbernachtung in der Schulegestärkt. Eine Mutter besuchte unsund las spannende Geschichtenund Rätsel vor. Das Schlafen waretwas schwierig an diesem Abend.Nicht weil die Schüler nicht müdegewesen wären, sondern wegendem Public-Viewing auf demMünsterplatz direkt neben derSchule. Also haben wir kurzerhandbeschlossen, trotz medienfreierWoche die zweite Halbzeit Spaniengegen Russland mit anzuschauen.Ein Medienerlebnis, das sich vomGlotzen allein zu Hause doch sehrunterscheidet. Die Nacht war dannerstaunlich ruhig. Am Morgen gabes ein leckeres Frühstück, den Vormittagverbrachten wir im Freibad.Zurück in der Schule wurden dieHandys und MP3-Player wiederausgeteilt.Die Projektwoche war für meinEmpfinden einen gelungene Sache.Peter Heußer20 Schüler, zehn Mädchen undzehn Jungen, wurden zu ihremMedienkonsum-Verhalten befragt.Hier das Ergebnis:1. Welche Medien nutzt du?Fernsehen, Radio, Internet: 20Bücher, Zeitungen: 142. An wie vielen Tagen in der Wocheschaust du fern?Tage Schüler7 126 15 14 13 22 01 33. Begrenzen deine Eltern deineFernsehzeit?Ja: 15Nein: 54. Mit wem schaust du meistens fern?Familie: 13Freunde: 6Allein: 115. Wie lang schaust du täglich fern?5 Stunden: 43 Stunden: 51-2 Stunden: 8Regeln für die medienfreieWocheAlle Regeln gelten nicht nurin der Schule, sondern auch imElternhaus!!!1.Der Fernseher hat während dergesamten Woche Urlaub!> außer EM :-)2.Internetsurfen und Computerspielesind tabu!3.Die Spielkonsole hat ebenfallsUrlaub!4.Handys und MP3-Player sind inder Schule (im Safe)! Auf Zweitgerätesoll verzichtet werden.Kleiner Tipp:Das Einhalten der Regeln und somitdas Gelingen der medienfreienWoche fällt am leichtesten, wenndie Geräte zugehängt werden oderweggeschlossen sind.Auch an dieser Schule wurde inder medienfreien Woche gerappt,was das Zeug hält.Die Pestalozzi-Schüler haben sichvom Text der Klasse 6a der Jahn-Realschule inspirieren lassen – undquasi ein „Nachher“-GegenstückgeschriebenMit Freude und Schmerz haben wir es ver<strong>no</strong>mmen,Die Woche ist rum, wir haben gewonnen.Die Zeit ohne Medien war wirklich schön,Wir haben die Welt mit anderen Augen gesehen.Die Zeit war erfüllt mit ganz tollen Sachen,Es gab viel zu tun und auch viel zum Lachen.Ob Schwimmbad und Wandern,Die Fahrradtour mit den andern,Der Ausflug nach Stuttgart –Das alles war wunderbar!


58 Pestalozzischule Schwäbisch Gmünd59 Pestalozzischule Schwäbisch GmündWas möchtest du in dermedienfreien Zeit gernmachen?• mal wieder auf den Spielplatzgehen, einen Ausflug machen,Fahrradtour und draußenspielen• lesen, draußen spielen, Fahrradfahren, in die Stadt gehen, mehrKlettern gehen• rausgehen, mit Freunden spiele<strong>no</strong>der mit meinem Bruder,ausruhen, manchmal aufräume<strong>no</strong>der Fußball spielen, mitmeinen Eltern grillen oder insThermalbad fahren• Fußball spielen oder insSchwimmbad gehen• mit meiner Familie zusammensein, im Garten spielen undmit meinen Freundinnen undFreunden zusammen sein• spielen, langweilen, bauen• Fahrrad fahren, Fußball undBasketball spielen, Eis essengehen, spazieren gehen• mit meinem Hund laufen,mit Freunden spielen und mitmeiner Oma schimpfen, zumPflegepferd gehen, reiten undschwimmen gehenWas war für dich dasschönste Erlebnis in derletzten Woche?• Wir waren auf einer Hochzeitsfeier.Und dass wir zweiStunden Sport hatten.• Klettern in den Felsen, FelbserMeer• Hallenbad, WasserweltTuttlingen• In der Woche war ich mit meinenEltern am Bodensee, wirsind Schiff gefahren. Mir hates gefallen, weil wir zusammenwaren.• Inliner fahren mit meinemBruder, grillen im Wald undWitze erzählt• Hardtfest mit schöner Musikund Programm• Spiel mit meiner Nachbarin,Bruder und Schwester imGarten• Ich war mit meinen Freundenim Wald und am Bach, dorthaben wir eine Brücke gebaut.• Schildkröten rausbringen undfüttern, Freundinnen treffen,Verstecken spielen und nachdraußen gehen, telefonierenmit einer Freundin und Tennisspielen• Ich habe meine Freundin besucht,wir haben gespielt.• Ich fand Fußball schön, dieKommunionsfeier von meinemFreund, Omas Geburtstag.• Räuber und Gendarm mit meinemBruder gespielt. Ich würdegern <strong>no</strong>ch öfters mit meinemBruder spielen• das schönste Pokalspiel meinesLebens zum ersten Mal gesehen,das gute Fußballspiel in dergroßen ABC-Halle, das schöneWetter am Montag und guteWärme• Stuttgarter Volksfest, mit meinerFreundin und Freund Ballgespielt, die Fußballturnierewaren cool• Mein schönstes Erlebnis ist, mitmeiner Familie zu spielen. Undich habe meine Oma besucht.• mit meiner Mama auf demFlohmarkt, mit meinem PapaFußball angeguckt, mit meinerOma Opa besucht• Mit S. gespielt in der Pauseund L. Sonst nichts, war allesnicht gut.• Mit meiner Freundin war esschön und lustig.• der Film „Sommer“, mit meinenFreunden einen Tanz geübt,Eisessen mit meiner Mutter


60 Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium, Leinfelden-Echterdingen61Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium, Leinfelden-EchterdingenVerzichtmit VertragPhilipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium, Leinfelden-EchterdingenMontag, 7. Juli 2008:Die medienfreie Woche begann miteiner großen Aktion: dem „Verschluss“der Handys im Lehrerzimmerund der Unterzeichnung desfolgenden Vertrags:„Wir haben beschlossen, denMedienkonsum (Computer,Fernsehen, Spiele auf dem Handy,MP3-Player, Gameboy, Videospiele,CDs) zu vermeiden. Dies geschiehtin der Woche vom 7. bis 11. Juli2008. Erlaubt sind: Telefon, Handy(nur im Notfall), Radio.“Dienstag, 8. Juli:Exkursion in den Klettergarten.Mittwoch, 9. Juli:Normaler Schultag mit Ankündigungder Tombola, Werbung undVorbereitung.Donnerstag, 10. Juli:Normaler Schultag, in den großenPausen Kuchenverkauf und Tombola,eventuell Übernachtung inder SchuleFreitag, 11. Juli:Kunstunterricht: alte Handys, CDs,DVDs werden zu einem Medien-Kunstwerk.Falls Übernachtung: FrühstückSpätnachmittag: Grillfest mit denEltern, dabei werden die Handyswieder verteilt.Montag, 14. Juli:Aufarbeiten des Erlebten mit demRapper.Eva-Marie Lenk schrieb imFragebogen an die Lehrer undProjektleiter, dass das Schönste ander medienfreien Woche sozialeAktivitäten wie gemeinsame Spaziergängemit Familie und Freunde<strong>no</strong>der Besuche gewesen seien.Von ihr hervorgehoben wurdedie friedensstiftende Wirkung desFernsehverzichts, da man sich nichtmehr um das Programm streitenmusste. Schwierig sei es allerdingsgewesen, die Schülerinnen undSchüler von dem Projekt zu überzeugen.Gerade deshalb bestandfür sie die Notwendigkeit, dieJugendlichen davon zu überzeugen,dass das „Zudröhnen“ mithilfe vonPC und Fernsehen letztlich zumgeistigen Abschalten führt. Dannseien die fünf Tage allerdings sehrrasch vergangen und sie hätten fastzu viele Aktionen eingeplant.Leider habe es bei einigen Elternund ihren Kindern große Vorbehaltegegen das Projekt gegebenund da mussten die Handys beiden Kindern bleiben. Ihr Vorschlagfür künftige Projekte wäre, dass ein„Motivator“ von außerhalb derSchule in die Klasse käme, um dieLehrer zu unterstützen. Außerdemsollte man auch die Eltern eineVerzichtserklärung unterschreibenlassen.Insgesamt jedoch werte sie die Aktionals gelungen und ihre Schuleüberlege sogar, ob die medienfreieWoche im Rahmen der Suchtpräventionins Schulcurriculumaufge<strong>no</strong>mmen werden soll.Eine Woche StromausfallWir haben’s nicht mehr eilig,ONE WEEK. NO MEDIA! ist langweilig,Das ist Unterdrückung, das ist Diktatur,Das ist grausame Tortur.Ohne Fernseher und PCTut es uns im Herzen weh.Wir spielen unsere InstrumenteUnd machen Wasserschlachten ohne Ende,Wir können wandern, schlafen, essen,Um die Medien zu vergessen.Meine Fresse, so ein Kack,Was soll ich mit dem ganzen Fuck?Zum Verzichten bin ich viel zu stolz,Ich bau mir `nen PC aus Holz.Ich war überhaupt nicht froh,Deswegen wurd’ ich zum EMO.


62 Raichberg-Realschule, Stuttgart63 Raichberg-Realschule, StuttgartTapfer durchgehalten –trotz fernsehenderElternRaichberg-Realschule, StuttgartSchüler der Besuch der Gustav-Jakob- Höhle.Ein Kind klagte über nachmittäglicheLangeweile, zwei Schülersagten, das ganze sei Tierquälerei.Wenn es trotz aller ernsthaftenBemühungen, eine Woche ohneMedien durchzuhalten, zu Problemenkam, lag das oft an Eltern oderFamilienangehörigen, die nichtmitmachen wollten und ferngesehenhaben, obwohl die Kindergerne etwas anderes mit ihnengemacht hätten.Kommentare einzelnerSchüler:18 Schülerinnen und Schüler einerfünften Klasse wurden mittels Fragebogenzu ihrem Medienkonsumverhaltenbefragt. Die Auswertungergab folgendes:Musik wird durchschnittlich 0,9Stunden täglich gehört – mit denExtremen: „Ich höre gar keine Musik“bis „Vom Aufwachen bis zumEinschlafen. Ich werde diese Wochenicht überleben“.Auch Handy und Telefon werden0,9 Stunden täglich genutzt. Allerdingsist hier der Gebrauch breitergestreut. Der Maximalwert liegt bei„nur“ 3,5 Stunden täglich.Bei Fernsehen, Video und DVDbewegt sich der Konsum zwischennull bis zu vier bis sechs, an Wochenendenauch sieben Stundentäglich, was einen Schnitt von 1,7Stunden am Tag ergibt.Vor dem Computer oder anelektronischen Spielen sitzen dieBefragten 1,8 Stunden täglich.Dabei gab es wie beim FernsehenExtremwerte: „Ich kann dieseWoche nicht mitmachen, da ichein Online-Spiel spielen muss. Ichverliere, wenn ich nicht täglichspiele.“Alle diese Zahlen ergeben einendurchschnittlichen Medienkonsumvon 5,3 Stunden täglich bei diesenetwa 11-jährigen Schülerinnen undSchülern.Ablauf der Woche:Montag:• Freiwillige Abgabe der elektronischenMedien, die für eineWoche in der Schule eingeschlossenwurden.• Erstellen eines Tagebuchs fürdie medienfreie Woche.• Thematisierung im Unterricht:Die Schüler sammeltenIdeen, was sie nachmittagsohne Medien unternehmenkönnten. Diese wurden aufKärtchen geschrieben, nachdrei Gesichtspunkten sortiert– allein möglich, mit Freund/Freundin, mit Familie – und imKlassenzimmer sichtbar an derONE WEEK. NO MEDIA!-Wand aufgehängt. Diese Wandwar die ganze Woche für dieSchüler zugänglich, sodasssie sich mit Ideen versorgenkonnten. Zusätzlich wurden dieIdeen im Heft <strong>no</strong>tiert und dieSchüler wurden gebeten, dieUmsetzung mit ihrer Familie zudiskutieren.Dienstag:• Klasse 5b: Gustav Jakob Höhle.• Klasse 5a: Besuch der SportschuleWest, Judo-Schnuppertraining.Mittwoch:• Klassen 5 und 6: Spiele-Nachmittagauf dem Schulhof: Elternund Lehrer gaben Sportgeräteaus der Turnhalle aus undzeigten den Kindern ihre„alten“ Spiele wie Malstation,Brettspiele, Tauziehen…Donnerstag:• Klasse 5a: Gustav-Jakob-Höhle.• Klasse 5b: Musiknachmittag mitRapper.Freitag:• Klasse 5a und 5b: gemeinsamerGrillnachmittag mit Eltern undFamilie.• Rückgabe der elektronischenMedien an die Schüler.Das Highlight dieser Woche,die viele neue Erfahrungen mitsich brachte, war für die meisten„Für mich war es besondersschwer, da meine Eltern meinenLieblingsfilm angesehen haben undich durfte nicht!“„Meine ganze Familie saß abendsvor dem Fernseher. Ich wollte mitihnen ein Spiel spielen, aber siewollten sich nicht vom Fernsehertrennen. Alleine habe ich esnicht ausgehalten und schließlichmitgeschaut.“„Meine Mutter hat morgens ferngesehen,als ich aufgestanden bin.“„Meine Schwester hat im Wohnzimmerferngesehen. Ich saß extraim Flur, damit ich nicht hinsehenkann. Dann hat meine Schwesterimmer laut gelacht, und ich musstekurz ins Wohnzimmer laufen undgucken, über was sie so lacht. Dannbin ich schnell wieder raus in denFlur gegangen.“Unsere ganz persönlicheMeinung:Wir waren zuerst von einigenEltern etwas enttäuscht, da dasInteresse, sich auf die medienfreieWoche einzulassen, zu Beginn sehrgering war. Der Informationsabendwar spärlich besucht. Tippfür nächstes Jahr: keinen eigenenInfoabend mehr veranstalten,sondern diesen an einen <strong>no</strong>rmalenElternabend anhängen.Sehr schade fanden wir auch, dassein großer Teil der Eltern ihre Kindernicht unterstützt hat, sondernim Gegenteil vor den Kindernferngesehen hat. In einem von einemKind ausgefüllten Elternbogenwar zu lesen „Meine Eltern habennicht daran teilge<strong>no</strong>mmen“.Die Rückmeldebogen der Elternzeigen aber auch, dass in einigenFamilien der Medienkonsumreflektiert wurde und nicht wenigeEltern die Woche in positiver Erinnerunghaben.Sehr positiv überrascht sind wirvon unseren Schülern und deshalbstolz auf sie! Sie waren sehr starkund haben tapfer durchgehalten,auch trotz ihrer Medien konsumierendenEltern. Es war nicht immerleicht, aber die Kinder haben dieseWoche überwiegend in positiverErinnerung und möchten gernenächstes Jahr wieder dabei sein.Dazu hat sicher nicht zuletzt auchdas Erlebnis in der Gustav-Jakob-Höhle beigetragen, für das wir uns<strong>no</strong>ch mal ganz herzlich bedankenmöchten.Wir Lehrer standen mit großemInteresse hinter der Aktion undhaben das Angebot sehr begrüßt.Vielen Dank an alle Organisatoren.Bis zum nächsten Jahr.E. Gericke/C. Bonatz


64 Raichberg-Realschule, Stuttgart65 Raichberg-Realschule, StuttgartZwei Rapsongs der Klasse 5b derRaichberg-Realschule – geschriebenwährend ONE WEEK. NO MEDIA! 2008Ich schau nicht fern,jetzt kann ich mich trimmenund öfters mit meinen Freunden schwimmen.Ich tu keine E-Mails mehr verschicken,dafür geh ich lieber kicken.Ich will mich von meinen Medien entfernenund dafür lieber viel mehr lernen.Mein Handy ist ’ne Woche aus,dafür geh ich viel lieber raus.Mein TV ist weg, kein Nintendo,deshalb mach ich Sport und Taekwondo.Ich kann keine Freunde im Internet suchen,dafür die Vorhandenen öfters besuchen.Ich werd mich nicht mehr im Zimmer verschanzen,dafür geh ich viel öfter tanzen.ONE WEEK. NO MEDIA!Ich kann nicht mehr zocken,dafür kauf ich mir neue Klamotten.–Ohne Medien macht es keinen Spaß,ich lenk mich ab und leg mich ins Gras.Ich vermiss mein Handy so sehr,denn das Leben ohne Handy, MP3 fällt mir schwer.Ich vermiss meine Sendungen, das ist klar,Simpsons, Avatar, Spongebob und Patrick Star.Es wird Zeit, wieder mal raus zu gehenund unsere coolen Freunde zu sehen.Das Medium ist unser Favorit,und deswegen ist es ein großer Schritt.Die Zeit vergeht nicht so schnell.Ohne Medien werde ich hell.Ich sitze hier und denk daran,was ich morgen alles machen kann.Zum Beispiel am See zusammen grille<strong>no</strong>der mit all den Freunden chillen.


66 Gymnasium Rutesheim67Gymnasium RutesheimKinder überwachtenihre ElternGymnasium Rutesheim, sechste KlasseIch habe die medienfreie Woche alspositiv empfunden, sowohl privat als auchim schulischen Bereich.Ich stimme manchen Eltern undKindern darin zu, dass ich eineBeschränkung auf „nur“ die „neuenMedien“ befürworten würde,also auf iPod, PC, Spielkonsoleund dergleichen. Der Sinn einesRadioverbotes hat sich mir nichtganz erschlossen.Mein Eindruck war, dass viele Familienmitgliedergrößere Schwierigkeitenmit dem Medienverzichthatten als ihre Kinder. Das Ganzeartete laut mancher Schüler zu einerÜberwachung ihrer Eltern aus– etwa wenn sie ins Wohnzimmer„platzten“, nachdem sie eigentlichbereits zu Bett gegangen waren.Die Initiatoren hatten sicherlichRecht darin, dass man aufpassenmuss, die Woche nicht zu überfrachten.Einige Schüler waren amWochenende auf einer Freizeit undhatten quasi gar keine Zeit, sichGedanken zum Thema Mediennutzungzu machen. Zudem war inder Woche tolles Wetter.Der Rücklauf der Fragebogen andie Eltern war spärlich. Die Kinderhaben sich besser beteiligt.Ich wünsche den Initiatorenweiterhin so viel Engagement undmöchte mich ganz herzlich für denBesuch und die Unterstützung beiunserem Elternabend bedanken,Die dort geleistete Überzeugungsarbeithat diese medienfreie Wocheerst ermöglicht.Oliver HildebrandONE WEEK. NO MEDIA!Tagebuch zur medienfreienWocheMontag, 19.55 Uhr:„Heute ist die Mittagsschule ausgefallen.Da hätte ich am liebstenMusik gehört, aber ich darf janicht. Das find ich irgendwie vollkomisch, aber ich habe gemerkt,dass man in der Zeit, in der manMedien benutzt, auch <strong>no</strong>ch andereSachen machen kann, zum Beispielwar ich gerade Tennis spielen.“Dienstag, 20.15 Uhr:„Heute war ja Teamparcours – ichwill mein Geld zurück!!! Irgendwiehabe ich gerade das Gefühl, ichmüsste <strong>no</strong>ch etwas machen (fernsehen!!!).Das fühlt sich voll leer an.“Mittwoch, 16.57 Uhr:„‚Ich bau ’ne Stadt für dich! AusGlas und Gold und Stein. Und jedeStraße, die hinausführt, führt auchwieder rein. Ich bau eine Stadt fürdich – und auch für mich.’ DasLied geht mit andauernd durch denKopf, ich will das hören!!!“Donnerstag, 17.59 Uhr:„Lesen, lesen, lesen... so sah der Tagbis jetzt für mich aus, und ich denke,so wird er auch weitergehen.Ich glaube, nach dieser Woche hasseich Bücher!!!“Freitag, nachgetragen am Samstag frühum 4.12 Uhr:„Gestern hatte ich <strong>no</strong>ch ein bisschenStress, um 14.10 Uhr runterzum Tennisheim. Dort war ich bis16.25 Uhr, dann wieder nach Hause.20 Minuten durchschnaufen.Und runter zum Handball. Dannfuhr ich wieder nach Hause undlegte mich ins Bett. Und jetzt gehtin einer halben Stunde der Bus insAllgäu. Eigentlich habe ich mirdie medienfreie Woche schlimmervorgestellt. Jetzt merke ich erst einmal,wie viel Zeit ich mit Medienverbringe...“


68 Gymnasium Rutesheim69 Gymnasium Rutesheim10 Fragen an Kinder, dievom 13. bis 20. Juli ander medienfreien Wocheteilge<strong>no</strong>mmen haben.1.Was war für dich das Schönste in dermedienfreien Woche?• dass ich mehr Zeit hatte fürandere Dinge• Klassenfest und Teamparcours• viele gemeinsame Unternehmungenmit der Klasse• dass meine Familie mitgemachthat und nicht ständig das Radiolief• die Erfahrung, wie sehr manvon Medien abhängig ist• das Ende!2.Was war für dich die wichtigste Erfahrungin der medienfreien Woche?• dass man auch ohne Medienauskommt• dass man zusammen sehr vielerreichen kann• dass der Tag ohne Medienschöner sein kann• dass man mehr Zeit hat undsich langweilt• dass das scheiße ist3.Wie hast du das Projekt insgesamterlebt?• langweilig• kein Problem, zu verzichten• positiv, ganz gut, als sehr schöneWoche• nicht so schlimm, wie ichdachte• die Woche hat Spaß gemacht• schmerzhaft4.War es für dich schwer auf Medienzu verzichten?• Nein (13x)• Ja (6x)5.Bei welchen Medien fiel dir der Verzichtam leichtesten und warum?• Fernsehen: wenig Nutzung• Computer: wird wenig benutzt• bei den „Hör-Medien“, alsoiPod, Radio etc.• Handy: wird nur im Notfallbenutzt•6.Bei welchen Medien fiel dir der Verzichtam schwersten und warum?• Radio: wird automatischangemacht• Computer: als Kommunikationsmittelwichtig• Fernsehen: vor allem abends• PS2, PC, MP3: werden jedenTag zum Spielen, Chatten etc.genutzt• Handy: wird oft benutzt, fürNotfälle7.Welche Impulse und Anregungennimmst du aus dieser Woche ohne Medienmit in den kommenden Alltag?• dass ich allgemein mit wenigerMedien auskomme• dass es auch ohne Medienschön sein kann• solch eine Verzichtswoche auchmal mit anderen Sachen ausprobieren,zum Beispiel Süßigkeite<strong>no</strong>der Auto8.Wirst du aufgrund der Erfahrungenetwas in Bezug auf den Konsum undGebrauch von Medien ändern? Undwenn ja, was?• weniger fernsehen, nicht ausLangeweile (3x)• Nein (38)• weniger PC (2x)9.Was würdest du am Projekt ändern?• in Zukunft im Winter, wenigerProgramm• dass man Medien behalten darf,die der Sicherheit dienen, zumBeispiel das Handy• man sollte auch Bücher einbeziehen• klarere Anweisungen, was schulischund privat genutzt heißt• das „<strong>no</strong> <strong>media</strong>“ sollte „reduzierte<strong>media</strong>“ heißen10.Sonstige Bemerkungen• es wurde zu viel reingepackt,sodass man die Woche problemlosüberlebte• es war schwer, aber nach einemTag fühlt man sich besser• es bringt eigentlich nichts, nurbei den Extremfällen10 Fragen an Eltern, dievom 13. bis 20. Juli ander medienfreien Wocheteilge<strong>no</strong>mmen haben:1.Was war für Sie das Schönste in dermedienfreien Woche?• die (abendliche) Ruhe• mehr Gespräche und Unternehmungenmiteinander, Zeitzum Lesen, mehr freie Zeit• dass die Kinder auch ohne TV,Computer etc. auskommen• dass die Kinder schön miteinanderspielen2.Was war für Sie die wichtigste Erfahrungin der medienfreien Woche?• zu viel „Extraprogramme“vermindern den Effekt• die Harmonie in der Familie,mehr Zeit zum Reden• man erfährt nichts von der Welt• dass es wirklich gut ohne Mediengeht und dass diese sehr vielZeit rauben• der Verzicht auf den Computerist schwierig• Kinder spielen gerne3.Wie haben Sie das Projekt insgesamterlebt?• sehr positiv für die Eltern,schwierig für die Kinder• anstrengend, da zu viel anderesProgramm• nur wenige in der Familiehaben das Projekt wirklicheingehalten• etwas zu groß aufgehängt4.War es für Sie schwer, auf Medienzu verzichten?• Nein (8x)• Ja (2x)5.Bei welchen Medien fiel Ihnen derVerzicht am leichtesten und warum?• Fernseher: niveauloses Programm,zwingt zum sinnlosenZappen• Computer, Internet, Fernseher:wird wenig benutzt6.Bei welchen Medien fiel Ihnen derVerzicht am schwersten und warum?• Radio: man erfährt nichts mehr,beim Kochen, der Hausarbeit,beim Autofahren• Computer: mailen, surfen, alsKommunikationsmittel wichtig• Fernseher: als Informationsquelle7.Welche Impulse und Anregungennehmen Sie aus dieser Woche ohneMedien mit in den kommenden Alltag?• tageweise auf Medien zuverzichten• weniger ist oft mehr, bewussterUmgang mit Medien• keine, da man heutzutage nichtauf Medien verzichten kann• es gibt andere Vergnügungsmöglichkeiten8.Werden Sie aufgrund der Erfahrungenetwas in Bezug auf den Konsumund Gebrauch von Medien ändern?Und wenn ja, was?• Nein (7x)• <strong>no</strong>ch bewussterer Umgang• vielleicht regelmäßig einenmedienfreien Tag9.Was würden Sie am Projekt ändern?• es wäre gut, die Kinder währenddes Projektes mit Büchern,Zeitungen etc. zu begleiten• kein Rahmenprogramm bieten,führt nicht zu Verzicht• keine alternativen Angebote zurBespaßung• der Verzicht auf Radio undFernsehen ist etwas übertrieben• 1x pro Schuljahr zur Pflicht fürKlassen/Kinder/Eltern machen10.Sonstige Bemerkungen• es war eine gute Erfahrung fürdie Familie• medienfreie Woche im Winteranbieten• Diskussion zum Thema „Wasmachen die Medien mit uns?“in der Schule. Welche Maßstäbesetzt der Konsum von Medien?Wie verändern Medien unsereGesellschaft?• tolle Bewusstseinsmachung, wieviel Zeit Medien in Anspruchnehmen• schön sind die ruhigenMomente, mehr Gespräche,Miteinander etc.


70 Steinenbergschule, Hedelfingen71ZitateWenn Kinder undEltern aufgebenSteinenbergschule Hedelfingen, Grund- und Hauptschule mitWerkrealschuleEin Zweitklässler malt:“Medien bei uns zu Hause“Im Erstgespräch wies ich auf dieNotwendigkeit hin, die Eltern einzubinden.Alle Lehrer berichteten,es sei extrem schwer, die Eltern derHauptschüler zu einem Elternabendzu locken. In der Grundschulzeitseien die Elterabende inder Regel gut besucht. Wenn aberklar sei, dass es die Kinder nicht indie Realschule oder aufs Gymnasiumschaffen, gäben sich die Kindervielfach auf und mit ihnen ihreEltern. Gerade bei diesen Schülernbeobachten die Lehrer einenübermäßigen Medienkonsum, biszu neun Stunden täglich.Ursprünglich beabsichtigten dreiKlassenlehrer, an der medienfreienWoche teilzunehmen. Letztendlichschaffte es eine Lehrerin, einenTeil der Mädchen in ihrer siebtenHauptschul-Klasse zur Teilnahmezu motivieren. Hier der Auswertungsbericht.Martin TertelmannAuswertung Fragebogen:10 Fragen an Lehrer undProjektleiterWas war für Sie das Schönste in denzwei medienfreien Tagen?Die gemeinsame Zeit mit denMädchen.Was war für Sie die größte Herausforderungbei diesem Projekt?Die Überzeugungsarbeit, die ichbei den Eltern leisten musste.Was hat Sie motiviert, das Projektdurchzuführen?Die gegenwärtige Problemlage.Was war für Sie die wichtigste Erfahrungin der medienfreien Zeit?Die Schülerinnen außerhalb desUnterrichts zu erleben, sowie derSatz einer Schülerin: „Man kannauch ohne Medien leben“.Wie haben Sie das Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! insgesamterlebt?Unsere zwei Tage mit den vierMädchen waren sehr schön. Dasgemeinsame Mittagessen hat ihnenam besten gefallen, denn Gemeinschaftin der Familie ist seltengeworden.War es für Sie schwer, Ihre Schulklassezur Teilnahme zu motivieren?Ja, die Jungen wollten nicht mitmachen.Wie war die Zusammenarbeit mit unddie Unterstützung durch die Eltern?Es kamen nur zwei Rückmeldungenvon den Eltern.Wie bewerten Sie die Unterstützungdurch das Projektbüro ONE WEEK.NO MEDIA!?Gut.Was würden Sie am Projekt ONEWEEK. NO MEDIA! verändern?Da wir das Projekt nur zwei Tagedurchgeführt haben, kann ich keineRückmeldung geben.Würden Sie weitere medienfreie Wochendurchführen?Ja.„Und dann habe ich <strong>no</strong>ch wasgemalt und einfach mal darübernachgedacht, wie es sich ohneFernsehen anfühlt. Heute habeich die Medien eigentlich garnicht vermisst, und ich habe michtrotzdem wohl gefühlt. Es sind janur <strong>no</strong>ch drei Tage, und dann istdie Woche ohne Medien schon geschafft.Ich finde es aber schon gut,dass wir die Woche ohne Medienmachen, weil man dann nicht nurvor dem Fernseher hockt, sondernauch mal was anderes macht.“Melanie„Nee, im Ernst: die Woche wargroße Klasse. Ach so, da fällt mir<strong>no</strong>ch was ein. Zu Hause ging’s mirrichtig gut, da ich begriffen habe,dass der Fernseher nicht alles ist.Das war <strong>no</strong>ch ein kleines Fazit derWoche.“Sven


74 Waldschule Degerloch75Waldschule DegerlochFrösche gesuchtund trommeln gelerntWaldschule, Degerloch, Klasse 6aAls mich die Information zur medienfreien Wocheerreichte, wusste ich gleich, dass dies für viele Kindereine wohltuende Erfahrung sein könnte.Die Kinder kennen keine Weltohne Medien, denn diese sindganz dicht in die Familienstruktureingebunden. Viele Kinder habeneinen Fernseher und DVD-Player,eine Stereoanlage und eineneigenen Computer im Zimmer, fastjedes hat einen iPod oder MP3-Player. Manche besitzen zwei bisdrei Handys.Der Verzicht auf das Handy istam schwersten gefallen. Auch denEltern, die daran gewöhnt sind,ihre Kinder per Handy jederzeitzu erreichen. Manche Kinder undJugendliche schreiben 50 bis 100SMS am Tag.Viele Kinder kommen ungehindertauf gefährliche Internetseiten,haben Zugang zu Por<strong>no</strong>seiten oderschauen Horrorfilme an, ohne dassdie Eltern davon wissen.Wir haben die medienfreie Wochenicht dogmatisch durchgezogen.Alle Kinder fanden es zunächst„waaaaahnsinng langweilig“. Abersie haben in dieser Woche auchganz tolle Sachen erlebt: Sie habenein Waldhaus gebaut, Tischtennisgespielt, einen Ausflug in den DegerlocherWald gemacht, Fröscheam Bach gesucht, das Trommelngelernt und mit mir auf dem Heubodender Jugendfarm Möhringenübernachtet.Am Ende der Woche waren allestolz auf ihre Leistung. Viele fandenes schwierig, die meisten warenfroh, dass es vorbei war – dochalle haben ein neues Bewusstseinfür den Umgang mit Medienentwickelt.Ich freue mich, dass alle durchgehaltenhaben. Ein besonderer Dankfür die Unterstützung geht an dieEltern und Lehrerkollegen.Dominik Ehret„Ich kann nachempfinden,wie es früher war, als es<strong>no</strong>ch keine Medien gab“Sechstklässler Stefan Schweickert(Name von der Redaktiongeändert) hat an der medienfreienWoche teilge<strong>no</strong>mmen. MartinTertelmann erzählt er, was leichtwar und was schwer, was er seineneigenen Kindern erlauben würdeund was Eltern dringend mal tunsollten.Du verzichtest heute den vierten Tagauf audiovisuelle Medien, wie geht esdir damit?Dass wir auch auf das Handyverzichten müssen, finde ich nichtso gut. Spontane Verabredungenwerden so unmöglich. Ansonstengeht es mir gut. Ich unterhaltemich mehr mit meinen Eltern.Deine Eltern verzichten mit dirgemeinsam eine Woche lang auf Medien,was hat sich dadurch zu Hauseverändert? Haben dich deine Elternund Geschwister unterstützt?Wir machen mehr Gemeinschaftsspielewie Poker. Sonst schauen wirTatort oder so. Wir unterhalten unsmehr, wir machen mehr miteinander.Was hast du in der medienfreien Zeitgemacht?Ich habe mich am ersten medienfreienTag auf dem Waldausflugverletzt. Darum habe ich die erstenbeiden Tage geschlafen und michausgeruht.Bei welchen Medien fällt dir der Verzichtam schwersten und warum?PSP, Handy und Fernsehen. Dasfehlt einem, wenn man sich darangewöhnt hat.Bei welchen Medien fällt dir der Verzichtam leichtesten und warum?Der Computer, weil ich den unterder Woche eh nicht nutzen darf.Wie viele Stunden verbringst du <strong>no</strong>rmalerweisetäglich mit Medien?Fernsehen ein bis zwei Stunden,Computer eine Stunde, PSP einehalbe Stunde.Was war für dich das Schönste in diesermedienfreien Woche?Ich wäre gern beim Trommelndabei gewesen, aber das ging nicht,weil ich verletzt war.Findest du es sinnvoll, mal eine Zeitlang auf Medien zu verzichten?Ja, man hat dann mehr Zeit füranderes, mehr Zeit mit den Eltern,man kommt mehr raus. Ich kannnachempfinden wie das früher war,als es die ganzen Medien so <strong>no</strong>chnicht gab.Wenn du Kinder hättest, was würdestdu ihnen in Bezug auf Mediennutzungraten?Ballerspiele würde ich nicht erlauben,eher was mit Strategie. Keinevier Stunden, sondern nur ein biszwei Stunden am Tag mit Medien.Und nur altersgemäße Medien, alsoimmer nur die, die für die jeweiligeAltersstufe freigegeben sind.Würdest du anderen Kindern undJugendlichen eine Medienpause empfehlen?Ja, besonders denen, die eigentlichdie ganze Zeit vor den Medien hocken.Damit die auch mal wissen,wie das ohne ist.Manfred Spitzer, ein bekannter Hirnforscher,sagt, dass Medien dumm undgewalttätig machen. Findest du, dassder Mann Recht hat?Ja, in manchen Fällen schon,manchmal auch nicht. Manchewerden dumm, weil sie denken,dass alles in der Realität so ist wiein den Filmen und Spielen.Wirst du aufgrund der Erfahrungen inder medienfreien Woche etwas in Bezugauf den Konsum und Gebrauch vonMedien ändern? Und wenn ja, was?Vielleicht würde ich ein bisschenwas ändern. Nicht mehr sovielFernsehen und Computerspieleund PSP, damit ich auch mehr Zeitfür die anderen Sachen habe,also Spiele mit der Familie, lese<strong>no</strong>der was mit anderen unternehmen.Vervollständige bitte folgende Sätze:Fernsehen, Computer, Spielkonsolenund andere Medien sind…...manchmal o.k.Eltern finden, dass ich…...mehr mit anderen Leuten machensollte, statt drinnen zu sitzen.Eltern und Lehrer sollten meinerMeinung nach …...mal Computerspiele spielen undsich in die Lage von Kindern versetzen,einfach um die Erfahrungzu machen.


76 Waldschule Degerloch77 Waldschule DegerlochZimmer aufgeräumt, verträumtIch hab neulich mein Zimmer aufgeräumt,Durch Fernsehschauen hab ich immer was versäumt.Ich hab kein Radio mehr, jetzt quält mich die Langeweile,Jetzt hab ich Zeit zu lernen und das ganz ohne Eile.Wir waren auf der JugendfarmUnd sind mit der Bahn zurück gefahr’n.Auf einmal war die Schule cool,Wir saßen ruhig auf unserm Stuhl.Wir haben viel mehr Zeit für Sport,Kein Handy mehr, ich geb mein Wort.Ausflug auf die Jugendfarm SonnenbergGestern chillten wir im Park,Ich kam mal raus, das war echt stark.Fernseher, Radio, MP3,Endlich ist die Qual vorbei.Erst quälen uns die schlechten Launen,Dann brachte uns die Woche zum Staunen.


78 Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt79Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad CannstattSieben Tage keineMedien – eine PlageJahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt: medienfreie Wochemit einer achten KlasseIn einer achten Klasse stößt das Projekteiner medienfreien Woche eindeutig anseine Grenzen.Denn für Jugendliche sind Medienund Musik cool und ein sehr wichtigerTeil ihrer Identität und ihresSelbstausdrucks.Bis zur sechsten Klasse lassen sichSchüler viel unbefangener auf dasAbstinenz-Projekt ein und sindrelativ leicht für das Alternativprogrammzu begeistern. Ab dersiebten Klasse, so unsere Erfahrung,muss man Schüler anders ansprechen,will man mit ihnen in einefruchtbare Diskussion zum Medienkonsumeinsteigen. Eine WocheVerzicht stößt eher auf Ablehnung.Doch trotz aller Vorbehalte hat sichan der Jahn-Realschule eine achteKlasse auf das Projekt eingelassen.Die 14 bis 15-Jährigen habenin dieser Woche im AlternativprogrammMedien aktiver undkreativer genutzt. Sie haben imLandesmedienzentrum selbst einenkleinen Film produziert, zumAbschluss der Woche im Ki<strong>no</strong> gemeinsamden Film „Free Rainer“angeschaut und ihn anschließendgemeinsam reflektiert. Währenddieser Aktionen war die Klasseeinigermaßen zum Thema Medienansprechbar.Ebenfalls sind in dieser Woche mitden Rappern William und Dimauntenstehende Rapsongs entstanden.Die Lehrerin Daniela Zondlererzählte, beim Rapworkshop habeabsolute Ruhe und Konzentrationgeherrscht.Miesere ZeitenDas Leben ist langweilig ohne Medien,Ich könnte zu Hause nur ewig pennen,Meine Seele sehnt sich nach dem Fernsehen,Am liebsten möchte ich die Kiste anschmeißen und es gern seh’n.Ich kann zwar länger draußen mit meinen Freunden chill’n,Doch ohne Medien könnt ich mich kill’n.Ohne Musik ist das Leben scheiße,In meinem Zimmer ist es jetzt immer leise.Ohne Medien vergeht nicht die Zeit,So wird mir langweilig und ich will immer Streit.Ohne mein Handy kann man mich nicht anrufen,Meine Freunde müssen mich immer draußen suchen.Ohne Internet können wir nicht chatten,Jetzt sitzen wir hier und rappen.Eine Woche bekämpfen wir die Sucht,Wir gehen nach draußen und ergreifen so die Flucht.Mesut, Atlaan, Bwar, Amina, Calvin, Jacquline, Jenny, DuapKlasse 8, Jahn-RealschuleSchlechte ZeitenONE WEEK. NO MEDIA! – Jetzt kann ich öfter rausgehen,doch sag mir: Wie soll ich ohne Handywecker aufsteh’n?Es ist zum Kotzen, denn ich hab immer Langeweile,Kein Internet, kein Handy und draußen sind nur Sch…Es ist zum Kotzen und ich habe nichts zu tun,kein Fernsehen, kein MP3-Player und draußen ist ein Sturm.Ein Woche, sieben Tage keine Medien, eine Plage.Das ist nicht cool, keine Frage, nun bekommt ihr unsere Klage.Wir versuchen es, doch wir könn’ nichts versprechen,denn es kann passieren, dass wir die Regeln brechen.Nun habe ich Zeit zum Bücherlesenund dabei esse ich beim Chinesen.Auf ONE WEEK. NO MEDIA! hat nicht mal Chuck Norris Bock.Diese ganze Woche war nichts als ein Schock.Jenny, Leila, Simone, Lars, Marco, Benni, Milos, Ugar, LeoKlasse 8, Jahn-Realschule


80 Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt81Jahn-Realschule, Stuttgart-Bad CannstattSpaß oderVerblödung?Gespräch mit Schülern einer zehnten Klasse Jahn-Realschule,Stuttgart-Bad CannstattMit dem Ziel mehr über die Einstellung ältererSchüler zu Medien zu erfahren, drehte sich eineDoppelstunde rund um dieses Thema.Die Fragestellungen lauteten:„Wozu werden Medien gebraucht?“und „Was denken unsereEltern über unseren Medienkonsum?“.Die Meinung der Schülerzum Thema Medien• Medien sind überlebenswichtigfür Beruf und Wirtschaft.• Wir brauchen Medien! Waswürden wir ohne sie machen?• Medien machen Spaß.• Man kann damit Stress abbauen.• Man muss nicht übertreibenund kann alles im grünenBereich halten.• Man sollte sich auch mit Freundentreffen.• Gewalttätige Computerspielesind nicht gut.• Man darf nicht alles übereinen Kamm scheren, Medienmachen nicht immer direktgewalttätig.• Videospiele sind manchmalsinnvoller, als draußen rumzuhängenund dumme Sachen zumachen.• Man muss die Qualität der Medieninhalteunterscheiden.• Medien bieten viele Infos.• Medien lassen uns mehr zuHause hocken, als uns zubewegen.• Die Flexibilität und Erreichbarkeitwird erhöht.• Medien sind die Zukunft.• Bei Computerspielen lernt manTeamfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit.Was unseren Eltern zuunserem Umgang mitMedien meinen• Verblödung, Suchtgefahr, Faulheit,Aggressivität, gesundheitlicheSchäden• Mangel an Bewegung• Sinnvolle Alternativen bringenmehr, zum Beispiel ein Musikinstrumentlernen.• Unbekannte Kontakte im Netzbergen Gefahren, zum BeispielPädophile.• Medienkompetenz und K<strong>no</strong>whowwird geschätzt.• Erreichbarkeit über das Handy– und damit Sicherheit – ist gut.• Es gibt viele sinnvolle Medieninhaltewie z.B. Tagesschau oderGalileo.• Kinder und Jugendliche kommunizierenweniger. Freundschaftengehen kaputt.• Mehr Medienkonsum bringtStreit mit den Eltern.• Lernspiele sind gut.• Gefahr von Rechtsextremismusund Sekten im Netz• Gefahr der Verleitung zu illegalemVerhalten, Musikdownloadsusw.• Gefahr der Manipulation durchFehlinformationMein schönstes Erlebnisin der letzten Woche• Mit Freunden was gemeinsamunter<strong>no</strong>mmen.• Lan-Party mit meinem Freundund meinem Bruder, die ganzeNacht lang.• Freunde aus München warenda.• Dass meine Mutter <strong>no</strong>ch inDeutschland war.• Saufen, Shisha rauchen undgrillen mit Freunden.• Mein Vater sagte mir, dass ichtoll bin.• Mein Vater hat zu mir gesagt,dass ich stark bin.• Als ich in der Fahrstunde aufdie Autobahn gefahren bin undso richtig schnell war.• Die Übernachtung bei meinemFreund: wir haben gekickt undeinen Film angeschaut.• Als meine Freundin nach zweiWochen aus dem Auslandwiederkam.• Mit Familie und Freundengrillen• Fahrradtour mit meinem Vater• Den ganzen Tag bei meinemPferd im Stall• Meine Tante war da und wirhaben was gemeinsam unter<strong>no</strong>mmen.• Dass es meinem Opa im Krankenhausbesser geht und dassich eine schöne Zeit mit einemFreund hatte.• Als ich die Weinberge runtergerannt bin und es nicht mehrkontrollieren konnte, dann aberunten ankam und einen fettenAdrenalinstoß hatte.„Wow, heute ist der vierte Tagder medienfreien Woche und ichbin echt stolz auf mich, weil ichschon vier Tage ohne Medienausgekommen bin. Heute war dasThema in der Pause hauptsächlichONE WEEK. NO MEDIA!. Einpaar Mädels haben mir gebeichtet,dass sie trotzdem Medien benutzthaben, zum Beispiel heimlich Fernsehengeschaut oder mit Konsolengespielt. Als ich erzählte, dass ichwirklich keine Medien benutzthabe, glaubten es mir meine Freundenicht. Doch obwohl sie es mirnicht glauben, weiß ich, dass ich esgeschafft habe.“A<strong>no</strong>nymus„Heute ist der Tag aller Tage, denwir schon lange erwarten. Heutewar es wie Weihnachten. Aber biszu diesem Augenblick, wo wirunsere Handys und MP3-Playerbekamen, dauerte es <strong>no</strong>ch eineWeile. Es war ein sehr tolles Gefühl,wieder mein Handy und meinenMP3-Player in den Händen zu halten.Eins <strong>no</strong>ch zum Schluss: DieseWoche war sehr toll und aufregend.Ich glaube, diese Zeit werde ichnicht so schnell wieder vergessen.“Stefanie„Am Nachmittag habe ich gelesenund mich für eineinhalb Stundenhingelegt.“Silvio


82 83Beiträge MitwirkenderInterviews


84 Kreativ im Wald85Kreativ im WaldKreativ im WaldBarbara Grupp, Leiterin der Jugendkunstschule Filderstadt,ging im Rahmen von ONE WEEK. NO MEDIA! mit derHälfte einer sechsten Klasse in den Wald.Mir war es freigestellt, den Waldfür die Jugendlichen spürbar underlebbar zu machen. Diese Aufgabenahm ich gerne an, da der Waldmit seiner Vielzahl an sinnlichenEindrücken nahezu den Gegenpolzur zweidimensionalen Weltelektronischer Medien darstellt.Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, denJugendlichen ein wenig die Augenund Sinne zu öffnen für das schöneFleckchen Erde, das ihr Klassenlehrerfür diesen Vormittag ausgesuchthatte. Über das Gespräch wollte ichihnen manches davon ins Bewusstseinheben. Um den Jugendlicheneine Wahlmöglichkeit zu lassen, botich alternativ die Möglichkeit an,mit Ton zu arbeiten oder Frottagenund Zeichnungen zu erstellen.Alle Jugendlichen der ersten Gruppeließen sich bereitwillig auf dieAufgabe ein, mit dem Ton, den esin diesem Wald in Hülle und Füllegibt, unterschiedlichste Skulpturenzu formen. Einige ließen ausBäumen am Wegesrand bizarreMasken wachsen, die sie mit allerleiPflanzenteilen schmückten; anderebauten ein winziges Dörfchenam Bach und eine dritte Gruppegestaltete kleine Skulpturen, diesie auf dem Handlauf einer Brückeinstallierten. Etwa 45 Minutenwaren alle Jugendlichen konzentriertbei der Sache, dann jedochverlockte die Situation zum Tobenund Springen.Mit der zweiten Gruppe traf ichmich nach dem gemeinsamen Grillen.Diese 15 Jugendlichen tobtenunter lautem Gekreisch und Hallodurch den Wald zu dem Platz, anwelchem ich mit ihnen zeichnenund frottieren wollte. DieseJugendlichen zu einem ruhigenGespräch zu veranlassen, war nahezuunmöglich. Daher begann ich,die mir zur Verfügung stehenden90 Minuten mit einer Wahrnehmungsübung,die die Lautstärke einwenig dämpfte. Danach frottiertendie Jugendlichen begeistert unterschiedlichePflanzen des Waldesund freuten sich an den zartenGebilden, die auf ihren Zeichenpapierenentstanden.Ohne die Jugendlichen näher zukennen, hatte ich den Eindruck,dass sie den Tag und das Wühlenund Schlittern im Lehm ge<strong>no</strong>ssen.Die aufgeregten Reaktionenauf eine gewöhnliche Weinbergschneckezeigte mir, wie weit siewohl im Alltag von der Naturentfernt sind. Gerne hätte ich dieJugendlichen nur beobachtet, umherauszufinden, was sie an derNatur am meisten fasziniert, ob sieruhiger werden würden im Laufeeiniger Tage, ob sie von selber beginnenwürden, auf die Geräuschedes Waldes zu lauschen, oder obsie im Gegenteil anfangen würden,ihre Kräfte zu messen und aus Holzund Naturmaterial Häuser undStaudämme zu bauen. Allein dazufehlte die Zeit.Mit ONE WEEK. NO MEDIA!verbinde ich die Hoffnung, dass diedaran beteiligten Kinder und Jugendlichenentdecken können, wieintensiv Musizieren, künstlerischesGestalten oder Verweilen in derNatur sein können. Dazu gehörtauch das Hochgefühl, das ich habe,wenn ich in konzentrierter Arbeiteine schöne Skulptur oder einüberraschendes Bild erstellt habe.Wenn diese Faszination bei denBeteiligten geweckt wird, entstehtdaraus möglicherweise eine echteAlternative zur Unterhaltung überden Bildschirm.Darüber hinaus scheinen mir imRahmen eines solchen Projektesintensive Gespräche über Mediennutzung,Körperwahrnehmung undsoziale Situationen von zentralerBedeutung zu sein. Ich finde eswunderbar, dass ONE WEEK.NO MEDIA! stattgefundenhat. Ich denke, dass diese Wocheden Jugendlichen <strong>no</strong>ch lange inErinnerung bleiben wird. Und ichweiß, dass ich den Kindern nureinen Bruchteil dessen, was ich mirvorgestellt hatte, vermitteln konnte.Des Weiteren war es für mich faszinierendbeim Abschlussfest in Gesprächenmit den Eltern zu erfahren,wie intensiv die Familien dieseWoche erlebt haben. Oft wurdewohl erstmals seit langem wiedermiteinander geredet, weil es den„Fluchtpunkt Mattscheibe“ nichtmehr gab. Eine Mutter erzählte,dass ihr bewusst geworden sei, wieeinsam sie am Abend ist. Einmal imJahr sollte ONE WEEK. NO ME-DIA! für alle Schultypen und alleKlassen zur Pflicht gemacht werden– um Kindern, Jugendlichen undErwachsenen wieder die Augen fürden Reichtum der Welt zu öffnen.Barbara Grupp


86 Kreativ im Wald87Kreativ im Wald


88 Kreativ im Wald89 Kreativ im Wald


92 Musikalische Gespräche93Musikalische GesprächeMusikalischeGesprächeWährend der medienfreien Woche hat MusiktherapeutinHeike Raff-Lichtenberger mit drei Gruppenvon jeweils acht bis neun Kindern Musik gemacht.Ganz gemäß dem ONE WEEK.NO MEDIA!-Motto „aktiv stattpassiv“ schaffte sie den Kindern damiteinen Raum für schöpferischesund zweckfreies Schaffen. Undförderte einiges Potenzial zutage.Als Martin Tertelmann mir vonseinem Vorhaben erzählte, inZusammenarbeit mit Lehrern derJahn-Realschule in Stuttgart-BadCannstatt eine Woche ohne Medienfür die Schüler einer sechstenKlasse anzubieten, hat mich dieseIdee sofort angesprochen.„Eine Woche ohne…“ war mir bisherein Begriff aus der Fastenzeit.Verzicht auf Schokolade, auf dasGlas Rotwein am Abend, auf etwas,was uns lieb und angenehm ist, andas wir uns gewöhnt haben, das zuunserem Alltag gehört, von demwir aber auch annehmen, dass wirab und an zuviel davon konsumieren.Der Verzicht auf Konsumgüterwird von uns Erwachsenen meistfreiwillig getroffen. So war auch dieIdee, im Rahmen der Projektwocheauf elektronische Medien zuverzichten, eine „Erwachsenen-Idee“. Den Klassenlehrern gelanges aber gut, die Kinder dafür zubegeistern.Meine eigene Motivation, andiesem Projekt mitzuwirken, wardas Empfinden, dass elektronischeMedien immer mehr in die Artunserer menschlichen Begegnungeneingreifen, diese prägenund verändern. Das Gespräch, dieAuseinandersetzung mit einemanderen und das Entwickeln eineseigenen Standpunkts innerhalbrealer Begegnungen, das Spürenvon körperlicher Präsenz, dasunmittelbare Erleben der Reaktioneines Gegenübers – sie finden invirtuellen Räumen nicht statt. Kinderin unserer Gesellschaft bildenihre Identität immer weniger überdas eigene Erleben aus.Sie sind nicht selbst die Heldenihrer Biografie, sondern identifizierensich mit virtuellen Helden,die sie oftmals gerne imitierenmöchten. Sie gestalten im Konsumvon Medien nicht selbst, sondernvollziehen nach, was bereits fürsie gestaltet wurde. Sie entwickelnkeine eigenen inneren Bilder,weil sie konfrontiert werden mitBildern, die bereits jemand für sieentwickelt hat. Das schöpferische,selbstvergessene und zweckfreieSchaffen ist ein urmenschliches Bedürfnis.Doch wo sind die Räume,die unseren Kindern dieses kreativeTun ermöglichen?Das Angebot: MusikmachenWarum gerade Musik? Musikgehört zur Jugendkultur. Sie wirdüberwiegend konsumiert undselten selbst gemacht. Den<strong>no</strong>ch istsie positiv belegt. Musik kann eineBrücke der Kommunikation bildenund als Sprache verstanden werden.In ihr finden Entwicklung undVeränderung statt. Sie ist Trägerinaller denkbaren Nuancen menschlichenDaseins und geht über das,was mit Worten vermittelbar ist,weit hinaus. Das aktive Musizierenist ein schöpferischer Prozess, dergestalterische Kräfte verlangt undfreisetzt.Die Kinder, schon fast Jugendliche,erzählten zunächst sehr offen vonden Nöten, die eine medienfreieWoche so mit sich bringt: ewigeLangeweile, das Vermissen vonSpaß, Action und Unterhaltung.Sie alle schienen sehr gespannt, wasdenn nun geschehen würde.Wenige spielten ein Instrument,vom gelegentlichen Spiel auf derBlockflöte im Klassenverbandeinmal abgesehen. Die Musik,die wir gemeinsam machten,entwickelte sich zum einen aus derfreien Improvisation auf von mirmitgebrachten Instrumenten. DieKinder konnten sich die Instrumenteaussuchen und miteinandertauschen. Dabei war jeder sowohlsolistisch als auch in der Gruppeaktiv. Manches wurde von mir amKlavier begleitet und unterstützt.Zum anderen wurden <strong>no</strong>tierteInstrumentalstücke gestaltet, die esermöglichten, dass jeder Teilnehmereine bestimmte Rolle innerhalb desmusikalischen Kontextes innehatte.Auf diese Weise wurde der Einzelnewichtig und bedeutungsvoll,jeder hatte Verantwortung für dasgemeinsam gestaltete Stück.Nachdem die Kinder mit derSituation vertraut waren, begannensie auch, zu singen. Sie nahmenwahr, wer welche Töne von sichgibt, übernahmen Töne voneinander,führten sie weiter, entwickeltenDialoge – es fanden richtiggehend„musikalische Gespräche“ statt.Völlig neue PotentialeObwohl die Kinder keine Erfahrungim freien Musizieren hatten,konnten sie sich schnell auf dieneue Herausforderung einlassen.Manche zeigten zunächst großeUnsicherheit und fanden das Ganzeeher peinlich. Nach der erstenImprovisationsrunde entstand abereine aktive Arbeitsatmosphäre. DieKinder erlebten und thematisiertendie Möglichkeit, sich musikalischauszudrücken und miteinander zu„unterhalten“. Erste Unsicherheitenim ungewohnten Halten einesMetrums oder eines Rhythmusverschwanden durch die Bestätigungder anderen oder durch dieUnterstützung vom Klavier.Die Kinder staunten über dieanderen Gruppenmitglieder undsich selbst und erlebten völlig neuePotentiale an sich und an ihrenMitschülern. Es wurde viel gelacht.Ich selbst wunderte mich über denMut vor allem zweier Jungs, ohneVorgabe lang ausdauernd im Wechselmiteinander zu singen.Als der Klassenlehrer einige Sequenzenfilmte und der Schulleitersich eine Viertelstunde dazu setzte,waren die Kinder sichtlich stolzauf das Musikstück, das sie soebengemeinsam entwickelt hatten. Ichging mit dem Gefühl, am liebstenjede Woche mit den Kindern arbeitenzu wollen.Kinder brauchen ZeitUm <strong>no</strong>ch einmal darauf zurückzukommen:Schokolade, Rotweinund elektronische Medien bergen


94 Musikalische Gespräche95 Musikalische Gesprächealle ein nicht zu unterschätzendesSuchtpotential. Alle drei stehennicht nur für Genuss, sondernauch für Ersatz und Trost. Alle dreisollten nicht im Übermaß zu sichge<strong>no</strong>mmen werden. Schokoladeund Rotwein allerdings sindin kurzer Zeit verspeist beziehungsweisegetrunken und dannvergessen. Im Falle des Konsumselektronischer Medien durchunsere Kinder kommt der FaktorZeit hinzu. Dieser, so wurde mirim Austausch mit den Kindern klar,ist entscheidend im Umgang mitelektronischen Medien. ElektronischeMedien sind, im Übermaßge<strong>no</strong>ssen und ganz unabhängig vonderen qualitativem Wert, „Zeitfresser“.Während der medienfreienWoche verfügten die Kinderplötzlich über jede Menge freieZeit. Zeit zum Fußballspielen, zumBauen, zum Streiten und Toben mitden Geschwistern, zum Diskutierenmit den Eltern, zum Tagebuchschreiben, zum sich Treffen und„Schwätzen“ mit Freunden.Kinder sind soziale Wesen. Siebrauchen Zeit, um in reale Dialogemit ihren Mitmenschen zutreten. Zeit zum Phantasieren undSinnieren. Zeit, um im direktenGespräch und im Austausch mitanderen einen eigenen Standpunkt,eine eigene Identität zu entwickeln.Zeit zum Wachsen und Gedeihen.Es liegt an uns Eltern, Erziehernund Pädagogen, Kindern dies zuermöglichen.Heike Raff-Lichtenberger„Elektronische Medien sind, imÜbermaß ge<strong>no</strong>ssen und ganzunabhängig von deren qualitativemWert, „Zeitfresser“. Über was dieKinder während der medienfreienWoche plötzlich in großer Mengeverfügten, war freie Zeit. Zeitzum Fußballspielen, zum Bauen,zum Streiten und Spielen mit denGeschwistern, zum Diskutierenmit den Eltern, zum Tagebuchschreiben, zum sich Treffen und„Schwätzen“ mit Freunden.“Heike Raff-Lichtenberger„Meine Gedanken und meineGefühle zu dieser Woche: Ich habemich ohne Fernseher und Playstationkomisch gefühlt und habegedacht: hoffentlich ist die Wochebald vorbei. Ich musste überlegen,was ich jetzt in der Freizeit mache.Ich habe dann Brettspiele gespielt,ein Buch gelesen und was mitFreunden ausgemacht.“Julian„Es ist gut, dass die Initiative vonaußen kommt, ansonsten wäre ichja der Buhmann.“Mutter von Julian


96 Plötzlich war es uncool97 Plötzlich war es uncoolPlötzlich wares uncoolJahn-Realschule, Stuttgart-Bad Cannstatt: Das Fazit einesLehrers zwei Jahre danach.Ich bekomme als Lehrer an einer sozialen Brennpunktschule,der diese Aktion von Anfang an in der Praxis begleitethat, die Möglichkeit, darüber zu schreibenund ich bin froh, dass ich dies ausdrücklichnicht wissenschaftlich tunmuss. So mögen meine Gedankendazu zwar nur alltagstheoretischsein, aber schließlich ist es derAlltag, der Lehrerinnen und Lehrerbeschäftigt und nicht die Wissenschaftstheorie<strong>no</strong>der empirischenStudien der Hochschulen.Zunächst einmal möchte jederPädagoge, der ein Projekt mitHerz begleitet, dass möglichstviele Schüler davon angetan sindund dabei möglichst viel lernen.Es war sehr einfach, Sechstklässlerfür dieses Projekt zu begeistern.Die Natur- und Kunstprojektemachten wirklich Laune. Kindersind bei solchen Aktionen schnellFeuer und Flamme. Das gilt nichtautomatisch für Kinder aus einemsozialen Brennpunkt, die kaumüber Natur-Erfahrungen verfügenund <strong>no</strong>ch weniger über eigenekreative Kultur-Erfahrungen.Trotzdem oder gerade deswegenwaren die Schüler mit Freudeund Begeisterung dabei. Auch dieEltern beteiligten sich überraschenderweisesehr engagiert.Doch die positive Bewertunghat in der Rückschau zwei Jahrespäter, in der siebten und achtenKlasse, rapide abge<strong>no</strong>mmen. AusKindern wurden Jugendliche, vondenen viele das Projekt nun alskindisch und albern empfanden.In diesem Alter ist die medienfixierteKommunikation mit der sogenannten Peer-Group, der GruppeGleichaltriger, <strong>no</strong>ch wichtigergeworden. Außerdem empfandenes viele Schüler als absolut uncool,gegenüber neuen Schülern undWiederholern zuzugeben, dasssie in dieser Woche Spaß gehabthatten.Ich habe zuerst irritiert, fast beleidigtreagiert. Vor allem nachdemeinige Schüler, die in den Projektwochensehr motiviert waren,zwei Jahre später das Gegenteilbehaupteten.Dazu kamen mir folgende Gedanken:Pädagogen sollten sich nichtüberschätzen. Der Einfluss auf dasLern- und Lebensverhalten magbei einzelnen Schülern bedeutendsein, bei den meisten aber ehernicht. Denn man ist in seinemLeben vielen Einflüssen und vielenMenschen ausgesetzt, vor allemin modernen westlichen Gesellschaften.Andererseits hat mir ein jungerMensch, der computerspielsüchtigwar und diese Sucht in den Griffbekommen hat, deutlich gemacht,dass solche Projekte doch einentiefen Sinn haben. Denn Kinderund Jugendliche, die keine Alternativenzur Medienwelt erfahren,können ihr auch nicht entfliehen.Die kindlichen Erfahrungen diesesjungen Menschen im Bereich Naturund Sport gaben ihm irgendwannden Impuls, zu bemerken,dass Nächte vor dem Computer fürKörper, Geist und Seele nicht gutsind. Da war doch <strong>no</strong>ch irgendwas– der Geruch eines Feuers,die Freude an der Bewegung, dieNacht und ihre Stille, die Sonne,die das Gesicht wärmt.In den unteren Klassen reagierenEltern zunehmend sensibel auf dieGefahren der <strong>media</strong>len Welt. Dochhier gibt es eine extreme Kluft: Esgibt zwischenzeitlich Eltern, diealles regulieren und kontrollieren,während bei anderen Schülern dasHandy im Unterricht klingelt. Soziokulturellist das nicht einheitlich,so reagieren beispielsweise vieletürkische Eltern heute sehr restriktiv.Die Gefahren sind erkannt, diemeisten „pädagogischen“ Auseinandersetzungenin den Familienfinden rund um dieses Thema statt.Das ändert allerdings nichts an derTatsache, dass vor allem Familienaus der sozialen Unterschicht inder Adoleszenzphase ihrer Kinderdie Erziehung aufgeben, quasikapitulieren und dann Dämme brechen.Jugendliche aus der sozialenUnterschicht überschreiten zuerstdie Grenzen im <strong>media</strong>len Bereich,um anschließend am Wochenendeauszuloten, was auf der Straße undbei Partys geht. Wer sich ein Bilddavon machen möchte, der geheam Wochenende in die Partyzonender großen Städte. Hier tobt, staatlicherlaubt, der Bär, hier treffensich die jungen Menschen aus demUmland, eher behütet aufgewachsen,um etwas zu erleben. Dasgelingt ihnen ohne Probleme, vomDrogenkonsum bis hin zur unmittelbarenGewalt. Hier entstand undentsteht eine tolerierte Subkultur,an der alle Erziehungsinstanzenschlichtweg versagen müssen.Während aber die Jugendlichenaus der Mittelschicht von ihrenEltern aus dem Krankenhaus odervon der Polizeiwache abgeholtwerden, geschieht anschließendbei erschreckend vielen Familienaus der sozialen Unterschicht undbei Migranten die eigentlicheKatastrophe. Die gesellschaftlicheIntegration scheitert, die Schulewird abgebrochen, kein Ausbildungsplatzgefunden. Dieser sozialeSprengstoff wird die Republik inden nächsten Jahren erschüttern, dabin ich mir sicher.Mein Fazit kann und darf den<strong>no</strong>chnicht negativ ausfallen. In derJugendzeit mag man die Empfindungenalternativer Projektewegschieben, doch sie bleiben imHerzen und tragen irgendwannFrüchte.Ein letztes Beispiel aus meinemSchulalltag: Abschlussfahrt Klassezehn, alle Prüfungen waren vorbei.Es ging nicht in eine große Stadt,nicht an einen Strand, sondern aufeinen Bauernhof in den Bergen,weit ab von allem und mit einemSportprogramm tagsüber. Amersten Abend, nach der ersten,wirklich kleinen Wanderung,waren einige dieser Großstadtkidspsychisch und physisch völlig amEnde. Tränen und Muskelkater stattDisco und Shopping. Am nächstenTag stand Canyoning auf demProgramm. Keiner der Schülerwar je so intensiv der durchausgefährlichen Natur ausgesetzt.Keiner stand je auf einer Brückeund musste das Geländer loslassen,dem Seil und dem Bergführer ganzvertrauen, seine Angst überwindenund sich 30 Meter abseilenlassen. Doch alle haben es geschafft.Plötzlich wurden diese Jugendlichenkurz vor dem Erwachsenseinwieder wie kleine Kinder, die aufdem Spielplatz vor Freude undAufregung schreiend endlich dieRutsche meistern. Und mit einemMal kippte die Stimmung: So vielFreude und Lachen habe ich beisolchen Fahrten selten erlebt. Ichbin mir sicher: Die Schüler werdenviel vergessen, vor allem die Inhaltevon Unterrichtssunden, aber dieseErlebnisse niemals.So früh wie möglich müssen Kinder,vor allem die aus problematischenFamilien, mit der Natur, demSport und mit eigener kreativerKultur zusammengebracht werden.So werden Alternativen zur übermächtigenMedienflut angelegt.Und bei einem entsprechendenRahmenprogramm geht das auch<strong>no</strong>ch mit jungen Erwachsenen.In der Adoleszenzzeit haben dieJugendlichen aber auch ein Rechtdarauf, mit dieser Medienwelt zuringen.Rüdiger SchillingerLehrer an der Jahn-RealschuleStuttgart / Lehrbeauftragter amStaatlichenSeminar für Didaktikund Lehrerbildung (Realschulen)Ludwigsburg


98 Nach neun war keiner mehr auf den Beinen99Nach neun war keiner mehr auf den BeinenNach neun war keinermehr auf den BeinenInterview mit Frau ÖzelikFrau Özeliks Sohn Bilal hat 2007mit seiner sechsten Klasse derJahn-Realschule bei ONE WEEK.NO MEDIA! mitgemacht. MartinTertelmann erzählt sie, wie der Verzichtfunktioniert und warum er zuausgeschlafenen Kindern führt.Heute ist Donnerstag – der vierte Tagohne Medien. Wie geht es Ihnen? Washat sich geändert in dieser Woche?Der Montag war sehr schwer ohneFernsehen und ohne Computer,muss ich jetzt ehrlich sagen. Er warschon anstrengend der Montag.Aber nur der Montag. Ansonstenging es eigentlich. Man kann auchohne solche Sachen leben, ohneMedien. Mir ist aufgefallen, dassmein Sohn viel draußen gespielthat. Sonst hängt er immer zu Hausevor dem Fernseher oder will Computerspielen.Er war viel draußen, hat mehr mitFreunden und mit seiner Schwesterzu Hause gespielt. Er hat mal einPuzzle gemacht mit tausend Teilen,das haben sie rausgeholt. Under ist mit mir auch oft raus zumEinkaufen oder so. Sonst ist er eigentlichnie dabei, da will er lieberzu Hause bleiben. Der Montag warwie gesagt sehr schwer.Wie erging es Ihrer Tochter?Ich muss jetzt ehrlich sagen: meineTochter durfte schon Fernsehenschauen, wenn ihr Bruder nicht dawar. Es gibt einige Sendungen, diesie immer anschaut, und das durftesie dann schon. Normalerweise binich nicht immer zu Hause, dochich hatte mir vorge<strong>no</strong>mmen, indieser Woche immer da zu sein –nicht dass doch was eingeschaltetwird. Und es ging. Wenn meineTochter dann im WohnzimmerFernsehen geschaut hat, dann istmein Sohn nicht rein, das hat ernicht gemacht.Sie und Ihr Mann haben auch keinFernsehen geschaut?Tagsüber schaue ich eh kein Fernsehen,da habe ich sowieso keineZeit für so was. Abends, wenn dieKinder geschlafen haben, habe ichschon Fernsehen geschaut, das mussich jetzt ehrlich sagen. Oder wennmein Mann am Computer wasarbeiten musste, das hat er dannauch gemacht. Aber erst wenn dieKinder geschlafen haben.Wie nutzen Sie <strong>no</strong>rmalerweiseMedien?Zum Computerspielen habe ichpersönlich keine Zeit. Tagsüberschaue ich auch kein Fernsehen.Und Ihr Sohn?Der würde gern den ganzen Tagvorm Computer sitzen. Aber dasgibt es bei uns eigentlich nicht.Er darf am Wochenende spielen,so lang er möchte. Aber nicht amSamstag und Sonntag, sondern aneinem Tag von beiden, und dannso lang wie er will. Das heißt abernicht, dass er bis morgens vor demDing sitzt, da habe ich schon meineRegeln. Wenn Schule ist, darf er danicht lange sitzen. Aber wenn ersagt ‚Ich muss mal kurz ein Referatmachen’, dann sitzt er schon malein Stunde dran. Oder wenn ermal keine Hausaufgaben hat, dannbettelt er ‚Mama, Mama, bitteeine Stunde’, dann vielleicht. Aberansonsten darf er unter der Wochenicht so lang vor dem Computeroder dem Fernseher sitzen.Wie finden Sie das Projekt ONEWEEK. NO MEDIA!?Ich finde es sehr schön. Vor allemabends, da haben wir das Problemnicht, wenn es ‚ins Bett gehen’heißt. Wenn der Fernseher nicht anist, klappt das schneller, ist mir aufgefallen.Sonst, wenn der Fernseheran ist, heißt es ‚Noch 10 Minuten,<strong>no</strong>ch 15 Minuten, dann ist dieSendung zu Ende’. Dann dieseBettlerei und dann sind es schon20 Minuten und der Fernseherist immer <strong>no</strong>ch an. Sie schlafengemeinsam in einem Zimmer undmeine Tochter muss früher schlafen.Sie haben auch einen Fernseherin ihrem Zimmer, weil wir imWohnzimmer nur türkisches Fernsehenhaben und im Kinderzimmerdeutsches Fernsehen. Letzte Wocheist der Receiver im Kinderzimmerkaputtgegangen. Und ich habezu meinem Mann gesagt, dass ichkeinen neuen Receiver für dasKinderzimmer mehr möchte. Aberdann leidet meine Tochter, dienicht viel Fernsehen schaut, auchdarunter. Denn türkisches Fernsehenschauen die Kinder nicht sehrgern.Nehmen Sie aus dieser Woche einenImpuls mit? Gibt es etwas, worüber Siesagen ‚Das finde ich gut, das möchteich weitermachen oder ändern für dieZukunft’?Die Aktion ist schon gut. Die Kinderhaben gelernt, dass man auchohne diese Medien leben kann unddass man viel mehr machen kann.Mein Sohn hat zum Beispiel niemit seiner Schwester gespielt. Wennsie gefragt hat ‚Komm, machenwir zusammen ein Puzzle’ oder‚Spielst du mit mir mal U<strong>no</strong> oderein anderes Spiel?’, hat er das niegerne gemacht und gesagt ‚Nee,ich habe jetzt keine Lust, ich willjetzt lieber Fernsehen schauen’.Meine Tochter ist ganz begeistert,weil sie diese Woche ein tausenderPuzzle zusammen gemacht haben.Oder sie haben abends ein anderesSpiel gespielt, weil die Zeit nichtvergangen ist, weil es geregnet hatund weil man auch nicht immerdraußen spielen kann. Ich habe imKinderzimmer bisher eigentlichimmer einen Fernseher gehabt, undden möchte ich jetzt eigentlichkomplett wegtun. In dieser Wochewaren die Kinder echt pünktlich,nach neun war keiner mehrauf den Beinen. Sie haben beidegeschlafen. Mein Sohn will sonstimmer bis 22 oder 22.30 Uhr wachbleiben und dann gibt es Problememorgens beim Aufstehen. Alsoden Fernseher im Kinderzimmermöchte ich komplett wegtun.Möchten Sie oder werden Sie estatsächlich?Das werde ich wahrscheinlichmachen. Ja, ganz wegtun.Was fanden Sie nicht so gut?Mein Sohn hat kein Handy gehabtund da mache ich mir schonSorgen, denn er hat einen langenHeimweg. Wenn er ein Handydabei hat, dann rufe ich kurz an,wenn ich nicht da bin. Ich habeihm in dieser Woche einen Zettelgeschrieben, wann ich wieder dabin und bin dann aber immer etwasfrüher gekommen, ganz leise in dieWohnung. Ich wollte dann sehen,was er macht. Aber ich habe ihnnie vorm Computer oder vormFernseher erwischt. Ich wollteschon wissen, ob er es auch durchhält.Er hat sich dran gehalten.Martin Tertelmann


100 Vor lauter Langeweile ein Lied geschrieben101Vor lauter Langeweile ein Lied geschriebenVor lauter Langeweileein Lied geschriebenPana Vavelidis, seine Familie und seinFreund Sven am dritten Tag ohne Medien– ein Zwischenbericht.Ich fahre mit der S-Bahn zurNürnberger Straße. Pana Vavelidisund sein Klassenkamerad Svenholen mich ab und begleiten michzur Wohnung von Panas Familie.Pana zeigt mir das Kinderzimmer,das er sich mit seinem jüngerenBruder teilt: zwei Betten, einSchreibtisch und eine Kommode– darauf steht ein Fernseher,darunter eine Playstation. DieMedienausstattung der gesamtenFamilie entspricht wahrscheinlichdem <strong>no</strong>rmalen Durchschnitt: zweiFernseher, eine Stereoanlage, dreiHandys, eine Playstation, ein Computerund ein Radio.Ich frage die Familie, wie sie diemedienfreie Woche findet undwie sie damit klarkommt. HerrVavelidis sagt, er fände das Projektganz große Klasse. Es sei insgesamtruhiger geworden in derFamilie. Man könne Gespräche zuEnde führen, ohne an die nächsteFernsehsendung oder das Spiel ander Playstation denken zu müssen.Die Kinder könnten nun nach derSchule sofort die Hausarbeitenmachen. Ihre frei gewordene Zeitverbringen sie mit Backgammonspielen oder lesen. Alle Familienmitgliedergingen früher schlafen,vielleicht weil die Müdigkeit jetztbewusster wahrge<strong>no</strong>mmen wird.Herr Vavelidis findet das alles sotoll, dass er auch künftig ab undan eine Woche ohne Medien einschiebenwill. Panas kleiner Bruderfindet das Projekt ganz okay, ermache gern mit. Frau Vavelidis sagt,sie habe sowieso keine Zeit zumFernsehschauen, weil sie sich umden Haushalt kümmern müsse.Ich frage Frau Vavelidis, ob sieUnbehagen empfindet, wenn Panaviel Fernsehen schaut und vielPlaystation spielt. Sie meint, Ängstehabe sie keine. Sie selbst wäre ohneden ganzen Kram gut groß gewordenund wolle jetzt einfach, dass ihrSohn damit klarkommt.Ob und wie Pana und sein FreundSven jetzt mit der medienfreienWoche klarkommen, lasse ich mirin Ruhe von den beiden im Kinderzimmererzählen.Ich frage Sven, was sich in seinerFamilie geändert hat, seit die Wocheohne Medien begonnen hat. Ererzählt, dass seine Familie mitmachtund ihn unterstützt. Sie redeten seitzwei Tagen wieder mehr miteinander,erzählten sich, was sie so amTag erlebt haben. Vor der medienfreienWoche sei er nach der Schulenach Hause gekommen und hättegleich den Fernseher eingeschaltet,seine Geschwister ihre Computer.Die Mutter habe ihnen dann dasEssen gebracht.Gestern Abend sei er einfach frühschlafen gegangen. Am Montagmorgenwollte er wie immerdirekt nach dem Aufstehen Musikund Fernseher einschalten – seineMutter habe ihn dann an dieProjektwoche erinnert. Normalerweiseschaue er etwa drei Stundenam Tag Fernsehen, dazu komme<strong>no</strong>ch Zeit fürs Computerspielen.Er finde selbst, dass das zu viel istund wolle das eigentlich auf eineStunde reduzieren.Sven spielt Basketball im Verein. Ersagt, er sei ein guter Spieler undwerfe pro Spiel an die zwanzigKörbe. Den Tag im Wald fand ersehr schön, abends sei er richtigkaputt gewesen. Dann schaut erzum Fenster und sagt, sich selbstentschuldigend, oft sei das Wetterja auch nicht gut, da könne mannicht raus.Ich frage Pana, was er jetzt mit dervielen freien Zeit anstellt. Er habesich „Die Geistermeister“ aus derStadtbibliothek ausgeliehen undlese, vor allem abends. Er geheschwimmen oder Fußball kicken.Oder er schreibe Gedichte. Ihmfehlten die gewohnten Fernsehserien,die sonst den Tag strukturieren.Der Verzicht aufs Fernsehen tueihm am meisten weh. Sonst schaueer bis zu drei Stunden am Tag. DerFernseher im Kinderzimmer werdeeingeschaltet, wenn sie abends <strong>no</strong>chnicht müde sind, dann könnten sie<strong>no</strong>ch ein bisschen schauen.Pana und Sven erzählen stolz, dasssie am heutigen Nachmittag auslauter Langeweile einen Liedtextgeschrieben haben. Sie wollten<strong>no</strong>ch daran feilen und den Songdann am Samstag beim Abschlussfestzum Besten geben.Die Stimmung ist gut, alle genießendas Zusammensein und dieAtmosphäre. Den<strong>no</strong>ch steht dieAbwesenheit der Medien spürbarim Raum – Pana und Sven bekräftigen<strong>no</strong>chmals, dass der Verzichtaufs Fernsehen am meisten wehtue. Doch ebenfalls spürbar ist derStolz auf die wiedererlangte Souveränität:Jetzt bestimmen sie selbst,was sie wann tun.Ich frage die beiden Jungen, ob siemich <strong>no</strong>ch zur S-Bahn begleiten.Die Mutter fährt uns schließlichmit dem Auto und schaltet beimStart sofort das Autoradio aus. KeineMedien, dazu gehört für FrauVavelidis auch das Radio.Wir winken Sven <strong>no</strong>ch zu, derebenfalls nach Hause geht. Er wirdmit seiner Familie reden, vielleichtein wenig spielen oder lesen unddann wahrscheinlich wieder frühschlafen gehen. Medien-Entzugführt zu viel freier Zeit, die aktivgestaltet werden muss. Das strengtan und ist manchmal wohl auchschwer auszuhalten.Ganz beschwingt fahre ich mit derS-Bahn heim und denke, dass einemedienfreie Woche an den nurscheinbar alten Zopf des Fastensanknüpft. Sie entfaltet ihre Kraftund versorgt aus sich selbst herausFamilien mit der <strong>no</strong>twenigen Energie,eine Woche lang ihre Gewohnheitenradikal zu verändern. Undsich dem Vakuum zu stellen, um esaktiv mit Eigenem zu füllen.Martin Tertelmann„Aus lauter Langeweile haben Svenund ich heute Nachmittag einenRapsong geschrieben.“Pana„Ich finde das Projekt ganz großeKlasse. Es ist insgesamt ruhigergeworden in der Familie. Man kanndie Gespräche zu Ende führen,ohne an die nächste Fernsehsendungoder das Spiel an der Playstationzu denken. Wir werden auchkünftig eine Woche ohne Medieneinschieben.“Vater von Pana


102 Förderung von Lebenskompetenzen103Förderung von LebenskompetenzenFörderung vonLebenskompetenzenONE WEEK. NO MEDIA!: Bernd Klenk, der Dienststellenleiter vonrelease U21, zieht ein Fazit.Eine Woche Medienverzicht – was für eine schwierigeAufgabenstellung! Manchen haben sie bewältigt,andere sind gescheitert.Die Erfahrung zeigt, dass der Verzichtfunktionieren kann, wenn dasUmfeld mitmacht. Auf sich alleinegestellt ist er fast nicht auszuhalten.Ohne Ideen, wie die plötzlicheStille und der entstandene Freiraumgefüllt werden können, erscheintdie Zeit für viele quälend ausgedehnt.Das Konzept von ONE WEEK.NO MEDIA! hat dies alles bedacht.Hauptsächlich haben sich Schulenim Klassenverband beteiligt. DieGruppe motiviert den Einzelnen,sich auf das Experiment einzulassen,die Projektangebote bieteneine attraktive Alternative zumgewohnten Medium.release Stuttgart arbeitet schonlange auf dem Gebiet der Suchtprävention.Ziel dieser Arbeit ist es,missbräuchlichen Konsum und dasEntwickeln von Abhängigkeiten zuverhindern. In unserem Blickpunktstanden bisher die stoffgebundenenStörungen, doch in den letztenJahren haben die Beratungsanfragenzuge<strong>no</strong>mmen, die auf den Umgangmit Medien zielen.Mit ONE WEEK. NO ME-DIA! haben wir uns erstmals aneinem Projekt beteiligt, das dieseThematik in den Mittelpunkt stellt.Im Konzept finden sich Herangehensweisenund Suchtpräventionsstrategienwieder, die nachunserer Überzeugung wirksamsind: die Förderung von Lebenskompetenzenund das Konzept derschützenden Faktoren. Kurz gesagt:Wer starke Schutzfaktoren undvielfältige soziale Kompetenzenhat, ist weniger anfällig dafür, einabhängiges Verhalten zu entwickeln.Das Umfeld der jeweiligen Gruppe,also Schule und Elternhaus, wurdeeinbezogen. Es gab keine isoliertenHighlight-Aktionen, sondern einelängerfristige Auseinandersetzungmit Medien und ihrer Bedeutung.Eine Woche aus dem gewohntenVerhalten auszusteigen, bietet dieChance, sich zu besinnen, Gewohnheitenzu hinterfragen, Neuesauszuprobieren, Vergessenes wiederzu entdecken und die Änderungvon Verhaltensweisen einzuleiten.Das Ziel ist nicht die generelleAbstinenz, sondern ein bewussterUmgang.Aus unserer Sicht ist das Projekt einErfolg. Zum einen spricht die hoheZahl der beteiligten Gruppen dafür,dass dieses Thema viele beschäftigt.Zum anderen zeigen unsereBeobachtungen aus den Prozessen,Diskussionen und Verläufen in deneinzelnen Teilnehmergruppen, dassReflexionsprozesse in Gang kamen.Einzelne Rückmeldungen lassendarauf schließen, dass das Problemmit den Medien schon länger inden Familien schwelte und nundurch die Aktion thematisiertwurde. Auch innerhalb unsererEinrichtung ist dieses Thema dadurchmehr in den Fokus gerückt.Uns beschäftigt, wie die Spur, diedurch ONE WEEK. NO MEDIA!gelegt wurde, weiter verfolgt wirdund wie auf den erkannten Bedarfreagiert werden kann. Manchmalmit und manchmal ohne Medien.Bernd KlenkPfeil- und Bogenbau beim Ausflug in den Degerlocher Wald


104 Kühe in der Höhle?105Kühe in der Höhle?Kühe in der Höhle?Medien sind fest in unser aller Alltag verankert. Es giltnun, sinnvoll damit umzugehen und die Kinder nichtmit den Medien allein zu lassen.Die Mediennutzung von Kindern,Jugendlichen und auch Erwachsenenist in der gesellschaftlichenDiskussion angekommen. WelchenRaum dürfen die elektronischenMedien im täglichen Leben einnehmen?Was ist sinnvoll und wassind bedenkliche Auswüchse? Klarist nur, dass es kein Zurück gibt.Mediennutzung bedeutet Teilhabeam gesellschaftlichen Leben, istzentraler Bestandteil des Ausbildungs-und Arbeitsalltags, hat inallen Bereichen unseres Soziallebensund Freizeitverhaltens Einzuggehalten.Chancen und Risiken liegen hiereng beisammen, genauso wie sinnvollerGebrauch und Missbrauch.Die neuen Generationen wachsenschon mit der Medienvielfalt aufund freuen sich daran. Elternund Pädagogen haben Bedenkenund nehmen Fehlentwicklungenwar. Die wachsende Isolation vorden Bildschirmen, gesteigerteAggressivität durch Ballerspiele,gesundheitliche Risiken undEntwicklungsverzögerungen sowieInternet-Abhängigkeit werdendiskutiert und erforscht.Das Ausmaß der problematischenEntwicklungen ist unklar – dieZahlen der Internet-Abhängigenliegen je nach Untersuchungenzwischen drei und 13 Prozent.Die Grenze zwischen „gesunder“Nutzung und riskantem Verhaltenist fließend, die Merkmale für einabhängiges Verhalten müssen <strong>no</strong>chgenauer definiert werden.Sichtbar und spürbar ist jedochein Anwachsen der Zahl derMenschen, die sich wegen eigenerProbleme oder problematischenVerhaltens von Angehörigen anBeratungsstellen und Ärzte wenden.Es bereitet Eltern Unbehagen,dass sie hier auf so wenigeErziehungs<strong>no</strong>rmen zurückgreifenkönnen und sie blicken mit großerUnsicherheit auf das Geschehen imKinderzimmer.Waren sie am Beginn vielleichtsogar stolz darauf, dass die Kleinenschon in frühen Jahren Maus, Tastaturund einfache Spielprogrammebeherrschen, sind sie einige Jahrespäter sehr in Sorge darüber, dassdie Teenager die „Guild“ in „Worldof Warcraft“ den Beziehungen imrichtigen Leben vorziehen undkein Familienleben mehr stattfindet.In vielen Wohnzimmern wirdüber die Notwendigkeit diskutiert,das neueste Handy anzuschaffe<strong>no</strong>der die neueste Spielkonsole – mitstarken Argumenten von Seiten derBefürworter: neue Chancen, <strong>no</strong>chmehr Teilhabe, Ausgrenzungsphantasien,denn „alle anderen habendas doch schon“. Das Finden vonNormen und Regeln hinkt derEntwicklung und Ausdehnung desAngebots hinterher.Doch es gibt Leitlinien, auf dieman zurückgreifen kann. Ein Erklärungsansatzfür die Entstehungvon Sucht ist das Klaviermodell:Wenn ein Mensch über eine breiteTastatur von Möglichkeiten zur Lebensgestaltungund zur Krisen- undKonfliktbewältigung verfügt undsie auch anwendet, ist die Gefahrgering, ein abhängiges Verhaltenzu entwickeln. Dies geschieht erstdann, wenn man in schwierigenLebenssituationen nur <strong>no</strong>ch aufeinige wenige Tasten zurückgreift– weil die anderen sich nicht entwickelthaben, verkümmert oderweggefallen sind.Bei Sucht spielt der Mensch nur<strong>no</strong>ch eine Taste.Das bedeutet als Ziel für Erziehungund Prävention, dem Einzelnenmöglichst viele Tasten zu zeigenund ihm den Umgang damit zuermöglichen. Fernsehen, PC-Spiele,Chatten sind eine Bereicherung– wenn sie nicht die Entwicklungund Nutzung anderer Wege zurBedürfnis-Befriedigung überschatte<strong>no</strong>der blockieren. Das heißtauch, die Kinder und Jugendlichennicht mit den Medien allein zulassen, sondern sich zu interessieren,teilzunehmen und das Gesprächdarüber zu suchen. Ebenso wie dasEinladen zu Alternativen oder dasSchaffen von „Aus“-Zeiten.Ein Achtjähriger, der währendONE WEEK. NO MEDIA! aneiner Höhlenbefahrung teilnahm,listete auf, auf welche Medien er indieser Woche verzichtet. Die Fingerbeider Hände reichten für seineAufzählung nicht aus.Auf die Frage, was seine Befürchtungenseien, wenn er jetzt gleichin die Höhle gehe, antwortete er„dass da Kühe sind“. Nach anfänglichirritierten Blicken der Pädagogenwar schnell klar: Nächstes Malmüssen wir ihm zeigen, wo Kühewirklich leben.Bernd Klenk„Echt cool, heute ist der vorletzteTag der Medienwoche. Ich bin echtglücklich, dass ich die Woche so gutgemeistert habe. Meine Freundeund ich reden in den Pausen nur<strong>no</strong>ch darüber, wie schön es auchohne Medien sein kann. Man tutzum Beispiel anstatt PC zu spielen,raus gehen oder mal ein Buchlesen. Aber mit Medien macht esdann doch mehr Spaß.“Stefanie„Heute habe ich die Medienüberhaupt nicht vermisst. Ich habemich trotzdem wohl gefühlt.“Melanie„Zu Hause habe ich mich mehrals gelangweilt. Aber ich konntemich öfters mit Freunden treffen.Schließlich war ich froh, das dieseHorror-Woche zu Ende war.“Silvio


106 Wer hätte das gedacht?107Wer hätte das gedacht?Wer hätte dasgedacht?Wer hätte das gedacht, in einer Zeitwie der unseren, in der das Mediumjeglichen Lehrsatz einer Mutterdurch Edukations-Programme imTV praktisch komplett ersetzenkann und der Bildschirm quasiungewollt vom Horizonterweitererzum perfekt geeigneten Babysittermutiert und letzten Endes die Trägheitder Jugend fördert? In der manstatt Freunde zu besuchen, einfachein gefühlsloses knappes „HDL“sendet und Treffen absagt, um amComputer den letzten Level desLieblingsspiels zu beenden. In derman schon in frühen Jahren aufdie Weihnachtswunschliste keinSpielzeugauto oder Jojo schreibt,sondern ein Handy mit Touchscreenund einen iPod na<strong>no</strong> mitintegriertem DVD-Spieler miteiner Gesamtspeicherkapazität von120 Gigabyte.man sich dadurch wieder an dierealen Dinge im Leben erinnernkann? Wer hätte gedacht, dass mannach so einem Projekt die Dingeein wenig anders sieht? Wer hättegedacht, dass plötzlich verborgeneTalente aufblühen können? Werhätte gedacht, dass es so ein Riesenerfolgwerden würde…?William PonzettaDuap-MC, Rapper aus Stuttgart-Bad Cannstatt, mit bürgerlichemNamen William Ponzetta, istehemaliger Schüler der Jahn-Realschule und hat mit Freundendas Plattenlabel Chaplin Recordsgegründet.Wer hätte da gedacht, dass 28 tapfereSechstklässer einer Realschule inStuttgart-Bad Cannstatt eine ganzeWoche lang freiwillig ihre Handys,Konsolen, Fernseher, MP3-Playerund Telefone auf Stand-by stellen?Dass sie mit e<strong>no</strong>rmem Engagementund Spaß am ONE WEEK.NO MEDIA!-Projekt teilnehmenwürden? Wer hätte gedacht, dass


108 Wer hätte das gedacht?109 Wer hätte das gedacht?Raptext von Julian Ebert, Marcel van Look und Pas<strong>ca</strong>l Schmidt. Entstandenim Workshop mit William Ponzetta von Chaplin Records am 10. Juli 2007.ONE WEEK. NO MEDIA!Es wird schwer, aber wir werden es machen,Wir sind Freunde und werden´s zusammen schaffen,Unser Leben verändert sich durch dieses Projekt,Wir haben neue Seiten an uns entdeckt.Uns fehlen die Medien, doch jetzt gehen wir wandern,Wir gehen raus und treiben Sport mit andern,Spielen Spiele zusammen mit unseren Freunden,Gehen in den Wald und entdecken die Schönheit von Bäumen.Wir helfen unseren Eltern im Haus,Rufen unsere Freunde an und gehen mit ihnen raus,Wir schreiben ein Tagebuch und es wird immer dicker,Wir schmücken es mit Fotos und ganz vielen Stickern,Wir schreiben unsere Texte selber,Ergreifen das Wort und entdecken die Wälder.Mit Freude und Schmerz haben wir es ver<strong>no</strong>mmen,Es ist soweit, nun ist der Tag endlich gekommen,Die Handys sind weg, der Fernseher aus,Nun nichts wie raus aus diesem langweiligen Haus.Uns fehlen die Medien, doch jetzt gehen wir wandern,Wir gehen raus und treiben Sport, alle miteinander,Unser Leben verändert sich durch dieses Projekt,Wir haben neue Seiten an uns entdeckt.Endlich habe ich Zeit und mache Sport,Ich meine es ernst, darauf gebe ich mein Wort!Text: Klasse 6a, Jahn-Realschule StuttgartAugen auf, aufgewacht, ’ne Woche ohne Media,Aufgepasst, TV aus, das Ding ist für jedermann,Es geht um ’ne Klasse, die mehr aus ihrer Freizeit macht,Geräte aus und merken, dass jeder trotzdem Spaß dabei hat.Aktivieren ihre Phantasie, entwickeln Talente,Ideen, die man umsetzt in einzigartige Momente,Sie fühlen sich glücklich so, nix tun ist zu bequem,Merken, es gibt draußen mehr zu sehn, statt fern zu sehn.Und es ist schön, wenn man ihnen beim Lachen zusieht.Sie nehmen Drumsticks, Bongos, Mics und machen Musik,Sie entdecken sich, leben wieder auf,Sie nehmen etwas mit davon und geben es nicht mehr auf,Sie finden Zeit für ihre Eltern, Zeit für Hausaufgaben,Zeit für ihre Sachen, Zeit für Freunde, die schon draußen warten.Zeit, die man schwer findet heutzutage.Zeit, die sie nicht hatten, weil sie ständig vor der Glotze saßen.Text: William Ponzetta


110 Dunkelheit, Stille und eine ordentliche Portion Lehm111Dunkelheit, Stille und eine ordentliche Portion LehmDunkelheit, Stilleund eine ordentlichePortion LehmDer Sozialpädagoge und zertifizierteHöhlenführer MichaelGuntermann hat im Rahmen vonONE WEEK. NO MEDIA! mitinsgesamt 14 Schulklassen undGruppen die Gustav-Jakob-Höhleauf der Schwäbischen Alb besuchtund so genannte Höhlenbefahrungenunter<strong>no</strong>mmen. Hier zieht erein Fazit:Kinder und Jugendliche bewegensich oft nicht genug und sindseltener in der Natur unterwegsals früher. Sie schauen in Filmenanderen Menschen bei Abenteuernzu, statt selbst welche zu erleben.In Computerspielen schlüpfensie in die Rolle von Abenteurern,können aber im Zweifelsfall dieReset-Taste drücken und wiedervon vorn beginnen. Ein reales Umfeldmit spürbaren Widrigkeitender Natur gibt es in der <strong>media</strong>lenWelt nicht.Bei Höhlenbefahrungen ist das anders:Die Jugendlichen sollten aktivwerden, vor physische, psychischeund soziale Herausforderungengestellt werden und Neues erleben,das sie in ihren Alltag mitnehmenkönnen. Ein Schwerpunktlag im Bereich des so genanntenBerührtseins, also dem Kontakt mitDingen, Gegenständen, Elementenund Menschen, die auf jedesIndividuum einwirken. Hierbeispielen die Sinne eine herausragendeRolle, denn durch sie stelltder Mensch eine Verbindung vonseinem inneren Bewusstsein mitder Umwelt her. Die Erlebnispädagogikdient der Selbsterfahrungund wird für die Persönlichkeitsentwicklunggenau dann zurelementaren Bedeutung, wenn das„Berührtsein“ zum „Angerührtsein“wird. Dieses „Angerührtsein“kann sich in Gefühlen wie Freude,Schmerz, Hilflosigkeit oder Angstausdrücken.Eine Kriech-Höhle ist optimal fürein Ausflugsabenteuer geeignet.Neben Dunkelheit, Kälte undabsoluter Stille kommen in derGustav-Jakob-Höhle <strong>no</strong>ch dieEnge und eine gute Portion Lehmdazu. All diese Faktoren hinterlasseneinen starken Eindruckund erfordern ein großes Maß anSelbstüberwindung und Mut. Dasmacht das Höhlenabenteuer zueinem intensiven Gruppenerlebnis.Zudem haben horizontale Höhlenauch <strong>no</strong>ch ein paar entscheidendeVorteile im Vergleich zu anderenerlebnispädagogischen Spielarten:Es sind keine sportlichen Vorkenntnisse<strong>no</strong>twendig, mit der richtigenAusrüstung ist die Verletzungsgefahrauch für Unerfahrene niedrig undschlechtes Wetter draußen spielt imInneren einer Höhle keine Rolle.Was die Teilnehmenden einer Höhlenbefahrunglernen, können sieauch auf andere Themenbereichedes Lebens übertragen: Freundschaft,Hilfe geben und annehmen,Kommunikation, Teamarbeit, Mutprobe,einen Kick erleben, Grenzenkennen lernen, Ängste überwinden.Sehr gut können auch Lebens- undGlaubensthemen erfahrbar gemachtwerden: Lebensweg mit Hindernissen,Gemeinschaft, Rituale, Lichtoder Umkehr.Michael Guntermann


112 Zwei Jahre danach113Zwei Jahre danachZwei Jahre danachJulia, Melanie, Pana und Sven haben 2007 beim Pilotprojektan der Jahn-Realschule mitgemacht.Am 19. Oktober 2009 wurden die vier zum Projektbefragt: Gehen sie seitdem anders mit Medien um?Hat sich etwas verändert?Julia:„Für mich war es damals eine echteHerausforderung. Ich fand es sehrinteressant herauszufinden, ob manauch ohne Medien kann. Nach derAktion habe ich weniger Fernsehengeschaut, aber nach einem Jahrwar es wieder so wie immer. Ichfand die Aktion richtig, es konntewas geändert werden. Medien sindeine Gefahr, man kann richtigsüchtig werden.“Melanie:„Es war eine gute Erfahrung fürmich, weil man auch mal andereSachen gemacht hat, man ist mehrrausgekommen. Ich habe amAnfang nach der Aktion wenigerMedien gebraucht, aber dann wares wie immer. Heute chatte ichjeden Tag ungefähr zwei Stundenam PC. Fernsehen schaue ichmanchmal. Ich fand die Aktionrichtig. Wie viel man schaut, hängtvon der Familie ab. Die Mediensind zuviel. Wenn man Medienzuviel nutzt, wird man süchtig undkann die Augen schädigen.“Pana:„Playstation spiele ich jetzt weniger,aber dafür sitze ich mehr amPC. Eine Woche ohne Medien wareine gute Erfahrung. Man hat mehrZeit mit anderen verbracht. Alleswar aus. Mein Papa hat es <strong>no</strong>chmal drei Tage gemacht. Ich habeletztens an die Aktion gedacht, weilich zu lang am PC war. Die Aktionwar gut, weil man schaut, was da sopassiert. Es liegt doch immer an derPerson. Manche können es besserkontrollieren als andere. Ich kannmich kontrollieren.“Sven:„In der medienfreien Woche hatman mehr mit den Eltern geredet.Der Fernseher war beim Essenausgeschaltet. Wir haben seit dermedienfreien Woche vor zweiJahren keinen Fernseher mehrbeim Essen an. Ich spiele heutezwei Stunden Counterstrike undCall of Duty online. Ich habe oftso einen Gedankenblitz an ONEWEEK. NO MEDIA!, wenn ichFernsehen schaue. Ich denke dann:‚Heute habe ich schon wiedersoviel geschaut, ich hätte die Zeitauch besser nutzen können.’Es geht zuviel über die Medien.Es passiert alles übers Fernsehen.Das ist gefährlich, weil es Zeitfür andere Dinge wegnimmt. Ichfinde es besser, wenn man so einemedienfreie Woche in der Gruppemacht, da macht es einfach mehrSpaß.“Auch dem Rest der Klasse wurdeneinige Fragen gestellt. EineSchülerin fand, „die Aktion warüberflüssig“. Alle anderen fandendie Woche anregend bis spannend.Allerdings war der langfristigeErfolg eher bescheiden. 15 Befragtegaben kurz zusammengefasst etwafolgende Antwort: „Jetzt ist eswieder wie früher: TV den ganzenTag.“Immerhin sechs Befragte erzählten,dass sich ihr Verhalten geänderthabe und sie mehr Zeit für Freunde,Familie und Schule aufbrächte<strong>no</strong>der zumindest bewusster mit Medienumgingen. In ein oder zweiFamilien bleibt der Fernseher auchjetzt <strong>no</strong>ch beim Abendessen aus.


114 115ChronikDaten und FaktenAuswertungLinks und LiteraturTeilnehmer und PartnerPraxistippsVeranstaltungen


116 Chronik117ChronikChronikONE WEEK. NO MEDIA!Mai 2006VorüberlegungenChristian Pfeiffer vom Krimi<strong>no</strong>logischenForschungsinstitutNiedersachsen weist mit einerStudie nach, dass es einenengen Zusammenhang zwischenJugendgewalt, Medienkonsum,sozialen Rahmenbedingungen undSchulerfolg gibt.Stuttgarts Oberbürgermeister Dr.Wolfgang Schuster will Familienbelohnen, die Fernseher undKonsole aus dem Kinderzimmerverbannen. Er fragt in einemSchreiben an die Schulleitungenund Elternvertreterinnen, wieEltern der Medienverwahrlosungvon Kindern und Jugendlichenentgegenwirken können und welcheMöglichkeiten Schulen haben,hier gegenzusteuern.November 2006AktionsbeginnBeginn der Konzeption von ONEWEEK. NO MEDIA! mit derJahn-Realschule, der EvangelischenGesellschaft Stuttgart (eva) undrelease.9. Juli bis 14. Juli 2007Pilotprojekt Jahn-RealschuleMedienfreie Woche mit derKlasse 6a der Jahn-Realschule inStuttgart-Bad Cannstatt: 28 Schülerinnenund Schüler, 51 Elternbeziehungsweise Alleinerziehende,26 Geschwister und zwei Lehrerverzichten eine Woche lang aufaudiovisuelle Medien.19. Juli 2007Mit der Jugend im DialogIm Rahmen der Veranstaltung „Mitder Jugend im Dialog“ präsentierenvier Jugendliche in den Räumender eva rund 45 Erwachsenen undInteressierten ihre Computerspieleund virtuellen Welten. Bei dieserVeranstaltung wird auch das ProjektONE WEEK. NO MEDIA!vorgestellt.Oktober 2007ONE WEEK. NO MEDIA! eröffnetInternetplattformDie Internetseite www.one<strong>week</strong>-<strong>no</strong>-<strong>media</strong>.degeht online.Hier finden Interessierte dieDokumentation des Pilotprojektes,sowie Konzept, Instrumente undAnleitung zur Vorbereitung undDurchführung einer medienfreienWoche.November 2007Der Projektmittelfond „Zukunftder Jugend“ der LandeshauptstadtStuttgart und die JugendstiftungBaden-Württemberg fördern dasProjekt erstmalig.November 2007Bürgermeisterin Dr. SusanneEisenmann, Referat für Kultur,Bildung und Sport der LandeshauptstadtStuttgart, übernimmt dieSchirmherrschaft über das Projekt.21. Januar 2008Auftakt der Aktion ONEWEEK. NO MEDIA!Pressekonferenz in der Jahn-RealschuleBad Cannstatt.Alle Schulen im GroßraumStuttgart werden aufgerufen, imSommer 2008 an der ersten medienfreienWoche teilzunehmen.25. bis 26. Januar 2008ONE WEEK. NO MEDIA!wird auf der ersten bundesweitenMediensucht-Konferenz in Berlinvorgestellt.Fortlaufend im Jahr 2008Unterstützung von Schulen,Lehrern und Elterninitiativen beider Vorbereitung der medienfreienWoche. Martin Tertelmann besuchtLehrerkonferenzen, Schulleitertreffenund Elternabende.29. Februar 2008Schulungsworkshop beireleaseFür interessierte und teilnehmendePädagogen findet ein Workshopstatt. Die Teilnehmer werden indie Konzeption eingeführt underhalten konkrete Hilfestellung,um eine eigene medienfreie Wocheerfolgreich durchzuführen.März 2008In Mainz wird die erste Ambulanzgegen Internet-Sucht eröffnet.22. April 2008Präsentation der Konzeption ONEWEEK. NO MEDIA! vor demKulturausschuss des Gemeinderatesder Landeshauptstadt Stuttgart.Mai 2008Zwei neue HipHop-SongsJohann und Moritz, beide 16 Jahre,von Südstandart und MagicL, 14Jahre, produzieren Songs zumThema Medien.30. Juni bis 6. Juli 20081. Medienfreie Woche35 Schulklassen und Gruppennehmen teil.24. August 2008Dialogabend bei Trumpfin DitzingenBeim Ditzinger UnternehmenTrumpf präsentieren Jugendlicherund hundert Gästen und Mitarbeiternihre Computerspiele undvirtuellen Welten und kommendarüber mit den Erwachsenen insGespräch. Die eva konzipiert undorganisiert den Abend. Die FirmaTrumpf fördert das Projekt.12. September 2008eva und release werten die erstemedienfreie Woche aus und beschließen,im Jahr 2009 eine zweitemedienfreie Woche durchzuführen.Im Beratungs- und Behandlungszentrumfür Suchterkrankungensteigt die Zahl der Anrufer mitComputer-Sucht. Wegen mangelnderPersonalkapazität können nurKurzberatungen angeboten werden.Oktober 2008Alle Schulen im Großraum Stuttgartwerden aufgerufen, an derzweiten medienfreien Woche imSommer 2009 teilzunehmen.Der Projektmittelfond „Zukunftder Jugend“ der LandeshauptstadtStuttgart und die JugendstiftungBaden-Württemberg förderndas Projekt zum zweiten Mal.Vermittelt durch die JugendstiftungBaden-Württemberg wird dasProjekt im Rahmen des Bundesprogramms„Vielfalt tut gut“ auchgefördert vom Ministerium fürKultus, Jugend und Sport und vomMinisterium für Familien, Senioren,Frauen und Jugend.11. November 2008Der Diakonie-Spendenfond unterstütztdas Projekt erstmalig.5. Dezember 2008Einführungsworkshop bei releasefür interessierte Teilnehmer derzweiten medienfreien Woche imJahr 2009.3. Dezember 2008Jugendliche im Sog virtuellerWeltenFachtag mit jugendlichen Computerspielernund virtuellen Netzwerkern.Eine Veranstaltung vomGesundheitsamt der LandeshauptstadtStuttgart in Kooperation mitder eva und release. Über hundertGäste sind anwesend, in erster LinieFachpublikum.


118 Chronik119Fortlaufend im Jahr 2009Unterstützung von Schulen,Lehrern und Elterinitiativen beider Vorbereitung der medienfreienWoche. Martin Tertelmann besuchtLehrerkonferenzen, Schulleitertreffenund Elternabende.Das Projekt „Spielerberatung“der eva ändert seinen Namen in„Fachstelle für Glücksspiel undMedienkonsum“. Damit wird signalisiert,dass die eva sich dauerhaftin diesem neuen Problembereichengagieren will.Im Jahresbericht 2008 der evataucht zum ersten Mal das ThemaMediensucht auf:Anzahl der Mediensüchtigen 2008:Selbst betroffene KlientInnen29Angehörige22Gesamt51Auffällig in diesem Bereich war derhohe Anteil der Angehörigen, diehäufig zusammen mit den Betroffenenin die Erstberatung kamen.Verhältnismäßig viele Angehörigewaren alleinerziehende Mütter. Diemeisten KlientInnen waren Minderjährigeoder junge Erwachsene,viele davon Schüler, Auszubildendeoder Studenten.19. Februar 2009Angst vor Stille undLangeweileFachtagung Treff Sozialarbeit dereva zum Thema „ProblematischerMedienkonsum – Prävention undHilfskonzepte“.25. bis 27. Februar 2009Eure Helden.Unsere Helden.Ein Workshop mit 15 Jugendlichenaus dem Freiwilligen Sozialen JahrWürttemberg zum Thema Vorbilderund Helden.24. März 2009Mediensucht: Zum Standund Ausmaß der DingeEinblicke in die Lebenswirklichkeitvon mediensüchtigen Menschen.Die Experten Gabriele Farke,Vorsitzende von HSO e.V., derSelbsthilfegruppe für Online-Süchtige,und Dr. Peter Peukert von derAmbulanz für Computerspielabhängigkeitan der UniversitätsklinikTübingen berichten zum Stand derDinge der Online- und Medien-Sucht in den Räumen der eva. Essind etwa hundert Gäste anwesend.13. bis 19. Juli 20092. medienfreien WocheElf Schulklassen nehmen teil.Oktober 2009Nominierung zum JugendbildungspreisBaden-WürttembergDie Jugendstiftung Baden-Württembergund das Ministerium fürJugend, Kultus und Sport <strong>no</strong>minierendas Projekt ONE WEEK. NOMEDIA! für den Jugendbildungspreis2009.Dezember 2009Mit JugendbildungspreisausgezeichnetONE WEEK. NO MEDIA! erhältden 3. Preis.Anfang 2010Erstellung der umfangreichenMaterialsammlung und Dokumentation.


120 Auswertung der Feedbackbogen121Auswertung der FeedbackbogenUmdenken kann nichterzwungen werdenBei welchen Medienfiel dir der Verzicht amschwersten und warum?Es hat sich gezeigt, dass der Verzichtauf das Fernsehen in allen Altersklassenam schwersten fiel.Auswertung der Feedbackbogen179 Grundschüler, 198 Schülerder Mittel- und Oberstufe und148 Eltern haben am Ende dermedienfreien Woche sechs Fragenbeantwortet. Die Fragen waren fürdie Grundschüler zum Teil schwerverständlich. Dies muss in der Auswertungentsprechend berücksichtigtwerden.Die Kritik am Projekt sowieVerbesserungsvorschläge von Seitender Schüler waren eher gering. IhreEltern hatten zu diesem Themaweitaus mehr zu sagen. Hier eineZusammenfassung der Eltern-Kritik:Heutzutage sei es kaum <strong>no</strong>chmöglich, ohne Medien zu lebenund daher wichtiger, den Kindernbeim Mediengebrauch Grenzen zusetzen, statt generelle Verbote auszusprechen.Es sollte stärker auf dieRelevanz der Qualität abgehobenwerden, da Verbote und der Verzichtum des Verzichtens Willens sowiesonichts änderten.Da viele Familien im Winter mehrSchwierigkeiten haben, Alternativenfür den Medienkonsum zu finden,kritisierten sie den Zeitraumdes Projekts.Während manche Schüler sich<strong>no</strong>ch mehr Aktivitäten von Seitender Projektleitung wünschten, fragtenEltern, warum diese gezieltenBeschäftigungen überhaupt nötigseien. Ihrer Meinung nach könntenKinder und Jugendliche auch ohneMedien ganz <strong>no</strong>rmal spielen undmüssten nicht unterhalten werden.Es wurde also eher gewünscht, denSchülern und Eltern dabei zu helfen,den Medienverzicht in ihrenAlltag zu integrieren.Da die Teilnahme am Projektnatürlich auf Freiwilligkeit basierte,kann Schummeln nicht ganz ausgeschlossenwerden. Doch mit mehrKontrolle, die mehrfach gefordertwurde, kann ein Umdenken nichterzwungen werden. Letztendlichist die Freizeitgestaltung selbstbestimmt.Die anfängliche Skepsis wichschnell und viele Kinder warenüberrascht, wie aufregend so eineWoche ohne Medien sein kann. Vorallem die Klassenausflüge wurdenmit Begeisterung aufge<strong>no</strong>mmen.Bei der Projektbeurteilung entstandoft der Eindruck, dass die Schülereher das Freizeitangebot beurteilten.Obwohl es sehr viele verschiedeneAktivitäten gab, wünschtensich manche Kinder <strong>no</strong>ch mehr.Auch meinten manche Elternund Schüler, dass sich das Projekterst ab einem längeren Zeitraumlohnen würde. Andererseits war esanderen schon wieder zu lang. Einanderer Kritikpunkt, vor allem inder Mittel- und Oberstufe, betrafdas Verbot aller Medien. Dies gingihnen zu weit.Man kann es nie allen rechtmachen, doch die überwiegendeMehrheit hat das Projekt positivaufge<strong>no</strong>mmen und davon profitiert.Scheinbar konnte das Projekt auchdie richtigen Impulse setzen, dasich viele Teilnehmer am Ende derWoche einen bewussteren Medienkonsumvorge<strong>no</strong>mmen haben.Yvonne FrechWährend Eltern eher ungern aufNachrichtensendungen verzichten,stehen bei den Schülern Unterhaltungsprogrammeim Vordergrund.In der Grundschule spielen vieleMedien, wie zum Beispiel Handyund PC, <strong>no</strong>ch keine bedeutendeRolle. Auch können sich <strong>no</strong>chsehr viele Kinder leicht von denMedien trennen.Mit zunehmendem Alter gewinnenHandy, Computer und Spielkonsolean Bedeutung.


122 Auswertung der Feedbackbogen123 Auswertung der FeedbackbogenWas war für dich dasSchönste in der medienfreienWoche?Gemeinsames Spielen undUnternehmungen mit Freundenhaben bei den Schülern bleibendeEindrücke hinterlassen. DieKlassenausflüge wurden für vieleKinder zum schönsten Erlebnis derWoche. Damit zeigen sie ein großesBedürfnis nach mehr schulischenAktivitäten außerhalb des Unterrichtsan.Das familiäre Miteinander hat mehrBedeutung bei den Eltern. Sie ge<strong>no</strong>ssendie intensiveren Gespräche,gemeinsame Spiele und Unternehmungen.Als wahre Erholungwurde die Ruhe erlebt, die durchdas Ausschalten des Fernsehersentstand. Zudem waren die Kinderausgeglichener und der ständigeStreit um das Fernsehrprogrammblieb aus, was Ruhe und Entspannungzusätzlich förderte. Allein einBuch zu lesen, die Ruhe im Hausgenießen, das wurde von Kindernund Eltern gleichermaßen positivempfunden.Was war für dich diewichtigste Erfahrung inder medienfreien Woche?Zu den wichtigsten Erfahrungengehörte für fast alle Teilnehmer dieEinsicht, dass sie auch ohne Medienviel Spaß haben konnten undauch, dass sie sich als viel aktivererlebten.Außerdem regte das Projektscheinbar zum Nachdenken an, davielen im Verlauf der medienfreienWoche bewusst wurde, wie selbstverständlichMedien in unserenAlltag integriert sind und dass manüberall damit konfrontiert wird(– fällt unter die Rubrik ‚Sonstiges‘).Die Erfahrung, widerstehen zukönnen, war zu Recht eine Quelledes Stolzes.


124 Auswertung der Feedbackbogen125 Auswertung der FeedbackbogenWar es für dich schwer,auf Medien zu verzichten?Die Mehrzahl der Teilnehmerkonnte relativ leicht auf die Medienverzichten. Während manchedie ersten Tage als eher schwierigeinschätzten, wurden für andereSchüler die letzten Tage zur Herausforderung.Im Sommer ist der Verzicht aufgrundder erweiterten Freizeitmöglicheitenwahrscheinlich leichter.Der Vergleich mit einer medienfreienWoche im Winter wäreinteressant.Wie hast du das ProjektONE WEEK. NO MEDIA!insgesamt erlebt?Das Projekt wurden von denTeilnehmern überwiegend positivbewertet.Gleichzeitig wurde auch deutlich,dass durch eine Umstellung derGewohnheiten Stress oder Langeweileentstehen können.


126 Auswertung der Feedbackbogen127 Auswertung der FeedbackbogenWirst du aufgrund derErfahrungen in der medienfreienWoche etwas inBezug auf den Konsumund Gebrauch von Medienändern? Und wennja, was?Viele Teilnehmer haben sich aufgrundder positiven Erfahrungenund Erlebnisse vorge<strong>no</strong>mmen, wenigerZeit mit Medien und dafürmehr gemeinsame Zeit mit Familieund Freunden zu verbringen undMedien bewusster zu konsumieren.Einige Eltern haben angegeben, siewollten ihre Mahlzeiten künftigohne eigeschalteten Fernsehereinnehmen.Viele wollen aber nichts ändern,weil sie der Meinung sind, dassMedien in ihrem Leben keinebedeutende Rolle spielen und dasssie einen gesunden Umgang damithaben.Die auffällige Enthaltung derGrundschüler basiert sicherlich aufder nicht altersgerechten Fragestellung.„Zu Hause hatte ich keinen blassenSchimmer, was ich machen sollte.Also las ich mein Gänsehautbuchzu Ende.“Silvio„Der dritte Tag war viel besser. Ichhabe den ganzen Tag Tischtennisgespielt.“Bilal„Zu Hause habe ich mit meinemBruder ein Piratenspiel gespielt,das er zum Geburtstag bekam.Ich habe <strong>no</strong>ch gelesen und michgelangweilt.“Olivia„Ich bin um 20 Uhr zu Hause gewesen,bin in die Badewanne unddanach sofort ins Bett. Ich glaube,‚No Media’ macht müde.“Nick„Alle Kinder mussten ihre wertvollstenSchätze hergeben. Es sindHandys, MP3-Player und PSP.“Julian


128 Presse-Berichterstattung129Presse-BerichterstattungPresse-BerichterstattungDie Presse hat von Anfang an ausführlich über das Projektberichtet und somit die Diskussion in einer breitenÖffentlichkeit erst ermöglicht.Jugendliche sollen eineWoche ohne Medien verbringen.In der Woche ohne Medien sei esihnen sehr schwergefallen, auf diealten Gewohnheiten zu verzichten,sagen die Schüler. Sven sah vorhertäglich drei Stunden fern. In derProjektwoche habe es bei ihm„klick“ gemacht.epd-Südwest, Januar 2008Abenteuer Alltag – eineWoche ohne MedienInformationsdienst Diakonie Württemberg,1+2/2008Ein Woche ohne ist nichtohneGeht das, eine Woche ohneFernsehen, Handy, Computerspieleund MP3-Player? Oder löst sichder moderne Mensch dann vorLangeweile auf?28 Schüler einer Stuttgarter Schulehaben sich diesem auf den erstenBlick menschenverachtenden Menschenversuchausgesetzt. Und sieheda: es ging. Es ging sogar sehr gut.Stuttgarter Nachrichten, 22.1.2008Schüler setzen sich einWoche auf Medien-Diät(…) 28 Schüler machten die Probeaufs Exempel und verzichteten aufFernseher, Handy, Computerspieloder MP3-Player. Ihr Fazit: „Wirhaben viel Zeit mit Elektronikverplempert.“Stuttgarter Nachrichten, 22.1.2008Eine Woche ohne Handyund PCDie Erfahrungen mit dem Projekt,den beteiligten Eltern und Schülern,sind durchweg gut, nun solldas Beispiel Schule machen.Stuttgarter Zeitung, 22.1.2008Handylos glücklich?In Stuttgarter Schulen wird dieProbe aufs Exempel gemacht.Schüler müssen eine medienfreieWoche einlegen.Stuttgarter Wochenblatt, 24.1.2008Die Woche steht siebenTage KopfFasten mal anders.Ein großes Wagnis sind 28Sechstklässler der Jahn-Realschuleeingegangen. Sie verzichteten eineWoche lang auf den geliebtenFernseher, ihre Spielkonsole, dasHandy und den MP3-Player. DasProjekt <strong>One</strong> <strong>week</strong>. No Media!will zum bewussten Umgang mitMedien anregen.Amtsblatt Stuttgart, 7.2.2008In der Fastenzeit gibt es die KlassikerAlkohol und Zigaretten, aufdie man verzichtet. Aber es gibtauch richtig abgedrehte Sachen.Wie wäre es zum Beispiel mit einerWoche ohne Fernseher? (...) Fürdie meisten Schulklassen der blankeHorror. Aber eine Schulklasse inStuttgart hat das durchgezogen.Hitradio Antenne 1, 1.3.2008Zu viele E-Mails für dieComputerpauseKulturausschuss ist lustig(…) Die Aktion gegen übermäßigenMedienkonsum leuchtet ein.Zwei Stadträte schauen gerade inihre Notebooks. Michael Kienzlevon den Grünen regte dann an, dieMitglieder des Kulturausschusseskönnten ja mit gutem Beispielvorangehen und ebenfalls aufComputer und Handy verzichten,eine Woche lang. „Das istschlechterdings unmöglich, wennich an die Zahl meiner Mailsdenke“, empörte sich daraufhinJürgen Sauer von der CDU. UndChristian von Holst (…) sagte: „Ichselbst lebe ohne Handy. Und wennich verreise, gucke ich doch keineE-Mails an. Den Schrott will ichnicht wissen.“Stuttgarter Zeitung, 23.4.2008Wir reden mehr miteinanderSchüler verzichten eine Woche aufHandy, Computer und FernsehenEine Woche ohne elektronischeGeräte und Medien, das machtstark.Evangelisches Gemeindeblatt, 5/2008Ein lokales Projekt mitModellcharakter!Die Aktion „<strong>One</strong> Week - No Media“ruft Schülerinnen und Schüleraus dem Stuttgarter Raum vom 30.Juni bis 6. Juli zu einer medienfreienWoche auf.Lehrer Online, 25.6.2008Ein Woche Medien-FastenAuch in Deutschland proben Schülerdie Medien-Abstinenz.Focus Schule, Ausgabe 6/2008Die Glotze bleibt aus,auch wenn´s schwer fälltStuttgarter Schüler benutzen eineWoche lang keine Medien – undder Verzicht hat manch neue Erkenntnisgebracht.Stuttgarter Zeitung, 5.7.2008Schüler die jeden Tag 50 bis 100SMS schreiben, kucken sich ganzschön um, wenn mailen, fernsehen,musikhören und telefonieren aufeinmal flachfallen.Toller Nebeneffekt. Die medienfreieZeit treibt viele Schüler frühins BettSWR 3, Juli 2008Fernseher aus - Fantasiean. Eine Woche ohneMedien.www.kirchenfernsehen.de, September2008Eine ganze Woche ohneMedien. Für viele Schülerundenkbar.Was herauskommt, wenn sie estrotzdem wagen, zeigt das Projekt<strong>One</strong> Week. No <strong>media</strong>!didacta, das Magazin für lebenslangesLernen. Ausgabe 3/2009Tagelang ohne Handy,Computer und TV?Für viele Jugendliche unvorstellbar.Aber es geht.Chrismon, Baden Spezial, April 2009Können Jugendliche inder heutigen Zeit so wasdurchhalten?Eine Art Experiment.Was die Probanden antreibt underwartet, darüber spricht TobiasSchier mit Projektleiter MartinTertelmannERF (Evangelischer Rundfunk) 2009


130 Protokoll Kulturausschuss131Protokoll KulturausschussProtokollKulturausschussAm 22. April 2008 wurde in einer öffentlichen Sitzung imAusschuss für Kultur und Medien des Gemeinderates der LandeshauptstadtStuttgart das Projekt ONE WEEK. NO MEDA!vorgestellt. Hier das gekürzte Protokoll:Bürgermeisterin Dr. Susanne Eisenmannsagt, dass sie angesichts derProblematik gerne die Schirmherrschaftfür das Projekt über<strong>no</strong>mmenhabe und ruft auf, dabei mitzuwirkenund vor allem in Schulen Partnerzu finden. 2008 beteiligten sicherfreulicherweise bereits 28 StuttgarterSchulen und es wäre schön,wenn auch KultureinrichtungenAngebote zu der Aktionswochemachten. Für den Kulturbereichsehe sie Chancen, mit Kindern undFamilien in Kontakt zu kommen,die ansonsten eher kulturfern unddaher schwer zu erreichen seien.Die ProjektverantwortlichenMartin Tertelmann, Ulrich Binder undGünther Zeltner betonen die Gefahreines übermäßigen, ganz selbstverständlichenMedienkonsumsals gravierenden „Zeitfresser“. Sieappellieren an die Verantwortunggerade der Erziehungsberechtigten,Eltern wie Lehrer, die sich der Problemefür die kognitive und emotionaleEntwicklung ihrer Kinder inder Regel gar nicht bewusst seien:Leistungsstörungen in der Schule,Verarmung der sozialen Existenz,Steigerung von Gewaltbereitschaftbis hin zu klar diag<strong>no</strong>stizierbaremSuchtverhalten.Das Projekt verfolge keineAnti-Medien-Intention, sondernversuche, ein Bewusstsein für einenvernünftigen, aktiven Umgangmit Medien zu wecken. Es gehedarum, aktiv in der realen Weltzu leben, statt in virtuelle Weltenabzutauchen. Sinnvoll sei es, dieAlterstufe bis zur sechsten Klasseanzusprechen. Danach gebe es einweitgehend festgefahrenes Medienkonsumverhalten.Stadträtin Wüst betrachtet wie StadtratDr. Kienzle und Stadtrat Sauerdie Initiative als sehr positiv, ist aberskeptisch, was die Nachhaltigkeitin Hinblick auf eine tatsächlicheVerhaltensänderung betrifft. StadtratWinter sieht gute Chancen, weil dieProblematik ganz konkret angegangenwerde und regt an, das Projekt<strong>no</strong>ch breiter anzulegen.Martin Tertelmann verweist <strong>no</strong>chmalsauf die hohe Verantwortungder Eltern, gemeinsam mit ihrenKindern Bewusstsein zu schaffenund vor allem auch durch eigenesVerhalten Vorbild zu sein. Schulenwürden angesprochen, gingen aberauch eigenaktiv auf die Initiatorenzu. Eltern und Lehrer wirkten alsBegleiter: Die freie Zeit werdeselbst organisiert mit sinnvollenAlternativen zu einem <strong>media</strong>lenKonsum genutzt. Die Initiatorenseien selbstverständlich offen fürInitiativen von Kulturinstitutionen,die dankbar aufgegriffen würden.Den Nachweis der Nachhaltigkeitwissenschaftlich überprüfbar zuführen, sei ausgesprochen aufwendig,wie eine Berliner Untersuchungdeutlich mache. Geplant sei,in einer Ausstellung im RathausErgebnisse von Initiativen in derProjektwoche zu präsentieren. Zielsei, immer mehr Schulen zu gewinnen,die dann jedes Jahr mit neuenKlassen mitmachen.Stadträtin Vetter regt an, dieseWoche parallel zu den bewährtenProjektwochen an den Schulenanzubieten, damit jedes Kind inStuttgart – und damit auch seineEltern – wenigstens einmal mit derThematik in Berührung kommenkann.Professor Dr. von Holst sieht angesichtsdes Bestrebens der StadtStuttgart, sich als kinderfreundlicheStadt zu profilieren, in demAnliegen der Initiatoren eineChance, durch die Schaffung vonFreiräumen gerade für kulturelle,medienferne Aktivität ein bundesweitesBeispiel zu geben.Bürgermeisterin Dr. Susanne Eisenmannstellt zusammenfassend fest,dass die rege Diskussion deutlichgemacht habe, wie aktuell die Problematiksei und dass sich darausspannende Visionen entwerfenließen. Sie freue sich auf weitereAnregungen und Impulse geradevon Kulturinstitutionen.„Im Wald mussten wir erstmaleinen riesigen Berg hinunterrutschen,zu gern hätte ich dabei „Mylove“ von Justin gehört. Aber wiedas Schicksal so spielt.“Olivia„Ich habe viel mit meiner Schwestergespielt, sie hat sich sehr gefreut.Das muss ich öfter machen.“Bilal„Es ist komisch ohne TV und PC,stattdessen lese ich ein Buch.“Silvio„Meine Playstation, meine Seelefehlt mir. Hoffentlich ist es baldvorbei.“Julian


132 Teilnehmer133TeilnehmerTeilnehmendeSchulen und Gruppenvon 2007 bis 2009Insgesamt haben 47 Schulklassen und Gruppen mitrund 925 Kindern und Jugendlichen teilge<strong>no</strong>mmen.Dazu kommen deren Eltern und Erziehungsberechtigteund Geschwister.Eichendorffschule, Stuttgart, 6.Klasse, 21 SchülerFanny-Leicht-Gymnasium, Stuttgart,allgemeiner AufrufGrundschule Burgholzhof, Stuttgart,acht Schulklassen der Stufeneins bis vier, etwa 200 SchülerGymnasium Rutesheim,6. Klasse, 30 SchülerHegel-Gymnasium, Stuttgart,5. Klasse, 31 SchülerHilfen zur Erziehung, FamilienpflegeLandeshauptstadt Stuttgart,vier Gruppen und acht Familien,rund 35 Kinder, Jugendliche undErwachseneJahn-Realschule, Stuttgart, drei6. Klassen mit 74 Schülern, eine8. Klasse mit 23 Schülern, eine 5.Klasse mit 26 SchülernKönigin-Katharina-Stift-Gymnasium,Stuttgart, zwei 6. Klassen mit60 SchülernParacelsus-Gymnasium-Hohenheim,Stuttgart, eine 10. KlassePestalozzischule Filderstadt,zwei 7. Klassen mit 20 SchülernPestalozzischule SchwäbischGmünd, eine 6. Klasse mit 11Schülern, zwei 5. Klassen mit 24SchülernPestalozzischule Stuttgart, zwei1. Klassen mit 47 Schülern, eine2. Klasse mit 27 Schülern, vier 3.Klassen mit 65 Schülern, eine 4.Klasse mit 12 Schülern, zwei 6.Klassen mit 34 SchülernPhilipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium,Leinfelden Echterdingen, 6.Klasse, 32 SchülerRaichberg-Realschule, Stuttgart,zwei 5. Klassen mit 36 SchülernSozialunternehmen NEUE AR-BEIT, Selbstlernzentrum Stuttgart-Fasanenhof, 12 Erwachsene und 20bis 30 KinderSteinenbergschule, Stuttgart-Hedelfingen, 7. Klasse, 15 SchülerWaldschule Degerloch, Stuttgart,drei 6. Klassen mit 65 SchülernEberhard-Ludwigs-Gymnasium,Stuttgart


134 Partner135 PartnerPartnerWir danken allen Partnern für ihre Unterstützungund Förderung des Projektes.ONE WEEK. NO MEDIA! isteine Initiative von der EvangelischenGesellschaft und release. Siesteht unter der Schirmherrschaftvon Bürgermeisterin Dr. SusanneEisenmann, Referat für Kultur,Bildung und Sport, der LandeshauptstadtStuttgart. Gefördertdurch die Jugendstiftung Baden-Württemberg, den Projektmittelfond„Zukunft der Jugend“ derLandeshauptstadt Stuttgart, dasMinisterium für Kultus, Jugend& Sport und den BMFSFJ imRahmen des Bundesprogramms„Vielfalt tut gut“.Folgende Partner unterstützten und unterstützenONE WEEK. NO MEDIA!:Chaplin Records, Stuttgart-Bad CannstattDeutscher Alpenverein, Sektion SchwabenJahn-Realschule Stuttgart-Bad CannstattKunstschule FilderstadtLandesmedienzentrum Baden-WürttembergMusikschule StuttgartProf. Christian Pfeiffer,Krimi<strong>no</strong>logisches Forschungsinstitut NiedersachsenHeike Raff-Lichtenberger, StuttgartSozialunternehmen NEUE ARBEIT gGmbHSportamt der Landeshauptstadt StuttgartStadtbücherei StuttgartTRUMPF GmbH + Co. KGwww.jugendnetz.deZentrale Schuldnerberatung Stuttgart


136 Vorbereitung und Durchführung einer medienfreien Woche137Vorbereitung und Durchführung einer medienfreien WocheVorbereitung undDurchführung einermedienfreien WocheDie Projektteilnehmer organisieren und gestalten ihremedienfreie Woche selbst – angepasst an konkrete Stärken,Neigungen und vorhandenen Ressourcen.Kinder und Jugendliche, ihre Elternund Lehrer sollten gemeinsam eineWoche lang komplett auf Medienverzichten. Nur so kann sich beimeinzelnen Teilnehmer und imNetzwerk der jeweiligen sozialenBeziehungen tatsächlich etwasverändern.• Thematisieren Sie zu Projektbeginnden Umgang mitMedien.• Lassen Sie ein Medienprotokollüber die Mediennutzungführen.• Machen Sie zum Beispiel eineUmfrage zum Umgang mitMedien an der eigenen Schule.• Veranstalten Sie im Vorfeldeinen Dialogabend mit Eltern,Kindern, Jugendlichen undlassen Sie sich deren Computerspielevorführen.• Führen Sie bereits im Vorfeldmedienfreie Tage durch, umschon einmal zu üben.• Informieren Sie über dienegativen Auswirkungenübermäßigen Medienkonsumsund zeigen Sie Alternativendazu auf.• Entwickeln Sie das Alternativprogrammgemeinsam mitden Kindern, Jugendlichen undderen Eltern.• Knüpfen Sie an bestehendeStärken, Neigungen und Ressourcenan, zum Beispiel miteiner Schreibwerkstatt, Theater-,Musik- oder Film AG, einemDebattierclub etc.• Binden Sie Eltern und ehemaligeSchüler mit ihren Talentenein.• Nutzen Sie Kulturtechnikenwie Theater, Kunst, Literatur,Musik oder Film für aktivesSelbermachen.• Greifen Sie auf bestehende Angebotein unmittelbarer Umgebungzurück, zum Beispiel dieStadtbücherei, Vereine etc.Erfolgsfaktoren• Kinder und Jugendliche, ihreEltern und Lehrer müssen dieAktion mittragen und wirklichwollen.• fünfte und sechste Klassen sinddie Kernzielgruppe.• Rektoren sollten die Aktionunterstützen.• Elternabende gemeinsam mitden Schülern haben am bestenfunktioniert.• Elternabende bei auftauchendenMotivationsproblemen solltenin einen <strong>no</strong>rmalen Elternabendeingebunden werden.• Alternativangebote sind wichtig,doch ein Überangebot ist kontraproduktiv.Durchführung einer medienfreienWoche• Setzen Sie einen konkretenTermin fest, mit Uhrzeit fürAnfang und Ende.• Sammeln Sie als äußeres Zeichenam Montagmorgen alleHandys und MP3-Player ein.• Erschweren Sie zu Hause denZugang zu den Medien, kennzeichnenSie Fernseher undComputer mit einem Zettel, aufdem zum Beispiel steht: „DieseWoche mache ich Pause“.• Lassen Sie die Teilnehmer überihre Erlebnisse und ErfahrungenTagebuch führen undsprechen Sie täglich darüber.• Überfrachten Sie die Wochenicht übermäßig mit alternativenProgrammpunkten.• Beschließen Sie die medienfreieWoche mit einem Fest, auf demalle in der Woche entstandenenArbeiten und kreativen Ergebnissepräsentiert werden.• Dokumentieren Sie diemedienfreie Woche in einerKulturtechnik ihrer Wahl, zumBeispiel mittels Reportage oderFilm.• Evaluieren Sie mit einemeinfachen Fragebogen bei denKindern, Jugendlichen undEltern die Einstellung zumMedienkonsum vor und nachder Aktion.Unter www.one-<strong>week</strong>-<strong>no</strong>-<strong>media</strong>.de finden Sie weitere Informationen,Ideen und Anregungen, dieIhnen dabei helfen, in Eigenregieeine medienfreie Woche durchzuführen.In beschränktem Maße hilftdas Projektbüro nach wie vor, zumBeispiel mit Vorträgen.


138 Praxistipps139PraxistippsTipps für Elternzum Mediengebrauchihrer KinderInteressieren Sie sich für dieMedien, die Ihre Kinder benutzen.Sprechen Sie mit ihnen darüber,und lassen Sie sich Möglichkeitenund Funktionen erklären.Medien sind ein zentraler Bestandteilunseres Alltags und unsererFreizeit geworden. Verfallen Sienicht in undifferenzierte Medienschelte,sondern berücksichtigenSie den Gewinn für den jeweiligenNutzer.Viele Menschen neigen dazu,Verhaltensweisen und Tätigkeitenals unnötig anzusehen, die vonihnen selbst nicht angewendet oderausgeübt werden. Das ist auch imMedienbereich bemerkbar. Computerspielesind zum Beispiel nichtunnütz oder besonders bedenklich,nur weil den meisten Erwachsenender Zugang und das <strong>no</strong>twendigeK<strong>no</strong>w-how dazu fehlen.Das Nutzen von Medien in derFreizeit dient dazu, menschlicheGrundbedürfnisse wie zum BeispielKontakt, Entspannung, Anregungund Spiel zu befriedigen. HelfenSie Ihren Kindern dabei, möglichstviele verschiedene Wege kennenzu lernen, um diese Ziele zuerreichen.Gemeinsam aktiv verbrachte Zeitist <strong>no</strong>twendig für das Zusammenlebenin einer Familie. Halten Siediese Zeit für Ihre Kinder bereitund fordern Sie diese Stunden auchvon Ihren Kindern ein.Legen Sie mit Ihren Kinderngemeinsam Zeiten für die Nutzungder jeweiligen Medien fest.Sorgen Sie dafür, dass Ihre Kindersich auch von der Mediennutzungerholen können. Gerade bei denKommunikationsmedien wieHandy oder Internet gibt es denAnspruch der ständigen Erreichbarkeit,des ständigen Beteiligtseins.So schön das manchmal ist, soanstrengend ist es auf die Dauer.Handys und PCs sollten vor demZubettgehen ausgeschaltet werden,Fernseher nicht im Kinderzimmeram Bett stehen und als Einschlafhilfegebraucht werden.Sorgen Sie für medienarme Zeiten,damit andere Interessen wiedermehr zum Zuge kommen. ImUrlaub gelingt es vielen Familiensehr gut, auf Fernseher, Internetund regelmäßigen Telefonkontaktzu verzichten. Warum sollte das füreinzelne Tage nicht auch im Alltagmöglich sein?Benutzen Sie auch selbst regelmäßigden Aus-K<strong>no</strong>pf. Kinder lernenvon Ihrem Beispiel.Bernd Klenk„Wir haben den Schülern füreine Woche wieder ihre Kindheitzurückgegeben.“Rüdiger Schillinger(Lehrer)„Einmal im Jahr sollte ONEWEEK. NO MEDIA! für alleSchultypen und alle Klassen zurPflicht gemacht werden, um Kindern,Jugendlichen und Erwachsenenwieder die Augen für denReichtum der Welt zu öffnen.“Barabara Grupp„Mir ist bewusst geworden, wieeinsam ich am Abend eigentlichbin.“Mutter eines Schülersder Klasse 6a


140 Praxistipps141ZitateAllein geht’s auchDamit nicht nur Gruppen, sondern auch interessierteEinzelpersonen teilnehmen können, haben wir im Rahmender ersten medienfreien Woche eine Fülle an Hilfen undTipps online bereitgestellt.Das Ergebnis war allerdings mehrals ernüchternd: Kein Einzigerhat sich angemeldet. Und somithaben wir auch das Treffen mit denMitarbeitenden des Projekt-Teamsvergebens angeboten, bei dem überdie Erfahrungen mit dem Medienverzichtgesprochen werden sollte.Den<strong>no</strong>ch: Eine Zeitlang ohneMedien zu leben, ist nicht nur fürKinder und Jugendliche sinnvollbeziehungsweise nicht nur fürSchulklassen und Gruppen. Mitunterhat vielleicht auch der EinzelneInteresse daran, aber das Projektlässt sich in der Gruppe nichtdurchsetzen.Daher möchten wir wieder anbieten,Einzelpersonen zu unterstützen.Falls Sie gerne einmal ausprobierenmöchten, ob es Ihnen ähnlich geht,wie den hier vorgestellten Teilnehmenden,hier ein paar Tipps.Bevor Sie Fernseher und Co. inden Urlaub schicken, führen Siezunächst ein Medienprotokoll.Darin tragen Sie ein, wann undwie lange Sie welche Mediennutzen, aber auch wie viel ZeitSie fürs Schlafen, Putzen oder fürSport aufwenden. Dieses Protokollermöglicht es Ihnen, sich ein Bildvon Ihrem tatsächlichen Medienkonsumzu machen. Nicht immerentspricht das, was man glaubt, derRealität.Durch das Medienprotokoll werdenSie sehen, welche Zeitspannen Siemit Alternativen zu füllen haben. Esgilt also, sich zu überlegen, was dasfür Alternativen sein können.Hier 25 Vorschläge, zusammengestelltvon Schülern aus Stuttgart:1. Fußball spielen2. raus in die Natur3. spazieren gehen4. schwimmen5. Lagerfeuer6. grillen7. lesen oder vorlesen8. Ausflüge9. wandern10. zelten11. Nachtwanderung12. Fahrrad fahren (Fahrradtour)13. Inliner fahren14. tanzen15. Abenteuer erleben16. klettern17. Wasserschlacht18. gemeinsame Spiele19. Zimmer oder die Wohnungverändern20. Tagebuch schreiben21. Ausstellungen besuchen22. chillen, schlafen, ausruhen,23. Picknick draußen24. basteln und malen25. Freunde besuchenNach der medienfreien Wochekönnen Sie prüfen, was sich veränderthat – und was Sie vielleichtkünftig anders machen möchten.Was auch immer das im Einzelfallsein mag: Eine kurze Zeit der Abstinenzist sicherlich eine gewinnbringendeErfahrung.Das Medienprotokoll sowie weitereInformationen finden Sie im Internetunterwww.one-<strong>week</strong>-<strong>no</strong>-<strong>media</strong>.de.Martin Tertelmann„Wer hätte das gedacht, dass ineiner Zeit wie der unseren, in derman statt Freunde zu besucheneinfach ein gefühlsloses und knappes„HDL“ sendet und ein Treffenabsagt, um am Computer das letzteLevel des Lieblingsspiels zu beenden.Dass 28 tapfere Sechstklässereiner Realschule in Stuttgart-Bad Cannstatt eine ganze Wochefreiwillig ihre Handys, Konsolen,Fernseher, MP3-Player und Telefoneauf Stand-by stellen. Dass sie mite<strong>no</strong>rmem Engagement und Spaßam ONE WEEK. NO MEDIA!-Projekt teilnehmen würden.Wer hätte gedacht, dass man sichdadurch wieder an die realen Dingeim Leben erinnern kann. Werhätte gedacht, dass plötzlich verborgeneTalente aufblühen können.Wer hätte gedacht, dass es so einRiesenerfolg werden würde.“William Ponzetta„Am Freitag nach der Schule warich bei einem Freund. Er heißtPierre. Mit ihm habe ich Fußballgespielt und Verstecken. Sein kleinerBruder hat mitgemacht.“Julian„Ich war am Nachmittag <strong>no</strong>ch inder Jungschar, und der Tag ohneMedien war trotzdem ein gelungenerTag.“Celine„Ich freu mich schon auf morgen,weil morgen das Abschlussfest istund dort bekommen wir unsereHandys und MP3-Player zurück.“Nick„Der Tag war sehr wunderschön.Als ich zu Hause ankam, war ich somüde, dass ich gleich einschlief.“Turan nach dem Waldtag„Zu Hause habe ich dann <strong>no</strong>chgelesen. Das war auch schön.“Mary-Anne„Ich habe den ganzen Tag gelesenund gelesen…“Tobias


142 Ist doch alles halb so schlimm143Ist doch alles halb so schlimmIst doch alleshalb so schlimmProgramm18:00 Uhr Begrüßung und EinführungGünther Zeltner,Leiter der Dienste für Prävention,Beratung und Behandlung derEvangelischen Gesellschaft StuttgartJugendlicheim SogvirtuellerWeltenVeranstaltungsortMediensucht: Zum Stand und Ausmaß der DingeEine Veranstaltung der Evangelischen Gesellschaftund Release Stuttgart e. V.Am 24. März 2009 18-20 UhrMediensucht:Zum Stand undAusmaß der DingeDie Veranstaltungsreihe Medialog:im Dialog mit jugendlichen Computerspielernund virtuellen NetzwerkernDer erste Dialogabend fand imSommer 2007 statt. Rund 40Erwachsene waren eingeladen, sichvon Jugendlichen deren Computerspieleund virtuelle Netzwerkepräsentieren zu lassen und mitihnen ins Gespräch zu kommen.Eine Mutter stellte einem der16-jährigen Computerspieler eineinteressante Frage: „Wenn Sie selbstKinder hätten, wie würden Siesie in Bezug auf Computernutzungerziehen?“ Der junge Mannantwortete ohne Umschweife,er würde es genauso wie seineEltern machen: den Gebrauch starkeinschränken, nicht altersgemäßeSpiele verbieten und etwas dagegensetzen. Ihn selbst habe das zwarstark genervt, aber im Grunde seiendie Erziehungsmaßnahmen seinerEltern schon richtig gewesen, denndie Spiele seien ja nicht immerganz ohne.Wir haben in Folge <strong>no</strong>ch einigeMale Jugendliche eingeladen, ihreComputerspiele und virtuellenWelten zu präsentieren. Hauptmotivationwar, den oft gestörtenund emotional stark belastetenDialog zwischen Jugendlichen undErwachsenen zu fördern. Erwachsenesind in der Tendenz eher derMeinung „Wie schlimm ist dasdoch alles“, Jugendliche stehen aufdem Standpunkt „Was regen diesich so auf, ist doch alles halb soschlimm“.Erwachsene sind fast immer unzureichendinformiert, dabei stellenJugendliche ihre Spiele gerne vor.Sie geben gerne Einblick. Wohlauch deshalb, weil sie so seltenGelegenheit dazu haben beziehungsweiseso selten von ihrenEltern danach gefragt werden. Soentstehen Vorurteile und verhärteteFronten. Nicht umsonst ermunternPädagogen Eltern immer wiederdazu, sich für die Computerspieleund Netzwerke ihrer Kinder zuinteressieren.Bei den Medialog-Veranstaltungenimmer dabei war ein 18- Jähriger,der über knapp zwei Jahre hinwegintensiv das Online-Rollenspiel„World of Warcraft“ gespielt hat –und dann von heute auf morgendas Spiel beendet hat, weil ihmklar wurde, dass da etwas aus demRuder läuft.Dieser junge Mann hat vielenErwachsenen einen tiefen Einblickin die Sogwirkung und Faszination18:05 Uhr Onlinesucht und jetzt?Hilfe zur Selbsthilfe bei OnlinesuchtGabriele Farke,Autorin und psych. Beraterin,Initiatorin und Vorsitzende des HSO e.V.(Hilfe zur Selbsthilfe bei Onlinesucht)19:00 Uhr Wann wird Computerspiellust zur SuchtDr. Peter Peukert,Psychologischer Leiter der Ambulanzfür Internet- und Computersuchtder virtuellen Spielewelt gegeben.Allen wurde klar, 19:45 dass Uhr das Diskussion Suchtpotentialbei Online-Rollenspielen<strong>ca</strong>. 20 Uhr Endeerheblich höher liegt, als bei Ego-Shooter-Spielen. So etwas kannman erst erkennen, wenn manmiteinander spricht.Die Frage, warum denn das virtuelleSchießen und Töten <strong>no</strong>twendigerweisedazugehören, wurde niein der Tiefe ausdiskutiert. Eine Fraufragte einen der Jugendlichen nachder Präsentation eines Ego-Shooter-Spiels,ob er gerne töte. SeineAntwort: „Ja, sehr gern.“ Schon dieAusgangsfrage hatte einen weiterführendenDialog verhindert.Im Rahmen der Veranstaltungsreihefand auch ein spannenderAbend statt mit Gabriele Farke, derInitiatorin von www.onlinesucht.de, und Peter Peukert, dem Leiterder Ambulanz für Computer- undOnlinesucht an der Uni Tübingen.Dabei wurde deutlich, dass sichSuchtverhalten über den ThemenbereichSpiele auf die BereicheKommunikationssucht und Sexsuchtausdehnt und in der Tendenzeher zu- als abnimmt.Die Veranstaltungsreihe Medialogsoll weitergeführt werden. Geplantan der Tübinger UniversitätsklinikVeranstaltungsort und AnmeldungEvangelische GesellschaftBeratungs- und Behandlungszentrumfür SuchterkrankungenBüchsenstraße 34/3670174 StuttgartTel. 0711. 2054 – 345Behandlungszentrumsucht@eva-stuttgart.deEinladung zu einemDialog mit jugendlichenComputerspielern undvirtuellen NetzwerkernAnfahrtsbeschreibung unter:http://www.eva-stuttgart.de/anfahrtsbeschreibung.html03.12.2008, 15:00 -18:30 UhrGesundheitsamt, Bismarckstr. 3,70176 Stuttgart, Raum 370/371Eine Veranstaltung der Landeshauptstadt Stuttgart,Gesundheitsamt, Beauftragte für Suchtprophylaxe,in Kooperation mit der Evangelischen GesellschaftStuttgart e. V. und Release Stuttgart e. V.Referat SOZIALES JUGEND GESUNDHEITIm Dienst. Am Nächsten. Seit 1830.sind zum Beispiel <strong>no</strong>ch Dialogabendemit Vertretern der Spielindustrie.Auch wurden einigeLehrer dazu animiert, in ihremschulischen Umfeld ebenfalls solcheVeranstaltungen durchzuführen.Für die Veranstalter wurde überdeutlich,dass alle konzeptionellenWeiterentwicklungen präventiverMaßnahmen gegen problematischenMedienkonsum unbedingtvon Jugendlichen begleitet werdenmüssen, wenn sie die Betroffenenerreichen wollen.Martin TertelmannEinblicke in die Lebenswirklichkeitenvon mediensüchtigen MenschenZwei Experten berichten aus ihrertäglichen PraxisAm 24. März 2009 18-20 UhrDie Fachstelle Glücksspielund problematischer Medienkonsumist ein Angebot der Evangelischen Gesellschaft.


144 Tatort schlägt Tagesschau145Tatort schlägt TagesschauTatort schlägtTagesschauMein durchschnittlicher Fernsehkonsum pro Tag(Wochenende eingerechnet) beträgt:Die Veranstaltungsreihe Medialog:im Dialog mit jugendlichen Computerspielernund virtuellen NetzwerkernAm 19. Februar 2009 hieß dasThema des Treffs Sozialarbeitder Evangelischen GesellschaftStuttgart (eva) „Angst vor Stilleund LangeWeile: ProblematischerMedienkonsum – Prävention undHilfskonzepte“.Die Teilnehmerinnen und Teilnehmerdieser Veranstaltung – hauptsächlichBeschäftigte aus sozialenArbeitsfeldern – konnten anhandeines Fragebogens ihren persönlichenMedienkonsum dokumentierenund reflektieren. 35 Anwesendehaben den Fragebogen ausgefüllt,hier die Ergebnisse.Günther ZeltnerKinder/Jugendliche solltenpro Tag maximalam Computer/Spielkonsoleetc. spielen:Die überwiegende Mehrheitplädiert dafür, dass Kinder bis zumsiebten Lebensjahr überhaupt nichtam Computer spielen sollten. Fast90 Prozent der Befragten wollendie Eigenverantwortung dafür erstJugendlichen ab 18 Jahren geben.Meine Lieblingssendungim Fernsehen ist:SendungAnzahlTatort 7Tagesschau 4Sportschau 3Verbotene Liebe 2Nachrichten 2Tagesthemen 1Frauenkrimis 1Neues aus der Anstalt 1Weltspiegel 1Marienhof 1Türkisch für Anfänger 1Johannes B. Kerner 1Galileo 1Welt der Wunder 1Nacht<strong>ca</strong>fé 1GNTM 1Dr. House 1Spiegel-TV 1gesamt 31Ein Drittel der Befragten hat einen Fernsehkonsum von mehr als einer Stundepro Tag. Nur eine Person gibt mehr als drei Stunden täglich an.Mein durchschnittlicher Internetkonsum pro Tag(nur private Nutzung, Wochenende eingerechnet) beträgt:Am beliebtesten bei den Erwachsenenist mit dem Tatort eineSendung mit hoher Spannung undGewaltelementen.Mehr als ein Fünftel nutzt das Internet mehr als eine Stunde pro Tag.


148 Daten und Fakten149Daten und FaktenDaten und FaktenDie interdisziplinäre Suchtforschungsgruppe der Berliner Charité hat 7000 Spieler online befragt. Davon erfülltenzwölf Prozent die Kriterien für eine Computerspielsucht.Schätzungen der Experten zu Folge sind deutschlandweit etwa 1,5 Millionen Spieler computerspielsüchtig.Quelle: Stuttgarter Zeitung, 29.8.2007, Seite 8Anteil der Jungen, 9. Klasse Stuttgart, die einen eigenen Fernseher haben: 57,5 %Anteil der Jungen, 9. Klasse Stuttgart, die eine eigene Spielkonsole haben: 47,7 %Medienkonsum der Jungen, 9. Klasse Stuttgart: 3 Stunden und 26 MinutenAnteil der Mädchen, 9. Klasse Stuttgart, die einen eigenen Fernseher haben: 48,8 %Anteil der Mädchen, 9. Klasse Stuttgart, die eine eigene Spielkonsole haben: 19,4 %Medienkonsum der Mädchen, 9. Klasse Stuttgart: 2 Stunden und 15 MinutenQuelle: Stuttgarter Zeitung, 23.5.2006Der Fernsehkonsum hat sich in den Jahren 1970 bis 2003 nahezu verdoppelt. Mit der Einführung kommerziellerSender kam es zu einem markanten Anstieg des Fernsehkonsums.Im Jahr 1970 betrug die durchschnittliche Fernsehdauer in Deutschland 113 Minuten täglich.Im Jahr 2005 betrug die durchschnittliche Fernsehdauer in Deutschland 220 Minuten täglich.Die Zeit, die täglich mit dem Lesen von Büchern verbracht wird, ging dagegen von 22 Minuten im Jahr 1980 auf18 Minuten im Jahr 2000 zurück, stieg im Jahr 2005 wieder auf 25 Minuten.Quelle: Van Eimeren und Ridder: Mediaperspektiven 2005Verkaufte Computerspiele World of Warcraft, The Burning Crusade im ersten Halbjahr 2007: 552.4002007 verkaufte Computerspiele Final Fantasy: 12.150.4002007 verkaufte Computerspiele World of Warcraft: 140.700Quelle: GFKZahl der Stunden, die süchtige Computerspieler täglich vor dem PC sitzen können: 14Quelle: Stuttgarter Zeitung, 29.8.2007, Seite 8Ausgaben der 12 bis 19-Jährigen für Computer, Software, Videogames in Mio EUR: 874Ausgaben der 12 bis 19-Jährigen für Schulsachen in Mio EUR: 187Quelle: Trend Tracking Kids 2005, BRAVO Faktor MärkteViertklässler Jungen in Dortmund, die einen eigenen Fernseher besitzen in Prozent: 63,5Viertklässler Jungen in München, die einen eigenen Fernseher besitzen in Prozent: 27,9Viertklässler Jungen in Dortmund, die eine eigene Konsole besitzen in Prozent: 56Viertklässler Jungen in München, die eine eigen Konsole besitzen in Prozent: 26,5Gymnasialempfehlung von Viertklässlern in Dortmund durch die LehrerInnen bei Jungen in Prozent: 29,9Gymnasialempfehlungen von Viertklässlern in Dortmund durch die LehrerInnen bei Mädchen in Prozent: 38,4Gymnasialempfehlung von Viertklässlern in München durch die LehrerInnen bei Jungen in Prozent: 48,5Gymnasialempfehlungen von Viertklässlern in München durch die LehrerInnen bei Mädchen in Prozent: 51,2Quelle: Krimi<strong>no</strong>logisches Forschungsinstitut NiedersachenFernsehgeräte 1975 je Tausend Einwohner: 205Fernsehgeräte 2005 je Tausend Einwohner: 445Quelle: Media Perspektiven Basisdaten Deutschland 2005Amerikanische Wissenschaftler an der Stanford-Universität haben an zwei Schulen ein Feldexperiment durchgeführt.In sorgfältig vorbereiteten Unterrichtseinheiten in der Schule und durch ergänzende Informationen an dieEltern wurden dort 9-jährige Schüler dazu angehalten, freiwillig ihren Fernsehkonsum einzuschränken. Danebengab es eine gleich große Kontrollgruppe an einer anderen Schule, die nicht an dem medienpädagogischenExperiment beteiligt war. Bereits nach einem halben Jahr konnte bei der erstgenannten Gruppe eine deutlicheReduzierung des Fernsehkonsums sowie eine signifikant geringere Aggressivität der Schüler festgestellt werden. Inder Kontrollgruppe war dagegen alles beim alten geblieben.Quelle: Krimi<strong>no</strong>logisches Forschungsinstitut NiedersachsenAnteil der Jugendlichen Gewalt-Mehrfachtäter, die nie Kampfspiele spielen in Prozent: 1,3Anteil der Jugendlichen Gewalt-Mehrfachtäter, die oft Kampfspiele spielen in Prozent: 13,7Quelle: Materialien für die Praxis, Krimi<strong>no</strong>logisches Forschungsinstitut Niedersachsen, 2006


150 Links und Literatur151Links und LiteraturLinks und LiteraturDie Inhalte externer Links wurden sorgfältig geprüft, den<strong>no</strong>ch wird keineHaftung über<strong>no</strong>mmen. Für die Inhalte dieser Seiten sind ausschließlichderen Anbieter verantwortlich.Links und Tipps zum Thema Medien, zusammengestelltvon der Landesmedienzentrale Baden-Württemberg:www.bpb.dewww.flimmo-tv.dewww.internauten.dewww.internet-abc.dewww.jugendschutz.netwww.lmz-bw.dewww.<strong>media</strong>culture-online.dewww.medienverzicht.dewww.mpfs.dewww.schau-hin.infowww.scoolz.dewww.seitenstark.deComputerspiele:www.spieleratgeber-nrw.deChat und Austausch im Chat:chat.seitenstark.dewww.seitenstark.de/chat/chatikette.htmlSicherheitstipps:www.kindersache.de/interakt/default.htmwww.klicksafe.dewww.polizei.propk.de/kidswww.wintimer-sicherung.deSuchmaschinen und Seiten für Kinder:www.blinde-kuh.dewww.geoli<strong>no</strong>.dewww.hanisauland.dewww.milkmoon.dewww.multikids.desea.search.msn.de/kids/default.aspxwww.spoton.dewww.wasistwas.deHandy:www.checked4you.dewww.handysektor.dewww.schuldenfallenhandy.dewww.skm-schuldnerberatung.dewww.vzth.de/stageWeitere Links:www.eva-stuttgart.dewww.jungeseiten.dewww.jrs.s.bw.schule.dewww.lmz-bw.dewww.release-drogenberatung.deLiteraturhinweise:Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ein Netz für Kinder. Surfen ohne Risiko? KostenloserBezug über Tel. 01888/80 80 800, publikationen@bundesregierung.de oder www.bmfsfj.deBundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Spiel-& Lernsoftware. Pädagogisch beurteilt. Band 16.Kostenloser Bezug über publikationen@bundesregierung.de, www.bmfsfj.deFritz, Jürgen und Fehr, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch Medien. Computerspiele. Bundeszentrale für politische Bildung(bpb)Zeitschrift Chatten ohne Risiko. www.chatten-ohne-risiko.net


„Aus lauter Langeweile habenSven und ich heute Nachmittageinen Rapsong geschrieben.“Pana„Bei mir zu Hause haben wireine Fahrradtour gemacht undgeredet wie lange nicht mehr.“Sven„Eine Woche keine Glotze,kein Handy, kein PC, keinJustin Timberlake. Amen.Eine Woche ohne Medien.Ich werde es nicht aushalten.“OliviaONE WEEK. NO MEDIA! ist eine Initiative von der Evangelischen Gesellschaft undrelease. Sie steht unter der Schirmherrschaft von Bürgermeisterin Dr. Susanne Eisenmann,Referat für Kultur, Bildung und Sport, der Landeshauptstadt Stuttgart. Gefördertdurch die Jugendstiftung Baden-Württemberg, den Projektmittelfond „Zukunft derJugend“ der Landeshauptstadt Stuttgart, das Ministerium für Kultus, Jugend & Sportund den BMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms „Vielfalt tut gut“.

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