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Natur report - Kreis Unna

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<strong>Natur</strong><br />

<strong>report</strong><br />

Band 9 2005<br />

Schwerpunkt-<br />

Thema:<br />

<strong>Natur</strong>schutz aus<br />

verschiedenen<br />

Perspektiven<br />

Jahrbuch der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.


<strong>Natur</strong> <strong>report</strong><br />

Jahrbuch der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />

Ausgabe 9 • 2005<br />

3


4<br />

Jahrbuch der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für<br />

den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />

Ausgabe 9 • 2005<br />

ISSN 1438-4906<br />

ISBN 3-9803244-6-8<br />

Erscheinungstermin: März 2005<br />

Herausgeber: <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V., Westenhellweg 110,<br />

59192 Bergkamen<br />

Vorsitzender: Walter Teumert<br />

Redaktion und Realisierung: MediaKom<br />

– Medien- und Kommunikationsberatung<br />

Thomas Horschler mbH, <strong>Unna</strong><br />

Zitiervorschlag: <strong>Natur</strong><strong>report</strong> 2005, Jb. <strong>Natur</strong>förderungsges.<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Wenn nicht anders angegeben, stammen die<br />

Fotos und Abbildungen in den Beiträgen von<br />

den Autoren.<br />

Die in den Aufsätzen vertretenen Meinungen<br />

müssen nicht unbedingt der Meinung der<br />

Mitglieder der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

oder der Redaktion entsprechen. Die Autoren<br />

sind für den Inhalt ihrer Aufsätze selbst<br />

verantwortlich.


INHALT<br />

Inhalt ................................................................................................................................. 5<br />

Vorwort ............................................................................................................................. 7<br />

<strong>Natur</strong>schutz, Nachhaltiges Handeln und Verbraucherverhalten, Prof. Dr. Lothar Schneider ...9<br />

Der Mensch in der Verantwortung für die Schöpfung, Prof. Dr. Udo Zelinka ................... 18<br />

"... Gott setzte den Menschen in den Garten, dass er ihn bebaue und bewahre..."<br />

Pfr. Klaus Breyer .............................................................................................................. 21<br />

Freizeit ist höchstes Gut für den Menschen und gleichzeitig Gefahr für die <strong>Natur</strong>,<br />

Mark Herrmann .............................................................................................................. 26<br />

Die Entstehung der Jugendnaturschutzbewegung im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, Adrian Mork ............... 30<br />

Enormes Engagement für die <strong>Natur</strong> ist Ehrensache, Josef Tumbrinck ............................... 34<br />

Landwirtschaft und <strong>Natur</strong>schutz, ein Gegensatz in sich? Heinz-Wilhelm Büscher ............ 38<br />

Ein leidenschaftlicher <strong>Natur</strong>freund wird 70 Jahre jung, AGON Schwerte .......................... 41<br />

Helmut July ist eine <strong>Natur</strong>freund mit Leib und Seele, Corinna Glück ................................ 43<br />

Das Kopfbaumkataster im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>: erste Ergebnisse der kreisweiten Erfassung,<br />

Edeltraut Wagner ............................................................................................................ 45<br />

Über die Spechte, die im Cappenberger Wald leben, Vera Klein ...................................... 53<br />

Jagd ist nicht nur töten, sondern auch angewandter <strong>Natur</strong>schutz, Werner Rottmayer<br />

und Jochen Trebing ......................................................................................................... 55<br />

Langstreckenflug eines Kleinabendseglers Nyctalus leisleri, Irmgard Devrient und<br />

Reinhard Wohlgemuth .................................................................................................... 57<br />

Was <strong>Natur</strong>freunde über Zecken und Borreliose wissen sollten, Hermann Knüwer ............ 60<br />

Die Orchidee des Jahres 1995 – jetzt auch im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, Bernd Margenburg ................... 64<br />

Beiträge zur Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> III, Götz Heinrich Loos und<br />

Bernd Margenburg .......................................................................................................... 66<br />

5


6 INHALT<br />

Eine bunte Vielfalt: Von Kultur, Fußball bis hin zu Fachforen, Ulrich Häpke ..................... 69<br />

Erst kommt das Tier, dann der Stall, Hugo Gödde ............................................................ 75<br />

Wahlfreiheit ermöglichen – gentechnikfreie Qualität sicherstellen, Siegrid Herbst ........... 79<br />

Reitrouten vom Niederrhein bis in die Hellwegbörde, Nina Windisch und Anna Musinszki ... 83<br />

Gemeinnützig und als besonders förderungswürdig anerkannt ........................................ 85<br />

Historie, <strong>Natur</strong> und Naherholung im Kombipaket, Horst Schenkel ................................... 86<br />

Der Vorstand der NFG erkundet die <strong>Natur</strong> des Partnerkreises, Bernd Margenburg .......... 89<br />

Auf der Draisine durch den <strong>Natur</strong>park Uckermärkische Seen, Gert Klinger ...................... 91<br />

Ein Erlebnisbericht: Exkursion in das Havelland, Volker Eschrich und Karl-Heinz Holtmann .. 94<br />

Das Umweltzentrum Westfalen lädt zu einer sechstägigen Exkursion ein, Agnes Teuwen .. 96<br />

Ein <strong>Natur</strong>schutzgebiet macht von sich reden, Corinna Glück ........................................... 98<br />

Von den Anfängen der Gründung der NFG bis zu den heutigen Zukunfsvisionen,<br />

Thomas Griesohn-Pflieger ............................................................................................ 100<br />

Chronik der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V. .................................. 106<br />

Seminare, Aktionen und noch vieles mehr, Birgit Manz ..................................................113<br />

Ist eine Annäherung zwischen Kunst und <strong>Natur</strong> möglich? Michael Bub ..........................116<br />

Der Uhu .........................................................................................................................118<br />

Das Brand-Knabenkraut ................................................................................................ 120<br />

Die Rosskastanie ........................................................................................................... 122<br />

Der große Klappertopf .................................................................................................. 123<br />

Der Gartenkürbis ........................................................................................................... 125<br />

Der Wetterstern ............................................................................................................ 126<br />

Die Bachforelle .............................................................................................................. 127<br />

Der Braunbär ................................................................................................................. 129<br />

Ein geschätzter Fachmann und Gesprächspartner, wenn es um Vogelarten ging ............ 131<br />

Zu guter Letzt noch Lyrisch-Gedankenvolles zum (Schwerpunkt-)Thema ...................... 133<br />

Verzeichnis der Autoren ................................................................................................. 135


Walter Teumert, Vorsitzender der <strong>Natur</strong>-<br />

förderungsgesellschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />

VORWORT<br />

� <strong>Natur</strong>schutz aus verschiedenen Perspektiven<br />

Ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln<br />

betrachtet, zeigt die Dimension des Themas<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wenn wir ein Thema betrachten,<br />

geschieht das oft aus einem bestimmten<br />

Blickwinkel. Der hängt in der<br />

Regel damit zusammen, in welchem<br />

Zusammenhang wir einen Gegenstand<br />

sehen, was wir für Erfahrungen<br />

mit ihm gemacht haben und welche<br />

Stellung er für uns einnimmt. So ist es<br />

auch mit dem <strong>Natur</strong>schutz: Für jeden<br />

hat er seine eigene Bedeutung. Dabei<br />

verlieren wir oft aus den Augen, wie<br />

umfassend das Thema ist.<br />

Die vorliegende Ausgabe des Jahrbuches<br />

der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V. (NFG)<br />

will dazu anregen, die Perspektive zu<br />

wechseln und den <strong>Natur</strong>schutz aus einem<br />

Blickwinkel zu betrachten, der uns<br />

bisher vielleicht fremd war. Die Vielfalt<br />

der vorliegenden Beiträge verdeutlicht,<br />

wie umfangreich der Begriff besetzt<br />

ist. Prof. Dr. Lothar Schneider etwa<br />

greift in seinem Beitrag mit dem Titel<br />

„<strong>Natur</strong>schutz, Nachhaltiges Handeln<br />

und Verbraucherverhalten“ die Folgen<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung auf.<br />

Der ökonomische Wohlstand großer<br />

Teile der Gesellschaft und die<br />

soziale Absicherung der meisten<br />

Menschen mit wenig oder keinem<br />

Vermögen haben eine zivilisatorische<br />

Lebensführung möglich gemacht, die<br />

zunehmend naturferner geworden<br />

ist bzw. zumindest die natürlichen<br />

Lebensgrundlagen belastet.<br />

Wie kein anderes Wesen auf unse-<br />

rem Planeten ist der Mensch aufgrund<br />

seiner geistigen Fähigkeiten in der<br />

Lage, seine Welt und die Umwelt zu<br />

beeinflussen – womit wir beim Beitrag<br />

„Der Mensch in der Verantwortung für<br />

die Schöpfung“ von Prof. Dr. Udo Zelinka<br />

wären. Der Mensch musste und<br />

muss dies bis heute tun, weil die <strong>Natur</strong><br />

ihn in einer langen Entwicklungsgeschichte<br />

zu einem, wie der Philosoph<br />

und Soziologe Arnold Gehlen sagt,<br />

„Mängelwesen“ hat werden lassen.<br />

Doch welche Grenzen wollen wir uns<br />

selber setzen, um einer vernünftigen<br />

Gestaltung unserer selbst und unserer<br />

Welt (noch) gerecht werden zu<br />

können.<br />

An dieser Stelle will ich auch den<br />

durchaus interessanten Ansatz von<br />

Pfarrer Klaus Breyer erwähnen, der<br />

die Schöpfungsgeschichte in einer<br />

besonderen Weise darstellt. So soll der<br />

Mensch seine Lebenswelt gestalten<br />

und lernen, so zu leben und zu arbeiten,<br />

dass die Kontinuität des Lebens<br />

auf der Erde bewahrt bleibt.<br />

Die aufgezeigten Überlegungen<br />

verdeutlichen, wie vielfältig das Thema<br />

7


8 VORWORT<br />

<strong>Natur</strong>schutz und der Umgang mit ihm<br />

sein kann. Auch auf den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

bezogen ist das der Fall, wie in einigen<br />

Beiträgen verständlich wird.<br />

Über das Schwerpunktthema hinaus<br />

widmet sich der <strong>Natur</strong><strong>report</strong> auch in<br />

diesem Jahr wieder einer Fülle weiterer<br />

Bereiche – unter anderem können wir<br />

in einem Beitrag den Langstreckenflug<br />

eines Kleinabendseglers von <strong>Unna</strong><br />

nach Madrid begleiten. Verfolgen Sie<br />

seinen Flug mit dieser spannenden<br />

Lektüre.<br />

Bleibt zu erwähnen, dass der <strong>Natur</strong><strong>report</strong><br />

wie schon in den Jahren<br />

zuvor ein offenes Diskussionsforum<br />

ist und die einzelnen Beiträge die<br />

Meinung der Autoren widerspiegeln.<br />

Ohne diese Offenheit hätte unsere<br />

Arbeit schließlich nicht den Stellenwert<br />

erreichen können, den sie sich in der<br />

Vergangenheit erarbeitet hat.<br />

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen<br />

eine anregende – und selbstverständlich<br />

auch nachhaltige – Lektüre.<br />

Walter Teumert<br />

Vorsitzender der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>


� Ein Exkurs<br />

<strong>Natur</strong>schutz, Nachhaltiges Handeln<br />

und Verbraucherverhalten<br />

von Prof. Dr. Lothar Schneider<br />

Deutschland ist ein hoch entwickelter,<br />

dicht besiedelter Industriestaat.<br />

Der ökonomische Wohlstand<br />

großer Teile der Gesellschaft<br />

sowie auch die soziale Absicherung<br />

der meisten Menschen mit<br />

wenig oder keinem Vermögen<br />

haben eine zivilisatorische Lebensführung<br />

möglich gemacht, die<br />

zunehmend naturferner geworden<br />

ist; zumindest die natürlichen<br />

Lebensgrundlagen belastet.<br />

Gedanken zu <strong>Natur</strong>schutz und<br />

nachhaltiger Entwicklung müssen auf<br />

diesem Hintergrund ansetzen. Ein<br />

erstes Kapitel befasst sich mit <strong>Natur</strong>schutz<br />

und nachhaltiger Entwicklung;<br />

ein zweites mit der <strong>Natur</strong>entfremdung<br />

der Menschen und Fehlentwicklungen.<br />

Das dritte Kapitel beschreibt Wege zu<br />

Verhaltensänderungen.<br />

1) <strong>Natur</strong>schutz und Nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

Das Verständnis von <strong>Natur</strong>schutz<br />

Maßnahmen der <strong>Natur</strong>- und<br />

Umwelterziehung<br />

Baum- und Gehölzanpflanzungen<br />

Öffentlichkeitsarbeit für den <strong>Natur</strong>schutz<br />

Pflegemaßnahmen in Biotopen<br />

naturnahe (Um-) Gestaltung<br />

von Spielplätzen/Schulhöfen<br />

Anlage von Biotopen<br />

Gewässerrenaturierung<br />

naturnahe Pflege von Grünflächen<br />

Biotopkartierung<br />

Entsiegelungsmaßnahmen<br />

naturnaher Waldumbau<br />

Extensivierungsmaßnahmen<br />

in der Landwirtschaft<br />

Weitere<br />

Ergebnisse aus 114 Städten und Gemeinden (Stand April 2000),<br />

Mehrfachnennungen waren möglich<br />

hat sich entwickelt vom Schutz von<br />

Tier- und Pflanzenarten hin zum<br />

Schutz des gesamten <strong>Natur</strong>haushalts.<br />

Die Gesellschaft hat diese Bewegung<br />

noch nicht mit vollzogen. Noch wird<br />

<strong>Natur</strong>schutz meist verstanden als<br />

Schutz seltener Arten. Trotz der Fortschritte<br />

bei der Bestandssicherung<br />

„einzelner gefährdeter Arten“, bei der<br />

Renaturierung einzelner Landschaftsteile<br />

und der Ausdehnung der Flächen<br />

streng geschützter <strong>Natur</strong>schutzgebiete<br />

PERSPEKTIVEN<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Die Grafik stellt die gelaufenen <strong>Natur</strong>schutzprojekte dar. 3<br />

Deutsches Institut für Urbanistik<br />

(1,3 % 1990 – 2,7 % 2001) gibt es<br />

die „anhaltende Zerstörung und Zerschneidung<br />

von <strong>Natur</strong> und Landschaft,<br />

vor allem durch Städte- und Infrastrukturausbau<br />

und durch Abbau von<br />

Rohstoffen“. Entsprechend erleben wir<br />

Landschaftsverarmung, Artenschwund<br />

„Beeinträchtigung der Leistungs- und<br />

Nutzungshäufigkeit des <strong>Natur</strong>haushaltes<br />

sowie seiner Erholungs- und<br />

Erlebnisqualität“. 1<br />

Wirksamer <strong>Natur</strong>schutz braucht<br />

9


10 PERSPEKTIVEN<br />

beides – Ordnungsmaßnahmen und<br />

die Überwachung ihrer Einhaltung sowie<br />

die Gewinnung von Institutionen<br />

und Menschen, ihr Verhalten danach<br />

auszurichten. Sollen breite Gesellschaftsteile<br />

gewonnen werden, muss<br />

der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen<br />

zum allgemeinen Anliegen<br />

werden. Anliegen wird hier verstanden<br />

als gewünschte Einstellungen und Verhalten.<br />

Das gelang bisher wenig allein<br />

mit moralischen Appellen, kognitiven<br />

Informationen und Konzentration auf<br />

aus dem Zusammenhang gerissenen<br />

Details.<br />

Die nachhaltige Entwicklung (sustainable<br />

development) bedeutet eine<br />

große Chance und ist ein Fortschritt in<br />

der Beeinflussung des Verhaltens der<br />

Menschen auch für den <strong>Natur</strong>schutz.<br />

Diese Forderung wurde 1992 in der<br />

Lokalen Agenda 21 (LA 21) als Leitbild<br />

für das 21. Jahrhundert entworfen. Die<br />

Handlungsempfehlung lautet, „unser<br />

Handeln so zu organisieren, dass wir<br />

nicht auf Kosten der <strong>Natur</strong>, anderer<br />

Menschen, anderer Regionen oder anderer<br />

Generationen leben.“ Es gilt „die<br />

ökologische, ökonomische, soziale und<br />

kulturelle Dimension von Entwicklung<br />

so miteinander zu verknüpfen, dass<br />

gerechte Lebenschancen innerhalb<br />

der heutigen und für die folgenden<br />

Generationen möglich sind (intra- und<br />

intergenerative Gerechtigkeit, ...)“ 2<br />

Auch wenn das Leitbild nachhaltige<br />

Entwicklung noch nicht zum<br />

Allgemeingut in der Gesellschaft geworden<br />

ist – 22 % der erwachsenen<br />

Bevölkerung kennen es – so bestehen<br />

günstige Zeichen: Es gab und gibt<br />

rund 2500 Agenda 21-Prozesse in<br />

deutschen Kommunen. Im Jahr 2000<br />

bearbeiteten nach einer Umfrage<br />

des Difu-Institutes in 181 Städten<br />

und Gemeinden 63 % von ihnen das<br />

Themenfeld „<strong>Natur</strong>schutz und Landschaftspflege“<br />

im Rahmen der LA 21.<br />

Positiv stimmen auch die Ergebnisse<br />

der jüngsten Reprästentativbefragung<br />

in Deutschland zum Umweltbewusstsein<br />

(2004): 4<br />

„Frage: Ich werde Ihnen jetzt einige Ziele und Aufgaben aus dem Bereich Umweltschutz nennen.<br />

Sagen Sie mir bitte anhand dieser Liste, für wie wichtig Sie persönlich diese Aufgabe halten."<br />

Bedeutsamkeit umweltpolitsicher Ziele und Aufgaben (Auswahl in %)<br />

Code sehr wichtig eher unwichtig<br />

das Aussterben von Tier- und Pflan-<br />

zenarten verhindern<br />

für einen verbesserten <strong>Natur</strong>schutz<br />

sorgen<br />

das ständige Wachstum der Siedlungs-<br />

und Verkehrsfläche bremsen<br />

Umweltschutz ist für viele Menschen<br />

ein hoher Wert. Foto: Archiv<br />

49 41<br />

42 48<br />

27 47


Wahrgenommene Fortschritte in verschiedenen Feldern des Umweltschutzes (Zeitreihe/Angaben<br />

in %-Auswahl)<br />

Beim <strong>Natur</strong>schutz großer Fort-<br />

schritt<br />

Der große Vorteil von LA-Prozessen<br />

und gezielt angestrebter nachhaltiger<br />

Entwicklung ist die gemeinsame Arbeit<br />

an lokalen und regionalen Lösungen<br />

aufgrund eines ganzheitlichen Verständnisses<br />

von einem guten Leben.<br />

keine wesentlichen<br />

Fortschritte<br />

ist eher schlimmer<br />

geworden<br />

2004 25 62 7<br />

2002 19 68 8<br />

Umwelteinstellungen (Auswahl in %, 2004)<br />

Die landwirtschaftliche Schönheit und Eigenart<br />

unserer Heimat sollte erhalten und geschützt<br />

werden.<br />

Es beunruhigt mich, wenn ich daran denke, unter<br />

welchen Umweltverhältnissen unsere Kinder<br />

und Enkelkinder wahrscheinlich leben müssen.<br />

Wir sollten nicht mehr Ressourcen verbrauchen<br />

als nachwachsen können.<br />

s timme voll<br />

und ganz zu<br />

stimme weitgehend<br />

zu<br />

60 33<br />

27 39<br />

44 38<br />

2) <strong>Natur</strong>entfremdung des Menschen<br />

und Fehlentwicklungen<br />

Die Ursachen liegen in den letzten<br />

vier Jahrzehnten, in denen als Begleitprozess<br />

zu großer Verbesserung von<br />

Einkommen, Vermögen, Freiheit, Mo-<br />

PERSPEKTIVEN<br />

bilität, Wohnungsgröße, sozialer Absicherung,<br />

große, z.T. kaum reparable<br />

Schäden am <strong>Natur</strong>haushalt (Boden,<br />

Wasser, Luft) im eigenen Land, wie<br />

weltweit verursacht wurden.<br />

Der zivilisatorische Fortschritt, die<br />

kapitalistische Marktwirtschaft und<br />

die damit verbundene Lebensweise<br />

haben das Beachten natürlicher (naturnaher)<br />

Kriterien für die Mehrheit<br />

in den Hintergrund treten lassen. Hier<br />

einige Beispiele:<br />

� Ernährung:<br />

� Frischobst und Gemüse findet sich<br />

unabhängig von heimischen Erntezeiten<br />

ganzjährig in den Regalen<br />

des Einzelhandels. Sie werden z.T.<br />

über Tausende Kilometer per Flugzeug<br />

angeliefert und sind belastet<br />

mit einem großen „ökologischen<br />

Rucksack“. 5<br />

� Immer größere Teile von Obst und<br />

Gemüse werden industriell be- und<br />

verarbeitet angeboten (bei Kartoffeln<br />

werden nur noch 49 % frisch<br />

aus Rohprodukten zubereitet).<br />

� 65 % der Männer und 55 % der<br />

Frauen essen zu viel, oft in falscher<br />

Zusammensetzung und bewegen<br />

sich zu wenig. 6<br />

� Noch immer ist die landwirtschaftliche<br />

Produktion von Nahrungsmitteln<br />

größtenteils traditionell (dank<br />

11


12 PERSPEKTIVEN<br />

einer lange Zeit falschen Förderpolitik<br />

von Bundesregierung und<br />

EU). Ökologischer Landbau betrifft<br />

erst 3,2 % der landwirtschaftlichen<br />

Nutzfläche (2002). Bis 2010 sollen<br />

es 20 % sein.<br />

� Biolebensmittel sind zwar in den Supermärkten<br />

gelandet. Doch wegen<br />

der relativ geringen Nachfrage führen<br />

sie dort ein Schattendasein.<br />

� Siedlungsweise<br />

� 33 % der deutschen Haushalte<br />

bewohnen ein eigenes Haus, 9 %<br />

eine Eigentumswohnung. Von den<br />

Mietern würden weitere 42 % ein<br />

Haus erwerben, wenn sie es finanziell<br />

könnten.<br />

� Vom eigenen Haus mit Garten<br />

erwarten die Bewohner Selbstbestimmung,<br />

Ruhe, Freizeitvorteile,<br />

Kinderspielmöglichkeiten, „<strong>Natur</strong>“,<br />

Vermögenssicherung.<br />

� Nicht zuletzt wegen der Grundstückspreise<br />

liegt das neue Eigentum<br />

meist weit entfernt von der<br />

Ballung. Die Bewohner werden zu<br />

Pendlern, benötigen bei schlechter<br />

Ausstattung mit ÖPNV zwei Autos.<br />

So tragen die Stadtflüchtlinge zur<br />

Verkehrszunahme und deren ökologischen<br />

Nachteilen bei.<br />

� Pro Tag werden in Deutschland 93<br />

ha zusätzliche Flächen verbraucht,<br />

großenteils versiegelt. Die Bundesregierung<br />

will diese Fehlentwicklung<br />

bis 2020 auf 30 ha pro Tag<br />

reduzieren.<br />

� Die von Eigenheimbewohnern angestrebte<br />

„<strong>Natur</strong>“ im eigenen Garten<br />

besteht häufig in einem Ziergarten<br />

mit exotischen Pflanzen, englischem<br />

Rasen, ohne Obstbäume und –büsche<br />

oder andere Nutzpflanzen.<br />

Nach wie vor werden häufig Chemikalien<br />

(Kunstdünger, Insektizide,<br />

Fungizide) eingesetzt, um die Idylle<br />

zu erhalten. Dabei wäre ein <strong>Natur</strong>-<br />

Erlebnis-Garten nachhaltig und<br />

zukunftsweisend. „Es geht um eine<br />

möglichst vielfältige, an Sinneseindrücken<br />

reiche Welt, die gleichzeitig<br />

voll tierischen Lebens steckt.“ „Mit<br />

ihren natürlichen Formen, betörenden<br />

Düften, den dezenten Farben,<br />

der Harmonie der Jahreszeiten<br />

und vor allem mit ihrer Tierwelt<br />

sprechen <strong>Natur</strong>-Erlebnis-Gärten<br />

Menschen im Herz an. Besonders<br />

Kinder sind berührt von dieser<br />

neuen Qualität eines Lebensraums<br />

Garten und möchten, einmal da, so<br />

bald nicht wieder weg.“ 7<br />

Die möglichst natürliche, gesunde<br />

Ernährung, wie auch das Erleben<br />

und Anstreben naturnaher Gärten<br />

sind hervorragende Aktions- und<br />

Erlebnisbereiche, auf denen bei den<br />

so Handelnden eine nachhaltige<br />

Entwicklung u.a. zur <strong>Natur</strong>erhaltung<br />

aufbauen kann.<br />

3) Wege zu erforderlichen Verhaltensänderungen<br />

Die bisherigen Ausführungen zeigten,<br />

dass es in der Gesellschaft Tendenzen<br />

zu einem Gegensteuern zu<br />

den Fehlentwicklungen gibt. Doch<br />

hier in der Aufklärungsarbeit und bei<br />

der Verhaltensbeeinflussung nur auf<br />

den eingefahrenen Gleisen zu fahren,<br />

dauert zu lange und ist längst nicht<br />

ausreichend. Es muss gelingen, in einem<br />

großen konzertierten Prozess<br />

� an vielen Hebeln gleichzeitig anzusetzen:<br />

� Die Erfolg versprechenden psychologischen<br />

und sozialen Einflüsse<br />

auf das Verhalten der Menschen zu<br />

kennen, ernst zu nehmen und beim<br />

Handeln zu berücksichtigen.<br />

� Einflussebenen sind:<br />

Die Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein<br />

und Umweltverhalten<br />

erkennen: Werte und Einstellungen<br />

sowie Wissen über Sachverhalte und<br />

Objekte bilden das Bewusstsein. Einstellungen<br />

sind psychische Prädispositionen<br />

eines Individuums, in bestimmter<br />

Weise auf die physische, psychische<br />

und soziale Umwelt zu reagieren. Über


Jahrzehnte bestand in Deutschland<br />

die Auffassung, Wissensvermittlung,<br />

mit der Erklärung der Sinnhaftigkeit<br />

bestimmter Handlungsweisen, führe<br />

zum gewünschten Verhalten. Diese<br />

Strategie wurde verfolgt u.a. in der<br />

Verbrauchererziehung, Ernährungserziehung,<br />

Gesundheitsaufklärung<br />

und in der Umwelterziehung. Über<br />

Informationen und Werteappelle wurden<br />

bei der großen Mehrheit positive<br />

Einstellungen zur Umwelt, auch zur<br />

<strong>Natur</strong>, geschaffen. Einstellungen und<br />

Werte bewirken im allgemeinen nicht<br />

direkt Verhalten. Dazwischen steht als<br />

eigene Größe die Verhaltensabsicht,<br />

die im wesentlichen durch zwei Faktoren<br />

bestimmt wird:<br />

� durch die Einstellungen gegenüber<br />

dem betreffenden Verhalten<br />

� durch die subjektive Norm bezüglich<br />

dieses Verhaltens.<br />

Die subjektive Norm bezieht sich<br />

auf Überzeugungen des betreffenden<br />

Individuums, was bedeutsame Bezugspersonen<br />

oder –gruppen denken, ob<br />

und wieweit es das infrage stehende<br />

Verhalten zeigen sollte oder nicht sowie<br />

seine Geneigtheit, den Ansprüchen<br />

und Erwartungen der Bezugspersonen<br />

oder –gruppen zu entsprechen. Für<br />

die Beziehung zwischen Verhaltensabsicht<br />

und Verhalten, d.h. ob aus der<br />

Absicht Verhalten wird, ist wesentlich,<br />

ob förderliche situative Bedingungen<br />

vorliegen.<br />

Die situativen, das Verhalten beeinflussenden<br />

Bedingungen sind:<br />

� Lebensumstände des einzelnen, im<br />

Rahmen seines Haushalts, im Rahmen<br />

seiner Haushaltsgruppe<br />

� Fähigkeiten, Fertigkeiten – das Wissen<br />

um das „Wie“ des Verhaltens<br />

und es realisieren können.<br />

� Gelegenheiten, Verhaltensangebote<br />

– konkrete Möglichkeiten, sich zu<br />

verhalten und wie leicht das zu<br />

verwirklichen ist<br />

� Gewohnheiten: neues Verhalten,<br />

sich entscheiden müssen, bedeutet<br />

meist Denk- und Zeitaufwand. Der<br />

Aufwand verringert sich erst, wenn<br />

Routine entsteht. Gewohnheiten<br />

sichern Verhalten mittelfristig ab.<br />

� Handlungsanreize – materielle oder<br />

immaterielle Anreize, bestimmtes<br />

Verhalten zu üben<br />

� Sichtbarwerden von Verhaltenskonsequenzen<br />

– Verhalten wird<br />

umso leichter beibehalten, je mehr<br />

Verstärkungserwartungen durch<br />

das Sichtbarwerden von Verhaltenskonsequenzen<br />

erfüllt werden.<br />

Sie können im sozialen Nahbereich<br />

liegen (siehe soziale Norm), doch<br />

auch in größerem Zusammenhang<br />

(Wirkung auf Wirtschaft, Kommune,<br />

Gesamtgesellschaft u.ä.).<br />

PERSPEKTIVEN<br />

� Zukunftsleitbilder<br />

Eine Chance für den Leitbildansatz<br />

besteht dann, wenn erwünschte Zukunftsleitbilder<br />

auf bereits existierende<br />

Leitbilder und deren sozialstrukturelle<br />

Entstehungskontexte zurückbezogen<br />

werden. In einer solchen Verwendung<br />

sind Leitbilder nicht beliebig und generalistisch,<br />

sondern immer begrenzt<br />

und konkret bezogen auf soziale,<br />

ökologische und wirtschaftliche Ausgangsbedingungen<br />

unterschiedlicher<br />

Akteursgruppen auf dem „Weg in die<br />

Zukunft“ 8<br />

Eine Vielzahl von Agenda-Prozessen<br />

haben Leitbilder für künftiges Leben<br />

entworfen. Sie sind dann effektiv,<br />

wenn für die Umsetzung gleichzeitig<br />

überprüfbare Indikatoren gefunden<br />

und beschlossen werden, um die<br />

Zielüberprüfung im Zeitablauf sicher<br />

zu stellen.<br />

Die wohl bekanntesten acht Leitbilder<br />

der Studie „Zukunftsfähiges<br />

Deutschland“ 9 entwerfen Wendeszenen<br />

als Beispiele. Sie wirken jedoch<br />

wie Einzelfälle, die noch nicht einen<br />

zusammenhängenden Lebensstil erkennen<br />

lassen. Hier wären z.B. Konkretisierungen<br />

bei Leitbild 4 „Gut leben,<br />

statt viel haben“ für die unterschiedlichen<br />

Handlungsbereiche in Form von<br />

Wohnleitbildern, Ernährungsleitbildern<br />

usw. nachzuliefern.<br />

13


14 PERSPEKTIVEN<br />

� Lebensstile<br />

Seit wenigen Jahren wird Lebensstilforschung<br />

als Methode für Erkenntnisse<br />

der Einbettung von Umwelthandeln<br />

in privates Alltagshandeln wahrgenommen<br />

und eingesetzt. Lebensstile<br />

sind relativ beständige Verhaltens- und<br />

Selbstdarstellungsmuster, nach denen<br />

Menschen ihr Alltagsleben organisieren<br />

(Zapf). Jeder Mensch hat mehrere<br />

Lebensstile (im Beruf, im Privatleben<br />

usw.). „Lebensstiländerungen werden<br />

akut, wenn den Handelnden andere als<br />

die gewohnten Praktiken in irgendeiner<br />

Hinsicht vorteilhafter erscheinen.<br />

Eine Ökologisierung von Lebensstilen<br />

wäre in diesem Sinne Gewohnheitswandel<br />

mit umwelt- und ressourcenschonenden<br />

Effekten, unabhängig<br />

davon, ob sie im einzelnen primär aus<br />

ökologischen oder aus anderweitigen<br />

Gründen vorgenommen werden.“ 10<br />

Ein Lebensstil stiftet für die ihn lebende<br />

Person Identität. Das Angebot<br />

eines künftig stark abweichenden<br />

Lebensstils wird daher scheitern, weil<br />

Menschen nicht auf ihre entwickelte<br />

Identität verzichten können und wollen.<br />

Allerdings lassen sich einzelne Dimensionen<br />

eines Lebensstils sehr wohl<br />

verändern, wenn sie sich in den gegebenen<br />

Lebensstil einfügen lassen.<br />

Umweltfreundliche Handlungsweisen<br />

werden dann aufgegriffen,<br />

wenn sie in bestehende Lebensstile<br />

integrierbar sind und wenn sie spürbar<br />

Wünsche, die sich an den verschiedenen<br />

Motivankern ausrichten, erfüllen<br />

helfen. Solche Motivanker sind, z.B.<br />

� Kinder (falls vorhanden)<br />

� Familie als emotionale Basis und<br />

psychischer Sicherheitsbereich<br />

� Eingestandene Existenzangst<br />

� Gesundheit, weil Voraussetzung<br />

einer Teilnahme an den angestrebten<br />

Lebensgenüssen, auch als<br />

ökonomische und soziale Lebensabsicherung<br />

� Wohnen als selbstbestimmter Raum<br />

(gemeint Wohnung und Umfeld)<br />

� Befriedigende Sozialbeziehungen<br />

(Freundschaften etc.)<br />

� Liebe zur <strong>Natur</strong>, Heimatliebe.<br />

Jüngere Ergebnisse aus der Sozialforschung<br />

zeigen auf, dass günstige<br />

Ansatzpunkte für Verhaltensänderungen<br />

bei folgenden Maßnahmen<br />

vorliegen:<br />

� Herstellen von Diskursmöglichkeiten<br />

zwischen Akteuren der verschiedenen<br />

gesellschaftlichen Gruppen<br />

� Regionalisierung der Diskurse zur<br />

Klärung der Bezugspunkte<br />

� Vereinbarungen über Umsetzungsmaßnahmen<br />

der Diskursergebnisse<br />

� Entwicklung von Instrumenten<br />

zur Selbstvergewisserung über die<br />

Effekte.<br />

Die Ebene, die langfristig viel versprechend<br />

zu sein scheint, liegt im<br />

Schaffen bzw. Kopieren und Vernetzen<br />

sozialer, innovativer, gemeinsamer<br />

Projekte. Die dargestellten Bedürfnisse<br />

einer steigenden Zahl von Menschen<br />

nach Diskursmöglichkeiten, Regionalisierung,<br />

gemeinsamer Umsetzung der<br />

Diskursergebnisse und Instrumente zur<br />

Selbstvergewisserung über Effekte lassen<br />

sich in Projekten am ehesten verwirklichen.<br />

Wohnungs-, ökologische<br />

Siedlungs-, Nachbarschaftsprojekte,<br />

Projekte zur Regionalisierung und<br />

Ökologisierung von Landwirtschaft<br />

und Lebensmittelangebot, Projekte<br />

zur alternativen Energieerzeugung,<br />

Projekte des Sharing und gemeinsam<br />

Nutzens, (Auto, Garten, Heimwerker-<br />

Geräte), des Second-Hand-Vertriebs.<br />

Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie<br />

sich nur mit einer größeren Zahl von<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmern verwirklichen<br />

lassen und auf das jeweilige<br />

Umfeld ausstrahlen.<br />

Wenn es gelingt, Modellprojekte<br />

mit ihren Kriterien Sparsamkeit, Regionalisierung,<br />

gemeinsame Nutzung und<br />

Langlebigkeit zu installieren, lebendig<br />

zu gestalten, zum Anschauungsobjekt<br />

zu machen und entsprechend<br />

für Nachahmeffekte zu sorgen, kann


daraus eine Bewegung werden. In<br />

Deutschland existieren bereits heute<br />

Hunderte von Projekten mit ökologischem<br />

Anspruch, in unterschiedlichster<br />

Trägerschaft.<br />

� Regionalisierung<br />

„Zukunftsfähige Produktionsweisen<br />

und Infrastrukturen benötigen<br />

kurzläufige Rückmeldungen in merkbarer<br />

„Sichtweite“. Die bewusste<br />

Wiedergewinnung der Nahräume<br />

scheint insgesamt eine Voraussetzung<br />

zu sein für ein zukunftsfähiges gutes<br />

Leben.“ 11<br />

Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit<br />

gewinnt die Region langsam<br />

an Gewicht und ermöglicht den in ihr<br />

lebenden Menschen die aktive Beteiligung<br />

an der Gestaltung der Region.<br />

Es geht darum, die endogenen Potentiale<br />

der Region aufzuspüren und zu<br />

aktivieren. In diesem Prozess sind gut<br />

organisierte Lokale Agenda 21-Verfahren<br />

oder agenda-ähnliche Verfahren<br />

von großer Bedeutung. Hier finden<br />

sich Interessierte, Betroffene, Private,<br />

gewerblich Tätige, Institutionenvertreter,<br />

zusammen, um gemeinsam<br />

Themen zu finden, Leitvorstellungen<br />

und Projekte zu entwickeln und ihre<br />

Verwirklichung anzustreben.<br />

„Orientierungspunkt einer regionalen<br />

Ökonomie sind die regionalen<br />

Bedürfnisse nach Nahrung, Wohnen,<br />

Gemeinschaft, Bildung, Arbeit. Es<br />

sind vor allem die Menschen mit ihren<br />

Fähigkeiten und Kenntnissen, ihren<br />

Beziehungen und Netzwerken, die<br />

für die Regionalentwicklung in einem<br />

nachhaltigen Sinne nutzbar gemacht<br />

werden können und von Nutzen<br />

sind.“<br />

Die Zeit für entsprechende Entwicklungen<br />

ist günstig:<br />

� Viele Landwirte suchen nach Wegen<br />

der Existenzsicherung ihres<br />

Betriebes<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Die Familie gibt auch heute noch emotionale und psychische Unterstützung.<br />

Foto: Archiv<br />

� Regionen besinnen sich auf die endogenen<br />

Potentiale ihrer ansässigen<br />

Betriebe und Produktionsmöglichkeiten.<br />

In vielen Regionen liegen<br />

häufig hier überhaupt Entwicklungschancen.<br />

� Ökologische Erkenntnisse erreichen<br />

viele gesellschaftliche Gruppen<br />

und verlangen Einsatz für positive<br />

Umsteuerungsprozesse.<br />

� Eine zunehmende Zahl von Menschen<br />

spüren die Anpassungszwänge<br />

rigider Anwendung ökonomischer<br />

Wachstums- und Gewinn-<br />

15


16 PERSPEKTIVEN<br />

maximierungsstrategien. Diese<br />

Menschen suchen nach Auswegen<br />

in Form von Überschaubarkeit, vertrauen<br />

können, verlässlicher Qualität,<br />

Ansprechen von Gefühlen, wie<br />

<strong>Natur</strong>, Heimat und Gesundheit.<br />

� Vernetzung<br />

Zentrale Bedeutung für eine Regionalentwicklung<br />

nachhaltigen Wirtschaftens<br />

mit dem Schwerpunkt Nachhaltiger<br />

Konsum ist die Vernetzung der<br />

potentiell und effektiv betroffenen<br />

Akteure in der Region. „Ein typisches<br />

Phänomen unserer Gesellschaft ist,<br />

dass sich in einer größeren Stadt bzw.<br />

einer Region, wie einem Landkreis, die<br />

wichtigen gesellschaftlichen Akteursgruppen<br />

kaum noch kennen. Es ist eher<br />

die Ausnahme, dass über die jeweiligen<br />

Sektoren und Aufgabenfelder hinweg<br />

mit einander kooperiert wird. Auch<br />

innerhalb einzelner Handlungsfelder<br />

(hier die Bereiche Umweltschutz und<br />

Regionalentwicklung) haben die hier<br />

tätigen Personen weder einen umfassenden<br />

Überblick über die Aufgaben<br />

und Tätigkeiten der anderen Institutionen,<br />

noch kennen sie die damit<br />

beschäftigten Personen.“ 13<br />

� Projekte<br />

Eine besonders erfolgreiche Weise<br />

Verhaltensänderungen im Bereich<br />

Beispiel einer <strong>Kreis</strong>laufbetrachtung für Eigenheimbewohner.<br />

Erläuterungen zu den Ziffern im Schaubild:<br />

1 Qualitativer, statt quantitativer Konsum, Gebrauchsnutzen statt Zusatznutzen<br />

(z.B. Güter mieten statt kaufen)<br />

2 Angepasste, sparsame Technologien minimieren die Rohstoff- u. Energiemenge<br />

3 Bezug umweltverträglicher Produkte (giftfreie Lebensmittel, Rohprodukte statt<br />

industriell verarbeiteter; regionale Produkte, statt aus ökologisch unsinnigen Entfernungen<br />

herangeführt; Produkte aus dem Freiland-Produktions-Rhythmus<br />

4 Mehr Eigenarbeit im Haushalt (z.B. Do-it-yourself (auch in der Küche), Gartenarbeiten)<br />

5 Konsument wird sein eigener Produzent (z.B. Gewinnung von Sonnenenergie für<br />

Warmwasserbereitung, Anbau von Nutzpflanzen)<br />

6 Umstellung auf reparaturfähige Güter<br />

7 Kompostierung organischer Abfälle (bzw. Biotonne)<br />

8 Wahl umweltverträglicherer Verkehrsmittel (Fahrrad, ÖVM), wenn PKW, nur einer<br />

je Haushalt, weniger fahre<br />

9 Minimierung der Abfälle (getrennt sammeln, recyceln)<br />

Nachhaltige Entwicklung zu erreichen,<br />

sind gründlich geplante, gut ausgestattete<br />

und professionell durchgeführte<br />

Projekte. Der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ist hierfür<br />

vorbildlich. Er initiiert immer wieder<br />

eigene Projekte bzw. ist an Projekten


mit anderen Institutionen beteiligt.<br />

Zum Abschluss sollen die privaten<br />

Haushalte noch einmal in den Mittelpunkt<br />

gestellt werden. Mit ihrem Konsum-<br />

und Haushaltsverhalten haben<br />

sie eine Schlüsselstellung für Umwelt,<br />

Soziales und Wirtschaft, also auch für<br />

die Nachhaltigkeit.<br />

Bei allen Überlegungen zu nachhaltigem,<br />

vorsorgendem Handeln im<br />

Haushalt wird deutlich, dass es darauf<br />

ankommen wird, Positives im zeitlich<br />

zurückliegenden Haushaltshandeln<br />

(Tradition) wieder zu entdecken<br />

und durch Kombinieren mit modernen<br />

technischen und ökonomischen<br />

Möglichkeiten zu einer ökologisch<br />

und sozial verantwortlichen Synthese<br />

zu führen. Am Beispiel kritischer<br />

<strong>Kreis</strong>laufbetrachtung könnte das für<br />

Eigenheimbewohner wie in der nebenstehenden<br />

Grafik aussehen. 14<br />

Darüber hinaus sind nötig:<br />

� Konsum von natürlichen, nicht<br />

industriell verfremdeten Lebensmitteln<br />

� Neues Gesundheitsbewusstsein<br />

� Anspruchsreflexion mit dem Ziel:<br />

Anspruchssenkung<br />

Literaturhinweise<br />

1 Axel Volkeri, <strong>Natur</strong>schutz: in: Simonis, Udo E.:<br />

Öko-Lexikon, München 2003, S.140<br />

2 Göll, Edgar, Nachhaltige Entwicklung in:<br />

Simonis, a.a.O., S.137<br />

3 Entnommen Bundesministerium für Umwelt,<br />

<strong>Natur</strong>schutz und Reaktorsicherheit: Lokale<br />

Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung in<br />

deutschen Kommunen, Berlin 2001, S.91,95<br />

4 Bundesministerium für Umwelt, <strong>Natur</strong>schutz<br />

und Reaktorsicherheit: Umweltschutz in<br />

Deutschland 2004, Berlin 2004, S.18,22,23<br />

5 Ausmaß der Belastungsfaktoren für die Umwelt:<br />

Energiebilanz eines Menüs für 4 Personen<br />

mit (in Kilokalorien) / Regional (Grüne Bohnen<br />

182/Lammbraten 3840), Ägypten (Grüne<br />

Bohnen 4680/Lammbraten 19680)<br />

Skalnik, Christian: Das ökologische Lustprinzip,<br />

Die Woche (27.10.1995)<br />

6 Ernährungsbericht 2004<br />

7 So Witt, Reinhard: <strong>Natur</strong>oasen im Kleinen<br />

– <strong>Natur</strong>gärten in der Stadt, in: NABU (Hrsg.),<br />

Tagungsbericht <strong>Natur</strong> trifft Kultur, Düsseldorf<br />

PERSPEKTIVEN<br />

2002, S.65 ff, hier S.66<br />

8 Schultz, Irmgard, Nachhaltige Konsummuster<br />

und postmaterielle Lebensstile, Umweltbundesamt<br />

, Berlin 1996, S.61, (unveröffentlichtes<br />

Manuskript)<br />

9 BUND/MISEREOR, Basel, Boston, Berlin<br />

1996<br />

10 Gillwald, K, Ökologisierung von Lebensstilen<br />

– Argumente, Beispiele, Einflussgrößen, Wissenschaftszentrum<br />

Berlin 1995, S.5<br />

11 Ulrich, O., Regionalisierung: Die räumliche<br />

Grundlage für eine zukunftsfähige Lebensweise,<br />

in: IÖW, VÖW (Hrsg.) Regulative Ideen<br />

nachhaltigen Wirtschaftens, Tagungsband,<br />

Oktober 2000, S.18<br />

12 Peter, U. ad al: Nachhaltige Regionalentwicklung<br />

- ein neues Leitbild für eine veränderte<br />

Struktur und Regionalpolitik, Trier 1996, S.45<br />

13 Lindloff, K./Schneider, L.: Handbuch<br />

nachhaltige regionale Entwicklung, Dortmund<br />

2001, S.124<br />

14 Lackmann, Jürgen: Industrieprodukt Apfelerzeugung<br />

und Verbrauch in ökologischer<br />

Sicht. In: Unesco-Verbindungsstelle für Umwelterziehung,<br />

Umweltbundesamt (Hrsg.):<br />

Unterrichtshilfen zur Umwelterziehung in der<br />

Arbeitslehre, Band 1, Teil 3, Berlin 1993<br />

17


18 PERSPEKTIVEN<br />

� „Es war sehr gut!“<br />

Der Mensch in der Verantwortung<br />

für die Schöpfung<br />

von Prof. Dr. Udo Zelinka<br />

Der Mensch ist wie kein anderes<br />

Wesen auf unserem Planeten<br />

aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten<br />

in der Lage, seine Welt und<br />

Umwelt zu beeinflussen. Er musste<br />

und muss dies bis heute tun,<br />

weil die <strong>Natur</strong> ihn in einer langen<br />

Entwicklungsgeschichte zu einem,<br />

wie der Philosoph und Soziologe<br />

Arnold Gehlen sagt, „Mängelwesen“<br />

hat werden lassen.<br />

Alle Fähigkeiten, die ein Tier optimal<br />

in seine jeweilige Umwelt einpassen<br />

und damit einem bestimmten<br />

Lebensraum zuordnen, besitzt der<br />

Mensch nicht. Er lebt in keiner auf<br />

ihn zugeschnittenen Umwelt, auf die<br />

er sich hätte spezialisieren können;<br />

ihm fehlen natürliche Angriffs- und<br />

Verteidigungswaffen wie etwa Reißzähne<br />

oder Klauen; er besitzt kein<br />

schützendes Fell. Das ist bei der hoch<br />

spezialisierten, umweltspezifisch angepassten<br />

Morphologie tierischer Lebensformen<br />

völlig anders: ein Gepard<br />

läuft schneller, ein Hund riecht besser,<br />

ein Adler sieht besser als jeder Mensch<br />

es von <strong>Natur</strong> aus jemals könnte. Mit<br />

anderen Worten, der Mensch steht<br />

tagtäglich vor dem Problem der Existenzsicherung,<br />

besser: des Überlebens.<br />

„Mutter <strong>Natur</strong>“ hat ihn dazu höchst<br />

stiefmütterlich ausgestattet.<br />

Das stellt ihn ständig vor die Aufgabe,<br />

seine Lebenschancen durch<br />

selbsttätiges Handeln zu sichern.<br />

Denn die <strong>Natur</strong> liefert dem Menschen,<br />

wenn überhaupt so doch nur wenige<br />

Verhaltensschemata, die ihm sicher<br />

vorschreiben, was er zu tun und zu<br />

lassen hat. Den zahlreichen Risiken der<br />

ihn bedrohenden Umwelt begegnet<br />

der Mensch gezwungenermaßen also<br />

mit einer anderen Strategie, die wir<br />

als eine spezifisch humane bezeichnen<br />

müssen: Er begegnet ihr mit einer im<br />

Wesentlichen intelligenten Umgestaltung<br />

der von ihm vorgefundenen<br />

<strong>Natur</strong>zustände.<br />

� Was heißt das?<br />

Das heißt beispielsweise, weil er<br />

kein schützendes Fell oder Federkleid<br />

besitzt, entwickelt er die Fähigkeit<br />

der Kleiderherstellung, des wärmenden<br />

Feuergebrauches und des Wohnungsbaus.<br />

Er verändert damit seine<br />

Lebensumstände, was bedeutet: der<br />

Mensch gestaltet. Diese handelnde<br />

Umgestaltung der <strong>Natur</strong> zur Kultur, die<br />

dem Menschen zur „zweiten <strong>Natur</strong>“<br />

wird, ist eine der Grundbedingungen,<br />

unter denen menschliches Dasein zu<br />

haben und zu leben ist. Dies gilt für<br />

jeden denkbaren Bereich – angefangen<br />

von der Nutzung des Feuers bis hin<br />

zu den Möglichkeiten der modernen<br />

Gentherapie.<br />

Was vordergründig also als Nachteil<br />

angesehen werden könnte, wird<br />

– betrachtet man die andere Seite der<br />

Medaille – zur Chance. Denn dadurch<br />

dass der Mensch gestaltend werden<br />

muss, um sein Überleben zu sichern,<br />

gewinnt er die Voraussetzungen und<br />

Möglichkeiten von Freiheit und Höherentwicklung.<br />

Das unterscheidet<br />

ihn von jedem anderen Lebewesen<br />

auf der Erde. Das beinhaltet aber<br />

auch Verantwortung für die Richtung<br />

seiner Gestaltungen, weil einzig dem


Menschen die Fähigkeit eigentümlich<br />

ist, seine Handlungen zu planen und<br />

zu bedenken.<br />

Die Schöpfungsgeschichten der<br />

Bibel interpretieren diese typisch<br />

menschliche Fähigkeit als Gabe und<br />

Aufgabe Gottes, weil der Mensch hier<br />

als Abbild des schöpferischen Gottes<br />

dargestellt wird. Deshalb wird ihm<br />

auch in Parallelität des schöpferischen<br />

und damit gestaltenden Gottes der<br />

Bibel die eigen- und mitverantwortliche<br />

Gestaltung der Erde zugemutet<br />

und zugleich auch zugetraut. Zwar<br />

wird der Mensch in der Vorstellung<br />

des ersten Buches der Bibel als Herrscher<br />

über Pflanzen und Tiere „und<br />

allem, was sich auf der Erde regt“<br />

(Gen 1,30) eingesetzt; dennoch ist<br />

der Anspruch dieser Herrschaft ein<br />

hoher. Denn Herrschaft – das wird<br />

heute oftmals übersehen – bedeutet<br />

in diesem Verständnis nichts anderes<br />

als die Sorge dafür, dass die Aussage<br />

Gottes über sein ursprüngliches Werk<br />

bewahrt bleibt: „Gott sah alles an, was<br />

er gemacht hatte: Es war sehr gut“<br />

(Gen 1,31).<br />

Viele kennen den weiteren Verlauf<br />

in den Erzählungen der Bibel: die<br />

Geschichten vom Sündenfall und der<br />

Vertreibung aus dem Paradies, von der<br />

ersten tödlichen Auseinandersetzung<br />

zwischen Menschen – ewig verbunden<br />

mit den Gestalten von Kain und Abel –,<br />

die wieder eingreifende Sorge Gottes<br />

um die Schöpfung – versymbolisiert in<br />

Bild und Vorstellung der Arche Noah–,<br />

den Turmbau zu Babel usw. Dies alles<br />

erzählt in theologisch gedeuteten,<br />

jeweils eigenen Illustrationen von<br />

der mangelnden Behutsamkeit des<br />

Menschen mit dem ihm anvertrauten<br />

Erbe. Zugleich wird aber immer auch<br />

von der begleitenden Sorge Gottes um<br />

Menschen und Welt berichtet. Diese<br />

Botschaft der Bibel findet in Person,<br />

Worten und Handlungen Jesu Christi<br />

ihren unüberbietbaren Höhepunkt.<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Die Schöpfungsgeschichten interpretieren die Fähigkeit des Menschen, seine<br />

Handlungen zu planen und zu bedenken u. a. als Gabe. Foto: Archiv<br />

Sie sagt uns, Gott selber ist in die<br />

Menschheitsgeschichte eingetreten,<br />

um uns den eigentlichen Wert unseres<br />

Menschseins und den Sinn der<br />

Schöpfung zurückzugeben. Das Kreuz<br />

mit seinen horizontalen und vertikalen<br />

Balken, wie es in vielen Darstellungen<br />

uns von Kindheit an bekannt ist, verbindet<br />

Himmel und Erde, Schöpfung<br />

und Schöpfer, Umwelt und Mensch,<br />

Mensch und Mensch.<br />

Das ist Anspruch und Aufgabe zugleich.<br />

Denn es befreit den Menschen<br />

einerseits aus den selbst gemachten<br />

Zwängen seiner eigen verschuldeten<br />

19


20 PERSPEKTIVEN<br />

Verstrickungen in Sünde und Schuld –<br />

die wir heute wohl Hybris nennen würden<br />

–, entbindet ihn aber gleichwohl<br />

nicht aus seiner schöpfungsgemäßen<br />

Verantwortung um die Bewahrung der<br />

Schöpfung. Das Gegenteil ist der Fall:<br />

Er hat seinen aktiven, umgestaltenden<br />

Eingriff in Mitwelt und Umwelt zu<br />

legitimieren.<br />

� Und heute?<br />

Übertragen auf das Jetzt und<br />

Heute im, wie der Frankfurter Philosoph<br />

Jürgen Habermas meint, so<br />

genannten „postmetaphysischen<br />

Zeitalter“, bedeutet eine solche Verantwortlichkeit<br />

immer auch, Gestaltungen<br />

so plausibel zu halten und zu<br />

machen, dass dieser ethische Impetus<br />

der biblischen Botschaft im geistigen<br />

Wettbewerb der unterschiedlichen<br />

Meinungen einsehbar bleibt. Aus dem<br />

Nachsinnen über die biblisch bezeugte<br />

Gegenwart Gottes in der Wirklichkeit<br />

der Schöpfung können im Gegensatz<br />

zu den vielen ausgedachten Theorien<br />

bedachte Modelle erfahrbar werden,<br />

die sicherlich keine Patentrezepte<br />

für die Bewältigung der zahlreichen<br />

Problemkomplexe konkreter Lebenswirklichkeit,<br />

gleichwohl aber plausible<br />

und rationale Interpretations- und<br />

Erschließungshilfen für das Verstehen<br />

und Bewältigen der jeweiligen Entscheidungssituationen<br />

bereithalten<br />

– nach bestem Wissen und Gewissen.<br />

Das geschieht etwa dort, wo von<br />

unterschiedlichen Seiten all jenen Tendenzen<br />

entgegen getreten wird, die<br />

ausschließlich ökonomische Interessen<br />

dem Wohl von Mensch und Schöpfung<br />

vorordnen. Das geschieht auch dort,<br />

wo endlich die Frage gestellt werden<br />

muss, welche Grenzen wir uns selber<br />

setzen (wollen), um einer vernünftigen<br />

Gestaltung unserer selbst und<br />

unserer Welt (noch) gerecht werden<br />

zu können. Denn in dem Augenblick,<br />

in dem wir beginnen, mit den Mitteln,<br />

mit denen wir die <strong>Natur</strong> umgestaltet<br />

haben, auch uns selbst und unsere<br />

Gattung insgesamt ins Visier unserer<br />

technischen und technologischen Fähigkeiten<br />

nehmen, taucht automatisch<br />

die Frage nach dem handlungsleitenden<br />

Woraufhin entsprechender Entwicklungen<br />

auf. Die Antwort auf diese Frage<br />

ist bis heute noch nicht gegeben. Sie<br />

hängt mit der jeweils vorausgesetzten<br />

Vorstellung von Mensch und Welt<br />

zusammen – und diese wird durchaus<br />

kontrovers diskutiert.<br />

Unbezweifelbar ist, dass der Mensch<br />

sein Überleben nicht ohne handelnden<br />

Eingriff in Umwelt und Welt sichern<br />

kann; anderes Denken wäre naiv.<br />

Manchmal – und ich denke an dieser<br />

Schwelle stehen wir – ist die Frage:<br />

Was wollen wir noch, damit es gut<br />

bleibt. Manchmal ist zu bestimmten<br />

Zeiten, an bestimmten Orten, unter<br />

bestimmten Umständen auch ein<br />

Handlungsverzicht eine Form verantworteter<br />

menschlicher Weltgestaltung<br />

– damit es gut bleibt.


PERSPEKTIVEN<br />

� Kirche und Umweltschutz<br />

"... Gott setzte den Menschen in den Garten,<br />

dass er ihn bebaue und bewahre..."<br />

Schon in der Bibel steht, dass der Mensch seine Lebenswelt gestalten soll. Foto: Archiv<br />

von Pfr. Klaus Breyer<br />

Im Zentrum des kirchlichen Umweltengagements<br />

steht – modern<br />

ausgedrückt – das Leitprinzip<br />

einer Nachhaltigen Entwicklung.<br />

Und Gott setzte den Menschen<br />

in den Garten, dass er ihn bebaue<br />

und bewahre. So lesen wir im 1.<br />

Buch Mose 1 im so genannten<br />

Jahwistischen Schöpfungsbericht.<br />

„Bebauen und Bewahren!“<br />

Schöner und treffender kann nachhaltige<br />

Entwicklung kaum beschrieben<br />

werden. Der Mensch darf, ja, er soll<br />

seine Lebenswelt gestalten, er soll<br />

den Boden kultivieren, bestellen, ohne<br />

dabei jedoch die Lebensgrundlagen zu<br />

zerstören. Der Mensch soll lernen so zu<br />

leben und zu arbeiten, dass die Kontinuität<br />

des Lebens auf der Erde bewahrt<br />

bleibt. Das ist im jüdisch-christlichen<br />

Schöpfungsglauben der Grundauftrag<br />

Gottes an den Menschen.<br />

Deutlich wird: Der Schöpfungsglauben<br />

sieht den Menschen in einer sehr<br />

engen Beziehung zu seiner Umwelt.<br />

Die Umwelt ist daher genau genommen<br />

nicht des Menschen Umwelt<br />

– sondern sie ist ihm „Mit“-welt. Der<br />

Mensch hat eine Sonderstellung. Er<br />

ist einerseits aufgerufen, Verantwortung<br />

für die Gestaltung der Welt zu<br />

übernehmen, andererseits ist er tief<br />

eingebunden in die Schöpfung und<br />

hat ihr Lebensrecht zu respektieren.<br />

21


22 PERSPEKTIVEN<br />

Er ist „Leben, das leben will, inmitten<br />

von Leben, das leben will“ (wie Albert<br />

Schweizer formulierte).<br />

Der mittelalterliche Theologe Bonaventura<br />

(1217 - 1274) – er war ein<br />

Schüler des Franz von Assisi – leitet<br />

ausdrücklich seine Zeitgenossen an,<br />

„Gott in den Dingen“ zu schauen. Er<br />

schrieb: „Wer vom Glanz der geschaffenen<br />

Dinge nicht erleuchtet wird, ist<br />

blind, wer durch dieses laute Rufen<br />

der <strong>Natur</strong> nicht erweckt wird, ist taub,<br />

wer von den Wundern der <strong>Natur</strong> beeindruckt,<br />

Gott nicht lobt, ist stumm.<br />

Öffne darum deine Augen und öffne<br />

dein Herz, damit du in allen Kreaturen<br />

deinen Gott entdeckest, hörest, lobest<br />

und liebest.“<br />

Die Prinzipien einer nachhaltigen<br />

Entwicklung sind somit tief im christlichen<br />

Schöpfungsglauben verankert.<br />

Dieser Schöpfungsglaube ist geprägt<br />

� von Achtsamkeit gegenüber der<br />

<strong>Natur</strong> als Mitwelt,<br />

� einem Bewusstsein des Verwobenseins<br />

in die Netzwerke des<br />

Lebens und<br />

� von der besonderen Verantwortung<br />

des Menschen für die Kontinuität<br />

des Lebens auf Erden.<br />

In der hier gebotenen Kürze kann<br />

nicht darauf eingegangen werden, dass<br />

seit dem ausgehenden Mittelalter der<br />

jüdisch-christliche Schöpfungsglaube<br />

stärker in den Hintergrund gedrängt<br />

wurde und auch die christliche Theologie<br />

und Ethik ihren Beitrag zu einer naturüberwindenden<br />

und letztlich – zerstörenden<br />

– Aufklärung leistete. Seit<br />

den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts,<br />

setzen sich weltweit Theologie<br />

und Kirchen wieder verstärkt mit den<br />

Problemen des Umweltschutzes, den<br />

Folgen technologischen Fortschritts<br />

und der westlichen Wirtschafts- und<br />

Wohlstandsmodelle auseinander.<br />

Längst vergessene oder verdrängte<br />

„Wurzeln des Schöpfungsglaubens“<br />

wurden dabei (wieder-) entdeckt.<br />

� Wo sind die Wurzeln?<br />

Nur einige dieser „Wurzeln“ möchte<br />

ich in bezug auf das Leitbild einer<br />

nachhaltigen Entwicklung vorstellen.<br />

Bekannt ist, dass das Prinzip „Sustainibility“<br />

– wird es ernsthaft umgesetzt<br />

– äußerst konfliktträchtig ist. Interessen-<br />

und Zielkonflikte zwischen ökonomischen,<br />

ökologischen und sozialen<br />

Ansprüchen zwingen zu Grenzziehungen<br />

und regulierenden Maßnahmen.<br />

Auch die biblische Tradition gibt sich<br />

hier keiner Illusion hin. Auch sie kennt<br />

Konfliktregulationen und konfliktminimierende<br />

Maßnahmen, auf die die<br />

christliche Ethik – auch die Umweltethik<br />

– aufbaut.<br />

Eine wichtige Konfliktregulation<br />

findet sich schon ganz zu Beginn<br />

der hebräischen Bibel im 1. (priesterschriftlichen)<br />

Schöpfungsbericht.<br />

Nicht die Vollendung der Schöpfung<br />

ist der Mensch (auch wenn dies immer<br />

wieder mit anthropozentrischem<br />

Pathos kolportiert worden ist)! Nein,<br />

Gott krönt sein Schöpfungswerk am 7.<br />

Tag mit der Ruhe. Erst die Ruhe bringt<br />

die Schöpfung zum Abschluss. „Gott<br />

sah alles an, was er gemacht hatte: Es<br />

war sehr gut“. 2<br />

Die biblische Tradition sieht in dieser<br />

Ruhe Gottes ein Vorbild für den Menschen<br />

und begründet damit gleichzeitig<br />

eine wichtige konfliktminimierende<br />

Maßnahme für sein Tun. Die Botschaft<br />

ist: nicht im ewigen Fortschritt, nicht<br />

in der permanenten Steigerung (im<br />

immer schneller, höher, weiter) liegt<br />

das Heil.<br />

Die Schöpfung vollendet sich vielmehr<br />

im „Loslassen können“. Entwicklung<br />

ist christlich-ethisch betrachtet<br />

kein besinnungsloses „Weiter so!“<br />

in scheinbar eingefahrenen Gleisen,<br />

sondern ein Prozess, der aus Aktion<br />

und kritischer Reflektion besteht. Ruhe<br />

ermöglicht Rückblick und Ausblick,<br />

Ruhe ist die Grundvoraussetzung<br />

für die Übernahme der besonderen<br />

Verantwortung für die Zukunft der<br />

Schöpfung, in die der Mensch – im Unterschied<br />

zu allen anderen Geschöpfen


– berufen ist. Nach diesem Vorbild gibt<br />

es in der Tradition des hebräischen<br />

Testaments einen Sabbattag (der 7.<br />

Tag der Woche), ein Sabbatjahr (jedes<br />

7. Jahr) und ein Erlassjahr, (jedes<br />

fünfzigste Jahr). 3<br />

Der Sabbattag ist ein absoluter Ruhetag,<br />

ein Tag des Friedens. Er dient<br />

der Regeneration des Menschen, der<br />

Tiere sogar der Erde. Jede naturverändernde<br />

Arbeit hat zu unterbleiben.<br />

Das Sabbatjahr (jedes siebte Jahr) dient<br />

voll und ganz der Regeneration des<br />

Bodens (Ein Sabbat für das Land!). In<br />

diesem Jahr soll das Feld brach liegen<br />

und der Weinberg nicht beschnitten<br />

werden. Alle Früchte dürfen nicht<br />

geerntet werden, sondern sollen den<br />

Armen und Fremden im Land sowie<br />

den Tieren gehören.<br />

Im fünfzigsten Jahr, dem Erlassjahr,<br />

– fällt nach den Regeln der Bibel sogar<br />

alles Land, das im Laufe der Zeit verkauft<br />

worden ist, an seinen ursprünglichen<br />

Besitzer zurück. Damit wird der<br />

Bodenspekulation und Besitzakkumulation<br />

ein Riegel vorgeschoben. Es<br />

wird daran erinnert, dass letztlich der<br />

Boden nicht dem Menschen gehört,<br />

sondern die „Erde des Herrn ist“. 4<br />

Es ist nachvollziehbar, warum es<br />

christlichen Auslegern bis noch vor 30<br />

Jahren kaum gelang, diese Sabbat- und<br />

Erlassjahrbestimmungen zu verstehen.<br />

Man konnte sich kaum vorstellen,<br />

dass Menschen, ohne einen rationalen<br />

Grund, darauf verzichten könnten,<br />

aus dem Boden, dem Kapital und den<br />

Mitmenschen das herauszuholen, was<br />

herauszuholen ist.<br />

� Was bedeutet dies heute?<br />

Aber genau das, was so schwer zu<br />

verstehen ist und unter dem Leitbild<br />

einer nachhaltigen Entwicklung sich<br />

für uns heute ganz neu erschließt, gibt<br />

dem Sabbattag, dem Sabbat- und dem<br />

Erlassjahr seinen Sinn. Nicht das Letzte<br />

herauszuholen, das ist der Leitgedanke.<br />

Die ökologische Belastbarkeit und<br />

auch die soziale Bindung von Eigentum<br />

(d.h. auch des Bodens) sollen unbedingt<br />

beachtet werden.<br />

Nicht das Letzte herausholen, Belastungsgrenzen<br />

akzeptieren, die Rechte<br />

nachfolgender Generationen und der<br />

Mitwelt achten, inne zu halten, die<br />

Optionen zukünftiger Entwicklung<br />

verantwortungsethisch zu reflektieren<br />

und sie nicht als besinnungslosen<br />

„Fortschritt“ in einer Kette von<br />

Sachzwängen zu begreifen, alles also,<br />

was wir heute mit dem Leitbild einer<br />

nachhaltigen Entwicklung bezeichnen,<br />

ist ein zentraler Grundklang jüdischchristlicher<br />

Schöpfungstheologie und<br />

Umweltethik.<br />

Was bedeutet dies nun praktisch,<br />

PERSPEKTIVEN<br />

welche Spuren haben diese christlichethischen<br />

und schöpfungstheologischen<br />

Erkenntnisse in der Institution<br />

Kirche hinterlassen? Ich möchte dies<br />

am Beispiel der Evangelischen Kirche<br />

von Westfalen (EKvW) erläutern.<br />

Im Schatten der Reaktorkatastrophe<br />

von Tschernobyl wurden 1986<br />

die Voraussetzungen für eine professionelle<br />

landeskirchliche Umweltarbeit<br />

geschaffen. Ein Umweltreferat wurde<br />

eingerichtet und ein landeskirchlicher<br />

Umweltausschuss gegründet, mit<br />

dem Ziel, sowohl den kircheninternen<br />

Umweltschutz voranzubringen, als<br />

auch die politische Arbeit der Kirche<br />

zu qualifizieren.<br />

Heute ist das Umweltreferat der<br />

EKvW zusammen mit dem Referat<br />

Ländlicher Raum, die zentrale Anlauf-<br />

und Koordinationsstelle für<br />

alle ökologischen und agrarsozialen<br />

Fragestellungen in unserer Kirche.<br />

Es ist im Institut für gesellschaftliche<br />

Verantwortung in Iserlohn angesiedelt<br />

und umfasst inklusive der Sekretariate<br />

fünf hauptamtliche MitarbeiterInnen,<br />

deren Arbeit vom Landesumweltpfarrer<br />

koordiniert wird. Hinzu kommen<br />

weitere projektbezogene MitarbeiterInnenteams.<br />

Wir sind zudem in der<br />

glücklichen Lage, einerseits mit einem<br />

sehr aktiven Netzwerk kirchlicher<br />

Umweltbeauftragter und Umweltaus-<br />

23


24 PERSPEKTIVEN<br />

schüsse auf der Ebene der Kirchenkreise<br />

zusammenzuarbeiten andererseits<br />

uns deutschlandweit in der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Umweltbeauftragten<br />

der Evangelischen Kirchen zu vernetzen.<br />

Zudem bestehen zahlreiche<br />

– sehr produktive – Arbeitskontakte<br />

zur katholischen Umweltarbeit.<br />

� Was tut die Kirche?<br />

Unsere Arbeit hat drei große<br />

Schwerpunkte. Da ist zunächst die<br />

theologische Dimension: Durch Vorträge,<br />

Tagungen und Publikationen<br />

versuchen wir deutlich zu machen,<br />

dass unser Bekenntnis zu Gott dem<br />

Schöpfer und christliches Umweltengagement<br />

eng zusammengehören.<br />

Wir unterstützen Menschen in unserer<br />

Kirche dabei, ihre Position als Christin<br />

oder Christ in den großen umweltpolitischen<br />

Auseinandersetzungen (wie<br />

z.B. um die Gentechnik) zu finden. Wir<br />

bieten aber auch Einkehrtage an, die<br />

Erfahrungsraum für Schöpfungsspiritualität<br />

bieten.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt unserer<br />

Arbeit ist die Beratung von Kirchengemeinden,<br />

Ämtern und Werken in<br />

allen Fragen des praktisches Umweltschutzes.<br />

Politisches Engagement der<br />

Kirche kann gegenüber den eigenen<br />

Mitarbeitenden aber auch gegenüber<br />

der Öffentlichkeit nur glaubhaft sein,<br />

Gehören eng zusammen: Bekenntnis zu Gott und Umweltengagement. Foto: Archiv<br />

wenn auch „vor der eigenen Tür gekehrt“<br />

wird.<br />

In diesem Zusammenhang bieten<br />

wir Energieberatungen für Gemeinden<br />

an, führen „ökologische“ Küster- und<br />

Hausmeisterschulungen durch und<br />

unterstützen Kirchengemeinden und<br />

Einrichtungen bei der Entwicklung von<br />

Klimaschutzkonzepten. Mittlerweile<br />

gibt es zahlreiche Kirchengemeinden,<br />

die bei Um- und Neubauten ehrgeizige<br />

ökologische Standards realisieren<br />

konnten und auch Anlagen der<br />

regenerativen Energiegewinnung<br />

betreiben. Zunehmend wird dabei der<br />

systemische Ansatz wichtiger.<br />

In Modellprojekten implementieren<br />

wir in ca. 20 Kirchengemein-<br />

den und kirchlichen Einrichtungen<br />

Umweltmanagementsysteme nach<br />

europäischer Norm („Grüner Hahn“)<br />

und so genannte Nachhaltigkeitsmanagementsysteme,<br />

die als integrierte<br />

Managementansätze auch Ziele der<br />

Qualitätssicherung, der motivations-<br />

und beteiligungsorientierten Personalführung<br />

und Personalentwicklung<br />

verknüpfen („Sustainable Churches“).<br />

In ökumenischer Kooperation mit Partnern<br />

aus Schweden, Österreich, Spanien<br />

und Belgien versuchen wir damit<br />

auch Standards von CSR (corporate<br />

social responsibility) für Non-profit-<br />

Organisationen zu setzen.<br />

Zur Unterstützung der Kirchengemeinden<br />

gehören auch Arbeitshilfen


wie das kirchliche Bauhandbuch, in<br />

dem wir zusammen mit den Baureferaten<br />

der Kirchen u.a. ökologische<br />

Standards für das Bauen und die<br />

Bewirtschaftung von Gebäuden festgelegt<br />

haben. Für die Verpachtung von<br />

kirchlichen Gebäuden empfehlen wir<br />

Kirchengemeinden die Verwendung<br />

unserer ökologischen Musterpachtverträge.<br />

Die Ausbringung gentechnisch<br />

veränderter Organismen auf Kirchenland<br />

ist verboten.<br />

Zum 3. Bereich unserer Arbeit gehört<br />

die Positionierung und Vertretung<br />

unserer Kirche in der Umweltpolitik.<br />

Durch die Veranstaltung von umweltpolitischen<br />

Tagungen wollen wir<br />

einen Beitrag zur Demokratisierung<br />

von Umweltkonflikten leisten. Wir<br />

versuchen u.a. dabei unversöhnliche<br />

Gegner miteinander ins Gespräch zu<br />

bringen und den Standpunkt unserer<br />

Kirche in umweltpolitischen Fragen zu<br />

verdeutlichen.<br />

Aktuelle Schwerpunkte sind die<br />

Themenfelder Klimaschutz und Energiepolitik<br />

sowie die Konfliktfelder der<br />

roten und grünen Gentechnik. Durch<br />

eine Fachwissenschaftlerin unseres<br />

Referates werden hier besonders genethische<br />

Fragestellungen behandelt<br />

aber auch die aktuellen Auseinandersetzungen<br />

über die Kennzeichnung<br />

gentechnisch veränderter Nahrungs-<br />

und Futtermittel sowie um die Koexistenzfrage<br />

bzw. die Schaffung<br />

gentechnikfreier Zonen.<br />

Einen weiteren Schwerpunkt bildet<br />

unser Engagement im Bereich<br />

nachhaltige Entwicklung – Agenda 21<br />

NRW – sowie der Lokalen Agenden.<br />

In enger Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft<br />

Agenda 21<br />

NRW versuchen wir die partizipativen,<br />

bürgerschaftlichen Prozesse, an denen<br />

auch Kirchengemeinden teilnehmen,<br />

zu unterstützen und politisch zu profilieren.<br />

In einem Modellprojekt soll<br />

nachhaltige Flächenentwicklung in ein<br />

kommunales Nachhaltigkeitsmanagementsystem<br />

integriert werden.<br />

Gefördert vom Umweltministerium<br />

NRW und der Stiftung Umwelt und<br />

Entwicklung, führen wir zudem zwei<br />

Modellprojekte speziell in ländlichen<br />

Regionen durch. Das Bioenergienetzwerk<br />

Ostwestfalen Lippe (BIENE<br />

BEA) fördert entlang regionaler Wertschöpfungsketten<br />

die Produktion und<br />

den Einsatz von Bioenergie (speziell<br />

Pflanzenöl, Holz und Biogas). Das<br />

Modellprojekt „Dorfforen“ versucht<br />

rund um den Kristallisationskern „Kirchengemeinde“<br />

spezifische Potenziale<br />

ländlicher Regionen zu entwickeln und<br />

in einen ökumenischen Austausch<br />

mit einer brasilianischen Region zu<br />

bringen.<br />

PERSPEKTIVEN<br />

� Ausblick<br />

Soweit ein Ausschnitt aus dem<br />

Umweltengagement der Evangelischen<br />

Kirche von Westfalen, das<br />

zudem entscheidend geprägt wird<br />

von zahlreichen Aktivitäten in den Kirchenkreisen<br />

und Kirchengemeinden.<br />

Ich will nicht verschweigen, dass die<br />

kirchliche Umweltarbeit zu unseren<br />

jüngsten Arbeitsbereichen gehört<br />

und verglichen mit der traditionellen<br />

sozialpolitischen, diakonischen Arbeit<br />

der Kirchen doch so einigen ein wenig<br />

exotisch vorkommt.<br />

Dennoch: wir freuen uns, dass es<br />

uns mit vielen MitstreiterInnen in<br />

den letzten Jahrzehnten gelungen ist,<br />

Umweltarbeit in das „Kerngeschäft“<br />

des gesellschaftlichen Engagements<br />

unserer Kirche einzubringen und dort<br />

zu stabilisieren: Und so konnte die<br />

Landessynode der EKvW im Jahre<br />

2000 treffend zusammenfassen:<br />

Kirchliches Umweltengagement ist von<br />

seinem Wesen nichts „Zusätzliches“<br />

oder „Kirchenfremdes“, sondern ein<br />

ermutigender Schritt auf dem Weg<br />

in eine gerechtere und lebenswerte<br />

Zukunft.<br />

Literaturhinweis:<br />

1 1. Mose 2,15<br />

2 2. Mose 1,31<br />

3 3. Mose 25, 5. Mose 5,14<br />

4 Psalm. 24,1<br />

25


26 PERSPEKTIVEN<br />

� Freizeit und <strong>Natur</strong>schutz<br />

Freizeitgestaltung ist höchstes Gut für den<br />

Menschen, gleichzeitig Gefahr für die <strong>Natur</strong><br />

von Mark Herrmann<br />

Die meisten Menschen wollen sich<br />

in ihrer Freizeit vom Alltag erholen.<br />

Dieses „sich erholen“ kann<br />

für jeden einzelnen etwas anderes<br />

bedeuten. Manch einer erholt sich<br />

durch Faulenzen, der andere durch<br />

sportliche Aktivität. Die Gestaltung<br />

unserer Freizeit besitzt heute<br />

im Blick auf die Lebensqualität<br />

und die Zufriedenheit der Menschen<br />

einen hohen Stellenwert.<br />

Die wesentlichen Motive für die<br />

Freizeitgestaltung sind „abschalten,<br />

ausspannen“, „aus dem Alltag herauskommen“<br />

sowie „Zeit für die Familie,<br />

den Partner oder Freunde haben“.<br />

Dabei dient Freizeit längst nicht<br />

mehr nur dem Kräftesammeln zur<br />

Wiedererlangung der Arbeitskraft. Zunehmend<br />

wollen die Menschen aktive,<br />

neue Erfahrungen machen und neue<br />

Eindrücke gewinnen, Ideen verwirklichen,<br />

die im Alltag zu kurz kommen.<br />

Der gesellschaftliche Wertewandel in<br />

Richtung einer zunehmenden Indivi-<br />

Was für die Menschen Freizeitvergnügen bedeutet, ist für die <strong>Natur</strong> oft eine große<br />

Gefährdung. Foto: Archiv


dualisierung und Ausdifferenzierung<br />

verschiedener Lebensstile ist auch im<br />

Freizeitverhalten erkennbar. Es existiert<br />

heute eine kaum noch überschaubare<br />

Vielfalt an Freizeitgestaltungsformen<br />

und Freizeitaktivitäten. Es hat sich<br />

eine Freizeitindustrie entwickelt, die<br />

mit ihren Produkten und ihrem Marketing<br />

unser Freizeitverhalten spürbar<br />

beeinflusst. Kontinuierlich kommen<br />

neue Freizeittrends und -angebote auf<br />

den Markt, die teilweise in Konkurrenz<br />

zueinander stehen, sich überlagern<br />

oder sich ergänzen.<br />

Vor allem bei Freizeitaktivitäten in<br />

<strong>Natur</strong> und Landschaft ist es in den letzten<br />

Jahren zu großen Veränderungen<br />

gekommen. Fahrradfahren, Spazieren<br />

gehen, Wandern und Joggen zählen zu<br />

immer beliebter werdenden Aktivitäten.<br />

Zusätzlich haben sich neue Sportarten<br />

bzw. Freizeitbetätigungen wie<br />

beispielsweise Inlineskaten und Nordic<br />

Walking etabliert. Die Zunahme landschaftsbezogener<br />

Freizeitaktivitäten ist<br />

vor allem auf ein gestiegenes Körper-<br />

und Gesundheitsbewusstsein in der<br />

Bevölkerung und auf ein wachsendes<br />

Bedürfnis vieler Erholungssuchender<br />

nach <strong>Natur</strong>erleben zurück zu führen.<br />

� Erholungslandschaft<br />

Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> prägen die Landschaftsräume<br />

Münsterland im Norden,<br />

Reiten ist auch bei den Jüngsten ein<br />

beliebtes Hobby. Foto: Archiv<br />

Sauerland im Süden und zwischen<br />

Lippe und Ruhr die Soester Börde<br />

mit Haarstrang eine vielfältige und<br />

abwechslungsreiche Erholungslandschaft.<br />

Diese ist sowohl bei den Bewohnern<br />

des <strong>Kreis</strong>gebiets als auch für<br />

Bewohner des angrenzenden Ruhrgebiets<br />

ausgesprochen beliebt. Der <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> bietet gute Voraussetzungen<br />

für Freizeit- und Erholungsaktivitäten<br />

in <strong>Natur</strong> und Landschaft, sei es für<br />

Fahrradtouren, Reitausflüge oder<br />

Spaziergänge. Mehrere kulturelle und<br />

industriekulturelle Sehenswürdigkeiten<br />

ergänzen dieses Angebot.<br />

Gerade die Landschaftsbereiche, die<br />

PERSPEKTIVEN<br />

für Freizeit und Erholungsaktivitäten<br />

besonders attraktiv sind, sind zugleich<br />

wertvoll für den <strong>Natur</strong>schutz. Da liegt<br />

es nahe, dass dies zu Konflikten zwischen<br />

der Erholungsnutzung und dem<br />

<strong>Natur</strong>schutz führt. Konflikte bestehen<br />

auch zwischen den unterschiedlichen<br />

Arten der Erholungsnutzung selbst.<br />

� Konfliktfeld <strong>Natur</strong>schutz und<br />

Erholungsnutzung<br />

Wachsende Ansprüche an <strong>Natur</strong><br />

und Landschaft für die Freizeitgestaltung<br />

führen auch zu einer steigenden<br />

Belastung von Lebensräumen der<br />

Tier- und Pflanzenwelt. Die Belastungen<br />

von <strong>Natur</strong> und Landschaft sind<br />

abhängig von Ort, Art und Ausmaß<br />

der Nutzung sowie der Empfindlichkeit<br />

beziehungsweise Belastungsfähigkeit<br />

des einzelnen Landschaftsausschnitts.<br />

So kann jede Form der Erholungsnutzung<br />

<strong>Natur</strong> und Landschaft belasten.<br />

Auch Fahrradfahrer und Spaziergänger<br />

führen in sensiblen Bereichen zu Beeinträchtigungen.<br />

In weiten Teilen des <strong>Kreis</strong>gebietes<br />

<strong>Unna</strong> gibt es jedoch keine erheblichen<br />

Konflikte zwischen <strong>Natur</strong>schutz und<br />

Freizeitnutzung. Ausnahmen bilden<br />

Bereiche an Lippe und Ruhr sowie der<br />

Standortübungsplatz Holzwickede<br />

(Hengserheide) und das Heerener<br />

Holz. Diese Bereiche stellen wertvolle<br />

27


28 PERSPEKTIVEN<br />

und lebenswichtige Lebens- und Rückzugsräume<br />

für seltene, empfindliche<br />

Pflanzen und Tiere dar. Eine intensive<br />

Nutzung von Erholungssuchenden<br />

verursacht, selbst wenn sich diese<br />

möglichst umweltgerecht verhalten,<br />

erhebliche <strong>Natur</strong>- und Landschaftsbelastungen.<br />

Diese Gebiete sind<br />

teilweise zugleich bei Spaziergängern,<br />

Hundebesitzern, Radfahrern, Anglern,<br />

Kanuten und Badenden beliebt.<br />

Offenkundige Beeinträchtigungen<br />

entstehen durch achtlos weggeworfene<br />

Abfälle, wildes Parken, Ausgraben<br />

und Abreißen von Pflanzen, herbeigeführte<br />

Tritt- und Erosionsschäden<br />

durch Verlassen der markierten Wege,<br />

wilde Picknick- und Grillplätze sowie<br />

wildes Zelten. Weitere unmittelbar<br />

verursachte Störungen von Tieren<br />

und deren Lebensräumen werden von<br />

Erholungssuchenden oft unterschätzt<br />

oder nicht einmal bemerkt. Denn auch<br />

schon eine sich unterhaltende Radfahrergruppe<br />

oder die bloße Anwesenheit<br />

in scheinbar sicherer Entfernung<br />

bedeutet für bestimmte Arten eine<br />

Störung. Ebenso gehen von freilaufenden<br />

Hunden zum Teil erhebliche<br />

Störungen aus. Störungen unterbrechen<br />

oder verändern lebenswichtige<br />

Aktivitäten von Tieren. Zu diesen<br />

Aktivitäten zählen beispielsweise die<br />

Nahrungssuche und -aufnahme, das<br />

Brüten sowie das Füttern und Führen<br />

von Jungen. Die Tiere reagieren mit der<br />

Änderung ihres Verhaltens, was von<br />

der erhöhten Aufmerksamkeit über<br />

Flucht und zeitweise Meidung eines<br />

Gebiets und im Extremfall bis zum<br />

gänzlichen Fernbleiben vom gestörten<br />

Lebensraum reicht.<br />

Der <strong>Natur</strong>schutz hat im engeren<br />

Sinne die Aufgabe, aus ökologischen,<br />

naturwissenschaftlichen und kulturellen<br />

Gründen schutzwürdige Landschaften<br />

und Landschaftsbestandteile<br />

zu sichern. Dies schließt den Schutz<br />

seltener und gefährdeter Pflanzen-<br />

und Tierarten sowie deren Lebensräume<br />

ein. Freizeit und Erholung an jedem<br />

Ort eines Schutzgebiets wiederläuft<br />

naturschutzfachlichen Zielen. Daher<br />

ist es notwendig, durch geeignete<br />

Maßnahmen auf eine verträgliche<br />

Freizeit- und Erholungsnutzung hinzuwirken,<br />

die Beeinträchtigungen und<br />

Belastungen von <strong>Natur</strong> und Landschaft<br />

ausschließt beziehungsweise auf ein<br />

Minimum reduziert. In vielen Fällen<br />

lassen sich Konflikte mit einer Reihe<br />

von Maßnahmen lösen oder werden<br />

durch Kompromisse entschärft. Im<br />

Mittelpunkt stehen Zonierungen von<br />

Flächen und Besucherlenkungsmaßnahmen.<br />

Damit werden Freizeit- und<br />

Erholungsnutzungen von sensiblen<br />

Räumen ferngehalten beziehungs-<br />

weise in weniger empfindliche, aber<br />

trotzdem für Freizeit und Erholung<br />

attraktive Gebiete gelenkt. Ergänzend<br />

sollten Besucher gezielt mit pfiffig<br />

aufbereiteten Inhalten über die Gebiete<br />

informiert werden. Dies kann<br />

beispielsweise über Infotafeln, Flyer<br />

oder entsprechende Veranstaltungen<br />

erfolgen. Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> bietet die<br />

Ökostation in Bergkamen-Heil ein<br />

vielfältiges Veranstaltungs- und Exkursionsangebot<br />

an.<br />

Dennoch sind bei Schutzgebieten<br />

ordnungsrechtliche Regelungen wie<br />

Betretungs- und Nutzungsverbote in<br />

einigen Bereichen aus naturschutzfachlicher<br />

Sicht unverzichtbar. Insbesondere<br />

die ordnungsrechtlichen<br />

Regelungen stehen im öffentlichen<br />

Blickpunkt und werden kontrovers<br />

und oft stark emotionalisiert diskutiert.<br />

Häufig werden Sachverhalte verzerrt<br />

wiedergegeben. Aus Sicht von Freizeit-<br />

und Erholungssuchenden würden Betretungs-<br />

und Nutzungsverbote häufig<br />

unverhältnismäßige Einschränkungen<br />

bedeuten. Sie würden teilweise sogar<br />

die Ausübung einzelner Freizeit- und<br />

Erholungsaktivitäten existenziell gefährden.<br />

Betroffene reagieren daraufhin<br />

mit Unverständnis, Wut und<br />

Trotz oder zweifeln pauschal den Sinn<br />

jeglichen <strong>Natur</strong>schutzes an. Doch es<br />

trifft nicht zu, dass der <strong>Natur</strong>schutz


Freizeit- und Erholungsaktivitäten aus<br />

den Schutzgebieten komplett verbannen<br />

will. Er will und muss Aktivitäten<br />

in ökologisch empfindlichen Räumen<br />

lenken. Starke Beschränkungen sind<br />

ausschließlich in ökologisch besonders<br />

empfindlichen Räumen notwendig.<br />

� Wechselseitige Abhängigkeit<br />

Zu den Merkmalen unserer Gesellschaft<br />

gehört auch eine zunehmende<br />

Entfremdung von der <strong>Natur</strong>. Diese<br />

äußert sich auch darin, dass viele Menschen<br />

oft nicht mehr wissen, wie und<br />

woraus Lebensmittel hergestellt werden<br />

und bei einigen Kindern hat sich<br />

lila als Farbe von Kühen verinnerlicht.<br />

Des Weiteren wird das öffentliche<br />

Bild des <strong>Natur</strong>schutzes zunehmend als<br />

Verhinderungs- oder Blockierungsinstrument<br />

gekennzeichnet.<br />

Damit steht der <strong>Natur</strong>schutz zunächst<br />

vor einem Dilemma: Einerseits<br />

führt eine stärkere Nutzung von <strong>Natur</strong><br />

und Landschaft - wie oben geschildert<br />

- zu größeren Beeinträchtigungen und<br />

Belastungen. Andererseits begrüßt<br />

der <strong>Natur</strong>schutz grundsätzlich das<br />

steigende Interesse, seine Freizeit in<br />

<strong>Natur</strong> und Landschaft verbringen zu<br />

wollen. <strong>Natur</strong>schutz funktioniert nur<br />

mit den Menschen und nicht gegen sie.<br />

Für ein positives Verhältnis zur <strong>Natur</strong><br />

ist das persönliche Erleben von <strong>Natur</strong><br />

So sieht eine befahrenen Mountaine-<br />

Bike-Strecke aus. Foto:Archiv<br />

und Landschaft unerlässlich. <strong>Natur</strong>erleben<br />

soll Begeisterung für die <strong>Natur</strong><br />

und deren Schönheit wecken. Die<br />

Erholungsnutzung ist als Chance zu sehen,<br />

der <strong>Natur</strong>entfremdung entgegen<br />

zu wirken. In diesem Zusammenhang<br />

kann auch die gesellschaftliche und<br />

politische Akzeptanz des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

wieder gestärkt werden.<br />

� Perspektiven im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Die Sicherung des Freizeit- und<br />

Erholungsangebotes sowie die Weiterentwicklung<br />

einer attraktiven<br />

Erholungslandschaft ist sowohl aus<br />

<strong>Natur</strong>schutzsicht als auch aus Sicht der<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Erholungssuchenden von großem Interesse.<br />

Ziel muss es ein, die Ansprüche<br />

der Freizeit- und Erholungsnutzung an<br />

die Landschaft mit deren ökologischen<br />

Funktionen in Einklang zu bringen.<br />

Demnach sind beide Seiten gleichermaßen<br />

in der Pflicht, sich sowohl mit<br />

naturschutzfachlichen Argumenten als<br />

auch mit Ansprüchen unterschiedlicher<br />

Erholungs- und Freizeitaktivitäten zu<br />

befassen. Gefragt muss eine sachliche<br />

Zusammenarbeit sein und nicht<br />

eine emotional geprägte pauschale<br />

Verurteilung von <strong>Natur</strong>schutz beziehungsweise<br />

Freizeit- und Erholungsaktivitäten.<br />

Nur so kann festgelegt<br />

werden, welche Aktivitäten wo und in<br />

welchem Umfang möglich sind.<br />

Bei der Sicherung und Entwicklung<br />

attraktiver Erholungsbereiche leistet<br />

die Landschaftsplanung als Planungsinstrument<br />

des <strong>Natur</strong>schutzes wertvolle<br />

Beiträge. In den Landschaftsplänen<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> werden die ökologischen<br />

und die ästhetischen Qualitäten<br />

der Landschaft des <strong>Kreis</strong>gebiets<br />

erfasst. Auf dieser Grundlage werden<br />

Ziele und Maßnahmen benannt, um<br />

diese zu erhalten, zu verbessern oder<br />

wiederherzustellen. Im Sinne der Erholungsvorsorge<br />

bedeutet dies die Sicherung<br />

der natürlichen Voraussetzungen<br />

und eine Steuerung der Freizeit- und<br />

Erholungsnutzungen.<br />

29


30<br />

� Jugend und <strong>Natur</strong>schutz<br />

Die Entstehung der<br />

<strong>Natur</strong>schutzjugendbewegung im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

von Adrian Mork<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Die Gründung von <strong>Natur</strong>schutz-<br />

Jugendgruppen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

fällt in die Mitte der 80er Jahre.<br />

Gegründet wurden eigenständige<br />

Jugendgruppen zunächst in<br />

Kamen und Schwerte, die auch<br />

die beiden größten und kontinuierlich<br />

bestehenden Gruppen bis<br />

zu deren Auflösung Ende der 90er<br />

Jahre bleiben sollten. Jugendgruppen<br />

gab es kurzzeitig jedoch auch<br />

in Werne, <strong>Unna</strong> und Holzwickede.<br />

Die Gründer dieser Gruppen waren<br />

Jugendliche, die zuerst aktiv an<br />

örtlichen „Erwachsenen“-Gruppen<br />

teilgenommen hatten. Diese waren<br />

vor allem an den damaligen Deutschen<br />

Bund für Vogelschutz (DBV) angelehnt<br />

bzw. im <strong>Kreis</strong>verband des DBV <strong>Unna</strong><br />

organisiert.<br />

Das Umwelt- und <strong>Natur</strong>schutzthema<br />

hatte in den 80er Jahren ein sehr<br />

breites Interesse auch bei Kindern und<br />

Jugendlichen entfacht. Es war jedoch<br />

nicht möglich, diese Jugendlichen in<br />

Vogelbeobachtung am Geisecke-See in Schwerte. Alle Fotos: <strong>Natur</strong>schutzjugend<br />

Schwerte<br />

den organisatorischen Rahmen der<br />

Erwachsenen-Gruppen ohne spezifisches<br />

Jugendangebot zu integrieren.<br />

Trotz freundschaftlicher Kontakte gab<br />

es aus Sicht der Jugendlichen einen<br />

– wenn auch nicht ungewöhnlichen<br />

– „Generationenkonflikt“. Gerade den<br />

Jugendlichen, die nicht zunächst in den<br />

Erwachsenen-Gruppen mitgemacht<br />

hatten, waren diese häufig zu konservativ<br />

und zu stark auf das Thema<br />

„Vogelschutz“ beschränkt. Da aber die<br />

Gründer der Jugendgruppen bereits<br />

zumeist Mitglieder im DBV waren<br />

und sich innerhalb dieses Verbandes<br />

bundes- und landesweit ebenfalls


Jugendstrukturen gründeten, suchten<br />

die neuen Jugendgruppen hier ihren<br />

Anschluss.<br />

� Wichtige Impulse gesetzt<br />

Inhaltlich setzten die Jugendlichen<br />

sehr schnell auf einen wesentlich erweiterten<br />

Umweltschutzbegriff. Statt<br />

einzelne Arten beispielsweise durch<br />

das Aufhängen von Nistkästen zu<br />

fördern, wollten die Jugendlichen viel<br />

mehr umfassende Biotopschutzarbeit<br />

leisten und sich zum Beispiel auch<br />

mit dem Flächenverbrauch so nicht<br />

abfinden, wie die Erwachsenengruppen<br />

das aus jugendlicher Sicht bereits<br />

anscheinend taten. Auch kamen wichtige<br />

Impulse zu einer Rückbesinnung<br />

auf alte Landnutzungsformen aus der<br />

Jugend.<br />

Die wirtschaftliche Nutzung zum<br />

Beispiel von Streuobstwiesen hatte<br />

seinen Ursprung zunächst vor allem<br />

im Jugendbereich. Diese Impulse sind<br />

später auch vom Gesamtverband und<br />

auch vor Ort aufgegriffen worden.<br />

Überhaupt standen Lebensfragen,<br />

wie alternative Berufe, alternative<br />

Ernährung, alternative Mobilität usw.<br />

bei vielen Jugendlichen hoch im Kurs,<br />

während erwachsene <strong>Natur</strong>schützer<br />

ihren Lebensstil (Auto, Urlaubsreisen,<br />

Konsum, Ernährung) nicht in dem<br />

Maße hinterfragten und sich damit<br />

Kartoffelanbau mit Wildkräutern in Schwerte-Villigst<br />

aus Sicht der Jugend größere Widersprüche<br />

ergaben.<br />

Die Jugendgruppen entfalteten sehr<br />

schnell ein sehr dynamisches Gruppenleben,<br />

welches durch häufige Treffen,<br />

Biotopschutzaktionen, Demonstrationen<br />

(z.B. gegen Texaco-Tankstellen,<br />

gegen Umgehungsstraßen), Zeltlager<br />

und Fahrten (Greifvogelschutzaktionen<br />

gegen Wilderer auf Sizilien)<br />

vertieft wurde. Auch wurden Stellungnahmen<br />

gegen den Flächenverbrauch<br />

(Straßenbau, Wohnsiedlungen) und<br />

eine Vielzahl von Pressemitteilungen<br />

abgegeben. Dabei waren die<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Gründer der Jugendgruppen wegen<br />

ihrer verbandlichen Zugehörigkeit<br />

darauf bedacht, den Kontakt zu den<br />

Erwachsenen nicht zu verlieren. Nachdem<br />

auf Bundes- und Landesebene<br />

große Konflikte zum Beispiel um das<br />

Thema „Atomkraft“ sich zu Gunsten<br />

der Jugendlichen entwickelten und<br />

der DBV sich auch neuen Themen<br />

des Umweltschutzes öffnete, wurde<br />

auch auf <strong>Kreis</strong>ebene von den aktiven<br />

Jugendlichen daran gearbeitet, die<br />

Jugendstrukturen weiter auszubauen.<br />

Mit einiger Überzeugungsarbeit war<br />

es möglich, die Satzung des DBV auf<br />

31


32 PERSPEKTIVEN<br />

<strong>Kreis</strong>ebene mit einem eigenen Jugendstatus<br />

zu versehen und das Bestehen<br />

eigenständiger Jugendgruppen innerhalb<br />

des Verbandes anzuerkennen.<br />

Die Jugend gab dem Gesamtverband<br />

immer wieder neue Impulse. So<br />

änderte die Landes- und Bundesjugend<br />

ihren alten Namen von DBV-Jugend<br />

in <strong>Natur</strong>schutzjugend, was nicht<br />

alle im Erwachsenenverband freudig<br />

zur Kenntnis nahmen, obwohl sich zu<br />

diesem Zeitpunkt eine Erweiterung<br />

des verengten „Vogelschutzes“ bereits<br />

deutlich abzeichnete.<br />

Erst zur Wiedervereinigung und<br />

damit auch zur Vereinigung mit dem<br />

<strong>Natur</strong>schutz in Ostdeutschland vollzog<br />

dann auch der DBV seine Namensänderung<br />

zum <strong>Natur</strong>schutzbund<br />

Deutschland (NABU). Viele Jugendliche<br />

blieben aber nach wie vor den<br />

„eingefahrenen“ Strukturen, wie den<br />

Mitgliederversammlungen des NABU<br />

fern und waren damit unsichtbar für<br />

die Funktionsträger und sonstigen<br />

Aktiven im Erwachsenenverband. So<br />

führte ein Gutteil der <strong>Natur</strong>schutzjugendbewegung<br />

ein vom Hauptverband<br />

eher kaum wahrgenommenes<br />

Dasein und eine Grundskepsis gegenüber<br />

der „Jugend“ blieb über lange<br />

Zeit spürbar.<br />

Dies ist jedoch mit Sicherheit nicht<br />

der Grund, warum aktuell keine<br />

eigenständige <strong>Natur</strong>schutzjugendbewegung<br />

mehr im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> vorhanden<br />

ist. Gerade auf Landes- und<br />

Bundesebene, war nach anfänglichen<br />

Konflikten verbandsintern viel Raum<br />

und durch den Staat auch finanziell<br />

eine gute Förderung für die Jugendarbeit<br />

vorhanden. Hauptmanko zur<br />

Herausbildung stabiler Jugendstrukturen<br />

war der schnellere Wechsel der<br />

Funktionsträger in den Jugendgruppen.<br />

Häufig waren die Gruppenleiter<br />

altersmäßig im Oberstufenbereich zu<br />

finden und nach dem Abitur – bis auf<br />

wenige Ausnahmen – zumeist nicht<br />

mehr wohnhaft im <strong>Kreis</strong>gebiet. Diesen<br />

eigenen Nachwuchssorgen versuchten<br />

die Jugendlichen mit der Gründung<br />

von Kindergruppen zu begegnen, die<br />

sie selbst leiteten. Aufgrund des Wegzugs<br />

der Kindergruppenleiter (Studium)<br />

konnte die Kindergruppenarbeit<br />

ebenfalls nur über einen relativ kurzen<br />

Zeitraum aufrecht erhalten werden.<br />

Zu diesem Zeitpunkt klang auch das<br />

breite Interesse am Umweltschutz<br />

gesellschaftlich und in der Jugend ab,<br />

so dass trotz der Kindergruppenarbeit,<br />

die sehr starken Zuspruch hatte, keine<br />

nachhaltig tragfähigen Strukturen und<br />

entsprechender Nachwuchs für die<br />

Jugendgruppen entstanden. Ähnliche<br />

Tendenzen gab es landes- und bundesweit.<br />

� Probleme meistern<br />

Da die organisatorische Arbeit nur<br />

auf wenige Schultern verteilt war,<br />

befanden sich die Jugendgruppen ab<br />

Mitte der 90ger Jahre in Existenznöten.<br />

Von Seiten des Erwachsenenverbandes<br />

wurden diese jedoch kaum<br />

wahrgenommen. In Festschriften<br />

und Publikationen kommen die Jugendgruppen<br />

kaum oder gar nicht<br />

vor, obwohl diese ihren Ursprung und<br />

Anfang in den Erwachsenengruppen<br />

hatten und es auch immer wieder gemeinsame<br />

Aktionen zwischen Erwachsenen-<br />

und Jugendgruppen gegeben<br />

hat (z.B. Amphibienschutzzäune).<br />

Nachdem zunächst mehrere erfolgreiche<br />

„Generationswechsel“ innerhalb<br />

der Jugendgruppen stattfanden,<br />

kamen die Jugendgruppen schließlich<br />

allesamt zum Erliegen. Gründe für das<br />

völlige Erlöschen der Jugendgruppen<br />

ist nach Auffassung des Autors neben<br />

den jugendspezifischen Problemen des<br />

schnellen Generationswechsels auch<br />

in der passiven Haltung des Gesamtverbandes<br />

zu suchen. Dies ist jedoch<br />

weniger ein Vorwurf als vielmehr eine<br />

nachträgliche Feststellung, waren doch<br />

die Jugendgruppen ihrerseits äußerst<br />

auf Eigenständigkeit und Unabhängigkeit<br />

vom Gesamtverband bedacht und<br />

hätten zuviel Ansprache von Seiten der<br />

Erwachsenen sicherlich als eine Art der


PERSPEKTIVEN<br />

Bevormundung auffassen können.<br />

Aus eigener Erfahrung bleibt aber<br />

die Einschätzung, dass Nachwuchssorgen<br />

des Verbandes nur durch ein<br />

aktives Angebot des Gesamtverbandes<br />

in Richtung Jugend gelöst werden können.<br />

Hierzu sind in jüngerer Zeit erste<br />

Anstrengungen des <strong>Natur</strong>schutzbundes<br />

spürbar. Eine Kindergruppe wurde<br />

bereits in <strong>Unna</strong> gegründet. Aufgrund<br />

des wachsenden Arbeitsdrucks auf<br />

die wenigen ehrenamtlichen Helfer<br />

insgesamt (z.B. im Bereich der Biotoppflege)<br />

muss aber die Frage einer<br />

hauptamtlichen Unterstützung von<br />

Verbandsarbeit z.B. im Jugendbereich<br />

neu gestellt und diskutiert werden. Bei<br />

der vergleichsweise hohen Mitglieder<br />

anzahl hat der ehrenamtliche <strong>Natur</strong>schutz<br />

hierbei gewisse Spielräume, die<br />

er für eine positive Zukunftsentwicklung<br />

nutzen könnte und sollte. Nach erfolgreicher Wiesenmahd im Bürenbruch in Schwerte-Ergste<br />

33


34<br />

� Ehrenamt und <strong>Natur</strong>schutz<br />

Enormes Engagement für die<br />

<strong>Natur</strong> ist Ehrensache<br />

von Josef Tumbrinck<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Entgegen vieler negativer Stimmen<br />

hat der <strong>Natur</strong>schutz in<br />

Deutschland und besonders auch<br />

in Nordrhein-Westfalen in den<br />

vergangenen 25 Jahren sehr viel<br />

erreicht:´Wer hätte vor 25 Jahren<br />

gedacht, das im Jahr 2005 im<br />

Land trotz dichter Besiedlung der<br />

Rhein-Ruhr-Schiene über 10 %<br />

der Landesfläche <strong>Natur</strong>schutzflächen<br />

verschiedenster Prägung<br />

sind? Wer hätte vor 25 Jahren<br />

gedacht, dass NRW im Jahr 2005<br />

auf dem Weg zu seinem 2. Nationalpark<br />

ist? Oder wer hätte vor 25<br />

Jahren gedacht, dass es in NRW<br />

mit 44 Biologischen Stationen ein<br />

fast flächendeckendes Netz dieser<br />

Einrichtungen gibt?<br />

Auch die Erfolge in den Bereichen<br />

des Umweltschutzes bei der Gewässer-<br />

oder Luftreinhaltung können sich<br />

sehen lassen. Ich will nicht in Abrede<br />

stellen, dass wir viele noch ungelöste<br />

globale Herausforderungen haben:<br />

� wir haben ein nur leicht abgebremstes<br />

Bevölkerungswachstum,<br />

� unsere Meere werden überfischt,<br />

� der Verlust an Primärwäldern und<br />

Waldgebieten nimmt zu,<br />

� unsere Generation lebt schon in<br />

einem globalen Klimawandel<br />

� und wir haben einen enormen Verlust<br />

an Tier- und Pflanzenarten.<br />

In Deutschland kämpfen wir mit<br />

einer enormen Staatsverschuldung als<br />

Hypothek für künftige Generationen,<br />

mit einer viel zu hohen Arbeitslosigkeit<br />

und mit einer negativen demographischen<br />

Entwicklung, also mit insgesamt<br />

sinkenden Einwohnerzahlen.<br />

Aber trotz des Schrumpfens der<br />

Deutschen hält unser Flächenverbrauch<br />

mit ca. 105 ha/Tag fast unvermindert<br />

an. Flächenverbrauch in Deutschland<br />

hat sich schon seit mehreren Jahren<br />

von der Bevölkerungsentwicklung<br />

entkoppelt. Uns <strong>Natur</strong>schützern machen<br />

Deregulierungsbestrebungen<br />

bei Verwaltungsverfahren mit unabsehbaren<br />

Folgen für die <strong>Natur</strong> und die<br />

Intensität der Landbewirtschaftung<br />

weiterhin große Sorgen. Es gibt also<br />

genug zu tun.<br />

� Ehrenamt zahlt sich aus<br />

Wir werden aber auch in den<br />

nächsten Jahren bei immer knapper<br />

werdenden öffentlichen Haushalten<br />

die Betreuung unseres Schutzgebietssystems<br />

sicherstellen müssen. Wir<br />

wollen zudem den Biotopverbund in<br />

der Fläche ausweiten und wir wollen<br />

auf möglichst großer Fläche hin zu<br />

schonenden Landbewirtschaftungsmethoden<br />

wie sie der ökologische<br />

Landbau und eine zertifizierte Holzwirtschaft<br />

darstellen. Der <strong>Natur</strong>schutz<br />

hätte die Erfolge der letzten 25 Jahre<br />

nicht erreicht, hätte es nicht ein enormes<br />

ehrenamtliches Engagement in<br />

der <strong>Natur</strong>- und Umweltschutzbewegung<br />

gegeben. Dieses ehrenamtliche<br />

Engagement ist auch in den nächsten<br />

Jahren der Schlüssel zu weiteren Erfolgen.<br />

Mitgliederstarke und in der Breite<br />

aktive Verbände können zukünftig<br />

nicht nur viel bewegen, sie werden<br />

auch dringend gebraucht.<br />

Der NABU hat mit seinen bundes-


weit über 400.000 Mitgliedern und<br />

seinen allein 50.000 Mitgliedern in<br />

NRW durch kontinuierliches Wachstum<br />

schon eine beträchtliche Größe<br />

erreicht. Schauen wir in die benachbarten<br />

und von der Bevölkerungszahl<br />

etwa gleich großen Niederlande so<br />

stellt man mit Erstauen fest, dass<br />

dort allein unser Partnerverband<br />

Natuurmonumenten fast eine Million<br />

Förderer hat. Auch wir sehen in NRW<br />

noch starke Zuwächse und schätzen,<br />

dass in ländlichen Räumen 2 – 5 % der<br />

Einwohner zumindest als passive Förderer<br />

für den <strong>Natur</strong>schutz gewonnen<br />

werden können.<br />

Wir müssen allerdings darauf achten<br />

mit unseren Begründungen für den<br />

<strong>Natur</strong>schutz nicht an den Vorstellungen<br />

in der Gesellschaft vorbeizureden.<br />

Während bei repräsentativen<br />

Umfragen in der Bevölkerung als Begründungen<br />

für den <strong>Natur</strong>schutz die<br />

Sicherung einer nachhaltigen Nutzung<br />

und der Schutz der eigenen Heimat<br />

klar im Vordergrund stehen, erklären<br />

die <strong>Natur</strong>schützer selber ihr Handeln<br />

mit ökologischen Argumenten und<br />

einem moralischen Zeigefinger. Auf<br />

diesen moralischen Zeigefinger sollte<br />

man tunlichst verzichten, will man<br />

größere Teile der Bevölkerung für sein<br />

Ansinnen gewinnen. Zudem müssen<br />

wir wieder den Begriff der Heimat, der<br />

Mit vollem Eifer bei der Sache: Jugendliche<br />

bei der Gewässerpflege.<br />

leider von den Nationalsozialisten für<br />

ihre Zwecke missbraucht worden ist,<br />

nutzen und positiv besetzen.<br />

� <strong>Natur</strong>schutz als hoher Wert<br />

Entgegen aller Unkenrufe aus Teilen<br />

der Politik hat der <strong>Natur</strong>- und Umweltschutz<br />

auch heute seinen festen<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Platz in der Werteskala der Bevölkerung.<br />

In der breit angelegten Studie<br />

„Umweltbewusstsein in Deutschland<br />

2004“ des Bundesumweltministeriums<br />

ist nachzulesen, dass 92 % der<br />

Bevölkerung dieses Thema wichtig ist.<br />

Umweltschutz und Soziale Gerechtigkeit<br />

folgen nach Arbeitsmarkt und<br />

wirtschaftlicher Lage an dritter Stelle<br />

der wichtigsten Probleme.<br />

Es ist verständlich, dass den Menschen<br />

Arbeitslosigkeit oder die Sorge<br />

um den Arbeitsplatz derzeit wichtiger<br />

ist. Umso entscheidender ist es, die<br />

drängendsten Probleme der Menschen<br />

miteinander in Einklang zu bringen.<br />

Dies sind ausweislich der Studie die<br />

ökonomische und ökologische Entwicklung<br />

sowie die Soziale Gerechtigkeit<br />

und genau das ist nun auch der<br />

hohe Anspruch der weltweiten Erdcharta,<br />

der Agenda 21, dessen Signal<br />

von der Konferenz in Rio de Janeiro<br />

1992 ausgegangen ist.<br />

Die schon zitierte Studie aus dem<br />

Bundesumweltministerium sagt auch,<br />

dass gut 1/3 der Bevölkerung für<br />

ehrenamtliche Mitarbeit gewonnen<br />

werden könnte. Eine Zahl, die manche<br />

<strong>Natur</strong>schutzgruppe im Lande, die<br />

keinen Nachwuchs an ehrenamtlich<br />

Aktiven findet, nicht glauben will. Aus<br />

meinen Erfahrungen stimmt sie aber.<br />

Entscheidend ist, dass wir uns in einem<br />

35


36 PERSPEKTIVEN<br />

Wandel des ehrenamtlichen Engagements<br />

befinden. Viele, gerade auch<br />

jüngere Menschen, engagieren sich auf<br />

Zeit, sie begrenzen ihr Engagement,<br />

weil sie Zeit für weitere Aktivitäten<br />

haben wollen. Ehrenamtliche fragen<br />

verstärkt nach ihrem „Mehrwert“ und<br />

meinen damit nicht finanzielle Vorteile,<br />

sondern ein mehr an Erfahrungen,<br />

Kontakten oder Fähigkeiten.<br />

� Blick in die Zukunft<br />

<strong>Natur</strong>- und Umweltschutzverbände<br />

müssen daher eine andere Vereinskultur<br />

entwickeln, wenn sie dieses<br />

Potential dauerhaft ausschöpfen wollen.<br />

Das ist auch für den NABU mit<br />

seiner über 100 Jahre alten Geschichte<br />

eine große Herausforderung, weil wir<br />

gewohntes Handeln in Frage stellen<br />

müssen. Dies ist aber erforderlich,<br />

um auch als Ehrenamtsorganisation<br />

zukunftsfähig zu sein. Viele kleine<br />

und größere Erfolge auf diesem Weg<br />

machen aber Mut. Folgende Dinge<br />

spielen in dieser Ehrenamtskultur für<br />

den NABU eine Rolle:<br />

1. Erfolge in den Vordergrund<br />

stellen<br />

<strong>Natur</strong>schützer sollten zuerst über<br />

ihre Erfolge reden. Nichts ist für potenzielle<br />

Ehrenamtliche unattraktiver<br />

als bei denen mitzumachen, die sich<br />

Baumschnitt: Hier ist der volle Einsatz<br />

gefragt.<br />

selber als Verlierer sehen und das<br />

auch nach außen so kommunizieren.<br />

Dies hat nichts damit zu tun, sich<br />

auch Niederlagen einzugestehen oder<br />

negative Entwicklungen beim Namen<br />

zu nennen sowie Kritik zu üben. Um<br />

als Gruppe attraktiv zu sein, müssen<br />

wir aber unsere Erfolge erkennen und<br />

würdigen.<br />

2. Belohnungskultur<br />

Die Menschen, die sich für die Ziele<br />

des <strong>Natur</strong>schutzes einsetzen, müssen<br />

für ihr Engagement auch Anerkennung<br />

erhalten. Das können Auszeichnungen<br />

oder Ehrenzeichen sein. Viel wichtiger<br />

ist aber eine Vereinskultur, die<br />

den Ehrenamtlichen ein Dankeschön<br />

zurückgibt. Das kann schon das gemeinsame<br />

Mittagessen während eines<br />

Arbeitseinsatzes sein. Das ist eine<br />

Weihnachtsfeier des Vereins für die<br />

Aktiven und vieles mehr.<br />

3. Ehrenamtsbetreuung<br />

Zielgerichtete Ehrenamtsgewinnung<br />

bedient sich neuer Instrumente.<br />

Ehrenamtliche wollen wissen, was sie<br />

mit welchem Umfang bei uns machen<br />

können, um ihr Engagement inhaltlich<br />

und zeitlich zu begrenzen. Aufgaben<br />

sollten daher klar umrissen sein, von<br />

ihrem Zeitaufwand beziffert werden<br />

und deutlich werden lassen, welchen


persönlichen Mehrwert man bei dieser<br />

Tätigkeit gewinnen kann. Ehrenamtliche<br />

sollten bei ihrem Einstieg möglichst<br />

von erfahrenen und aufgeschlossenen<br />

Mitarbeitern („Paten“) in der ersten<br />

Zeit begleitet werden. Sinnvoll kann<br />

eine einzige Koordinierungsperson<br />

sein, die als kommunikativer „Kümmerer“<br />

hier die Fäden zusammenhält und<br />

Rückmeldungen von neuen Ehrenamtlichen<br />

bekommt, ob es bei ihren Aktivitäten<br />

Probleme gibt. Bewährt haben<br />

sich auch so genannte „Jobbörsen“, in<br />

denen der Verein potenzielle Aufgaben<br />

für Ehrenamtliche benennt und vom<br />

Umfang und Benefit umschreibt. Im<br />

Internet oder als Faltblatt lässt sich ein<br />

solches Angebot gut kommunizieren.<br />

4. Lebensabschnittsspezifische<br />

Angebote<br />

Es ist natürlich klar, dass jüngere<br />

Menschen in der Tendenz manche<br />

Angebote eher wahrnehmen als ältere<br />

Menschen und umgekehrt. Hier sollte<br />

man ruhig auch einmal differenzieren<br />

und nicht den Anspruch haben, alle<br />

Aktivitäten für alle Zielgruppen anbieten<br />

zu wollen. Welcher Verein macht<br />

aber Angebote für Familien mit Kindern,<br />

bei denen z.B. die Betreuung der<br />

Kleinen gewährleistet wird, während<br />

PERSPEKTIVEN<br />

sich die Großen mit anderen Aufgaben<br />

befassen? Hier werden manche Möglichkeiten<br />

noch gar nicht ausgenutzt.<br />

Es gibt noch vieles mehr, was sich an<br />

Ideen in den Gruppen entwickelt, die<br />

für Neuerungen aufgeschlossen sind.<br />

Solche Veränderungsprozesse sind<br />

nicht immer einfach. Im NABU haben<br />

sich jüngere Leute aus dem Verein<br />

zusammengefunden, die als „NABU-<br />

Beraterteam“ interessierte Gruppen<br />

in einem Organisationsentwicklungsprozess<br />

ehrenamtlich begleiten und<br />

sie fit für die Zukunft machen. Auch<br />

das ist ehrenamtliches Engagement<br />

im <strong>Natur</strong>schutz.<br />

37


38 PERSPEKTIVEN<br />

� Landwirtschaft und <strong>Natur</strong>schutz<br />

Landwirtschaft und <strong>Natur</strong>schutz,<br />

ein Gegensatz in sich?<br />

von Heinz-Wilhelm Büscher<br />

In vielen Diskussionen und Publikationen<br />

der letzten Jahre<br />

drängte sich der Eindruck auf,<br />

dass hier zwei natürliche Gegner<br />

aufeinandertreffen und das eine<br />

zusammen mit dem anderen nicht<br />

möglich ist. Tatsächlich ist es aber<br />

so, dass der Konsens zwischen<br />

beiden Ausgangspunkten gefunden<br />

werden muss.<br />

Zum einen ist die Landwirtschaft<br />

der größte und wichtigste Flächennutzer<br />

in der Bundesrepublik und auch im<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Insgesamt bewirtschaften<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 780 landwirtschaftliche<br />

Betriebe mehr als 26.000 ha<br />

landwirtschaftlicher Nutzfläche. Zum<br />

anderen ist auch die Landwirtschaft<br />

den Prinzipien der Nachhaltigkeit und<br />

der Erhaltung der Biologischen Vielfalt<br />

verpflichtet.<br />

Die Kulturlandschaft, wie wir sie hier<br />

und heute vorfinden und die nicht nur<br />

uns schützenswert erscheint, ist das<br />

Ergebnis einer mehrhundertjährigen<br />

landwirtschaftlichen Bewirtschaftung.<br />

Der Hellwegraum war schon im Mittelalter<br />

die Kornkammer Westfalens<br />

und die Ruhr- und Lippeauen intensive<br />

Grünlandflächen zur Weidemast<br />

(Fettweiden). Bis in die sechziger Jahre<br />

des vergangenen Jahrhunderts war<br />

eine höchstmögliche Produktion landwirtschaftlicher<br />

Produkte erforderlich,<br />

um die Ernährung der Bevölkerung<br />

sicherstellen zu können.<br />

In dieser Zeit war <strong>Natur</strong>schutz<br />

sicherlich nur ein Randthema. Weil<br />

die Funktion der Landwirtschaft zur<br />

Ernährungssicherung kaum noch<br />

wahrgenommen wird, haben sich die<br />

Wertigkeiten heute insoweit verschoben,<br />

dass sich die Landwirtschaft mit<br />

den Ansprüchen des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

auseinandersetzen muss.<br />

� Landschaftspläne<br />

Seit 1985 gibt es im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Landschaftspläne. Hier wurde die<br />

Landwirtschaft erstmals mit Flächenansprüchen<br />

für <strong>Natur</strong>schutzgebiete,<br />

Anlagen von Feldgehölzen,<br />

Baumreihen, Hecken und Säumen<br />

konfrontiert. Inzwischen liegen bis<br />

auf den in Aufstellung befindlichen<br />

Landschaftsplan <strong>Unna</strong>-Stadt flächendeckende<br />

Landschaftspläne vor. Die<br />

ersten Landschaftspläne Lünen, Selm<br />

und Werne-Bergkamen werden zur<br />

Zeit schon wieder überarbeitet.<br />

Durch die Festsetzungen der Landschaftspläne<br />

wurden bisher über 1.000<br />

ha landwirtschaftlicher Nutzfläche<br />

unter <strong>Natur</strong>schutz gestellt und werden<br />

weitere erhebliche Flächen durch die<br />

Inanspruchnahme für Feldgehölze,<br />

Baumreihen, Hecken und Säume der<br />

landwirtschaftlichen Nutzung entzogen.<br />

Die <strong>Natur</strong>schutzflächen wurden<br />

zum großen Teil von verschiedenen<br />

öffentlichen Trägern (<strong>Kreis</strong>, KVR,<br />

Landesstiftung) erworben und der<br />

landwirtschaftlichen Nutzung entzogen<br />

oder zur extensiven Nutzung an<br />

die Landwirte zurückverpachtet.<br />

Die Pflege der Landschaftselemente<br />

obliegt dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, so dass sich<br />

hieraus für die Zukunft erhebliche<br />

finanzielle Belastungen ergeben werden.<br />

Über den Projektträger, der <strong>Natur</strong>-


förderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> (NFG), wurde gemeinsam mit<br />

der Landwirtschaftskammer NRW und<br />

dem Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband<br />

das Projekt „Bauern<br />

pflegen Landschaft“ initiiert. Durch<br />

dieses Projekt soll der Grundstein für<br />

eine langfristige Sicherstellung der<br />

Pflege von Landschaftselementen<br />

gelegt werden. Hierbei handelt es<br />

sich insbesondere um die Pflege von<br />

Gehölzen, Kopfbäumen, Hecken und<br />

Obstbäumen, um das Offenhalten<br />

von Flächen durch Entbuschung und<br />

die Mahd von feuchtem und nassem<br />

Grünland. Die Finanzierung erfolgt aus<br />

Mitteln des Vertragsnaturschutzes,<br />

größtenteils aus EU- und aus Landesmitteln.<br />

� Pflege durch Landwirte<br />

Die Pflege durch Landwirte im<br />

Rahmen der Bewirtschaftung hat sich<br />

als die effektivste und nachhaltigste<br />

erwiesen. Gleichzeitig besteht für die<br />

teilnehmenden Landwirte durch gesicherte<br />

Zahlungen die Möglichkeit,<br />

den Bereich der Landschaftspflege als<br />

Betriebszweig auszubauen.<br />

Bei Flächen, die nicht im öffentlichen<br />

Eigentum stehen, ergeben<br />

sich verschiedene Alternativen aus<br />

den Agrarumwelt- und Kulturlandschaftsprogrammen.<br />

Hierbei sind aus<br />

„Bauern pflegen Landschaft “ ist ein von<br />

der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für den<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (NFG) initiiertes Projekt.<br />

PERSPEKTIVEN<br />

der Sicht des <strong>Natur</strong>schutzes folgende<br />

Maßnahmen von Bedeutung:<br />

� Extensive Grünlandnutzung;<br />

� Extensive Produktionsverfahren im<br />

Ackerbau;<br />

� Anlage von Schon- und Blühstreifen;<br />

� Bewirtschaftung von Acker, Grünland<br />

und sonstigen Biotopen im<br />

Rahmen des Vertragsnaturschutzes;<br />

� Erosionsschutzmaßnahmen;<br />

� Langjährige Stilllegung;<br />

� Anlage von Uferrandstreifen.<br />

Die Einbindung von <strong>Natur</strong>schutzmaßnahmen<br />

in den landwirtschaftlichen<br />

Betrieb setzt eine funktionierende<br />

Betriebsstruktur voraus. Eine<br />

ausschließliche Bewirtschaftung von<br />

Flächen im Rahmen der genannten<br />

Programme ist wirtschaftlich nicht<br />

tragfähig.<br />

Die verschiedenen Betriebsstrukturen<br />

beinhalten unterschiedliche<br />

Flächenansprüche. Veredlungsbetriebe<br />

mit Schweinehaltung und Bullenmast<br />

benötigen ausreichende Ackerflächen<br />

zum Anbau des Futters und zur umweltschonenden<br />

Ausbringung des<br />

anfallenden Düngers. Flächenverluste<br />

sind hier nur begrenzt kompensierbar.<br />

Für diese Betriebe bieten sich Erosionsschutzmaßnahmen,<br />

Schonstreifen und<br />

39


40<br />

PERSPEKTIVEN<br />

Uferrandstreifen an. Milchviehbetriebe<br />

sind auf die intensive Grünland- und<br />

Ackernutzung angewiesen. Eine Extensivnutzung<br />

kommt nur in Teilbereichen<br />

zur Jungviehaufzucht in Betracht.<br />

Extensive Grünlandnutzungen können<br />

in größeren Anteilen lediglich in<br />

Pferdebetrieben Anwendung finden.<br />

Hier kann auch Futter mit geringerem<br />

Nährstoffgehalt verfüttert werden.<br />

� Ausblick<br />

Ein Zusammenwirken von Na-<br />

turschutz und Landwirtschaft führt<br />

langfristig nur dann zum Erfolg,<br />

wenn die wirtschaftliche Situation<br />

der betroffenen landwirtschaftlichen<br />

Betriebe angemessen berücksichtigt<br />

wird. Die Landwirtschaft kann dann<br />

ein verlässlicher Vertragspartner sein,<br />

mit dem <strong>Natur</strong>schutzmaßnahmen auf<br />

Dauer umgesetzt und unterhalten<br />

werden können.<br />

Darüber hinaus erbringen viele<br />

Landwirte Leistungen, ohne eine<br />

Honorierung dafür zu erwarten.<br />

Auch konventionell bewirtschaftete<br />

Acker- und Grünlandflächen stellen<br />

Lebensräume für viele Arten dar. Nur<br />

das Nebeneinander von intensiv und<br />

extensiv bewirtschafteten Flächen gibt<br />

unserer Kulturlandschaft ihren Charakter.<br />

Eine lebendige Landschaft ist<br />

nur durch und mit der Landwirtschaft<br />

möglich.<br />

Deshalb muss es auch im Sinne des<br />

<strong>Natur</strong>schutzes sein, leistungsfähige<br />

landwirtschaftliche Betriebe auf Dauer<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> zu erhalten.


� Dieter Ackermann aus Schwerte<br />

Ein leidenschaftlicher <strong>Natur</strong>freund<br />

wird 70 Jahre jung<br />

Früher wie heute auf der Pirsch: Dieter Ackermann vor einem Mornellregenpfeifer.<br />

von AGON Schwerte<br />

Dieter Ackermann ist ein Mann<br />

für alle Fälle – egal, ob es sich um<br />

§ 29 Stellungnahmen, Flächenbeurteilungen<br />

für Ausgleichsmaßnahmen<br />

handelt oder um praktischen<br />

<strong>Natur</strong>schutz geht.<br />

PERSONEN<br />

Unnützer Flächenverbrauch ist für<br />

ihn immer ein „Rotes Tuch“. Seit 1973<br />

wohnt der gebürtige Dortmunder in<br />

Schwerte-Ergste und ist damit ein<br />

41


42 PERSONEN<br />

Stück näher an der <strong>Natur</strong>, die ihn schon<br />

immer interessierte. Eine ornithologische<br />

Fahrt mit der VHS Schwerte im<br />

Jahr 1976 zu den Wildgänsen nach<br />

Holland ließ in ihm den Entschluss<br />

reifen, in Schwerte mehr für den <strong>Natur</strong>schutz<br />

zu tun. 1979 konnte er diese<br />

Idee als Leiter der AGON (Arbeits-<br />

Gemeinschaft- Ornithologie und <strong>Natur</strong>schutz)<br />

verwirklichen. Die AGON<br />

wurde als Arbeitsgemeinschaft der<br />

Volkshochschule Schwerte gegründet<br />

und fand bald regen Zulauf. Zu dem<br />

ursprünglichen Thema „Vogelschutz“<br />

kamen nach und nach die Gruppen<br />

Pilze, Botanik, Nisthilfenbau, Amphibienschutz,<br />

Insekten, Spinnen und<br />

Schmetterlinge dazu.<br />

� Kein bisschen müde<br />

Inzwischen hat die AGON unter seiner<br />

Leitung ihren 25. Geburtstag gefeiert,<br />

aber weder er noch die AGON<br />

zeigen Verschleißerscheinungen und<br />

der Enthusiasmus ist noch der gleiche,<br />

was sich gerade jetzt wieder bei Pflegemaßnahmen<br />

im <strong>Natur</strong>schutzgebiet<br />

Ebberg bewies.<br />

Seit 1994 ist Dieter Ackermann<br />

zwar arbeitsmäßig im Ruhestand,<br />

setzt dafür aber seine Kräfte jetzt voll<br />

für die Erhaltung der Landschaft ein.<br />

Lange Jahre war er stellvertretender<br />

Vorsitzender des NABU – <strong>Kreis</strong>verbandes<br />

<strong>Unna</strong>.<br />

Heute arbeitet er als Vorsitzender<br />

im Landschaftsbeirat des <strong>Kreis</strong>es tatkräftig<br />

mit. Außerdem zeigt er Diavorträge<br />

und macht auch ornithologische<br />

Führungen, um so Menschen an die<br />

<strong>Natur</strong> heranzuführen – und ist dabei<br />

immer jung geblieben.


� Biografie<br />

Helmut July ist ein<br />

<strong>Natur</strong>freund mit Leib und Seele<br />

von Corinna Glück<br />

Seine Augen strahlen und seine<br />

Begeisterung ist deutlich spürbar,<br />

wenn Helmut July erzählt. Immer<br />

wieder fallen ihm neue Anekdoten<br />

und Erlebnisse rund um sein<br />

unstillbares Engagement für die<br />

<strong>Natur</strong> ein. Anfangs als „Chlorophyll-Apostel“,<br />

„Grüner Terrorist“<br />

oder „Spinner vom Beversee“<br />

tituliert, wurde er später mit<br />

zahlreichen Auszeichnungen und<br />

Preisen anerkannt. Jüngst erhielt<br />

der heute 69-Jährige für das<br />

langjährige ehrenamtliche Engagement<br />

die Ehrenmedaille der Stadt<br />

Bergkamen.<br />

Seine Leidenschaft für Flora und<br />

Fauna begann eigentlich ganz unspektakulär.<br />

Mit elf Jahren bekam der gebürtige<br />

Soester von einem Nachbarn<br />

sein erstes Bienenvolk geschenkt. „Ich<br />

war begeistert. So fing alles an. Ich<br />

begann, die <strong>Natur</strong> zu beobachten“,<br />

erinnert sich Helmut July. Von da an<br />

zogen sich die Aktivitäten für die <strong>Natur</strong><br />

PERSONEN<br />

Helmut July setzt sich mit ganzem Herzen für die <strong>Natur</strong> ein. Foto: Ralf Sänger.<br />

wie ein roter Faden durch sein Leben.<br />

An der Pädagogischen Hochschule in<br />

Osnabrück studierte Helmut July Päd-<br />

agogik mit der Hauptfachrichtung Biologie.<br />

Von 1960 bis 1962 unterrichtete<br />

er auf Neufehn in Ostfriesland. Aus<br />

43


44 PERSONEN<br />

familiären Gründen zog er 1962 wieder<br />

nach Bergkamen. Dort war er erst<br />

an der Albert-Schweitzer-Schule und<br />

später an der Harkortschule tätig.<br />

� Leben in und für die <strong>Natur</strong><br />

Während seiner Lehrtätigkeit begann<br />

Helmut Julys Tag um kurz vor<br />

sechs. Nachdem Tauben und Zwerghühner<br />

gefüttert waren, unterrichtete<br />

er seine Schüler. Danach begannen<br />

seine Feldzüge für die <strong>Natur</strong>: Ortsbesichtigung<br />

am Beversee, Gespräche<br />

mit dem Bürgermeister, Forstbeamten<br />

und der Presse. Abends schrieb<br />

er seine Eindrücke auf oder diktierte<br />

seiner Frau offizielle Stellungnahmen.<br />

„Richtig Feierabend hatte ich eigentlich<br />

nie“, erzählt er. „<strong>Natur</strong>schutz ging<br />

immer vor Privatleben.“ So ist es kein<br />

Wunder, dass Helmut July sich einige<br />

Erfolge auf die Fahne schreiben kann.<br />

Für ihn zählt auch ein wiederbesetztes<br />

Hornissennest oder ein erfolgreich umgesiedelter<br />

Ameisenhaufen dazu.<br />

Mitte der sechziger Jahre begann<br />

seine Blütezeit als <strong>Natur</strong>schützer. Ob<br />

Mitglied oder Vertreter beim World<br />

Wildlife Found, Greenpeace oder der<br />

Schutzgemeinschaft Deutscher Wald,<br />

der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für<br />

den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> oder der Schutzstation<br />

Wattenmeer, der Westfälischen<br />

Ornithologischen Gesellschaft oder<br />

der Ameisenschutzwarte des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen, überall versuchte<br />

Helmut July sein Wissen und seine<br />

Erfahrung einzubringen oder neue<br />

Ideen zu sammeln. Seine Lieblingsbeschäftigung<br />

war und ist auch heute<br />

noch die Imkerei.<br />

Über 20 Jahre war er Geschäftsführer<br />

des <strong>Kreis</strong>imkervereins <strong>Unna</strong>-Hamm.<br />

Einige der zahlreichen Institutionen<br />

hat der <strong>Natur</strong>begeisterte auf eigenen<br />

Wunsch verlassen. „Heute bin ich<br />

noch mit Leib und Seele Landschaftswächter<br />

für die Lippeaue, Berghalden<br />

und den Beversee.“ Der Beversee.<br />

Helmut Julys besonderer Stolz. „Das<br />

ist ein regelrechtes Kleinod“, erzählt<br />

er schwärmerisch. Dank seiner Hartnäckigkeit<br />

und Überzeugung – immerhin<br />

füllen seine Briefe, Zeitungsausschnitte<br />

und Ablehnungen mehrere Aktenordner<br />

– haben verschiedene Enten,<br />

Schwäne, Gänse, Kormorane und<br />

andere Gefiederte hier ein Biotop<br />

gefunden. Ebenso leben im Wald<br />

Fledermäuse, viele Falterarten, Rehe<br />

sind die größere Wildart dort neben<br />

Fuchs, Hase, Kaninchen und anderen.<br />

Für den Kundigen ein Eldorado. In den<br />

sechziger Jahren wollten Politiker das<br />

Gewässer verfüllen, 1985 wurde es<br />

zum <strong>Natur</strong>schutzgebiet erklärt. Das<br />

hütet der Landschaftswächter wie<br />

seinen eigenen Augapfel. Wenn er mit<br />

seinem französischen Jagdhund Elch<br />

durchs Gelände läuft, muss er ab und<br />

an Camper vertreiben, Spaziergänger<br />

bitten, ihre Hunde anzuleinen oder<br />

ihren Müll mitzunehmen. Übrigens:<br />

Helmut July ist seit 1981 Landschaftswächter<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />

� Für seine Tätigkeit geehrt<br />

Als Lehrer lag ihm natürlich auch<br />

am Herzen, junge Menschen für die<br />

<strong>Natur</strong> zu begeistern. So setzte er<br />

sich ab 1968 für den Umbau und die<br />

Erweiterung des Jugendwaldheims<br />

„Ringelstein“ ein. 1988 kam zur Einweihung<br />

des neuen und alten Jugendwaldheims<br />

sogar der damalige NRW-<br />

Umweltminister Klaus Matthiesen.<br />

Seitdem beeindrucken die fünf- bis<br />

zehntägigen Aufenthalte so manchen<br />

Schüler. Stichwort Klaus Matthiesen.<br />

Stolz ist Helmut July ebenfalls darauf,<br />

dass Minister Matthiesen bereits zwei<br />

Jahre zuvor, am 23. Mai 1986, mit dem<br />

Hubschrauber anreiste, um July mit<br />

dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik<br />

Deutschland auszuzeichnen, das er<br />

als Lohn für sein Umweltengagement<br />

erhielt. Die Liste der Auszeichnungen<br />

und Preise ließe sich lange fortsetzen.<br />

Doch für Helmut July zählen die Taten<br />

für die <strong>Natur</strong> – und das bis heute. „Ich<br />

bin nur ruhiger als früher,“ sagt der<br />

<strong>Natur</strong>freund und lächelt.


NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

� Im Auftrag der Biologischen Station<br />

Das Kopfbaumkataster für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>:<br />

erste Ergebnisse der kreisweiten Erfassung<br />

Abb. 1: Alte Kopfweiden in der Bergkamener Lippeaue. Alle Fotos: Wagner<br />

von Edeltraut Wagner<br />

Kopfbäume sind von Menschenhand<br />

entstanden und verkörpern<br />

ein Stück Kulturgeschichte. Sie<br />

sind typische Landschaftselemente<br />

vieler Regionen Mitteleuropas, die<br />

im Zusammenspiel mit anderen<br />

Biotopen entscheidend Erlebnis-<br />

wert und <strong>Natur</strong>nähe der Kulturlandschaft<br />

beeinflussen.<br />

Vor allem ältere, hohle Exemplare<br />

faszinieren mit ihrer imposanten Gestalt.<br />

Ihnen kommt auch eine große<br />

ökologische Bedeutung zu. Denn aufgrund<br />

der Vielfalt an Strukturen, wie<br />

Rissen, Nischen und Höhlen bieten sie<br />

zahlreichen Tieren einen Brut-, Ruhe-<br />

und Nahrungsraum.<br />

Jahrhunderte lang wurden Kopfbäume<br />

als eine regenerationsfähige<br />

Rohstoff- und Energiequelle geschätzt.<br />

Heute ist die ökonomische Bedeutung<br />

dieser alten Holznutzungsform<br />

Geschichte. Die Kopfbaumkultur ist<br />

nahezu verschwunden. Geblieben ist<br />

45


46 NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

aber deren Bedeutung für <strong>Natur</strong> und<br />

Landschaft.<br />

� Anlass und Zielsetzung<br />

Anlass für die kreisweite Erfassung<br />

von Kopfbäumen seitens der Biologischen<br />

Station ist deren besondere<br />

Bedeutung vor allem für die Tierwelt.<br />

Dieses vor dem Hintergrund, dass<br />

mit dem Wegfall der wirtschaftlichen<br />

Bedeutung der Erhalt der Kopfbäume<br />

gefährdet ist. Sie werden entweder<br />

direkt aus der Landschaft entfernt,<br />

oder aber ihre Pflege wird aufgegeben,<br />

womit ein Auseinanderbrechen und<br />

Absterben der Kopfbäume vorprogrammiert<br />

ist.<br />

Kopfbäume würden wahrscheinlich<br />

gänzlich aus unserer Landschaft<br />

verschwinden, wenn nicht, wie auch<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> der ehrenamtliche und<br />

hauptamtliche <strong>Natur</strong>schutz diesen<br />

Prozess aufhalten würde. Mit der Erstellung<br />

eines Kopfbaumkatasters für<br />

das <strong>Kreis</strong>gebiet werden verschiedene<br />

Zielvorgaben verfolgt:<br />

� zunächst soll die kreisweite Erfassung<br />

einen Überblick zum Kopfbaumbestand<br />

im <strong>Kreis</strong> liefern<br />

� zukünftig soll das Kataster als<br />

Grundlage für eine abgestimmte<br />

Planung dauerhafter Kopfbaumpflege<br />

und die Abschätzung des<br />

notwendigen Aufwandes dienen<br />

� Die Erstellung des Katasters<br />

Im Winter 2002/2003 wurde im<br />

Auftrag der Biologischen Station eine<br />

umfangreiche und flächendeckende<br />

Kopfbaumkartierung begonnen. Bisher<br />

konnten sechs Gemeindegebiete und<br />

ein weiteres teilweise erfasst werden.<br />

Die Kartierung der übrigen Gemeinden<br />

ist im Winter 2004/2005 durchgeführt<br />

worden, so dass das Kataster in 2005<br />

fertiggestellt sein wird.<br />

� Die Kartierung<br />

Die Kopfbaumkartierung erfolgte<br />

außerhalb der Siedlungsbereiche,<br />

wobei das Kartiergebiet systematisch<br />

abgefahren wurde. Die Lage von<br />

Kopfbäumen wurde in eine Karte im<br />

Maßstab 1:5000 (DGK-5) eingetragen.<br />

Mittels eines Erfassungsbogens<br />

wurden Angaben zum Standort und<br />

zu einzelnen Kopfbäumen gemacht,<br />

wobei ein Standort mehrere Kopfbäume<br />

umfassen kann. Als Standortdaten<br />

notiert wurden u.a.: Kartierdatum,<br />

Standortnummer, Angaben zur Erreichbarkeit<br />

und eine Standortbeschreibung.<br />

Angaben zu einzelnen<br />

Kopfbäumen umfassten: Kopfbaumnummer,<br />

Art- bzw. Gattungsname,<br />

Anmerkungen bei abgestorbenen,<br />

durchgewachsenen, sehr alten oder<br />

sehr jungen Bäumen (Neuanpflanzungen);<br />

des weiteren wurde der<br />

letzte Schnittzeitpunkt (sofern frisch<br />

geschnitten) und eine Empfehlung<br />

zum Zeitraum des nächsten Pflegeschnittes<br />

erhoben. Letztere besteht<br />

aus einer Grob- und Feinklassifizierung<br />

in Anlehnung an die von LOSKE (1982)<br />

definierten Pflegekategorien:<br />

� kurzfristig pflegebedürftig (A): sofort<br />

schneiteln<br />

� mittelfristig pflegebedürftig (B): in<br />

1-2 Jahren schneiteln<br />

� mittelfristig pflegebedürftig (C): in<br />

3-5 Jahren schneiteln<br />

� langfristig pflegebedürftig (D): in<br />

6-8 Jahren schneiteln<br />

� langfristig pflegebedürftig (E): in<br />

9-10 Jahren schneiteln<br />

� Pflege nicht mehr möglich (F):<br />

schneiteln nicht mehr möglich<br />

(überaltert, abgestorben, etc.)<br />

Der Einschätzung des nächsten<br />

Pflegezeitraumes eines Kopfbaumes<br />

wurde ein acht- bis zehnjähriger Pflegeturnus<br />

zu Grunde gelegt. Für junge<br />

Kopfbäume wurde ein geringerer<br />

Pflegeabstand angenommen.<br />

� Die EDV-Aufbereitung<br />

Das Kopfbaumkataster für den<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> besteht aus zwei Teilen:<br />

der kartographischen Darstellung der<br />

Kopfbäume in einer digitalen Karte<br />

mittels eines Geographischen Informationssystems<br />

und einem Datenbankteil


NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Abb. 2: Punktverbreitungskarte mit Darstellung der Pflegebedürftigkeit im Bereich der Lippe zwischen Werne und Bergkamen<br />

der alle Sachdaten enthält. Geodaten<br />

und Sachdaten sind durch eine Schnittstelle<br />

über die individuelle Kopfbaumnummer<br />

miteinander verbunden.<br />

In dem Geographischen Informationssystem<br />

[ESRI ArcView] wurde<br />

eine Punktverbreitungskarte erstellt,<br />

in der jeder Punkt einem Kopfbaum<br />

entspricht. Über eine Legendenfunktion<br />

kann z.B. eine farblich abgestufte<br />

oder symbolhafte Darstellung der<br />

Pflegebedürftigkeit der Kopfbäume<br />

erstellt werden.<br />

Derart werden „Hotspots“ mit<br />

höherer Dringlichkeit für Pflegemaßnahmen<br />

gut sichtbar. In der Datenbank<br />

[MS-Access] sind alle im Gelände erfassten<br />

Parameter abgelegt. Zentrale<br />

Bestandteile der Datenbank sind die<br />

Tabellen STANDORT und KOPFBAUM.<br />

Sie sind über die Standortnummer<br />

47


48 NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Abb. 3: Ansicht des Eingabeformulars zur Datenverwaltung in der MS-Access-Datenbank<br />

STO miteinander verbunden. Weitere<br />

Tabellen enthalten Stammdaten (z.B.<br />

Gemeindenamen, Art- bzw. Gattungsnamen),<br />

die ausgegliedert wurden, um<br />

Speicherplatz zu sparen. Über einen<br />

„Primärschlüssel“ sind diese mit den<br />

zentralen Tabellen verknüpft. Für jeden<br />

Kopfbaum wird der Zeitpunkt des<br />

nächsten Pflegeschnittes automatisch<br />

bestimmt, wenn die Angaben zum<br />

Kartierdatum bzw. letzten Schnittzeitpunkt<br />

und der Pflegebedürftigkeit<br />

eingegeben worden sind.<br />

Zur Eingabe, Änderung, Ergänzung<br />

oder aber zur Ansicht von Datensätzen<br />

dient das Eingabeformular, s. Abb. 3.<br />

Es ist analog zum im Gelände verwendeten<br />

Erfassungsbogen angelegt.<br />

Es gliedert sich in ein Haupt- (oberer<br />

Teil) und Unterformular (unterer Teil).<br />

Im Hauptformular ist die Eingabe der<br />

Standortdaten, im Unterformular die<br />

der Kopfbaumdaten möglich. Das<br />

Eingabeformular ermöglicht dabei die<br />

komfortablere Eingabe von beliebig<br />

vielen Kopfbäumen an einem Stand-<br />

ort. Des Weiteren können für jeden<br />

Kopfbaum Termine und Eckdaten von<br />

auch in der Vergangenheit durchgeführten<br />

Pflegemaßnahmen eingegeben<br />

werden.<br />

Die Datenbank enthält auch eine<br />

Reihe vorgefertigter Abfragen zur Datenauswertung.<br />

Sie analysieren die Datensätze<br />

hinsichtlich einer bestimmten<br />

Fragestellung und geben sie in tabellarischer<br />

Form wieder. Beispielsweise<br />

wirft die „Kopfbäume in 2007/2008<br />

pflegebedürftig – Abfrage“ als Ergebnis<br />

nach Standorten gruppiert alle<br />

Kopfbäume aus, die kreisweit im<br />

bzw. ab Winter 2007/2008 einer<br />

Pflegemaßnahme bedürfen. Andere<br />

Abfragen ermöglichen eine Analyse<br />

z.B. nach Artenzusammensetzung,<br />

der Verteilung in Gemeinden oder<br />

Schutzgebieten etc. Die Abfrageergebnisse<br />

lassen sich im GIS ArcView<br />

kartographisch visualisieren.<br />

� Vorläufige Auswertungen<br />

Die vorliegenden Daten der kartierten<br />

Teilflächen ermöglichen eine erste,<br />

vorläufige Statistik zum Kopfbaumvorkommen<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />

� Anzahl und Verteilung der<br />

Kopfbäume<br />

Bisher wurden in sieben Gemeinden<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> knapp 8.400


Abb. 4: Anzahl der Kopfbäume pro Gemeindegebiet (*<strong>Unna</strong> ist unvollständig bearbeitet.)<br />

Kopfbäume an etwa 1.350 Standorten<br />

erfasst. Aus der Verbreitungskarte, vgl.<br />

nebenstehende Karte, lassen sich Räume<br />

mit einer Konzentration an Kopfbaumvorkommen<br />

ausmachen. Zu den<br />

Kopfbaumzentren des <strong>Kreis</strong>es zählt<br />

(fast im gesamten Verlauf) die Lippe,<br />

wo Kopfbäume häufig am Ufer oder<br />

auf angrenzenden Grünlandflächen<br />

stehen. Besonders viele Kopfbäume<br />

befinden sich in den Lippeweiden im<br />

<strong>Natur</strong>schutzgebiet „Langerner Hufei-<br />

sen“ (Gemeinde Bergkamen).<br />

Eine Konzentration an Kopfbäumen<br />

kann ebenso im Gemeindegebiet von<br />

Bönen, der flächenmäßig kleinsten<br />

bisher kartierten Gemeinde, festgestellt<br />

werden. Hier wurden mit 1.826<br />

Kopfbäumen die meisten Kopfbäume<br />

einer Gemeinde registriert (vgl. Abb.<br />

4). Das sind 22 % des derzeitigen,<br />

kreisweiten Kopfbaumvolumens. Diese<br />

Häufung erstreckt sich nach Westen<br />

bis Rottum (Gemeinde Kamen) und<br />

NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Overberge (Gemeinde Bergkamen).<br />

In der Gemeinde Werne wurden mit<br />

1669 Kopfbäumen und 20 % des<br />

kreisweiten Kopfbaumvolumens fast<br />

ebenso viele Kopfbäume erfasst wie<br />

in Bönen, dieses allerdings auf einer<br />

weitaus größeren Gemeindefläche.<br />

Die geringe Anzahl kartierter Kopfbäume<br />

in <strong>Unna</strong> ist auf den Bearbeitungsstand<br />

zurückzuführen. Bei der<br />

gegenwärtigen Kartierung in dieser<br />

Gemeinde zeichnet sich jedoch ab,<br />

dass sich zumindest in Mühlhausen im<br />

<strong>Natur</strong>schutzgebiet „Uelzener Heide/<br />

Mühlhauser Mark“ ein weiteres und<br />

möglicherweise d a s Kopfbaumzentrum<br />

des <strong>Kreis</strong>es befindet.<br />

� Anteil von Kopfbäumen in<br />

Schutzgebieten<br />

Die Abbildung 5 zeigt den prozentualen<br />

Anteil der Kopfbäume in <strong>Natur</strong>schutzgebieten<br />

(NSG) und Geschützten<br />

Landschaftsbestandteilen (LB).<br />

Die höchsten Anteile an Kopfbäumen<br />

innerhalb von Schutzgebieten sind<br />

in Bönen (57 %) anzutreffen. Doch<br />

auch in Bergkamen und Kamen liegt<br />

ihr Anteil bei der Hälfte der kartierten<br />

Kopfbäume (52 % bzw. 50 %). Weitaus<br />

niedrigere Anteile weisen hingegen<br />

die Gemeinden Werne und Selm (34<br />

und 23 %) auf. Für die Gemeinden<br />

Lünen und <strong>Unna</strong> konnte aufgrund<br />

49


50 NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Abb. 5: Prozentualer Anteil der Kopfbäume in Schutzgebieten (<strong>Natur</strong>schutzgebiete<br />

und Geschützte Landschaftsbestandteile)<br />

unvollständiger Datensätze noch keine<br />

Auswertung dieses Parameters vorgenommen<br />

werden. Im Durchschnitt<br />

der bisher ausgewerteten Gemeinden<br />

liegen 43 % der Kopfbäume aber nur<br />

37 % der Standorte in Schutzgebieten.<br />

Diese Ergebnisse lassen folgende<br />

Schlüsse zu:<br />

� Etwa 43 % des kreisweiten Kopfbaumbestandes<br />

befinden sich auf<br />

nur ca. 7,4 % der <strong>Kreis</strong>fläche in<br />

Schutzgebieten<br />

� <strong>Kreis</strong>weit wären 57 % der erfassten<br />

Kopfbäume außerhalb der<br />

Siedlungsbereiche nicht registriert<br />

worden, hätte eine Kartierung nur<br />

Schutzgebiete berücksichtigt<br />

� In Schutzgebieten wurden mehr<br />

Kopfbäume pro Standort erfasst, als<br />

außerhalb der Schutzgebiete<br />

Dieses Ergebnis macht auch deutlich,<br />

dass sich die Bemühungen des<br />

<strong>Natur</strong>schutzes, also die Durchführung<br />

von Pflege- und Pflanzaktionen oft auf<br />

bereits geschützte Flächen konzentrieren<br />

(müssen).<br />

� Kopfbaumarten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Am bekanntesten und verbreitetsten<br />

sind im allgemeinen und so auch<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> die Kopfweiden. Von<br />

den bisher kartierten Kopfbäumen<br />

sind 7.253 (87 %) dieser Gattung (Salix<br />

spec.) zugehörig, s. Abb. 6. <strong>Kreis</strong>weit<br />

ist die Gewöhnliche Esche (Fraxinus<br />

excelsior) die zweithäufigste Art. Die<br />

660 Exemplare stellen 8 % aller Kopfbäume.<br />

Allein in der Gemeinde Bönen<br />

wachsen über die Hälfte (56 %) aller<br />

registrierten Kopfeschen. Am dritthäufigsten<br />

sind im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> Pappeln als<br />

Kopfbäume ausgebildet. Von dieser<br />

Gattung (Populus spec.) wurden 141<br />

Individuen (1,7 %) erfasst. Weitaus<br />

seltener mit Mengenanteilen unter 1<br />

% aller Kopfbäume finden sich Hainbuchen,<br />

Eichen, Linden, Ahorn, Birken,<br />

Erlen, Weißdorn, Kirschen, Rosskastanien<br />

und Rotbuchen. Auffällig ist bei<br />

einigen Arten ihr Vorkommen an oder<br />

in der Nähe von anthropogen stark<br />

geprägten Standorten. So konzentrieren<br />

sich die registrierten Pappeln<br />

auf die Umgebung von Sportplätzen.<br />

Ahorn- und Linden-Arten finden sich<br />

fast ausschließlich auf Friedhöfen oder<br />

an Straßenrändern in der Nähe von<br />

Siedlungen und Höfen. Die Gewöhnlichen<br />

Rosskastanien können gar als<br />

ausgesprochene „Hofkopfbäume“<br />

bezeichnet werden. Meist sind sie als<br />

Hochstammkopfbaum ausgebildet und<br />

stehen auf dem Hof oder begleiten die<br />

Hofzufahrten. Die Häufung einiger


Abb. 6: Anteil verschiedener Baumarten am Kopfbaumspektrum<br />

Arten bzw. Gattungen an anthropogen<br />

geprägten Standorten lässt vermuten,<br />

dass sich bei einer Kartierung in den<br />

Städten und Dörfern ein anderes Bild<br />

ergäbe. Wahrscheinlich unterscheiden<br />

sich sowohl die Artenzusammensetzung<br />

als auch die Artenanteile in den<br />

Siedlungsbereichen von denen in der<br />

freien Landschaft. So haben LOOS &<br />

LOOS (1991), deren Kartierung in der<br />

Gemeinde <strong>Unna</strong> auch die Siedlungsbereiche<br />

einschloss, Robinien, Zierkirschen<br />

und Platanen als Kopfbäume<br />

vorgefunden.<br />

� Pflegezustand der Kopfbäume<br />

Der Kopfbaumbestand des <strong>Kreis</strong>es<br />

<strong>Unna</strong> weist insgesamt einen guten<br />

Pflegezustand auf. Zum Zeitpunkt der<br />

Kartierung wurden 25 % der Kopfbäume<br />

als langfristig pflegebedürftig<br />

und 58 % als mittelfristig pflegebedürftig<br />

eingeschätzt, s. Abbildung 8.<br />

Somit war die Mehrheit (83 %) der<br />

Kopfbäume zum Erfassungszeitpunkt<br />

nicht akut pflegebedürftig. Kurzfristig<br />

NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Abb. 7: Alte, auseinander gebrochene<br />

Kopfweide.<br />

pflegebedürftig waren allerdings 14<br />

% der registrierten Kopfbäume. Als<br />

Bäume, bei denen die Pflege nicht<br />

mehr möglich ist, da sie bereits auseinander-<br />

bzw. zusammengebrochen<br />

oder abgestorben waren, wurden 2<br />

% des Gesamtbestandes angesehen.<br />

Weitere 1 % waren akut vom Auseinander-/Zusammenbrechen<br />

bedroht<br />

oder waren so stark durchgewachsen,<br />

dass eine Pflege aufgrund der Astdicke<br />

fast bzw. bald nicht mehr möglich zu<br />

sein schien. Diesen Bäumen wurde die<br />

51


52 NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Abb. 8: Aktuelle Pflegebedürftigkeit<br />

der<br />

Kopfbäume im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong><br />

Abb. 9: Altersstruktur<br />

der Kopfbäume im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong><br />

Zwischenkategorie „sofort pflegebedürftig/Pflege<br />

nicht mehr möglich“<br />

zugeordnet.<br />

� Die „Altersstruktur“<br />

Bei der Kartierung wurde anhand<br />

der Stammdurchmesser eine grobe<br />

Abschätzung des Alters in drei Kategorien<br />

vorgenommen. Aus Abbildung<br />

9 ist ersichtlich, dass die Bemühungen<br />

des <strong>Natur</strong>schutzes im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> bereits<br />

Früchte getragen haben, denn 17<br />

% der kartierten Kopfbäume wurden<br />

als „Neuanpflanzungen“ (bis 20 cm<br />

Stammdurchmesser) klassifiziert. Sehr<br />

alte Bäume (Stammdurchmesser über<br />

80 cm) hingegen machen ein Zehntel<br />

des Bestandes aus.<br />

Literatur<br />

BRAUN, B. & W. KONOLD (1998): Kopfweiden,<br />

Kulturgeschichte und Bedeutung der<br />

Kopfweiden in Südwestdeutschland. In: Beih.<br />

Veröff. <strong>Natur</strong>schutz Landespflege Bad.-Württ.<br />

89, Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher,<br />

240 S.<br />

LOOS , G.H. & W. LOOS (1991): Kopfweiden<br />

und andere Kopfbäume in <strong>Unna</strong>. Stadt <strong>Unna</strong> in<br />

Zusammenarbeit mit der Krötenschutzgruppe<br />

der VHS <strong>Unna</strong> (Hrsg.), <strong>Unna</strong>, 50 S.<br />

LOSKE, K. (1982): Erhaltung, Pflege und Neuanlage<br />

von Kopfbäumen. <strong>Natur</strong>schutz praktisch.<br />

In: Merkblätter zum Biotop- und Artenschutz.<br />

Nr. 42, LÖLF-NRW, Recklinghausen.


� Eine Diplomarbeit<br />

Picus und Co. – die Spechte<br />

vom Cappenberger Wald<br />

von Vera Klein<br />

In Anbindung an die Biologische<br />

Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> entstand<br />

in den Jahren 2003/04 die Diplomarbeit<br />

„Untersuchungen zur<br />

Spechtfauna des FFH-Gebietes<br />

‘Wälder bei Cappenberg‘ (NRW)<br />

sowie Vorschläge für Maßnahmen<br />

und ein Monitoring-Programm im<br />

Rahmen der FFH-Berichtspflicht“<br />

als Abschluss des Studiums der<br />

Landschaftsentwicklung an der<br />

Fachhochschule Osnabrück.<br />

� Anlass der Untersuchungen<br />

Im Rahmen der Umsetzung der<br />

Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sind<br />

alle Mitgliedsstaaten der Europäischen<br />

Union (EU) dazu verpflichtet, besondere<br />

Schutzgebiete vorzuschlagen,<br />

auszuweisen und regelmäßige Erfolgskontrollen<br />

über den Erhaltungszustand<br />

von FFH-Lebensraumtypen und Arten<br />

zu erstellen (Berichtspflicht gem. Art.<br />

17). Die sechsjährigen Berichtszeiträume<br />

erfordern die Durchführung von<br />

zielgerichteten, aussagekräftigen Mo-<br />

Eine „Spechtflöte “, bewohnt von<br />

Schwarzspecht und Hohltaube<br />

Foto: Klein<br />

nitoring-Programmen. Empfehlungen<br />

zur Methodik und Parameterauswahl<br />

im Rahmen eines Monitorings stehen<br />

NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

derzeit im Mittelpunkt fachlicher<br />

Diskussionen (z.B. RÜCHRIEM & RO-<br />

SCHER, 1999).<br />

� Warum Spechte?<br />

Für Wälder ergeben sich aufgrund<br />

ihrer Arten- und Strukturvielfalt sowie<br />

hinsichtlich der unterschiedlichen Nutzungstypen<br />

besondere Herausforderungen.<br />

Insbesondere die Vogelfauna<br />

eignet sich hier zur Erfassung und<br />

Bewertung des Erhaltungszustandes<br />

von FFH-Waldlebensraumtypen.<br />

Vögel sind relativ gut erfassbar und<br />

besitzen eine gut untersuchte Indikatorfunktion<br />

(FLADE, 1994). Im Wald<br />

trifft dies gerade für die Spechte zu.<br />

Ihre Funktion als Indikatoren gründet<br />

vor allem in ihrer engen Bindung an<br />

Waldstrukturen, wie Tot- und Altholz<br />

(SCHERZINGER, 1998).<br />

� Was wurde untersucht?<br />

Das FFH-Gebiet „Wälder bei Cappenberg“<br />

mit einer Gesamtfläche von<br />

673 ha ist Bestandteil des ca. 1500<br />

ha großen Waldkomplexes „Cappenberger<br />

Wald“, der zu den größten<br />

53


54 NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

zusammenhängenden Waldgebieten<br />

des Kernmünsterlandes zählt.<br />

Als Untersuchungsgebiet zur Erfassung<br />

der Spechte wurde mit Blick auf<br />

vorkommende „Groß-Spechtarten“<br />

(große Reviergrößen) das so genannte<br />

„Kohusholz“ ausgewählt, da es mit<br />

rund 440 ha den größten Waldbereich<br />

des FFH-Gebietes darstellt. Um den<br />

Beobachtungs- und Zeitaufwand für<br />

die Erfassung vorkommender „Klein-<br />

Spechtarten“ (geringere Reviergrößen)<br />

in Grenzen zu halten, konzentrierte<br />

sich diese auf eine ausgesuchte<br />

Teilfläche von ca. 180 ha.<br />

Im Untersuchungsgebiet kommen<br />

vier FFH-Wald-Lebensraumtypen vor:<br />

Hainsimsen-Buchenwald, Waldmeister-Buchenwald,<br />

Sternmieren-Eichen-<br />

Hainbuchenwald und Erlen-Eschen-<br />

Weichholzauenwald.<br />

Im Zeitraum Dezember 2002 bis<br />

September 2003 wurden die Spechtarten<br />

hinsichtlich ihres Vorkommens<br />

und ihrer Siedlungsdichte mittels<br />

Revierkartierungen (Real- bzw. Papierreviere)<br />

untersucht. Um Angaben zur<br />

Habitatnutzung der Spechte machen<br />

zu können, wurden eine Wald- und<br />

eine Lebensraumstrukturkartierung<br />

durchgeführt. Die Höhlen- bzw.<br />

Brutbäume von Schwarzspecht, Buntspecht<br />

und Mittelspecht wurden speziell<br />

erfasst.<br />

Ziel der Arbeit war es, hinsichtlich<br />

eines Monitoring-Programms für das<br />

FFH-Gebiet, anhand ausgewählter<br />

Methoden Aussagen über das Vorkommen<br />

von Spechtarten zu treffen<br />

und über die Indikatorfunktion der<br />

Spechte die Qualität des Gebietes zu<br />

beschreiben.<br />

� Ergebnisse<br />

Im Untersuchungsgebiet wurden<br />

insgesamt sechs Spechtarten festgestellt:<br />

� Schwarzspecht (Dryocopus martius):<br />

1 Revier bzw. 0,23 Reviere<br />

pro 100 ha<br />

� Grauspecht (Picus canus): Zufallsbeobachtung<br />

� Grünspecht (Picus viridis): Zufallsbeobachtung<br />

im Randbereich des<br />

Untersuchungsgebietes<br />

� Buntspecht (Picoides major): 15<br />

Reviere bzw. 8,31 Reviere pro 100<br />

ha<br />

� Mittelspecht (Picoides medius):<br />

5 Reviere bzw. 2,28 Reviere pro<br />

100 ha<br />

� Kleinspecht (Picoides minor): 2 Reviere<br />

bzw. 1,11 Reviere pro 100 ha<br />

Durch ihr reiches Vorkommen<br />

und ihre Siedlungsdichte zeigen die<br />

Spechte einen strukturreichen, alten<br />

und naturnahen Waldbestand an, der<br />

einen sehr wertvollen Lebensraumkomplex<br />

darstellt. Auf der Basis der<br />

Ergebnisse wurden Vorschläge zu<br />

Maßnahmen zur Verbesserung und<br />

Erhaltung der Lebensbedingungen<br />

der Spechte erarbeitet. Wesentliche<br />

Maßnahme ist die Weiterführung der<br />

naturnahen Waldbewirtschaftung, die<br />

zu einer hohen Strukturvielfalt im Untersuchungsgebiet<br />

geführt hat. Durch<br />

die Ergebnisse der Untersuchungen<br />

wurde die herausragende Bedeutung<br />

der Spechte als Indikatoren zur Bewertung<br />

des Erhaltungszustandes von<br />

FFH-Wald-Lebensraumtypen aufgezeigt,<br />

und somit die Schutzwürdigkeit<br />

des FFH-Gebietes unterstrichen.<br />

Interessenten können die Diplomarbeit<br />

auf der Biologischen Station einsehen.<br />

Literatur:<br />

FLADE, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften<br />

Mittel- und Norddeutschlands. Grundlagen<br />

für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der<br />

Landschaftsplanung. - IHW-Verlag. Eiching.<br />

RÜCKRIEM, C. & ROSCHER, S. (1999): Empfehlungen<br />

zur Umsetzung der Berichtspflicht<br />

gemäß Artikel 17 der Fauna-Flora-Habitat-<br />

Richtlinie. BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ<br />

(BfN) (Hrsg.). - Angewandte Landschaftsökologie,<br />

Heft 22. Bonn - Bad-Godesberg.<br />

SCHERZINGER, W. (1998): Sind Spechte<br />

„gute“ Indikatoren der ökologischen Situation<br />

von Wäldern? – Vogelwelt 119: 1-6.


� <strong>Kreis</strong>jägerschaft <strong>Unna</strong><br />

Jagd ist nicht nur töten, sondern auch<br />

angewandter <strong>Natur</strong>schutz<br />

von Werner Rottmayer und<br />

Jochen Trebing<br />

Die Bedeutung der Jagd wird<br />

leider nicht überall nur positiv<br />

gewürdigt. Das vor wenigen Wochen<br />

von Renate Künast, Bundesministerin<br />

für Verbraucherschutz,<br />

Ernährung und Landwirtschaft,<br />

vorgelegte Eckpapier zur Novellierung<br />

des Bundesjagdgesetzes zeigt<br />

das sehr deutlich. In Deutschland<br />

ist das Jagdrecht bekanntlich ein<br />

an Grund und Boden gebundenes<br />

Eigentumsrecht.<br />

Mehr als 80 % der Jagdflächen<br />

befinden sich in privater Hand. Dies<br />

ist eine Folge der Rechtsentwicklung<br />

in Europa. Zunächst koppelte die französische<br />

Revolution 1789 und dann<br />

auch die so genannten bürgerlichen<br />

Revolutionen in Deutschland 1848<br />

das Jagdrecht an das Grundeigentum.<br />

Seitdem liegt das Jagdrecht bei den<br />

Grundeigentümern und ist nach dem<br />

Bundesjagdgesetz mit der Hegepflicht<br />

verbunden. Hege heißt, die Lebens-<br />

Es wird zur Jagd angeblasen. Foto: Rottmayer<br />

grundlagen des Wildes zu erhalten<br />

und zu verbessern und nur so viel zu<br />

erlegen, wie die Bestandsentwicklung<br />

nachhaltig erlaubt oder erforderlich<br />

ist, um Wildschäden, Seuchen oder<br />

Wildunfälle abzuwehren.<br />

Im Folgenden sind einige bundesweite<br />

Leistungen genannt, die die<br />

Jäger aus eigenen Mitteln – ohne<br />

Zuschüsse von Bund und Land – gestemmt<br />

haben:<br />

NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

� 5.700 Streuobstwiesen ca. 2.000<br />

Hektar;<br />

� 8.500 Stilllegungsflächen ca. 41.000<br />

Hektar werden von Jägern angelegt<br />

und gepflegt;<br />

� 3.600 neue Hecken werden jährlich<br />

von Jägern angelegt<br />

� 4.000 Teichflächen mit einer Gesamtgröße<br />

von ca. 1.700 Hektar;<br />

� 6.300 Feldholzinseln ca. 3.000<br />

Hektar;<br />

55


56 NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Mittagspause am Lagerfeuer. Foto: Rottmayer<br />

� 20.000 neue Wildäsungsflächen in<br />

Wald und Feld mit einer Größe von<br />

35.000 Hektar werden jährlich von<br />

Jägern angelegt;<br />

� 270.000 Nistkästen werden jährlich<br />

von Jägern hergestellt und gepflegt.<br />

Das sind pro Jahr 800.000 Jungvögel.<br />

� 14.000 Maßnahmen im Bereich<br />

Lernort <strong>Natur</strong><br />

� Umwelt- und Biotoparbeit<br />

3.200.000 Stunden werden von<br />

Jägern jährlich an Arbeitsleistung<br />

erbracht. Das entspricht einer Vollzeit-Beschäftigung<br />

von jährlich 2.100<br />

Personen. Bei einer Aufwandsentschädigung<br />

von nur zehn Euro pro Stunde<br />

würden Kosten in Höhe von 32 Millionen<br />

Euro anfallen. Die zahlen die Jäger<br />

aus eigener Tasche. Aus diesem Grund,<br />

warum sollen wir Jäger also unsere<br />

Leistungen nicht mit gutem Gewissen<br />

nach außen tragen? Wir brauchen uns<br />

vor anderen <strong>Natur</strong>schutzorganisationen<br />

nicht verstecken.<br />

Keine andere Organisation leistet<br />

auch nur annähernd so viel Umwelt-<br />

und Biotoparbeit wie wir Jäger. Ganz<br />

zu schweigen von der Ausbildung der<br />

Jäger, die seit Einführung des Jagdscheines<br />

ein grünes Abitur vorlegen<br />

müssen. Eins können wir deutlich<br />

sagen: „Jagd ist angewandter <strong>Natur</strong>schutz“.<br />

Wäre das ehrenamtliche<br />

Engagement der Jäger für die <strong>Natur</strong><br />

nicht so stark, müssten die Aufgaben<br />

vom Staat wahrgenommen werden.<br />

� Arbeit im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Zum Schluss die Arbeit der <strong>Kreis</strong>jägerschaft<br />

(KJS) im eigenen <strong>Kreis</strong>.<br />

Vorrang hat die Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Hier ist nicht nur die KJS, sondern alle<br />

acht Hegeringe tätig und beteiligt.<br />

Die KJS-eigene rollende Waldschule<br />

ist fast ständig unterwegs, sowohl bei<br />

öffentlichen Veranstaltungen in den<br />

Städten und Gemeinden als auch in<br />

den Schulen des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>.<br />

Durch den verstärkten Einsatz von<br />

Lernort <strong>Natur</strong> wird von den Schulen<br />

diese rollende Waldschule angefordert.<br />

Das begleitende Personal gibt<br />

den Schülern Auskunft über alle Fragen,<br />

die die Kinder stellen. Diese lernen<br />

so das heimische Wild kennen und erfahren<br />

vieles über die Arbeit der Jäger<br />

in der und für die <strong>Natur</strong>. Zusammengefasst<br />

haben wir gute Argumente,<br />

wir sind in der Öffentlichkeit über das<br />

Internet, die <strong>Natur</strong>schutzarbeit und<br />

Lernort <strong>Natur</strong> präsent. Wir haben engagierte,<br />

gut ausgebildete Jägerinnen<br />

und Jäger vor Ort, die hervorragende<br />

Lobbyarbeit leisten. Die Jäger arbeiten<br />

eigenverantwortlich für unsere <strong>Natur</strong>,<br />

für die frei lebende Tierwelt und stellen<br />

sich allen Herausforderungen.<br />

Wir wollen auch jagen und sind<br />

ehrlich genug zu sagen, wir wollen<br />

auch Beute machen. Aber alles nur im<br />

erlaubten, erträglichen und notwendigen<br />

Rahmen.<br />

Quelle:<br />

Deutscher Jagdschutz Verband 2003


� Von <strong>Unna</strong> nach Madrid<br />

Langstreckenflug eines<br />

Kleinabendseglers Nyctalus leisleri<br />

von Irmgard Devrient und<br />

Reinhard Wohlgemuth<br />

Seit 1987 untersuchen wir die<br />

Fledermausvorkommen im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong>. Im Jahr 1992 konnten zwei<br />

Jungtiere eines flugunfähigen<br />

weiblichen Abendseglers, Nyctalus<br />

noctula, aus einem eigens dazu<br />

errichteten Fledermausquartier auf<br />

dem Flachdach eines Einfamilienhauses<br />

in Holzwickede erfolgreich<br />

ausgewildert werden.<br />

Daraufhin bekamen wir von der<br />

unteren Landschaftsbehörde <strong>Unna</strong><br />

die Genehmigung zur Kennzeichnung<br />

der Fledermäuse. Das geschieht mit<br />

leichten Aluminiumklammern, die<br />

den Tieren um den Unterarm gelegt<br />

werden. Mit dieser Methode der Fledermausberingung<br />

werden u. a. die<br />

Biologie von Fledermäusen und deren<br />

Wanderungen untersucht. Seit 1996<br />

markieren wir auch Fledermäuse, die<br />

in Fledermaus- und Vogelnistkästen<br />

gefunden werden. Bis Ende 2004<br />

versahen wir im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 1.718<br />

Individuen und seit dem Jahr 2000<br />

mit Genehmigung der unteren Landschaftsbehörde,<br />

Umweltamt der Stadt<br />

Dortmund, in Dortmunder Wäldern<br />

232 Individuen des Abendseglers mit<br />

Fledermausklammern.<br />

Aus der näheren und weiteren Umgebung<br />

werden uns schwache, kranke<br />

und verletzte Fledermauspfleglinge<br />

zugetragen. Unter <strong>Natur</strong>schützern<br />

wird kontrovers diskutiert, ob es<br />

den einige Zeit in Gefangenschaft<br />

gehaltenen Tieren gelingt, sich nach<br />

der Auswilderung in ihre normale<br />

Lebenswelt erfolgreich einzugliedern.<br />

Wegen dieser Fragestellung haben wir<br />

uns seit 2002 entschlossen, auch in<br />

Pflege genommene Fledermäuse vor<br />

ihrer Freilassung zu beringen.<br />

Ein erster Wiederfund eines von<br />

uns gepflegten und am 27. Juni 2003<br />

freigelassenen Tieres, eines Kleinabendseglers,<br />

Nyctalus leisleri gelang am<br />

30. April 2004.<br />

� Wie alles begann<br />

Am Abend des 11. Juni 2003 wurde<br />

in einem Hauskeller in der <strong>Unna</strong>er<br />

NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Innenstadt eine in einen leeren Blumentopf<br />

geratene Fledermaus von<br />

der Hauseigentümerin Eva Sprenger<br />

gefunden, die an den drei vorangegangenen<br />

Tagen abwesend war. Die<br />

Fledermaus, ein erwachsenes Kleinabendseglerweibchen<br />

litt unter Wasserverlust,<br />

war nahezu bewegungsunfähig,<br />

das Fell stark mit Fliegeneiern<br />

besetzt. Die Daumennägel waren<br />

infolge der wiederholten Versuche,<br />

aus dem Blumentopf zu entkommen,<br />

vollständig abgenutzt, das Gewicht<br />

betrug 11,3 g (Durchschnittgewicht<br />

für diese Art 16 – 18 g), so dass wir<br />

das Tier in Pflege nahmen. Nach der<br />

Erstversorgung mit reichlich Trinkwasser<br />

befreiten wir die Fledermaus<br />

von den weit über 100, noch nicht<br />

geschlüpften Fliegeneiern mit Bürste<br />

und Pinzette. Die Fledermaus erholte<br />

sich verhältnismäßig rasch, zum Klettern<br />

mussten jedoch die Daumennägel<br />

noch genügend nachwachsen. Am 25.<br />

Juni 2003 wog das Kleinabendseglerweibchen<br />

19,1 g. Nachdem wir seine<br />

Flugfähigkeit in einem Raum unseres<br />

Hauses getestet hatten, beringten wir<br />

57


58 NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

die Fledermaus an diesem Tag mit der<br />

Markierungsklammer MUS. BONN E<br />

413441. Zwei Tage später entschlossen<br />

wir uns, das Tier freizulassen, da eine<br />

längere Gefangenschaft der Fledermaus<br />

möglicherweise geschadet hätte,<br />

denn sie versuchte nun anhaltend,<br />

aus dem Pfleglingskasten zu entkommen.<br />

Wir brachten das Weibchen<br />

nach <strong>Unna</strong>-Alte Heide, in die Nähe<br />

eines ehemaligen Wasserschlosses im<br />

<strong>Natur</strong>schutzgebiet „Uelzener Heide<br />

– Mühlhauser Mark“. Hier fanden in<br />

den Jahren 2000 und 2001 im Auftrag<br />

der Stadt <strong>Unna</strong> Untersuchungen zum<br />

Fledermausvorkommen durch das<br />

Büro für angewandte Ökologie und<br />

Landschaftspflege Dense, Goll & Lorenz<br />

statt, bei denen u. a. Kleinabendsegler<br />

nachgewiesen worden waren.<br />

Wir setzten das Tier in ca. 4 m Höhe<br />

an einem Baum in einen Fledermauskasten.<br />

Bei der Kontrolle am nächsten<br />

Tag war es verschwunden.<br />

� Ankunft in Spanien<br />

Zehn Monate und fünf Tage nach<br />

der Beringung, am 30. April 2004,<br />

wurde E 413441 von dem Lehrer<br />

Rafael Wozniak in einem Klassenraum<br />

in der 1. Etage der Schule Ginés de los<br />

Rios in Fuenlabrada, ca. 20 km südlich<br />

von Madrid in Spanien wiedergefunden.<br />

Die Entfernung zwischen <strong>Unna</strong><br />

Kaum vorstellbar, dass eine Fledermaus<br />

eine Strecke von 1.533 Kilometern<br />

zurücklegen kann.<br />

und dem Wiederfundort in Spanien<br />

beträgt 1.533,3 km.<br />

Der Findling war in einem äußerst<br />

schlechten Zustand, wog jetzt nur<br />

noch 9,5 g und musste intensiv tierärztlich<br />

versorgt werden. So brachte<br />

man ihn in das Tierschutzzentrum<br />

GREFA (Grupo para la Recuperación<br />

de la Fauna Autóctona y su Hábitat)<br />

zur Pflege. GREFA setzt sich in Spanien<br />

für den Schutz der heimischen Tiere<br />

und deren Lebensräume ein. Hier identifizierte<br />

der Fledermauskundler Pablo<br />

T. Agirre-Mendi bei einem Besuch<br />

in dem Zentrum das Weibchen als<br />

Kleinabendsegler. Nach wechselndem<br />

Erfolg während der Pflege, z.B. wurde<br />

die Haltung der Fledermaus in einem<br />

Inkubator mit 31,5 Grad C bei 60 %<br />

relativer Luftfeuchtigkeit und Fütterung<br />

mit einem Brei aus Mücken- und<br />

Mehlkäferlarven notwendig, erholte<br />

sich der Kleinabendsegler ab dem<br />

07. Mai und wog am 16. Mai bereits<br />

wieder 19,4 g. Nun stellten sich jedoch<br />

Hautveränderungen und Bläschen auf<br />

den Flügeln ein. Außerdem litt das Tier<br />

an einer Bakterieninfektion im Kinnbereich<br />

und verlor an den folgenden<br />

Tagen wieder an Gewicht.<br />

Fledermausspezialisten und <strong>Natur</strong>schutzverantwortliche<br />

in Spanien<br />

und Deutschland diskutierten über die<br />

Möglichkeit, das Kleinabendseglerweibchen<br />

im Stadtgebiet von Madrid<br />

freizulassen. Über die Lebensweise<br />

der Kleinabendsegler ist bekannt, dass<br />

Winterlebensräume von dieser fernwandernden<br />

Art in Südwesteuropa<br />

aufgesucht werden, wenn die Fortpflanzungsstätten<br />

(so genannte Wochenstuben)<br />

in nordöstlicher Richtung<br />

in Europa liegen. Das Fledermausweibchen,<br />

das möglicherweise schon im<br />

Herbst 2003 begattet worden war,<br />

müsste also zur Wochenstubenzeit (ab<br />

Mai bis Juli) wieder an seinen Geburtsort<br />

(Geburtsorttreue) zurückgekehrt<br />

sein. Da es wegen der Krankheit zu<br />

dem Zeitpunkt jedoch nicht fliegen<br />

konnte, wurde beschlossen, das Tier


wieder nach Deutschland zu bringen,<br />

um es bei Genesung nahe seiner vermutlichen<br />

Wochenstube freizulassen.<br />

Das spanische Ministerio de Medio<br />

Ambiente übernahm die Kosten für<br />

diese Reise.<br />

� Rückkehr nach Deutschland<br />

Die Pflegerin Arantxa García von<br />

GREFA und Dr. Rainer Hutterer von der<br />

Beringungszentrale in Bonn übergaben<br />

uns am 22. Mai 2004 das Kleinabendseglerweibchen<br />

in Holzwickede.<br />

Die weitere Pflege gestaltete sich<br />

schwieriger und länger als im Jahr<br />

zuvor. Die Enden beider Flügel waren<br />

so in Mitleidenschaft gezogen, dass sie<br />

abtrockneten. Die anderen Schäden<br />

heilten ab. Nach intensivem Flugtraining<br />

war für uns eine Beeinträchtigung<br />

der Flugleistung und –wendigkeit nicht<br />

festzustellen. So ließen wir das Kleinabendseglerweibchen<br />

am 28. Juni 2004<br />

mit einem Gewicht von 20,8 g erneut<br />

am bekannten Platz im <strong>Natur</strong>schutzgebiet<br />

„Uelzener Heide – Mühlhauser<br />

Mark“ in <strong>Unna</strong> frei.<br />

Der Flug des Weibchens MUS.<br />

BONN E 413441 von NW-Deutschland<br />

nach Zentralspanien ist der<br />

zweite belegte südwestlich gerichtete<br />

Flug von Nyctalus leisleri von seinem<br />

vermutlichen Reproduktionsgebiet in<br />

Deutschland zum Überwinterungsge-<br />

Das Kleinabendseglerweibchen am<br />

Fundtag, 11. Juni 2003.<br />

Foto: R. Wohlgemuth<br />

biet in Spanien. Ein ähnlicher Flug wurde<br />

bereits von mehreren Autoren bestätigt:<br />

Ein in einem Fledermauskasten<br />

in Sachsen-Anhalt gefundenes und am<br />

12. Mai 1998 mit der Klammer SMU<br />

Dresden B 22865 gekennzeichnetes<br />

Weibchen wurde am 28. September<br />

1999 nahe Burgos, Nordspanien, mit<br />

einem Fledermausnetz gefangen. Am<br />

22. Mai 2001 konnte es wieder in<br />

demselben Kasten am Beringungsort<br />

nachgewiesen werden. Weitere<br />

dokumentierte Fernflüge deuten auf<br />

eine generelle NO/SW – Richtung der<br />

jährlichen Wanderung von Nyctalus<br />

leisleri hin, die in Deutschland und angrenzenden<br />

Regionen reproduzieren.<br />

NATURSCHUTZ PRAKTISCH<br />

Für Fledermauskundler ist es interessant<br />

festzustellen, dass das Weibchen<br />

zweimal ein Haus als Unterkunft<br />

aufsuchte, in <strong>Unna</strong> ebenso wie bei<br />

Madrid war es hier nicht wieder hinausgekommen.<br />

Fledermauskundler<br />

aus der Schweiz berichten von einem<br />

weiteren weiblichen Kleinabendsegler,<br />

der in einem Haus in Basel in eine<br />

Waschschüssel geriet und ebenfalls bei<br />

seinen vergeblichen Befreiungsversuchen<br />

völlig abgenutzte Daumennägel<br />

aufwies. Obwohl das Beweismaterial<br />

noch gering ist, liegt es nahe, dass<br />

Nyctalus leisleri, wie bisher angenommen,<br />

nicht eine nur Wald bewohnende<br />

Fledermaus ist, sondern auch Felsspalten<br />

und Häuser als Schlafplätze<br />

nutzen könnte. Dass dies zu stimmen<br />

scheint, zeigen auch Funde dieser Art<br />

in Städten wie Berlin, London, Wien<br />

und Warschau. Wo sich die Fledermaus<br />

E 413441 während des Winters<br />

tatsächlich aufgehalten hat, lässt sich<br />

nicht sagen, ebenso ist der Ort ihrer<br />

Wochenstube unbekannt.<br />

Der vorliegende Fall zeigt anschaulich,<br />

dass Rehabilitationsbemühungen<br />

für Fledermäuse nicht nur aus ethischen<br />

Gründen gerechtfertigt sind,<br />

sondern auch einzelnen Fledermäusen<br />

helfen können, mit Erfolg ihr biologisches<br />

Leben nach Genesung und<br />

Freilassung fortzuführen.<br />

59


60<br />

� Kleine Tierchen mit großer Wirkung<br />

Was <strong>Natur</strong>freunde über Zecken und<br />

Borreliose wissen sollten<br />

von Hermann Knüwer<br />

NATUR ERLEBEN<br />

Sie sind Stecknadelkopf groß,<br />

hervorragende Kletterer, blutsaugende<br />

Parasiten und können zu<br />

fatalen Gesundheitsschädigungen<br />

führen: Zecken. Heute erkranken<br />

immer mehr Menschen an Borreliose,<br />

die durch Zecken übertragen<br />

wird. Fachleute schätzten 1998<br />

die Zahl der Neuerkrankungen<br />

deutschlandweit auf jährlich<br />

100.000.<br />

Nach der Salmonellose gilt die Borreliose<br />

bereits als zweithäufigste Infektionserkrankung.<br />

Vor allem Personen,<br />

die – wie viele <strong>Natur</strong>schützer – häufig<br />

Kontakt mit Zecken haben, gehören<br />

zur Risikogruppe. Da die Erkrankung<br />

nicht immer gleich erkannt wird und<br />

verschleppt fatale Langzeitfolgen haben<br />

kann, lohnt es sich, sich mit den<br />

Überträgertieren und der Krankheit<br />

selbst näher zu befassen.<br />

Erstmalig wurden 1959 bei Familie<br />

Murray nach ihrem Umzug nach Lyme<br />

im US-Staat Connecticut unerklärba-<br />

re Krankheitssymptome festgestellt.<br />

Auch andere Familien erkrankten in<br />

dieser Gegend. Fortan sprach man<br />

von der „Lyme-Disease“. Erst 1978,<br />

als zufällig ein Patient eine Zecke zur<br />

Untersuchung mitbrachte, kam man<br />

der Krankheitsursache auf die Spur<br />

und identifizierte 1981 Schraubenbakterien<br />

(Spirochäten). Diese speziell in<br />

Schildzecken vorkommenden Schraubenbakterien<br />

erhielten den Namen<br />

ihres Entdeckers und heißen „Borrelia<br />

burgdorferi“.<br />

� Erregertypen und Infizierung<br />

Die Borreliose-Erreger können in<br />

drei Untergruppen eingeteilt werden.<br />

Borrelia burgdorferi sensu strictu<br />

kommt nur in den USA vor. In Europa<br />

sind es afzelii (verursachen Haut- und<br />

Gelenkerkrankungen) und garinii<br />

(verantwortlich für Erkrankungen des<br />

Nervensystems). Zwar lassen sich<br />

Borrelien indirekt über verschiedene<br />

Antikörpertests nachweisen, doch<br />

gibt es bislang keine einheitlichen<br />

Standards. Wenn sich jemand mit dem<br />

Stamm afzelii infiziert hat, das jeweilige<br />

Labor aber mit garinii umgeht, wird<br />

eine Borreliose oft nicht erkannt. Das<br />

menschliche Immunsystem bildet nach<br />

einer Infektion Antikörper, zunächst<br />

der IgM-Klasse (Immunglobuline<br />

der Klasse M = erste Antikörper bei<br />

Kontakt mit Bakterien und anderen<br />

Antigenen). Sie signalisieren eine<br />

frische Infektion. In späteren Krankheitsstadien<br />

bilden sich Antikörper<br />

der IgG-Klasse (Immunglobuline der<br />

Klasse G = zweite Immunreaktion, so<br />

genannte Gammaglobuline). Die Konzentration<br />

der Antikörper wird auch als<br />

Titer bezeichnet.<br />

Titerwerte sagen also nichts über<br />

die Borrelienmengen aus, sondern<br />

symbolisieren Antikörperkonzentrationen.<br />

Steigende Titerwerte deuten<br />

auf eine fortschreitende Infektion<br />

hin. In der Regel sind Antikörper so<br />

lange nachweisbar, wie die Infektion<br />

vorhanden ist. Es gibt aber auch Fälle<br />

mit weiterhin bestehenden klinischen<br />

Symptomen, obwohl keine Antikörper<br />

(mehr) nachweisbar sind. Nach einer<br />

Borrelienübertragung dauert es einige<br />

Zeit bis zur Antikörperbildung. Blut-


untersuchungen verschaffen deshalb<br />

frühestens drei bis sechs Wochen nach<br />

dem Zeckenbiss Klarheit.<br />

Die Latenzzeit, d.h. die Zeit zwischen<br />

Infektion und Auftreten erster<br />

Symptome, kann zwischen drei Tagen<br />

und zwei Jahren betragen. Die Krankheit<br />

verläuft in drei Stadien, die sich<br />

über Monate, Jahre und Jahrzehnte<br />

erstrecken können. Die so genannte<br />

Wanderröte (Erythema migrans) um<br />

die Einstichstelle tritt meist im ersten<br />

Stadium auf, kann aber auch fehlen.<br />

Oft gehen grippeähnliche Symptome<br />

einher. Die Symptomvariation ist aber<br />

außerordentlich groß, was die Diagnostizierbarkeit<br />

(ohne Blutuntersuchung)<br />

nicht gerade erleichtert. Im Stadium<br />

zwei und drei werden Nervenbahnen<br />

in Mitleidenschaft gezogen bis hin zum<br />

Gehirn und können u.a. in Lähmungen<br />

ganzer Gliedmaßen enden.<br />

Generell kann man davon ausgehen,<br />

dass jede dritte geschlechtsreife<br />

Zecke Borrelien in sich trägt. Bei den<br />

Nymphen sind es etwa vier bis zehn<br />

Prozent und bei den Larven ein bis drei<br />

Prozent. Die Befallsraten insgesamt fallen<br />

jedoch räumlich sehr unterschiedlich<br />

aus. Borrelien kommen in ganz<br />

Mitteleuropa vor. Auch afrikanische<br />

Länder, vor allem Ägypten, Südafrika<br />

und die Republik Kongo, blieben nicht<br />

verschont. In Asien sind es China und<br />

NATUR ERLEBEN<br />

Eine Zecke auf den Gliedmaßen eines Menschen. Foto: Archiv<br />

Japan, weiterhin ganz Australien und<br />

alle Bundesstaaten der USA.<br />

Das Risiko, sich mit Borrelien zu<br />

infizieren, hängt von der Saugzeit<br />

der Zecke ab. Selbst wenn eine borrelienhaltige<br />

Zecke sich schon einige<br />

Stunden festgesetzt hat, muss sie<br />

nicht zwangsläufig Erreger übertragen<br />

haben. Wenn eine Übertragung<br />

erfolgte, muss es nicht zwangsläufig<br />

zum Krankheitsausbruch kommen.<br />

Nach einer Untersuchung der Uni<br />

Heidelberg aus dem Jahr 1998 lag<br />

das Risiko, an Borreliose zu erkranken,<br />

bei 27 %, wenn Borrelien übertragen<br />

wurden. Ein Facharzt schätzte 1997,<br />

dass etwa 10 % aller Patienten das<br />

chronische (dritte) Stadium erreichen.<br />

Andere Ärzte gehen davon aus, dass<br />

50 - 95 % aller Borreliose-Infektionen<br />

völlig symptomlos verlaufen.<br />

Hauptüberträger der Borreliose und<br />

häufigste Zeckenart in Mittel- und Süd-<br />

europa ist der „Gemeine Holzbock“<br />

(Ixodes ricinus), eine von 675 Unterarten<br />

der Schildzecke. Sie besiedeln mit<br />

Vorliebe Parks mit Unterholz, Farnen<br />

und Gräsern, Übergänge von Laub- zu<br />

61


62 NATUR ERLEBEN<br />

Nadelwald, Brombeergebüsche, Hasel,<br />

Himbeere und Holunder. Mehr als 40<br />

Säugetiere und Reptilien gelten als Zeckenwirte.<br />

Dazu zählen Vögel, die mit<br />

ihrem Zug nach Süden zur weltweiten<br />

Verbreitung beitragen.<br />

Zecken lassen sich nicht von Bäumen<br />

und Sträuchern auf potenzielle<br />

Wirte fallen, sondern werden abgestreift.<br />

Ausgewachsene Tiere halten<br />

sich vorzugsweise in Höhen von bis<br />

zu 80 cm über dem Boden auf, Nymphen<br />

etwa bis 40 cm und Larven nicht<br />

mehr als 20 cm. Mit dem so genannten<br />

Haller’schen Organ, das sich am<br />

vorderen Beinpaar befindet, können<br />

von den augenlosen Tieren thermische,<br />

chemische und Bewegungsreize<br />

wahrgenommen werden. Bei einem<br />

passenden Opfer krallen sie sich fest<br />

und wandern zunächst umher auf der<br />

Suche nach einer warmen, feuchten<br />

und gut durchbluteten Stelle (z.B.<br />

Achsel, Kniekehle, Ohren, Kopfhaut,<br />

Genitalbereich).<br />

� Fortpflanzung der Zecken<br />

Vom Ei bis zum geschlechtsreifen<br />

Tier durchläuft die Zecke innerhalb<br />

von zwei bis drei Jahren drei Stadien<br />

(Larve, Nymphe, adultes Tier). Jedes<br />

geschlechtsreife Weibchen legt im<br />

Herbst, meist in der Laubstreu, etwa<br />

2.000 Eier, bevor es stirbt. Aus ihnen<br />

schlüpfen Larven, die bereits beißen,<br />

Blut saugen und Borrelien übertragen<br />

können. Finden die Larven früh im Jahr<br />

einen Zwischenwirt, etwa eine Maus,<br />

entwickeln sie sich noch im Sommer<br />

zu Nymphen. Sofern ein geeigneter<br />

Wirt erst später im Jahr verfügbar ist,<br />

überwintern die Larven. Findet sich<br />

im ersten Jahr gar ein zweiter Wirt,<br />

häutet sich die Nymphe nach nur einer<br />

Überwinterung zur ausgewachsenen<br />

Zecke. Während männliche Zecken<br />

zwar beißen, aber kein Blut saugen,<br />

benötigen Weibchen für jedes Entwicklungsstadium<br />

eine Blutmahlzeit.<br />

� Der „Zeckenbiss“<br />

Vergleichbar einer Stichsäge schneidet<br />

die Zecke ein Loch in die Haut<br />

und führt den Saugrüssel bis zum<br />

Blutgefäß ein. Davon spürt man<br />

nichts, weil gleichzeitig betäubende<br />

und blutstillende Substanzen eingespritzt<br />

werden. Die meisten Zecken<br />

beginnen erst viele Stunden bis zu<br />

drei Tagen nach dem Festsetzen mit<br />

der Blutaufnahme. Dabei sondern sie<br />

Speichel und Genitalausfluss ab, deren<br />

Krankheitserreger in die Blutbahn des<br />

Wirtes gelangen. Umgekehrt nehmen<br />

sie aber auch Krankheitserreger, z.B.<br />

einer Maus, auf. Larven benötigen für<br />

die Blutaufnahme zwei bis vier Tage,<br />

Nymphen und erwachsene Tiere etwa<br />

fünf bis zehn Tage.<br />

In Gebieten mit reichlich Säugetieren,<br />

etwa Einstandsgebiete von Rehwild<br />

in Wäldern, oder in mäuse-, ratten-<br />

oder kaninchenreichen Gegenden<br />

können sich Zecken gut vermehren<br />

und kommen dort in hoher Dichte vor.<br />

Aber auch die Umgebungstemperatur<br />

spielt eine Rolle. Ab etwa zehn Grad<br />

Celsius werden Zecken aktiv. Bei zu<br />

kaltem oder heißem Wetter vergraben<br />

sie sich im Erdreich oder verstecken sich<br />

unter Laub. Die Hauptaktivitätszeiten<br />

liegen im Sommer am Vormittag, frühen<br />

Abend und nachts. Die idealsten<br />

Bedingungen herrschen im Mai und<br />

Juni sowie September und Oktober.<br />

In trockenen Sommern verstecken<br />

sich Zecken stärker, um der Gefahr der<br />

Austrocknung zu entgehen. In regenreichen<br />

Zeiten mit hoher Luftfeuchtigkeit<br />

kann sich die Zeckensaison jedoch<br />

enorm verlängern.<br />

� Verhaltenstipps<br />

Treten Krankheitssymptome auf,<br />

sollte möglichst frühzeitig ein Arzt<br />

aufgesucht und auf häufigen Zeckenkontakt<br />

hingewiesen werden. Blutuntersuchungen,<br />

frühestens drei bis sechs<br />

Wochen nach dem Zeckenbiss, können<br />

eine Borreliose-Infektion aufdecken.<br />

Zu überlegen ist auch, ob nicht ein<br />

Antikörpertest vor der Zeckensaison


hilfreich ist. Damit könnte eine Art<br />

Nullwert festgestellt werden, so dass<br />

bei einer Infektion, die (ohne Blutuntersuchung)<br />

leider oft erst nach langer<br />

Zeit diagnostiziert wird, eine zeitliche<br />

Einengung des Infektionsgeschehens<br />

möglich ist. Die Kosten werden allerdings<br />

von der Krankenkasse in aller<br />

Regel nicht übernommen. Je früher<br />

die Borreliose erkannt wird, um so<br />

größer ist die Wahrscheinlichkeit<br />

auf eine vollständige Genesung. Die<br />

Verabreichung von bestimmten Antibiotika<br />

trägt dazu wesentlich bei.<br />

Doch wie immer gilt: „Vorbeugen ist<br />

besser als heilen.“ Zwar wird intensiv<br />

an der Entwicklung von Impfstoffen<br />

gearbeitet, doch bisher gibt es noch<br />

keine zugelassenen Mittel dafür. Vorbeugen<br />

kann man aber schon, indem<br />

z. B. folgende Verhaltensregeln beachtet<br />

werden: Gründliches Absuchen<br />

abends vor dem Schlafen gehen, keine<br />

kurzärmligen Hemden im Wald tragen,<br />

Strümpfe über die Hosenbeine ziehen.<br />

Hilfreich ist auch, getragene Wäsche<br />

zehn Minuten in den Trockner zu legen,<br />

wenn man sie am nächsten Tag<br />

NATUR ERLEBEN<br />

erneut anziehen will. Das hält keine<br />

Zecke aus.<br />

Literaturhinweis/Anmerkung:<br />

Zu diesem Thema ist kürzlich ein Buch in<br />

zweiter Auflage herausgekommen, das jedem<br />

näher Interessierten nur wärmstens empfohlen<br />

werden kann: Ute Fischer & Bernhard Siegmund<br />

– „Borreliose – Zeckeninfektion mit Tarnkappe“,<br />

Hirzel Verl. Stuttgart 2003, ISBN 3-776-1233-2,<br />

Preis 14,80 EUR.<br />

Die vorstehenden Ausführungen sind im We-<br />

sentlichen diesem Buch entnommen.<br />

63


64<br />

� Die Bienen-Ragwurz<br />

Die Orchidee des Jahres 1995 –<br />

jetzt auch im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

von Bernd Margenburg<br />

NATUR ERLEBEN<br />

Auch in unserer Kulturlandschaft<br />

sind interessante Neufunde von<br />

seltenen Pflanzenarten möglich.<br />

Insbesondere bei Pflanzen, die<br />

in den letzten Jahren eine Ausbreitungstendenz<br />

wie z.B. die<br />

Bienen-Ragwurz zeigen, können<br />

neue Fundstellen auf anthropogen<br />

veränderten Standorten entdeckt<br />

werden.<br />

Die Liste bemerkenswerter Orchideenfunde<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> reißt<br />

nicht ab. Nachdem im Jahr 2003 eine<br />

verschollene Orchideenart, die Sumpf-<br />

Stendelwurz (Epipactis palustris (L.)<br />

CRANTZ) durch Friedrich Angerstein<br />

wiederentdeckt wurde, kann auch<br />

im Jahr 2004 über einen bemerkenswerten<br />

Neufund für das <strong>Kreis</strong>gebiet<br />

berichtet werden.<br />

� Die Bienen-Ragwurz<br />

Burkhard Brinkmann und Bernd<br />

Margenburg trauten ihren Augen<br />

nicht, als sie im Juni 2004 auf einer<br />

Bienen-Ragwurz. Foto: Margenburg<br />

nicht zugänglichen Ruderalfläche die<br />

lockeren Blütenstände der Bienen-<br />

Ragwurz (Ophrys apifera HUDSON)<br />

entdeckten. Diese Orchideenart stellt<br />

eine neue Pflanzenart für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> dar, die auf diesem verborgenen<br />

Standort offenbar schon seit einigen<br />

Jahren einen passenden Lebensraum<br />

gefunden hat. Die Bienen-Ragwurz<br />

treibt ihre Grundrosetten mit zwei bis<br />

vier Laubblättern bereits im Herbst<br />

neu aus. Die Blütezeit erstreckt sich<br />

von Juni bis Mitte Juli. Ein Bestäuber<br />

dieser Ragwurzart fehlt in Mitteleuropa.<br />

Deshalb kommt es ausschließlich<br />

zur Selbstbestäubung. Die äußeren<br />

Kelchblätter (Sepalen) sind rosa bis rot,<br />

die inneren Kelchblätter (Petalen) sind<br />

kurz, rosa bis grünlich. Unübersehbar<br />

ist die auffällige tief dreilappige,<br />

samtig kastanienbraune Lippe, mit<br />

gehöckerten und dicht behaarten<br />

Seitenlappen und mit gelblichweißer<br />

Malzeichnung. Neufunde dieser gefährdeten<br />

Orchideenart (Rote Liste<br />

NRW: 3N) auf Industriebrachen oder<br />

Rekultivierungsbereichen der Braunkohle<br />

in den letzten Jahren deuten auf<br />

eine Ausbreitungstendenz hin. Die neu<br />

entdeckten 18 blühenden Pflanzen<br />

sind mittelfristig durch Verbuschung<br />

gefährdet.<br />

Nur durch geeignete Pflegemaßnahmen<br />

kann der Standort erhalten<br />

werden. Der NABU Kamen /Bergkamen<br />

hat bereits beschlossen, die<br />

Pflegearbeiten zu übernehmen.<br />

� Die Sumpf-Stendelwurz<br />

Sehr erfreulich ist auch die Entwicklung<br />

der im Jahr 2003 entdeckten


Population der Sumpf-Stendelwurz.<br />

Rund 2.000 Pflanzen blühten im Juli<br />

2004.<br />

Diese in Nordrhein-Westfalen stark<br />

gefährdete Orchideenart (Rote Liste<br />

NRW: 2) hat damit im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

einen auch für NRW bedeutsamen<br />

Standort, denn diese Art ist durch<br />

Trockenlegung vieler Standorte extrem<br />

zurückgegangen und besitzt nur<br />

noch wenige Fundorte weit zerstreut<br />

in NRW. Auf geeigneten Standorten<br />

kann diese Orchidee durch vegetative<br />

Vermehrung – langes, kriechendes<br />

Rhizom – in kurzer Zeit große Flächen<br />

besiedeln. Geeignete Pflegemaßnahmen<br />

zum Erhalt des Standortes werden<br />

mit der Unteren Landschaftsbehörde<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> und der Biologischen<br />

Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> abgestimmt und<br />

durchgeführt.<br />

Bereits im Jahr 2001 wurde von<br />

Günter Köhler ein Vorkommen des<br />

Weißen Waldvögeleins (Cephalanthera<br />

damasonium (MILLER) DRUCE)<br />

gemeldet. Unter Berücksichtigung,<br />

dass das Fleischfarbene Knabenkraut<br />

(Dactylorhiza incarnata (L.) SOÓ)<br />

im <strong>Kreis</strong>gebiet offenbar verschollen<br />

ist und Vertreter von zwei Orchideengattungen,<br />

Cephalanthera und<br />

Sumpf-Stendelwurz. Foto: Margenburg<br />

Ophrys, neu hinzugekommen sind, ist<br />

die Familie der Orchideen aktuell mit<br />

sieben Gattungen und neun Arten im<br />

<strong>Kreis</strong>gebiet vertreten. 1998 waren es<br />

fünf Gattungen und sieben Arten. Die<br />

erfreulichen Neufunde der vergangenen<br />

Jahre zeigen, wie wichtig es ist,<br />

auch potenziell für Orchideen geeignete<br />

Lebensräume zu erhalten.<br />

Literatur:<br />

Arbeitskreis Heimische Orchideen Nordrhein-<br />

Westfalen des BUND-NW e.V. (Hrsg.) (2001):<br />

Die Orchideen Nordrhein-Westfalens – Selbst-<br />

NATUR ERLEBEN<br />

verlag<br />

Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und<br />

Forsten/Landesamt für Agrarordnung NRW<br />

(Hrsg.) (1999): Rote Liste der gefährdeten<br />

Pflanzen und Tiere in Nordrhein-Westfalen,<br />

3.Fassg.- LÖBF-Schr.R. 17, 644 S.<br />

Margenburg, B. (1998): Die Orchideen des<br />

<strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>. <strong>Natur</strong>kundliche Reihe – Band<br />

1 - <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> e.V. (NFG)<br />

Neumann, H.(1995): Die Orchidee des Jahres<br />

1995 – Ophrys apifera Hudson, Bienen-Ragwurz,<br />

Bienentragende Ragwurz, Ber. Arbeitskreis<br />

Heim. Orchid. 12(1): 81-90<br />

65


66<br />

NATUR ERLEBEN<br />

� Daten zum Lebeweseninventar<br />

Beiträge zur Organismenwelt<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> III<br />

von Götz Heinrich Loos und<br />

Bernd Margenburg<br />

Nach den ersten beiden Zusammenstellungen<br />

dieser Art in den<br />

<strong>Natur</strong><strong>report</strong>-Jahrbüchern 2002<br />

und 2003 folgt an dieser Stelle ein<br />

dritter Beitrag. Für die Darstellung<br />

gelten die im ersten Beitrag (Loos<br />

2002) erläuterten Prinzipien.<br />

Inzwischen wurde im <strong>Kreis</strong>verband<br />

des <strong>Natur</strong>schutzbundes Deutschland<br />

eine Botanik-AG gegründet, welche<br />

sich vorwiegend mit Pilzen, Flechten<br />

und Niederen Pflanzen, d.h. Algen im<br />

weiteren Sinne und Moosen, beschäftigt.<br />

Alle Interessenten sind herzlich<br />

aufgerufen, sich an den Exkursionen<br />

und Treffen zu beteiligen (Kontakt<br />

über den Zweitautor; siehe auch Homepage<br />

des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes<br />

unter www.nabu-unna.de). Auf diese<br />

Weise kann die Erforschung dieser<br />

Gruppen in den nächsten Jahren vielleicht<br />

entscheidend vorangetrieben<br />

werden.<br />

Im vorliegenden Beitrag werden<br />

Fundangaben zu Flechten, Pilzen und<br />

einer Algenart genannt. Weitere Funde<br />

bemerkenswerter Tiere und interessant<br />

erscheinende Beobachtungen im<br />

Zusammenhang mit Tieren, von denen<br />

sich im Laufe der letzten zwei Jahre<br />

ebenfalls eine ganze Reihe ergeben<br />

haben, werden voraussichtlich für<br />

den Beitrag zur Organismenwelt IV<br />

zusammengestellt. Weiterhin bitten<br />

wir für diese Zusammenstellungen alle<br />

naturkundlich Interessierten um die<br />

Mitteilung beobachteter Pflanzen-,<br />

Pilz-, Flechten- und Tierarten sowie<br />

von Auffälligkeiten im Zusammenhang<br />

mit diesen (Verhalten, abweichende<br />

Zeiten des Auftretens, besondere Lebensräume<br />

etc.).<br />

Finderkürzel:<br />

GL = G. H. Loos<br />

Lu = Thomas Lunke (Kamen)<br />

BMg = B. Margenburg<br />

Pfl = H.-J. Pflaume (Lünen)<br />

� Ergänzung der Flechtenarten<br />

des <strong>Kreis</strong>gebietes<br />

Seit der ersten Zusammenstellung<br />

der bisher im <strong>Kreis</strong> sicher gefundenen<br />

und vermutlich nachgewiesenen Flechtenarten<br />

(Loos 1999) konnten einige<br />

Arten neu nachgewiesen werden, die<br />

im Folgenden aufgelistet werden. Die<br />

Zahl der sicher vorkommenden Arten<br />

erhöht sich auf 102. Da sich hier die<br />

Wiederbesiedlung durch Blatt- und<br />

Strauchflechten erheblich langsamer<br />

vollzieht als im westlichen Ruhrgebiet,<br />

was vermutlich – immer noch – auf<br />

die Abluft aus dem gesamten Ruhrgebiet<br />

zurückzuführen ist, welcher<br />

der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ausgesetzt ist, bleibt<br />

die Bestandsentwicklung wie auch<br />

das Auftreten weiterer Arten intensiv<br />

zu beobachten.<br />

Desgleichen sind meist krustige<br />

Kleinstflechten zukünftig verstärkt zu<br />

beachten. Zusätzlich zu den folgenden<br />

Artneufunden wurden seit 1999<br />

zahlreiche neue Vorkommen von bereits<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> nachgewiesenen<br />

Arten entdeckt, die zu einem späteren<br />

Zeitpunkt zusammengestellt werden<br />

sollen.<br />

� Acarospora nitrophila H. Magn.<br />

Auf einer Grabeinfassung auf dem<br />

Friedhof Kamen-Methler – 4411/21


(2002 GL). Vermutlich sonst übersehen.<br />

� Aspicilia caesiocinerea (Nyl.ex<br />

Malbr.) Arnold s. lat.<br />

Kleinflächig auf Silikat-Grabsteinen<br />

auf den Friedhöfen Kamen-Methler<br />

– 4411/21 (2003 GL) und <strong>Unna</strong>-Billmerich<br />

– 4512/11 (2004 GL). Sicher<br />

vielfach übersehen.<br />

� Cladonia rangiformis Hoffm.<br />

Auf einem durch Kalkschotter<br />

geprägten Magerrasen an einem<br />

Bahndamm in Lünen-Schwansbell<br />

– 4311/33 (2004 Pfl, det. GL) gefunden.<br />

� Flavoparmelia caperata (L.) Hale<br />

Zwei Nachweise an Eichenborke:<br />

<strong>Unna</strong>, Beethovenring – 4412/31 (2003<br />

GL) und Holzwickede, Emscherpark<br />

- 4411/43 (2003 GL). Vermutlich<br />

inzwischen an weiteren Stellen neu<br />

angesiedelt.<br />

� Melanelia subaurifera (Nyl.) Essl.<br />

An Straßenbäumen in Kamen, Sesekedamm<br />

– 4412/11 (2004 GL) und<br />

Holzwickede, Emscherpark - 4411/43<br />

(2003 GL).<br />

� Micarea denigrata (Fr.) Hedl.<br />

Auf Borke von Spitz- und Berg-<br />

Ahorn sowie Esche in Bergkamen-<br />

Heil, Umgebung der Ökologiestation<br />

– 4311/41 (2004 GL) und in Kamen-<br />

Westick, Rotdornweg – 4411/22<br />

(2003 GL).<br />

Vermutlich nicht selten und bisher<br />

nur übersehen.<br />

� Parmelina tiliacea (Hoffm.) Hale<br />

Von dieser zuvor nicht im <strong>Kreis</strong>gebiet<br />

nachgewiesenen Art wurden seit<br />

2001 durchgehend auf Lindenborke<br />

einige sehr vitale Vorkommen mit z.<br />

T. bereits recht großen Exemplaren<br />

gefunden. Die Nachweise konzentrieren<br />

sich auf Bergkamen, wo die Art auf<br />

den Friedhöfen Oberaden – 4311/43<br />

(2003f.) und Mitte – 4311/44 (2003),<br />

an der Halde Großes Holz – 4311/43<br />

(2001) sowie hinter der Ökologiestation<br />

in Heil – 4311/41 (2004) entdeckt<br />

wurde. Außerdem gefunden in <strong>Unna</strong>,<br />

nahe Stadtmauer und Ring – 4412/31<br />

(2002).<br />

� Parmotrema chinense (Osbeck)<br />

Hale & Ahti<br />

Diese Art erweitert gegenüber den<br />

vor der Industrialisierung bekannten<br />

Vorkommen offenbar ihr Areal beträchtlich<br />

(R. Kricke, mündl. Mitt.;<br />

vgl. auch Heibel 1999 und dort zitierte<br />

Literatur). Im <strong>Kreis</strong>gebiet bisher zweimal<br />

in sehr kleinen Einzelexemplaren:<br />

<strong>Unna</strong>-Massen, an der ehem. „Rollschuhbahn“<br />

– 4411/42 (2003 GL)<br />

sowie Schwerte, Baumbestand nahe<br />

Rohrmeisterei – 4511/32 (2003 GL).<br />

� Peltigera rufescens (Weiss)<br />

Humb.<br />

Auf Industriebrachland in Lünen an<br />

NATUR ERLEBEN<br />

der Zwolleallee – 4311/34 (2001 GL)<br />

und vermutlich an einem Bahndamm<br />

auf Schotter in Lünen-Schwansbell<br />

– 4311/33 (2004 Pfl).<br />

� Pleurosticta acetabulum (Neck.)<br />

Elix & Lumbsch<br />

Wahrscheinlich übersehen, aber<br />

stets in kleinen Exemplaren, daher<br />

wohl erst in jüngster Zeit angesiedelt.<br />

Bisher: Kamen, Sesekedamm<br />

– 4411/22 (2004 GL) und Friedhof<br />

Bergkamen-Oberaden – 4311/43<br />

(2004 GL).<br />

� Punctelia ulophylla (Ach.) van<br />

Herk & Aptroot<br />

Auf diese Sippe wurde der Erstautor<br />

vom Lichenologen R. Kricke<br />

(Oberhausen) aufmerksam gemacht.<br />

Vermutlich gehört hierher ein Großteil<br />

der Angaben von P. subrudecta aus<br />

dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Sicher nachgewiesen<br />

in Kamen – 4411/21 und 4412/11 und<br />

Bergkamen – 4311/32 (GL).<br />

� Usnea spec.<br />

Die bisher an Obst- und Parkbäumen<br />

(Linde) gefundenen Bartflechten<br />

sind noch sehr klein; es wurden keine<br />

Belege gesammelt, um die ohnehin<br />

winzigen Vorkommen nicht weiter zu<br />

gefährden, so dass eine genaue Bestimmung<br />

bisher unterblieben ist. Im<br />

benachbarten <strong>Kreis</strong> Soest findet sich<br />

an entsprechenden Standorten U. filipendula<br />

Stirt. (vgl. auch Heibel 1999).<br />

67


68 NATUR ERLEBEN<br />

Bisher festgestellt in Kamen-Methler<br />

– 4411/21 (Ende der 1990er Jahre,<br />

Lu) und in Holzwickede, Emscherpark<br />

– 4411/43 (2003 GL).<br />

� Xanthoria calcicola Oxner<br />

Kamen, Westicker Straße, auf Betonbruch<br />

auf einem halb aufgelassenen<br />

Werksgelände – 4411/22 (2003<br />

GL). Vermutlich bisher übersehen.<br />

� Weitere Vorkommen von<br />

Klebsormidium crenulatum<br />

Die neophytische Grünalge Klebsormidium<br />

crenulatum (Pelzige Kraushaaralge)<br />

ist im <strong>Kreis</strong>gebiet weiter in Ausbreitung<br />

begriffen (vgl. Loos 2002),<br />

jedoch nicht gleichmäßig. So gelingen<br />

immer wieder Nachweise, örtlich<br />

auch mit großen Beständen, jedoch<br />

über weite Strecken dazwischen kann<br />

diese Art selbst bei intensiver Nachsuche<br />

nicht gefunden werden. In den<br />

letzten zwei Jahren konnte sie in der<br />

Lippeaue fast durchgehend festgestellt<br />

werden, wo sie in den folgenden Messtischblatt-Viertelquadranten<br />

in den<br />

Stadtgebieten von Lünen, Werne und<br />

Bergkamen (sowie Hamm) wächst:<br />

4311/24,32,41+42, 4312/13+14 (GL,<br />

auch auf Exkursion der Botanik-AG<br />

des NABU <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>). Darüber hinaus<br />

wurde sie in Kamen-Wasserkurl<br />

am Telgei-Wald – 4411/23 (2003 GL)<br />

gefunden.<br />

� Fundnotizen zu Pilzarten<br />

� Agaricus xanthodermus – Karbol-Egerling<br />

Diese in Westfalen „nicht häufige“<br />

Art (Runge 1981: 53) wuchs auf<br />

lehmiger Parabraunerde mit wenigen<br />

Fruchtkörpern an einem Ackerrain<br />

in Kamen-Wasserkurl neben dem<br />

Fahrradweg an der Afferder Straße<br />

– 4411/24 (2004 GL auf Exkursion des<br />

Umweltzentrums Westfalen).<br />

� Bjerkandera fumosa – Graugelber<br />

Rauchporling<br />

Insgesamt übersehene Art, in Gebieten<br />

mit Kopfweiden wohl nicht<br />

selten. In <strong>Unna</strong>-Mühlhausen mehrfach<br />

an Silber-Weiden am Mühlpfad, auf<br />

der Öko-Zelle sowie am Spanierkampweg<br />

– 4412/32 (2001f. GL).<br />

� Fomes fomentarius – Echter<br />

Zunderschwamm<br />

Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> relativ selten. An Buchen-Bruchholz<br />

in Kamen-Heeren im<br />

Grafenwald – 4412/13 (2004 GL).<br />

� Mycena pura – Rettich-Helmling<br />

Der durch seinen starken Rettichgeruch<br />

auffällige Helmling kommt<br />

hauptsächlich in Buchenwäldern<br />

auf basischen Böden vor (im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> notiert in Selm-Cappenberg in<br />

Schlossnähe – 4311/13, 2001 GL),<br />

erschien aber auch in einem Garten<br />

mit Althölzern an der Bruchstraße in<br />

<strong>Unna</strong>-Mühlhausen – 4412/32 (2001<br />

GL).<br />

� Xylaria hypoxylon – Geweihförmige<br />

Holzkeule<br />

In den Wäldern des <strong>Kreis</strong>es nicht<br />

selten, aber sonst weitgehend fehlende<br />

Art. Zahlreich auf dem Friedhof<br />

am <strong>Natur</strong>freibad Bergkamen-Heil<br />

– 4311/32 (2004 GL, BMg & al. auf<br />

Exkursion der Botanik-AG des NABU<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>).<br />

Literatur:<br />

Heibel, E. (1999): Untersuchungen zur Biodiversität<br />

der Flechten von Nordrhein-Westfalen.<br />

– Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum<br />

für <strong>Natur</strong>kunde 61 (2).<br />

Loos, G. H. (1999): Vorläufige Übersicht der<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> nachgewiesenen Flechtenarten.<br />

– <strong>Natur</strong><strong>report</strong>, Jahrbuch der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 4: 71-78.<br />

Loos, G. H. (2002): Beiträge zur Organismenwelt<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>. – <strong>Natur</strong><strong>report</strong>, Jahrbuch<br />

der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> 6: 83-90.<br />

Runge, A. (1981): Die Pilzflora Westfalens.<br />

– Abhandlungen aus dem Landesmuseum für<br />

<strong>Natur</strong>kunde zu Münster in Westfalen 43 (1).


� „Regionen aktiv“ im Östlichen Ruhrgebiet 2004<br />

Eine bunte Vielfalt: mit Fritz Eckenga,<br />

Fußball und Photovoltaik<br />

von Ulrich Häpke<br />

„Kultur lockte Tausende in den<br />

Kuhstall“ und „Deftiger Käse im Westfalenstadion“<br />

meldete die regionale<br />

Presse über zwei besonders gelungene<br />

Aktionen der Solidargemeinschaft im<br />

Jahr 2004. Hierüber und die weitere<br />

Arbeit in der „Modellregion Östliches<br />

Ruhrgebiet" handelt der folgende<br />

Beitrag.<br />

Ort des ersten Events war Haus<br />

Rutenborn in Schwerte-Geisecke, die<br />

Hofanlage der Familie Schulte mit<br />

dem wunderbaren Ausblick über die<br />

Gräfte hinweg in die Ruhraue. Während<br />

Schultes Rinder extensiv grasend<br />

das <strong>Natur</strong>schutzgebiet Mühlenstrang<br />

pflegten, saßen in ihrem Stall lauter<br />

Kunstliebhaber und bewunderten<br />

nicht nur die action-painting-Bilder<br />

an den Wänden. Wo im Winter das<br />

Rindvieh frisst und döst, wurde musiziert<br />

und lasen Dichter aus ihren<br />

Werken. Auf Klaus Rudolf Schell,<br />

den Bergkamener Bachkreis und die<br />

Schwerter Jazz Gang folgten Matt-<br />

Die Aktion „Kunst im Kuhstall “ war ein<br />

voller Erfolg. Foto:Archiv<br />

hias Stührwoldts Erzählungen über<br />

„Verliebt(es) Treckerfahren“ und Fritz<br />

Eckengas Fußball-Kommentare mit<br />

Biss. Gut 1.500 Menschen konnten<br />

bei schönstem Sommerwetter nicht<br />

nur Speis und Trank von „Landaktiv<br />

kulinarisch“, sondern auch „Kunst und<br />

Kultur im Kuhstall“ genießen.<br />

REGIONEN AKTIV<br />

� Borussia Dortmund – Partner<br />

der Modellregion<br />

Um Fußball ging es auch beim<br />

zweiten Ereignis, der kulinarischen<br />

Unterstützung von Borussia Dortmund.<br />

Immerhin waren 3.500 Fans<br />

im VIP-Bereich mit regionalen Köstlichkeiten<br />

zu versorgen. Spezialitäten<br />

vom Fischhof Baumüller, ein eigener<br />

BVB-Käse von der Hofkäserei Wellie<br />

gehörten genauso dazu wie tausend<br />

Frikadellen mit Schwerter Honigsenf<br />

und Eingemachtes von Frau Nordhoff-Spinne.<br />

Nicht nur bei Bückers<br />

Backhaus musste zur Vorbereitung der<br />

erforderlichen Mengen eine Nachtschicht<br />

eingelegt werden. Auch für<br />

die Küche von Haus Villigst waren 400<br />

Kilo Honigkrustenbraten keine Alltäglichkeit.<br />

Weitere Kooperationspartner<br />

waren die Dortmunder Unimensa und<br />

die Gastronomie Overkamp. Bereits<br />

am Tag vor dem Spiel mussten alle<br />

Gerichte fix und fertig ins Stadion<br />

gebracht werden, wo sie am Samstag<br />

auf die verzehrgerechten Temperaturen<br />

gebracht wurden. Flankiert<br />

wurden die Delikatessen der Region<br />

69


70 REGIONEN AKTIV<br />

Umweltministerin Bärbel Höhn (Mitte) probierte neben Neuland-Frikadellen mit<br />

Schwerter Honigsenf auch weitere köstliche Leckerbissen aus der Region. Foto:<br />

Archiv<br />

von Infoständen. Vierzig Mitglieder<br />

der regionalen Partnerschaft verteilten<br />

Flyer, schenkten NFG-Apfelsaft und<br />

kleine Schnäpse von Schulte-Rötering<br />

aus, servierten Gemüserohkost und<br />

Neuland-Panhas. Frank Hellinger,<br />

Küchenchef des Caterers Aramark,<br />

und Urs Bischof, Gastronomiemanager<br />

beim BVB, können sich vorstellen, dass<br />

regionale Aktionen zwei- bis dreimal<br />

pro Jahr stattfinden. Denn die Gäste,<br />

zu denen auch NRW-Umweltministerin<br />

Höhn gehörte, waren genauso<br />

zufrieden wie die Borussia, die – selten<br />

genug – alle drei Punkte holte.<br />

Zugleich hat die Solidargemeinschaft<br />

bewiesen, wie professionell sie<br />

arbeitet. Über ihre rund 60 Mitglieder<br />

hinaus ist eine große Zahl von Interessenten<br />

an Fachforen und Aktionen<br />

beteiligt, alles in allem etwa 200<br />

Menschen. Selbstverständlich hat sich<br />

dabei ein engerer <strong>Kreis</strong> herausgebildet,<br />

da die Projekte und das Regionalmanagement<br />

regelmäßig zur Koordination<br />

zusammenkommen. Dabei gilt nach<br />

wie vor, dass das Bundesministerium<br />

für Verbraucherschutz, Ernährung und<br />

Landwirtschaft mit dem Programm<br />

„Regionen aktiv“ keine Einzelprojekte<br />

fördert, sondern die Umsetzung des<br />

regionalen Entwicklungskonzeptes.<br />

Dieses umfasst in der Modellregion<br />

Östliches Ruhrgebiet die vier Handlungsfelder<br />

„Regionalvermarktung“,<br />

„Regenerative Energie und nachwachsende<br />

Rohstoffe“, „Bildung und<br />

Begegnung“ sowie „Landwirtschaftliche<br />

Dienstleistungen“. Auch wenn das<br />

Jahr 2004 von einem Wermutstropfen<br />

getrübt wurde, überwogen doch die<br />

Fortschritte, zum Beispiel in der Landschaftspflege,<br />

im Tourismus und im<br />

Energiesektor.<br />

� Agrotourismus, Wanderreiten<br />

und neue Energie<br />

Um erste Schritte „vom Landwirt<br />

zum Energiewirt“ – so der Projekttitel<br />

– zu unternehmen, informierten sich<br />

mehrere hundert Landwirte beim<br />

Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband<br />

(WLV) über alternative<br />

Energien. Auf mehr als 100<br />

Scheunendächern wurden seitdem<br />

Photovoltaikanlagen installiert. Viele<br />

Lieferungen stehen noch aus, weil die<br />

Anlagenproduzenten der Nachfrage<br />

nicht gewachsen sind. Gelungen ist<br />

auch der Einstieg in die Biogaserzeugung:<br />

Drei neue Anlagen sind<br />

im Bau bzw. in der Planung. Ebenso


stoßen die Exkusionen des WLV<br />

zum Demonstrationszentrum für Biomasseheizungen<br />

in Bigge-Olsberg<br />

bei Landwirten auf großes Interesse,<br />

während das Hammer ÖkoZentrum<br />

NRW im korrespondierenden Projekt<br />

„E-NaWaRo“ versucht, Kommunen,<br />

Wohnungsgesellschaften und andere<br />

Unternehmen für Holzhackschnitzelheizungen<br />

zu erwärmen.<br />

For tschritte wurden auch im<br />

agrar-touristischen Bereich erzielt:<br />

Beim Projekt „Bauernhoferlebnis<br />

Ruhrtal“, einer Kooperation zwischen<br />

dem Amt für Agrarordnung und der<br />

Landwirtschaftskammer stehen Fahrradausflügler<br />

im Vordergrund. Um die<br />

Landwirte bei der Entwicklung touristischer<br />

Angebote zielgerecht beraten<br />

zu können, wurden im Sommer 2004<br />

die Erholungsuchenden nach ihrer<br />

Meinung gefragt. Daraufhin konnten<br />

die Gutachter ausdrücklich feststellen,<br />

„dass Ruhrtal-Besucher mit Kenntnis<br />

von regionalen Ab-Hof Produkten<br />

auch tatsächlich eher etwas auf<br />

den Betrieben einkaufen“, während<br />

Fahrradtouristen nur selten Bauernhof-Kunden<br />

sind. Sie haben aber ein<br />

großes Interesse an einer Raststation<br />

und an einladenden Wegweisern zu<br />

bäuerlichen Angeboten. Wie solche<br />

Anregungen vor Ort auf den Betrieben<br />

umgesetzt werden können, ist Thema<br />

Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> wird eine Reitroute entwickelt.<br />

Foto: Archiv<br />

der weiteren Projektarbeit.<br />

Das Glück dieser Erde liegt aber<br />

nicht nur im Fahrradsattel. Neben den<br />

Drahteseln spielen leibhaftige Pferde<br />

im Tourismus eine wachsende Rolle.<br />

Deshalb werden vom Umweltzentrum<br />

Westfalen die Möglichkeiten für das<br />

Wanderreiten ausgelotet und durch<br />

die Planung einer Reitroute verbessert.<br />

Die bisher konzipierten Fern- und<br />

Rundrouten umfassen mehr als 200<br />

Kilometer und können zu 80 Prozent<br />

schon beritten werden. Eine Karte, die<br />

diese Reitmöglichkeiten und weitere<br />

Wege dokumentiert, auf denen das<br />

REGIONEN AKTIV<br />

Reiten bereits heute erlaubt ist, wird<br />

in Kürze im Internetportal www.stadtland-hof.de<br />

veröffentlicht. Die ersten<br />

Hinweisschilder und wichtigsten Verbesserungen<br />

sind für 2005 geplant.<br />

Damit wird nicht nur eine naturverbundene<br />

Freizeitbeschäftigung<br />

gefördert. Genauso wichtig sind die<br />

neuen Einkommensmöglichkeiten für<br />

landwirtschaftliche Betriebe durch<br />

Pensionspferdehaltung und Dienstleistungen<br />

rund ums Pferd. Allein im<br />

Nahbereich der geplanten Reitroute<br />

von Selm über Nord-Lünen, Werne,<br />

Bergkamen, Hamm-Sandbochum<br />

bis Bönen liegen 33 Pferdehöfe und<br />

werden rund 700 Pferde gehalten,<br />

wobei es im östlichen Ruhrgebiet insgesamt<br />

12.000 ReiterInnen gibt, wie<br />

die Projektbearbeiterinnen ermittelt<br />

haben. Die ersten Betriebe bieten<br />

bereits Reitunterricht, Therapeutisches<br />

Reiten, geführte Ausritte, Pferdezucht,<br />

-verkauf und -ausbildung, Verpflegung<br />

sowie Unterbringung von WanderreiterInnen<br />

an – Serviceangebote, die<br />

ausgesprochen positive Zukunftsperspektiven<br />

aufweisen.<br />

� Ökopunkte und Vertragsnaturschutz<br />

Auch in der Landschaftspflege liegen<br />

neue Erwerbschancen, nicht zuletzt<br />

aufgrund der Kompensationsregelung<br />

71


72 REGIONEN AKTIV<br />

im <strong>Natur</strong>schutzrecht. Bekanntlich ist<br />

die Landwirtschaft häufig doppelt<br />

betroffen, wenn ein neues Baugebiet<br />

entsteht oder eine Straße verbreitert<br />

wird: Landwirte verlieren Flächen für<br />

die eigentliche Bautätigkeit und für<br />

ökologische Ausgleichsmaßnahmen.<br />

Mit dem Modellprojekt „Landwirtschaft<br />

und Ökokonto“ wird das Dortmunder<br />

Umweltamt die Bauern aus<br />

dieser Zwickmühle befreien. In Kürze<br />

können die Dortmunder Landwirte<br />

„Ökopunkte“ produzieren, wenn sie<br />

bestimmte Bewirtschaftungsauflagen<br />

einhalten, und bekommen hierfür<br />

nicht nur eine Honorierung aus den<br />

Ausgleichs- und Ersatzgeldern bzw.<br />

einen Pachtnachlass, sondern auch<br />

eine dauerhafte Perspektive durch die<br />

Verlängerung ihrer Pachtverträge.<br />

Mit diesen Ökopunkten wird die<br />

umweltfreundliche landwirtschaftliche<br />

Produktion als Kompensation<br />

für bauliche Eingriffe in <strong>Natur</strong> und<br />

Landschaft anerkannt – hoffentlich<br />

nicht als „Feigenblatt“ für weitere<br />

<strong>Natur</strong>zerstörung, wie der Dortmunder<br />

Ökologie-Professor Lothar Finke befürchtet,<br />

sondern als Teil einer neuen<br />

„Verantwortungsgemeinschaft“, so<br />

Staatssekretär Thomas Griese vom<br />

NRW-Umweltministerium auf der<br />

Projekttagung am 15. Dezember 2004<br />

in Dortmund.<br />

Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> können sich Landwirte<br />

durch das von der NFG getragenen<br />

Projekt „Bauern pflegen Landschaft"<br />

künftig ein zweites Standbein durch<br />

Landschaftspflegearbeiten schaffen.<br />

Im Sommer 2004 wurden bereits die<br />

ersten 5-Jahresverträge abgeschlossen,<br />

eine deutlich größere Zahl wird in 2005<br />

folgen. Als Kalkulationsgrundlage für<br />

interessierte Landwirte einerseits und<br />

den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> andererseits wurden<br />

2004 die landschaftspflegebedürftigen<br />

Bereiche im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> erhoben.<br />

Die Vertragsmodalitäten wurden auf<br />

zahlreichen landwirtschaftlichen Veranstaltungen<br />

sowie in der Fachpresse<br />

vorgestellt.<br />

� Regionalvermarktung heute<br />

und morgen<br />

Im Handlungsfeld Regionalvermarktung<br />

war die Tendenz uneinheitlich.<br />

Kurz vor dem Abschluss steht<br />

das Neuland-Projekt „Qualitätssicherungssystem<br />

für die artgerechte<br />

Nutztierhaltung“, durch das deren höhere<br />

Qualität jederzeit garantiert und<br />

nachgewiesen werden kann. Demgegenüber<br />

war der Wermutstropfen, der<br />

das Bild trübte, der Insolvenzantrag<br />

der „Natürlich Hellweg GmbH“, wodurch<br />

der Kartoffelschälbetrieb für<br />

„UNsere Knolle“ und das Projekt „Lieferservice“<br />

vorerst eingestellt werden<br />

mussten. „Das Preisdumping auf dem<br />

Lebensmittelmarkt fordert Opfer“,<br />

heißt es in der Presseerklärung. „Vernichtend<br />

war die Konkurrenz durch<br />

Dumpinganbieter mit hochmaschinisierten<br />

Produktionen: So liefern etwa<br />

Unternehmen aus Ostdeutschland das<br />

Kilo geschälte Kartoffeln für 34 Cent<br />

an Großkunden im lokalen Bereich.<br />

Natürlich Hellweg und die sechs zuliefernden<br />

Bauern aus dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

mit ihrem Qualitätsanspruch müssen<br />

für 62 Cent anbieten.“<br />

Manche Beobachter fragen daher,<br />

ob Regionalität als wichtigstes Qualitätsmerkmal<br />

eine hinreichende Begründung<br />

für höhere Preise sein kann,<br />

zumal es dem ökologisch orientierten<br />

„Werkhof“ in Dortmund-Scharnhorst<br />

inzwischen wieder besser geht. Noch<br />

vor zwei Jahren standen die biologisch-dynamische<br />

Gemüsegärtnerei,<br />

die Ausbildung arbeitsloser Jugendlicher,<br />

die GemüseAboKiste und<br />

andere Projekte vor dem Aus. Nach<br />

der Übernahme durch die „Werkstatt<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>“, mit einem Zuschuss<br />

seitens der Stadt Dortmund und mit<br />

Unterstützung durch bisher zwei<br />

Regionen-aktiv-Projekte konnte die<br />

neue „Werkhof Service GmbH“ mit<br />

ihrer Konsolidierung beginnen und<br />

die Abonnentenzahl ihrer Biogemüse-<br />

Kiste wieder stabilisieren.


� Zielgruppe Kinder und Jugendliche<br />

Damit gute Produkte auch in Zukunft<br />

ihren Markt finden, müssen<br />

schon heute die Kunden von morgen<br />

angesprochen werden. Dies geschieht<br />

durch die drei Modellprojekte der<br />

VerbraucherZentrale, des WLV und<br />

der Evangelischen Kirche. „Leckeres<br />

aus unserer Region“ – unter diesem<br />

Motto plant die VerbraucherZentrale<br />

(VZ) einen Aktionstag für Dortmunder<br />

Schulen, um die Öffentlichkeit aufmerksam<br />

zu machen. Der Grundstein<br />

hierfür wurde durch die bisherige<br />

Informationsarbeit gelegt, die auch<br />

in Zukunft fortgeführt wird. Als besonderen<br />

Höhepunkt wird die VZ<br />

einen „Kinder-Kunst-Wettbewerb“<br />

zum Thema „Das wächst bei uns und<br />

schmeckt mir“ veranstalten.<br />

Damit knüpft die VZ an den erfolgreichen<br />

Medienwettbewerb des WLV<br />

an. In Kooperation mit dem Medienzentrum<br />

<strong>Unna</strong> hat der WLV alle Schulklassen<br />

in Hamm und im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

eingeladen, zum Thema „Der Bauernhof<br />

vor unserer Haustür“ eine mediale<br />

Präsentation zu erarbeiten. Ziel war,<br />

die SchülerInnen der Sekundarstufen<br />

stärker anzusprechen. Die vier prämierten<br />

Produktionen – Internetseiten,<br />

Videofilm und PowerPointPräsentation<br />

– zeigen nicht nur die verschiedenen<br />

Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> werden die Landwirte<br />

zukünftig an der Landschaftspflege<br />

beteiligt. Foto: Archiv<br />

Einsatzgebiete für „HighTec auf dem<br />

Bauernhof“ oder die „Schweinezucht<br />

bei Bauer Clodt“, sondern auch einen<br />

kritischen Vergleich zwischen verschiedenen<br />

Methoden der Schweine- und<br />

Rinderhaltung auf zwei Höfen in Bönen.<br />

Hinzu kamen interessante und<br />

heitere Informationen über „Die Kartoffel“.<br />

Für den originellen Videofilm<br />

„Ein Tag auf dem Bauernhof“ wurde<br />

der „Grüne Trecker“ als Sonderpreis<br />

vergeben.<br />

Tage auf dem Bauernhof lassen sich<br />

REGIONEN AKTIV<br />

auch in Fröndenberg-Stentrop und<br />

Umgebung erleben. „Pälzer Vielerlei“<br />

heißt das Projekt des Evangelischen<br />

Kirchenkreises. Im Rahmen von ein- bis<br />

mehrtägigen Bildungsveranstaltungen<br />

können Kinder und Jugendliche,<br />

Eltern, Lehrer und Erzieherinnen die<br />

Vielfalt der regionalen Landwirtschaft<br />

erleben. Und im Anschluss an die<br />

Bauernhofbesuche werden die regionalen<br />

„Urprodukte“ in der neuen<br />

Aktionsküche weiterverarbeitet, also<br />

Milch zu Butter oder Quark, Getreide<br />

zu Mehl und Brot.<br />

� Gentechnik – nein danke?<br />

Demgegenüber lassen sich die<br />

Wirkungen der Gentechnik nicht unmittelbar<br />

erfahren – nicht sehen, nicht<br />

schmecken und auch nicht riechen.<br />

Genmanipulierte Lebewesen sind vielen<br />

Menschen daher so unheimlich wie<br />

radioaktive Stoffe. Wer käme schon<br />

auf die Idee, sich das für Insekten tödliche<br />

Toxin des Bacillus thuringiensis (Bt)<br />

ins Essen zu streuen – in entsprechend<br />

gentechnisch veränderten Kartoffeln<br />

und Bt-Mais ist dieser Stoff bereits<br />

enthalten, künftig auch in Bt-Reis und<br />

Bt-Tomaten. Vor diesem Hintergrund<br />

hat Elisabeth Schulze-Wethmar in<br />

ihrem Hofladen 1.400 Unterschriften<br />

für gentechnikfreie Lebensmittel<br />

gesammelt, und auch 25 regionale<br />

73


74 REGIONEN AKTIV<br />

Landwirte haben sich mit einer entsprechenden<br />

Erklärung zur gentecfreien<br />

Produktion verpflichtet. Um<br />

die Wahlfreiheit zu erhalten und die<br />

Entscheidung für eine landwirtschaftliche<br />

Produktion ohne Genmanipulation<br />

auch weiterhin zu ermöglichen, unterstützt<br />

das Regionen-aktiv-Projekt<br />

der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche<br />

Landwirtschaft“ (AbL) in Kooperation<br />

mit dem WLV die Suche nach Lieferanten<br />

für Saatgut und Futtermittel<br />

ohne gentechnische Veränderungen<br />

- damit die heimischen Landwirte auch<br />

in Zukunft den VerbraucherInnen gentechnikfreie<br />

Qualitäten bieten können.<br />

(Näheres im Artikel von Siegrid Herbst<br />

auf Seite 79).<br />

� Endspurt<br />

Mit dem Jahreswechsel 2005 erreichen<br />

alle 18 bundesdeutschen<br />

Modellregionen die Zielgerade. Mit<br />

einem guten Dutzend an Projekten,<br />

darunter auch die neue Streuobst-Initiative<br />

des Dortmunder BUND und die<br />

Informationskampagne der <strong>Kreis</strong>handwerkerschaft<br />

für Strohpressplatten<br />

als innovativen Werkstoff, geht das<br />

Östliche Ruhrgebiet in den Endspurt.<br />

Es gibt sogar noch finanzielle Reserven<br />

für weitere Projekte, bevor die endgültige<br />

Bilanz gezogen wird.<br />

Auch wenn für den Ausbau der<br />

regionalen und der ökologischen<br />

Vermarktung weitere Anstrengungen<br />

vonnöten sind, ist jetzt schon deutlich,<br />

dass die Kooperation zwischen Stadt<br />

und Land in unserer Region erheblich<br />

gestärkt worden ist und auf dieser<br />

Grundlage künftig noch weiter verbessert<br />

werden kann.


� Mastschweine an Heiler Luft<br />

Erst kommt das Tier,<br />

dann der Stall<br />

von Hugo Gödde<br />

Wir lassen die Sau raus. Dieses<br />

bekannte geflügelte Wort für<br />

das NEULAND-Programm ist für<br />

die Ökologiestation inzwischen<br />

wörtlich zu nehmen. Seit Sommer<br />

2004 lässt die Weddinghofener<br />

Bauernfamilie Ilona und Walter<br />

Höhne tatsächlich ihre selbst aufgezogenen<br />

Mastschweine an die<br />

frische Heiler Luft.<br />

Der Schweinestall schließt damit die<br />

Renovierung des landwirtschaftlichen<br />

Teils des alten Hofes Schulze Heil ab.<br />

Es werden wieder Tiere gehalten. Auf<br />

dem Hofgelände findet wieder wirkliches<br />

landwirtschaftliches Leben statt.<br />

Die Instandsetzung des Schweinestalls<br />

rundet zugleich die vielfältigen Funktionen<br />

der Ökologiestation zunächst<br />

ab. Von der Erzeugung landwirtschaftlicher<br />

Produkte, der Verarbeitung und<br />

Vermarktung im Zerlegebetrieb über<br />

den Landschafts- und <strong>Natur</strong>schutz in<br />

der Biostation, die Bildungsarbeit im<br />

Umweltzentrum bis zu Kunstausstel-<br />

REGIONEN AKTIV<br />

Noch einmal Schwein gehabt: Auf dem alten Hof Schulze-Heil werden seit Sommer<br />

2004 Mastschweine an frischer Luft aufgezogen. Alle Fotos: Ralf Sänger<br />

75


76 REGIONEN AKTIV<br />

lungen und Freizeit- und Feierangeboten<br />

im Haus reicht das Spektrum der<br />

Aufgabenstellungen.<br />

Die Parallelen zum umfassenden<br />

Begriff der multifunktionalen Landwirtschaft,<br />

wie er im regionalen<br />

Entwicklungskonzept der Solidargemeinschaft<br />

in „Regionen aktiv“<br />

festgelegt ist, sind frappierend und<br />

sicher nicht zufällig. Auch dort wird<br />

die vielfältige moderne Landwirtschaft<br />

von der Erzeugung, der Verarbeitung<br />

und regionalen Vermarktung, der<br />

Gewinnung regenerativer Energie und<br />

nachwachsender Rohstoffe über die<br />

<strong>Natur</strong>- und Umweltschutzaktivitäten<br />

bis zum Lern-, Erlebnis- und Begegnungsort<br />

Bauernhof definiert.<br />

Im Gesamtkonzept Ökologiestation<br />

hat der Schweinestall deshalb eine<br />

wichtige Bedeutung, auch wenn er aus<br />

Platz- und veterinärrechtlichen Gründen<br />

etwas aus dem Hof hinausweist.<br />

� Den Stall nach den Tieren<br />

ausrichten<br />

„Erst kommt das Tier und dann der<br />

Stall. Man muss den Stall nach dem<br />

Tier ausrichten und nicht das Tier dem<br />

Stall anpassen.“ Diese Maxime der<br />

tiergerechten Haltung stand bei der<br />

Renovierung des Schweinestalls Pate.<br />

Mit Architekten und Berater wurden<br />

die Bedingungen des vorhandenen<br />

Die Tiere standen beim Bau des<br />

Schweinestalls stets im Vordergrund.<br />

Gebäudes geprüft und ein entsprechender<br />

Umbau entworfen. Dabei<br />

war klar, dass mehrere Kriterien erfüllt<br />

werden mussten:<br />

� Es handelt sich nicht um einen Zoo<br />

oder eine Schautierhaltung, sondern<br />

um eine Nutztierhaltung, die ökonomischen,<br />

ökologischen, rechtlichen<br />

und ethischen Maßstäben<br />

entsprechen muss.<br />

� Die Schweine müssen nach ihrem<br />

„normalen“ Verhalten artgerecht<br />

leben können.<br />

� Die Arbeit des Bauern muss wirtschaftlich<br />

sein können (schließlich<br />

zahlt er eine übliche Pacht für den<br />

Stall).<br />

� Die Erzeugung muss von den Kosten<br />

und Erlösen her marktgerecht<br />

sein.<br />

Für den Bauern steht neben der artgerechten<br />

Tierhaltung die Arbeitswirtschaftlichkeit<br />

im Vordergrund. Also<br />

es muss nicht nur dem Tier, sondern<br />

auch dem Menschen gut gehen. Die<br />

Sorge vieler Bäuerinnen und Bauern<br />

ist, dass die Strohhaltung als die Basis<br />

der Tiergerechtheit zu übergroßer<br />

Arbeitsbelastung führt. Oder wie es<br />

Walter Höhne ausdrückt: „Wenn ich<br />

zuviel Arbeit mit der Entmistung habe,<br />

müsst ihr mithelfen.“<br />

� Was zu beweisen ist ... Tierverhalten<br />

als Maßstab<br />

Landläufig hält man das Schwein<br />

für ein sehr unsauberes Tier, eben ein<br />

Schwein. Tatsächlich ist das Schwein<br />

ein äußerst sauberes Tier, das sich<br />

nur entsprechend seinen körperlichen<br />

Bedingungen und seinen typischen<br />

Artmerkmalen verhält. Was aber sind<br />

spezielle Verhaltensmerkmale beim<br />

Schwein? Durch die Domestikation<br />

und Züchtung kam es zu einer Verschiebung<br />

der Verhaltensschwerpunkte.<br />

Angriffslust oder Nestbau wurden


abgeschwächt, aber nicht aufgegeben,<br />

Fress- und Sexualverhalten dagegen<br />

verstärkt. In der Tierverhaltenslehre<br />

des Schweins unterscheidet man folgende<br />

Funktionskreise (nach Hörning<br />

und Fenneker):<br />

1. Sozial- und Rangverhalten<br />

Schweine sind sehr soziale Tiere,<br />

deren Wohlbefinden von den anderen<br />

Artgenossen abhängt. Eine mehr<br />

oder weniger stabile Rangordnung<br />

wird durch Rangkämpfe festgelegt.<br />

Dabei ist die Gruppengröße für das<br />

Ausmaß der Kämpfe mitentscheidend.<br />

Schweine brauchen einerseits<br />

Berührungskontakt beim Liegen, andererseits<br />

Ausweichmöglichkeiten, um<br />

Rangkämpfen entgehen zu können.<br />

Diese Anforderungen werden auf der<br />

Ökostation je nach Buchtengröße mit<br />

Gruppen von acht bis zwölf bei einem<br />

Flächenbedarf von ca. 1,5 m²/Schwein<br />

gewährleistet.<br />

2. Ruheverhalten<br />

Schweine halten eine klare Trennung<br />

von Liege- und Kotbereich, wenn die<br />

Bereiche deutlich erkennbar voneinander<br />

geschieden sind. Der Liegeplatz<br />

ist im Stall und soll zugfrei, sauber,<br />

trocken und nicht zu hell gestaltet sein.<br />

Auslegung mit Stroh ist besonders geeignet,<br />

damit die Stallwärme erhalten<br />

bleibt. Geschlossene Buchtenwände<br />

schützen vor Rangeleien mit unliebsamen<br />

Nachbarn, was zu ungewolltem<br />

Abkoten führen und die Ruhe und<br />

Sauberkeit stören würde.<br />

3. Erkundungs- und Komfortverhalten<br />

Schweine sind tagaktive Tiere und<br />

sehr neugierig. Sie nehmen gern das<br />

Hofleben zur Kenntnis. In reizarmen<br />

Ställen liegen sie zu 70 – 80 % des<br />

Tages in ihren Buchten, in Auslaufhal-<br />

REGIONEN AKTIV<br />

Hier fühlen sich die Schweine „pudelwohl “ Sie halten sich bis zu 70 % des Tages in<br />

ihren Buchten auf.<br />

tung haben sie ca. 50 % Bewegung.<br />

Das Wühlen ist die ausgeprägteste<br />

Tätigkeit. Deshalb ist das Stroh nicht<br />

ersetzbar, allenfalls ergänzbar durch<br />

Spielmaterialien wie Ketten, Bälle usw.<br />

Zudem schonen Beschäftigungsinstrumente<br />

die Stalleinrichtung und<br />

die Artgenossen, an denen sich die<br />

Schweine sonst abreagieren. Wegen<br />

ihrer Speckschicht und der fehlenden<br />

Schweißdrüsen brauchen Schweine<br />

Wühl- oder Scheuermöglichkeiten, um<br />

die Körpertemperatur zu regeln und<br />

77


78 REGIONEN AKTIV<br />

Parasiten zu entfernen. Das „vollgesuhlte“<br />

Schwein ist also nicht dreckig,<br />

sondern führt nur Wärme ab.<br />

4. Futteraufnahmeverhalten<br />

Schweine sind Allesfresser. Während<br />

in Weidehaltung bis zu neun<br />

Stunden am Tag gefressen wird, reduziert<br />

sich die Fresszeit im Stall auf<br />

2 x 10 – 20 Minuten. Danach haben<br />

sie „frei“ und können ruhen, spielen,<br />

wühlen oder ihre Artgenossen ärgern<br />

(deshalb werden konventionell die<br />

Schwänze kupiert). Zuwenig Beschäftigung<br />

führt zu Langeweile oder Kannibalismus,<br />

während das Wühlen bei<br />

der Weidehaltung schnell die gesamte<br />

Grasnarbe umpflügt. Die Auslaufhaltung<br />

ist deshalb ein ausgezeichneter<br />

Kompromiss.<br />

5. Ausscheidungsverhalten<br />

Schweine halten unter natürlichen<br />

Bedingungen ihre Liegeplätze sauber<br />

und legen Kotplätze an. Diese sind<br />

am sinnvollsten im Außenauslauf<br />

anzubieten. Denn der Kotplatz soll<br />

heller sein als der Liegeplatz und durch<br />

Stangenabgrenzungen Kontakt zur<br />

Nachbarbucht ermöglichen, um das<br />

„Markierungsverhalten“ zu stimulie-<br />

ren. Außerdem ist er feucht zu halten<br />

(Regen, Tränken), um die Schweine<br />

durch die Nässe zum Koten und Harnen<br />

anzuregen. Dieser Außenbereich<br />

ist so anzulegen, dass er für den Bauern<br />

leicht zu entmisten ist (aufschiebbare<br />

Buchtenstangen, um mit dem Traktor<br />

mechanisch zu entmisten)<br />

Dazu kommt bei den Sauen noch<br />

ein ausgeprägtes Fortpflanzungs- und<br />

Geburtsverhalten, was bei Sauen- und<br />

Ferkelställen zu berücksichtigen ist.<br />

Wenn man diese Verhaltensmaxime<br />

berücksichtigt, ist der Schweine-<br />

Auslaufstall entsprechend zu bauen.<br />

Strohhaltung, mittlere Buchtengröße,<br />

geschlossene Buchtenwände im Stall,<br />

„offene“ Buchten im Auslauf, Tränken<br />

draußen (aber für die Winterkälte<br />

geschützt), ausreichend Liege- und<br />

Futterplätze drinnen, überdachter Auslauf,<br />

vielseitiges Futter mit Grundfutterangebot<br />

(Stroh, Heu, Gras usw.).<br />

NEULAND- Berater Hempler fasst<br />

zusammen: „Wie man sieht, ist Stroh<br />

für Schweine der Dreh- und Angelpunkt<br />

– als Wärmedämmung, gegen<br />

die Feuchtigkeit, als Beschäftigungsmaterial<br />

und als Grundfutter.“<br />

Dies ist auf der Ökostation realisiert.<br />

Interessierte Besucher können<br />

sich davon bei einer Besichtigung<br />

überzeugen.<br />

� Was zu beweisen ist ...<br />

Eines aber hat Walter Höhne doch<br />

am Anfang beunruhigt. „Wissen die<br />

Schweine auch, wie sie sich zu verhalten<br />

haben, und koten sie auch wirklich<br />

draußen ab. Oder hat die moderne<br />

Züchtung und Stallhaltung ihnen ihre<br />

artgemäßen Verhaltensweisen bereits<br />

abgewöhnt,“ meinte er vorsichtig.<br />

Jedenfalls wollte er sich absichern:<br />

„Wenn die Schweine im Stall abkoten,<br />

hol’ ich euch zum Ausmisten.“<br />

Nach einem halben Jahr Erfahrung<br />

ist er zufrieden. Nach kleinen Anfangsschwierigkeiten<br />

funktioniert alles wie<br />

gewünscht. „Die Schweine machen<br />

sich gut. Der Stall ist trocken, nur in<br />

die Außenbucht muss ich erfahrene<br />

Schweine und keine Neuankömmlinge<br />

legen. Die Arbeit hält sich in den<br />

veranschlagten Grenzen. Und die<br />

Vermarktung klappt auch. Trotzdem<br />

will ich erst mal den Winter abwarten,<br />

bevor ich mich endgültig äußere,“<br />

bleibt er zurückhaltend. Und lächelnd<br />

ergänzt er: „Dabei hätte ich euch<br />

Schreibtischtäter gern mal die Mistforke<br />

in die Hand gedrückt.“


REGIONEN AKTIV<br />

� Projekt der Regionen Aktiv<br />

Wahlfreiheit ermöglichen – gentechnikfreie<br />

Qualität sicherstellen<br />

von Siegrid Herbst<br />

„Regionen aktiv“ hat im östlichen<br />

Ruhrgebiet mit einem Projekt zur<br />

gentechnikfreien Landwirtschaft die<br />

Auseinandersetzung mit Gentechnik in<br />

der Landwirtschaft vor Ort vorangetrieben.<br />

Trägerin des Projektes „Wahlfreiheit<br />

ermöglichen – gentechnikfreie<br />

Qualität sicherstellen“ ist die Arbeitsgemeinschaft<br />

bäuerliche Landwirtschaft<br />

mit Sitz in Hamm. Das Projekt<br />

läuft von Mai 2004 bis Januar 2005. Es<br />

will Bauern und Bäuerinnen, die ohne<br />

Einsatz von Gentechnik wirtschaften<br />

möchten, praktisch unterstützen.<br />

� Situation vor Ort<br />

Wie aktuell das Thema inzwischen<br />

auf den Höfen ist, macht die Entwicklung<br />

der Gentechnik in der Landwirtschaft<br />

deutlich: Erstmals wurden 1996<br />

in den USA gentechnisch veränderte<br />

Pflanzen kommerziell angebaut.<br />

Weltweit betrug die Anbaufläche<br />

2004 rund 81 Millionen Hektar, was<br />

etwa dem 4,7-fachen der deutschen<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen<br />

entspricht. Angesichts solcher Zahlen<br />

stellen sich Fragen: Kann noch von<br />

freier Wahl gesprochen werden, ob<br />

Landwirte gentechnisch veränderte<br />

Pflanzen anbauen oder verfüttern,<br />

ob Verbraucher gentechnikfreie oder<br />

genetisch veränderte Nahrungsmittel<br />

zu sich nehmen?<br />

In Europa sind diese Fragen berechtigt,<br />

denn 99 Prozent der Anbauflächen<br />

werden in den USA, Kanada,<br />

Argentinien, Brasilien, Südafrika und<br />

China bestellt. Bei uns wird der Anbau<br />

durch die europäische Richtlinie<br />

zur Freisetzung genetisch veränderter<br />

Organismen geregelt. Wir verfolgten<br />

in diesem Jahr die kontroverse Debatte,<br />

wie die Vorschriften im deutschen<br />

Gentechnikgesetz umgesetzt<br />

werden sollen. Landwirtschaft und<br />

<strong>Natur</strong>schutz in unserer Region werden<br />

davon unmittelbar betroffen sein.<br />

Vor Ort wirken sich noch zwei<br />

weitere Richtlinien aus: Seit dem<br />

18. April 2004 müssen gentechnisch<br />

veränderte Lebens- und Futtermittel<br />

gekennzeichnet werden – mit Ausnahme<br />

von Milch, Eiern und Fleisch. Der<br />

Zutatenliste kann also entnommen<br />

werden, welche Inhaltstoffe genetisch<br />

verändert sind. Auf dem Lieferschein<br />

steht, ob Futter zum Beispiel genetisch<br />

verändertes Soja enthält. Jedoch<br />

erfährt kein Verbraucher, ob Fleisch,<br />

Milchprodukte oder Eier von Tieren<br />

kommen, die mit gentechnisch veränderten<br />

Pflanzen, insbesondere Soja<br />

oder Mais gefüttert wurden.<br />

Außerdem soll in der noch nicht<br />

verabschiedeten Saatgutrichtlinie<br />

festgelegt werden, wie hoch der Anteil<br />

gentechnisch veränderter Saatkörner<br />

im Saatgut sein darf, ohne dass dies<br />

gekennzeichnet werden muss. Würde<br />

eine Verunreinigung bis 0,3 % zugelassen,<br />

könnten von 100.000 pro<br />

Hektar ausgesäten Maiskörnern 300<br />

gentechnisch verändert sein, ohne<br />

dass ich es weiß.<br />

� Informieren & koordinieren<br />

Diejenigen, die das Projekt anregten,<br />

wollten die Auseinandersetzung<br />

über gentechnikfreie und -einsetzende<br />

Landwirtschaft in ihre Region holen.<br />

Denn letzten Endes werden auch vor<br />

79


80 REGIONEN AKTIV<br />

Gentechnisch verändert?<br />

Ort die Weichen für die herkömmliche<br />

Landwirtschaft gestellt: Bei Aussaat<br />

und Ernte, im Saatguthandel, bei den<br />

Futtermittelhändlern und nicht zuletzt<br />

im Laden. Neue Möglichkeiten<br />

durch den Einsatz von Gentechnik<br />

stehen den herkömmlichen gegenüber.<br />

Die Forschung steht noch am<br />

Anfang. Fragen des Nebeneinanders<br />

von genveränderten Pflanzen und<br />

herkömmlichen sind ungeklärt. Bei<br />

Pflanzenarten wie Raps oder Mais<br />

ist ein Nebeneinander in der hiesigen<br />

Feldflur mit vielen kleineren Feldern<br />

ausgeschlossen. Gesundheitliche und<br />

ökologische Risiken sind größtenteils<br />

unerforscht, Langzeituntersuchungen<br />

zu Auswirkungen von gentechnischem<br />

Anbau fehlen.<br />

Außerdem lehnt die Mehrheit der<br />

Bevölkerung nach repräsentativen<br />

Umfragen gentechnisch veränderte<br />

Lebensmittel ab. Es gibt viele Bauern,<br />

die diesen Markt bedienen wollen.<br />

Denn Gentechnik wird sich nicht für<br />

jeden Betrieb als gewinnbringende<br />

Produktionsform eignen.<br />

Das Projekt „Wahlfreiheit ermöglichen<br />

– gentechnikfreie Qualität<br />

sicherstellen“ hat daher zum Ziel,<br />

landwirtschaftliche Betriebe aus der<br />

Region, die weiterhin gentechnikfrei<br />

wirtschaften wollen, zu unterstützen:<br />

durch Informationen, beim Einkauf<br />

von Futtermitteln und Saatgut, sowie<br />

durch die Koordination von Aktionen,<br />

die Bauern und Bäuerinnen zum Erhalt<br />

der gentechnikfreien Landwirtschaft<br />

planen. Es wendet sich insbesondere<br />

an interessierte Bauern konventionell<br />

und ökologisch wirtschaftender Betriebe,<br />

Verarbeiter regionaler Produkte,<br />

die landwirtschaftlichen Verbände<br />

aber auch an Futtermittelhändler,<br />

Saatgutfirmen und Verbraucher aus<br />

der Region.<br />

� Region auf dem Weg<br />

Mit Informationsveranstaltungen,<br />

Arbeitstreffen, Ständen auf Hoffesten<br />

und Märkten oder Berichten in der<br />

lokalen Presse hat das Projekt zu einer<br />

aktiven Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema „Gentechnik in der Landwirtschaft“<br />

geführt. Besonders gut kam<br />

die gemeinsam mit dem Westfälisch-<br />

Lippischen Landwirtschaftsverband<br />

durchgeführte Informationsveranstaltung<br />

„Zukunft der gentechnikfreien<br />

Landwirtschaft“ am 30. September<br />

2004 in Kamen-Heeren an. Es ging<br />

um die Gesetzeslage, gentechnikfreies<br />

Saatgut, Rapsanbau und die Nachfrage<br />

der Ölmühle Brökelmann nach gentechnikfreiem<br />

Raps. Die gut besuchte<br />

Veranstaltung machte deutlich, wie<br />

groß das Interesse an Informationen<br />

ist. Es war offensichtlich, dass das The-


ma „gentechnikfreie Landwirtschaft“<br />

nicht an Verbandsgrenzen Halt macht<br />

und Kooperation gefragt ist.<br />

Die erste auf Vorschlag interessierter<br />

Landwirte durchgeführte Maßnahme<br />

ist eine freiwillige Erklärung, mit<br />

der Landwirte öffentlich bekunden,<br />

dass sie für ein Jahr keine genetisch<br />

veränderten Pflanzen auf ihren Äckern<br />

ausbringen.<br />

� Die unterzeichnenden Betriebe<br />

erklären:<br />

1. Wir setzen auf unseren Höfen kein<br />

gentechnisch verändertes Saat- und<br />

Pflanzgut bewusst ein.<br />

2. Wir fragen bei unseren Lieferanten<br />

von Saat- und Pflanzgut an, schriftlich<br />

zu erklären, dass bei der Herstellung<br />

des Saat- und Pflanzgutes<br />

keine gentechnischen Veränderungen<br />

vorgenommen worden sind.<br />

36 Bauern mit insgesamt über 1.700<br />

Hektar haben sich bereits hinter die<br />

Erklärung gestellt. Ihre Gründe sind<br />

vielfältig und spiegeln die Diskussion<br />

um die Gentechnik wieder: Sie wollen<br />

die Auseinandersetzung in der Region<br />

fördern, wollen Zeichen des Vertrauens<br />

an Verbraucher senden und sich<br />

langfristig komplizierte und kostenaufwändige<br />

Trennung, Lagerung und<br />

Vermarktung ihrer Ernten ersparen.<br />

Hoffest bei Kattensroths am 26. September 2004<br />

Andere sind interessiert die nächsten<br />

Jahre an die regionale Ölmühle Brökelmann,<br />

die nur ungekennzeichneten<br />

Raps annimmt, zu liefern oder sehen<br />

keinen wirtschaftlichen Nutzen in<br />

Pflanzen, die für Monokulturen in<br />

den USA und damit verbundene Probleme<br />

entwickelt wurden. Sie wollen<br />

sich nicht in Abhängigkeit von Agrochemieunternehmen<br />

begeben, die<br />

gentechnisch verändertes Saatgut und<br />

dazu passende Pflanzenschutzmittel<br />

liefern. Nicht zuletzt geht es vielen<br />

um die Vermeidung von unbekannten<br />

negativen Auswirkungen auf die<br />

REGIONEN AKTIV<br />

<strong>Natur</strong>. Bauern, die mitmachen, wollen<br />

nachhaltig wirtschaften und natürliche<br />

Ressourcen wie Boden, Wasser, Tiere<br />

und Pflanzen erhalten und pflegen. Sie<br />

wollen ihren Abnehmern ein Angebot<br />

machen, ihm die Wahl ermöglichen:<br />

„Im östlichen Ruhrgebiet erhalten Sie<br />

unsere Ernte aus gentechnikfreiem<br />

Anbau“.<br />

Nicht zuletzt ist ein Ziel, mehr Angebote<br />

bei Milch, Eiern und Fleisch ohne<br />

Gentechnik zu schaffen. Dieser Weg<br />

braucht einen langen Atem, denn es ist<br />

nicht leicht, Futter ohne Gentechnik,<br />

d.h. nicht kennzeichnungspflichtig,<br />

81


82 REGIONEN AKTIV<br />

einzukaufen. Während Futtermittelhändler<br />

im April nicht bereit waren,<br />

ungekennzeichnetes Futter zu liefern<br />

oder horrende Aufpreise verlangten,<br />

hat sich ihre Bereitschaft geändert.<br />

Einzelne bieten die Ware zu fairen<br />

Aufpreisen an. Zum gleichen Preis wie<br />

gentechnikfreies Soja ist jedoch kein so<br />

genanntes „NonGMO“-Soja mehr zu<br />

haben. Die Liste mit entsprechenden<br />

Händlern kann beim Projekt bezogen<br />

werden.<br />

Es stellte sich auch heraus, dass<br />

interessierte Landwirte mehr Informationen<br />

zur Vermarktung benötigen<br />

bzw. sich ein gezieltes Vermarktungskonzept<br />

für Direktvermarkter wünschen,<br />

bevor sie sich zum Einkauf von<br />

nicht kennzeichnungspflichtigen Futter<br />

entschließen. Dieses Interesse soll im<br />

kommenden Jahr gezielt mit einem<br />

neuen Projekt aufgegriffen werden.<br />

� Ausblick<br />

Dem Projekt geht es darum, die<br />

Wahlmöglichkeit von Landwirt und<br />

Verbraucher zu erhalten und zu erweitern.<br />

Im ersten Schritt konnte eine<br />

intensive Auseinandersetzung mit<br />

gentechnikfreier Landwirtschaft im<br />

östlichen Ruhrgebiet angeregt werden.<br />

Das Projekt kann sich auf etwa 30 aktive<br />

Landwirte stützen, die ihre Ideen<br />

einbringen. Für die Zukunft interessiert<br />

sie sehr, wie gentechnikfreie Produktion<br />

marktwirtschaftlichen Nutzen, insbesondere<br />

in der Direktvermarktung<br />

bringen kann. Neben der Ölmühle<br />

Brökelmann, die aus geschäftlichem<br />

Interesse das Projekt unterstützt, soll-<br />

ten noch weitere regionale Abnehmer<br />

und Verarbeiter landwirtschaftlicher<br />

Produkte als Partner gewonnen werden.<br />

Das Projekt antwortet auf den<br />

großen fachlichen Informationsbedarf<br />

zu Landwirtschaft mit Gentechnik,<br />

gentechnikfreier Landwirtschaft und<br />

Fragen der Koexistenz. Daher ist es<br />

richtig, die bisherige gute Zusammenarbeit<br />

bei Veranstaltungen mit dem<br />

Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband<br />

fortzusetzen.<br />

Angesichts der Möglichkeiten,<br />

gentechnisch veränderte Pflanzen<br />

einzusetzen, ist weiterhin starkes Engagement<br />

für den gentechnikfreien<br />

Markt gefragt – zum gegenseitigen<br />

Nutzen von Landwirt aus der Region<br />

und Verbraucher.


� Aktuelles vom „Wanderreit-Projekt“<br />

Reitrouten vom Niederrhein<br />

bis in die Hellwegbörde<br />

von Nina Windisch und<br />

Anna Musinszki<br />

Mit Erfolg abgeschlossen: Ende<br />

2004 ging der erste Teil des Wanderreit-Projektes<br />

der Umweltzentrum<br />

Westfalen GmbH zu Ende.<br />

Im Rahmen des Modellvorhabens<br />

„Regionen aktiv – Land gestaltet<br />

Zukunft“ – Modellregion „Östliches<br />

Ruhrgebiet“ (<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>,<br />

Dortmund, Hamm) wurde es vom<br />

Bundesministerium für Verbraucherschutz,<br />

Ernährung und Landwirtschaft<br />

gefördert.<br />

Ziel des Projektes ist es, Rundreitrouten<br />

für die Pferdehöfe und auch<br />

eine Fernreitroute mit Übernachtungs-<br />

und Rastmöglichkeiten zu entwickeln.<br />

Die Fernroute soll Teilstück einer vom<br />

Regionalverband Ruhrgebiet (ehemals<br />

Kommunalverband Ruhrgebiet)<br />

angestrebten „Fernwanderreitroute<br />

Nördliches Ruhrgebiet“ zwischen dem<br />

Niederrhein und der Hellwegbörde<br />

werden. Die Projektmitarbeiterinnen<br />

erarbeiteten im einjährigen Förderzeit-<br />

raum eine Wegebestands-Karte, einen<br />

Entwurf für eine Rund- und Fernreit-<br />

Routen-Karte und erfassten die Pferdehöfe<br />

entlang der geplanten Route.<br />

Außerdem führten sie zahlreiche Abstimmungsgespräche<br />

mit Behörden,<br />

Verbänden, Pferdehöfen und Reitern.<br />

Zum Abschluss des Projektes wurde im<br />

REGIONEN AKTIV<br />

Wanderreitwochenende 2004: Ankunft auf Hof Rossack. Foto: Karin Dost<br />

September 2004 ein Wanderreit-Wochenende<br />

veranstaltet, das auf großes<br />

Interesse stieß. In diesem Rahmen<br />

fanden zwei Tagesritte statt: Eine 25<br />

km lange Tour von Selm-Netteberge<br />

nach Werne-Wessel und ein 20 km<br />

langer Rundritt von Bönen-Lenningsen<br />

über <strong>Unna</strong>-Mühlhausen. Der Rundritt<br />

83


84 REGIONEN AKTIV<br />

in Bönen war mit einer Pressekonferenz<br />

auf dem Pferdehof Rossack verknüpft<br />

(die Tagespresse berichtete).<br />

Ein Anschlussprojekt im Rahmen<br />

von „Regionen aktiv“ ist bis Ende September<br />

2005 bewilligt worden. Das im<br />

ersten Projektteil entwickelte Konzept<br />

soll nun aufbauend auf die zahlreichen<br />

bereits geführten Abstimmungsgespräche<br />

in die Praxis umgesetzt werden.<br />

Folgenden Aufgaben widmet sich<br />

das Projekt 2005:<br />

� Präsentation von Reitrouten-Karten<br />

und Pferdehöfen auf der Homepage<br />

der Modellregion<br />

� Herstellen von Lückenschlüssen<br />

und Sichern von Gefahrstellen im<br />

Routennetz<br />

� Markieren der Routen in der Landschaft<br />

� Durchführung einer Informations-<br />

Veranstaltung zum Thema „Wanderreit-Stationen“<br />

� Aktualisieren und Weiterentwickeln<br />

der bestehenden Internet-Präsentation<br />

� Organisieren und Durchführen eines<br />

Wanderritts<br />

� Nutzen von „Synergieeffekten“ für<br />

mehr Verbraucherorientierung und<br />

<strong>Natur</strong>verträglichkeit<br />

� Öffentlichkeitsarbeit vor Ort.<br />

Die Umsetzung soll sich dabei zunächst<br />

auf die Kommunen entlang der<br />

geplanten Fernroute konzentrieren, in<br />

denen die Abstimmungsgespräche am<br />

weitesten fortgeschritten sind: Selm<br />

und Bönen. Darüber hinaus will sich<br />

auch die Stadt Bergkamen für Reitwege<br />

engagieren und arbeitet dabei eng mit<br />

dem Projekt zusammen.<br />

Aktuelle Informationen zum Projekt<br />

sowie erste Reitrouten-Karten finden<br />

Sie auf der Homepage www.stadtland-hof.de.


� Tierschutzverein <strong>Unna</strong> e.V.<br />

Gemeinnützig und als besonders<br />

förderungswürdig anerkannt<br />

Die Tätigkeit des Tierschutzvereins<br />

<strong>Unna</strong> e.V. erstreckt sich nicht<br />

allein auf den Schutz der Haus-<br />

und Nutztiere, sondern auch auf<br />

die gesamte in Freiheit lebende<br />

Tierwelt in unserer Umwelt.<br />

� Wir helfen in Not geratenen Tieren.<br />

� Wir leisten Hilfe mit einem eigenen<br />

Tierrettungswagen.<br />

� Wir gehen Tierquälereien und Tiermissbrauch<br />

nach und veranlassen<br />

strafrechtliche Verfolgung - ohne<br />

Ansehen der Person des Täters.<br />

� Wir versuchen, unerwünschten<br />

Tieren eine gute Bleibe von Haus<br />

zu Haus zu vermitteln und weitest<br />

möglich Schutz durch Abgabeverträge<br />

und Kontrollen zu erreichen.<br />

� Wir sind gegen unkontrollierte sowie<br />

gegen übertriebene Vermehrung<br />

und Züchtung von Tieren, aber auch<br />

gegen das Töten von gesunden<br />

Heimtieren jeglichen Alters.<br />

� Wir unterhalten eine Tierrettungsstation<br />

und eine eigene Katzen-<br />

Pflegestation für kranke und her-<br />

renlose Katzen.<br />

� Wir führen Kastrationsaktionen für<br />

Katzen durch, um sinnlose Massenvermehrung<br />

einzudämmen.<br />

� Wir leisten Unterstützung in besonderen<br />

Notlagen.<br />

� Wir versuchen den Tieren im Tierheim<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> ein besseres<br />

Leben zu ermöglichen und unterstützen<br />

nach unseren Möglichkeiten<br />

dieses Tierheim.<br />

� Wir leisten Aufklärungsarbeit und<br />

Werbetätigkeit für Tier- und <strong>Natur</strong>schutz.<br />

� Wir sind Mitglied im Deutschen<br />

Tierschutzbund und im Landestierschutzverband<br />

Nordrhein- Westfalen<br />

e.V.<br />

� Wir geben gern Auskunft in allen<br />

Tierschutzfragen.<br />

� Kontakt<br />

Mitglieder des Tierschutzvereins<br />

<strong>Unna</strong> e.V. und alle Tierfreunde als willkommene<br />

Gäste treffen sich an jedem<br />

1. Donnerstag im Monat, um 19 Uhr,<br />

im Café „Bistro im Park“, Luisenstraße<br />

22, in <strong>Unna</strong>, um zwanglos Informati-<br />

VEREINE<br />

Katzen werden vom Tierschutzverein<br />

wieder gesund gepflegt.<br />

onen und Erfahrungen auszutauschen<br />

und Beobachtungen mitzuteilen, Probleme<br />

zu erörtern, geplante Vorhaben<br />

zu besprechen, Wünsche zu äußern,<br />

Informationsmaterial zu beschaffen.<br />

� Für Tiere und Tierfreunde sind wir<br />

jederzeit da: Geschäftsstelle: Sperberstraße<br />

4, 59425 <strong>Unna</strong>, Tel./Fax<br />

02303 62765, Internet: www.tsvunna.de,<br />

E-Mail: info@tsv-unna.<br />

de<br />

� Tierrettungsstation: „Johanna<br />

Winterkamp“, Am Stuckenberg 1,<br />

59427 <strong>Unna</strong>. Öffnungszeiten: Mittwoch<br />

und Freitag von 16 bis 18 Uhr,<br />

Samstag von 10 – bis 12 Uhr<br />

85


86<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

� Drei „Grüne Wege“ durch den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Historie, <strong>Natur</strong> und Naherholung<br />

im Kombipaket<br />

von Horst Schenkel<br />

Auf internationaler Ebene wurde<br />

1999 die Aktion: „Grüne Wege<br />

für die Zukunft“ vom Dachverband<br />

NFI der NATURFREUNDE ins<br />

Leben gerufen. Die Kampagne will<br />

zeigen, dass das Erlebnis Freizeit<br />

keine Frage der Entfernung ist. Die<br />

lebendige <strong>Natur</strong> und reichhaltige<br />

Kultur in der unmittelbaren Umgebung,<br />

das Gemeinschaftserlebnis<br />

mit Freunden und Gleichgesinnten<br />

bieten oft mehr Abwechslung<br />

und Exotik als so manche Fernreise<br />

oder Spritztour mit dem Auto<br />

am Wochenende. Der Landesverband<br />

NATURFREUNDE NRW hat<br />

sich mit seiner Fachgruppe <strong>Natur</strong><br />

& Heimatkunde - Umweltschutz,<br />

für den westfälischen Raum, des<br />

Themas „Grüne Wege“ angenommen.<br />

In NRW wurde das erste Seminar<br />

zu diesem Thema im Februar 2002<br />

in Lieberhausen bei Gummersbach<br />

abgehalten. Behandelt wurden alte<br />

Alte Hellwegtrasse bei Stockum. Alle Fotos: Horst Schenkel<br />

Handels-, Heer- und Hansestraßen im<br />

Bergischen Land. Exkursionen ergänzten<br />

die Vorträge und die Besichtigung<br />

der fragmenthaft vorhandenen Kulturdenkmale<br />

machten das Thema lebendig.<br />

Jahrhunderte alte Karrenspuren im<br />

Gestein oder alte Hohlwege und Landwehren<br />

sind in eine amtliche Bodendenkmalkarte<br />

in Bonn eingetragen. Als<br />

dann die überregionale Anbindungen<br />

dieser historischen Wege zur Sprache<br />

kamen, wurde es spannend. Der „Hellweg“<br />

kam ins Spiel und die historische<br />

Verbindung des Herrschaftsbereichs<br />

der Grafen von der Mark zum heutigen<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Prompt folgte das<br />

zweite „Grüne Wege“-Seminar 2003<br />

im Schloss Oberwerries in Hamm.


Die Stadt wurde von den Grafen von<br />

der Mark gegründet. Die Keimzelle,<br />

der Burghügel aus dem Jahre 1226<br />

im Ortsteil Hamm-Mark ist noch ein<br />

Relikt aus dieser Zeit. Seminarthemen<br />

in Hamm waren: „Grüne Wege<br />

zum Hellweg, Bergisch-Märkische<br />

Beziehungen“ und die alten Land-<br />

und Wasserwege in Mittelwestfalen.<br />

Hervorzuheben war der Vortrag des<br />

Referenten Helmut Papenberg aus<br />

<strong>Unna</strong>, der die alte Hellwegroute mit<br />

dem Fahrrad abgefahren ist und eindrucksvoll<br />

beschrieben hat. Nun hat<br />

der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> neben dem Hellweg<br />

noch zwei weitere interessante Wege<br />

zu bieten. Die drei Routen ziehen sich<br />

wie grüne Bänder von West nach Ost<br />

durch den <strong>Kreis</strong>.<br />

� Der Hellweg<br />

Dieser alte Handels- und Verbindungsweg<br />

zwischen Rhein und Weser<br />

verbindet Historie und <strong>Natur</strong>erleben<br />

auf eindrucksvolle Weise. Besonders<br />

mit dem Fahrrad lässt sich der Weg,<br />

zum Teil auf der alten Hellwegtrasse,<br />

erkunden. Natürlich hat der Mensch<br />

diese Kulturlandschaft geformt, dennoch<br />

bieten Fauna und Flora willkommene<br />

Abwechslung. Tiere der offenen<br />

Landschaft, der Feld- und Wiesenraine<br />

zeigen sich dem Beobachter, zu ihnen<br />

gehört auch die Goldammer (Emberiza<br />

Ehemalige Bahntrasse bei Lenningsen<br />

mit Fuß-, Rad- und Reitweg<br />

citrinella) . Sie ist sowohl Brutvogel als<br />

auch Zugvogel im beschriebenen Gebiet.<br />

Sie zieht im Frühjahr und Herbst<br />

in großen Schwärmen mit anderen<br />

Ammern und Finken über die Hellwegbörde<br />

und rastet regelmäßig auf<br />

Äckern und Wiesen. Greifvögel und<br />

selbst Kraniche sind auf Rast und Zug<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

zu beobachten. Die historische Bedeutung<br />

der Strecke wird beim Nachlesen<br />

des Buches „Zeitreise Hellweg“ wieder<br />

in den Vordergrund gerückt. Zur Blütezeit<br />

der Hanse transportierte man<br />

Salz, Getreide, Fisch, Pelze und Tuche<br />

auf dieser Strecke aber auch Wein<br />

aus dem Rheingebiet und Metallwaren<br />

aus dem Märkischen Land. Weit<br />

vor dieser Zeit zogen schon Römer,<br />

Merowinger und Karolinger über die<br />

Hellweg-Trasse.<br />

� Die alte Bahnstrecke<br />

<strong>Unna</strong>-Welver<br />

Nach der Stillegung im Jahre 1965<br />

entwickelte sich dieser Bereich zu<br />

einem bemerkenswerten Biotopverbund.<br />

Dies ist besonders wichtig für<br />

die ausgeräumten Landschaftsteile mit<br />

intensiver landwirtschaftlicher Nutzung.<br />

Die Anlage eines Rad-, Fuß- und<br />

Reitweges im Bereich des Bahndammes<br />

erschließt dem <strong>Natur</strong>freund den<br />

Einblick in eine vielfältige <strong>Natur</strong>. Von<br />

der Grasmücke bis zum Greif reicht<br />

das Spektrum der Vogelarten. Die<br />

Krautfluren mit diversen Wildkräutern<br />

sind ein Tummelfeld für viele Kerfe und<br />

Schmetterlinge. Ein farbenprächtiger<br />

Vertreter der Wanderschmetterlinge<br />

ist der Distelfalter (Vanessa cardui), er<br />

nutzt die Trasse als Lebensraum im<br />

Sommer, die Nachkommen zieht es im<br />

87


88 REISEN UND EXKURSIONEN<br />

Herbst wieder in den Süden. Besonders<br />

mit dem Fahrrad lässt sich die <strong>Natur</strong><br />

auf dieser Strecke „erfahren“, außerdem<br />

kann man diesen „Grünen Weg“<br />

gut mit dem Hellweg kombinieren,<br />

(siehe: Fahrradroute Hellweg, Seite<br />

9-11, Literaturhinweis). Es ist kaum<br />

zu glauben, dass diese Strecke einmal<br />

eine wichtige Schienenverbindung für<br />

den Regionalverkehr war, dem Lebensraum<br />

<strong>Natur</strong> hat die Umwidmung zum<br />

„Geschützten Landschaftsbestandteil“<br />

gut getan und dem Aspekt Naherholung<br />

auch.<br />

� Der Leinpfad am Datteln-<br />

Hamm-Kanal<br />

Einen Sonderstatus unter den „Grünen<br />

Wegen“ nimmt dieser Kanal ein.<br />

Er ist als Wasserstraße eine wichtige<br />

Verkehrsverbindung im mittelwestfälischen<br />

Wirtschaftsraum. Der<br />

begleitende Leinpfad aber ist eine<br />

wunderbare Ergänzung im Angebot für<br />

den Naherholungsbereich. Hier lässt<br />

sich, wie schon bei den vorgenannten<br />

Routen, <strong>Natur</strong> und Historie erleben.<br />

Der eingeschränkte Leinpfadbereich<br />

wird durch das interessante Umfeld<br />

mehr als ausgeglichen. Unmittelbar<br />

in der Nähe verläuft die „Route Industriekultur-<br />

Industrienatur“, die<br />

Radwege „Römerroute“ und „Emscherpark<br />

Nord“. Weiterhin bietet<br />

Der Goldammer ist ein Bewohner des<br />

Beverseegebietes.<br />

das <strong>Natur</strong>schutzgebiet Beversee und<br />

die Öko-Station des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> mit<br />

ihrem Umfeld eine Vielfalt von Erlebnis-<br />

und Beobachtungsmöglichkeiten.<br />

Vogelarten von A wie Amsel bis Z wie<br />

Zaunkönig können beobachtet werden,<br />

selbst Eisvögel und Wanderfalken<br />

sind dabei. Eine weitere Bereicherung<br />

sind die Krautfluren mit Blut-Weiderich<br />

(Lythrum salicaria) und Dost (Origanum<br />

vulgare). Eine Besonderheit stellen<br />

die Orchideenwiesen mit Dactylorhiza-Arten<br />

dar. Das Umweltzentrum<br />

Westfalen in Bergkamen, bringt in<br />

Halbjahresprogrammen eine Menge<br />

Anregungen zu Exkursionen, Veranstaltungen<br />

und Ausstellungen zum<br />

Thema <strong>Natur</strong> und Umwelt.<br />

� Fazit<br />

Zusammenfassend bleibt zu sagen,<br />

dass die vorgestellten „Grünen Wege“<br />

eigentlich Paradiese aus zweiter Hand<br />

sind, von Menschen geprägt, von der<br />

<strong>Natur</strong> gestaltet und mit Historie behaftet.<br />

Es lohnt sich also, ins Detail zu gehen,<br />

neben der nachhaltigen Nutzung<br />

der <strong>Natur</strong> gibt es interessante Einblicke<br />

in die geschichtliche und historische<br />

Entwicklung unseres Lebensraumes.<br />

Weiterführende Literatur:<br />

Papenberg, Helmut: Fahrradroute Hellweg,<br />

ISBN: 3-927082-40-6<br />

Sephan-Maaser, Reinhild: Zeitreise Hellweg,<br />

ISBN: 3-88474-932-3<br />

Stichmann, Wilfried: Der große Kosmos <strong>Natur</strong>führer,<br />

ISBN: 3-440-09454-5<br />

NFG für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>: <strong>Natur</strong><strong>report</strong> Band<br />

8/2004, ISBN: 3-9803244-6-8, S. 33; S. 71-<br />

73; S. 89-90<br />

Curdt, Inge: Grüne Wege in NRW, Seminarbericht<br />

2002, Lieberhausen<br />

Curdt, Inge: Grüne Wege in NRW, Seminarbericht<br />

2003, Hamm


� Exkursion in die Uckermark<br />

Der Vorstand der NFG erkundet<br />

die <strong>Natur</strong> des Partnerkreises<br />

von Bernd Margenburg<br />

Flora und Fauna in der Uckermark:<br />

Zu einer gemeinsamen dreitägigen<br />

Exkursion vom 10. bis 12. Juni<br />

2004 trafen sich 13 Mitglieder des<br />

Vorstandes der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong><br />

(NFG).<br />

Die Anfahrt nach Templin erfolgte<br />

bereits am Vortag, so dass sich die<br />

Reiseteilnehmer am späten Mittwochabend<br />

im „Hotel Fährkrug“ trafen.<br />

Für den Donnerstag stand eine Draisinenfahrt<br />

von Templin Hauptbahnhof<br />

nach Fürstenberg/Havel auf dem Programm.<br />

Bis zum ersten Zwischenstopp,<br />

Lychen, führte die Strecke durch<br />

Wälder, Wiesen und Getreidefelder,<br />

die mit zahlreichen blühenden Ackerwildkräutern<br />

und Wiesenpflanzen<br />

einen prächtigen Anblick boten. Auf<br />

einem Strommast wurde der Horst<br />

eines Fischadlers entdeckt. In Lychen<br />

empfing uns Gerd Klinger von der<br />

<strong>Natur</strong>parkverwaltung Uckermärkische<br />

Seen. Er stellte die Arbeiten der Na-<br />

turparkverwaltung vor. Hier konnten<br />

erste Informationsgespräche zu <strong>Natur</strong>schutzfragen<br />

geführt werden.<br />

Am Nachmittag erreichte die Gruppe<br />

nach weiteren Stopps und nach 28<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

13 Mitglieder des Vorstandes der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft brachen im Sommer<br />

2004 zu einer gemeinsamen Exkursion in die Uckermark auf.<br />

Kilometern Fahrt Fürstenberg. Nach<br />

einem Rundgang durch den Ort ging<br />

es mit dem Bus wieder zurück nach<br />

Templin.<br />

Der zweite Tag war für einen Be-<br />

89


90 REISEN UND EXKURSIONEN<br />

such des Nationalparkes „Unteres<br />

Odertal“ vorgesehen. Der Nationalpark<br />

erstreckt sich in Deutschland<br />

entlang der Oder vom Oderbruch ab<br />

Hohensaaten bis Mescherin/Staffelde,<br />

auf polnischer Seite schließt sich<br />

ein Landschaftsschutzpark bis vor die<br />

Tore Szczecin (Stettin) an. Auf einer<br />

Gesamtlänge von 60 Kilometern wird<br />

eine einmalige mitteleuropäische Auenlandschaft<br />

geschützt. Das Odertal<br />

mit den anschließenden Hängen<br />

gehört zu den artenreichsten Lebensräumen<br />

Deutschlands. Unter fachkundiger<br />

Führung durch Herrn Kapuhs<br />

von der <strong>Natur</strong>wacht Brandenburg<br />

wurden verschiedene Beobachtungspunkte<br />

angefahren und im Rahmen<br />

kleinerer Wanderungen konnte ein<br />

erster Eindruck von der Schönheit<br />

und der Artenvielfalt des Schutzgebietes<br />

– belegt zum Beispiel durch<br />

den Vorbeiflug eines Schreiadlers und<br />

zahlreicher bei uns seltener oder nicht<br />

vorkommender Pflanzenarten am<br />

Wegesrand – gewonnen werden. Ein<br />

aufziehendes Gewitter und die bereits<br />

weit fortgeschrittene Zeit erlaubten<br />

keinen Besuch der polnischen Schutzgebietsseite.<br />

Dafür konnte das im Jahr 2000<br />

eröffnete, moderne und ansprechende<br />

Besucherzentrum im ehemaligen<br />

Schafstall des Criewener Schlosses<br />

besucht werden. Neben Informationen<br />

zur Geschichte der Region erfährt der<br />

Besucher vieles über die Aufgaben<br />

des Nationalparkes und dessen Flora<br />

und Fauna. Besonders beeindruckend<br />

ist das 15.000 Liter große Aquarium<br />

mit 30 heimischen Fischarten. Ein Poldermodell<br />

zeigt unter den Augen des<br />

Nationalpark-Maskottchens Felix, wie<br />

sich Wasser in der Aue verhält.<br />

Am letzten Tag wurde im Rahmen<br />

einer Kanu-Tour über den Gleuensee<br />

in Richtung Netzowsee ein weiterer<br />

Teil der drei Großschutzgebietstypen<br />

in Brandenburg erkundet. Neben<br />

dem Nationalpark „Unteres Oder-<br />

tal“ und dem „Biosphärenreservat<br />

Schorfheide-Chorin“ präsentiert der<br />

<strong>Natur</strong>park „Uckermärkische Seen“<br />

eine der reizvollsten Landschaften<br />

im Nordosten Brandenburgs, die sich<br />

auch vom Boot aus erkunden lässt. Der<br />

Landkreis Uckermark hat somit einen<br />

überwiegenden Anteil an diesen drei<br />

Großschutzgebieten, d.h. etwa 50 %<br />

der <strong>Kreis</strong>fläche sind nach dem <strong>Natur</strong>schutzrecht<br />

besonders geschützt.<br />

Die gut organisierte und geleitete<br />

Bootsfahrt, die nur durch ein kräftiges<br />

Gewitter während der Mittagspause<br />

unterbrochen wurde, schloss eine sehr<br />

informative Exkursion ab. Im Sinne<br />

der Partnerschaft zwischen dem <strong>Kreis</strong><br />

Uckermark und dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> sei<br />

allen <strong>Natur</strong>freunden ein Besuch in der<br />

Uckermark empfohlen.<br />

� Informationen<br />

Weitere Informationen im Internet<br />

unter: www.grossschutzgebiete.brandenburg.de<br />

oder www.uckermark.de


� Exkursionen in die Uckermark<br />

Auf der Draisine durch den<br />

<strong>Natur</strong>park Uckermärkische Seen<br />

Die reizvolle Landschaft der Uckermärkischen Seen lädt zu zahlreichen Freizeitaktivitäten ein.<br />

von Gert Klinger<br />

Das Inlandeis und die Schmelzwasserströme<br />

der Weichseleiszeit,<br />

der letzten Kaltzeit modellierten<br />

die Geländeoberfläche des <strong>Natur</strong>parks<br />

Uckermärkische Seen.<br />

<strong>Natur</strong>räumlich ist er mit der Feldberger<br />

Seenlandschaft verbunden.<br />

Die über 200 Seen im <strong>Natur</strong>park<br />

sind ebenso ein eiszeitliches Erbe wie<br />

die bis 120 Meter hohen Moränenrücken.<br />

Zwischen Fürstenberg/Havel,<br />

Zehdenick, Templin und Prenzlau<br />

gelegen, beherbergt das Gebiet von<br />

897 Quadratkilometer etwa 25 Paar<br />

Fischadler – dem Wappentier des<br />

<strong>Natur</strong>parks. Knapp die Hälfte der Na-<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

turparkfläche bedecken Wälder, 41 %<br />

sind Felder, Wiesen und Heiden, 8 %<br />

Gewässer und Moore. Ganze 6 % der<br />

Fläche des <strong>Natur</strong>parks sind mit Siedlungen<br />

und Verkehrswegen bebaut.<br />

Die mächtigste Lärche Deutschlands<br />

und der höchste Wacholder in<br />

Brandenburg, mehrere fleischfressende<br />

Pflanzen, der Moorochse und<br />

91


92 REISEN UND EXKURSIONEN<br />

der urzeitliche Pfeilschwanz leben<br />

beispielsweise im <strong>Natur</strong>park. Einige<br />

hundert verschiedene Obstsorten<br />

säumen die alten Feldwege. Dank<br />

dieser landschaftlichen Vielfalt hat sich<br />

der Tourismus zu einem bedeutenden<br />

Wirtschaftsfaktor in der Region<br />

entwickelt. Jährlich verzeichnet der<br />

<strong>Natur</strong>park Uckermärkische Seen etwa<br />

eine Million Tagesbesucher.<br />

Eine besondere Attraktion und<br />

Musterbeispiel des naturverträglichen<br />

Tourismus ist die Draisine. Im Juni<br />

1996 ging auf der ca. 30 km langen,<br />

stillgelegten Bahnlinie Fürstenberg/<br />

Havel-Templin die erste deutsche Fahrrad-Draisine<br />

in Betrieb. Das Abenteuer<br />

Draisine hat sich zu einem überregionalen<br />

Besuchermagnet entwickelt. In<br />

der Hochsaison fahren täglich bis zu<br />

hundert Gäste, die auf diese Art die<br />

idyllische Landschaft genießen. Die<br />

Basisstationen Templin und Fürstenberg/Havel<br />

sind von Berlin aus stündlich<br />

mit der Regionalbahn erreichbar.<br />

Doch die Draisinenstrecke hat ein<br />

höheres Potential: Dies erkannte der<br />

Tourismus Service Templin e.V. und initiierte<br />

die Entwicklung der Strecke zu<br />

einer „Perlenkette“ erlebnisorientierter<br />

Angebote. Denn viele der Besucher<br />

wissen nicht, welche <strong>Natur</strong>denkmale,<br />

Kulturgüter, Sehenswürdigkeiten, Badestellen<br />

und Einkehrmöglichkeiten<br />

Ein Beispiel für naturverträglichen Tourismus: die Draisine.<br />

unweit der Strecke auf sie warten – ein<br />

Verlust für die touristische Wertschöpfung<br />

der Region! Was änderte sich<br />

nun? Mit finanzieller Unterstützung<br />

des Wirtschaftsministeriums entstand<br />

eine Konzeption für die Weiterentwicklung<br />

der Strecke. Zur Umsetzung<br />

nahm die Lokale Aktionsgruppe (LAG)<br />

der <strong>Natur</strong>parkregion Uckermärkische<br />

Seen 2001 das Vorhaben als wichtigen<br />

Baustein in das regionale Entwicklungskonzept<br />

auf. Für die im jeweiligen<br />

Gemeindegebiet geplanten Maßnahmen<br />

musste jede Kommune separat<br />

LEADER-Fördermittel beantragen.<br />

Das Ergebnis, ein interaktives und<br />

multimediales Info-Leitsystem, kann<br />

sich zum Saisonbeginn 2004, sehen<br />

lassen. An sieben Haltepunkten wurden<br />

unübersehbare Informationstafeln<br />

aufgestellt, die über die nächstgelegene<br />

Stadt oder Gemeinde und den<br />

<strong>Natur</strong>park informieren. So genannte<br />

„Fingerpaneele“ weisen auf besondere<br />

touristische Höhepunkte hin.<br />

Natürlich sollen die Draisinen – Gäste<br />

die Strecke verlassen können! Darum<br />

wurden Parkplattformen mit Rastmöglichkeiten<br />

installiert – die Draisine<br />

kann dort herausgenommen und<br />

gesichert abgestellt werden. Die Basisstationen<br />

Templin und Fürstenberg/<br />

Havel bieten jetzt einen erweiterten<br />

Park- und Informationsservice, und


zur besseren Orientierung wurde die<br />

gesamte Strecke mit Kilometer-Angaben<br />

versehen.<br />

� Steckbrief Draisine<br />

Draisinen gibt es bereits seit den<br />

Anfängen der Eisenbahn: Im Jahre<br />

1817 baute Karl Friedrich Freiherr<br />

Drais von Sauerbronn eine Laufmaschine<br />

und nannte seine Erfindung<br />

„Draissienne“.<br />

Umgebaut und weiterentwickelt<br />

diente sie bald den Eisenbahnern<br />

als Transportmittel bei Streckenkon-<br />

trollen, kleineren Reparatur- sowie<br />

Instandhaltungsarbeiten.<br />

Die erste rein touristisch genutzte<br />

deutsche Draisinestrecke zwischen<br />

Fürstenberg/Havel und Templin ist<br />

ca. 30 km lang. Die Fahrrad-Draisinen<br />

werden von März bis Oktober tagsüber<br />

vermietet. Ausgangspunkt ist an<br />

geraden Tagen Templin und an den<br />

ungeraden Tagen Fürstenberg/Havel.<br />

Im Buchungsticket ist die Rückfahrt<br />

mit dem Bus (ÖPNV) zum jeweiligen<br />

Ausgangsort mit enthalten. Auf den<br />

ca. 50 sich im Einsatz befindlichen<br />

Draisinen haben je zwei Erwachsene<br />

und zwei Kinder oder drei Erwachsene<br />

Platz.<br />

� Information und Buchung:<br />

Tourismus Service Templin<br />

Eine Kanutour in schöner Landschaft<br />

Obere Mühlenstrasse 11, 17268<br />

Templin, Tel. 03987 2631, Fax: 53833,<br />

E-Mail: templin-info@t-online.de,<br />

www.tourismus-service-templin.de<br />

� „Frühlingskonzert“<br />

„Frühlingskonzert“ ist eine begleitete<br />

Kanutour in den erwachenden<br />

Tag und auch für sehbehinderte Gäste<br />

geeignet.<br />

An Orte, wo der Wind wispernde<br />

Schilfhalme schwingt, an denen<br />

Tauchvogels Stimme weit über Wellen<br />

klingt, lad` ich Dich ein um Mensch<br />

zu sein. Unglaublich aber es gibt sie<br />

noch, Gebiete ohne die akustische<br />

Allgegenwart unserer brummend<br />

rumorenden Zivilisation, in denen Sie<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

als aufmerksamer Gast willkommen<br />

sind. Seien sie herzlich eingeladen zu<br />

einer ungewöhnlichen Kanutour im<br />

Morgengrauen und erleben Sie das<br />

Frühlingskonzert zum Sonnenaufgang<br />

auf einem einsamen See in der<br />

Uckermark.<br />

� Termine:<br />

Ende April bis Mitte Juni, Teilnehmerzahl:2<br />

bis max. 7 Personen<br />

� Leistungen:<br />

Abholung von den Bahnhöfen<br />

Templin oder Fürstenberg/Havel, bzw.<br />

einem Hotel oder einer Pension Ihrer<br />

Wahl im <strong>Natur</strong>park Uckermärkische<br />

Seen, etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang<br />

Fahrt zu einem entlegenen<br />

Gewässer, Kanutour in Kanus oder<br />

einem kentersicheren Kanu – Katamaran,<br />

Picknick (heiße Gulasch- oder<br />

Fischsuppe, Brot, Obst, Kaffee und<br />

Tee), Rückfahrt gegen Mittag zur Pension,<br />

zu den Bahnhöfen Templin oder<br />

Fürstenberg, Erinnerungs- CD mit den<br />

Stimmen und Geräuschen an einem<br />

uckermärkischen See im Frühling<br />

� Buchungsadresse<br />

Christoph Thum, Strelitzer Str.<br />

10, 17279 Lychen, Mobil: 0174<br />

9638211, www.naturpark-streifzuege.de<br />

93


94 REISEN UND EXKURSIONEN<br />

� VHS-<strong>Natur</strong>schutz AG<br />

Ein Erlebnisbericht:<br />

Exkursion in das Havelland<br />

von Volker Eschrich und<br />

Karl-Heinz Holtmann<br />

Exkursion in das Havelland: Im<br />

Mai 2004 brach die VHS <strong>Natur</strong>schutz<br />

AG von Bönen über die A 2<br />

Richtung Hannover, weiter Richtung<br />

Berlin, über Burg, Rathenow<br />

in das kleine Örtchen Ferchesar<br />

auf. In der gemütlichen Pension<br />

Bergholz bezogen wir Quartier.<br />

Von dort aus starteten wir unsere<br />

Touren in die <strong>Natur</strong>.<br />

Der Nachmittag des ersten Tages<br />

war geprägt von einem ausgiebigen<br />

Spaziergang durch den Wald. Neben<br />

zahlreichen Vogelarten wie den Grün-<br />

,Schwarz –und Buntspecht entdeckten<br />

wir neben Fröschen und Kröten eine<br />

Blindschleiche. Faszinierend an der Gegend<br />

ist der alte Baumbestand. Unser<br />

Weg führte an alten Eichenalleen zurück<br />

zu unserer Pension. Ab dem zweiten<br />

Tag hatten wir Fahrräder gemietet,<br />

um das nähere Umfeld zu erkunden.<br />

Wir radelten über Nennhausen in das<br />

in Deutschland einzigartige Groß-<br />

trappenschutzgebiet. Die Großtrappe<br />

ist die schwerste flugfähige Vogelart<br />

der Erde. Erwachsene Hähne können<br />

ein Gewicht von 14 – 17 Kilogramm,<br />

die schlankeren Hennen von vier bis<br />

sieben Kilogramm erreichen. Die Großtrappen<br />

finden in diesem Schutzgebiet<br />

hervorragende Lebensverhältnisse vor.<br />

Von einer Aussichtsplattform aus hatten<br />

wir die Möglichkeit, die Tiere mit<br />

dem Fernglas zu beobachten.<br />

Der Rückweg nach Ferchesar führte<br />

uns vorbei an endlosen Eichenalleen<br />

und weitreichenden Ackerflächen.<br />

Unterwegs machten wir auch in den<br />

kleinen Ortschaften Rast, um uns<br />

die zahlreichen Storchenhorste anzuschauen.<br />

Anschließend besichtigten<br />

wir in Möthlow das Bienenmuseum<br />

eines privaten Imkers. Unter Leitung<br />

von Volker Eschrich, der Hausherr<br />

war nicht zugegen, erhielten wir eine<br />

fachkundige Erklärung über die Bienenhaltung<br />

und Honiggewinnung der<br />

Vergangenheit und Gegenwart. Die<br />

komplette Tour betrug 55 Kilometer<br />

und so ist es erklärlich, dass dieser<br />

Abend recht früh endete.<br />

Nach einem ausgiebigen Frühstück<br />

am nächsten Morgen fuhren wir mit<br />

dem Fahrrad durch die Lochower<br />

Heide, querten den Havelländischen<br />

Hauptkanal und gelangten in das<br />

kleine Örtchen Schönholz. Auch diese<br />

Fahrt war geprägt von einer großen<br />

Artenvielfalt der Pflanzen- und Tierwelt.<br />

Von Schönholz ging es dann nach<br />

Stölln. Vom Gollenberg aus führte der<br />

Flugpionier Otto Lilienthal seine Flugversuche<br />

durch. Dort besichtigten wir<br />

das Lilienthalmuseum, das in einem<br />

ausgedienten Passagierflugzeug des<br />

Typs IL 62 Platz gefunden hat. Auf<br />

dem Rückweg ging einem unserer<br />

Teilnehmer bildlich gesprochen die<br />

„Luft“ aus. Nachdem sieben Löcher<br />

im Fahrradschlauch geflickt waren,<br />

musste nach einem kurzen Fahrversuch<br />

der Schlauch gegen einen neuen<br />

ausgetauscht werden.<br />

Durch eine stets wechselnde Landschaft<br />

hügeliger und ausgedehnter<br />

flacher Bereiche führte uns unser<br />

Weg zurück entlang des Hohen-Nauer-Sees,<br />

der eine große Vielfalt an<br />

Pflanzen und Vögeln aufweist, zurück


in unser Quartier. Da uns das Wetter<br />

wohlgesonnen war, verbrachten wir<br />

noch einen feucht fröhlichen Abend<br />

auf der Terrasse und traten am nächsten<br />

Morgen unsere Heimreise nach<br />

Bönen an.<br />

Wenn Sie nähere Informationen zu<br />

den Großtrappen wünschen, nutzen<br />

Sie bitte die Homepage des Fördervereins<br />

im Internet unter www.grosstrappe.de.<br />

Bei Rückfragen stehen Ihnen gerne<br />

Volker Eschrich, Am Peterskamp 10,<br />

59199 Bönen, Tel. 02383 2288 und<br />

Karl-Heinz Holtmann, Nordbögger Str.<br />

55a, 59199 Bönen, Tel. 02383 1251<br />

zur Verfügung.<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

Am Havelländischen Hauptkanal machten die <strong>Natur</strong>freunde eine Pause und genossen<br />

die wunderbare Landschaft.<br />

95


96<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

� Müritz Nationalpark<br />

Das Umweltzentrum Westfalen<br />

lädt zu einer sechstägigen Exkursion ein<br />

von Agnes Teuwen<br />

Wo der Seeadler in einem unendlichen<br />

Himmel seine <strong>Kreis</strong>e zieht,<br />

der Fischadler aus schwindelnder<br />

Höhe in einen See stürzt und das<br />

Trompeten der Kraniche das Frühjahr<br />

und den Herbst eines jeden<br />

Jahres begleitet, ist eine Landschaft,<br />

die uns an Märchen und<br />

Geschichten alter Tage erinnert.<br />

Sie hat mit ihren weiten Wäldern,<br />

glitzernden Seen und wundersamen<br />

Mooren etwas Ursprüngliches,<br />

ja Wildes an sich, das unsere<br />

Ehrfurcht vor der <strong>Natur</strong> weckt.<br />

Das Umweltzentrum Westfalen<br />

lädt vom 25. Juni bis 30. Juni 2005 zu<br />

einer sechstägigen naturkundlichen<br />

Exkursion mit den Schwerpunkten Ornithologie<br />

und Botanik ein. Folgender<br />

Ablauf ist geplant:<br />

� Samstag 25. Juni 2005<br />

Im Laufe des Tages werden die<br />

Exkursionsteilnehmer in der Pension<br />

Fledermaus, inmitten der mecklen-<br />

burgischen Seenplatte erwartet. Die<br />

Pension liegt unmittelbar im Müritz-<br />

Nationalpark. Die ehemalige Lehrstätte<br />

für <strong>Natur</strong>schutz hat einfache aber<br />

solide Unterkünfte. Von der Terrasse<br />

des Hauses blickt man auf eine weite<br />

Wiesen- und Waldlandschaft.<br />

Nachdem Sie die Quartiere bezogen<br />

haben, werden wir beim gemeinsamen<br />

Abendessen die Touren der nächsten<br />

Tage besprechen. Anschließend unternehmen<br />

wir eine Abendwanderung in<br />

den Nationalpark. Wir erkunden die<br />

Verlandungsmoore am Wienpietschsee<br />

und machen einen Abstecher zur<br />

nahegelegenen Müritz.<br />

� Sonntag 26. Juni 2005<br />

Der „Alte Müritzhof“, ist der Geburtsort<br />

des <strong>Natur</strong>schutzes der Nachkriegsjahre<br />

in Ostdeutschland. Ihn<br />

wollen wir kennen lernen und auf dem<br />

Weg dorthin natürlich jede Menge Vogelarten<br />

beobachten. Zunächst wandern<br />

wir zum Warnker See, wo ständig<br />

Seeadler und Fischadler unterwegs<br />

sind. Neben zahlreichen Entenarten<br />

brütet hier die Kolbnente.<br />

Später gelangen wir zur ehemaligen<br />

Lehrstätte, in der heute Mitarbeiter<br />

der Lebenshilfe leben und arbeiten.<br />

Sie kümmern sich um den Erhalt der<br />

Artenvielfalt in den umliegenden<br />

Pflegezonen. Exklusiv haben die Teilnehmer<br />

der Tour die Möglichkeit, die<br />

größte Wachholderheide in Mecklenburg<br />

kennen zu lernen. Garantiert sind<br />

auch hier neben zahlreichen Vogelarten,<br />

etliche botanische Seltenheit, wie<br />

das Fettkraut, dem baltischen Enzian<br />

und verschiedene Knabenkräuter. Die<br />

Wanderung ist ungefähr 15 Kilometer<br />

lang. Nach dem Abendessen wird der<br />

Pensionsinhaber, Herr Oldenburg uns<br />

Interessantes und Wissenswertes zur<br />

heimischen Fledermausfauna erzählen.<br />

� Montag 27. Juni 2005<br />

Auf einer Radtour, die ca. 50 Kilometer<br />

lang ist, durchfahren wir das<br />

riesige Sumpfgebiet am Ostufer der<br />

Müritz und lernen seine reichhaltige<br />

<strong>Natur</strong>ausstattung kennen. Die Gesänge<br />

von Teich-, Schilf-, Drossel- und<br />

Sumpfrohrsänger sind in der Stille der


Moorlandschaft ebenso zu hören wie<br />

die Rufe des Kranichs und der Rohrdommel.<br />

An den Boeker Fischteichen<br />

widmen wir uns wieder ganz den<br />

Greifvögeln. Neben Fisch- und Seeadler<br />

sind auch Rohrweihe, Rot- und<br />

Schwarzmi lan zu beobachten.<br />

� Dienstag 28. Juni 2005<br />

Mit dem Bus fahren wir zum Renaturierungsprojekt<br />

Stuerschen und<br />

Rogezer Seebecken, die schon vor<br />

Jahrzehnten entwässert wurden. Mit<br />

der Umsetzung eines ehrgeizigen Renaturierungsprojektes<br />

regenerieren<br />

sich Seen und angrenzende Moore<br />

wieder. Die ausgedehnten Schilfzonen<br />

und -inseln beherbergen u.a. vier<br />

Taucherarten, zahlreiche Entenarten,<br />

wie Löffel-, Tafel-, Schnatter- und<br />

Knäckente. Auf den abgestorbenen<br />

Bäumen siedelt eine Kormorankolonie.<br />

Insgesamt wurden 73 Brutvogelarten<br />

registriert. Im Umfeld dieses einzigartigen<br />

Gebietes ist außerdem der<br />

Ortolan, Wachtel und Wisenpieper<br />

anzutreffen.<br />

Am späten Nachmittag werden<br />

wir den „Großen Schwerin“ kennen<br />

lernen. Die weit in die Müritz hineinragende<br />

Halbinsel ist von außerordentlicher<br />

ornithologischer und botanischer<br />

Bedeutung. Im Juni sind noch immer<br />

nahrungssuchende Limikolen und<br />

Hunderte Graugänse zu beobachten.<br />

Außerdem ist das Gebiet von einem<br />

Blütenmeer aus Tausenden Orchideen<br />

(Steifblättriges und Breitblättriges<br />

Knabenkraut) überzogen. Hier führt<br />

uns ein langjähriger Betreuer des für<br />

die Öffentlichkeit nicht zugänglichen<br />

<strong>Natur</strong>schutzgebiet.<br />

� Mittwoch 29. Juni 2005<br />

Eine Kanutour auf den naturbelassenen<br />

Seen des Nationalparks ist ein<br />

unbedingtes Muss. Zunächst fahren<br />

wir mit dem Nationalparkbus quer<br />

durch den Nationalpark.<br />

Später steigen wir in bequeme<br />

Mannschaftskanadier um und fahren<br />

durch die „Alte Fahrt“ – eine besonders<br />

urwüchsige Wasserlandschaft<br />

der Mecklenburgischen Seenplatte.<br />

Neben Eisvögeln brüten hier Bart- und<br />

Beutelmeise. Anschließend steigen wir<br />

erneut um – es geht per Schiff weiter<br />

durch die schmalen und von Seerosen<br />

überzogenen Rinnenseen nach Mirow.<br />

Für die Rückfahrt nutzen wir Reisebusse.<br />

Mit einer Grillfeier möchten wir den<br />

Tag und die Reise ausklingen lassen.<br />

� Donnerstag 30. Juni 2005<br />

Nach einem gemeinsamen Frühstück<br />

treten alle in eigener Regie die<br />

Heimreise an. Die An- und Abreise<br />

nach Waren erfolgt in eigener Regie<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

der Teilnehmer. Fahrgemeinschaften<br />

können gebildet werden. Die Entfernung<br />

Dortmund nach Waren beträgt<br />

ca. 550 km. im Preis inbegriffen sind<br />

fünf Übernachtungen mit Frühstück im<br />

Doppelzimmer mit Dusche/WC in der<br />

sehr einfachen Pension „Fledermaus“<br />

in Waren, Halbpension, Lunchpakete<br />

für unterwegs, Grillfeier am letzten<br />

Tag, fachliche und organisatorische<br />

Begleitung durch einen ortskundigen<br />

Vegetationskundler bzw. Ornithologen<br />

an fünf Tagen, Kanumiete, Fahr<br />

radmiete, Schiffstour auf den Mirower<br />

Seen, ganztägige Reisebusnutzung am<br />

4. Exkursionstag, Nationalparkbus am<br />

5. Exkursionstag, alle Eintrittsgelder<br />

und Führungshonorare, Begleitung<br />

Umweltzentrum Westfalen<br />

Leitung: Dr. Janine Teuppenhayn<br />

Kosten: 450 Euro/Pers. im DZ (EZ-<br />

Zuschlag: 50 Euro)<br />

Anmeldungen: bis zum 12.05.2005<br />

beim UMWELTZENTRUM WEST-<br />

FALEN, Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen, Ihre Ansprechpartnerin<br />

ist Frau Teuwen, Tel. 02389 980912,<br />

Fax.: 02389 980999.<br />

Weitere Angebote vom „Grüner<br />

Rucksack“ für 2005: z.B. Flamingo-<br />

Radtour, 3-Flüsse-Tour „Wümme,<br />

Weser, Aller uvm. Weitere Informationen<br />

gibt es beim Umweltzentrum<br />

Westfalen unter Tel. 02389 980912.<br />

97


98 REISEN UND EXKURSIONEN<br />

� Ministerbesuche am Beversee<br />

Ein <strong>Natur</strong>schutzgebiet<br />

macht von sich reden<br />

von Corinna Glück<br />

Das Beverseegebiet – ein <strong>Natur</strong>schutzgebiet,<br />

das zwei Mal Minister<br />

lockte. Im Jahre 1973 besuchte<br />

der damalige Landesminister für<br />

Ernährung, Landwirtschaft und<br />

Forsten Dr. h.c. Diether Deneke<br />

dieses Fleckchen Erde, fast 30<br />

Jahre später, 2001, folgte NRW-<br />

Umweltministerin Bärbel Höhn<br />

Wie kam es dazu? Das Gebiet<br />

um eine Wasserfläche, welche durch<br />

Bergsenkung entstand, die 800 Meter<br />

lang, bis zu 180 Meter breit und zum<br />

Teil 3,5 Meter tief ist, sorgte vor über<br />

30 Jahren lange Zeit für viele hitzige<br />

Diskussionen und Auseinandersetzungen.<br />

Das so genannte Beverseegebiet<br />

geriet 1969 zum ersten Mal in die<br />

Schlagzeilen: Das rund 100 Hektar<br />

große Waldgebiet sollte für Industrie<br />

weichen. Fachleute und Gutachter<br />

waren allerdings der Meinung, dass<br />

das Bergsenkungsgebiet wegen seines<br />

großen wissenschaftlichen Wertes die<br />

Ausweisung als <strong>Natur</strong>schutzgebiet ver-<br />

Besuch im Beverseegebiet am 31. Oktober 1973: (v.l.) Helmut July, Fritz Ziegler<br />

(Regierungspräsident Arnsberg), Dieter Treek (Kulturdezernent Bergkamen), Dr.h.c.<br />

Diether Deneke (Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – MELF),<br />

Heinrich Brüggemann (Stadtdirektor Bergkamen), Edgar Pech (Bürgermeister<br />

Stadt Bergkamen) Foto: Archiv<br />

dient. Damit begann der lange Kampf<br />

der <strong>Natur</strong>schützer um den Erhalt des<br />

Beversees. Minister Diether Deneke<br />

(†) reiste 1973 eigens aus Düsseldorf<br />

an, um sich über die Probleme Bergkamens,<br />

die in sein Ressort fielen,


zu informieren. Eines war der Streit<br />

um den Erhalt des Beverseegebietes.<br />

Der Besuch war ein Erfolg für die<br />

<strong>Natur</strong>schützer: Nach der Begehung<br />

sicherte der Minister zu, dass das Land<br />

grundsätzlich bereit sei, die Stadt beim<br />

Kauf von 300.000 Quadratmetern<br />

Gelände finanziell zu unterstützen. Er<br />

war der Auffassung, dass die Fläche als<br />

Feierabend- und Wochenenderholung<br />

für die Bevölkerung erhalten werden<br />

musste.<br />

Das Gebiet war seinerzeit noch<br />

Im <strong>Natur</strong>schutzgebiet am Beversee am 28. Juni 2001: (v.l.) Dr. Dietz (Umweltministerium<br />

NRW), Gisela July mit dem Jagdhund Elch, Christiane Günther (RVR), Dr.<br />

Detlef Timpe (Umweltdezernent <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>), Helmut July, Walter Teumert (NFG),<br />

Klaus Klinger (Biologische Station), Bärbel Höhn (Umweltministerin NRW).<br />

Foto: Stefan Milk.<br />

als Gewerbegebiet ausgewiesen und<br />

sollte nun in ein <strong>Natur</strong>schutzgebiet<br />

umgewandelt werden. Damit war der<br />

REISEN UND EXKURSIONEN<br />

Kampf – auf dessen Verlauf hier nicht<br />

näher eingegangen werden soll – allerdings<br />

noch nicht beendet. Kurzum:<br />

Nachdem das Beverseegebiet 1981<br />

sichergestellt wurde, wurde es 1985<br />

zum größten <strong>Natur</strong>schutzgebiet im<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> erklärt.<br />

Heute haben die Bürger der gesamten<br />

Region das Gebiet als Naherholungsgebiet<br />

entdeckt. Wanderwege<br />

führen durch das Waldgebiet und eine<br />

Aussichtsplattform ermöglicht den<br />

Blick auf den See, der besonders schön<br />

ist, wenn die zahlreichen Teich- und<br />

Seerosen blühen.<br />

Diesen Blick genoss auch NRW-<br />

Umweltministerin Bärbel Höhn, als sie<br />

sich im Juni 2001 mit Helmut July zur<br />

Wanderung durch das Beverseegebiet<br />

traf. Der Landschaftswächter hatte<br />

die Ministerin persönlich eingeladen,<br />

um ihr eines der größten und ältesten<br />

<strong>Natur</strong>schutzgebiete im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> zu<br />

zeigen.<br />

Die Politikerin zeigte sich begeistert<br />

und betonte, dass die Politik anerkennen<br />

müsse, dass sich Menschen für<br />

den <strong>Natur</strong>schutz engagieren. Helmut<br />

July und dem ehemaligen <strong>Kreis</strong>direktor<br />

Herbert Reiss (†) sei es zu verdanken,<br />

dass das Kraftwerk in Heil nicht ins<br />

heutige Beverseegebiet gebaut worden<br />

ist. Deswegen sei sie nach Bergkamen<br />

gekommen.<br />

99


100 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

� Festrede zum 20. Geburtstag<br />

Von den frühen Anfängen der Gründung der<br />

NFG bis zu den heutigen Zukunfsvisionen<br />

von Thomas Griesohn-Pflieger<br />

Zum 20-jähirgen Bestehen der<br />

<strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft für<br />

den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V. am 9. Oktober<br />

2004 hielt Thomas Griesohn-<br />

Pflieger die Festrede, die wie folgt<br />

lautete:<br />

Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren, liebe Freunde und Freundinnen<br />

aus der <strong>Natur</strong>schutzarbeit, sehr<br />

geehrter Herr Teumert als Gastgeber,<br />

vielen Dank für den herzlichen<br />

Empfang hier in Bergkamen.<br />

Seitdem ich nicht mehr im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> wohne, komme ich nur noch<br />

selten hierher. Dafür bitte ich um Ihr<br />

Verständnis. Gleichwohl hat dieser Ort<br />

nicht nur sehr viel mit der Entstehung<br />

der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft zu<br />

tun, sondern auch viele Prozesse, die<br />

mich als jungen Mann beeinflusst haben,<br />

haben ihren Ursprung hier. Das<br />

ist mir erst bei der Beschäftigung mit<br />

dem heutigen Anlass klar geworden.<br />

Ein sehr wichtiger Punkt heißt Versöhnung.<br />

Der Kamin des Kraftwerkes hinter<br />

uns, war in den achtziger Jahren für<br />

mich ein Symbol für <strong>Natur</strong>zerstörung<br />

ersten Ranges. Heute ist seine Bedeutung<br />

vielgestaltiger für mich. Von den<br />

Höhen des Haarstrangs aus betrachtet<br />

schwingt da sogar so etwas wie Heimatgefühl<br />

mit.<br />

Und da hat Versöhnung stattgefunden.<br />

Versöhnung mit einer Landschaft,<br />

die stark von Menschen genutzt und<br />

umgestaltet wurde, die aber trotzdem<br />

Lebensraum für Tiere und Pflanzen<br />

bietet und unverwechselbare Heimat<br />

ist.<br />

Da wo der hohe Kamin steht, da<br />

liegt nicht weit weg der Beversee im<br />

Wald versteckt. Und der hat wieder<br />

sehr viel mit der Gründung der NFG<br />

zu tun. Darauf komme ich noch.<br />

Von Mitte der Ende der achtziger<br />

und zu Beginn der neunziger Jahre war<br />

ich als Redakteur des <strong>Natur</strong><strong>report</strong>s,<br />

der damals noch mehrmals im Jahr<br />

erschien, in viele Diskussionen rund<br />

um die NFG verstrickt. Die NFG war<br />

damals als noch junge Einrichtung<br />

darauf angewiesen Gewicht in der<br />

Öffentlichkeit zu gewinnen. Mein<br />

Kollege Utz Lederbogen und ich haben<br />

diese Aufgabe damals sehr gerne<br />

übernommen und bis 1995 – so hoffe<br />

ich – erfüllt.<br />

Mit vielen der heute auch Anwesenden<br />

haben wir damals Kontakt und<br />

auch die örtliche <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />

hat viele Kontakte geschaffen. Ich<br />

freue mich so viele alte Gesichter hier<br />

zu sehen und freue mich aber auch<br />

über viele mir unbekannte Gesichter,<br />

denn das zeigt ja, dass noch ein paar<br />

dazu gekommen sind, in den letzten<br />

zehn Jahren.<br />

� Die Gründungsphase<br />

Es gab in den 60/70er Jahren eine<br />

Institution im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, die bundesweit<br />

Schlagzeilen machte und auch in<br />

der heimischen Presse gefeiert und<br />

gelobt wurde. Ich spreche von der<br />

Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />

– der ersten in Deutschland, der wir so<br />

wunderschöne Wortschöpfungen wie<br />

„Industriepark“ oder noch lieblicher<br />

„Indupark“verdanken. Ich erinnere<br />

mich noch an den Geschäftsführer,


er hieß Peter Nustedde und war sehr<br />

durchsetzungsfähig, erfolgreich und<br />

mit wachsendem Einfluss in der Politik<br />

gesegnet.<br />

Einem fundamentalistischen jungen<br />

<strong>Natur</strong>schützer muss ein solcher<br />

Mann nicht gerade als Verbündeter<br />

erscheinen. Und so war man schon<br />

ein wenig skeptisch, um nicht zu sagen<br />

entsetzt, als am Rande einer Sitzung<br />

Wilfried Loos zu uns jungen Kämpfern<br />

meinte, sowas brauchen wir auch: Eine<br />

<strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft.<br />

Ich glaube, es dauerte keine zwei<br />

Jahre und wir hatten eine. Und irgendwann<br />

habe ich dann auch begriffen,<br />

dass die NFG ein richtiger Glücksgriff<br />

war.<br />

Wir hatten verdammt Glück damals,<br />

dass die richtigen Personen zur richtigen<br />

Zeit die richtigen Entscheidungen<br />

- wenn auch vielleicht aus gegensätzlichen<br />

Interessen heraus – getroffen<br />

haben. Dieses Zeitfenster, das genutzt<br />

wurde, blieb nicht lange offen. Heute<br />

wäre eine solche Gründung, ich denke<br />

da stimmen Sie mir zu, nicht mehr<br />

möglich.<br />

Man konnte nur MIT Politik und<br />

Verwaltung gemeinsam etwas erreichen.<br />

Das hört sich heute selbstverständlich<br />

an, aber wir waren es damals<br />

gewohnt als Ehrenamtliche mit spitzen<br />

Fingern angefasst zu werden. Bür-<br />

Thomas Griesohn-Pflieger hielt die<br />

Festrede zum 20. Geburtstag der NFG.<br />

gerinitiativen hatten in den siebziger<br />

und achtziger Jahren die politische<br />

Landschaft mächtig aufgemischt.<br />

Die Frontgräben waren noch nicht<br />

eingeebnet.<br />

Zu dieser Zeit nahm eine sehr sensibilisierte<br />

Öffentlichkeit rege Anteil an<br />

einem Thema, das den Boden bereiten<br />

sollte für die modellhaften Bemühungen<br />

im <strong>Kreis</strong>e <strong>Unna</strong>: Die Giftbrühe im<br />

Beversee machte deutlich, dass die<br />

öffentliche Verwaltung dringend den<br />

Bereich Umwelt- und <strong>Natur</strong>schutz<br />

zentralisieren und besser ausstatten<br />

musste.<br />

Und: Man kam an Gestalten wie<br />

Helmut July und Karl-Heinz Kühnapfel<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

nicht mehr herum. Man konnte nur<br />

noch gemeinsam mit den Ehrenamtlichen<br />

oder der politische Schaden<br />

wäre enorm.<br />

Aber das Gemeinsame fällt nicht<br />

vom Himmel: Ich konnte es jedenfalls<br />

anfangs nicht glauben, dass uns Vertreter<br />

des Establishments, Menschen<br />

wie Oberkreisdirektor Karl-Heinz<br />

Landwehr, SPD-Fraktionsvorsitzender<br />

Heinz-Georg Weber, Otto Buschmann<br />

oder Rosemarie Böhme tatsächlich<br />

begannen uns ernst zu nehmen und<br />

auch mit Reinhold Weber als Umweltamtsleiter<br />

des <strong>Kreis</strong>es musste ich erst<br />

gute Erfahrungen sammeln, um mein<br />

Misstrauen abzubauen.<br />

Aber es gab eben diese guten Erfahrungen.<br />

Und es gab dadurch wieder<br />

ein Stück Versöhnung - diesmal mit der<br />

Gesellschaft und ihren Institutionen,<br />

zumindest bei mir war das so.<br />

� Meine Damen und Herren, Liebe<br />

Freunde!<br />

Erinnern wir uns noch? Wildkräuterkampagne<br />

der NFG? Eine fantastische<br />

Sache! Manchmal kam in Sachen NFG<br />

richtig Euphorie auf, wir wurden einigermaßen<br />

ernst genommen, plötzlich<br />

gab es etwas Geld und da man klugerweise<br />

alle Gemeinden mit ins Boot<br />

geholt hatte, stieg auch das Ansehen<br />

in der eigenen Stadt im Schatten der<br />

101


102 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

erfolgreichen NFG. Es gibt viel zu<br />

erzählen über die unterschiedlichen<br />

Kampagnen, Aktionen, Förderungen<br />

und Verquickungen der NFG – soviel,<br />

dass ich sofort wieder damit aufhören<br />

werde. Herr Teumert hatte in seinem<br />

Grußwort zu Beginn die erstaunlich<br />

lange Liste der Aktivitäten – und<br />

das waren nur die herausragenden<br />

– vorgetragen. Dem möchte ich nichts<br />

hinzufügen. Denn 25 Jahre sollten kein<br />

Anlass zu einer Bilanz sein, sondern<br />

zur Freude darüber, dass unser Kind<br />

einen sehr gesunden Eindruck macht<br />

und sich manche Hoffnung erfüllt hat,<br />

während andere mittlerweile gestorben<br />

sind oder sich noch im Vorhof der<br />

Erfüllung befinden.<br />

� <strong>Natur</strong>schutz heute<br />

Die NFG konnte nur glücken, weil<br />

es gelang ein Bündnis zu schmieden<br />

zwischen der ehrenamtlichen Politik,<br />

der professionellen öffentlichen Verwaltung<br />

und dem ehrenamtlichen<br />

<strong>Natur</strong>schutz. Ohne der hohen politischen<br />

Bedeutung von <strong>Natur</strong>- und<br />

Umweltschutz damals, die für den<br />

nötigen Erkenntnisdruck sorgte, wäre<br />

es sicher nicht gelungen. Aber lassen<br />

wir die Einschränkungen mal weg,<br />

bei manchen Prozessen ist der Erfolg<br />

wichtiger als die Motivation der Handelnden.<br />

Wichtig ist: Ohne ehrenamtlichen<br />

<strong>Natur</strong>schutz hätte es keine NFG geben<br />

können. Er schuf den gesellschaftlichen<br />

Nährboden und sorgte später für<br />

die Bodenhaftung und Breitenwirkung<br />

der NFG.<br />

Wie stellt sich dieser Part heute<br />

da? Haben die Helden von damals<br />

Grundlagen geschaffen für die Zukunft<br />

der eigenen Gilde C und nicht nur<br />

für Laubfrosch, Haubentaucher und<br />

breitblättriges Knabenkraut? Konnte<br />

der <strong>Natur</strong>schutzgedanke zur selbstverständlichen<br />

Praxis evolvieren?<br />

Ist es gelungen den gesellschaftlichen<br />

Strukturwandel in den eigenen<br />

Reihen nachzuvollziehen? Wir müssen<br />

leider alle diese Fragen mehr oder weniger<br />

mit Nein beantworten.<br />

Nein, meine <strong>Natur</strong>schützergeneration<br />

hinterlässt viele Baustellen. Wir<br />

haben es geschafft, <strong>Natur</strong>schutzrichtlinien<br />

und <strong>Natur</strong>schutzbelange in Regel-<br />

und Gesetzeswerke zu schreiben,<br />

aber wir haben es nicht geschafft,<br />

eine dauerhaft starke Bewegung zu<br />

werden. Trotz aller Erfolge, die man<br />

den Bürgerinitiavlern, den grünen<br />

Spinnern und Bastsandalenträgern,<br />

Krötenschützern und <strong>Natur</strong>romantikern<br />

nie zugetraut hätte.<br />

Liebe Freunde:<br />

Wir hinterlassen gepflügte Äcker,<br />

aber wir haben keine Bauern ange-<br />

lernt, die dort einsäen! Die <strong>Natur</strong>schutzbewegung<br />

läuft Gefahr sang-<br />

und klanglos zur Bedeutungslosigkeit<br />

zu schrumpfen. Sie schrumpft an<br />

Zahl und sie altert. Ist das die bittere<br />

Wahrheit? Weder Quantität alleine<br />

noch Lebensalter alleine sind allerdings<br />

hinreichende Kriterien für die<br />

Schlagkraft einer Bewegung. Deshalb<br />

besteht Hoffnung.<br />

Eine Wohlstandsgesellschaft, die<br />

freiwillig aufhört sich zu vermehren,<br />

ist ein Phänomen, das in der Menschheitsgeschichte<br />

einmalig ist. Wären<br />

die Deutschen allein auf der Welt und<br />

würden vom Mars betrachtet, würde<br />

man sich dort möglicherweise Sorgen<br />

machen und über Artenschutzmaßnahmen<br />

– vielleicht Biotopverbesserungen,<br />

vielleicht genetische Auffrischung<br />

– nachdenken.<br />

�Demografische Entwicklung<br />

Eine bestandsenkende Reproduktionsrate<br />

ist ein Alarmzeichen – nicht<br />

nur für Biologen. Für uns Menschen<br />

ist das neu und so ist es kein Wunder,<br />

dass uns <strong>Natur</strong>schützern noch Rezepte<br />

fehlen, mit dieser demografischen Entwicklung<br />

umzugehen. Sie birgt – wie<br />

könnte anders sein – Chancen und<br />

Risiken zugleich für den <strong>Natur</strong>schutz.<br />

Dazu, meine lieben Freunde, ein<br />

paar Stichworte.


� Rentner<br />

Noch ist es so, dass wir es mit<br />

einer stark wachsenden Anzahl sehr<br />

rüstiger Rentner und Rentnerinnen zu<br />

tun haben. Nicht wenige von Ihnen<br />

suchen eine sinnvolle Beschäftigung.<br />

Aber wir können nicht darauf warten,<br />

dass sie uns entdecken. Wir müssen<br />

uns zeigen und anbieten. Jede Podiumsdiskussion,<br />

jede Aktion lässt sich<br />

nutzen, um Menschen anzusprechen<br />

– wenn deutlich wird, dass sie auch<br />

gebraucht werden. Die Mehrzahl der<br />

heute Aktiven ist, wie Untersuchungen<br />

und Alltagserfahrungen zeigen, über<br />

persönliche Kontakte und persönliche<br />

Ansprache zu uns gekommen. Der<br />

Weg ist also klar.<br />

Zufriedene Freiwillige machen die<br />

beste Werbung für die Ansprache<br />

neuer Freiwilliger. Sie können aus<br />

eigener Erfahrung und Anschauung<br />

andere begeistern und zur Mitarbeit<br />

motivieren. Das,was wir anbieten,<br />

muss klar definiert sein: Um welche<br />

konkreten Aufgaben geht es ? Welche<br />

Erwartungen und Verpflichtungen sind<br />

damit verbunden?<br />

� Ehrenamtliche<br />

Die Einstellung zum Engagement<br />

hat sich verändert. Viele Menschen<br />

wollen sich heute nicht mehr auf Dauer<br />

an Organisationen binden. Viele wol-<br />

len ihr Engagement von vornherein<br />

zeitlich befristen und werden von der<br />

Vorstellung abgeschreckt, von einer<br />

einmal übernommenen Aufgabe hinterher<br />

nicht mehr loszukommen oder<br />

keine Grenzen setzen zu können, nach<br />

dem Motto, „Reicht man einmal den<br />

kleinen Finger, wird die ganze Hand<br />

genommen“. Diese Ängste müssen<br />

wir durch eine eindeutige Ansprache<br />

mildern oder nehmen.<br />

� Profis<br />

Ich bin mir manchmal nicht sicher,<br />

ob nicht der Trend zur Professionalisierung,<br />

der in manchen Verbänden<br />

zu hauptamtlichen Geschäftsführern<br />

und sogar Vorsitzenden geführt hat,<br />

nicht ein Schuss in die eigenen Reihen<br />

war. Wie auch immer, kommt heute<br />

den Hauptamtlichen die Pflicht zu,<br />

die Kontinuität in der Bewegung sicherzustellen.<br />

Wer als Profi über die<br />

Unlust der Amateure klagt, sollte sich<br />

mal ansehen, was er selbst nach Feierabend<br />

noch schafft. Wir brauchen<br />

Kommunikatoren, die uns den Sinn<br />

einer Aufgabe nahe bringen. Darauf<br />

müssen die Verbände achten!<br />

� Rückbau<br />

Die ersten Kongresse der Städtebauer<br />

finden schon statt: „Zukunft der<br />

Städte, Rückbau der Städte”. So die<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

Schlagzeilen Weniger und ältere Menschen<br />

– das heißt vielleicht auch weniger<br />

Straßen, weniger Energiebedarf,<br />

weniger Zersiedlung – das Aufgeben<br />

von ganzen Siedlungen – wir werden<br />

es im Osten zuerst erleben und zwar<br />

schon in den kommenden Jahren.<br />

Der <strong>Natur</strong>schutz muss sich in diese<br />

Diskussion einbringen. Was brauchen<br />

wir noch oder nicht mehr oder zusätzlich,<br />

wenn in wenigen Jahrzehnten die<br />

meisten Deutschen über sechzig Jahre<br />

alt sind? Was müssen wir entbehren,<br />

was benötigen wir unbedingt? Wie<br />

müssen die Städte aussehen, in denen<br />

mehrheitlich alte Menschen wohnen?<br />

Wer soll unsere <strong>Natur</strong>schutzgebiete<br />

pflegen, wenn es Zivistellen und „FÖJler"<br />

(freiwilliges Ökologisches Jahr)<br />

nicht mehr besetzt werden?<br />

� Jugend<br />

Nicht nur der <strong>Natur</strong>schutz leidet<br />

unter einem eklatanten Jugendmangel,<br />

dieser Mangel ist in allen gesellschaftlichen<br />

Bereichen spürbar. Aber ich<br />

behaupte, die Jugend leidet auch unter<br />

einem eklatanten <strong>Natur</strong>mangel!<br />

Kaum ein Kind kennt noch mehr als<br />

zehn Wildpflanzen, geschweige denn<br />

zehn heimische Tiere. Bei einer Malaktion<br />

in Bayerns Kindergärten soll jedes<br />

dritte von 40.000 Kindern die Kuh lila<br />

gemalt haben.<br />

103


104 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

� Sinn und Sinnlichkeit<br />

Die Lösung könnte sich in einem<br />

Begriffspaar verbergen: Sinn und<br />

Sinnlichkeit.<br />

Viele Jugendliche suchen durchaus<br />

nach einem Sinn. Damit meine ich nicht<br />

pathetisch den Sinn im Leben, sondern<br />

den Sinn in der Aktion. Den Sinn einer<br />

(anfangs) kurzfristig und erfolgreich zu<br />

bearbeitenden Aufgabe.<br />

Die Sinnlichkeit ist ebenfalls eine<br />

starke Motivation. Sie zeigt sich im<br />

<strong>Natur</strong>erleben, wenn ein wenig Genuss<br />

dazu kommt. Wenn nicht Verbote,<br />

Sollerfüllung, Ökotheorie sondern Geschmack,<br />

Geruch, Anfühlen, Wundern,<br />

Neugierde, Staunen ins Spiel kommen.<br />

Kurzum wir müssen dringend in die<br />

Kindergärten und Schulen, so wie es<br />

die NFG Gott sei dank ja schon macht.<br />

Dort müssen wir <strong>Natur</strong>genuss anbieten<br />

und hoffen, dass der eine oder andere<br />

sich infizieren lässt.<br />

Wir haben die <strong>Natur</strong> nicht nur<br />

wegen unserer materiellen Lebensgrundlagen,<br />

wie Wasser, Luft und<br />

Nahrung nötig. Ich glaube, dass die<br />

<strong>Natur</strong> auch für unser Menschsein sehr<br />

wichtig ist. Mancher mag einen andern<br />

Namen als „<strong>Natur</strong>” dafür finden, aber<br />

ist es das Gemeinsame aller humanen<br />

Geisteshaltungen, das sie sich einen<br />

Gesprächspartner außerhalb unserer<br />

Ordnung vorstellt. Es tut uns Men-<br />

Für die Belange der <strong>Natur</strong> setzten sich seit vielen Jahren ehrenamtliche <strong>Natur</strong>schützer<br />

ein: hier bei der Streuobstsammlung. Foto: Archiv<br />

schen gut, dass es etwas Größeres als<br />

uns gibt. Etwas, das wir nicht kontrollieren<br />

können.<br />

Wer sich mit <strong>Natur</strong> beschäftigt, hat<br />

die Chance zu erkennen, dass es eine<br />

größere Ordnung gibt als die menschengemachte.<br />

Aus dieser Erkenntnis<br />

kann eine Haltung entstehen, die ich<br />

als Demut bezeichnen möchte. Sie ist<br />

der Gegenspieler von Hochmut und<br />

Ignoranz.<br />

Und noch wichtiger: Wir können,<br />

wenn wir Glück haben, erkennen und<br />

fühlen, dass wir ein Teil dieser grö-


ßeren Ordnung sind. Das kann uns<br />

alle als Menschen verbinden und das<br />

kann uns Menschen mit allen anderen<br />

Lebewesen verbinden.<br />

� Meine Damen und Herren,<br />

wir nähern uns allmählich dem<br />

Schluss. Ich wollte nur wenige Anregungen<br />

geben. Vielleicht wäre es<br />

eine Aufgabe für die NFG Seminare<br />

oder kleine Konferenzen zu diesen<br />

Zukunftsthemen des demografischen<br />

Wandels anzubieten. Ich könnte mir<br />

vorstellen, dass es ein bundesweites<br />

Interesse geben könnte. Und wer ist<br />

besser für die Verbreitung innovativer<br />

Ideen geeignet als der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und<br />

unsere NFG!<br />

Mir ist bei der Vorbereitung auf<br />

diesen Termin bewusst geworden,<br />

dass ich nicht wie ursprünglich von mir<br />

beabsichtigt, auf die Vergangenheit<br />

und das „wie und weshalb” verzichten<br />

konnte.<br />

Aber ob es nun eine Festrede war,<br />

wie im Programm angekündigt? – wie<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

auch immer – beim nächsten Programmpunkt,<br />

nämlich den Ehrungen,<br />

gibt es gute Gelegenheit festlich zu<br />

werden.<br />

Liebe Freunde,<br />

wir haben allen Grund zur Freude<br />

heute und ich möchte mit allen, die<br />

noch was im Glas haben, anstoßen<br />

auf die <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />

Möge sie noch ein langes und<br />

fruchtbares Leben haben!<br />

Glückauf!<br />

105


106<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

� 20-jähriges Jubiläum<br />

Chronik der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />

1982<br />

� Juni<br />

Das Denkmodell einer <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

(NFG) ist das Thema<br />

einer Besprechung zwischen dem<br />

Oberkreisdirektor, der Unteren Landschaftsbehörde<br />

und dem <strong>Kreis</strong>verband<br />

<strong>Unna</strong> <strong>Natur</strong> und Umwelt.<br />

1983<br />

� Januar bis Dezember<br />

Es finden zahlreiche Beratungen der<br />

<strong>Kreis</strong>verwaltung, der Städte und Gemeinden,<br />

der Verbände und Vereine,<br />

der Parteien und politischen Gremien<br />

über Konzeption und Finanzierung der<br />

NFG statt.<br />

1984<br />

� April<br />

Gemeinsame Sitzung der Bürgermeister<br />

und Gemeindedirektoren des<br />

<strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> zur Besprechung eines<br />

Satzungsentwurfes für die NFG. Die<br />

Mehrheit der Städte und Gemeinden<br />

ist für ein Stimmverhältnis von 60 : 40<br />

(Mitgliedskörperschaften : Vereinen/<br />

Verbände)<br />

Den Bestimmungsschlüssel brachte<br />

1987 die NFG im Rahmen der Ackerrandstreifenkampagne<br />

heraus.<br />

Foto: Archiv<br />

� Juni<br />

Beschluss des <strong>Kreis</strong>tages zum Beitritt<br />

des <strong>Kreis</strong>es in die <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft.<br />

� Dezember<br />

Gründungsversammlung der NFG in<br />

Kamen-Heeren. Gründungsmitglieder<br />

sind der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, die zehn Städte<br />

und Gemeinden des <strong>Kreis</strong>es sowie 15<br />

naturschutzverbundene Organisationen.<br />

1985<br />

� Oktober<br />

Der Vorstand beschließt die Durchführung<br />

eines Ackerrandstreifenprogramms<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und eine<br />

Werbekampagne zum Schutz von<br />

Wildkräutern.<br />

� Dezember<br />

Geldmittel für die ersten Anschaffungen<br />

von Arbeitsgeräten, die den<br />

Vereinen für praktische Maßnahmen<br />

im <strong>Natur</strong>schutz zur Verfügung gestellt<br />

werden sollen, werden vom Vorstand<br />

bewilligt.


Heinz-Georg Weber wird 1989 von der NRW-Stiftung die Bewilligung des Antrages<br />

auf Erwerb von <strong>Natur</strong>schutzgebieten in der Lippeaue überreicht. (v.l.n.r.) Landrat<br />

Rolf Tewes, Heinz-Georg Weber, Diether Denke, Otto Buschmann Foto: NFG<br />

1987<br />

� März<br />

Antrag der naturschutzverbundenen<br />

Organisationen an die Mitgliederversammlung<br />

auf Satzungsänderung<br />

hinsichtlich der Parität des Stimmrechts<br />

zwischen Mitgliedskörperschaften und<br />

Vereinigungen.<br />

� April<br />

Die <strong>Natur</strong>förderungsgesellschafct<br />

beginnt die Wildkräuterkampagne im<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />

Die Schriftenreihe <strong>Natur</strong><strong>report</strong> der<br />

<strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft erscheint<br />

mit der ersten Ausgabe.<br />

1988<br />

� Januar<br />

Der Vorstand beschließt die Unterstützung<br />

von einer Schutzkonzeption<br />

„Lippeaue“ und erwägt die Beteiligung<br />

an der Errichtung einer „Ökologiestation“<br />

in der Lippeaue.<br />

� März<br />

Ehrung des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> in Stuttgart<br />

als „Partner des Europäischen<br />

Umweltjahres“,insbesondere wegen<br />

der Wildkrautkampagne der NFG.<br />

� April<br />

Auf der Mitgliederversammlung<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

werden die Satzungsänderungen<br />

zum Stimmrecht und eine Vertreterregelung<br />

für die Vorstandsmitglieder<br />

einstimmig angenommen. Die naturschutzverbundenen<br />

Organisationen<br />

haben somit 50 % Stimmrecht, ebenso<br />

wie die Mitgliedskörperschaften.<br />

1989<br />

� August<br />

Die NFG feiert fünfjähriges Bestehen<br />

auf Haus Opherdicke. Dem NFG-<br />

Vorsitzenden H.-G. Weber wird von<br />

der NRW Stiftung die Bewilligung des<br />

Antrages auf Erwerb von <strong>Natur</strong>schutzgebieten<br />

in der Lippeaue in Höhe von<br />

3,3 Millionen DM überreicht.<br />

1990<br />

� 26. Mai<br />

Die NFG veranstaltet ein Sommerfest<br />

auf Haus Opherdicke zur Thematik<br />

„Indianische Kulturen“.<br />

� 5. September<br />

Ausstellungseröffnung „Freizeit fatal“<br />

in der Bürgerhalle der Stadt <strong>Unna</strong>.<br />

Die Ausstellung wird von der NFG<br />

anschließend in den Städten Lünen<br />

und Selm präsentiert.<br />

1991<br />

� März<br />

Die NFG übernimmt die Träger-<br />

107


108 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

schaft der Waldschule Cappenberg<br />

und sichert damit den Fortbestand<br />

dieser umweltpädagogisch arbeitenden<br />

Einrichtung.<br />

� Mai<br />

Die NFG veranstaltet ein Seminar<br />

für Mitglieder des ehrenamtlichen<br />

<strong>Natur</strong>schutzes aus dem Partnerkreis<br />

Templin zum Thema „Technischer<br />

Umweltschutz“.<br />

� Juli<br />

Der Vorstand beschließt die Realisierung<br />

eines Partnerschaftsprojekts<br />

mit dem ehrenamtlichen <strong>Natur</strong>schutz<br />

im <strong>Kreis</strong> Templin.<br />

1992<br />

� Mai<br />

Exkursion des Vorstandes in den<br />

<strong>Kreis</strong> Templin und Unterzeichnung<br />

der Partnerschaftsdokumente für ein<br />

gemeinsames <strong>Natur</strong>schutzprojekt.<br />

� Die NFG wird förderndes Mitglied<br />

im Förderverein „<strong>Natur</strong>park Feldberg<br />

Lychener Seenlandschaft".<br />

� Die NFG erwirbt 7 ha naturschutzwürdige<br />

Flächen, die dem ehrenamtlichen<br />

<strong>Natur</strong>schutz vor Ort zur<br />

Pflege und Entwicklung überlassen<br />

werden.<br />

Die erste Ausgabe des <strong>Natur</strong><strong>report</strong>s<br />

erschien 1987. Foto: NFG<br />

� Juni<br />

Die NFG belegt beim Wettbewerb<br />

„Europäischer Umweltpreis“ mit dem<br />

Partnerschaftsprojekt in Templin den<br />

zweiten Platz in der Sparte <strong>Natur</strong>schutz.<br />

� September/Oktober<br />

Das Apfelsaftprojekt der NFG wird<br />

zum ersten Mal durchgeführt. An den<br />

beiden Sammelterminen wurden über<br />

80 t Äpfel zur Sammelstelle bei der<br />

Landhandelszentrale in <strong>Unna</strong> gebracht<br />

Das war ein Ergebnis, das alle Erwartungen<br />

übertraf.<br />

� Dezember<br />

Herausgabe eines Umweltkalenders<br />

für das Jahr 1993.<br />

� Auf der Mitgliederversammlung<br />

schafft die NFG die Voraussetzungen<br />

für die Einrichtung und den Betrieb<br />

einer Biologischen Station nach dem<br />

<strong>Natur</strong>räumlichen Fachkonzept des<br />

Landes NRW.<br />

� Der Zweck des Vereins wird um<br />

den Punkt „Einrichtung und Betrieb<br />

einer Biologischen Station“ erweitert.<br />

� Einrichtung eines Kuratoriums<br />

als NFG-Gremium für den Betrieb der<br />

Biologischen Station.<br />

� Der Regionalverband Ruhrgebiet,<br />

der in seinem Wirkungsbereich alle<br />

Biologischen Stationen fördert, wird<br />

Mitglied in der NFG.<br />

� Der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> tritt 5 % seines<br />

Stimmrechts an den RVR ab, der Vorstand<br />

und die Mitgliederversammlung<br />

werden erweitert.<br />

� Dezember<br />

Abschluss der Rahmenvereinbarung


zwischen dem Land NRW und dem<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> zur Finanzierung des Betriebs<br />

der Biologischen Station.<br />

1993<br />

� 16. Juni<br />

Die konstituierende Sitzung des<br />

Kuratoriums für die Biologische Station<br />

findet in Lünen statt. Anschließend<br />

wird der NFG auf dem Hof Schulze-<br />

Heil die Rahmenvereinbarung zur<br />

Finanzierung der Biologischen Station<br />

offiziell vom Land Nordrhein-Westfalen<br />

übergeben.<br />

� 12. – 22. August<br />

Organisation einer Exkursion von<br />

Schülern und Schülerinnen der Geschwister-Scholl-Gesamtschule<br />

Lünen<br />

nach Boitzenburg in den <strong>Kreis</strong> Templin,<br />

die hier auf den NFG-<strong>Natur</strong>schutzflächen<br />

Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen<br />

umsetzen. Hiermit wird die<br />

Idee eines Jugendaustausches in der<br />

<strong>Natur</strong>schutzarbeit zwischen dem <strong>Kreis</strong><br />

Templin und dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> aufgegriffen<br />

und auch in den folgenden<br />

Jahren fortgeführt.<br />

� November<br />

Die erste Ausgabe der naturkundlichen<br />

Veröffentlichungsreihe der NFG<br />

erscheint mit der Ausgabe „Holzgewächse<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>“.<br />

15. Dezember<br />

Die ersten Mitarbeiter der Biologischen<br />

Station werden eingestellt. Bis<br />

zur Fertigstellung der Ökologiestation<br />

in der Lippeaue ziehen sie in die Räume<br />

des <strong>Kreis</strong>-Umweltamtes.<br />

1994<br />

� 16./17. September<br />

Das zehnjährige Bestehen der NFG<br />

wird im Rahmen der Eröffnung der<br />

Ökologiestation in Bergkamen-Heil<br />

gefeiert.<br />

� Oktober<br />

Der Vorstand unternimmt unter<br />

Führung von Prof. Dr. Karl Ganser eine<br />

Emscher-Park Besichtigungsreise, um<br />

Projekte der Internationalen Bauausstellung<br />

zu besichtigen.<br />

Ein Aufgabenschwerpunkt des Jahres<br />

war für die NFG die Etablierung der<br />

Biologischen Station.<br />

1995<br />

� März<br />

Rosemarie Böhme wird zur Vorsitzenden<br />

der NFG gewählt, Dr. Hellmuth<br />

Zimmermann tritt die Nachfolge von<br />

Otto Buschmann als einer der stellvertretenden<br />

Vorsitzenden an.<br />

� Mai<br />

Die NFG-Geschäftsstelle zieht in<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

die Räume der Ökologiestation in<br />

Bergkamen-Heil um.<br />

� Juni<br />

Die NFG wirkt beim ersten Tag der<br />

Offenen Tür auf der Ökologiestation<br />

in Bergkamen mit.<br />

� Oktober<br />

Die NFG organisiert zum ersten<br />

Mal mit den anderen Einrichtungen<br />

der Ökologiestation ein Apfelfest. Informatives<br />

und Köstliches zum Thema<br />

Apfel sind der Mittelpunkt des Festes,<br />

das anschließend zu einer regelmäßigen<br />

jährlichen Veranstaltung auf der<br />

Ökologiestation wird.<br />

� November<br />

Die letzte Ausgabe der NFG-Schriftenreihe<br />

„<strong>Natur</strong><strong>report</strong>“ erscheint zum<br />

Schwerpunktthema „Ökologiestation“.<br />

Gleichzeitig verlassen auch die<br />

beiden Redakteure, Thomas Griesohn-<br />

Pflieger und Utz Lederbogen, die die<br />

Schriftenreihe mitbegründeten, aus<br />

beruflichen Gründen den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />

1996<br />

� Mai<br />

Einrichtung einer AB-Stelle an der<br />

Biologischen Station, die die Erstellung<br />

eines Brutvogelatlas für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> vorbereitet.<br />

109


110 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

� September/Oktober<br />

Bei den Apfelsammlungen wird ein<br />

Rekordergebnis erzielt.<br />

1997<br />

� April<br />

Das erste Jahrbuch der NFG erscheint<br />

in einer Auflagenhöhe von<br />

2.000 Exemplaren. Der Name der<br />

Schriftenreihe „<strong>Natur</strong><strong>report</strong>“ wurde<br />

auch für das Jahrbuch übernommen.<br />

� Juni<br />

Auf der Mitgliederversammlung<br />

werden verschiedene Satzungsänderungen<br />

beschlossen. Besonders wichtig<br />

ist die Anpassung der Wahlzeit des<br />

Vorstandes an die der Vertretungskörperschaften.<br />

Damit bleibt der nächste<br />

neu gewählte Vorstand fünf Jahre im<br />

Amt.<br />

Erstellung eines Flugblattes zur<br />

Biologie und zum Schutz der Mauersegler.<br />

Die Aktion Mauersegler<br />

wurde in Zusammenarbeit mit dem<br />

Landschaftswächter Bernhard Glüer<br />

ins Leben gerufen.<br />

1998<br />

� März<br />

Der Trägerverein Waldschule Cappenberg<br />

e.V. wird gegründet. Die NFG<br />

wird Mitglied im Trägerverein und zahlt<br />

jährlich einen festen Mitgliedsbeitrag.<br />

Auf der Ökostation fand 1998 die erste<br />

Messe zum Thema „<strong>Natur</strong>naher Garten"<br />

statt. Foto: Archiv<br />

Damit endet auch die Trägerschaft der<br />

Waldschule durch die NFG.<br />

� April<br />

Auf der Ökologiestation findet<br />

die erste Messe zum Thema „<strong>Natur</strong>naher<br />

Garten“ statt. Auch diese<br />

Veranstaltung wird zu einem jährlich<br />

wiederkehrenden Event auf der Ökologiestation.<br />

� Juni<br />

Eröffnung des Honigbienenstandes<br />

und des Wildbienenlehrpfades auf der<br />

Ökologiestation unter Mitwirkung der<br />

NFG.<br />

� Juli<br />

Die naturkundliche Veröffentlichungsreihe<br />

wird mit dem Buch „Die<br />

Orchideen des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>“ fortgesetzt.<br />

� Dezember<br />

Zusammen mit dem Umweltzentrum<br />

Westfalen gibt die NFG das Buch<br />

„Bäume – Wunderbare Wesen im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong>“ heraus.<br />

1999<br />

Zu dem NFG-Jahrbuch erscheinen<br />

zwei Beihefte. Eins widmet sich dem<br />

Spezialthema Neophyten, das andere<br />

ergänzt die naturkundliche Veröffentlichung<br />

Holzgewächse im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

um aktuelle Fakten.<br />

Gemeinsam mit der Umweltzentrum<br />

Westfalen GmbH wird eine<br />

Fortbildungsreihe für Pädagogen<br />

entwickelt.<br />

2000<br />

� März<br />

Auf der Mitgliederversammlung<br />

wird Walter Teumert zum 1. Vorsitzenden<br />

der NFG gewählt, seine StellvertreterIn<br />

werden Rotraud Niemann


und Wilfrid Loos. Die Amtszeit des<br />

Vorstandes beträgt fünf Jahre.<br />

� April<br />

Der neugewählte Vorstand trifft<br />

sich auf der Ökologiestation zu einer<br />

Klausurtagung, um die Zukunftsperspektiven<br />

der NFG zu diskutieren.<br />

� April/Mai<br />

Die Umweltzentrum Westfalen<br />

GmbH, der Kommunalverband Ruhrgebiet<br />

und die NFG geben gemeinsam<br />

den Fahrradführer „Grüne Route- mit<br />

dem Fahrrad zu den wunderbaren<br />

Wesen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>“ heraus.<br />

� Oktober /. November<br />

Die NFG präsentiert in den Räumen<br />

der Ökologiestation die Ausstellung<br />

„<strong>Natur</strong>kindergärten in NRW“, die<br />

beispielhafte <strong>Natur</strong>kindergärten zeigt<br />

und Anregungen zur Gestaltung von<br />

<strong>Natur</strong>-Spiel-Räumen gibt.<br />

� November<br />

In Zusammenarbeit mit dem UZW<br />

organisiert die NFG den ersten Familientag<br />

auf der Ökologiestation. Ziel ist,<br />

Eltern und Kinder zum gemeinsamen<br />

Bauen und Basteln mit <strong>Natur</strong>materialien<br />

anzuregen. Der Familientag findet<br />

seitdem jährlich am Totensonntag auf<br />

der Ökologiestation statt.<br />

Das erste Produkt der NFG war der Apfelsaft,<br />

später folgte der Apfel-Mango-<br />

Saft und „UNser Appel “ ein Apfelkorn.<br />

Foto: Ralf Sänger<br />

� Dezember<br />

Im Rahmen der naturkundlichen<br />

Veröffentlichungsreihe erscheint das<br />

Buch „Die Brutvögel des <strong>Kreis</strong>es<br />

<strong>Unna</strong>“.<br />

2001<br />

� Dezember<br />

Die NFG bringt ein neues Produkt<br />

aus den heimischen Äpfeln auf den<br />

Markt. Gemeinsam mit der Kornbren-<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

nerei Glitz-Ehringhausen aus Werne<br />

wird ein Apfelkorn kreiert, der unter<br />

dem Namen „UNser Appel“ vertrieben<br />

wird. Der naturtrübe NFG-Apfelsaft<br />

wird dabei in einem besonderen<br />

Verfahren mit dem Weizenfeinbrand<br />

aus biologisch angebautem Getreide<br />

gemischt.<br />

Die NFG engagiert sich beim Projekt<br />

„Babywald“ des Katharinenhospitals<br />

<strong>Unna</strong>, des Hellweger Anzeigers<br />

und des <strong>Kreis</strong>-Umweltamtes.<br />

2002<br />

� April<br />

Die NFG wird Mitglied in der<br />

Solidargemeinschaft zur Förderung<br />

der Stadt-Landbeziehungen im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong>, Dortmund, Hamm.<br />

� Mai<br />

Zum Thema Imkerei stellt die NFG<br />

eine Ausstellung in der Ökologiestation<br />

zusammen.<br />

� Mai/Juni<br />

Der NFG-Vorstand unternimmt eine<br />

Exkursion in die Uckermark, um u.a.<br />

die <strong>Natur</strong>schutzflächen, die die NFG im<br />

damaligen Partnerkreis Templin 1992<br />

erworben hat, zu besichtigen.<br />

� Juli/August<br />

Das erste Historische Spiel findet<br />

111


112 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

Der NFG-Vorstand während einer Exkursion in die Uckermark. Foto: NFG<br />

auf dem Gelände der Ökologiestation<br />

statt. Gemeinsam mit dem Umweltzentrum<br />

organisiert die NFG diese<br />

Sommerferienaktion mit historischen<br />

und umweltpädagogischen Aspekten<br />

für Kinder ab zehn Jahren.<br />

� Dezember<br />

Die <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

unterschreibt die Verträge zur Übernahme<br />

des Heckrindprojektes von<br />

der RWE.<br />

2003<br />

� März<br />

Die NFG nimmt am Tag des Ehrenamtes<br />

teil, der unter dem Motto<br />

Umwelt- und <strong>Natur</strong>schutz steht.<br />

� April<br />

Die NFG tritt dem Verein zur Förderung<br />

der Auerochsenzucht bei.<br />

� Juli<br />

Die NFG präsentiert sich auf dem<br />

gemeinsam gefeierten Jubiläum der<br />

Biologischen Station, des Umweltzentrums,<br />

je zehn Jahre, und des <strong>Natur</strong>schutzbundes<br />

<strong>Kreis</strong>gruppe <strong>Unna</strong>,<br />

25 Jahre.<br />

In diesem Rahmen wird die von der<br />

NFG als Sonderausgabe herausgegebene<br />

Biografie des <strong>Natur</strong>schützers<br />

Heinz Herkenrath der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt.<br />

� September<br />

Die NFG stellt den neuen Apfel-<br />

Mango Saft vor.<br />

Der naturtrübe Apfelsaft wird hierbei<br />

mit einem fair gehandelten Mangopüree<br />

von philippinischen Kleinbauern<br />

im Verhältnis 80 % zu 20%<br />

gemischt.<br />

� November<br />

Die NFG lädt die Schulen im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> zu einem Kooperationstreffen<br />

ein, um die Zusammenarbeit und den<br />

Informationsaustausch bei Umwelt-<br />

und <strong>Natur</strong>schutzprojekten zu fördern<br />

Gemeinsam mit dem Umweltzentrum<br />

Westfalen gibt die <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

die zweite geänderte<br />

Auflage des Bildbandes „Bäume<br />

– Wunderbare Wesen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>“<br />

heraus.


� NFG-Notizen 2004<br />

Seminare, Aktionen<br />

und noch vieles mehr<br />

von Birgit Manz<br />

Auch in diesem Jahr wurde die<br />

tägliche Arbeit der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

durch zahlreiche Aktionen<br />

und Seminare für Jung und Alt begleitet,<br />

die im Folgenden kurz vorgestellt<br />

werden.<br />

� Apfelsammlung 2004<br />

Da die Apfelernte in den letzten drei<br />

Jahren eher mittelprächtig ausgefallen<br />

war, mussten NFG – Apfelsafttrinker<br />

ab August 2004 auf den schmackhaften<br />

naturtrüben Saft verzichten: Er war<br />

ausverkauft!<br />

Deshalb hoffte die NFG mal wieder<br />

auf eine gute Apfelernte im Herbst<br />

2004 und sie wurde nicht enttäuscht.<br />

An den drei Sammeltagen im September<br />

und Oktober auf dem Gelände der<br />

Raiffeisen Hellweg-Lippe eG in <strong>Unna</strong><br />

brachten Obstwiesenbesitzer 113<br />

Tonnen Äpfel zur NFG-Annahmestelle.<br />

Damit wurde das bisherige Rekordergebnis<br />

der NFG-Apfelsammelungen<br />

aus dem Jahr 1996 (hier waren es 111<br />

Tonnen) nochmals übertroffen.<br />

In 2004 gab es endlich wieder eine gute<br />

Apfelernte. Foto: NFG<br />

� Obstbaumpflege<br />

Um den Bestand der ökologisch<br />

wertvollen Obstwiesen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

auch in Zukunft zu sichern, müssen<br />

die Obstbäume regelmäßig gepflegt<br />

werden. Hierzu zählt insbesondere der<br />

richtige Schnitt in den verschiedenen<br />

Altersstadien des Baumes. Auch 2004<br />

veranstaltete die NFG daher wieder<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

zwei Seminare, die Obstbaumbesitzern<br />

und anderen Interessierten die<br />

Möglichkeit gaben, den fachgerechten<br />

Schnitt von Obstbäumen in Theorie<br />

und Praxis kennen zu lernen. Da das<br />

Interesse an diesen Seminaren auch<br />

nach über zehn Jahren immer noch<br />

ungebrochen ist, wird sie mit weiteren<br />

Angeboten auch 2005 fortgesetzt.<br />

Die Termine sind dem Veranstaltungsprogramm<br />

der Ökologiestation zu<br />

entnehmen.<br />

Zum ersten Mal veranstaltete die<br />

NFG 2004 ein Seminar zur Veredelung<br />

von Obstgehölzen. Kooperationspartner<br />

und Veranstaltungsort<br />

war die Baumschule Giesebrecht in<br />

Lünen-Niederaden. Die Teilnehmer<br />

des Seminars erhielten zunächst eine<br />

theoretische Einführung zu den verschiedenen<br />

Veredelungstechniken und<br />

dem benötigten Pflanzenmaterial wie<br />

schnell- und langsamwachsende Unterlagen<br />

und Edelreiser. Nach einem<br />

Rundgang durch die Obstbaumquartiere<br />

der Baumschule konnten dann die<br />

Seminarteilnehmer selbst ihre ersten<br />

Veredelungsversuche durchführen.<br />

113


114 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

� NFG feiert 20. Geburtstag<br />

Im Rahmen des Apfelfestes, das am<br />

9. Oktober 2004 auf der Ökologiestation<br />

in Bergkamen stattfand, feierte<br />

die NFG bei strahlender Herbstsonne<br />

ihren 20. Geburtstag. Der Festakt zur<br />

Geburtstagsfeier fand ab 10 Uhr in<br />

einem Zirkuszelt statt, das auf dem<br />

Gelände der Ökologiestation zu diesem<br />

Zweck aufgebaut worden war.<br />

Alle diejenigen, die in den 20 Jahren in<br />

den Gremien des Vereins mitgearbeitet<br />

haben sowie viele Begleiter und Förderer<br />

der NFG waren eingeladen und<br />

auch zahlreich erschienen.<br />

Walter Teumert, 1. Vorsitzende der<br />

NFG, würdigte in seiner Rede die vielen<br />

unterschiedlichen Aktivitäten des<br />

in Deutschland immer noch einmaligen<br />

Vereins. Thomas Griesohn-Pflieger,<br />

Journalist und Ornithologe aus dem<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, der als langjähriger Redakteur<br />

des damals als Zeitschrift<br />

erscheinenden <strong>Natur</strong><strong>report</strong>s das Werden<br />

der NFG hautnah miterlebte, hielt<br />

die Festrede (siehe Seite 103 dieser<br />

Ausgabe). Nachdem Walter Teumert<br />

dann allen ehemaligen Vorsitzenden<br />

der NFG sowie deren Stellvertretern<br />

mit einem Foto-Baumportrait für ihr<br />

Engagement in den vergangenen<br />

Jahren dankte, folgte, untermalt von<br />

den jazzigen Klängen des Quast-Seidel<br />

Duos aus <strong>Unna</strong>, der so genannte ge-<br />

Auch das Essen kochen die Kinder<br />

während der Spiele selbst. Foto: NFG.<br />

mütliche Teil; denn nun wartete schon<br />

das kalt-warme Büfett der Landfrauen<br />

von Land-aktiv.<br />

Anschließend konnten die Besucher<br />

gestärkt die Angebote des Apfelfestes<br />

genießen und sich über <strong>Natur</strong>schutz-<br />

und Umweltaktivitäten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

informieren. Ein besonderes Highlight<br />

waren am Nachmittag die Auftritte des<br />

Mitmach-Circus „Schnick-Schnack“<br />

aus Herne. Nach akrobatischen und<br />

feuerspeienden Vorführungen wurden<br />

die Zuschauer, egal ob jung oder<br />

alt, zum Mitmachen animiert und in<br />

die Kunststücke mit eingebunden.<br />

Daneben sorgte eine Gruppe von<br />

Dudelsackspielern, die in original<br />

schottischen Kilts über das Gelände<br />

der Ökologiestation zogen, lautstark<br />

für musikalische Unterhaltung.<br />

� Von Kelten und Druiden<br />

Vom 2. bis 6. August 2004 fand auf<br />

dem Gelände der Ökologiestation zum<br />

dritten Mal ein Historisches Spiel statt.<br />

68 Kinder ab zehn Jahren konnten<br />

diesmal das Leben der Kelten und Druiden<br />

hautnah erleben. Der Häuptling<br />

einer kleinen keltischen Siedlung war<br />

im Kampf gegen die germanischen<br />

Stämme gefallen und lag aufgebahrt<br />

im Haus seiner Familie. Wer tritt nun<br />

seine Nachfolge an? Und wie wird ein<br />

verstorbener Häuptling standesgemäß<br />

beigesetzt? Dies waren zwei wichtige<br />

Fragen, mit denen sich die Kinder in<br />

dem Spiel auseinandersetzen mussten.<br />

Hilfreich zur Seite standen ihnen dabei<br />

neben den jeweiligen Familienoberhäupter<br />

der Druide und die Priesterin<br />

des Dorfes. So wurden mehrfach<br />

Orakel befragt und gedeutet und es<br />

gab verschiedene Machtkämpfe bis<br />

die Nachfolge des Häuptlings geregelt<br />

werden konnte. Daneben wurde die<br />

Beerdigung des toten Fürsten vorbereitet<br />

und sein Übergang in die „Anderwelt“<br />

festlich gefeiert. Während der<br />

gesamten Spielwoche wurde in jedem


Haus handwerklich gearbeitet; so gab<br />

es eine Weberei, eine Wollfärberei,<br />

eine Schmiede, eine Bronzegießerei<br />

und eine Schmuckwerkstatt.<br />

� Vorschau 2005<br />

Auch 2005 planen das Umweltzentrum<br />

Westfalen, die Jungendkunstschule<br />

der Stadt Bergkamen und die<br />

NFG in der Zeit vom 18. – 22. Juli<br />

wieder ein Historisches Spiel auf der<br />

Ökologiestation. Teilnehmen können<br />

schon Kinder ab neun Jahren. Diesmal<br />

versetzt die Zeitreise die Kinder<br />

in das Mittelalter zur Zeit Karl des<br />

Großen. In einer kleinen sächsischen<br />

Siedlung leben fast nur noch Frauen,<br />

Kinder und Alte. Die Männer sind im<br />

Krieg gegen die Franken unterwegs,<br />

die versuchen die sächsischen Dörfer<br />

zu unterwerfen und die heidnischen<br />

Bewohner vom Christentum zu überzeugen.<br />

Die Bewohner der kleinen<br />

Siedlung hören von nahenden Truppen<br />

, die am zweiten oder dritten Tag<br />

tatsächlich in das Dorf einfallen. Wie<br />

gehen Sieger und Besiegte miteinander<br />

um? Wie schafft man gemeinsam den<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

Wiederaufbau, denn schließlich ist der<br />

Hellweg, an dem der Ort liegt, eine<br />

wichtige Handelsstraße. Und welche<br />

Probleme bringt die Missionierung<br />

mit sich? Neben diesen ganzen Fragen<br />

und Konflikten, die auf eine Lösung<br />

warten, müssen die Kinder wieder<br />

handwerklich arbeiten und auch die<br />

Mahlzeiten werden wieder selbst<br />

zubereitet.<br />

Weitere Informationen zum Spiel<br />

und zur Anmeldung sind bei Dorothee<br />

Weber-Köhling, Ökologiestation Tel.-<br />

Nr.: 02389 9809-13 zu erfragen.<br />

115


116 ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

� Kunst auf der Ökologiestation<br />

Ist eine Annäherung zwischen<br />

Kunst und <strong>Natur</strong> möglich?<br />

von Michael Bub<br />

Als 1999, nach der zweiten<br />

Sommerakademie, im <strong>Natur</strong><strong>report</strong><br />

mein Artikel „Kunst vor Ort: Flora<br />

und Fauna inspirieren“ erschien,<br />

war das eigentlich noch ein<br />

Versuch der Rechtfertigung. Die<br />

Frage, die beantwortet werden<br />

musste, lautete: Kunst und Ökologie<br />

– passt das überhaupt zusammen?<br />

Soll in einer Ökologiestation<br />

Kunst ausgestellt werden, soll hier<br />

gar Kunst entstehen?<br />

Nach nunmehr acht erfolgreichen<br />

Sommerakademien, einigen Dutzend<br />

gut besuchten Ausstellungen im Forum<br />

unseres Gebäudes, dem traditionellen<br />

vorweihnachtlichen Kunstmarkt<br />

der Gruppe „galerie sohle 1“ und der<br />

Beteiligung an einer Veranstaltung der<br />

Kunstakademie Münster „Meisterschüler<br />

in Westfälischen Schlössern“,<br />

stellt sich die Frage so gewiss nicht<br />

mehr.<br />

Wichtig bleibt allerdings, ob wir<br />

mit unseren Aktivitäten im künstleri-<br />

schen Bereich auch die beabsichtigten<br />

Ziele erreicht haben: Wurden wirklich<br />

Kunstinteressierte und <strong>Natur</strong>schützer<br />

einander angenähert und damit ein<br />

anderes, ein neues und als Multiplikator<br />

wichtiges Publikum in die Station<br />

gebracht?<br />

� Teilnehmerbefragungen<br />

Die Konfrontation von Künstlern,<br />

Ihren Bekannten und Freunden mit<br />

den Institutionen der Ökologiestation,<br />

ihren Aufgaben und ihren Angeboten,<br />

z.B. beim Abschlussfest der Sommerakademie<br />

oder bei Ausstellungseröffnungen,<br />

führt häufig zu Äußerungen<br />

der Überraschung: „...das ist ja wirklich<br />

interessant, was hier passiert!“ Dies<br />

ist dann oft der erste Schritt zur Teilnahme<br />

an Seminaren, Vorträgen oder<br />

Exkursionen, bringt aber für uns auch<br />

einfach einen erhöhten Bekanntheitsgrad<br />

und kann die Bereitschaft zur Unterstützung<br />

unserer Arbeit in der einen<br />

oder anderen Form hervorrufen.<br />

Es fällt auf, dass bei den Befragungen<br />

der Teilnehmer der Sommerakademie,<br />

die mit einem Formblatt erfolgen,<br />

das systematisch ausgewertet wird,<br />

immer wieder die Atmosphäre als das<br />

ganz Besondere genannt wird. Und<br />

das ist nicht nur die Atmosphäre der<br />

Menschen oder Räume, sondern auch<br />

die der hier so nahen <strong>Natur</strong>.<br />

Der neue Teich östlich der Ökologiestation<br />

wurde besonders von den<br />

Aquarellisten als Motiv, aber auch<br />

einfach als angenehmer Aufenthaltsort<br />

entdeckt. Der Wildbienenlehrpfad, der<br />

Blick über die Baumschule und in die<br />

Lippeaue, oder eine kleine Ecke im<br />

Bauerngarten werden immer wieder<br />

mit dem Stift oder in Öl festgehalten.<br />

Inspiration durch <strong>Natur</strong> ereignet sich<br />

hier wahrhaftig.<br />

� Für Jung und Alt<br />

Und auch die Kinder der Sommerakademiker<br />

– jeweils über zwanzig<br />

zwischen sechs und zwölf Jahren<br />

– erleben <strong>Natur</strong> auf dem Gelände<br />

der Ökologiestation bei organisierten<br />

Aktivitäten, Spielen oder einfach beim<br />

Herumtoben. Einzig die Druckgrafiker<br />

müssen den Großteil ihrer Zeit an den<br />

Pressen im Gebäude zubringen. Ihre


durch die Chemikalien der Plattenbearbeitung<br />

und des Drucks strapazierten<br />

Lungen lüften sie dann aber auch<br />

im Freien. Und auch die <strong>Natur</strong>schützer<br />

bringen der künstlerischen Seite der<br />

Ökologiestation zunehmend Wohl-<br />

wollen oder sogar Interesse entgegen.<br />

Das reicht von der Akzeptanz<br />

der dekorativen Funktion der Bilder<br />

und Objekte in den Räumen bis zur<br />

Präsentation eigener künstlerischer<br />

Aktivität. Zumeist handelt es sich<br />

dabei um <strong>Natur</strong>fotografien, und auch<br />

da sind Entwicklungen beobachtbar:<br />

etwa vom Foto, das die Abbildung in<br />

den Vordergrund stellt, über formale<br />

oder farbliche Experimente bis hin zu<br />

Objekten, die ausgehend vom Natürlichen<br />

einen eigenen künstlerischen<br />

Anspruch erheben.<br />

� Fazit<br />

In den neun Jahren, die seit unserer<br />

ersten Ausstellung „Ruhrgebietsnatur<br />

ÖKOSTATION-NOTIZEN<br />

Egal, welches Motiv der Maler wählt: Kunst auf der Ökologiestation überrascht sowohl die Teiilnehmer als auch die Besucher<br />

der Ausstellungen der Sommerakademien. Foto: NFG<br />

– Fotografien von Peter Liedtke“, und<br />

den acht Jahren, die seit den ersten<br />

Vorgesprächen mit den Kollegen der<br />

Volkshochschulen über eine Sommerakademie<br />

vergangen sind, hat sich also<br />

die Ökologiestation zu einer Adresse<br />

in Sachen Kunst entwickelt.<br />

Und von den über 20.000 Menschen,<br />

die jährlich die Ökologiestation<br />

besuchen, wird ein nicht unerheblicher<br />

Teil das erste Mal durch die Kunst<br />

angelockt.<br />

117


118<br />

� Vogel des Jahres<br />

Der Uhu<br />

NATUR DES JAHRES<br />

Der NABU und der Landesbund<br />

für Vogelschutz (LBV) haben den<br />

Uhu zum Vogel des Jahres 2005<br />

gewählt. Der Uhu steht kaum<br />

wie eine andere Art für einen der<br />

ganz großen Erfolge in Sachen<br />

Arten- und Lebensraumschutz.<br />

Die hierzulande fast ausgerottete<br />

größte europäische Eule kommt<br />

dank gezielter Artenhilfsprogramme<br />

heute wieder bundesweit vor.<br />

Obwohl vielerorts die Bestände<br />

stabil sind, ist die Population<br />

dieses nachtaktiven Greifvogels allerdings<br />

regional rückläufig, ohne<br />

dass die Ursachen hierfür bekannt<br />

sind. Auch wenn sich das Blatt<br />

insgesamt gewendet hat, ist der<br />

Uhu bis heute besonders schutzbedürftig.<br />

Mit der Wahl des Uhus will der<br />

NABU auf die Schutzbedürftigkeit des<br />

gesamten Felsenlebensraumes und<br />

seiner mitunter kaum bekannten Bewohner<br />

aufmerksam machen. Der Uhu<br />

ist die größte europäische Eule. Der<br />

massige Körper, sein großer Kopf und<br />

die bis zu 1,80 Meter Flügelspannweite<br />

machen den Uhu zum unverwechselbaren<br />

„König der Nacht“. Außer an<br />

seiner Größe, ist der Uhu an seinen<br />

langen Federohren und seinen großen<br />

orangegelben Augen zu erkennen. Sie<br />

verhelfen ihm auch bei Dämmerung<br />

und Dunkelheit zu seinem ausgezeichneten<br />

Sehvermögen. Die nach vorne<br />

gerichteten Augäpfel sind nahezu<br />

unbeweglich, dagegen kann der Kopf<br />

bis zu 270 Grad gewendet werden.<br />

Sein hell- und dunkelbraun gemustertes<br />

Federkleid im Wald sorgt für eine<br />

perfekte Tarnung. Obwohl die meisten<br />

Menschen die große Eule aufgrund ihrer<br />

gut getarnten, nächtlichen Lebensweise<br />

selten zu Gesicht bekommen,<br />

ist ihnen der auffällige Balzruf aus<br />

zahlreichen Erzählungen bekannt. Der<br />

weittragende „Buhoo-Ruf“ hat ihr den<br />

deutschen Namen Uhu wie auch die<br />

wissenschaftliche Bezeichnung Bubo<br />

bubo eingebracht.<br />

Der Uhu jagt hauptsächlich in der<br />

Dämmerung auf offenen Flächen<br />

mittelgroße Säuger und Vögel, vorwiegend<br />

Mäuse, Ratten, Igel, Kaninchen<br />

Der Uhu: König der Nacht<br />

Foto: NABU/M. Delpho


und Tauben, aber auch Wasservögel,<br />

Krähen und Greifvögel, Jungfüchse<br />

sowie andere Eulen. Er jagt vom Ansitz<br />

aus oder im Suchflug. Dabei ermöglichen<br />

ihm sein weiches, lockeres<br />

Gefieder sowie weich gesägte Schwingenfedern<br />

seinen geräuschlosen Flug.<br />

Die Beute wird in erster Linie mit dem<br />

sehr scharfen Gehör geortet.<br />

Uhus balzen von Februar bis März<br />

und brüten an Stellen mit freiem Anflug,<br />

in Nischen von Felswänden, Steilhängen<br />

und Steinbrüchen, in hohlen<br />

Bäumen, Greifvogelhorsten oder auf<br />

dem Boden. Die zwei bis drei (selten<br />

fünf) weißen Eier werden fünf Wochen<br />

ausschließlich vom Weibchen bebrütet.<br />

Es beginnt mit der Brut sobald das<br />

erste Ei gelegt ist, so daß die Jungtiere<br />

einer Brut meist sehr unterschiedlich<br />

weit entwickelt sind. Die Jungtiere verlassen<br />

mit fünf bis sieben Wochen das<br />

„Nest“, können mit neun Wochen gut<br />

fliegen, aber erst mit über 20 Wochen<br />

sicher Beute schlagen.<br />

Sein Brutareal reicht von Südwesteuropa<br />

und Nordafrika über den europäischen<br />

Kontinent ostwärts bis nach<br />

Sibirien, Südindien und Südchina. In<br />

Deutschland leben derzeit etwa 850<br />

Uhupaare. Verbreitungsschwerpunkte<br />

sind die Mittelgebirge Süd- und<br />

NATUR DES JAHRES<br />

Westdeutschlands, die Alpen und<br />

Schleswig-Holstein. Noch ist der Uhubestand<br />

in Deutschland von der Fortführung<br />

intensiver Schutzmaßnahmen<br />

abhängig. Heute zählen die Verluste<br />

durch Stromschlag an ungesicherten<br />

Mittelspannungsmasten, Störungen<br />

an den Brutplätzen und der Verlust<br />

von Lebensräumen in Steinbrüchen<br />

zu den wichtigsten Gefährdungen.<br />

Trotz des Gegenwindes mancherorts<br />

ist die Erfolgsgeschichte Uhu für LBV<br />

und NABU ein großer Ansporn, sich<br />

weiter mit Ausdauer und Engagement<br />

für den Schutz bedrohter Arten und<br />

Lebensräume einzusetzen.<br />

119


120<br />

NATUR DES JAHRES<br />

� Orchidee des Jahres<br />

Das Brand-Knabenkraut<br />

Der Arbeitskreis Heimische<br />

Orchidee (AHO) hat das Brand-<br />

Knabenkraut, Orchis ustulata L.<br />

zur Orchidee des Jahres 2005<br />

gewählt. Sie steht für artenreiche<br />

Halbtrockenrasen, Berg- und<br />

Streuwiesen.<br />

Mit der Wahl soll eine in Deutschland<br />

heimische Orchideen-Art vorgestellt<br />

werden, um eine breite Öffentlichkeit<br />

auf diese Pflanzenfamilie<br />

aufmerksam zu machen. Außerdem<br />

soll eine Sensibilisierung für den Schutz<br />

und die Erhaltung der gefährdeten<br />

Lebensräume, in denen unter anderem<br />

die einheimischen Orchideen wachsen<br />

und gedeihen, erreicht werden.<br />

Das Brand-Knabenkraut hat seinen<br />

Namen von der Farbe der Blütenknospen<br />

„wie vom Brand gekennzeichnet“.<br />

Er ist eine direkte Übersetzung des botanischen<br />

Namens Orchis ustulata: „Orchis“<br />

(griech. Hoden) und bezieht sich<br />

auf die knollenförmigen Wurzeln der<br />

Knabenkräuter und „ustulata“ kommt<br />

von ustulare, lat.= (an)brennen.<br />

Nur dort, wo <strong>Natur</strong>schutzmaßnahmen greifen, hat das Brand-Knabenkraut Chancen,<br />

zu überleben. Foto: A. u. H. Baum, AHO NRW<br />

Die zierliche Wiesenorchidee wird<br />

meist nur 10 bis 30 cm hoch. Die<br />

Laubblätter stehen rosettenartig<br />

zusammen. Der reichhaltig besetzte<br />

Blütenstand nimmt ungefähr ein Drittel<br />

bis die Hälfte der Gesamtpflanze<br />

ein. Die Blüten sind die kleinsten unter<br />

allen Knabenkräutern. Sie werden nur


5 bis 8 mm groß. Die Blütenblätter<br />

bilden einen rotbraunen Helm und<br />

eine dreigeteilte weiße Lippe mit roten<br />

Pünktchen. Orchis ustulata blüht<br />

je nach Höhe von Anfang Mai bis in<br />

den Juli.<br />

Das Brand-Knabenkraut wächst auf<br />

gemähten und beweideten Halbtrockenrasen,<br />

Bergwiesen, Streuwiesen,<br />

auf kalkreichen als auch kalkarmen<br />

basenreichen Magerrasen auf Löß-<br />

und Lehmböden. Es ist etwas wärmeliebend<br />

und gelegentlich auch in<br />

lichten Gebüschen zu finden.<br />

Orchis ustulata benötigt zur Erhaltung<br />

ihres Lebensraumes eine (exten-<br />

sive) Nutzung durch den Menschen.<br />

Wiesen müssen gemäht, dürfen aber<br />

nicht gedüngt werden. Weiden dürfen<br />

nur zu bestimmten Zeiten mit einer<br />

begrenzten Stückzahl Vieh besetzt<br />

werden. Diese Art der Bewirtschaftung<br />

ist meist nur im Rahmen des<br />

Vertragsnaturschutzes machbar, der<br />

es Landwirten oder <strong>Natur</strong>schutzorganisationen<br />

vor Ort ermöglicht, die<br />

Wiesen und Weiden zu pflegen bzw.<br />

nach historischen Vorbildern extensiv<br />

zu nutzen. Verbuschung der Biotope<br />

durch fehlende Beweidung oder Mahd<br />

sowie Düngung führen zum Rückgang<br />

oder gar zum Verschwinden der zar-<br />

NATUR DES JAHRES<br />

ten Orchidee. Flächenumwandlung<br />

z.B. in Ackerland, zu Straßen oder<br />

Bauland vernichten die kompletten<br />

Lebensräume.<br />

Das Brand-Knabenkraut ist generell<br />

eine Pflanze der Roten Listen und gilt<br />

– je nach Bundesland – als „gefährdet“<br />

bis „vom Aussterben bedroht“.<br />

In manchen Bundesländern, wo sie<br />

früher einmal vorkam, ist sie leider<br />

bereits ausgestorben. Dort aber, wo<br />

die <strong>Natur</strong>schutzmaßnahmen greifen<br />

(z.B. NRW/Eifel) hat das zierliche<br />

Brand-Knabenkraut – und mit ihm die<br />

artenreichen, bunten Wiesen – gute<br />

Chancen zu überleben.<br />

121


122<br />

NATUR DES JAHRES<br />

� Baum des Jahres<br />

Die Rosskastanie<br />

Das Kuratorium Baum des Jahres<br />

hat die Gemeine Rosskastanie<br />

(Aesculus hippocastanum L.) zum<br />

Baum des Jahres 2005 ernannt.<br />

Er ist eine der schönsten, bekanntesten<br />

und beliebtesten Stadt- und<br />

Alleebaumarten. Die Kastanie ist sehr<br />

beliebt, denn sie macht viermal im Jahr<br />

Freude: im Winter mit ihren großen<br />

Knospen, im April beim Erscheinen der<br />

großen gefingerten Blätter, im Wonnemonat<br />

Mai mit ihrem orchideenhaften<br />

Blütenmeer und im Herbst mit den<br />

großen glänzenden Samen. Aber sie<br />

kämpft derzeit mit einem Schädling,<br />

der ihre Kronen schon im Juli in Herbst<br />

verwandeln kann: die aus Südosteuropa<br />

eingewanderte Miniermotte.<br />

Rosskastanien können bis zu 300<br />

Jahre alt und 30 Meter hoch werden.<br />

Besonders prächtig ist die Blüte im<br />

Frühjahr. Die aus zahlreichen cremefarbenen<br />

Einzelblüten bestehenden<br />

Blütenstände bedecken die Krone wie<br />

aufgesteckte Kerzen. Der Name Rosskastanie<br />

verweist auf ihre heilende<br />

Wirkung. Früher wurden mit Rosskas-<br />

tanienextrakten Pferde gegen Husten<br />

und Würmer behandelt. Teile von<br />

Rinde, Blättern, Blüten und Früchten<br />

werden auch in der Kosmetik, für Farben<br />

und Medikamente verwendet.<br />

Die Rosskastanie ist ursprünglich<br />

nicht in Mitteleuropa heimisch. Erst<br />

vor rund 300 Jahren wurde sie als<br />

Parkbaum aus Griechenland, Mazedonien<br />

und Albanien eingeführt. Von<br />

dort – wahrscheinlich aus Mazedonien<br />

– hat sich vor wenigen Jahren die Rosskastanien-Miniermotte<br />

nach Norden<br />

ausgebreitet. Der Kleinschmetterling<br />

entwickelt bis zu vier Generationen<br />

pro Jahr und scheint bei uns kaum<br />

natürliche Feinde zu haben. Die kleinen<br />

Mottenraupen fressen sich durch<br />

die Blätter und legen dabei zahlreiche<br />

Miniergänge an, die das Laub schädigen,<br />

so dass befallene Kastanien<br />

oft bereits im Hochsommer sämtliche<br />

Blätter verlieren. Geschieht das mehrere<br />

Jahre hintereinander, kann das<br />

den Baum ernsthaft beeinträchtigen<br />

und zum Absterben führen. Forscher<br />

arbeiten mit Hochdruck an Bekämpfungsmethoden.<br />

Am wirkungsvollsten<br />

Die Kastanie: eine der beliebtesten<br />

Bäume. Foto: KBJ<br />

ist es derzeit, das abgefallene Laub zu<br />

verbrennen oder zu vergraben, damit<br />

die Miniermottenpuppen nicht überwintern<br />

können.


� Blume des Jahres<br />

Der große Klappertopf<br />

Zur Blume des Jahres hat die Stiftung<br />

<strong>Natur</strong>schutz Hamburg und<br />

Stiftung zum Schutze gefährdeter<br />

Pflanzen den Großen Klappertopf<br />

(Rhinanthus angustifolius) gewählt.<br />

Sie ist eine Charakterart der<br />

wechsel-feuchten Wiesen und soll<br />

auf alte Nutzungsweisen, insbesondere<br />

der Niedermoorstandorte<br />

aufmerksam machen.<br />

Denn seit den 60er Jahren ist bundesweit<br />

ein kontinuierlicher Rückgang<br />

von Grünland zu beobachten. Spätestens<br />

in den 70er Jahren wurden<br />

die arbeitsintensiven Mähwiesen,<br />

speziell auf feucht-nassen Böden aufgegeben,<br />

entwässert und aufgedüngt.<br />

Monostrukturierte Wirtschaftsgräser<br />

verdrängten auf den Grünlandflächen<br />

krautartige und ausdrückliche „Magerkeitszeiger“,<br />

zu denen auch der<br />

Halbschmarotzer Klappertopf zählt.<br />

Der neueste Trend, hervorgerufen<br />

durch die so genannte Silagewirtschaft,<br />

betrifft jedoch den gesamten<br />

Grünlandanteil: Wiesen und Weiden<br />

werden umgebrochen und als Maisa-<br />

cker in Nutzung genommen.<br />

Mit der Wahl von Rhinanthus<br />

angustifolius zur Blume des Jahres<br />

2005 soll daher für den Erhalt von<br />

Wirtschaftsgrünland im allgemeinen<br />

und darüber hinaus für die wechselfeuchten,<br />

nährstoffarmen Wiesenflächen<br />

im speziellen geworben werden,<br />

zumal die Wiesen auf Niedermoor das<br />

überregionale Landschaftsbild Norddeutschlands<br />

prägen oder geprägt<br />

haben.<br />

Der Gattungsname Rhinanthus leitet<br />

sich aus den griechischen Wörtern<br />

rhinos (Nase) und anthos (Blume)<br />

ab und beschreibt die Blütenform,<br />

die einer Nase ähnelt. Der deutsche<br />

Name Klappertopf bezieht sich auf die<br />

reifen Früchte, deren Samen im aufgeblasenen<br />

Fruchtkelch beim Schütteln<br />

deutlich hörbar klappern. Pflanzensoziologisch<br />

wird der Große Klappertopf<br />

dem Wirtschaftsgrünland (Molino-<br />

Arrhenatheretea) zugeordnet.<br />

Der Klappertopf gehört zur Familie<br />

der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae),<br />

zu der auch Fingerhut, Löwenmaul<br />

oder Königskerze gehören; enger<br />

NATUR DES JAHRES<br />

verwandt sind weitere Halbschmarotzer<br />

wie Augentrost oder Läusekraut.<br />

In Deutschland gibt es sechs Klappertopf-Arten,<br />

die unterschiedliche<br />

Bodenstandorte und geografische<br />

Lagen charakterisieren.<br />

Die bis zu 70 cm hohe Pflanze<br />

des Großen Klappertopf hat eine<br />

zitronengelbe, bis 2,4 cm lange Kronenröhre<br />

und ist zweilippig, schwach<br />

gekrümmt, deutlich länger als der zur<br />

Fruchtreife aufgeblähte Kelch. Die<br />

Blütezeit erstreckt sich von Mai bis<br />

September, eine Bestäubung erfolgt<br />

fast ausschließlich durch Hummeln,<br />

selten durch Falter. Die bis zu 4,5 mm<br />

großen Samen besitzen einen Flügelsaum,<br />

so dass eine Windverbreitung<br />

in gewissem Umfang möglich ist. Die<br />

Pflanze ist nur einjährig und überdauert<br />

den Winter als Samen (Kaltkeimer).<br />

Als Halbschmarotzer besitzt sie zwar<br />

Chlorophyll zur Photosynthese, ist<br />

aber auf Wirtspflanzen angewiesen,<br />

von denen Wasser und Nährsalze<br />

bezogen werden.<br />

Der Große Klappertopf wächst<br />

bevorzugt auf frischen bis feuchten,<br />

123


124 NATUR DES JAHRES<br />

nährstoffarmen Grünlandschaften,<br />

aber auch Halbtrockenrasen, Küstendünen<br />

oder basenreicherem, sandiglehmigem<br />

Acker. Der lichtliebende<br />

Halbschmarotzer befällt die ihm benachbarten<br />

Gräser und Sauergräser.<br />

Der Große Klappertopf ist durch<br />

die Umwandlung traditioneller Grünlandstandorte<br />

durch Entwässerung,<br />

Düngung und mehrschürige Mahd<br />

gefährdet, die zu einem raschen Verschwinden<br />

der Pflanze führen.<br />

Aktuell ist der Umbruch von Dauergrünland<br />

auf alten Wiesen- und<br />

Weidenflächen besonders gravierend.<br />

In intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaften<br />

können nur noch isolierte<br />

Restbestände auf kleinflächigen Sonderstandorten<br />

wie Grabenböschungen,<br />

Wegesäumen,<br />

Extensivwiesen und Grünlandbrachen<br />

gefunden werden. Großflächig<br />

zusammenhängende Grünlandbereiche<br />

mit überlieferten Nutzungsformen<br />

befinden sich fast nur noch in <strong>Natur</strong>schutzgebieten.<br />

Die Blume des Jahres<br />

Leider eine regelreche Rarität: der Große Klappertopf. Foto: Günther Helm<br />

wird derzeit bundesweit und in den<br />

meisten Bundesländern als gefährdet<br />

eingestuft, im Saarland gilt die Art als<br />

verschollen.


� Die Arzneipflanze des Jahres<br />

Der Gartenkürbis<br />

Der Gartenkürbis ist die Arzneipflanze<br />

des Jahres 2005. Es handle<br />

sich dabei um eine vielfältige<br />

Nutzpflanze, die in der Medizin<br />

wie in der Küche geschätzt<br />

wird und deren gesundheitlicher<br />

Nutzen eindeutig bestätigt ist.<br />

Damit begründet der Studienkreis<br />

Entwicklungsgeschichte der<br />

Arzneipflanzenkunde an der Uni<br />

Würzburg seine Wahl.<br />

Der Arzneikürbis (Cucurbita pepo)<br />

ist ein Paradebeispiel dafür, dass<br />

Pflanzen nicht nur in alternativen<br />

Heilmethoden, sondern auch in der<br />

Schulmedizin eingesetzt werden. Die<br />

eigentliche Heimat des Kürbis, der<br />

auch als Maskenkopf an Halloween<br />

herhalten muss, ist Mittel- und Südamerika.<br />

Dort wird er schon seit<br />

vielen tausend Jahren kultiviert und<br />

als Nahrungsmittel genossen. Inzwischen<br />

hat die Gattung Cucurbita mit<br />

Der Kürbis ist in der Medizin und in der<br />

Küche ein begehrter Rohstoff.<br />

Foto:Archiv<br />

ihren verschiedenen Arten, zu denen<br />

außer dem Gartenkürbis auch der<br />

Riesenkürbis und der Moschuskürbis<br />

gehören, in Europa eine zweite Heimat<br />

gefunden.<br />

Die meist starkwachsende rankende<br />

Pflanze mit runden Früchten kann bis<br />

zu 50 Kilogramm wiegen und wird<br />

im Herbst bei voller Reife geerntet.<br />

Sie ist dickfleischig und besitzen eine<br />

harte Schale. Das gelb bis dunkelo-<br />

NATUR DES JAHRES<br />

range Fruchtfleisch ist leicht faserig<br />

mit großen Kernen und hat einen<br />

intensiven, würzigen, leicht süßlichen<br />

Geschmack.<br />

Kürbisse werden nicht nur zu leckeren<br />

Speisen verarbeitet, bestimmte<br />

Kürbissorten werden auch zur Linderung<br />

von Blasenproblemen eingesetzt.<br />

„In der Steiermark, schätzt man beispielsweise<br />

das Kürbiskernöl“, sagte<br />

der Sprecher des Auswahlgremiums,<br />

Ralf Windhaber. Dort wächst der Ölkürbis,<br />

eine Variante des Gartenkürbis,<br />

dessen Samen fast schalenfrei sind<br />

und sich somit leichter pressen lassen.<br />

Schon diesem Speiseöl wird ein positiver<br />

Einfluss bei Problemen mit der<br />

Blase und dem Wasserlassen (Miktion)<br />

nachgesagt. „Und tatsächlich werden<br />

die Samen und daraus hergestellte<br />

Produkte als pflanzliche Arzneimittel<br />

in der Medizin gegen Reizblase und<br />

Miktionsprobleme verwendet“, sagte<br />

Windhaber.<br />

125


126<br />

NATUR DES JAHRES<br />

� Pilz des Jahres<br />

Der Wetterstern<br />

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie<br />

(DGfM) hat den Wetterstern<br />

(Astraeus hygrometricus ) zum<br />

Pilz des Jahres 2005 gewählt, um<br />

auf einige der bizarrsten Gestalten<br />

im Pilzreich hinzuweisen, die im<br />

Laufe der Evolution sowohl in der<br />

Verwandtschaft der Korallenpilze<br />

als auch in jener der Steinpilze<br />

entstanden sind.<br />

Der Wetterstern wächst zunächst<br />

als unterirdische Kugel mit einer<br />

zweischichtigen Hülle heran, die sich<br />

- kaum aus dem Boden lugend - in<br />

eine äußere und eine innere Schicht<br />

aufspaltet. Das sternförmige Aufreißen<br />

reifer Fruchtkörper wird von der Luftfeuchtigkeit<br />

gesteuert: Bei feuchter<br />

Witterung löst sich die äußere Schicht<br />

von der inneren, reißt sternförmig auf<br />

und hebt den eigentlichen Sporenbehälter,<br />

eine dünnhäutige Kugel mit<br />

kleiner, zentraler Öffnung, empor. Trockene<br />

Luft kehrt den Vorgang um: Die<br />

„Arme“ des Wettersterns schließen<br />

sich wieder um den Sporenbehälter.<br />

Trifft bei feuchtem Wetter ein großer<br />

Regentropfen oder ein herabfallender<br />

Zweig auf den freigelegten Sporenbehälter,<br />

werden die Sporen, ähnlich wie<br />

bei den Bovisten und Stäublingen, wie<br />

mit einem Blasebalg durch die kleine,<br />

runde Öffnung gepustet. An getrockneten<br />

und wieder angefeuchteten<br />

Fruchtkörpern lässt sich diese „hygroskopische“<br />

Bewegung über viele Jahre<br />

hinweg nachvollziehen.<br />

Es fällt nicht leicht, einen gespreizten<br />

Wetterstern von seinen Doppelgängern<br />

aus der artenreichen Gattung<br />

der Erdsterne zu unterscheiden. Neben<br />

der einzigartigen „wetterfühligen“ Reaktion<br />

ist das leopardenfellartige Muster<br />

der Sternzacken charakteristisch.<br />

Er gehört wie der Steinpilz und fast<br />

alle anderen Röhrlinge zur gleichen<br />

Großfamilie. Als Mykorrhizapilz lebt<br />

der eigentümliche Pilz in Symbiose mit<br />

den Wurzeln von Waldbäumen – besonders<br />

diverser Kiefernarten – und<br />

ist dem entsprechend ein wertvoller<br />

Bestandteil des Ökosystems Wald auf<br />

trockeneren, meist sandigen oder aus<br />

Granitgrus aufgebauten, bodensauren<br />

Standorten.<br />

Früher als Wetterprophet geschätzt: der<br />

Wetterstern Foto: DGfM<br />

Der Wetterstern ist weltweit verbreitet.<br />

In der Südhälfte Deutschlands<br />

scheint er auf kalkarmen Böden nicht<br />

selten zu sein. Auch in Norddeutschland<br />

kommt er noch an vielen Orten<br />

vor. Allgemein ließ sich in den letzten<br />

25 Jahren allerdings ein Rückgang<br />

der Bestände feststellen. In sauren<br />

Kiefernbeständen und an Sonderstandorten<br />

wie wieder aufgeforsteten<br />

Abraumhalden und Weinbergen, ja<br />

sogar an Bahndämmen sind mitunter<br />

zeitlich begrenzte Massenvorkommen<br />

zu beobachten.


� Fisch des Jahres<br />

Die Bachforelle<br />

Der Verband Deutscher Sportfischer<br />

(VDSF) hat die Bachforelle<br />

zum Fisch des Jahres 2005<br />

gewählt. Mit dieser Wahl hat<br />

er eine der wohl bekanntesten<br />

heimischen Fischarten gekürt. Der<br />

VDSF will jedoch nicht nur einen<br />

markanten und schönen Fisch der<br />

Öffentlichkeit vorstellen, sondern<br />

ebenso auf die aktuelle Gefährdung<br />

unserer Gewässer und ihrer<br />

Bewohner aufmerksam machen.<br />

Auch die Bachforelle zählt zu den<br />

bedrohten Tierarten.<br />

Bachforellen kommen in klaren,<br />

kalten, sauerstoffreichen Fließgewässern<br />

vor, aber auch in Seen bis zu einer<br />

Seetiefe von rund 1.500 Metern, wenn<br />

sie einen Zufluss mit Laichmöglichkeiten<br />

besitzen. Die Bachforelle sucht zur<br />

Laichzeit, im Spätherbst und Winter,<br />

kleinere und kleinste Nebenbäche auf,<br />

um hier auf sandig-kiesigen, schnell<br />

durchströmten Flachwasserbereichen<br />

abzulaichen. Aus diesem Grund müssen<br />

die Bachsysteme durchgängig sein.<br />

Die Bachforelle liebt Verstecke und<br />

tiefe Stellen. Unterspülte Wurzeln,<br />

überhängende Büsche, große Steine im<br />

Wasser sind Anziehungspunkte. Aus<br />

begradigten Bächen verschwindet sie<br />

schnell. Auch gegen Verschmutzungen<br />

ist die Bachforelle empfindlich. Nur<br />

sehr selten taucht sie auch in großen<br />

Flüssen auf.<br />

Die Verbreitung der Bachforelle<br />

erstreckt sich über ganz Mitteleuropa<br />

von Spanien bis Skandinavien. Außerdem<br />

kommt sie in Island, Nordafrika<br />

und im Kaukasus vor.<br />

Ihre Nahrung besteht vorwiegend<br />

aus Krebsen, Würmern, Schnecken, Insekten<br />

und gelegentlich aus kleineren<br />

Fischen. Bachforellen erreichen meist<br />

eine Größe von 30 bis 60 cm und wiegen<br />

durchschnittlich 0,5 bis 2 kg. Bei<br />

entsprechendem Nahrungsangebot<br />

und größeren Wassertiefen können<br />

Bachforellen aber auch über einen Meter<br />

lang werden und ein Gewicht von<br />

bis zu 9 kg erreichen. Die typischen<br />

Färbungsmerkmale sind ein dunkelolivgrüner<br />

Rücken mit schwarzen<br />

Flecken und die roten Punkte auf den<br />

goldgelben Flanken. Zeichnung und<br />

NATUR DES JAHRES<br />

Farbe können sich dem Hintergrund<br />

anpassen, so dass sie als Tarnung fast<br />

perfekt sind.<br />

Bis in die 1950-er Jahre war die<br />

Bachforelle noch überall häufig anzutreffen.<br />

Allerdings sind durch die<br />

Regulierung und Verbauung unserer<br />

Flüsse und Bäche ihre natürlichen<br />

Lebensräume selten geworden. Viele<br />

Barrieren in Form von Staustufen und<br />

Wehren behindern die Bachforelle auf<br />

ihren Wanderungen und schneiden sie<br />

von ihren Laichrevieren ab. Außerdem<br />

finden viele von ihnen in den Turbinen<br />

von Wasserkraftwerken den Tod. Die<br />

Gewässerverschmutzung und der<br />

saure Regen haben ihrerseits dazu<br />

beigetragen, dass der Bachforelle heute<br />

höchstens noch zehn Prozent ihres<br />

ursprünglichen Lebensraumes bleiben.<br />

Seit Ende der neunziger Jahre werden<br />

zudem von Anglern aus Südbayern im<br />

Sommer und Herbst massive Bachforellensterben<br />

gemeldet. Mit einem<br />

groß angelegten Untersuchungsprogramm<br />

versuchen derzeit der<br />

Landesfischereiverband Bayern (LFV)<br />

und das Bayerische Landesamt für<br />

127


128 NATUR DES JAHRES<br />

Die Bachforelle ist einer der bekanntesten Fische und dennoch vom Aussterben bedroht. Foto: Archiv<br />

Wasserwirtschaft (LfW) den Ursachen<br />

auf die Spur zu kommen. Vieles deutet<br />

darauf hin, dass weder Giftstoffe, noch<br />

eine Fischkrankheit im klassischen Sinn<br />

in Frage kommen.<br />

Dass die Bachforelle dennoch weit<br />

verbreitet ist, ist vor allen Dingen den<br />

Besatzmaßnahmen der Angler zu<br />

verdanken. Langfristig können solche<br />

Bemühungen aber nur zum Erfolg<br />

führen, wenn sie von grundlegenden<br />

Verbesserungen begleitet werden. Das<br />

bedeutet, wir brauchen naturnahe,<br />

durchgängige und strukturreiche Fließgewässer<br />

sowie eine hohe Wasserqualität.<br />

Nur dann hat die Bachforelle eine<br />

Chance wieder zum Inventar unserer<br />

<strong>Natur</strong>landschaft zu werden.


� Wildtier des Jahres<br />

Der Braunbär<br />

Die Schutzgemeinschaft Deutsches<br />

Wild hat den Braunbär zum<br />

Wildtier des Jahres 2005 gewählt.<br />

Damit hat sie eine optimistische<br />

Wahl getroffen, denn Meister<br />

Petz ist bei uns bereits vor 170<br />

Jahren ausgerottet worden. In<br />

den vergangenen Jahren wandern<br />

aber vermehrt Bären aus dem<br />

Süden und Osten in die Alpen ein,<br />

so dass es hoffentlich nur eine<br />

Frage der Zeit ist, wann der erste<br />

Neu-Bär auf deutschem Territorium<br />

gesichtet wird. In Österreich<br />

werden bereits wieder etwa 25<br />

Braunbären vermutet.<br />

Trotz seines unzusammenhängenden<br />

Verbreitungsraums ist der Braunbär<br />

immer noch die am weitesten<br />

verbreitete Grossbärenart. Er lebt in<br />

isolierten Gebieten von Spanien bis<br />

Japan und in den nördlichen Rocky<br />

Mountains. Aufgrund der Vielfalt der<br />

Lebensräume sehen die Braunbären<br />

der einzelnen Region relativ unterschiedlich<br />

aus. An den Küsten Alaskas<br />

und der Halbinsel Kamtschatka leben<br />

riesige Vertreter dieser Art, in Süd<br />

europa sind die Bären dagegen viel<br />

kleiner. Der Braunbär bringt je nach<br />

Verbreitungsgebiet zwischen 100 und<br />

800 kg auf die Waage und wird bis<br />

zu drei Metern groß. Der Braunbär ist<br />

nicht immer braun, sondern variiert<br />

von schwarz nach rot bis gelbbraun,<br />

von dunkelgrau bis hin nach hellgrau.<br />

Sie sind Allesfresser und passen ihre<br />

NATUR DES JAHRES<br />

Bären sind Einzelgänger und leben in bewaldeten, bergigen Regionen. Foto: Archiv<br />

Essgewohnheiten dem vorhandenen<br />

Angebot an (Pflanzen, Wurzeln,<br />

Beeren, Fleisch, Aas). Man findet<br />

gebietsweise Vegetarier, aber auch<br />

Bären, welche sich ausschließlich von<br />

der Jagd ernähren.<br />

Jeder Bär ist die meiste Zeit des<br />

Jahres allein unterwegs. Die Paarungszeit<br />

ist im Juni/Juli. Nach sechs<br />

bis neun Monaten Tragzeit bringt das<br />

129


130 NATUR DES JAHRES<br />

Weibchen in der Regel zwei Junge<br />

zur Welt. Während der Winterruhe<br />

liegen die Jungen in den Pfoten der<br />

Bärin. Mit fünf bis sechs Monaten<br />

dürfen die Jungen das erste Mal aus<br />

der Höhle hinaus, werden aber noch<br />

bis ins zweite Lebensjahr geführt, bis<br />

sie vor der nächsten Brunst von der<br />

Mutter fortgejagt werden.<br />

Die Schutzgemeinschaft rechnet<br />

damit, dass der Braunbär auch im<br />

deutschen Alpenraum wieder heimisch<br />

wird. Der letzte soll 1835 bei Ruhpolding<br />

(Bayern) erlegt worden sein.<br />

Heute sind die Tiere mit einer kleinen<br />

Kolonie in der Nähe der bayerischen<br />

Grenze, in Kärnten und der Steiermark<br />

anzutreffen.<br />

In ganz Europa leben noch etwa<br />

6.000 bis 10.000 Braunbären. Die<br />

meisten Bären gibt es in südosteuropäischen<br />

und osteuropäischen Ländern<br />

(an der Spitze Rumänien/Karpaten mit<br />

rund 4.500) sowie in Schweden und<br />

Finnland (zusammen mehr als 1.000).<br />

Die Tiere leben meist in unfruchtbaren,<br />

bewaldeten, bergigen Regionen. Die<br />

Allesfresser erlegen Nagetiere und<br />

Huftiere, ernähren sich aber vorwiegend<br />

von pflanzlicher Nahrung und<br />

bevorzugen dabei Beeren und Früchte.<br />

Zur Winterruhe ziehen sich Braunbären<br />

in Erd- oder Felshöhlen zurück.


� Nachruf Alexander Mack<br />

Ein geschätzter Fachman und<br />

Gesprächspartner, wenn es um Vogelarten ging<br />

Alexander Mack, der bekannte<br />

Lüner Ornithologe, ist nicht mehr<br />

unter uns. Er starb im Alter von 78<br />

Jahren am 20. Januar 2005. Für<br />

alle, die ihn kannten und mit ihm<br />

zusammen waren, ist es ein herber<br />

Verlust.<br />

Aufgewachsen im Donaudelta in<br />

Rumänien entdeckte Alexander Mack<br />

bereits in jungen Jahren seine Liebe zu<br />

<strong>Natur</strong> und Landschaft. Dieser Liebe<br />

ging er auch in seiner neuen Heimat<br />

nach, als es ihn nach dem Krieg mit<br />

seiner Frau nach Lünen verschlug.<br />

Insbesondere der Vogelwelt, daneben<br />

auch anderen Tiergruppen wie<br />

den Insekten aber auch der Astronomie<br />

galt sein Interesse. Als Autodidakt<br />

erwarb er sich in bewundernswerter<br />

Weise eine exzellente Kenntnis nicht<br />

nur der heimischen Vogelfauna. Unternehmungslustig<br />

und wissbegierig<br />

ließ er keine Gelegenheit aus, seine<br />

Lieblinge zu beobachten und zu studieren<br />

– und dies europaweit.<br />

Alexander Mack war weit über die<br />

Lüner Grenzen bekannt. Mit seiner<br />

Alexander Mack (Mitte mit Steinkauz im Arm) beim ersten Treffen der Ornithologischen<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> am 24. Januar 1998.<br />

Foto: Bernd Paulitschke<br />

freundlichen und bescheidenen Art<br />

war er ein überall sehr geschätzter<br />

und anerkannter Fachmann und Gesprächspartner.<br />

Seine Fähigkeit, jede<br />

Vogelart – auch die seltenste – nicht<br />

nur an ihrem Aussehen, sondern auch<br />

NACHRUF<br />

an der Stimme erkennen zu können,<br />

löste vor allem bei Exkursionen immer<br />

wieder Begeisterung aus. Nicht zuletzt<br />

sein ausgeprägter Humor, mit dem er<br />

so manche Veranstaltung zu bereichern<br />

wusste, machte ihn sympathisch<br />

131


132 NACHRUF<br />

und zeugte von seiner Aufgeschlossenheit<br />

auch den Menschen gegenüber.<br />

Nicht nur Mitglieder des Arbeitskreises<br />

für Umwelt und Heimat in<br />

Lünen gingen bei ihm in die Lehre<br />

und wurden so mit der heimischen<br />

Vogelwelt und <strong>Natur</strong> vertraut. Auch<br />

Ornithologen im übrigen <strong>Kreis</strong>gebiet<br />

und über den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> hinaus profitierten<br />

von seinen pädagogischen<br />

Fähigkeiten, über alle Altersgrenzen<br />

hinweg Artenkenntnisse vermitteln<br />

zu können und die Liebe zur <strong>Natur</strong> zu<br />

wecken. So hat er sicherlich viele angehende<br />

Jungornithologen maßgeblich<br />

begeistert und gefördert.<br />

Alexander Mack hat sich in den<br />

vergangenen Jahrzehnten um die<br />

Erforschung der heimischen Vogelwelt<br />

große Verdienste erworben. Vor<br />

allem der Lippeaue schenkte er seine<br />

besondere Aufmerksamkeit. Bei seinen<br />

Touren war ihm sein Drahtesel stets<br />

ein treuer Begleiter. Ein Zeugnis seines<br />

Engagements ist vor allem auch der<br />

Brutvogelatlas des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>, an<br />

dessen Entstehung er durch Kartierungsarbeit<br />

und Beiträge einen nicht<br />

unerheblichen Anteil hatte. Auch an<br />

allen großen Kartierungsprogrammen<br />

der Westfälischen (WOG) bzw. Nordrhein-WestfälischenOrnithologengesellschaft<br />

(NWO) hat er mitgearbeitet.<br />

Sein Engagement für die <strong>Natur</strong> drückte<br />

sich nicht zuletzt auch in seinen aktiven<br />

Mitgliedschaften im Arbeitskreis<br />

für Umwelt und Heimat Lünen, in der<br />

WOG bzw. NWO, der Ornithologischen<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

(OAG) sowie im <strong>Natur</strong>schutzbund<br />

Deutschland (NABU) aus.<br />

Sein lebenslanger Einsatz für die<br />

Umwelt und die heimische Vogelwelt<br />

soll uns allen Vorbild sein. Alle, die ihn<br />

kannten und schätzen gelernt haben,<br />

werden ihm ein ehrendes Gedenken<br />

bewahren.<br />

Verfasst von:<br />

Arbeitskreis für Umwelt und Heimat e,V. Lünen,<br />

Manfred Scholz<br />

Biologische Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, Klaus<br />

Klinger<br />

<strong>Natur</strong>schutzbund Deutschland (NABU) <strong>Kreis</strong>verband<br />

<strong>Unna</strong>, Bernd Margenburg<br />

Ornithologische Arbeitsgemeinschaft <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> (OAG), Falko Prünte<br />

Arbeitsgemeinschaft Ornithologie und <strong>Natur</strong>schutz<br />

Schwerte (AGON), Dieter Ackermann


NACHGEDACHT<br />

� Gedichte von Herbert Zucchi<br />

Zu guter Letzt noch Lyrisch-Gedankenvolles<br />

zum (Schwerpunkt-)Thema ...<br />

Die Träume meiner Kinderzeit<br />

Das Bach aus meiner Kinderzeit<br />

trägt viele tiefe Wunden:<br />

das Wasser faul, die Ufer kahl,<br />

Mäander sind verschwunden.<br />

Der Weg aus meiner Kinderzeit<br />

liegt lange schon begraben,<br />

man wollte seine Pfützen nicht,<br />

nicht seine Steinchen haben.<br />

Die Bäume aus meiner Kinderzeit,<br />

sie stehen stumm und sterben.<br />

Wo Landschaft grüne Dächer trug,<br />

wird sie sich braun bald färben.<br />

Die Wiesen aus meiner Kinderzeit<br />

sind längst dem Pflug gewichen.<br />

Kein Kiebitzruf im Frühjahr mehr,<br />

die bunte Flur verblichen.<br />

Die Hoffnung meiner Kinderzeit<br />

ruht tief in meinem Herzen.<br />

Sie macht erträglich vieles mir<br />

und lindert meine Schmerzen.<br />

Die Träume meiner Kinderzeit,<br />

die will ich nie verlieren.<br />

Sie geben mir trotz allem Mut<br />

und mildern oft mein Frieren.<br />

Gutes altes Mütterchen<br />

Is ja schön, gutes altes Mütterchen,<br />

aber gestern ist doch längst vorbei,<br />

schließlich kam der Fortschritt auch zu<br />

Dir<br />

mit der neuen Zeit!<br />

Was sagst Du? Dass der Fortschritt gar<br />

kein Fortschritt ist?<br />

Nu mach aber’n Punkt, altes Mütter-<br />

Foto: Archiv<br />

chen!<br />

Guck ma, hast’ne Waschmaschine, Spülmaschine,<br />

Mixer, Staubsauger und vieles mehr!<br />

Was sagst Du? Zu viel Hektik? Zu viel<br />

Lärm?<br />

Kranke Seelen? 'ne kaputte Welt?<br />

Mütterchen, wo haste das denn her?<br />

Was sagst Du? Wenn sich nichts ändert,<br />

gehen alle drauf?<br />

Na, dann änder mal, Mütterchen!<br />

Was? Ich soll? Nee, ich will leben!<br />

Was? Eben gerad deswegen?<br />

Is ja schön, gutes altes Mütterchen,<br />

grüß ma Opa schön!<br />

Regen und Erde<br />

„Da bin ich!“<br />

sagte der Regen zur Erde.<br />

Doch sie konnte<br />

sein Klopfen nicht hören<br />

unter ihrem Panzer<br />

aus Asphalt und Beton.<br />

„Wo bist Du, Regen?“<br />

rief die Erde<br />

immer wieder,<br />

bevor sie verdorrte.<br />

133


134 NACHGEDACHT<br />

Der Planer<br />

Der Planer plant im wilden Wahn,<br />

er macht zu allem einen Plan.<br />

Er plant und plant für sehr viel Geld,<br />

verplant die ungeplante Welt.<br />

Erst plant er einen Rahmenplan,<br />

dann plant er noch den Rahmen dran.<br />

Er plant die Straßen durch den Wald,<br />

und der Begleitplan folgt alsbald.<br />

Es ist des Planers größtes Glück,<br />

Land zu verplanen Stück für Stück.<br />

Doch eines Tages traf der Planer<br />

auf einen sehr bekannten Mahner.<br />

Der sagte: „Planer, lass Dich mahnen,<br />

schlecht ist’s die Welt so zu verplanen!<br />

Was, lieber Planer, machst Du dann,<br />

wenn man nichts mehr verplanen kann?<br />

Hast Du auch dazu einen Plan<br />

in Deinem wilden Planungswahn?<br />

Da kam dem Planer eine Ahnung<br />

der Endlichkeit von aller Planung.<br />

Jedoch: es gibt ja noch den Mond!<br />

Ob sich auch dort die Planung lohnt?<br />

Mein Bach<br />

In meiner Erinnerung<br />

sehe ich vor mir,<br />

wie er im Sommer<br />

geheimnisvoll glucksend<br />

dahinfloss<br />

durch satte Grüntöne<br />

lebendiger Auen,<br />

erlengesäumt<br />

und am Steilufer<br />

der Eisvogel brütend.<br />

Wo ist mein Bach?<br />

fragte ich Kinder<br />

und erntete nur<br />

einen kurzen Blick,<br />

als sie aufschauten<br />

von ihren Computern.<br />

Und dann – im Jahr 2004 „erweitert<br />

das Nobelkomitee den Friedensbegriff<br />

bewusst auf die Sicherung der Umwelt“...<br />

Der Friedensnobelpreis wird an<br />

die Biologin Wangari Muta Maathai,<br />

die „Mutter der kenianischen Umweltbewegung“,<br />

die „Mutter der Bäume“,<br />

verliehen...<br />

Anmerkung:<br />

Die Gedichte stammen aus der Feder von Herbert<br />

Zucchi, Professor an der FH Osnabrück.<br />

Das Mütterchen aus: Herbert Zucchi, 1984:<br />

Fortschritt schreitet fort vorm Menschen,<br />

Morsak Verlag, Grafenau<br />

alle weiteren Gedichte aus: Herbert Zucchi,<br />

1996: Geerdet im Schatten der Wälder, Morsak<br />

Verlag, Grafenau


Verzeichnis der Autoren<br />

Arbeitsgemeinschaft Ornithologie<br />

und <strong>Natur</strong>schutz, AGON<br />

Schwerte. Anschrift: Am Derkmannsstück<br />

59, 58239 Schwerte, Tel.: 02304<br />

70529.<br />

Arbeitskreise Heimische Orchideen,<br />

Kletterberggürtel 13, 50939<br />

Köln.<br />

Michael Bub ist Pädagoge und<br />

Mitarbeiter der Umweltzentrum<br />

Westfalen GmbH, zuständig für das<br />

Programm der Ökologiestation, Ausstellungen<br />

und die Sommerakademie.<br />

Anschrift: Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen.<br />

Klaus Breyer ist Pfarrer und Umweltbeauftragter<br />

der Evangelischen<br />

Kirche von Westfalen, Vorstand der<br />

Landesarbeitsgemeinschaft Agenda<br />

21 NRW, Arbeitsschwerpunkte:<br />

Umweltethik, Schöpfungstheologie,<br />

Klimaschutz- und Energiepolitik,<br />

Lokale Agenda und Nachhaltige Entwicklung,<br />

Umwelt und Nachhaltigkeitsmanagementsysteme.<br />

Anschrift:<br />

Umweltreferat im Institut für Kirche<br />

und Gesellschaft, Berliner Platz 12,<br />

58638 Iserlohn, Tel. 02371 352-187,<br />

Fax: -169, E-Mail: k.breyer@kircheun<br />

dgesellschaft.de.<br />

Heinz-Wilhelm Büscher ist<br />

<strong>Kreis</strong>geschäftsführer des Westfälisch-<br />

Lippischen Landwirtschaftsverbandes,<br />

<strong>Kreis</strong>verband Ruhr-Lippe. Anschrift:<br />

Marie-Curie-Straße 6, 59423 <strong>Unna</strong>,<br />

Tel. 02303 2531034, Fax: 02303<br />

2531039, E-Mail: heinz-wilhelm.<br />

buescher@wlv.de<br />

Deutsche Gesellschaft für Mykologie<br />

(DGfM), Informations- und<br />

Pressewart Heinz Ebert. Anschrift:<br />

Kierweg 3, 54558 Mückeln (Eifel).<br />

Irmgard Devrient ist Mitglied<br />

im NABU, <strong>Kreis</strong>verband <strong>Unna</strong>, in<br />

dem sie 12 Jahre stellvertretende<br />

Vorsitzende war, und Mitglied in der<br />

Nordrhein-Westfälischen Ornithologen<br />

Gesellschaft. Sie ist tätig im<br />

Leitungsgremium des Landesfachausschuss<br />

Fledermausschutz NRW und<br />

AUTOREN<br />

beringt für das Museum A. Koenig<br />

in Bonn Fledermäuse im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

und in der Stadt Dortmund. Im Landschaftsbeirat<br />

bei der Bezirksregierung<br />

Arnsberg vertritt sie als Stellvertreterin<br />

den NABU-Landesverband. Anschrift:<br />

Lerchenstraße 3, 59439 Holzwickede<br />

Volker Eschrich ist in der VHS-<br />

<strong>Natur</strong>schutz AG Bönen aktiv. Anschrift:<br />

Am Peterskamp 10, 59199<br />

Bönen.<br />

Gesellschaft zur Erhaltung<br />

alter und gefährdeter Haustierrassen<br />

(GEH), Am Eschbornrasen 11,<br />

37213 Witzenhausen.<br />

Corinna Glück ist Redakteurin der<br />

Agentur Mediakom. Anschrift: Friedrich-Ebert-Straße<br />

19, <strong>Unna</strong>.<br />

Hugo Gödde ist Geschäftsführer<br />

von Neuland. Anschrift: Westenhellweg<br />

110, 59192 Bergkamen.<br />

Thomas Griesohn-Pflieger ist<br />

Pressesprecher der Stadt Hattingen,<br />

135


136 AUTOREN<br />

Journalist und Ornithologe. Anschrift:<br />

In der Behrenbeck 18, 45527 Hattingen<br />

Siegrid Herbst ist Diplom Landschaftsplanerin<br />

und koordiniert das<br />

Projekt „Wahlfreiheit ermöglichen<br />

– gentechnikfreie Qualität sicherstellen“.<br />

Anschrift: Arbeitsgemeinschaft<br />

bäuerliche Landwirtschaft, Landesverband<br />

NRW, Bahnhofstr. 31, 59065<br />

Hamm.<br />

Ulrich Häpke ist Dipl. Ingenieur<br />

für Raumplanung und arbeitet im<br />

Regionalmanagement bei der Solidargemeinschaft<br />

zur Förderung der<br />

Stadt-Landbeziehungen im Östlichen<br />

Ruhrgebiet e.V. Anschrift: Westenhellweg<br />

110, 59192 Bergkamen.<br />

Mark Herrmann ist Dipl.-Ing.<br />

der Landschafts- und Freiraumplanung<br />

und war 2004 Referendar beim<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Anschrift: Bezirksregierung<br />

Münster, Domplatz 1-3, 48143<br />

Münster.<br />

Karl-Heinz Holtmann ist in der<br />

VHS-<strong>Natur</strong>schutz AG Bönen aktiv.<br />

Anschrift: Nordbögger Str. 55, 59199<br />

Bönen.<br />

Vera Klein fertigte ihre Diplom-<br />

arbeit zur Spechtfauna des Cappenberger<br />

Waldes – betreut durch die<br />

Biologische Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

– im Rahmen ihres Studiums der<br />

Landschaftsentwicklung an der FH<br />

Osnabrück an. Biologische Station,<br />

Westenhellweg 110, 59192 Bergkamen,<br />

Email bs@biostationunna.de.<br />

Gert Klinger, Dipl. agr., PÖA-Tour.<br />

Anschrift: <strong>Natur</strong>park Uckermärkische<br />

Seen, Zehdenicker Str. 1, 17279 Lychen.<br />

Klaus Klinger ist Leiter der Biologischen<br />

Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Anschrift:<br />

Biologische Station, Westenhellweg<br />

110, 59192 Bergkamen.<br />

Kuratorium „Baum des Jahres“,<br />

c/o Bund deutscher Baumschulen<br />

(BdB) e. V. Anschrift: Kneippstraße<br />

15, 95615 Marktredwitz<br />

Hermann Knüwer ist Dipl-Ing.<br />

und arbeitet beim <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, FB<br />

<strong>Natur</strong> und Umwelt. Anschrift: <strong>Kreis</strong>verwaltung<br />

<strong>Unna</strong>, Platanenallee 16,<br />

59425 <strong>Unna</strong>.<br />

Götz Heinrich Loos, Dipl.-Geograph<br />

und Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

an der Biologischen Station<br />

Westliches Ruhrgebiet und Doktorand<br />

an der AG Geobotanik der Ruhr-Universität<br />

Bochum; Anschrift: Biologische<br />

Station Westliches Ruhrgebiet<br />

e. V., Ripshorster Str. 306, 46117<br />

Oberhausen.<br />

Birgit Manz ist Dipl.-Ing. für Landespflege<br />

und in der Geschäftsführung<br />

der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft.<br />

Anschrift: Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen<br />

Bernd Margenburg ist Diplom-<br />

Physiker, Vorsitzender des NABU<br />

<strong>Kreis</strong>verbandes <strong>Unna</strong>, stellvertretender<br />

Vorsitzender der <strong>Natur</strong>förderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und<br />

<strong>Kreis</strong>beauftragter für Orchideenschutz<br />

des Arbeitskreises Heimische Orchideen<br />

Nordrhein-Westfalen für den<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Anschrift: Auf der Klause<br />

5, 59192 Bergkamen<br />

Adrian Mork ist Dipl-Ing. für<br />

Raumplanung und ehemaliger Leiter<br />

und Gründer der <strong>Natur</strong>schutzjugend<br />

Schwerte im NABU. Anschrift: An der<br />

Körne 6, 59174 Kamen.<br />

Anna Musinzki ist Raumplanerin<br />

und Mitarbeiterin des Projektes „Wanderreiten“.<br />

Anschrift: Umweltzentrum<br />

Westfalen, Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen


<strong>Natur</strong>schutzbund Deutschland<br />

e.V. (NABU), Herbert-Rabius-Straße<br />

26, 53225 Bonn.<br />

Werner Rottmayer, Dipl.-Ing.,<br />

seit 1959 Jäger und war bis 2002<br />

16 Jahre lang Geschäftsführer der<br />

<strong>Kreis</strong>jägerschaft <strong>Unna</strong> e.V. Anschrift:<br />

Hertinger Str. 117, 59423 <strong>Unna</strong><br />

Horst Schenkel, Arbeitskreissprecher<br />

der Fachgruppe <strong>Natur</strong> &<br />

Heimatkunde - Umweltschutz im NFD<br />

„NATURFREUNDE“ Landesverband<br />

NRW, Landschaftswächter bei der<br />

Stadt Hamm. Anschrift: Hülshoffstraße<br />

17, 59071 Hamm.<br />

Lothar Schneider ist Professor<br />

und Projektleiter am Sekretariat für Zukunftsforschung.<br />

Anschrift: Sekretariat<br />

für Zukunftsforschung, Frankenstr. 36,<br />

50858 Köln.<br />

Schutzgemeinschaft Deutsches<br />

Wild (SDWi), Godesberger<br />

Allee 108-112, 53175 Bonn.<br />

Stiftung <strong>Natur</strong>schutz Hamburg,<br />

Steintorweg 8, 20099 Hamburg.<br />

Studienkreis „Entwicklungsgeschichte<br />

der Arzneipflanzenkunde“<br />

an der Universität Würzburg.<br />

Dr. Ralf Windhaber.<br />

Agnes Teuwen ist Dipl.-Ing. und<br />

Mitarbeiterin beim Umweltzentrum<br />

Westfalen. Anschrift: Umweltzentrum<br />

Westfalen, Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen<br />

Jochen Trebing, Kunstschmiedemeister,<br />

seit 1970 Jäger, z.Zt. Hegeringleiter<br />

des Hegereinges Kamen/<br />

Bergkamen. Wasserkurlerstr. 35,<br />

59174 Kamen.<br />

Josef Tumbrink ist Vorsitzender<br />

des NABU-Landesverband NRW. Anschrift:<br />

NABU-Landesverband NRW,<br />

Merowinger Str. 88, 40225 Düsseldorf.<br />

E-Mail: j.tumbrinck@nabu-nrw.<br />

de, www.nabu-nrw.de.<br />

Verband Deutscher Sportfischer<br />

(VDSF), Siemensstraße 11-13,<br />

63071 Offenbach.<br />

Edeltraut Wagener ist im Rahmen<br />

eines Werkvertrages für die Biologische<br />

Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> tätig.<br />

AUTOREN<br />

Nina Windisch ist Biologin und<br />

Mitarbeiterin des Projektes „Wanderreiten“.<br />

Anschrift: Umweltzentrum<br />

Westfalen, Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen.<br />

Reinhard Wohlgemuth ist Mitglied<br />

im NABU, <strong>Kreis</strong>verband <strong>Unna</strong>, in<br />

der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft<br />

sowie in der Nordrhein-Westfälischen<br />

Ornithologen Gesellschaft.<br />

Als Mitarbeiter der „Vogelwarte<br />

Helgoland“ beringt er Turmfalken und<br />

Dohlen und für das Museum A. Koenig<br />

in Bonn Fledermäuse im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

und in der Stadt Dortmund. Anschrift:<br />

Lerchenstraße 3, 59439 Holzwickede<br />

Udo Zelinka, Prof. Dr., ist Ordinarius<br />

für Moraltheologie an der<br />

Katholisch-Theologischen Fakultät der<br />

Ruhr-Universität-Bochum und Vorsitzender<br />

des Kuratoriums der Katholischen<br />

Akademie Schwerte. Anschrift:<br />

Katholische Akademie Schwerte, Bergerhofweg<br />

24, 58239 Schwerte.<br />

Herbert Zucchi ist Professor für<br />

Zoologie und Tierökologie an der<br />

Fachhochschule Osnabrück. Anschrift:<br />

Neuer Graben 29, 49074 Osnabrück.<br />

137

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