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Vorlesung: Steuerung- und Regelungstechnik I für Energie- und ...

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Skriptum zur <strong>Vorlesung</strong>:<br />

Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT)<br />

University of Applied Sciences<br />

FB Elektrotechnik<br />

Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Breitscheidstrasse 2, Haus 8, Raum 2.06<br />

D-39114 Magdeburg<br />

Tel: +49-391-886 4806<br />

Fax: +49-391-886-8412<br />

Email: Yongjian.Ding@ET.HS-Magdeburg.de<br />

Home page: http://www.Elektrotechnik.HS-Magdeburg.de<br />

Version 3.1 <strong>für</strong> WS 2005/2006<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 1 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Vorwort<br />

Die <strong>Vorlesung</strong> „Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT)“ ist als Pflichtfach <strong>für</strong><br />

Studierenden des Fachbereichs Elektrotechnik an der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) gedacht.<br />

Der Umfang beträgt 2 SWS (Semesterwochenst<strong>und</strong>en) im 3. Semester.<br />

In dieser <strong>Vorlesung</strong> werden den Studierenden gr<strong>und</strong>legende Kenntnisse <strong>und</strong> Methodik der<br />

Automatisierung von Industrieprozessen <strong>und</strong> –anlagen vermittelt. Wegen des enormen Umfangs dieser<br />

klassischen Ingenieursfachdisziplin steht bei der Stoffauswahl der Überblickscharakter im<br />

Vordergr<strong>und</strong>, um vor allem das Interesse der Studierenden <strong>für</strong> die Fachrichtung<br />

„Automatisierungstechnik“ zu wecken. Im Fachstudium werden die Inhalte dann gezielt vertieft.<br />

Wichtige Inhalte dieses Skriptums sind auch geeignet <strong>für</strong> Studierende anderer Fachrichtungen wie<br />

„Technische Betriebswirtschaft“ oder „Sicherheit <strong>und</strong> Gefahrabwehr“. Da diese Studierenden<br />

Nachholbedarf bei den mathematischen Gr<strong>und</strong>lagen wie der Booleschen Algebra bzw. der Laplace-<br />

Transformation haben <strong>und</strong> eine umfassende Erläuterung dieser Lehrinhalte den Rahmen dieser<br />

<strong>Vorlesung</strong> übersprengen würde, wird folgende Vorgehensweise vorgeschlagen: sie arbeiten bei der<br />

Booleschen Algebra zu Hause etwas nach, während die Anforderung <strong>für</strong> die <strong>Regelungstechnik</strong> etwas<br />

reduziert wird. Details dazu <strong>und</strong> die betroffenen Kapiteln/Teile werden in der <strong>Vorlesung</strong> bekannt<br />

gegeben.<br />

Das Skriptum soll nicht als der <strong>Vorlesung</strong>sersatz, sondern nur als <strong>Vorlesung</strong>sbegleitungsmaterial<br />

dienen, um die Abschreibarbeit während der <strong>Vorlesung</strong> <strong>für</strong> die Studierenden auf das notwendigste zu<br />

reduzieren. Daher ist der Inhalt sehr komprimiert <strong>und</strong> die Übungsbeispiele nur ansatzweise enthalten.<br />

Naturgemäß ist das Entstehen eines <strong>Vorlesung</strong>sskriptums ein langwilliger, iterativer Prozess. Daher<br />

bin ich <strong>für</strong> Ihr Feedback sehr dankbar, um die vorliegende Version ständig zu verbessern.<br />

Im November 2005 Y. Ding<br />

Änderung der Version 3.1 gegenüber der Version 3.0: Kap. 2.3.4 neu eingefügt.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort ................................................................................................................................................... 2<br />

Inhaltsverzeichnis.................................................................................................................................... 3<br />

1 Einführung....................................................................................................................................... 6<br />

1.1 Gr<strong>und</strong>begriffe .......................................................................................................................... 6<br />

1.1.1 System ............................................................................................................................. 6<br />

1.1.2 Prozess............................................................................................................................. 6<br />

1.1.3 Automatisierungstechnik als Fachdisziplin..................................................................... 6<br />

1.1.4 <strong>Steuerung</strong>......................................................................................................................... 7<br />

1.1.5 Regelung.......................................................................................................................... 8<br />

1.1.6 Steuern oder Regeln ?...................................................................................................... 9<br />

1.1.7 Leittechnik, Leitsysteme.................................................................................................. 9<br />

1.1.8 Mathematische Beschreibung des Systems <strong>und</strong> Modellbildung ................................... 10<br />

1.2 Bedeutung der Automatisierungstechnik <strong>für</strong> die Wirtschaft ................................................. 11<br />

1.2.1 Weltmarkt <strong>für</strong> die Automatisierungstechnik ................................................................. 11<br />

1.2.2 Bedeutung <strong>und</strong> Struktur der Automatisierungstechnik im Betrieb................................ 12<br />

1.2.3 Anwendungsfelder der Leittechnik ............................................................................... 13<br />

1.2.4 Besonderheiten des Studiums/Berufs der Automatisierungstechnik............................. 14<br />

1.3 Modellbasierter Entwurf eines Automatisierungssystems .................................................... 14<br />

1.3.1 Lebensphasenzyklus eines Automatisierungssystems................................................... 15<br />

1.3.2 Grafische Symbole ........................................................................................................ 16<br />

2 Gr<strong>und</strong>lagen der digitalen <strong>Steuerung</strong>stechnik................................................................................. 18<br />

2.1 Klassifizierung von <strong>Steuerung</strong>en........................................................................................... 18<br />

2.2 Verbindungsprogrammierte <strong>Steuerung</strong>en (VPS)................................................................... 18<br />

2.3 Speicherprogrammierbare <strong>Steuerung</strong>en (SPS) ...................................................................... 19<br />

2.3.1 Aufbau eines Automatisierungsgerätes ......................................................................... 20<br />

2.3.2 Arbeitsweise einer SPS.................................................................................................. 21<br />

2.3.3 Programmiersprachen der SPS ...................................................................................... 23<br />

2.3.4 Gr<strong>und</strong>lagen der Boolechen Algebra .............................................................................. 26<br />

2.4 Entwurf von Verknüpfungssteuerungen................................................................................ 28<br />

2.4.1 Definition....................................................................................................................... 28<br />

2.4.2 Verknüpfungssteuerung ohne Speicherverhalten .......................................................... 28<br />

2.4.3 Minimierung von Schaltfunktionen............................................................................... 31<br />

2.4.4 Verknüpfungssteuerung mit Speicherverhalten............................................................. 33<br />

2.4.5 Realisierung von Speicherverhalten .............................................................................. 34<br />

2.4.6 Realisierung von Zeitverhalten...................................................................................... 38<br />

2.4.7 Realisierung von Zählvorgängen................................................................................... 39<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

2.4.8 Vergleichsfunktion ........................................................................................................ 40<br />

2.5 Entwurf von Ablaufsteuerungen............................................................................................ 41<br />

2.5.1 Definition....................................................................................................................... 41<br />

2.5.2 Entwurfsschritte anhand eines Beispiels ....................................................................... 43<br />

3 Gr<strong>und</strong>lagen der <strong>Regelungstechnik</strong> ................................................................................................ 48<br />

3.1 Wirkschaltplan, Signalflussplan............................................................................................ 48<br />

3.2 Dynamisches Systemverhalten.............................................................................................. 48<br />

3.2.1 Linearität <strong>und</strong> Zeitinvarianz .......................................................................................... 48<br />

3.2.2 Übertragungsfunktion, P-T1-Glied ................................................................................ 49<br />

3.2.3 Analogien, P-T2-Glied, D-T2-Glied............................................................................... 54<br />

3.2.4 Das Totzeitglied Tt ........................................................................................................ 57<br />

3.2.5 P-T1-Tt- als Ersatzrechenmodell <strong>für</strong> ein Verzögerungsglied n-ter Ordnung (PTn)....... 57<br />

3.2.6 Betrachtung des Eigenverhaltens <strong>und</strong> der Stabilität im Frequenzbereich ..................... 58<br />

3.3 Entwurf des einschleifigen linearen Regelkreises................................................................. 61<br />

3.3.1 Struktur des einschleifigen linearen Regelkreises ......................................................... 61<br />

3.3.2 Ziele des Regler-Entwurfs............................................................................................. 62<br />

3.3.3 Stabilität......................................................................................................................... 63<br />

3.3.4 Der universelle PID-Regler ........................................................................................... 67<br />

3.3.5 Auswahl geeigneter Regler............................................................................................ 69<br />

3.3.6 Reglereinstellung nach ZIEGLER <strong>und</strong> NICHOLS ....................................................... 69<br />

3.3.7 Reglereinstellung nach CHIEN-HRONES <strong>und</strong> RESWICK.......................................... 70<br />

3.4 Zwei- <strong>und</strong> Dreipunktregler als Beispiele <strong>für</strong> einfache nichtlineare Regler ........................... 71<br />

3.4.1 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-T1-Regelstrecke ......................................... 72<br />

3.4.2 Zweipunktregler ohne Hysterese an einer I-Tt-Regelstrecke ........................................ 74<br />

3.4.3 Zweipunktregler ohne Hysterese an einer P-T1-Tt-Regelstrecke................................... 75<br />

4 Prozessvisualisierung <strong>und</strong> Mensch-Maschine-Kommunikation ................................................... 76<br />

5 Kommunikation <strong>und</strong> Bussysteme in der Automatisierungstechnik .............................................. 80<br />

5.1 Informationsfluss <strong>und</strong> Kommunikation................................................................................. 80<br />

5.2 Varianten der Feldinstallation ............................................................................................... 81<br />

5.2.1 Informationsübertragung über klassische Einheitssignale............................................. 81<br />

5.2.2 HART SENSOR............................................................................................................ 82<br />

5.2.3 Dezentrale Systeme ....................................................................................................... 83<br />

5.3 Gr<strong>und</strong>lagen der Buskommunikation...................................................................................... 84<br />

5.3.1 Netzwerktopologien ...................................................................................................... 84<br />

5.3.2 Kommunikationsmodelle .............................................................................................. 86<br />

5.3.3 Signalcodierung, Datensicherung, Zugriffsverfahren ................................................... 87<br />

5.4 Beispiele <strong>für</strong> Feldbusse ......................................................................................................... 89<br />

5.4.1 Profibus ......................................................................................................................... 90<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

5.4.2 AS-i-Bus........................................................................................................................ 92<br />

5.4.3 EIB-Bus......................................................................................................................... 93<br />

5.5 Ethernet-TCP/IP .................................................................................................................... 95<br />

5.6 Busankopplungen von SPSen <strong>und</strong> PCs ................................................................................. 96<br />

6 Sensorik, Messtechnik................................................................................................................... 97<br />

7 Aktorik .......................................................................................................................................... 97<br />

8 Sicherheitsteuerungen ................................................................................................................... 98<br />

8.1 Definition Risiko ................................................................................................................... 98<br />

8.2 Einfluss der MSR-Einrichtungen auf die Sicherheit ............................................................. 99<br />

8.3 Sicherheitsnormen <strong>und</strong> -gesetze .......................................................................................... 101<br />

8.4 Risikoanalyse <strong>und</strong> Sicherheitsanforderungen...................................................................... 103<br />

8.5 NOT-AUS-Einrichtung ....................................................................................................... 105<br />

8.6 Programmierbare Sicherheitssteuerungen ........................................................................... 107<br />

8.7 Zuverlässigkeit .................................................................................................................... 108<br />

8.7.1 Ausfallrate der HW-Komponenten.............................................................................. 108<br />

8.7.2 Fehlerarme Sicherheitssoftware .................................................................................. 110<br />

8.7.3 Berechnung der Systemzuverlässigkeit....................................................................... 111<br />

9 Anhang 1: Formelsammlung der Laplace-Transformation ......................................................... 113<br />

10 Anhang 2: Arbeiten mit Matlab <strong>und</strong> Simulink bzw. Simatic-Manager................................... 114<br />

11 Literatur................................................................................................................................... 114<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

1 Einführung<br />

1.1 Gr<strong>und</strong>begriffe<br />

1.1.1 System<br />

Definition: Eine Abstraktion funktioneller Aspekte eines technischen Objektes (z.B. eines<br />

Kraftwerkes oder eines chemischen Reaktors) bzw. eines nichttechnischen Objektes (z.B. ein<br />

Wirtschaftsunternehmen oder eines Lebewesens).<br />

Bild 1.1.1 veranschaulicht den Begriff System <strong>und</strong> seine Umgebung.<br />

Xe Xa<br />

„Ursachen“: Eingangsgrößen<br />

System (F)<br />

Systemabgrenzung<br />

Bild 1.1.1: System <strong>und</strong> Systemumgebung<br />

Systemumgebung<br />

„Wirkungen“: Ausgangsgrößen<br />

Das Verhalten eines Systems wird durch die physikalischen Gesetzmäßigkeiten zwischen den<br />

einzelnen Größen des Systems bestimmt. Dabei wird vielfach versucht, mit Hilfe eines (abstrakten, in<br />

der Regel vereinfachten) mathematischen Modells vor allem die Beziehungen zwischen den<br />

Eingangsgrößen xe (Ursachen) <strong>und</strong> den Ausgangsgrößen xa (Wirkungen) zu beschreiben:<br />

Xa = F * Xe mit F als sog. Übertragungsfunktion (Abbildungsvorschriften).<br />

Häufig steht das zeitliche Verhalten des Systems im Vordergr<strong>und</strong> unseres Interesses, dann sprechen<br />

wir von der Dynamik des Systems bzw. von einem dynamischen System. Dabei spielen spezielle<br />

Eigenschaften, etwa der konstruktive Aufbau oder die materielle Beschaffenheit des zu betrachtenden<br />

Systems keine Rolle.<br />

1.1.2 Prozess<br />

Definition nach DIN 19226: Ein Prozess ist eine Gesamtheit von aufeinander einwirkenden<br />

Vorgängen in einem System, durch die Materie, <strong>Energie</strong>, oder auch Information umgeformt,<br />

transportiert oder auch gespeichert wird.<br />

Das Wort „Gesamtheit“ verleitet manchmal dazu, die Begriffe „System“ <strong>und</strong> „Prozess“ synonym zu<br />

verwenden. Es ist in der Praxis aber zweckmäßiger, den Begriff „Prozess“ auf den gezielt zu<br />

beeinflussenden Teil des „Gesamtsystems“ einzuschränken.<br />

1.1.3 Automatisierungstechnik als Fachdisziplin<br />

Definition: Die Automatisierungstechnik umfasst Methoden, Verfahren <strong>und</strong> Maßnahmen sowie<br />

die Werkzeuge <strong>und</strong> Komponenten, die benötigt werden, um einem System ein zielorientiertes,<br />

sicheres <strong>und</strong> selbsttätig ablaufendes Verhalten aufzuprägen.<br />

Nach dieser Definition ist der Begriff Automatisierung ein Oberbegriff <strong>für</strong> Messung, <strong>Steuerung</strong> <strong>und</strong><br />

Regelung (MSR). Manchmal umfasst sie sogar Funktionen der Leittechnik wie z.B.<br />

Prozessüberwachung <strong>und</strong> Visualisierung. Im Vordergr<strong>und</strong> steht aber stets der selbsttätige Ablauf,<br />

d.h., die (gezielte) Beeinflussung des Prozesses soll ohne Zutun des Menschen durch eine speziell<br />

da<strong>für</strong> konstruierte Automatisierungseinrichtung vorgenommen werden, Bild 1.1.2.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Massen-, <strong>Energie</strong>- <strong>und</strong> Informationsfluß<br />

z (Störgröße)<br />

Prozess<br />

x (Eingangsgröße)<br />

e<br />

Autom.einrichtung<br />

y (Stellgröße)<br />

Stellglied<br />

Strecke<br />

Rückmeldungen<br />

Gesamtsystem<br />

Massen-, <strong>Energie</strong>- <strong>und</strong> Informationsfluß<br />

Bild 1.1.2: Wechselwirkungen zwischen der Automatisierungseinrichtung <strong>und</strong> dem Prozess<br />

x (Ausgangsgröße)<br />

a<br />

Naturgemäß stehen die Automatisierungseinrichtung <strong>und</strong> das zu automatisierende Teilsystem<br />

(Prozess) in Wechselwirkung, wodurch neue Gesamtsystemeigenschaften entstehen.<br />

Die Strecke ist de Teil des Wirkungsweges, welcher den aufgabengemäß zu beeinflussenden Bereich<br />

des Systems darstellt.<br />

Das Stellglied ist der Teil des Wirkungsweges, der unmittelbar in den Wirkungsablauf eingreift. Der<br />

Ort des Eingriffs heißt Stellort.<br />

Die Stellgröße y ist die Ausgangsgröße der Automatisierungseinrichtung, die das Stellglied steuert,<br />

um die Ausgangsgröße x des Systems gezielt zu beeinflussen. Diese Aufgabe wird in den meisten<br />

Fällen dadurch erschwert, dass die (mehr oder weniger bekannte) Störgröße z versucht, den Prozess<br />

vom gewünschten Verhalten abzubringen. Selbstverständlich können mehr als nur eine Störgrößen<br />

existieren (genauso können es mehrere Eingangs- <strong>und</strong> Ausgangsgrößen geben). Die Aufgabenstellung<br />

bleibt aber gr<strong>und</strong>sätzliche die gleiche, so dass wir sie an dieser Stelle nicht besonders zu<br />

berücksichtigen brauchen.<br />

1.1.4 <strong>Steuerung</strong><br />

Definition nach DIN 19226: Das Steuern, die <strong>Steuerung</strong>, ist der Vorgang in einem System, bei<br />

dem eine oder mehrere Größen als Eingangsgrößen andere Größen als Ausgangsgrößen<br />

aufgr<strong>und</strong> der dem System eigentümlichen Gesetzmäßigkeit beeinflussen. Kennzeichen <strong>für</strong> das<br />

Steuern ist der offene Wirkungsweg oder ein geschlossener Wirkungsweg, bei dem durch die<br />

Eingangsgrößen beeinflusste Ausgangsgrößen nicht fortlaufend <strong>und</strong> nicht wieder über dieselben<br />

Eingangsgrößen auf sich selbst wirken.<br />

z (Störgröße)<br />

w (Führungsgröße)<br />

Steuereinrichtung<br />

Bild 1.1.3: Steuerkette (offener Wirkungskreis)<br />

y (Stellgröße) Steuerstrecke<br />

x (Ausgangsgröße)<br />

Man beachte die Darstellungsweise im Bild 1.1.3, wo die Wirkungszusammenhänge der Signale<br />

sichtbar werden. Diese Art der Darstellung wird deshalb auch als Wirkplan bzw. Signalflussplan<br />

bezeichnet.<br />

Typisches Beispiel aus dem Alltag: Waschmaschinensteuerung. Oder die <strong>Steuerung</strong> der<br />

Flüssigkeitszufuhr in einer Chemieanlage:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Bild 1.1.4: <strong>Steuerung</strong> der Flüssigkeitszufuhr in einer Chemieanlage<br />

Die durch eine SPS realisierte Steuereinrichtung öffnet bei Bedarf den Zulaufventil so lange, bis der<br />

Behälter voll ist (erkannt durch den Niveauschalter). Danach wird der Zulaufventil abgeschaltet. Der<br />

Füllstand wird dabei nicht laufend erfasst.<br />

1.1.5 Regelung<br />

Definition nach DIN 19226: Das Regeln, die Regelung, ist ein Vorgang, bei dem eine Größe, die zu<br />

regelnde Größe (Regelgröße), fortlaufend erfasst, mit einer anderen Größe, der Führungsgröße,<br />

verglichen <strong>und</strong> im Sinne einer Angleichung der Führungsgröße beeinflusst wird. Kennzeichen<br />

<strong>für</strong> das Regeln ist der geschlossene Wirkungsablauf, bei dem die Regelgröße im Wirkungsweg<br />

des Regelkreises fortlaufend sich selbst beeinflusst.<br />

z<br />

w<br />

+<br />

_<br />

e (Regelfehler)<br />

Regeleinrichtung<br />

y(Stellgröße) Regelstrecke<br />

x (Regelgröße)<br />

Rückführung<br />

Bild 1.1.5: Regelkreis (geschlossener Wirkungskreis)<br />

Die Führungsgröße w wird auch Sollwert genannt. Die Regelgröße x wird auch Istwert genannt <strong>und</strong><br />

je nach Anwendungen verschiedene physikalische Variable sein, wie z.B. Temperatur, Druck,<br />

Massenstrom, Füllstand, Drehzahl oder Leistung. Man beachtet das Minus-Zeichen bei der<br />

Rückführung (Gegenkopplung).<br />

Als Regelstrecke wird der Teil des Regelkreises bezeichnet, der zwischen dem Stellort <strong>und</strong> dem<br />

Messort liegt.<br />

Die Regelung hat die Aufgabe, trotz störender Einflüsse den Wert der Regelgröße an den durch die<br />

Führungsgröße vorgegebenen Wert anzugleichen (d.h. der Regelfehler e bzw. die Regeldifferenz xd<br />

mit e = xd = w – x ist im Idealfall gleich null), auch wenn dieser Angleich im Rahmen gegebener<br />

Möglichkeiten manchmal nur unvollkommen geschieht.<br />

Typisches Beispiel aus dem Alltag: Regelung der Raumtemperatur. Oder die Regelung der<br />

Behältertemperatur in einer Chemieanlage:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Bild 1.1.6: Regelung der Behältertemperatur in einer Chemieanlage<br />

Der IST-Wert der Temperatur im Behälter wird laufend erfasst <strong>und</strong> mit dem SOLL-Wert verglichen.<br />

Abweichungen zwischen werden nach einem Regelalgorithmus durch das Stellen des Kaltwasser-<br />

bzw. Warmwasserventils ausgeglichen.<br />

1.1.6 Steuern oder Regeln ?<br />

Die Frage, wann eine <strong>Steuerung</strong> oder eine Regelung einzusetzen ist, hängt in der Regel von den<br />

Rahmenbedingungen ab. Eine <strong>Steuerung</strong> wird dann vorteilhaft eingesetzt, wenn die Störgröße<br />

unmittelbar <strong>und</strong> nicht erst aufgr<strong>und</strong> ihrer Auswirkung auf die Regelstrecke erfasst <strong>und</strong> kompensiert<br />

werden kann. Eine <strong>Steuerung</strong> kann wegen ihres offenen Wirkungsablaufes nicht instabil <strong>und</strong> oft mit<br />

weniger Aufwand als eine Regelung gebaut werden. Eine Regelung wird immer dann vorgezogen,<br />

wenn unvorhergesehene oder nicht unmittelbar messbare oder mehrere wesentliche Störgrößen<br />

kompensiert werden sollen. Selbstverständlich kann man in der Praxis auch Regelung <strong>und</strong> <strong>Steuerung</strong><br />

miteinander kombinieren, um damit die Vorteile beider Verfahren zu nutzen.<br />

1.1.7 Leittechnik, Leitsysteme<br />

Definition: Die Leittechnik umfasst Methoden, Verfahren <strong>und</strong> informationstechnische<br />

Maßnahmen um die zielorientierte, sichere Führung eines teilautomatisierten Systems zu<br />

ermöglichen.<br />

Dieser Begriff wurde 1980 zum ersten Mal in der Bayer AG eingeführt. Neben Aspekten der<br />

Automatisierung stehen hier vor allem die Bedienung <strong>und</strong> Beobachtung des (meist komplexen)<br />

Prozesses durch den menschlichen Bediener (Operateur) im Vordergr<strong>und</strong>. Man sprich auch von<br />

Visualisierungssystemen oder von SCADA-Systemen (Supervisory Control And Data Acquisition).<br />

Dazu sind werden Prozessinformationen erfasst, verarbeitet, protokolliert <strong>und</strong> an den Bediener<br />

gemeldet. Gleichzeitig werden automatische bzw. manuelle Bedienkommandos verarbeitet <strong>und</strong> an den<br />

Aktoren weitergegeben. Bild 1.1.7 verdeutlicht zusammenfassend das Gebilde der wichtigsten<br />

Funktionskomponenten eines leittechnischen Systems. Man beachte den Block<br />

„Schutz/Verriegelung“, dessen Aufgaben darin besteht, die Komponenten/Anlage vor unerlaubten<br />

Betriebszuständen zu bewahren. Ihre Priorität ist daher höher als manuellen Kommandos, da auch der<br />

Bediener Fehlhandlungen verursachen kann. Anschaulich wird die Leittechnik oft auch mit dem<br />

„Nervensystem“ einer technischen Anlage verglichen.<br />

Leitsysteme führen Funktionen der Leittechnik aus. Sie sind heutzutage meistens hierarchisch<br />

strukturierte <strong>und</strong> busgekoppelte (Echtzeit-)Rechnersysteme, die einerseits zentrale Dienste wie<br />

Systemkonfiguration, -dokumentation <strong>und</strong> –änderung, Diagnose <strong>und</strong> Wartung, andererseits dezentrale<br />

(örtlich verteilte) Ausführung der leittechnischen Aufgaben ermöglichen. Durch die verteilte<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Information <strong>und</strong> Intelligenz wird das Thema Kommunikation immer wichtiger. Sie prägt die Struktur<br />

des modernen Leitsystems immer stärker mit.<br />

Informationsaufbereitung<br />

Überwachung<br />

Signalaufbereitung Antriebsinterface<br />

Prozess<br />

Warte<br />

Automatisierung<br />

Schutz/<br />

Verriegelung<br />

Bild 1.1.7: Funktionale Struktur eines leittechnischen Systems<br />

G<br />

Regelung<br />

Bedienungseinrichtung<br />

<strong>Steuerung</strong><br />

Schaltanlage<br />

antriebsbez.<br />

Signale<br />

Als Beispiele industrieller Leitsysteme seien Freelance 2000 (Fa. ABB, Hartmann & Braun) oder<br />

SIMATIC PCS7, TELEPERM XP (Fa. Siemens) <strong>und</strong> TELEPERM XS (Fa. Framatome ANP GmbH,<br />

früher Siemens Nuclear Power GmbH) genannt.<br />

1.1.8 Mathematische Beschreibung des Systems <strong>und</strong> Modellbildung<br />

Ein wichtiger Aspekt in der Unterscheidung zwischen der <strong>Steuerung</strong> <strong>und</strong> der Regelung ist die<br />

unterschiedliche mathematische Beschreibung. Allgemein werden in der Automatisierungstechnik<br />

zwischen zwei Klassen von Systemen unterschieden:<br />

• Zeitkontinuierliche Systeme <strong>und</strong><br />

• Ereignisdiskrete Systeme.<br />

Beim letzteren sind die Anzahl der möglichen internen Zustände in der Regel endlich. Unter einem<br />

Ereignis kann sowohl ein Prozesseingriff eines Bedieners oder eine qualitative Veränderung einer<br />

kontinuierlichen Messgröße (von „Grenzwert noch nicht erreicht“ auf „Grenzwert überschritten“)<br />

verstanden werden.<br />

Zustand<br />

2 –<br />

Zustand 3 –<br />

1 –<br />

Ereignisse<br />

Kontinuierlich t Ereignisorientiert t<br />

Bild 1.1.8: Kontinuierliche <strong>und</strong> ereignisorientierte Systeme<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

In dieser Einteilung umfasst der Begriff zeitkontinuierliche Systeme auch solche Systeme, die durch<br />

die Abtastung zeitdiskret geworden sind, da ihre mathematische Behandlung von denen der<br />

ereignisdiskreten System unterscheiden.<br />

Mathematische Beschreibungsmittel der kontinuierlichen Systeme (Regelung):<br />

• Differentialgleichungen (im Zeitbereich) <strong>und</strong><br />

• Laplace-Transformation (im Frequenzbereich)<br />

Mathematische Beschreibungsmittel der ereignisdiskreten Systeme (<strong>Steuerung</strong>):<br />

• Boolesche Algebra (Verknüpfungssteuerung) <strong>und</strong><br />

• Zustandsgraphen oder Petri-Netze (Ablaufsteuerung).<br />

1.2 Bedeutung der Automatisierungstechnik <strong>für</strong> die Wirtschaft<br />

1.2.1 Weltmarkt <strong>für</strong> die Automatisierungstechnik<br />

Zuerst wird die die Automatisierungstechnik als Wirtschaftsfaktor betrachtet. Der Markt <strong>für</strong><br />

Automatisierungstechnik kann dabei aus Sicht des Herstellers bzw. Dienstleisters nzw. des Betreibers<br />

betrachtet werden. Die folgende Tabelle zeigt eine Weltmarktübersicht vom Jahre 1992 /6/, man<br />

beachte dabei den hohen Anteil (40%) des „System Engineering“, der die Haupttätigkeitfelder eines<br />

„Automatisierungstechnikers“ darstellt (die Geräte- <strong>und</strong> Systemserstellung bietet erheblich weniger<br />

Arbeitsplätze):<br />

Hersteller<br />

53“8 (Mrd. DM)<br />

Wachstum 7% pa<br />

6“5<br />

17“7<br />

15“3<br />

14“3<br />

Systeme<br />

(Prozessleitsysteme, unspezifisch)<br />

Geräte<br />

(<strong>Steuerung</strong>, Regler, Kommunikation, B&B)<br />

Prozessankopplung<br />

(Sensoren, Messgeräte, Waagen, Prozessanalytik,<br />

Antriebe, Stellgeräte)<br />

System Engineering<br />

(Projektierung, Konfigurierung, Installation, Montage,<br />

Inbetriebnahme)<br />

Betreiber 13“0 (Projektierung, Errichtung, Instandhaltung)<br />

39“5 = 60%<br />

27“3 = 40%<br />

Gesamt 66“8 Summe 66“8 = 100%<br />

Es darf angenommen werden, dass es an der prozentualen Marktaufteilung momentan nicht viel<br />

geändert hat, auch wenn der Weltmarkt <strong>für</strong> die Automatisierungstechnik in den letzten Jahren im<br />

Vergleich zur Gesamtwirtschaft überproportional gewachsen ist. Nach einer neuen Studie der Fa.<br />

Mercer (Unternehmensberatung, www.mercermc.de) betrug der Automatisierungsmarkt weltweit im<br />

Jahr 2003 ca. 121,8 Mrd. €. Davon entfallen 62,4 Mrd. € auf Dienstleitungen, 59,4 Mrd. € auf<br />

Produkte. Bis 2010 wird mit einem etwas schwächren jährlichen Zuwachs von 3% gerechnet<br />

(marktkonform mit dem Wachstum der Industrieproduktion). Laut Verband Deutscher Maschinen-<br />

<strong>und</strong> Anlagenbau (VDMA) betrug der Automatisierungsmarkt in Deutschland im Jahr 2004 6,9 Mrd. €.<br />

Dies ist ein Zuwachs von 5% gegenüber 2003.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Momentan bestimmen einige große Hersteller den Weltmarkt, während viele kleinere Hersteller die<br />

Nischen in der Prozessankopplung <strong>und</strong> Engineeringleistung besetzen versuchen. Bild 1.2.1 zeigt die<br />

Situation <strong>und</strong> Entwicklung der wichtigsten Anbieter zwischen 1999 <strong>und</strong> 2003.<br />

Bild 1.2.1: Situation <strong>und</strong> Entwicklung der Automatisierungsanbieter zwischen 1999 <strong>und</strong> 2003<br />

Der Konzentrationsprozess findet auch unter den Herstellern von Geräten/Komponenten der<br />

Automatisierungstechnik statt. Die folgende Tabelle zeigt einige bedeutende Akquisitionen der letzten<br />

Jahre:<br />

Jahr Käufer Veräußerte Firma<br />

1989<br />

1990<br />

1992<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1998<br />

1999<br />

ELSAG<br />

Siebe<br />

Emerson<br />

ELSAG Bailey<br />

Siebe<br />

ICS<br />

ELSAG Bailey<br />

CEGELEC<br />

Emerson<br />

ABB<br />

Allied Signal<br />

Bailey Controls<br />

Foxboro<br />

Fisher Controls, Rosemount<br />

Fisher&Porter<br />

Triconex, IC Eckardt<br />

L&N MAX DCS<br />

HuB<br />

AEG<br />

Westinghouse PCD<br />

ELSAG Bailey/HuB<br />

Honeywell<br />

1.2.2 Bedeutung <strong>und</strong> Struktur der Automatisierungstechnik im Betrieb<br />

Aus Sicht eines Betreibers, d.h. eines Industriebetriebs wendet man die Automatisierungstechnik an,<br />

um technische Prozesse/Anlagen zu betreiben mit dem Ziel:<br />

• sicherer Betrieb<br />

• Beherrschung schwieriger Prozesse<br />

• wirtschaftliche <strong>und</strong> umweltschonende Produktion.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Die Frage, ob die Automatisierungstechnik Arbeitsplätze vernichtet, muss auf den ersten Blick<br />

eindeutig mit einem „Ja“ beantwortet werden, allerdings nur solche, die wirtschaftlich unrentabel sind<br />

<strong>und</strong> somit <strong>für</strong> ein Hochlohnland wie die B<strong>und</strong>esrepublik auf langer Sicht sowieso nicht zu halten sind.<br />

Man kann sogar auch anders argumentieren: ohne den hohen Stand an Automatisierung wären noch<br />

mehr Arbeitsplätze von Deutschland in die Billiglohnländer verlagert worden!<br />

Durch die zunehmenden Rechnervernetzung im Betrieb sind die Automatisierungssysteme heute<br />

längst nicht mehr autarke Geräte zur Erfüllung bestimmter Ausgaben wie Regelung oder <strong>Steuerung</strong>,<br />

sondern sie sind meistens ein Teil eines größeren Automatisierungsverb<strong>und</strong>s zur Anlagenführung <strong>und</strong><br />

Produktionssteuerung mit einer hierarchischen Struktur (s. Bild 1.2.2).<br />

Ganz unten ist die Prozess/Feldebene. Sie stellt die Schnittstelle des Automatisierungssystems zur<br />

Anlage dar. Automatisiert wird in der Regelungs- <strong>und</strong> <strong>Steuerung</strong>sebene mit übergeordneter Bedienung<br />

<strong>und</strong> Beobachtung durch den Operateur (auch Prozessführungsebene genannt). Bis diese Ebene decken<br />

klassische Leitsysteme die Aufgaben ab. Neuerdings wird immer öfter Schnittstelle zu übergeordneten<br />

Ebenen wie Entwicklung oder Planung geschafften, um die Produktion noch effizienter <strong>und</strong> flexibler<br />

zu gestalten. Kurzrum werden Automatisierungs- <strong>und</strong> Leitsysteme immer mehr als Rechnerverb<strong>und</strong> in<br />

die Gesamt-IT-Landschaft eingebettet, die von der K<strong>und</strong>enbetreuung, Auftragseingang,<br />

Fertigungsplanung/Entwicklung bis Materiallogistik <strong>und</strong> Rechnungs- <strong>und</strong> Personalwesen umfasst.<br />

Bild 1.2.2: Automatisierung aus Sicht eines Betriebs<br />

1.2.3 Anwendungsfelder der Leittechnik<br />

Automatisierungs- <strong>und</strong> Leittechnik haben sich praktisch in allen technischen Bereichen parallel<br />

entwickelt. Dabei werden die Systeme <strong>und</strong> Lösungen sehr stark von den aufgabenspezifischen<br />

Erfordernissen (Prozess Know-how) geprägt. In einer groben Aufteilung spricht man auch von<br />

• Fertigungsleittechnik (z.B. Automobilindustrie, Werkzeugmaschinenbau etc.);<br />

• Prozessleittechnik (z.B. Chemie- <strong>und</strong> Pharmaindustrie, Kraftwerkstechnik etc.);<br />

• Verkehrsleittechnik;<br />

• Gebäudeleittechnik etc.<br />

Weitere Detaillierungen innerhalb eines Gebiets sind selbstverständlich möglich. Es gibt z.B.<br />

innerhalb der Verkehrsleittechnik wiederum die Bahntechnik, das makroskopische Leitwegsystem <strong>für</strong><br />

PKW/LKW bzw. das mikroskopische funkgesteuerte Routenleitsystem. Im folgenden soll anhand<br />

eines Beispiels aus der Automobilindustrie (Bild 1.2.3) die Fertigungsautomatisierung etwas näher<br />

betrachtet werden. Ein Fertigungsbereich gliedert sich in mehrere Anlagen, bestehend aus mehreren<br />

SPS. Denen sind wiederum Stationen zugeordnet, welchen Bearbeitungsmaschinen <strong>für</strong> einen<br />

Prozessschritt entsprechen könnte.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Bild 1.2.3: Anlagengliederung eines Automobilherstellers<br />

Das Hauptmerkmal der Automation hier ist die hohe Flexibilität der Produktion, da sich der Markt<br />

schnell verändert. Andererseits soll die Produktivität durch die Flexibilität nicht beeinträchtigt werden<br />

- das heißt u.a., kurze Durchlaufzeiten <strong>und</strong> hohe Verfügbarkeit einer Anlage sind unerlässlich. Die<br />

Forderung nach mehr Flexibilität bei höherer Produktivität ist nur dann zu befriedigen, wenn die<br />

herkömmlich starr strukturierten <strong>und</strong> zentral gesteuerten Systemarchitekturen durch verteilte, dezentral<br />

arbeitende Systeme abgelöst werden, die jeweils <strong>für</strong> sich autonom arbeiten <strong>und</strong> Informationen<br />

austauschen (s. Kap. 5).<br />

1.2.4 Besonderheiten des Studiums/Berufs der Automatisierungstechnik<br />

Aus dem o.g. Überblick ergeben sich folgende Besonderheiten des Studiums/des Berufs als<br />

Automatisierungstechniker:<br />

• Die Inhalte des Studium der Automatisierungstechnik sind relativ umfangreich: Messtechnik,<br />

Computertechnik (Hardware/Software), Kommunikationstechnik, Antriebstechnik,<br />

<strong>Energie</strong>technik, Verfahrenstechnik, Fertigungstechnik etc.;<br />

• Das Einsatzspektrum im späteren Beruf ist sehr breit: Man findet in nahezu jedem<br />

Industriezweig einen Job als Automatisierungstechniker;<br />

• Die Tätigkeitsfelder sind facettenreich: als der „Mann vor Ort“ auf jeder Ecke der Welt (<strong>für</strong><br />

die IBS = Installation <strong>und</strong> Inbetriebsetzung) oder als der „Schreibtischtäter“ im Stammhaus im<br />

Projektierungsteam; Als Ingenieur beim Komponentenhersteller, oder Projektierer in einem<br />

Ingenieurbüro bzw. als Planer/Instandhalter bei einem Anlagenbetreiber;<br />

• Der Bedarf an Automatisierungstechniker auf dem Arbeitsmarkt schwankt zwar auch mit dem<br />

Konjunkturzyklus. Die Schwankungen sind aus Erfahrung allerdings deutlich geringer als<br />

Fachrichtungen, die nur eine Branche abdecken.<br />

1.3 Modellbasierter Entwurf eines Automatisierungssystems<br />

Das Auffinden von Lösungswegen eines Automatisierungsproblems beruht auf dem<br />

Ingenieurskönnen, nämlich Erfahrung, Kreativität <strong>und</strong> Anwendung von gelernten Entwurfsmethoden.<br />

In der Praxis werden Automatisierungssysteme heute meistens noch intuitiv entworfen <strong>und</strong> in einer<br />

rechnernahen Sprache programmiert. Größere, komplexere Lösungen sind daher oft unübersichtlich.<br />

Sie können nur mit großem Aufwand überprüft <strong>und</strong> allenfalls erweitert werden. Gewünscht wird daher<br />

ein modellbasierter Entwurf welcher auf einem (wieder verwendbaren) Modell des zu<br />

automatisierenden Prozesses <strong>und</strong> einer formalen Beschreibung des gewünschten Verhaltens basiert.<br />

Die daraus systematisch generierte Lösung ist „korrekt“ im Sinne der Spezifikation. Nachträgliche<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Spezifikationsänderungen (z.B. bei der Formgebung oder Rezeptur) können schnell berücksichtigt<br />

werden. Das folgende Bild zeigt den „Idealfall“ des Entwurfs einer <strong>Steuerung</strong>.<br />

Bild 1.3.1: „Idealfall“ des modellbasierten Entwurfs einer <strong>Steuerung</strong><br />

Der eigentliche <strong>Steuerung</strong>sentwurf reduziert sich quasi auf ein Beschreiben (“Beschreiben statt<br />

Programmieren“). Es gibt verschiedene Beschreibungsmittel auf unterschiedlicher Abstraktionsebene.<br />

Diese reichen von der Booleschen Algebra, über Zustandsgraphen bis hin zu Petri-Netzen, die in der<br />

<strong>Vorlesung</strong> nacheinander vorgestellt werden. Immer mehr moderne Werkzeuge setzen dann solche<br />

Beschreibungen in ausführbare Programme um <strong>und</strong> ermöglichen damit anwendungsnahe <strong>und</strong><br />

problemangepasste Lösungen von <strong>Steuerung</strong>sproblemen.<br />

Ähnliches trifft es auch beim Entwurf eines regelungstechnischen Systems zu. Komfortable<br />

Softwarepakete wie Mathlab erleichtern den Entwurfsprozess enorm.<br />

Moderne Entwicklungsumgebung (z.B. „Simatic manager“ <strong>für</strong> die Programmierung der SPS der Fa.<br />

Siemens) unterstützen durchgehend den Prozess der HW-Konfiguration <strong>und</strong> der SW-Entwicklung. Die<br />

Tendenz geht in die Richtung der CAD-Werkzeuge, die ein Projekt von der Angebots- <strong>und</strong> bis zur<br />

Wartungsphase rechnerbasiert abwickeln können (z.B. das Engineering-System ES680 beim<br />

TELEPERM XP bzw. das SPACE-System beim TELEPERM XS).<br />

1.3.1 Lebensphasenzyklus eines Automatisierungssystems<br />

Im wirtschaftlichen Leben ist die Automatisierung nie selbst Zweck. Das Produkt eines<br />

Automatisierungsingenieurs ist die Lösung einer Automatisierungsaufgabe. In der Regel wird ihm<br />

diese Aufgabe von den Verfahrenstechnikern oder anderen Systemdesignern bzw. K<strong>und</strong>en gestellt.<br />

Das folgende Bild zeigt graphisch den Gesamtprozess eines leittechnischen Projektes von der<br />

Akquisitionsphase bis zum Projektabschluss:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Task<br />

Customer<br />

PM Process<br />

Phase<br />

Manufacturing<br />

Process<br />

Procurement<br />

Process<br />

QM Process<br />

Documentation<br />

Process<br />

PM Mile stone:<br />

PA = Project finish<br />

PS = Project start<br />

PV = Project controlling<br />

1<br />

2<br />

5<br />

8<br />

9<br />

Planning Realisation Operation<br />

Acquisition Bid Design Implementation Manufacturing Erection Commissioning Service<br />

1 2<br />

Kon LH PH<br />

3 4 5<br />

Test<br />

6<br />

LT VT<br />

7<br />

8<br />

Inquiry Bid<br />

BS BS DF FR FAT CAT PAC<br />

FAC<br />

AS 21 PS<br />

22<br />

Contract<br />

PV PV PV PV PA<br />

32<br />

35<br />

42 52 62 72<br />

45<br />

28 38<br />

48 58 68 78<br />

29 39<br />

49 59 69 79<br />

Customer Milestone:<br />

BS = Procurement<br />

CAT = Customer acceptance test<br />

DF = Design freeze<br />

LT = I&C<br />

VT = Process<br />

Bild 1.3.2: Abwicklungsprozess eines leittechnischen Projektes<br />

FM<br />

Acceptance<br />

FM = Release erection<br />

FR = Release implementation<br />

FAC = Final acceptance certificate<br />

FAT = Factory acceptance test<br />

PAC = Provisional acceptance certificate<br />

Technisch interessant ist die Betrachtung des Lebensphasenzyklus eines Automatisierungssystems:<br />

1. Das Dokument mit dem Inhalt „Was soll das System leisten?“ wird auch Lastenheft genannt.<br />

Es soll vorrangig vom K<strong>und</strong>en/Auftraggeber erstellt werden <strong>und</strong> möglichst technisch neutral<br />

sein. Die potentiellen Auftragnehmer versuchen oft, möglichst früh darauf Einfluss zu<br />

nehmen;<br />

2. Der Automatisierungsingenieur arbeitet zuerst ein Pflichtenheft aus mit dem Inhalt „Wie<br />

könnte die Lösung des Problems aussehen?“. Je nach der Tiefe der Ausarbeitung entsteht<br />

damit oder danach die Systemspezifikation. Darin oder danach wird die Systemarchitektur<br />

<strong>und</strong> – bei der Entscheidung <strong>für</strong> eine rechnerbasierte Lösung – die Anforderungen an<br />

Software <strong>und</strong> die Anforderungen an Hardware festgelegt.<br />

3. SW <strong>und</strong> HW werden dann - in der Regel getrennt – entworfen <strong>und</strong> realisiert.<br />

4. Obwohl man die SW-Lösung <strong>und</strong> HW-Lösung getrennt prüfen kann <strong>und</strong> auch testet, wird die<br />

volle Funktionalität meistens erst nach der Integration beider Teile validierbar.<br />

5. Das richtige Zusammenspiel mit den elektrischen <strong>und</strong> verfahrenstechnischen Systemen wird<br />

erst nach der erfolgreichen Installation <strong>und</strong> der leittechnischen bzw. verfahrenstechnischen<br />

Inbetriebsetzung demonstriert.<br />

6. Der anschließende Betrieb-, Wartung-, Modifikations-, Demontage- <strong>und</strong> Recycling-<br />

Schritte laufen in der Regel voll im Regie des Anlagenbetreibers.<br />

Von diesem gesamten Lebensphasenzyklus konzentrieren wir uns in dieser <strong>Vorlesung</strong> primär auf die<br />

Schritte 2 bis 3, wenn wir von Komponenten der Automatisierungssysteme sprechen. Der<br />

Ingenieur soll in der Praxis aber immer das ganze in Augen behalten, um auf dem international hart<br />

umkämpften Markt erfolgreich zu sein.<br />

1.3.2 Grafische Symbole<br />

Eine häufige Fehlerquelle beim Entwurf eines Automatisierungssystems ist die Schnittstelle zwischen<br />

dem Verfahrenstechniker (dem Aufgabensteller) <strong>und</strong> dem Automatisierungstechniker (I&C-<br />

Ingenieur). „Ein Bild sagt mehr als tausend Sätze“. Für eine eindeutige, klare Aufgabestellung sind<br />

einheitliche grafische Darstellungen unverzichtbar. Im Folgenden werden nur einige Gr<strong>und</strong>sätze<br />

vorgestellt.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Verfahrensfließbild: Technologisches Schema zur Abbildung der Systemobjekte. DIN 28004 kennt<br />

u. a. folgende Symbole:<br />

Bild: 1.3.3: Ausgewählte Fließbildsymbole (nach DIN 28004)<br />

Sind im Verfahrensfließbild auch die Symbole <strong>für</strong> MSR-Einrichtungen enthalten, so spricht man auch<br />

vom Rohrleitungs- <strong>und</strong> Instrumentenfließbild (R&I-Fließbild). Darin interessieren wir uns als<br />

Automatisierungstechniker vor allem <strong>für</strong> die sog. MSR-Stelle bzw. PLT-Stelle: diese sind<br />

symbolartige Zusammenfassungen aller <strong>für</strong> die Realisierung einer Automatisierungs- bzw.<br />

Prozessleitaufgabe notwendigen Funktionen <strong>und</strong> Funktionseinheiten. Das folgende Bild stellt eine<br />

PLT-Stelle mit Angaben des Messortes <strong>und</strong> des Stellortes dar.<br />

FIC<br />

F001<br />

Stellort Messort<br />

Bild: 1.3.4: Beispiel <strong>für</strong> eine PLT-Stelle<br />

PLT-Stelle<br />

Leittechnik<br />

Verfahrenstechnik<br />

Dabei bedeuten: F001 = Durchflussmessung 001 <strong>und</strong> FIC = Durchflussregler mit Anzeige. Noch<br />

allgemeiner haben die Abkürzungen folgende Bedeutungen:<br />

• Der 1. Buchstabe gibt die Meßgröße an, z.B.:<br />

- F: Durchfluss (flow);<br />

- L: Füllstand (level);<br />

- P: Druck (pressure);<br />

- T: Temperatur (temperature) etc.<br />

• Der 2. Buchstabe gibt die Umsetzfunktion an, z.B.:<br />

- A: alarmierend (alarming);<br />

- I: anzeigend (indication);<br />

- R: registrierend (registration) etc.<br />

• Durch weitere Buchstabe kann Zusatzfunktionen angegeben werden, z.B.:<br />

- C: Regelung (control).<br />

Weitere Symbole werden im Skriptum bei Bedarf erläutert.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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2 Gr<strong>und</strong>lagen der digitalen <strong>Steuerung</strong>stechnik<br />

2.1 Klassifizierung von <strong>Steuerung</strong>en<br />

Je nach Orientierung werden (nach DIN 19237) folgende <strong>Steuerung</strong>sbegriffe unterschieden:<br />

• Signalorientiert: analoge, digitale, binäre <strong>Steuerung</strong>;<br />

• Funktionsorientiert: Verknüpfungs- bzw. Ablaufsteuerung;<br />

• Technologieorientiert: festprogrammierte, umprogrammierbare Verbindungssteuerung (VPS);<br />

frei-, austauschprogrammierbare speicherprogrammierte <strong>Steuerung</strong> (SPS); Relaissteuerung,<br />

elektronische, pneumatische usw.;<br />

• Hierarchieorientiert: Einzel-, Gruppen-, <strong>und</strong> Leitsteuerung;<br />

• Anwendungsorientiert: Verriegelungs-, Sicherheitssteuerung, Brenner-, Produktweg-,<br />

Rezeptursteuerung, Fertigungssteuerung, Kraftwerkssteuerung usw.<br />

2.2 Verbindungsprogrammierte <strong>Steuerung</strong>en (VPS)<br />

Die verbindungsprogrammierte <strong>Steuerung</strong> ist eine Schütz- oder Relaissteuerung, wie sie bis zum<br />

„Siegeseinzug“ der Rechnertechnik in der <strong>Steuerung</strong>stechnik üblich war. Durch Verbinden oder<br />

Verdrahten der einzelnen Schaltelemente wird die Wirkungsweise der <strong>Steuerung</strong> festgelegt.<br />

Will man mit den gleichen Schaltelementen eine andere Funktion erhalten, so muss man neu<br />

verdrahten.<br />

Die Programmdokumentation bei VPS erfolgt meist in Form eines Stromlaufplanes. Obwohl die<br />

Bedeutung der VPS in der Praxis immer mehr abnimmt (<strong>und</strong> die der SPS immer zunimmt), spielt der<br />

Stromlaufplan in der Praxis immer noch eine wichtige Rolle. Oft wird die Logik der<br />

Maschinensteuerung im Stromlaufplan dokumentiert <strong>und</strong> dann in SPS umgesetzt.<br />

Zum Verständnis des Stromlaufplans sind Kenntnissse der Graphiksymbole notwendig. Diese sind<br />

z.B. in DIN 40900 genormt. Einige davon sind in Bild 2.2.1 wiedergegeben.<br />

Schließer Öffner Wechsler Taster Drehschalter<br />

Bild 2.2.1: Ausgewählte Symbole <strong>für</strong> Stromlaufpläne (DIN 40900)<br />

Relais,<br />

Schütz<br />

Die Unterscheidung eines „Schließers“ von einem „Öffner“ spielt vor allem bei der Sicherheitstechnik<br />

eine Rolle:<br />

„Schließer“ bzw. „Arbeitsstromkreis“ Betätigt => Signalzustand „1“ an der SPS<br />

Nicht betätigt => Signalzustand „0“ an der SPS<br />

„Öffner“ bzw. „Ruhestromkreis“ Betätigt => Signalzustand „0“ an der SPS<br />

Nicht betätigt => Signalzustand „1“ an der SPS<br />

Der Stromlaufplan stellt ein hardwaremäßig zu realisierendes <strong>Steuerung</strong>sprogramm anschaulich<br />

strompfadbezogen dar. Dabei sind folgende Regeln zu beachten:<br />

• Eingänge werden durch Taster, Schalter, Endschalter, Relaiskontakte, ... , repräsentiert.<br />

• Ausgänge werden durch Relais, Schütze (zum Schalten von Antrieben), Meldeleuchten, ... ,<br />

dargestellt.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

• Die Logik <strong>und</strong> Ausgangszuweisungen der jeweiligen Schaltfunktion werden vertikal zwischen<br />

den beiden Potentialen des Steuerstromkreises dargestellt. Die Programmabarbeitung erfolgt<br />

von oben nach unten <strong>und</strong> von links nach rechts.<br />

• Die logische Gr<strong>und</strong>verknüpfungen werden wie folgt realisiert:<br />

1. Negation: Kontakt ist im Ruhezustand nicht geöffnet;<br />

2. Konjunktion (UND): Beteiligte Kontakte sind in Reihe geschaltet;<br />

3. Disjunktion (ODER): Beteiligte Kontakte sind parallel geschaltet.<br />

• Jedes Unterprogramm (Sequenz) erhält einen eigenen Strompfad mit den zugehörigen Ein-<br />

<strong>und</strong> Ausgängen.<br />

In Bild 2.2.2a ist eine Selbsthalteschaltung mit zwei Ein- <strong>und</strong> zwei Aus-Tastern dargestellt<br />

(Darstellung mittels Stromlaufplan). Wird der Taster S3 oder der Taster S4 betätigt, so zieht das<br />

Schütz K1 an <strong>und</strong> hält sich über den Haltekontakt von K1 selbst. Wird einer der beiden Taster S1 bzw.<br />

S2 betätigt, so fällt das Schütz K1 ab.<br />

Bild 2.2.2a: Selbsthalteschaltung Bild 2.2.2b: Haltegliedsteuerung<br />

In Bild 2.2.2b ist eine Haltegliedsteuerung mit Zweihandein- <strong>und</strong> Zweihand-Aus-Verriegelung<br />

dargestellt. Werden die Taster S3 <strong>und</strong> S4 gleichzeitig gedrückt, so zieht das Schütz K1 an. Werden die<br />

Taster S1 <strong>und</strong> S2 gleichzeitig gedrückt, so fällt das Schütz K1 wieder ab.<br />

Heutzutage findet VPS besonders bei einfacheren Aufgabenstellungen Anwendung. Sie wird<br />

manchmal in der Sicherheitssteuerungen bevorzugt eingesetzt wegen der leichteren<br />

Korrektheitsnachweise <strong>und</strong> des damit verb<strong>und</strong>enen geringeren Genehmigungsaufwands. Der Vorteil<br />

der kürzeren Reaktionszeit gegenüber SPS verliert dagegen mit zunehmender Steigerung der<br />

Rechnerleistungsfähigkeit immer mehr an Bedeutung.<br />

2.3 Speicherprogrammierbare <strong>Steuerung</strong>en (SPS)<br />

Anfangs war die Funktionalität der SPS auf die binäre <strong>Steuerung</strong> beschränkt. Heute gelten SPS als<br />

Kernstück jeder Automatisierung. Wegen ihrer ständig steigenden Rechenleistung übernehmen SPS<br />

inzwischen nicht nur <strong>Steuerung</strong>s-, sondern auch Regelungsaufgaben (verarbeitet damit Analoggrößen<br />

<strong>und</strong> komplexe mathematische Operationen). Zusätzlich übernehmen SPS zunehmend auch<br />

Überwachungsfunktionen wie z.B. Trenderkennung oder Protokollierung von Ereignissen. SPS ist<br />

deutlich flexibler <strong>und</strong> leistungsfähiger (bei komplexen Systemen auch preiswerter) als VPS <strong>und</strong> ersetzt<br />

die VPS <strong>und</strong> manchmal sogar auch die pneumatischen/hydraulischen <strong>Steuerung</strong>en auf immer mehr<br />

Gebieten. Es gibt drei Ausführungsformen der SPS:<br />

• Hardware-SPS (auch Schrank-SPS genannt, da die Komponenten als Einsteckkarte in einem<br />

Schaltschrank/Baugruppenträger mit Rückwandbus angeordnet sind);<br />

• Slot-SPS (CPU-Karte mit Echtzeitbetriebssystem zum Einbau in einen Host-Industrie-PC);<br />

• Soft-SPS (softwaremäßige Nachbildung der SPS-Funktionalität auf einem Industrie-PC).<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Die zunehmende Konkurrenz der „klassischen“ Hardware-SPS durch die PC-basierte Soft-SPS macht<br />

den starken Einfluss der raschen Entwicklung der Informationstechnologie auf die<br />

Automatisierungstechnik deutlich. Allerdings ist die Hardware-SPS bei rauer Industrieumgebung <strong>und</strong><br />

bei hoher Verfügbarkeits-/Sicherheitsanforderung immer noch der Soft-SPS überlegen (warum?). In<br />

dieser <strong>Vorlesung</strong> wird unter SPS (wenn nichts anderes gesagt) immer die Hardware-SPS verstanden.<br />

Sie ist nicht nur am meisten verbreitet, sondern ihre Entwurfsmethodik <strong>und</strong> die Anwenderprogramme<br />

sind im allg. auf andere SPS-Varianten übertragbar. Im vorlesungsbegleitenden Praktikum wird die<br />

Gerätefamilie SIMATIC S7 der Fa. Siemens eingesetzt. Das folgende Bild zeigt die Ausführungen<br />

dieser SPS-Familie unterschiedlicher Leistungsklassen, wobei die S7-300 in der Praxis die breiteste<br />

Anwendung findet.<br />

S7-300<br />

S7-200<br />

Bild 2.3.1: Abbild einer SPS-Familie (SIMATIC S7)<br />

2.3.1 Aufbau eines Automatisierungsgerätes<br />

S7-400<br />

Bei der SPS werden die Schaltelemente an die Eingänge des Automatisierungsgeräts (AG, Bild 2.3.2)<br />

angeschlossen, die Betätigungsspulen an die Ausgänge.<br />

Bild 2.3.2: Speicherprogrammierbare <strong>Steuerung</strong> (SPS)<br />

Die Wirkungsweise der <strong>Steuerung</strong> wird in einem Programm festgelegt. Das Programm wird mit einem<br />

Programmiergerät in den Programmspeicher geschrieben. Soll nun die Selbsthalteschaltung von Bild<br />

2.2.2a in die Zweihandein- <strong>und</strong> Zweihand-Aus-Verriegelung von Bild 2.2.2b umgewandelt werden, so<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

wird nicht die Verdrahtung, sondern der Inhalt des Programmierspeichers mit dem Programmiergerät<br />

verändert („programmieren statt verdrahten“). Das Automatisierungsgerät ist in sich eine<br />

abgeschlossene Funktionseinheit. Es besteht im Wesentlichen aus folgenden Modulen:<br />

Baugruppenträger Er dient zur Aufnahme der steckbaren Baugruppen.<br />

Netzteil Stromversorgung der SPS<br />

CPU Sie ist die Zentralbaugruppe. Sie arbeitet das Anwenderprogramm<br />

sequentiell ab.<br />

Eingabe-Baugruppen Sie dienen zur Verarbeitung der externen Signale (digital oder analog).<br />

Ausgabe-Baugruppen Mit den Ausgabe-Baugruppen können digitale oder analoge Signale nach<br />

außen gegeben werden.<br />

Sonder-Baugruppen Diese sind Baugruppen <strong>für</strong> spezielle Funktionen. Es gibt z.B.:<br />

Kommunikationsbaugruppen, Reglerbaugruppen, Zählbaugruppen,<br />

Positionierbaugruppen<br />

Modularer Aufbau der Hardware<br />

Man spricht von der modularen Bauweise der Hardware, da man nicht nur die Baugruppen stecken<br />

kann, die man benötigt, sondern darüber hinaus, dass man eine CPU- Baugruppe, die in einem AG <strong>für</strong><br />

die vorliegenden Aufgaben zu langsam ist, gegen eine leistungsfähigere austauschen kann, ohne sonst<br />

etwas am Rahmen oder an den sonstigen Baugruppen zu ändern.<br />

Es ist möglich, zusätzlich ein oder mehrere Erweiterungsgeräte an das Zentralgerät anzuschließen, um<br />

dort Baugruppen unterzubringen, die im Zentralgerät keinen Platz mehr haben. Je nach Bedarf können<br />

zusätzliche Baugruppen, wie z.B. weitere E/A- Baugruppen, Peripheriebaugruppen oder<br />

Kommunikationsbaugruppen angeschlossen werden.<br />

Geht man weiter ins Detail, so erkennt man bei der SPS ein Mehr an Modularität der Hardware<br />

dadurch, dass der Anwender in einem gewissen Rahmen den Speicher <strong>für</strong> das Steuerprogramm selbst<br />

strukturieren kann, so z.B., ob <strong>und</strong> wie viel Speicher in RAM, EPROM oder EEPROM gesteckt wird.<br />

Dieser Speicher ist häufig in Modulkärtchen realisiert <strong>und</strong> leicht von außen zugänglich.<br />

Softwarebausteine<br />

Neben den Aspekten der Modularität wie bei der Hardware kommt bei der Software der strukturierten<br />

Programmierung eine besondere Bedeutung zu. Üblicherweise bestehen die Steuerprogramme des<br />

Anwenders aus funktionell unabhängigen Teilen, den Bausteinen, die völlig getrennt erstellt <strong>und</strong><br />

bearbeitet werden können.<br />

2.3.2 Arbeitsweise einer SPS<br />

Kurz soll hier auf die Arbeitsweise der Zentralbaugruppe (CPU) - das Herzstück einer SPS –<br />

eingegangen werden. Die CPU enthält das Steuerwerk, Programmspeicher, Prozessabbild, interne<br />

Zeiten, interne Zähler <strong>und</strong> Merker. Der Adressenzähler fragt den Programmspeicher Anweisung <strong>für</strong><br />

Anweisung nacheinander ab <strong>und</strong> bewirkt die programmabhängige Informationsübertragung aus dem<br />

Programmspeicher zum Anweisungsregister. Das Steuerwerk erhält seine Anweisungen vom<br />

Anweisungsregister. Während das Steuerwerk die aktuelle Anweisung bearbeitet, schiebt der<br />

Adressenzähler die nächste Anweisung ins Anweisungsregister. Auf die Statusübertragung der<br />

Eingänge in das Prozessabbild der Eingänge folgen die Verknüpfung, der Einsatz der Zeitglieder,<br />

Zähler, Akkus <strong>und</strong> die Übertragung des Verknüpfungsergebnisses in das Prozessabbild der Ausgänge.<br />

Nach Erkennung des Bausteinendes (BE) im Programm erfolgt die Übertragung des Prozessabbilds<br />

der Ausgänge an die Ausgänge. Der Peripheriebus dient zum Datenaustausch zwischen<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Zentralbaugruppe <strong>und</strong> der Peripherie. Zur Peripherie gehören die digitalen <strong>und</strong> analogen Ein- /<br />

Ausgabebaugruppen sowie Zeit-, Zähl- <strong>und</strong> Grenzwertbaugruppen.<br />

2.3.2.1 Zyklischer Betrieb einer SPS<br />

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Programmablauf in der konventionellen<br />

Datenverarbeitung <strong>und</strong> bei der SPS besteht in der Organisation <strong>und</strong> Echtzeitverhalten des Programms.<br />

Bei der üblichen Datenverarbeitung wird ein Programm in der Regel einmal von oben bis unten<br />

durchlaufen <strong>und</strong> hält dann. Im Gegensatz dazu werden SPS-Programme in der Regel in einem „loop<br />

for ever“ permanent zyklisch durchlaufen. Im Einzelnen bedeutet dies:<br />

Zu Beginn jedes Zyklus wird der Zustand aller Eingänge in das Prozessabbild der Eingänge (interner<br />

Speicherbereich) kopiert. Während der Abarbeitung des Programms wird nicht direkt auf die Eingänge<br />

zugegriffen, sondern immer nur auf diese Kopie. Auf diese Weise können Inkonsistenten verhindert<br />

werden, die durch Änderung der Eingangszustände während eines Zyklus entstehen.<br />

Analoges gilt auch <strong>für</strong> die Ausgänge: Während der Programmbearbeitung werden die Ausgänge nicht<br />

direkt (rück-) gesetzt, sondern in einem internen Speicherbereich, dem Prozessabbild der Ausgänge<br />

gespeichert <strong>und</strong> am Ende eines Zyklus wird diese Kopie auf die physikalischen Ausgänge übertragen.<br />

Die Zykluszeit ist die Zeit, die zwischen zwei Ausgaben des Prozessabbildes der Ausgänge vergeht.<br />

Die doppelte Zykluszeit ist die Zeit, innerhalb der ein Automatisierungsgerät auf ein "normales"<br />

Ereignis reagieren kann (Reaktionszeit).<br />

Da aber ein Programm nicht immer auf die gleiche Weise durchlaufen wird, kann die Zykluszeit<br />

variieren. Das folgende Bild 2.3.3 veranschaulicht die Zykluszeit <strong>und</strong> die damit zusammenhängende<br />

Reaktionszeit bei unterschiedlicher Zykluszeit.<br />

Bild 2.3.3: Reaktionszeit bei verschieden langen Zyklen<br />

1 Prozeßabbild der Eingänge einlesen<br />

2 Prozeßabbild der Ausgänge ausgeben<br />

Die Bedeutung des Steuerprogramms ist unabhängig von der jeweiligen Zykluszeit, solange diese<br />

kürzer als die vom Programmierer/Anwender spezifizierte Zykluszeit ist. Die aktuelle Zykluszeit wird<br />

vom Betriebssystem der SPS überwacht.<br />

Ist man mit einem Programmiergerät online an einer laufenden CPU verb<strong>und</strong>en können Informationen<br />

wie aktuelle Zykluszeit, die kürzeste <strong>und</strong> längste Zykluszeit etc. angezeigt werden.<br />

2.3.2.2 Unterbrechung des zyklischen Betriebs<br />

Der permanente zyklische Betrieb hat den Nachteil, dass alle Steuerbefehle nacheinander mit der<br />

gleichen Priorität bearbeitet werden. Soll nun auf ein plötzlich auftretendes Ereignis sehr schnell<br />

reagiert werden, um z.B. sofort entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten, so kann der zyklische<br />

Betrieb verlassen werden.<br />

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Der permanente zyklische Betrieb kann unterbrochen werden durch:<br />

• Prozessalarme: Alarme von einer Baugruppe, entweder von einem Prozesssignal oder auf der<br />

Baugruppe selbst generiert. Sie werden auf einer der vorgesehenen Interruptleitungen der CPU<br />

geführt. Die CPU bearbeitet den aktuellen Baustein zu Ende, verlässt anschließend den Zyklus<br />

<strong>und</strong> bearbeitet über einen speziellen Organisationsbaustein (OB) die Alarmfunktion.<br />

• Weckalarme: Diese werden über spezielle OB´s veranlasst, die vom Betriebssystem in einem<br />

festen Zeitraster aufgerufen werden.<br />

• Andere Alarme wie Uhrzeitalarm, Verzögerungsalarm, Mehrprozessoralarm <strong>und</strong> Fehleralarme<br />

etc.<br />

Es besteht die Möglichkeit, diese Unterbrechungsalarme zurückzuhalten (Alarme sperren).<br />

Beim Aufruf eines ereignisgesteuerten Programms werden die Prozessabbilder nicht automatisch<br />

aktualisiert. Es sind u. U. in den Interruptroutinen direkte Peripheriezugriffe nötig (Dateninkonsistenz<br />

mit dem Hauptprogramm möglich!). Vor der Versuchung, Interrupt-basierte „Programmiertricks“<br />

einzusetzen, nur um eine Verkleinerung der Reaktionszeit zu erreichen oder die CPU-Leistung zu<br />

„sparen“, sollte man sich im Sinne der Softwarepflege in der Praxis unbedingt schützen!<br />

2.3.3 Programmiersprachen der SPS<br />

Für die Programmdarstellung <strong>und</strong> Programmierung der SPS gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine<br />

internationale Vereinheitlichung wurde im Jahre 1992 durch die IEC-Norm 61131-3 (= DIN EN<br />

61131-3) erreicht, um die Anwenderprogramme herstellerunabhängiger zu machen. Dadurch wurde in<br />

Deutschland die (alte) DIN 19239 abgeschafft <strong>und</strong> bei Siemens die STEP 5 <strong>für</strong> SIMATIC S5 durch<br />

STEP 7 <strong>für</strong> SIMATIC S7 ersetzt.<br />

Die DIN EN 61131-3 nennt 5 Programmiersprachen:<br />

• Die Anweisungsliste AWL;<br />

• Den Strukturierten Text ST;<br />

• Die Funktionsbausteinsprache FBS (auch FUP=Funktionsplan genannt);<br />

• Den Kontaktplan KOP <strong>und</strong><br />

• Die Ablaufsprache AS (Sequential Function Chart = SFC).<br />

AWL <strong>und</strong> ST sind textuelle Sprachen; KOP <strong>und</strong> FBS sind dagegen graphisch orientiert. Die AS ist<br />

eine übergeordnete Sprache mit beiden Elementen <strong>und</strong> ist besonders geeignet zur Programmierung<br />

von Ablaufsteuerungen, wobei die graphische Variante bevorzugt verwendet wird (z.B. im Siemens-<br />

Programmiersystem S7-Graph).<br />

AWL ist dem Wesen nach eine maschinennahe Sprache <strong>und</strong> erinnert sehr stark an die<br />

Assemblerprogrammierung. Sie ist mächtig, aber relativ unübersichtlich bei großen Programmen. Ihr<br />

Stellenwert bei unserer <strong>Vorlesung</strong> liegt vor allem darin, dass man damit die Arbeitsweise der SPS-<br />

Geräte tiefer verstehen kann. Ihre große Bedeutung <strong>für</strong> die Praxis liegt in der weiten Verbreitung <strong>und</strong><br />

in den vielen existierenden Anwendungen.<br />

ST (oder SCL=Structured Control Language) stellt eine Hochsprache dar <strong>und</strong> ist daher besonders<br />

geeignet zur Umsetzung der Programmbeschreibungsmittel wie Struktogramme. Man denke an die<br />

Programmiersprache PASCAL.<br />

Der KOP wurde in früheren Zeiten entwickelt, um VPS-Programmierern, die gewohnt waren in<br />

Stromlaufplänen zu denken, den Umstieg zur SPS einfacher zu machen. Heute hat diese Form keinen<br />

wichtigen Stellenwert mehr.<br />

Die Vorteile der Beschreibung einer Aufgabenstellung im Funktionsplan (FUP) liegen vor allem<br />

darin, dass sie nicht nur vom Leittechniker, sondern auch vom Verfahrenstechniker leicht zu verstehen<br />

ist. Daher arbeitet man in modernen komplexen Leitsystemen wie TELEPERM XP oder TELEPERM<br />

XS nur noch mit den Funktionsplänen. Auch <strong>für</strong> die normalen <strong>Steuerung</strong>saufgaben geht die Tendenz<br />

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eindeutig dorthin. Demgegenüber steht der Nachteil, dass die FUPs in der Regel nicht den gesamten<br />

Befehlsvorrat (wie bei der AWL möglich) abdecken. Abgesehen davon existieren in der Praxis<br />

Aufgabenstellungen, deren Lösungsstrukturen nur ineffizient mit Funktionsplänen darstellen lassen.<br />

Den Studierenden wird in seinem Studium eine gewisse Freiheit <strong>für</strong> seine Lieblingssprache<br />

überlassen. Im Skriptum werden FUP <strong>und</strong> AWL gleichrangig behandelt in der Absicht, im FUP auf<br />

abstrakterer Ebene den Lösungsweg zu finden, um anschließend in AWL die „maschinennahe“<br />

Umsetzung zu üben.<br />

Im Folgenden werden die einige Gr<strong>und</strong>sprachen der SPS-Programmierung nur soweit vorgestellt, wie<br />

man zum Nachvollziehen der Beispiele braucht. Die „Beherrschung“ einer bestimmten Sprache soll<br />

erst später im Laborpraktikum erreicht werden.<br />

Anweisungsliste (AWL)<br />

In der Anweisungsliste wird die <strong>Steuerung</strong>saufgabe mit einzelnen <strong>Steuerung</strong>sanweisungen (=kleinste<br />

Einheit eines Programms) beschrieben. Die <strong>Steuerung</strong>sanweisungen (Operation <strong>und</strong> Operand)<br />

verwenden mnemonische (sinnfällige) Abkürzungen der Funktionsbezeichnungen. Bild 2.3.4 zeigt den<br />

Aufbau einer AWL-Zeile.<br />

Bild 2.3.4: Aufbau einer AWL-Zeile<br />

Eingänge in SPS in der Regel byteweise gruppiert <strong>und</strong> werden in der klassischen AWL mit E0.0 bis<br />

E0.7 (E1.0 ... E1.7, ...), Ausgänge mit A0.0 bis A0.7 (A1.0, ... A1.0, ...) bezeichnet. Adressen in der<br />

Form „E0.0“ werden auch absolute Adressen genannt. Neuere Softwarekonzepte bevorzugen die<br />

symbolischen Adressen. Die tatsächliche Anzahl von Ein- <strong>und</strong> Ausgängen hängt von der verwendeten<br />

Anlage ab. Gleiches gilt <strong>für</strong> Merker, diese sind eine Art geräteinterne Zwischenvariable, um<br />

komplexe logische Ausdrücke übersichtlicher zu gestalten. Als remanente Merker bezeichnet man<br />

Merker die ihren Zustand speichern, auch wenn die SPS abgeschaltet ist. Fester Teil der<br />

Anweisungsliste ist die Zuordnung. Sie hilft dem Installateur die SPS über die richtigen Anschlüssen<br />

mit der Anlage zu verbinden <strong>und</strong> soll Auskunft über verwendete Elemente geben.<br />

Zuordnungen <strong>für</strong> das Beispiel im Bild 2.3.5 könnten sein:<br />

E1 = E0.1 A = A0.1<br />

E2 = E0.2<br />

E3 = E0.3<br />

Die AWL dazu:<br />

U E0.1 // Kommentar: Erstabfrage<br />

UN E0.2<br />

O E0.3<br />

= A0.1<br />

BE<br />

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Bild 2.3.5: Beispiel <strong>für</strong> FUP, KOP <strong>und</strong> AWL<br />

Man erkennt hier logische Operationen wie „U“=UND, „UN“=UND NICHT, „O“=ODER bzw. den<br />

Zuweisungsbefehl „=“ mit den zugehörigen Operanden „E0.1“, „A0.1“ usw. Eine Anweisungsliste<br />

wird immer mit „BE“ (Blockende) beendet. Kommentare (optional) beginnen mit zwei<br />

Schrägestrichen <strong>und</strong> enden am Zeilenende. In AWLs gilt wie bei Booleschen Gleichungen UND vor<br />

ODER, d.h. man muss Klammern setzten wenn mehrere ODER-Verknüpfungen vor einer UND-<br />

Verknüpfung bearbeitet werden sollen. Da der Algorithmus in der Anweisungsliste der SPS zyklisch<br />

abgearbeitet wird, ist also darauf zu achten, das in Programmen keine Zustände verarbeitet werden,<br />

bevor sie erstmals berechnet wurden, um unerwünschte Effekte zu vermeiden.<br />

Funktionsplan (FUP)<br />

Der Funktionsplan (FUP) ist die schaltungstechnische Darstellung der <strong>Steuerung</strong>saufgabe. Die<br />

einzelnen Funktionen werden durch ein Symbol mit Funktionskennzeichen (= Funktionsbaustein<br />

FBS) dargestellt. Auf der linken Seite des Symbols werden die Eingänge, auf der rechten Seite die<br />

Ausgänge angeordnet. Eingänge <strong>und</strong> Ausgänge müssen mit Operandenkennzeichen versehen werden.<br />

Die Software zum Erzeugen von Steuerprogrammen <strong>für</strong> SPS kann diese Darstellungsform in ein<br />

Anweisungsprogramm umwandeln, siehe das Beispiel in Bild 2.7.<br />

Kontaktplan (KOP)<br />

Der Kontaktplan ist die bildliche Darstellung der <strong>Steuerung</strong>saufgabe. Er hat viel Ähnlichkeit mit dem<br />

herkömmlichen Stromlaufplan, jedoch sind mit Rücksicht auf die Darstellung die einzelnen<br />

Strompfade nicht senkrecht sondern waagrecht angeordnet. Die Symbole müssen mit<br />

Operandenkennzeichen versehen werden. Eingänge werden durch eckige, Ausgänge durch r<strong>und</strong>e<br />

Klammern dargestellt. UND Verknüpfungen sind in Reihe geschaltet, ODER Verknüpfungen parallel.<br />

In der folgenden Tabelle sind noch einmal die wichtigsten logischen Operationen zusammengefasst.<br />

Auf die Sprache AS bzw. die STEP7 Variante S7-Graph wird im Rahmen der Ablaufsteuerung<br />

eingegangen. Außerdem bietet Siemens den S7-HiGraph zur Modellierung vom Zustandsgraph an.<br />

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2.3.4 Gr<strong>und</strong>lagen der Boolechen Algebra<br />

Bevor wir zum systematischen Entwurf von <strong>Steuerung</strong>ssystemen kommen, sollte hier eine kurze<br />

Einführung in die Boolesche Algebra gegeben werden. Für die Elektrotechniker ist es eine<br />

Wiederholung, <strong>für</strong> die anderen Studiengänge eine notwendige Voraussetzung zum Verständnis des<br />

Stoffes.<br />

Eine Variable in der Booleschen Algebra kann nur zwei Werte annehmen: 0 oder 1, entspricht den<br />

logischen Zuständen wahr (TRUE) oder falsch (FALSE). Zwischenzustände gibt es nicht (im<br />

Gegensatz zur Fuzzy Logic = unscharfe Logik). Boolesche Variable lässt sich besonders leicht<br />

physikalisch realisieren, z.B. elektrischer Strom fließt oder unterbrochen, elektrische Spannung hoch<br />

oder niedrig etc.<br />

Boolesche Gleichungen sind besonders geeignet <strong>für</strong> die mathematischen Beschreibungen von<br />

logischen Verknüpfungen. Ein logisches UND (bzw. AND) wird entweder durch „&“, oder „∧“ oder<br />

vereinfacht durch ein „*“ oder gar ein Leerzeichen dargestellt; ein ODER durch „∨“ bzw. „+“. Wenn<br />

es also keine Verwechselungsgefahr besteht, sind folgende Darstellungsformen z.B. <strong>für</strong> das UND<br />

äquivalent:<br />

A = B AND C = B & C = B ∧ C = B * C = B C.<br />

Der dritte Operator ist der „NOT“ zum Negieren einer Variablen. Negierte Signale werden durch einen<br />

Hochstrich gekennzeichnet: S (sprich: S nicht oder nicht S), in den Übungen manchmal auch durch<br />

den Unterstrich S.<br />

Mit den 3 Operatoren UND, ORDER NOT lässt sich jede Boolesche Funktion eindeutig festlegen,<br />

dabei gilt immer UND vor ODER (in Analogie zur Schulalgebra Multiplikation vor Addition, auch<br />

Punkt-vor-Strich-Regel genannt). Selbstverständlich kann man mit Hilfe der Klammern eine andere<br />

Priorität herstellen (zuerst innen, dann außen).<br />

Da jede Boolesche Variable nur zwei Zustände besitzen kann, lässt sich eine Boolesche Funktion auch<br />

durch eine begrenzte, wenn auch manchmal große Wertetabellen vollständig angeben. Man nennt sie<br />

auch Funktionstabelle bzw. Wahrheitstabelle, z.B.:<br />

Nr. B C A=B*C A=B+C NAND =<br />

Nicht (B*C)<br />

NOR =<br />

Nicht (B+C)<br />

00 0 0 0 0 1 1<br />

01 0 1 0 1 1 0<br />

02 1 0 0 1 1 0<br />

03 1 1 1 1 0 0<br />

B <strong>und</strong> C sind beide Eingangs- <strong>und</strong> A die Ausgangsgrößen. Die Operatoren NAND = not and bzw.<br />

NOR = not or ist nur eine abgekürzte Schreibweise. Bei n Eingangsvariablen ist die vollständige<br />

Tabelle 2 n Zeilen lang. Von Zeile zu Zeile ändert sich die Eingangsvariable in der ganz rechten Spalte<br />

(in dem Fall C, auch der niedrigstwertige bit genannt = binary digit) immer seinen Zustand, die 2.<br />

rechte Spalte am Eingang (in dem Fall B) jede 2. Zeile, dann jede 4., jede 8. Zeile usw.<br />

Natürlich kann man eine Boolesche Funktion auch symbolisch darstellen. Dadurch bekommt man<br />

einen Funktionsplan, s. Kap. 2.3.3.<br />

Alle 3 Darstellungsformen sind völlig äquivalent. Sie sollten zwischen denen hin- <strong>und</strong> herwechseln<br />

können. Zur Generierung der Funktionstabelle genügt es, wenn man aus den Eingangskombinationen<br />

die Ausgangsvariable schrittweise ausrechnet, dabei kann man auch Zwischenvariablen einführen, um<br />

Rechenfehler zu vermeiden.<br />

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Um von der Funktionstabelle zum Booleschen Ausdruck zu kommen, bedient man sich einer de<br />

folgenden Darstellungsformen:<br />

• Disjunktive Normalform (DNF): z.B. D = S 1*S2*S3<br />

+ S1* S 2 *S3<br />

• Konjunktive Normalform (KNF): z.B. K = ( S 1+S2+S3)*(S1+<br />

S 2 +S3)<br />

Die einzelnen „UND“-Terme der DNF werden auch als Minterm, die „ODER-Terme“ der KNF als<br />

Maxterm bezeichnet.<br />

Beispiel:<br />

Nr.<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

S3 S2 S1<br />

0 0 0<br />

0 0 1<br />

0 1 0<br />

0 1 1<br />

1 0 0<br />

1 0 1<br />

1 1 0<br />

1 1 1<br />

K<br />

0<br />

1<br />

1<br />

0<br />

1<br />

0<br />

0<br />

1<br />

DNF (Disjunktive Normalform) :<br />

K = s3⋅<br />

s2<br />

⋅ s1+<br />

s3⋅<br />

s2<br />

⋅ s1+<br />

s3⋅<br />

s2<br />

⋅ s1+<br />

s3⋅<br />

s2<br />

⋅ s1;<br />

KNF (Konjunktive Normalform) :<br />

K = ( s3<br />

+ s2<br />

+ s1)<br />

⋅ ( s3<br />

+ s2<br />

+ s1)<br />

⋅ ( s3<br />

+ s2<br />

+ s1)<br />

⋅ ( s3<br />

+ s2<br />

+ s1);<br />

Vor allem die DNF wird gerne verwendet. Dabei fasst man die Zeilen, bei denen die<br />

Ausgangsfunktion wahr ist (=1), durch eine UND-Verknüpfung der Eingangsvariablen (Minterme)<br />

<strong>und</strong> anschließend die Minterme durch die ODER-Verknüpfung zusammen.<br />

Boolescher Algebra besitzt in Analogie zum Schulalgebra auch einige Rechenregeln:<br />

• Kommutativgesetz: S1*S2 = S2*S1 bzw. S1+S2 = S2 + S1<br />

• Distributivgesetz: S1*S2 + S1*S3 = S1* (S2 + S3) bzw. (S1+S2) * (S1+S3) = S1+ (S2 * S3)<br />

• Assoziationsgesetz : S1*S2*S3 = S1*(S2*S3) bzw. S1+S2+S3 = S1+(S2+S3)<br />

• Reduktionsregeln: S1 + S1*S2 = S1; S1*(S1+S2) =S1<br />

• De Morgansche Regel: S 1+ S2<br />

= S1*<br />

S2<br />

bzw. S 1* S2<br />

= S1+<br />

S2<br />

• Komplemente: S+ S =1; S* S =0<br />

• Identität: S+0=S; S+1=1<br />

• Neutrale Elemente: S*0=0; S*1=S<br />

• Idempotenz: S+S=S; S*S=S;<br />

Vor allem spielt die De Morgansche Regel in der Praxis eine große Rolle.<br />

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2.4 Entwurf von Verknüpfungssteuerungen<br />

2.4.1 Definition<br />

Nach DIN 19237: Eine Verknüpfungssteuerung ist eine <strong>Steuerung</strong>, die den Signalzuständen der<br />

Eingangssignale bestimmte Signalzustände der Ausgangssignale im Sinne Boolescher Verknüpfungen<br />

zuordnet.<br />

Unter Verknüpfung versteht man die Auswertung von Ausdrücken der Art:<br />

WENN Temperatur zu hoch<br />

UND Motor läuft<br />

DANN schalte Lüfter ein<br />

Hier werden die Temperaturüberschreitung <strong>und</strong> das Signal, dass der Motor läuft, zu einem<br />

Ausgangssignal verknüpft, das den Lüfter einschaltet. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann jedes <strong>Steuerung</strong>sproblem<br />

sowohl mit den Mitteln der Verknüpfungssteuerung, als auch mit den Mitteln der Ablaufsteuerung<br />

gelöst werden.<br />

Überwiegen die Probleme, die mit Bedingungen unabhängig vom zeitlichen Ablauf zu tun haben, so<br />

verwendet man Mitteln der Verknüpfungssteuerung. Dies ist z.B. bei den Sicherheitsfunktionen oft der<br />

Fall, da diese in der Regel weniger von zeitlichen Schritten im Prozess <strong>und</strong> sondern viel mehr von den<br />

Prozesszuständen abhängig sind. Anmerkung: In der Sicherheitsleittechnik wie in einem<br />

Kernkraftwerk wird diese Philosophie „schutzzielorientiertes Design“ genannt.<br />

Sämtliche Verknüpfungen eines Problems bzw. einer <strong>Steuerung</strong> müssen in Echtzeit (simultan)<br />

ausgewertet <strong>und</strong> ausgeführt werden, wie beispielsweise bei den einfachen Relaissteuerungen der<br />

Bilder 2.2a <strong>und</strong> 2.2b. In der Praxis genügt es jedoch, die einzelnen Verknüpfungen sequentiell in einer<br />

Schlaufe zu bearbeiten <strong>und</strong> diese Schlaufe immer wieder zu durchlaufen (vgl. Abschnitt 2.3.2.1<br />

Permanenter zyklischer Betrieb einer SPS).<br />

2.4.2 Verknüpfungssteuerung ohne Speicherverhalten<br />

Reine Verknüpfungssteuerungen sind eine statische, kombinatorische <strong>Steuerung</strong>sart, bei der der<br />

(binäre) Eingangsgrößenvektor x, bestehen aus dem Bedienvektor b <strong>und</strong> Messvektor q, über ein<br />

Boolesches (logisches) Gleichungssystem y := f (x) auf einen Ausgangsgrößenvektor y, bestehend aus<br />

dem Anzeigevektor a <strong>und</strong> Stellgrößenvektor r, abgebildet wird, vgl. auch Bild 2.4.1.<br />

x =<br />

b<br />

q<br />

Verknüpfungs-<br />

steuerung<br />

Bild 2.4.1: Binäre Verknüpfungssteuerung<br />

Kennzeichnend bei der <strong>Steuerung</strong>sart ist, dass die Ausgänge nur von den augenblicklichen Werten der<br />

Eingänge abhängen. Sie wird daher auch als Schaltnetz bezeichnet.<br />

2.4.2.1 Entwurfsschritte anhand eines Beispiels<br />

Gestellt sei die Aufgabe, eine <strong>Steuerung</strong> zu entwerfen, die Personen beim unbeabsichtigten Eindringen<br />

in den Schutzbereich einer Roboterfertigungszelle schützt. Die Entwurfsschritte orientieren sich am<br />

vorgestellten Schema:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 28 -<br />

y =<br />

a<br />

r


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2.4.2.1.1 Anlagenbild<br />

Das folgende Bild zeigt das Anlagenbild mit dem zu sichernden Schutzbereich.<br />

LS1<br />

LS2<br />

Roboterarm<br />

LS4<br />

Bild 2.4.2: Fertigungszelle mit Lichtschrankenstrecken<br />

LS3<br />

2.4.2.1.2 Verbale Funktionsbeschreibung, Sensor- <strong>und</strong> Aktoreinrichtung<br />

„Bei Betreten des Schutzbereichs ist die Fertigungszelle bei aktiver <strong>Steuerung</strong> stromlos zu schalten. Ist<br />

die <strong>Steuerung</strong> nicht aktiviert, dann soll dies durch eine Alarmlampe angezeigt werden.“<br />

Als Sensoren werden an den Grenzen des Schutzbereichs 4 Lichtschrankenstrecken eingerichtet (vgl.<br />

LS1 – LS4 im Bild 2.4.2). Ferner wird zur Bedienung ein Schutzsystemschalter S installiert. Als<br />

Aktoren stehen ein Schützrelais zur Schaltung der Stromversorgung sowie eine ansteuerbare<br />

Alarmlampe zur Signalisierung der Außerbetriebnahme der Schutzfunktion zur Verfügung.<br />

2.4.2.1.3 Physikalisch/logische Zuordnung von Sensor- <strong>und</strong> Aktorsignalen<br />

Die Benennungen der Mess- <strong>und</strong> Stellgrößen sind Bild 2.4.3 zu entnehmen.<br />

Systemschalter S<br />

Lichtschranken LSi<br />

b1<br />

q1<br />

q4<br />

.<br />

.<br />

Verknüpfungs-<br />

steuerung<br />

Bild 2.4.3: Schema der Verknüpfungssteuerung<br />

a1<br />

r1<br />

Alarmlampe AL<br />

Schütz<br />

Stromversorgung zur Zelle<br />

Den logischen Signalzuständen entsprechen dabei folgenden physikalischen Zuständen in der<br />

folgenden Zuordnungstabelle:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Logisch Physikalisch<br />

qi = 0<br />

b1 = 0<br />

r1 = 0<br />

a1 = 0<br />

2.4.2.1.4 Formale Beschreibung, Entwurf<br />

LSi unterbrochen<br />

S aus<br />

Schütz zu<br />

AL aus<br />

Die vollständige Wahrheitstabelle (auch Schaltbelegungstabelle oder Funktionstabelle genannt)<br />

zwischen den Eingang- <strong>und</strong> Ausgangsvariablen der <strong>Steuerung</strong> ist recht umfangreich (genauer gesamt<br />

ergibt sich bei 5 Eingangsvariablen 2 5 Eingangskombinationen):<br />

Nr. q1 q2 q3 q4 b1 r1 a1<br />

0 0 0 0 0 0 0 1<br />

1 0 0 0 0 1 1 0<br />

2 0 0 0 1 0 0 1<br />

3 0 0 0 1 1 1 0<br />

. . . . . . . .<br />

. . . . . . . .<br />

31 1 1 1 1 1 0 0<br />

Die sog. Disjunktive Normalform (DNF) der Ausgangsfunktionen lauten:<br />

( q1<br />

∧ q2<br />

∧ q3<br />

∧ q4<br />

∧ b1)<br />

∨ ( q1<br />

∧ q2<br />

∧ q3<br />

∧ q4<br />

∧ ) ⋅⋅<br />

⋅<br />

( q1<br />

∧ q2<br />

∧ q3<br />

∧ q4<br />

∧ b1)<br />

∨ ( q1<br />

∧ q2<br />

∧ q3<br />

∧ q4<br />

∧ ) ⋅⋅<br />

⋅<br />

r 1 = b1<br />

bzw.<br />

a 1 = b1<br />

Diese lassen sich entweder mathematisch oder empirisch reduzieren. Verwendet man x als das<br />

Irrelevanz-Symbol („don’t care“), so erhalten wir nur 5 Signalkombinationen, die „physikalisch<br />

interessant“ sind:<br />

Nr. q1 q2 q3 q4 b1 r1 a1<br />

1 0 X X X 1 1 0<br />

2 X 0 X X 1 1 0<br />

3 X X 0 X 1 1 0<br />

4 X X X 0 1 1 0<br />

5 X X X X 0 0 1<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Wird der Inhalt der Tabelle in Boolesche Gleichungen umgesetzt, so erhält man die sog.<br />

Schaltfunktionen:<br />

( q1∨<br />

q2<br />

∨ q3<br />

∨ q4)<br />

1<br />

r1 =<br />

∧ b<br />

a 1 = b1<br />

2.4.2.1.5 Implementierung<br />

Mit Hilfe des Strukturierten Texts wäre die Programmierung in zwei Zeilen erledigt.<br />

Würde man die umkomplizierten logischen Ausdrücke direkt mit Hilfe der Logikgatter in Hardware<br />

implementieren, so würde man eine Lösung wie im Bild 2.4.4a bekommen.<br />

Durch Umformen der Gleichungen (de Morgansche Regel) kann <strong>für</strong> invertierte Ausgänge der<br />

<strong>Steuerung</strong>sfunktion auch alleine mit NAND-Gattern verwirklicht werden, was auch eine einfache<br />

Realisierung mit PAL-Bausteinen ermöglichst (vgl. Bild 2.4.4b).<br />

Darstellungen im Bild 2.4.3 mit definierten Graphiksymbolen sind nichts anderes als die<br />

Funktionsbaustein-Darstellung (FBS).<br />

Bild 2.4.4a: Direkte Umsetzung Bild 2.4.4b: Realisierung mit NAND-Gattern<br />

2.4.2.1.6 Test<br />

Im vorliegenden Fall reichen 2 5 Testmuster aus, um die <strong>Steuerung</strong> vollständig zu testen. Bei<br />

umfangreicheren Anwendungen ist der vollständige Test leider nur selten möglich. Selbst eine<br />

softwaremäßige Simulation kann (aus Kosten- oder Zeitgründen) nicht immer vollständig<br />

durchgeführt werden. Daher sollte die Testbarkeit/Wartungsfre<strong>und</strong>lichkeit bereits bei der<br />

Projektierung bereits berücksichtigt werden. Die Verifikation (Korrektheitsnachweisführung) der<br />

komplexen <strong>Steuerung</strong>seinrichtungen mit Sicherheitsbedeutung ist ein aktuelles Forschungsthema.<br />

2.4.3 Minimierung von Schaltfunktionen<br />

Wie im obigen Beispiel gezeigt, spielt beim Entwurf einer Verknüpfungssteuerung nicht nur das<br />

Aufstellen der „richtigen“ Schaltfunktionen, sondern auch ihre Vereinfachung eine wichtige Rolle. Sie<br />

spart nicht nur Programmieraufwand, Rechnerspeicherplätze, erhöht die Rechengeschwindigkeit,<br />

sondern erhöht in der Regel auch die Zuverlässigkeit der Lösung (nach dem Motto: einfacher =<br />

zuverlässiger).<br />

2.4.3.1 Algebraisches Verfahren<br />

Anahand des Beispiels in der folgenden Schaltbelegungstabelle mit zwei Eingangsvariablen E1, E2<br />

<strong>und</strong> einer Ausgangsvariable A sollte die Vorgehensweise der systematischen Minimierung von<br />

Schaltfunktionen mit Hilfe der Rechenregeln der Boolesche Algebra vorgestellt werden:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Nr. E2 E1 A<br />

00 0 0 0<br />

01 0 1 1<br />

02 1 0 1<br />

03 1 1 1<br />

Für die Zeile-Nummerierung werden oft Oktalzahlen verwendet, deren Nutzen später erläutert wird.<br />

Der Wert der Ausgangsvariable A hängt von der UND-Verknüpfung der Eingangsvariablen in<br />

derselben Zeile ab. Fasst man die Zeilen, in denen A wahr ist, ODER-verknüpft zusammen, so erhält<br />

man die DNF der Schaltfunktion:<br />

A = E1<br />

∧ E2<br />

∨ E1<br />

∧ E2<br />

∨ E1<br />

∧ E2<br />

Wendet man nun die Rechenregeln der Booleschen Algebra an, so ergibt sich:<br />

A =<br />

=<br />

( E1<br />

∧ E2<br />

∨ E1<br />

∧ E2)<br />

∨ ( E1<br />

∧ E2<br />

∨ E1<br />

∧ E2)<br />

E1<br />

∧ ( E2<br />

∨ E2)<br />

∨ ( E1∨<br />

E1)<br />

∧ E2<br />

= E1∨<br />

E2<br />

Mit zunehmender Anzahl von Variablen wird es immer schwieriger, die Schaltfunktionen rechnerisch<br />

zu vereinfachen. Die graphische oder tabellarische Vorgehensweise bringt dann eindeutig Vorteile.<br />

2.4.3.2 Verfahren nach Karnaugh <strong>und</strong> Veitch (KVS-Diagramm)<br />

Bis zu 4 (max. 6) Variablen wird in der Praxis gerne das Karnaugh-Veitch-Symmetrie (KVS)-<br />

Diagramm als Vereinfachungsschema herangezogen. Nach der Übernahme der Funktionswerte (z.B.)<br />

aus einer Funktionstabelle), werden benachbarte Felder mit den „Einsen“ zusammengefasst (da sie<br />

sich nur durch eine einzige Variable unterscheiden) <strong>und</strong> die betroffene Variable (die sich ändert)<br />

eliminiert. Es ist selbstverständlich möglich, mehr als eine Variable auf einmal zu eliminieren, wenn<br />

der zusammenhängende Block groß genug ist.<br />

Das obige Beispiel <strong>für</strong> zwei Variable sieht dann in einem KVS-Diagramm wie folgend aus:<br />

E 1<br />

E1<br />

E 2 00 01 I<br />

E2 02 I 03 I<br />

Ausgehend von der 1. Zeile (links E1 nicht, rechts E1) wird die 2. Zeile durch die Spiegelung um die<br />

Achse <strong>für</strong> E2 (oben E2 nicht, unten E2) erzeugt. Nach der Zusammenfassung benachbarter Termine<br />

<strong>und</strong> Eliminierung der sich jeweils ändernden Variablen erhält man das gleiche Ergebnis A = E1∨<br />

E2<br />

.<br />

Für jede weitere Variable wird das vorherige Diagramm durch Spiegelung um die neue Achse <strong>für</strong> die<br />

neue variable verdoppelt, z.B.:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Oder:<br />

E 1 E1 E1 E 1<br />

E 2 00 01 05 04<br />

E2 02 03 07 06<br />

E 3 E 3 E3 E3<br />

E 1 E1 E1 E 1<br />

E 2 00 01 05 04 E 4<br />

E2 02 03 07 06 E 4<br />

E2 12 13 17 16 E4<br />

E 2 10 11 15 14 E4<br />

E 3 E 3 E3 E3<br />

Man beachte die Oktalzahlen in den Feldern, die symmetrisch zu der Spiegelachse liegen. Zum<br />

Schluss sei noch erwähnt, dass es in der Praxis häufig auch die etwas vereinfachte Darstellung des<br />

KVS-Diagramms anzutreffen ist, z.B. <strong>für</strong> 4 Variable:<br />

E 3E4<br />

E3 E4<br />

E3E4<br />

E3 E 4<br />

E 1E2<br />

E 1 E2 E1E2 E1 E 2<br />

Auch hier ist darauf zu achten, dass sich benachbarte Felder nur um eine Variable unterscheiden.<br />

2.4.4 Verknüpfungssteuerung mit Speicherverhalten<br />

Die Schalfunktionen der bisher betrachteten <strong>Steuerung</strong> bestehen aus reiner kombinatorischer Logik.<br />

Viele <strong>Steuerung</strong>saufgaben erfordern allerdings, dass die aktuellen Ausgänge nicht nur von<br />

momentanen Werten der Eingänge, sondern zusätzlich auch noch von der „Vorgeschichte“ der<br />

Systemzustände abhängen. Eine derartige <strong>Steuerung</strong> wird auch als Schaltwerk bezeichnet. In der<br />

Informatik wird ein solches System auch „ein endlicher Automat“ bezeichnet (um diesen dann mit der<br />

„Automatentheorie“ zu behandeln). Dementsprechend ist das Modellierungsschema im Bild 2.10 mit<br />

Hilfe eines Zustandsspeichers zu erweitern (vgl. Bild 2.4.5).<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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x =<br />

b<br />

q<br />

Verknüpfungs-<br />

steuerung<br />

Zustand<br />

y =<br />

Bild 2.4.5: Verknüpfungssteuerung mit Speicherverhalten<br />

a<br />

r<br />

Nächste Zustand<br />

Man beachte die Rückkopplungsschleife durch den Zustandsspeicher, der sich mit Hilfe der Merker<br />

leicht realisieren lässt.<br />

Mathematisch ausgedrückt: y (k) = f (x; y (k-1) ) mit y (k-1) als Vorgeschichte.<br />

2.4.5 Realisierung von Speicherverhalten<br />

Beispiel: Ein Lüftermotor kann durch je einen Taster ein- <strong>und</strong> ausgeschaltet werden. Werden jedoch<br />

beide Taster gleichzeitig betätigt, soll der Zustand „Aus“ erreicht werden.<br />

Die Zuordnungstabelle sieht wie folgend aus:<br />

Die Schaltbelegungstabelle:<br />

Logisch Physikalisch<br />

E1 = 1<br />

E2 = 1<br />

Taster 1 gedrückt<br />

Taster 2 gedrückt<br />

A = 1 Lüftermotor „ein“<br />

Nr. A (vorher) E2 E1 A (nachher)<br />

00 0 0 0 0<br />

01 0 0 1 1<br />

02 0 1 0 0<br />

03 0 1 1 0<br />

04 1 0 0 1<br />

05 1 0 1 1<br />

06 1 1 0 0<br />

07 1 1 1 0<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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DNF: A = E1E2<br />

A ∨ E1E2A<br />

∨ E1E2A<br />

Minimierte Gleichung: A = E2<br />

( E1∨<br />

A)<br />

Realisierung der Funktion:<br />

E 1 E1 E1 E 1<br />

E 2 00 01 05 04<br />

E2 02 03 07 06<br />

A A A A<br />

Bild 2.4.6a: Schütz mit Selbsthaltung (Stromlaufplan) Bild 2.4.6b: Schütz mit Selbsthaltung (FBS)<br />

Da die Speicherfunktion sehr oft gebraucht wird, wird ein Extra-FBS definiert (Bild 2.4.7):<br />

Bild 2.4.7a: Speicher-Symbol (Standard) Bild 2.4.7b: Speicher-Symbol (mit Vorzugsrichtung)<br />

Die Tatsache, dass das Rücksetzen dominant ist (Vorrang hat), wird im Bild 2.4.7a dadurch<br />

gekennzeichnet, dass „R“ unter „S“ steht. Manchmal sieht man auch das Symbol im Bild 2.4.7b: Der<br />

dicken Balken auf der rechten Seite bedeutet die Vorzugsstellung nach dem Rechnerhochlauf, was<br />

besonders bei SPS wichtig zu wissen ist. Man beachte das „1“ neben dem S (das Setzen hat Vorrang).<br />

Die AWL zu 2.4.7a) wäre:<br />

Zuordnung: E1 = E0.1 E2 = E0.2 A = A0.1<br />

U E0.1<br />

S A0.1<br />

U E0.2<br />

R A0.1<br />

BE<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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„R“ <strong>und</strong> „S“ würden jeweils der Zuweisung „=“ entsprechen. Das kurzzeitige Setzen des Ausgangs<br />

findet nur im Prozessabbild statt. Der (externe) Ausgang der dazugehörenden Ausgabebaugruppe wird<br />

nicht beeinflusst, da die CPU erst am Ende des Programmzyklus das Prozessabbild zur<br />

Ausgabebaugruppe überträgt.<br />

Übung: Wie sieht die Schaltung <strong>und</strong> die logische Gleichung eines dominant setzenden Speichers aus?<br />

Einsatz des Speichers:<br />

1. Verriegelung von Speichern: Oft darf ein Speicher nur dann gesetzt werden, wenn<br />

bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die Verriegelung kann über den Setz-Eingang oder auch<br />

über den Rücksetz-Eingang realisiert werden.<br />

Beispiel: Ein Behälter kann durch drei parallel angeordnete Fülleinrichtungen gefüllt werden.<br />

Das Einschalten der Fülleinrichtungen mit den Anschlussleistungen M1= 50 kW; M2 = 12<br />

kW; M3 = 60 kW erfolgt durch die Taster (E1, E2, E3), das Ausschalten durch die Taster (A1,<br />

A2, A3). Entwerfen Sie die <strong>Steuerung</strong> <strong>für</strong> das Füllen der Behälter in FUB oder AWL unter<br />

Beachtung der Forderung, dass 100 kW Anschlussleistung nicht überschritten werden darf.<br />

Geben Sie bitte zuerst die Signalzuordnungstabelle an.<br />

2. Flankenauswertung („Wischer“)<br />

Realisierung des „Wischer“s mit „UND + Speicher“<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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E IO � E<br />

FO<br />

&<br />

IO<br />

S<br />

E R<br />

Q<br />

FO<br />

Wichtig: IO dauert nur ein Zyklus !<br />

Übung: Realisieren Sie bitte eine negative Flankenerkennung in FUB!<br />

3. Impulsgenerator (Binäruntersetzer): Eine Meldeleuchte soll durch kurzzeitiges Betätigen des<br />

Tasters E1 eingeschaltet werden. Wird Taster E1 erneut getätigt, wird die Meldeleuchte A wieder<br />

ausgeschaltet, usw.<br />

Lösung:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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2.4.6 Realisierung von Zeitverhalten<br />

Zur Beschreibung des zeitlichen Verhaltens zwischen Ein- <strong>und</strong> Ausgangsgrößen werden die sog.<br />

Zeitfunktionen benötigt. In DIN EN 61131-3 werden vor allem folgende Zeitfunktionen definiert:<br />

Impuls (TP): Bei einem Zustandswechsel des Eingangssignals (=VKE) von „0“ auf „1“ wird der<br />

binäre Ausgang des Zeitgliedes <strong>für</strong> eine definierte Zeitdauer (unabhängig von der Entwicklung des<br />

Eingangssignals) auf 1 gesetzt.<br />

Einschaltverzögerung (TON): Bei einem Zustandswechsel des Eingangssignals von „0“ auf „1“ wird<br />

der binäre Ausgang des Zeitgliedes erst nach Ablauf einer definierten Zeitdauer auf 1 gesetzt.<br />

Ausschaltverzögerung (TOF): Bei einem Zustandswechsel des Eingangssignals von „1“ auf „0“ wird<br />

der binäre Ausgang des Zeitgliedes erst nach Ablauf einer definierten Zeitdauer auf 0 gesetzt.<br />

Im Bild 2.4.8 sind einige Beispiele der Zeitglieder nach Definition STEP 7 von Fa. Siemens<br />

wiedergegeben, die geringe Unterschiede zu der IEC-Norm aufweisen. Dabei bedeuten:<br />

Zeitkonstante KT[Faktor].[Basis] mit Faktor = Zahl zwischen 1 <strong>und</strong> 999 <strong>und</strong> Basis = Zeitraster:<br />

0 = 0,01s; 1 = 0,1s; 2 = 1s; 3 = 10s. „KT 50.1“ entspricht damit einer Zeitkonstante von 5 s.<br />

1)<br />

2)<br />

3)<br />

4)<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Bild 2.4.8: Beispiele der Zeitglieder nach STEP 7<br />

Den Zeitstatus einer Zeitfunktion T n lässt sich durch Binäroperationen abfragen, z.B.: U T n bzw. O<br />

T n, etc. Außerdem kann man bei den Zeitgliedern neben dem binären <strong>Steuerung</strong>sausgang auch<br />

digitale Zeitwortausgänge (DU=dual oder DE=BCD codiert) abfragen, um die aktuelle „Restlaufzeit“<br />

zu erhalten. Manche Hersteller bieten noch weitere Zeitfunktionen wie „die speichernde<br />

Einschaltverzögerung“ etc. an.<br />

Beispiel Taktgenerator: Es ist ein Taktgenerator beim gedrücktem Schalter E zu entwerfen, Frequenz<br />

1 Hz, Impuls-Pausen-Verhältnis 1:2.<br />

Lösung:<br />

Variable<br />

Schalter<br />

Ausgang<br />

Betriebsmittelkennzeichen<br />

2.4.7 Realisierung von Zählvorgängen<br />

E<br />

A<br />

Logische Zuordnung<br />

gedrückt E=1<br />

leuchtet A = 1<br />

Viele <strong>Steuerung</strong>saufgaben haben das Ziel, Mengen, Wegeeinheiten oder Stückgutanzahl zu erfassen<br />

<strong>und</strong> die Schaltvorgänge abhängig vom aktuellen Zählerstand zu veranlassen. Um zählen zu können,<br />

muss die CPU einen Zustandswechsel des Eingangssignals erkennen. Der zu zählende Impuls (oder<br />

Pause) muss daher mindestens einen Programmzyklus lang stehen. Anderenfalls müssen sog.<br />

„schnelle Zähler“ durch separate Signaleingänge auf der CPU benutzt werden.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Eine typische Zählfunktion ist im Bild 2.4.9 dargestellt.<br />

Bild 2.4.9: Zählfunktion<br />

Folgende Operationen sind möglich:<br />

Vorwärtszählen: Der Zähler wird bei einem Wechsel von 0 nach 1 um eins erhöht.<br />

Rückwärtszählen: Der Zähler wird bei einem Wechsel von 0 nach 1 um eins verringert. In STEP 7<br />

findet ein Zählen mit negativem Zählwert nicht statt (Zähler bleibt auf Null stehen).<br />

Zähler setzen: Der Zahlenwert an ZW (Inhalt des Akkumulator 1, Positiver Wert im BCD-Code von<br />

0 bis 999) wird bei einem Wechsel von 0 nach 1 in den Zähler übernommen.<br />

Rücksetzen: Der Zähler wird auf Null gesetzt wenn eine 1 anliegt, erst nach einem Wechsel auf 0<br />

kann wieder gezählt werden.<br />

Dual Ausgang: Hier liegt der Zählerstand als Dualwort an <strong>und</strong> kann durch den Aufruf L zur<br />

Verarbeitung abgerufen werden (nach dem Laden steht die Zahl im Akkumulator als positive<br />

Integerzahl zur Verfügung).<br />

Dezimal Ausgang: Hier liegt der Zählerstand als BCD-codiertes Wort an <strong>und</strong> kann durch den Aufruf<br />

LC zur Verarbeitung abgerufen werden.<br />

Steuerausgang: Der Binärausgang ist 0 bei einem Zählerstand von Null <strong>und</strong> 1 wenn der Zählerstand<br />

ungleich Null ist.<br />

2.4.8 Vergleichsfunktion<br />

Im Zusammenhang mit der Realisierung von Zähleraufgaben werden oft Vergleichsfunktionen<br />

benötigt. Auch da<strong>für</strong> werden FBS definiert, z.B.:<br />

Bild 2.4.10: Vergleichsfunktion<br />

Ausgang = 1, wenn das Vergleichsergebnis positiv ist; Ausgang = 0, wenn das Vergleichsergebnis<br />

negativ ist. Z1 <strong>und</strong> Z2 können vom Typ I, D oder R (I=Integer; D=Doppelinteger; R= Real) sein.<br />

Beispiel Pufferspeicher: In einer Montagestraße befindet sich ein Pufferspeicher <strong>für</strong> Bildröhren. Der<br />

Zu- <strong>und</strong> Abgang von Einheiten wird durch Lichtschranken kontrolliert, deren Impulse einem Zähler<br />

zugeführt werden. Steigt der Bestand auf den oberen Grenzwert (30), dann soll der<br />

Transportbandmotor abgeschaltet werden. Unterschreitet der Vorrat den unteren Grenzwert (10), so ist<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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dies durch eine Meldelampe anzuzeigen. Der Aktuelle Bestand des Pupperspeichers soll an einer<br />

Zifferanzeige ZE angezeigt werden. Das Löschen des Zählers erfolgt zu Beginn der Schicht durch<br />

Drücken des Tasters S1, wenn der Pufferspeicher leer ist.<br />

Lösung: Zähler mit Vorwärts- <strong>und</strong> Rückwärtsbelegung <strong>und</strong> zwei Vergleichern.<br />

2.5 Entwurf von Ablaufsteuerungen<br />

2.5.1 Definition<br />

Nach DIN 19237: Eine Ablaufsteuerung ist eine <strong>Steuerung</strong> mit einem zwangsläufig schrittweisen<br />

Ablauf, bei der das Weiterschalten von einem Schritt auf den programmgemäß folgenden abhängig<br />

von Weiterschaltbedingungen erfolgt.<br />

Überwiegen zeitliche Abläufe, Probleme der Parallelbearbeitung usw. löst man das<br />

<strong>Steuerung</strong>sproblem mit den Mitteln der Ablaufsteuerung. Sind die Weiterschaltbedingungen nur von<br />

der Zeit abhängig, spricht man von den rein zeitgeführten Ablaufsteuerungen. Dagegen spricht man<br />

von prozessgeführten Ablaufsteuerungen, wenn die Weiterschaltbedingungen von den Signalen der<br />

gesteuerten Anlage (Prozess) abhängen.<br />

Die meisten Probleme in der Fertigungstechnik <strong>und</strong> viele Probleme der Verfahrenstechnik haben<br />

zumindest teilweise mit zeitlichen Abläufen zu tun, die als Folge von Schritten beschrieben werden<br />

können. Bei einer Ablaufsteuerung wird ein Problem in Schritte unterteilt, wobei immer nur ein<br />

Schritt aktiv sein kann, bzw. mehrere Schritte nur dann, wenn diese explizit als mögliche simultane<br />

Schritte programmiert wurden.<br />

Ablaufsteuerungen können mit den Mitteln der Verknüpfungssteuerung beschrieben werden.<br />

Geeigneter dazu sind jedoch die „Schrittketten“ oder „Ablaufketten“ (vgl. Bild 2.5.1).<br />

Die zugehörige Programmiersprache nach IEC 61131-3 ist die „Sequential Function Chart“ (SFC), die<br />

im Wesentlichen dem französischen „Grafcet“ entspricht. SFC erlaubt – neben der Darstellung von<br />

sequentiellen Schrittketten – die explizite (graphische) Unterscheidung von alternativen Teilprozessen<br />

<strong>und</strong> unabhängigen (sog. parallelen) Teilprozessen (vgl. Bild 2.5.2). Die Firma Siemens bietet das<br />

Programmierwerkzeug S7-Graph da<strong>für</strong> an.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Bild 2.5.1: Beispiel einer Schritt- bzw. Ablaufkette<br />

Bild 2.5.2: Darstellung alternativer <strong>und</strong> paralleler Teilprozesse nach IEC 61131-3<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Im linken Fall spricht man auch von einer „1 aus n-Verzweigung“ bzw. ODER-Verzweigung,<br />

während man im rechten Fall auch von einer UND-Verzweigung spricht. Jedes ODER-Strangende<br />

muss eine eigene Transitionsbedingung zum Verlassen des Kettenstrangs aufweisen, während es bei<br />

der Zusammenführung der UND-Verzweigungen nur eine gemeinsame Transitionsbedingung geben<br />

darf.<br />

Der Vollständigkeitshalbe sei noch erwähnt, dass es in der Ablaufkette auch Schleifen <strong>und</strong> Sprünge<br />

geben kann, die die Programmstruktur etwas noch komplizierter machen. Noch allgemeiner betrachtet<br />

handelt es sich bei diesen Ablaufgraphen entweder um einen Zustandsgraphen oder (anderer<br />

mathematischen Methode zu Gr<strong>und</strong>e gelegt) um spezielle Petri-Netze, deren mathematische<br />

Behandlung im späteren Studium erfolgt.<br />

2.5.2 Entwurfsschritte anhand eines Beispiels<br />

Nun sollen die ingenieurmäßigen Entwurfsschritte einer Ablaufsteuerung anhand eines Beispiels<br />

demonstriert werden.<br />

2.5.2.1 Anlagenbild<br />

Bild 2.5.3 zeigt schematisch eine Anlage mit Steuereinrichtungen <strong>für</strong> einen einfachen<br />

verfahrentechnischen Chargenprozess. Kennzeichnend <strong>für</strong> einen solchen Prozess ist die<br />

diskontinuierliche, portions- oder rezeptorientierte Arbeitsweise.<br />

Bild 2.5.3: Ablaufsteuerung eines Chargenprozesses<br />

2.5.2.2 Verbale Funktionsbeschreibung, Sensor- <strong>und</strong> Aktoreinrichtung<br />

Der normale Produktionsablauf kann wie folgt beschrieben werden:<br />

„Fülle eine bestimmte Menge von Produkt A in den Reaktor ein, heize A unter Rühren auf, lasse<br />

Produkt A zu Produkt B reagieren, fülle Produkt B ab <strong>und</strong> Warte eine gewisse Zeit bis zum nächsten<br />

Start.“<br />

Als Sensoren werden Füllstandsgrenzwertgeber Hu <strong>und</strong> Ho, Temperaturgrenzwertgeber Tu <strong>und</strong> To,<br />

<strong>und</strong> ein programmierbarer Mengezähler MZ verwendet. Die notwendige Aktorik bildet, die Pumpe Pu,<br />

die Absperrventile AS, V1 <strong>und</strong> V2 <strong>und</strong> der Rührwerkmotor RM. Ferner existieren der Starttaster ST,<br />

Anzeigen AL <strong>und</strong> AR sowie steuerungsinterne programmierbare Uhren U1 <strong>und</strong> U2.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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2.5.2.3 Physikalisch/logische Zuordnung von Sensor- <strong>und</strong> Aktorsignalen<br />

Auch hier müssen die logisch/physikalischen Zuordnungen der Eingangsvariablen:<br />

Logisch Physikalisch<br />

To = 1<br />

Tu = 1<br />

Ho = 1<br />

Hu = 1<br />

MZ = 1<br />

ST = 1<br />

U1 = 1<br />

U2 = 1<br />

bzw. der Ausgangsvariablen definiert werden:<br />

Temperatur >= Tmax<br />

Temperatur = Lmax<br />

Füllstand = Vmax<br />

Ein<br />

Reaktion läuft (tR)<br />

Warten läuft (tW)<br />

Logisch Physikalisch<br />

AL = 1<br />

AR = 1<br />

AS = 1<br />

V1 = 1<br />

V2 = 1<br />

Pu = 1<br />

RM = 1<br />

2.5.2.4 Formale Beschreibung, Entwurf<br />

EIN<br />

EIN<br />

AUF<br />

AUF<br />

AUF<br />

EIN<br />

EIN<br />

Da der Zeitaspekt bei der Ablaufsteuerung im Vordergr<strong>und</strong> steht, empfiehlt sich als weiterer Schritt<br />

einen Überblick der Zeitverläufe zu verschaffen. Dabei ist es zweckmäßig, den Prozessablauf in eine<br />

Sequenz individueller Phasen zu untergliedern. Jeder Phase entspricht dabei eine unterschiedliche<br />

Kombination von Ausgangssignalen. Ein solches Abbild wird auch Schaltfolgediagramm genannt<br />

(vgl. Bild 2.5.4).<br />

Demgemäß besteht der betrachtete Chargenprozess aus 5 Phasen (= 5 Schritte in der Schrittkette):<br />

P1: Füllen<br />

P2: Heizen<br />

P3: Reaktion<br />

P4: Entleeren<br />

P5: Warten<br />

Aufbauend auf den 5 Phasen lässt sich das steuerungstechnische Ablaufmodell entwickeln, Bild 2.5.5.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Bild 2.5.4: Schaltfolgediagramm der Rührkesselsteuerung<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Bild 2.5.5: Zustandsgraph der Rührkesselsteuerung<br />

Die Zustände werden nummeriert <strong>und</strong> beschriftet (z.B. „1 Füllen“), daneben die aktivierte<br />

Ausgangssignale (auch Stellaktionen genannt: „V1 AUF“ = dicke Balken im Bild 2.5.4). Der<br />

„geknickte“ Eingang jeden Zustandsknoten stellt logische Verknüpfungen <strong>für</strong> einen Zustandswechsel<br />

dar, der in der Regel durch Kombinationen von bestimmten Eingangssignalen ausgelöst wird. Es wird<br />

hier angenommen. Dass alle Stellaktionen bei einem Zustandswechsel immer zurückgenommen<br />

werden. Dies gilt auch dann, wenn sie im Folgezustand erneut gesetzt werden müssen.<br />

Der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, dass eine Steuereinrichtung nicht nur den Normalbetrieb<br />

berücksichtigen muss, sondern auch mit Prozessanomalien oder eigenen Fehlern umgehen soll. So ist<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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z.B. durch die ODER-Verknüpfung (Ho EIN) OR (MZ >= Vmax) da<strong>für</strong> gesorgt, dass der Reaktor<br />

nicht überfüllt wird, selbst wenn ein defekter Mengenzähler vorliegt.<br />

2.5.2.5 Implementierung<br />

Die Umsetzung einer Ablaufsteuerung in ein <strong>Steuerung</strong>sprogramm kann mit Hilfe eines modernen<br />

Programmierwerkzeuges (wie z.B. das S7-Graph von Siemens) automatisch geschehen. Möglich ist<br />

jedoch auch die Realisierung der Ablaufsteuerung mit den gr<strong>und</strong>legenden Programmiermitteln. Bei<br />

der Umsetzung in einen Funktionsplan oder eine Anweisungsliste wird z.B. jedem Zustand ein RS-<br />

Speicherglied zugewiesen, das gesetzt wird, wenn alle Bedingungen zum Wechsel in den Zustand<br />

erfüllt sind. Es muss rückgesetzt werden wenn der Zustand verlassen wird.<br />

Beispiel: Gegeben sei folgender Graph:<br />

Der Zustand 3 wird nun wie folgt realisiert:<br />

Am Ende der Anweisungsliste werden dann die Ausgänge je nach Zustand durch ODER-Verknüpfung<br />

der Merker geschaltet, z.B.:<br />

O M0.1<br />

O M0.2<br />

= A0.3<br />

Übung: als Übungsaufgabe soll der Zustandsgraph im Bild 2.5.5 in FUP oder AWL realisiert werden.<br />

2.5.2.6 Test<br />

Das Austesten von Ablaufsteuerungen ist in der Regel schwieriger als bei der<br />

Verknüpfunkenssteuerung, da die Anwendungen in der Regel komplexer sind (mehr innere Zustände)<br />

<strong>und</strong> das Zeitverhalten zusätzlich eine Rolle spielt. Man ist hier daher noch mehr auf rechnergestützte<br />

Testmethoden z.B. Simulation oder Testmodell angewiesen.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 47 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

3 Gr<strong>und</strong>lagen der <strong>Regelungstechnik</strong><br />

3.1 Wirkschaltplan, Signalflussplan<br />

Der Begriff „Regelung“ soll nun anhand eines Beispiels der konstanten Abstandshaltung zweier<br />

Fahrzeuge näher betrachtet werden.<br />

Es bedeuten: V1(t) <strong>und</strong> V2(t) = Geschwindigkeiten der Fahrzeuge; a(t) = Abstand zwischen den beiden.<br />

Frage a) Was sind in diesem Fall die Führungsgröße, die Regelgröße, die Stellgröße <strong>und</strong> typische<br />

(denkbare) Störgrößen ? Zeichnen Sie diese bitte in einen Wirkschaltplan nach dem Muster im Kap.<br />

1.1.5 ein !<br />

Antwort: s. Wirkschaltplan:<br />

Frage b) Wie lassen sich die auftretenden Meß- <strong>und</strong> Stellaufgaben technisch lösen ?<br />

Antwort: Abstandsmessung z.B. mit Impulsradar; Stellmotoren <strong>für</strong> Gaspedal <strong>und</strong> Bremse.<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> den „quantitativen“ Signalflussplan ist dem nachfolgenden Kapitel zu entnehmen.<br />

Darin die mathematischen Beziehungen zwischen den Signalen herleiten oder umgekehrt.<br />

3.2 Dynamisches Systemverhalten<br />

Um eine Regelstrecke mit einer entsprechenden Regeleinrichtung zufriedenstellend regeln zu können,<br />

muss das dynamische Verhalten der Strecke wie des Regelkreises bekannt sein. Das dynamische<br />

Verhalten eines Regelkreisgliedes oder eines gesamten Regelkreises lässt sich rechnerisch oder<br />

experimentell ermitteln.<br />

3.2.1 Linearität <strong>und</strong> Zeitinvarianz<br />

In dieser <strong>Vorlesung</strong> konzentrieren wir uns auf solcher System, die linear sind <strong>und</strong> zeitinvariant sind.<br />

Lineare Übertragungssysteme gehorchen dem Gesetz der Homogenität <strong>und</strong> Superposition <strong>und</strong> lassen<br />

sich durch eine gewöhnliche Differentialgleichung (DGL) beschreiben. Sind die Koeffizienten der<br />

DGL zusätzlich Konstante (unabhängig von der Zeit), dann ist das System zeitinvariant.<br />

Homogenität: aus xe(t) => xa(t) folgt c*xe(t) => c*xa(t) <strong>für</strong> c=Konstante 0;<br />

Superposition: aus xe1(t) => xa1(t) <strong>und</strong> xe2(t) => xa2(t) folgt xe1(t) + xe2(t) => xa1(t) + xa2(t);<br />

Zeitinvariant: aus xe(t) => xa(t) folgt xe(t - τ) => xa(t - τ) mit τ = beliebige Zeitkonstante.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Viele nichtlineare Systeme in der Praxis y = f(x) können um den sog. Arbeitspunkt A(x0, y0=f(x0))<br />

liniearisiert werden.<br />

∆y = k * ∆x mit<br />

dy<br />

dx<br />

k = .<br />

x0<br />

Bei mehreren Variablen verwendet man die Formel des totalen Differentials.<br />

Beispiel: Gegeben sei ein nichtlineares System mit y = x²; um den Arbeitspunkt (x0, y0) lässt sich das<br />

System linearisieren zu : y = y0 + ∆y mit ∆y = 2 * x0 * ∆x bzw. y0 = x0².<br />

3.2.2 Übertragungsfunktion, P-T1-Glied<br />

Beispiel RC-Glied:<br />

Ue(t)<br />

R<br />

C<br />

i<br />

c<br />

ia =0<br />

dU a<br />

DGL im Zeitbereich: T ⋅ + U a = U e;<br />

dt<br />

Ua(t)<br />

Mit T = RC, Zeitglied des Systems 1. Ordnung. Oft wird das System im Wirkplan dargestellt:<br />

3.2.2.1 Lösung im Zeitbereich<br />

Die vollständige Lösung der DGL setzt sich aus der homogenen <strong>und</strong> der partikulären Lösung<br />

zusammen:<br />

xa(t) = xah(t) + xap(t)<br />

λt<br />

mit (t) C * e <strong>und</strong> x<br />

x ah = ap(t) vom Typ xe(t).<br />

Die homogene Lösung beschreibt die freie Bewegung des Systems, wenn die Eingangsgröße xe =0.<br />

Die partikuläre Lösung die durch xe (t) erzwungene Lösung im Beharrungszustand.<br />

Nach Einsetzung der beiden Ansätze in die DGL des Beispiels bekommt als Antwortfunktion <strong>für</strong> die<br />

Sprungfunktion am Eingang (unter der Anfangsbedingung Ua(0) = 0):<br />

(t)<br />

x a<br />

= K<br />

* ( 1<br />

− e<br />

−λt<br />

)<br />

mit λ = 1/T (λ ist der Eigenwert der sog. charakteristischen Gleichung der entsprechenden DGL).<br />

Das folgende Bild zeigt die Sprungantwort des RC-Gliedes:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

63%K<br />

Nach der Zeit t = T wird etwa 63% <strong>und</strong> nach t = 3T etwa 95% des Endwertes erreicht!<br />

Verallgemeinerung:<br />

Eine allgemeine lineare Differentialgleichung (DGL) n-ter Odnung hat folgende Form:<br />

Zur Lösung der DGL sind folgende Schritte durchzuführen:<br />

1. Lösen der homogenen DGL<br />

a) recht Seite (Erregung, Eingangsgröße) zu 0 setzen<br />

λt<br />

b) charakteristische Gleichung aufstellen durch Ansatz (t) C * e (x<br />

c) Eigenwerte λi berechnen (Wurzel der charakteristischen Gleichung)<br />

x a = a (n) wird durch λ n ersetzt)<br />

d) homogene Lösung xah angeben (beachte ob λi reell, komplex oder mehrfach reell, mehrfach<br />

komplexe λi sind dagegen selten anzutreffen)<br />

falls λi reell <strong>und</strong> einfach:<br />

x<br />

ah<br />

(t) = C * e<br />

1<br />

+ C<br />

* e<br />

+ ... + C<br />

* e<br />

λ1t<br />

λ2t<br />

λnt<br />

2<br />

n<br />

falls λ1, λ2 konjugiert komplex (λ1 = σ + jω <strong>und</strong> λ2 = σ – jω):<br />

falls λ1 = λ2 = ... = λk reell <strong>und</strong> mehrfach:<br />

x<br />

ah<br />

(t) = C * e<br />

[ C cos( jω)<br />

+ C sin( jω)<br />

]<br />

σ<br />

x ah (t) e 1<br />

2<br />

t<br />

=<br />

1<br />

+ C<br />

* t * e<br />

+ ... + C<br />

* t<br />

* e<br />

λ1t<br />

λ2t<br />

k −1<br />

λnt<br />

2<br />

n<br />

2. Partikuläre xap <strong>und</strong> damit allgemeine Lösung xa bestimmen (vereinfachte Lösung, da z.B. höhere<br />

Ableitungen verschwinden, stationär)<br />

a) Aus folgender Tabelle Lösungsansatz in Anhängigkeit der xe vom „Typ der rechten Seite „ suchen<br />

b) Lösungsansatz <strong>und</strong> dessen Ableitung in DGL einsetzen<br />

c) Konstanten der partikulären Lösung durch Koeffizientenvergleich mit rechter Seite ermitteln<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 50 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

d) Allgemeine Lösung angeben: xa = xah + xap<br />

3. Bestimmung der Konstanten Ci durch Anfangs- bzw. Randbedingungen<br />

a) n-1 Ableitungen der allgemeinen Lösung bilden<br />

b) n Randbedingungen einsetzen (z.B. xa(t=0) =0; xa (1) (t=0) =0; ...)<br />

c) n Konstanten Ci aus den n Gleichungen berechnen<br />

d) Konstanten in die Lösung eintragen.<br />

3.2.2.2 Lösung im Frequenzbereich (mit Hilfe der Laplace-Transformation)<br />

In der Elektrotechnik arbeitet man gerne im sog. Bildbereich. Mit Hilfe der Laplace-Transformation<br />

wird die DGL ins Bildbereich transformiert <strong>und</strong> in ein Polynom umgewandelt. Dort lässt sich die<br />

Lösung mit einfachen Rechenoperation ermitteln, um zum Schluß wieder die Lösung im Zeitbereich<br />

durch die Rücktransformation zu bekommen.<br />

Definition der Laplace-Transformation (Details s. <strong>Vorlesung</strong> „Signale <strong>und</strong> Systeme“):<br />

Gegeben sei die Zeitfunktion f(t), dann ist ihre Laplace-Transformierte F(s) definiert als:<br />

∞<br />

∫<br />

0<br />

−st<br />

F(s) = L {f} = f ()⋅ t e ⋅dt;<br />

mit s = α + jω<br />

Durch die inverse Laplace-Transformation kommt man auf f(t) wieder zurück:<br />

α + j∞<br />

f(t) = L -1 1<br />

st<br />

{F} = ⋅ ∫ F(<br />

s)<br />

⋅ e ⋅ ds ; mit L<br />

2πj<br />

-1 {F}= 0 <strong>für</strong> t ≤ 0.<br />

α − j∞<br />

In der Praxis werden die Transformationen mit Hilfe der Formelsammlung durchgeführt. Einige<br />

wichtige Terme sind im Anhang 1 aufgelistet. In diesem Zusammenhang wird auch das Softwarepaket<br />

„Matlab + Simulink“ empfohlen (s. Anhang 2).<br />

Wichtigste Eigenschaften der Laplace-Transformation:<br />

c ⋅ f () t + c ⋅ f () t = c ⋅ F () s + c ⋅F () s ∀c<br />

, c ∈<br />

• Linearitätssatz: L { } C, R<br />

• Ähnlichkeitssatz: L { } ⎟<br />

a ⎝ a ⎠<br />

• Verschiebungssatz: L { f t − a)<br />

}<br />

1 1 2 2 1 1 2 2 1 2<br />

f ( at)<br />

1 ⎛ s ⎞<br />

= ⋅ F⎜<br />

−as<br />

( = e ⋅ F(<br />

s)<br />

• Dämpfungssatz:<br />

α<br />

L { e ⋅ f ( t)<br />

} = F(<br />

s −α<br />

)<br />

t<br />

• Differentiationssatz: L { f ( t)<br />

} = s ⋅ F(<br />

s)<br />

− f ( −0)<br />

&<br />

( n)<br />

n<br />

n−1<br />

n−2<br />

( n−1)<br />

L { f ( t)<br />

} = s ⋅ F(<br />

s)<br />

− f ( −0)<br />

⋅ s − f&<br />

( −0)<br />

⋅ s + K+<br />

f ( −0)<br />

t ⎧ ⎫ 1<br />

• Integrationssatz: L ⎨∫<br />

f ( τ ) ⋅ dτ<br />

⎬ = ⋅ F(<br />

s)<br />

⎩<br />

s<br />

0 ⎭<br />

• Faltung: L -1<br />

• Grenzwertsätze:<br />

t<br />

t<br />

1(<br />

⋅ 2 ∫ 1 2 ∫ 2 1<br />

1 2<br />

0<br />

0<br />

{ F s)<br />

F ( s)<br />

} = f ( τ ) ⋅ f ( t −τ<br />

) ⋅ dτ<br />

= f ( τ ) ⋅ f ( t −τ<br />

) ⋅ dτ<br />

= f ( t)<br />

∗ f ( t)<br />

lim f ( t) = lim s⋅F( s)<br />

t→∞ s→0<br />

lim f ( t) = lim s⋅F( s)<br />

t→0s→∞ EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 51 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Die Grenzwertsätze liefern nur dann richtige Ergebnisse, wenn die Grenzwerte im Zeitbereich<br />

existieren!<br />

Angewandt auf unser Beispiel RC-Glied, so bekommen wir folgendes:<br />

L -Transformation anwenden: L { T ´ + u }= L {ue};<br />

⋅ u a a<br />

Linearität ausnutzen: T . L { u´ a }+ L {ua}= L {ue}<br />

Differentiationssatz: [ s ⋅U<br />

( s)<br />

− U 0 ] + U ( s)<br />

= U ( s)<br />

T a<br />

a a<br />

e<br />

⋅ ;<br />

Ausdrücke in Ua(s) <strong>und</strong> Ue(s) zusammenfassen <strong>und</strong> ausklammern:<br />

Anfangswert = 0:<br />

⎛ 1 ⎞ ⎛ T ⎞<br />

U a ( s)<br />

= ⎜ ⎟ ⋅U<br />

e ( s)<br />

+ ⎜ ⎟ ⋅U<br />

a<br />

⎝1<br />

+ sT ⎠ ⎝1<br />

+ sT ⎠<br />

U a ( s)<br />

⇒ = G(<br />

s)<br />

= ˆ Übertragungsfunktion<br />

U ( s)<br />

e<br />

AW = 0<br />

1<br />

Im vorliegenden Fall ist also G(<br />

s)<br />

= , ein solches System wird PT1-System genannt<br />

1+<br />

sT<br />

(proportional verzögerndes System 1. Ordnung).<br />

Anmerkung: Das gleiche Resultat hätten wir auch bekommen, wenn man von den aus der <strong>Vorlesung</strong><br />

der Elektrotechnik bekannten komplexen Impedanzen + Spannungsteiler ausgegangen wäre <strong>und</strong><br />

1<br />

ua<br />

jωC<br />

anschließen jω durch s ersetzt hätte: G(<br />

jω)<br />

= =<br />

.<br />

ue<br />

R + 1<br />

jωC<br />

Die Übertragungsfunktion G(s) bestimmt die Dynamik des Systems auf eine Eingangsanregung. Oder<br />

anders formuliert: der Zeitverlauf des Ausgangssignals wird durch die Eigendynamik des Systems<br />

(beschrieben durch die Übertragungsfunktion) <strong>und</strong> den Einfluss des Eingangssignals bestimmt.<br />

U e(s) Ua(s)<br />

G(s)<br />

Die Inverse Laplace-Transformierte von G(s): g(t)= L -1 {G(s)} heißt die Gewichtsfunktion<br />

(Impulsantwort - impulse response / Stoßantwort)<br />

⎧0<br />

<strong>für</strong> t ≤ 0<br />

Berechnung des Ausgangssignals ua(t), wenn ue(t) = Einheitssprung σ ( t ) = ⎨<br />

⎩1<br />

<strong>für</strong> t > 0<br />

U a<br />

1<br />

( s)<br />

= G(<br />

s)<br />

⋅<br />

s<br />

t<br />

u a ( t)<br />

= g(<br />

t)<br />

∗σ<br />

( t)<br />

= ∫ g(<br />

τ ) ⋅ dτ<br />

= h(<br />

t)<br />

⎧ ⎫<br />

= ⎨ ⋅ ⎬ = ∫ ⋅<br />

⎩ ⎭<br />

−1<br />

1<br />

h(<br />

t)<br />

L G(<br />

s)<br />

g(<br />

τ ) dτ<br />

heißt die Übergangsfunktion (oder allgemeiner: Sprungantwort<br />

s 0<br />

bzw. step response, wenn u(t) kein Einheitssprung ist, z.B. u(t) = u0*σ(t) );<br />

Während man g(t) messtechnisch nur schwer erfassen kann, ist h(t) einfach zu messen!<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 52 -<br />

t<br />

0<br />

0


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Verallgemeinerung:<br />

m<br />

bs m + K+<br />

b0<br />

G(s) ist meist vom Typ G()= s n n−1<br />

s + a s + K+<br />

a<br />

n−1<br />

0<br />

A1<br />

=<br />

s−s An<br />

+ L+<br />

s−s ∞1∞n mit m < n<br />

Mit Hilfe der Partialbruchzerlegung erhält man die (einfacheren) Terme der Übertragungsfunktion<br />

mit den Polen s∞1, s ∞2, K, s∞n, während A1, A2, K,<br />

Anals Residuen bezeichnet werden. Die Residuen<br />

lassen sich durch Koeffizientenvergleich (oder mit Hilfe anderer „schlauen Methoden“) ermitteln.<br />

Liegen reelle mehrfache Pole vor, lässt sich G(s) in folgender Form zerlegen:<br />

P(<br />

s)<br />

A0<br />

A1<br />

A2<br />

G(<br />

s)<br />

= = + + + L+<br />

( )( ) ( ) ( ) q<br />

q<br />

2<br />

s − s s − s s − s s − s s − s s − s<br />

∞0<br />

∞i<br />

∞0<br />

∞1<br />

Die einzelnen Terme lassen sich leicht durch die inverse Laplace-Transformation in den Zeitbereich<br />

zurück transformieren, selbst wenn G(s) nicht direkt in der Korrespondenztabelle zu finden ist. Auf<br />

diese Weise kann man die Impulsantwort bzw. Sprungantwort analytisch ermitteln.<br />

a k1<br />

k2<br />

Beispiel 1: Partialbruchentwicklung bei Vorlage reeller einfacher Pole G(<br />

s)<br />

= = + ,<br />

s s + b s s +<br />

∞2<br />

A<br />

q<br />

∞q<br />

( ) b<br />

durch Koeffizientenvergleich bekommt man: k1 = a/b <strong>und</strong> k2 = -a/b; d. h. L -1 a<br />

−bt<br />

{ G s)<br />

} = [ ( t)<br />

− e ]<br />

( σ .<br />

b<br />

Eine andere Lösungsvariante wäre: k1 = s*G(s) | s=0 bzw. k2 = (s+b)*G(s) | s=-b. Bei mehrfachen Polen<br />

bildet man zuerst die (q-j)-fache Ableitungen von (s-s∞j) q *G(s), um anschließend diesen<br />

Lösungsansatz anzuwenden, d.h.:<br />

A<br />

i<br />

q [ ( s − s ) F ( s ]<br />

q−<br />

j<br />

1 d<br />

= q−<br />

j ∞j<br />

)<br />

( q − j)!<br />

ds<br />

Beispiel 2: Partialbruchentwicklung bei Vorlage von konjugiert komplexen Polen<br />

s=<br />

s<br />

20<br />

20<br />

C1<br />

C2<br />

C3<br />

Gs () =<br />

=<br />

= + + 3 2<br />

s + 12s + 22s+ 20 ( s+ 10)( s+ 1+ j)( s+ 1− j)<br />

s + 10 s+ 1+ j s+ 1−<br />

j<br />

, , j , , j ,<br />

Gs () = +<br />

s + s j s j<br />

− −<br />

+<br />

+ +<br />

− +<br />

0 243 0 128 1 095 0 128 1 095<br />

10 1<br />

+ 1−<br />

( C2 = C3 = 1102 , ) ( beachte: C3 = C2)<br />

g(t) = L -1 −10t −1t − jt −1t + jt<br />

{ Gs () } = 0, 234e − (, 0 128 + j1, 095) ⋅e⋅e−(, 0 128 − j1, 095)<br />

⋅e⋅e; t<br />

∞j<br />

[ ( )( ) ( )( ) ]<br />

[ ]<br />

[ ]<br />

−10t −t<br />

g( t) = 0, 234e − e 0, 128 + j1, 095 cost − jsin t + 0, 128 − j1, 095 cost + jsint ; t ≥ 0<br />

−10t −t<br />

gt ( ) = 0, 234e − e 0, 128cos t+ 1, 095sin t+ 0, 128cos t+ 1, 095sint ; t≥<br />

0<br />

−10t −t<br />

gt () = 0, 234e − e 0, 256cos t+ 2, 19 sint<br />

( )<br />

−10t −t<br />

oder: gt () = 0, 234e −e⋅ 2, 204 sint+ arctan ( 0, 1168)<br />

≥ 0<br />

; t ≥ 0<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 53 -


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3.2.3 Analogien, P-T2-Glied, D-T2-Glied<br />

Die mathematischen Modelle vieler physikalischen Systeme aus unterschiedlichen Fachgebieten<br />

(elektrisch, mechanisch, hydraulisch etc.) haben eine erstaunlich ähnliche Struktur. Diese Tatsache<br />

führt nicht nur dazu, dass es <strong>für</strong> dasselbe technische System unterschiedliche Lösungen geben kann<br />

(Bild), sondern auch dazu, dass unterschiedliche technische Systeme zum gleichen mathematischen<br />

Modell führen können.<br />

Bild a) Mechanischer Füllstandsregler Bild b) Elektronischer Füllstandsregler<br />

Es ist daher wünschenswert <strong>und</strong> auch machbar, das Verhalten solcher Systeme verallgemeinert<br />

(unabhängig von der Art <strong>und</strong> Medium des Systems) zu betrachten. Man spricht dann auch von<br />

physikalischen Analogien. So entspricht in diesem Zusammenhang die elektrische Spannung der<br />

mechanischen Kraft (beide ein gewisses „Potential“), eine elektrische Kapazität einer Feder eines<br />

mechanischen Systems (beide <strong>Energie</strong>speicher), ein elektrischer Widerstand einem Dämpfungsglied<br />

(beide <strong>Energie</strong>verbraucher), etc. Auf dieser Weise lässt sich ein Feder-Masse-System der Mechanik<br />

mit Hilfe eines elektrischen Reihenschwingkreises in Analogie modellieren, Bild a), b). Uns<br />

(Elektrotechnikern) steht damit alle bekannten Werkzeuge der Schaltungsanalyse zur Verfügung.<br />

L<br />

R C<br />

Xe=U(t) Xa=i(t)<br />

Bild a) Feder-Masse-System Bild b) Reihenschwingkreis<br />

Die Kraftgleichung <strong>für</strong> das mechanische System lautet:<br />

dv<br />

K = m ⋅ + d ⋅ v + c∫<br />

v dt;<br />

dt<br />

Die Spannungsgleichung <strong>für</strong> den elektrischen Schwingkreis lautet:<br />

di 1<br />

U = L ⋅ + R ⋅i<br />

+ ∫ i dt;<br />

dt C<br />

Damit erhält man die Übertragungsfunktion zwischen der Ausgangsgröße Strom <strong>und</strong> der<br />

Eingangsgröße Spannung:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 54 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

I(<br />

s)<br />

1<br />

C ⋅ s<br />

F(s) = =<br />

=<br />

2<br />

U ( s)<br />

1 1+<br />

CR ⋅ s + CL ⋅ s<br />

L ⋅ s + R +<br />

C ⋅ s<br />

Das System besitzt ein D-T2-Verhalten.<br />

In der Praxis ist das Übertragungsglied mit dem P-T2-Verhalten (auch Verzögerungsglied 2. Ordnung<br />

genannt) wichtiger. Die DGL da<strong>für</strong> lautet:<br />

••<br />

•<br />

2<br />

2 x + 2 dT2<br />

+ xa<br />

=<br />

T<br />

a xa<br />

Kx<br />

e<br />

Für die Übertragungsfunktion existieren in der Literatur zwei Varianten der Standardformen:<br />

mit dem Verstärkungsfaktor K, der Zeitkonstanten T2 <strong>und</strong> dem Dämpfungsfaktor d bzw.<br />

mit dem Verstärkungsfaktor K, dem Dämpfungsgrad ζ <strong>und</strong> der natürlichen oder ungedämpften<br />

Kreisfrequenz ωn des Übertragungssystems. Es gelten offensichtlich folgende Beziehungen:<br />

d = ζ bzw. T2 = 1/ ωn<br />

Im Normalfall (0


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

In diesem Fall lautet die Sprungantwort:<br />

mit<br />

Das folgende Bild zeigt die Sprungantwort eines schwingfähigen P-T2-Gliedes:<br />

In Spezialfällen (ζ =1) bzw. (ζ >1) bekommt man zwei gleiche bzw. verschiedene reelle Pole, dann<br />

spricht man auch vom aperiodischen Grenzfall (ζ =1) bzw. übergedämpften Fall (ζ >1). Das folgende<br />

Bild zeigt die Sprungantworten eines P-T2-Gliedes mit dem Dämpfungsgrad ζ als Parameter.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 56 -


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3.2.4 Das Totzeitglied Tt<br />

In manchen technischen Systemen (z.B. bei einem Förderband) vergeht eine bestimmte Zeit, bis eine<br />

Änderung der Eingangsgröße am Systemausgang eine von Null verschiedener Reaktion hervorruft. In<br />

der <strong>Regelungstechnik</strong> wird diese Zeit Tt die Totzeit bzw. Verzugszeit genannt, s. Bild.<br />

Modellierung im Zeitbereich: xa(t) = xe(t - Tt);<br />

Übertragungsfunktion: G(s) = exp(-s*Tt).<br />

Tt<br />

Die Totzeitglieder sind zwar selbst stabil, aber in einem geschlossenen Regelkreis potenzielle<br />

Stabilitätskiller (s. Nyquist-Kriterium !).<br />

3.2.5 P-T1-Tt- als Ersatzrechenmodell <strong>für</strong> ein Verzögerungsglied n-ter Ordnung (PTn)<br />

Ein Verzögerungsglied n-ter Ordnung lässt sich durch ein P-T1-Tt- als Ersatzrechenmodell behandeln,<br />

s. Bild.<br />

Dabei ändert man die Eingangsgröße (=die Stellgröße y(t)) einer Regelstrecke sprungförmig (z.B.<br />

durch plötzliches Öffnen oder Schließen eines Stellventils) <strong>und</strong> zeichnet die Sprungantwort der<br />

Strecke (=Übergangsfunktion v(t)) auf. Der Verlauf des Ausgangssignals wird nun mit Hilfe der<br />

Wendetangente angenähert. Eine wichtige statische Größe ist der Proportionalbeiwert Ks:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 57 -<br />

ue(t)<br />

ua(t)<br />

Ks


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

K<br />

s<br />

∆v<br />

=<br />

∆y<br />

t→∞<br />

Zwei wichtige dynamische Kenngrößen sind die Verzugszeit Ta ( = Totzeit Tt ) bzw. die Ausgleichszeit<br />

Ta. Das Verhältnis Tu/Ta ist ein Indiz da<strong>für</strong>, ob eine Strecke gut oder schlecht regelbar ist.<br />

Tabelle 3.1: Erfahrungswerte zur Beurteilung der Regelbarkeit<br />

Tu / Ta Regelbarkeit Regelaufwand<br />

< 0,1 Sehr gut Gering (P-, PI-Regelung)<br />

0,1 ... 0,2 Gut Mittel (PI-, PID-Regelung<br />

0,2 ... 0,4 Befriedigend Groß (erweiterte Regelkreisstruktur)<br />

0,4 ... 0,8 Schwer Sehr groß (Prädikative <strong>Steuerung</strong>)<br />

> 0,8 Sehr schwer Besondere Maßnahmen <strong>und</strong> Regelschaltungen erforderlich<br />

(Prädikative <strong>Steuerung</strong>)<br />

3.2.6 Betrachtung des Eigenverhaltens <strong>und</strong> der Stabilität im Frequenzbereich<br />

Die Beurteilung der Eigendynamik von Übertragungssystemen ist die Voraussetzung <strong>für</strong> die<br />

Stabilitätsuntersuchung eines Regelsystems. Dazu bietet sich besonders der Frequenzbereich an.<br />

3.2.6.1 Darstellung <strong>und</strong> Interpretation der Pole <strong>und</strong> Nullstellen von G(s)<br />

Dazu wird die Übertragungsfunktion nicht nur mit Hilfe der Pole, sondern noch der Nullstellen<br />

s01, s02 , K,<br />

s0mdargestellt: G(<br />

s)<br />

=<br />

s<br />

n<br />

b<br />

m<br />

+ a<br />

s<br />

m<br />

n−1<br />

+ K+<br />

b<br />

s<br />

n−1<br />

0<br />

+ K+<br />

a<br />

0<br />

= b<br />

m<br />

⋅<br />

( s − s01<br />

)( s − s02<br />

) K(<br />

s − s0m<br />

)<br />

( s − s )( s − s ) K(<br />

s − s )<br />

∞1<br />

Die Pole <strong>und</strong> Nullstellen von G(s) lassen sich im Pol-Nullstellenplan (P/N-Plan) der komplexen s-<br />

Ebene am besten darstellen <strong>und</strong> interpretieren.<br />

Interpretation der Pole <strong>für</strong> folgende Fälle:<br />

X<br />

O<br />

X<br />

X<br />

O<br />

j Im{s}<br />

X<br />

∞2<br />

∞n<br />

s-Ebene<br />

O - Nullstellen<br />

X - Polstellen<br />

Re{s}<br />

1. Alle Pole von G(s) sind reell <strong>und</strong> negativ, Re{si∞} < 0: das betrachtete System zeigt ein<br />

aperiodisch abklingendes Verhalten;<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 58 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

2. Alle Pole haben einen negativen Realteil + konjugiert komplexe Pole vorhanden: das System<br />

zeigt zu periodisch abklingendes Verhalten;<br />

3. Es existieren keine Pole mit positivem Realteil, ein einfacher reeller Pol liegt jedoch im<br />

Ursprung: das System stellt sich auf einen konstanten Wert < ∞ ein (Stabilitätsgrenze);<br />

4. Es existieren keine Pole mit positivem Realteil, aber einfache imaginäre Pole vorhanden: das<br />

System zeigt einen Schwingvorgang mit konstanter Amplitude (Stabilitätsgrenze);<br />

5. Mindestens ein Pol mit positivem Realteil oder mehrfache reelle Pole im Ursprung: das<br />

System zeigt ein aufklingendes Verhalten, ist also instabil !<br />

Die obigen Aussagen lassen sich sehr leicht beweisen, indem man die entsprechende<br />

Übertragungsfunktion in den Zeitbereich zurücktransformiert <strong>und</strong> die Impulsantwort (=Eigendynamik)<br />

sich anschaut.<br />

Interpretation der Nullstellen:<br />

Die eigentliche Wirkung einer Nullstelle ist am besten ersichtlich, wenn die Nullstelle in der Nähe<br />

eines Poles liegt. Liegt nämlich eine Nullstelle in der Nähe eines Poles, so lässt sich der entsprechende<br />

gemeinsame Faktor in Zähler <strong>und</strong> Nenner „kürzen“; d.h. die Nullstelle „neutralisiert“ den Pol. Der<br />

entsprechende Pol hat keine „Wirkung“, was sich in der Partialbruchzerlegung von G(s) darin äußert,<br />

dass dessen zugehörige Residuum verschwindet bzw. sehr klein ist. Man spricht von einer sog. „Pol-<br />

Nullstellen-Kompensation“.<br />

3.2.6.2 Frequenz- <strong>und</strong> Phasengang, Bodediagramm, Ortskurve<br />

Wird die s-Variable in der Übertragungsfunktion durch jω ersetzt, so erhält man den aus der<br />

Elektrotechnik-<strong>Vorlesung</strong> her bekannten Frequenzgang. Die Zusammenhänge zwischen den<br />

verschiedenen Funktionen <strong>und</strong> Transformationen lassen sich gut grafisch veranschaulichen:<br />

g(t) h(t)<br />

G(s)<br />

ω<br />

G(j )<br />

∫dt<br />

d/dt<br />

Gewichts- Übergangsfunktion<br />

funktion<br />

L L L L -1<br />

-1<br />

Übertragungsfunktion<br />

s→ jω jω → s<br />

Frequenzgang<br />

1/s<br />

s<br />

H(s)<br />

Oft wird der Frequenzgang in der Form dargestellt: G( jω)<br />

= A(<br />

ω)<br />

⋅ e<br />

jϕ<br />

( jω<br />

)<br />

Zeitbereich<br />

Frequenzbereich<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 59 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

2<br />

2<br />

mit dem Amplitudengang A(ω) = G ( jω)<br />

= Re { G(<br />

jω)<br />

} + Im { G(<br />

jω)<br />

}<br />

{ }<br />

{ }<br />

Im G(<br />

jω)<br />

<strong>und</strong> dem Phasengang φ(ω) = arctan<br />

Re G(<br />

jω)<br />

Bode-Diagramme:<br />

Eine spezielle Darstellungsform des Frequenzgangs ist das Bode-Diagramm, dabei werden:<br />

• Amplituden- <strong>und</strong> Phasengang als separate Kurve dargestellt;<br />

• Die Frequenzachse (Abszisse) logarithmische <strong>und</strong> die Amplitudenachse (Ordinate) in dB<br />

(Dezibel) geteilt, d.h. G( ω) = 20 ⋅ log G(<br />

ω)<br />

dB<br />

Eine mögliche (kompakte) Darstellung eines Bode-Diagramms wird unten angegeben (man beachte<br />

den Unterschied zwischen der linken <strong>und</strong> der rechten y-Achse):<br />

Ortskurve:<br />

Eine andere Darstellungsart des Frequenzgangs ist die Ortskurve. Dabei werden der Betrag <strong>und</strong> die<br />

Phase des Frequenzgangs in einem komplexen Zeiger kombiniert <strong>und</strong> dessen Verlauf in Abhängigkeit<br />

von der Kreisfrequenz ω dargestellt:<br />

Es ist offensichtlich, dass beide Darstellungsformen eindeutig ineinander überzuführen sind.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 60 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

3.3 Entwurf des einschleifigen linearen Regelkreises<br />

3.3.1 Struktur des einschleifigen linearen Regelkreises<br />

Per Definition besteht der einschleifige Regelkreis aus einer Rückkopplungsschleife. Man<br />

unterscheidet dabei zwischen der Gegenkopplung <strong>und</strong> Mitkopplung:<br />

a) Gegenkopplung:<br />

W(s) E(s) V(s)<br />

G(s)<br />

-<br />

H(s)<br />

G(s)<br />

1+G(s) . H(s)<br />

W(s) V(s)<br />

b) Mitkopplung:<br />

W(s) E(s) V(s)<br />

G(s)<br />

+<br />

H(s)<br />

G(s)<br />

1-G(s) . H(s)<br />

W(s) V(s)<br />

V ( s)<br />

= G(<br />

s)<br />

⋅ ( W ( s)<br />

− H ( s)<br />

⋅V<br />

( s)<br />

)<br />

( 1+<br />

G(<br />

s)<br />

⋅ H ( s)<br />

) ⋅V<br />

( s)<br />

= G(<br />

s)<br />

⋅W<br />

(<br />

V ( s)<br />

G(<br />

s)<br />

=<br />

W ( s)<br />

1+<br />

G(<br />

s)<br />

⋅ H ( s)<br />

mit G(s) = Vorwärtsverstärkung <strong>und</strong><br />

G(s)* H(s) = Kreisverstärkung.<br />

Merkregel <strong>für</strong> Gegenkopplung:<br />

V ( s)<br />

Vorwärts<br />

=<br />

W ( s)<br />

1 + Kreis<br />

V ( s)<br />

G(<br />

s)<br />

=<br />

W ( s)<br />

1 − G(<br />

s)<br />

⋅ H ( s)<br />

Merkregel <strong>für</strong> Mitkopplung:<br />

V ( s)<br />

Vorwärts<br />

=<br />

W ( s)<br />

1 − Kreis<br />

Das folgende Schema zeigt den allgemeinen Fall eines einschleifigen Regelkreises mit Störgrößen:<br />

W(s) V(s)<br />

-<br />

G (s) G (s)<br />

1 2<br />

G (s)<br />

3<br />

-<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 61 -<br />

Z 1<br />

Z<br />

-<br />

2<br />

(s)<br />

(s)<br />

s)


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Dabei beschreiben die Übertragungsglieder G1, G2 <strong>und</strong> G3 die jeweiligen Eigenschaften des Reglers,<br />

der Regelstrecke bzw. der Messeinrichtung.<br />

Bei linearen Systemen gilt das Superpositionsprinzip, so dass man das Führungsverhalten Gw <strong>und</strong> das<br />

Störverhalten Gz des Systems getrennt untersuchen kann:<br />

G<br />

G<br />

G<br />

w<br />

z<br />

z<br />

1<br />

2<br />

V ( s)<br />

( s)<br />

=<br />

W ( s)<br />

V ( s)<br />

( s)<br />

=<br />

Z ( s)<br />

1<br />

V ( s)<br />

( s)<br />

=<br />

Z ( s)<br />

2<br />

Z = 0<br />

Z = 0<br />

1<br />

2<br />

Z 2 = 0<br />

W = 0<br />

Z 1 = 0<br />

W = 0<br />

G1<br />

( s)<br />

⋅ G 2 ( s)<br />

⎫<br />

= +<br />

⎪<br />

1 + G1<br />

( s)<br />

⋅ G 2 ( s)<br />

⋅ G 3 ( s)<br />

⎪<br />

⎪<br />

⎪<br />

G ( )<br />

beachte :<br />

2 s ⎪<br />

= −<br />

⎬<br />

1 + G1<br />

( s)<br />

⋅ G 2 ( s)<br />

⋅ G 3 ( s)<br />

⎪ gleicher Nenner<br />

⎪<br />

⎪<br />

G1<br />

( s)<br />

⋅ G 2 ( s)<br />

⋅ G 3 ( s)<br />

⎪<br />

= +<br />

1 + G1<br />

( s)<br />

⋅ G 2 ( s)<br />

⋅ G 3 ( s)<br />

⎪<br />

⎭<br />

Ein optimales Führungsverhalten ist vor allem bei Folgeregelungen (Regelgröße soll möglichst dem<br />

zeitlichen Verlauf der Führungsgröße folgen) von Bedeutung, während ein optimales Störverhalten<br />

besonders bei Festwertregelungen (Ist-Wert soll wird laufend an einen vorgegebenen Sollwert<br />

angeglichen) wichtig ist.<br />

Schränken wir uns auf den Fall G3(s) = 1 <strong>und</strong> Z2(s) = 0 ein (optimale Messung, auch<br />

Einheitsrückführung genannt), dann wird das Verhalten des Systems allein durch das Zusammenspiel<br />

zwischen G1 (Regler, dessen Design in unserer Hand liegt) <strong>und</strong> G2 (Regelstrecke, deren Eigenschaften<br />

durch den Prozess bestimmt <strong>und</strong> in der Regel hingenommen werden müssen) bestimmt !<br />

Mit s)<br />

= G ( s)<br />

⋅G<br />

( s)<br />

wird die Führungsübertragungsfunktion des Regelkreises zu:<br />

GO ( 1 2<br />

GO() s<br />

GW() s =<br />

1+<br />

G () s<br />

O<br />

3.3.2 Ziele des Regler-Entwurfs<br />

Übertragungssysteme, die man in die Regelstrecke schaltet <strong>und</strong> die den Frequenzgang der offenen<br />

Schleife in geeigneter Weise verbiegen, nennt man Regler.<br />

Folgende Wunschvorstellungen sind beim Regler-Entwurf zu berücksichtigen:<br />

• Stabilität: Nur „stabile“ Regelkreise sind in der Praxis brauchbar.<br />

• Hohe Regelgüte (Regelgenauigkeit): hierin unterscheidet man zwischen Führungsverhalten<br />

<strong>und</strong> Störverhalten:<br />

- Gutes Führungsverhalten (Folgeverhalten): Ausgangssignal soll möglichst unverzögert<br />

dem Eingangssignal folgen, im Idealfall: v(t)=w(t) <strong>für</strong> alle t;<br />

- Gutes Störverhalten (Störunterdrückung): ideal: v(t) unabhängig von z(t) <strong>für</strong> alle t;<br />

- Weiterhin unterscheidet man zwischen der Regelgüte im Beharrungszustand bzw. der während<br />

des Einschwingvorgangs.<br />

• Andere Nebenbedingungen:<br />

- Realisierbarkeit<br />

- Stellgrößenaufwand<br />

- Störgrößenaufwand<br />

- Unempfindlichkeit gegenüber inneren Störungen („Robustheit“).<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 62 -<br />

! ! !


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

3.3.3 Stabilität<br />

Wegen des geschlossenen Wirkungskreises besteht bei unzweckmäßig ausgelegten Regelsystemen die<br />

Möglichkeit von Instabilität. Stabilitätsuntersuchungen stellen deshalb einen wichtigen Aspekt beim<br />

Entwurf von Regelungen dar.<br />

Asymptotische Stabilität: Ein Übertragungssystem ist asymptotisch stabil, wenn jeder Eigenvorgang<br />

<strong>für</strong> t -> ∞ gegen 0 abklingt. Dazu müssen alle Pole von G(s) einen negativen Realteil haben.<br />

BIBO-Stabilität: Ein Übertragungssystem ist stabil, wenn zu jeder beschränkten Eingangsfunktion<br />

eine beschränkte Ausgangsfunktion gehört. Dazu darf kein Pol von G(s) einen positiven Realteil<br />

haben <strong>und</strong> alle Pole mit Re{si∞} = 0 (d.h. auf der Imaginärachse bzw. im Koordinatenursprung)<br />

müssen einfach sein.<br />

Der Abstand der (negativen) Realteil der Pole zur Imaginärachse wird auch Stabilitätsreserve<br />

genannt.<br />

3.3.3.1 (Routh)-Hurwitz-Kriterium<br />

Von den vielen Methoden zur Überprüfung der Stabilität ist das (Routh)-Hurwitz-Kriterium wohl die<br />

einfachste (allerdings nicht immer anwendbar). Demnach ist das System stabil, wenn<br />

• Alle Koeffizienten der charakteristischen Gleichung (Nennerpolynom von G(s)) vorhanden<br />

sind <strong>und</strong> positive Vorzeichen haben <strong>und</strong><br />

• Alle Unterdeterminanten der Hurwitz-Determinante (entlang der „nordwestliche“ Hauptachse)<br />

einen Wert > 0 besitzen. D.h.<br />

H<br />

a<br />

a<br />

1<br />

a<br />

a<br />

a<br />

a<br />

n−1<br />

n<br />

s<br />

n<br />

+ a<br />

n<br />

n−1<br />

n−1s<br />

+ K<br />

+ a<br />

0 2 4<br />

n<br />

⎡ 1 3 5 ⎤<br />

0 a1<br />

a3<br />

... an<br />

−1<br />

0<br />

⎡a1<br />

a3<br />

⎤<br />

nxn = , H1 = a1; H 2 = , …<br />

0 a0<br />

a2<br />

a4<br />

... ...<br />

⎢ ⎥ H<br />

⎢ ⎥<br />

3 = a<br />

⎣a0<br />

a2<br />

⎦<br />

⎢ 0 a2<br />

a4<br />

⎥<br />

⎢ ⎥<br />

0 0 a1<br />

a3<br />

... ...<br />

⎣ 0 a1<br />

a3<br />

⎦<br />

0<br />

3<br />

0<br />

Beispiel: Gegeben sei folgender Regelkreis:<br />

...<br />

a<br />

0<br />

a<br />

...<br />

a<br />

2<br />

a<br />

0<br />

...<br />

a<br />

0<br />

0<br />

Für welche Kp-Werte ist das System stabil (obwohl jedes Teilsystem Regler + Strecke <strong>für</strong> sich immer<br />

stabil ist) ?<br />

Lösung: aus der Führungsübertragungsfunktion<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 63 -<br />

0<br />

a<br />

a<br />

a


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Folgt:<br />

11<br />

H = 6 + K 6 0 , damit sind folgende Hurwitz-Bedingungen zu erfüllen: 6+Kp>0 <strong>und</strong><br />

3x 3<br />

p<br />

0<br />

1<br />

11<br />

D1=11 > 0; D2= 11*6 – 1*(6+Kp) > 0; d.h. –6 < Kp < 60.<br />

0<br />

1<br />

Hurwitz-Kriterium ist relativ leicht handhabbar, scheitelt allerdings z.B. dort, wo Totzeit im Spiel ist<br />

<strong>und</strong> die charakteristische Gleichung nicht mehr rein rationale Form hat. Dort könnte z.B. die<br />

graphische Methode nach Nyquist helfen.<br />

3.3.3.2 Nyquist-Kriterium<br />

Betrachten wir statt der Übertragungsfunktion die Frequenzgänge des Regelkreises:<br />

W(j ω ) E(j ω ) Y(j ω )<br />

-<br />

G (j ω ) G (j ω )<br />

R S<br />

G (j ω )<br />

Der Term G ( jω) G ( jω) G ( jω) ( G ( j ) )<br />

M<br />

O R S M<br />

Kreisübertragungsfrequenzgang genannt.<br />

Aus<br />

G<br />

W<br />

Z(j ω )<br />

V(j ω )<br />

= ⋅ ⋅ ω wird Schleifenfrequenzgang oder<br />

GO<br />

( jω)<br />

( jω)<br />

= lassen sich offenbar folgende Grobabschätzungen ableiten:<br />

1+<br />

G ( jω)<br />

O<br />

a) <strong>für</strong> diejenigen ω-Werte, wo GO ( jω<br />

) >> 1 gilt: G ( jω)<br />

≈ 1<br />

b) <strong>für</strong> diejenigen ω-Werte, wo GO ( jω<br />

)


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

c) Amplitudendurchtrittsfrequenz ω d (Transitfrequenz ω T )<br />

d) Phasenrand bzw. Phasenreserve Φ r = 180° + φ(ωd)<br />

• Ortskurvendarstellung:<br />

Φ<br />

r >0<br />

-1<br />

Α r<br />

ω p<br />

ω d<br />

j Im{z}<br />

• BODE-Diagramm (nur Phasenrand dargestellt):<br />

|G O (j ω )|dB<br />

0<br />

arg{G O (j ω )}<br />

-45°<br />

-90°<br />

-135°<br />

-180°<br />

>0<br />

Φ r<br />

1<br />

Re{z}<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 65 -<br />

ω d<br />

ω<br />

ω


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Offensichtlich ist der geschlossene Regelkreis dann stabil, wenn der offene Regelkreis stabil ist <strong>und</strong> es<br />

gilt:<br />

a) G ( ω ) < 1am<br />

Punkt φ(ωp) = -180°;<br />

O j<br />

p<br />

b) φ(ωd) > -180° an der Stelle G ( ω ) = 1<br />

O j<br />

d<br />

Sowohl der Amplitudenrand als auch der Phasenrand sind wichtige Kenngrößen der Stabilitätsreserve<br />

<strong>und</strong> lassen sich in einem gewissen Bereich parametrieren. In der Praxis wird etwa angestrebt:<br />

30° < Φ r < 75° bzw. 2 < Ar < 6 (zum Vergleich: Ar<br />

= 2 bedeutet 6 dB, da 20*log2≈6dB).<br />

Nyquist formuliert folgende Stabilitätskriterium: Ein geschlossener Regelkreis ist dann <strong>und</strong> nur<br />

dann stabil, wenn der Frequenzgang des offenen Kreises G0(jω) beim Durchlaufen der Frequenz<br />

von -∞ bis +∞ den kritischen Punkt (-1 + j0 ) so oft in positivem Sinn umfährt, wie die Anzahl<br />

der instabilen Pole (mit P bezeichnet) von G0 (s) ist.<br />

In der Praxis wird häufig das vereinfachte Nyquist-Kriterium (auch Linke-Hand-Regel genannt):<br />

Hat der offene Regelkreis G(s) keine Pole in der rechte Halbebene (der komplexen Ebene) , also<br />

P=0 , so ist der geschlossene Regelkreis dann <strong>und</strong> nur dann stabil, wenn der kritische Punkt ( -<br />

1+j0 ) beim Durchlaufen der Frequenz ω von 0 bis +∞ immer links von G0 (jω) liegt.<br />

Folgende Beispiele im Bild verdeutlicht den Sachverhalt:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 66 -


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

3.3.4 Der universelle PID-Regler<br />

⎡ 1 ⎤<br />

Ein Regler mit folgender Übertragungsfunktion: G(<br />

s)<br />

= K P ⋅ ⎢1<br />

+ + sTv<br />

⎥ bzw.<br />

⎣ sTn<br />

⎦<br />

2<br />

⎡1<br />

+ sTn + s TnTv ⎤<br />

Gs ()= KP⋅⎢<br />

⎥ wird PID-Regler genannt.<br />

⎣ sTn<br />

⎦<br />

Beschreibung im Zeitbereich:<br />

u(s) v(s)<br />

G(s)<br />

v( t) = K ⋅ ut ( ) + K ⋅ u( ) ⋅ d + K ⋅ut<br />

&( )<br />

P I<br />

t<br />

∫ τ τ<br />

0<br />

t<br />

⎡ ⎛ 1 ⎞<br />

⎤<br />

bzw. v(<br />

t) = K P ⋅ ⎢u(<br />

t)<br />

+ ⎜<br />

⎟ ⋅∫<br />

u(<br />

τ ) ⋅ dτ<br />

+ T ⋅ u&<br />

v ( t)<br />

⎥<br />

⎣ ⎝ Tn<br />

⎠ 0<br />

⎦<br />

Offensichtlich besitzt ein PID-Regler drei (unabhängige) Parameter: Proportionalbeiwert Kp;<br />

Nachstellzeit Tn <strong>und</strong> Vorhaltzeit Tv. Die Bedeutungen der Parameter lassen sich leichter anhand der<br />

Übergangsfunktion (Sprungantwort) bzw. Anstiegsantwort erklären. Aus Platzgründen wird nur der<br />

prinzipielle Verlauf der Sprungantwort dargestellt:<br />

Ist zum Zeitpunkt die Regeldifferenz u 0, greift der P- bzw. D-Anteil sofort in die Strecke ein,<br />

während der I-Anteil der Feinregelung dient. Die Nachstellzeit ist jene Zeit, welche bei der<br />

Sprungantwort benötigt wird, um auf Gr<strong>und</strong> der I-Wirkung eine gleichgroße Stellgrößenänderung zu<br />

erzielen, wie sie infolge der P-Wirkung sofort entsteht. Die Vorhaltzeit ist jene Zeit, die bei der<br />

Anstiegsantwort benötigt wird, um auf Gr<strong>und</strong> der P-Wirkung eine gleichgroße Stellgrößenänderung zu<br />

erzielen, wie sie infolge der D-Wirkung sofort entsteht. Der D-Anteil ist sehr empfindlich gegenüber<br />

hochfrequente Störsignale <strong>und</strong> auch bei Strecke mit großer Totzeit wenig geeignet.<br />

Der Dirac-Stoß durch den D-Anteil ist technisch nicht realisierbar. Daher wird das PID-Glied in der<br />

Praxis häufig durch ein PID-T1-Glied angenähert mit folgender DGL:<br />

t<br />

⎡ ⎛ 1 ⎞<br />

⎤<br />

τ ⋅ v&<br />

( t)<br />

+ v(<br />

t)<br />

= K P ⋅ ⎢u(<br />

t)<br />

+ ⎜<br />

⎟ ⋅ ∫ u(<br />

τ ) ⋅ dτ<br />

+ Tv<br />

⋅ u&<br />

( t)<br />

⎥ bzw.<br />

⎣ ⎝ Tn<br />

⎠ 0<br />

⎦<br />

⎡ 1 ⎤<br />

⎢1<br />

+ + sTv<br />

⎥<br />

sTn<br />

der Übertragungsfunktion: Gs ()= KP⋅<br />

⎣<br />

⎦<br />

.<br />

1+ sτ<br />

Dadurch ändert sich der prinzipielle Verlauf der Übergangsfunktion:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 67 -<br />

D


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Der PID-Regler wird in der Industrie in großem Umfang eingesetzt, da er in seiner Kombination von<br />

Einfachheit <strong>und</strong> Wirksamkeit kaum zu übertreffen ist. Dabei kommen nicht in jedem Falle alle<br />

Verhaltensweisen bzw. Anteile zum Einsatz. Falls KI=0 (ohne Integralanteil) oder KD=0 (ohne<br />

Differentialanteil) geht ein PID-Regler in P-, PI-, PD-Regler usw. über. Am häufigsten ist der PI-<br />

Regler anzutreffen. Er regelt mit vertretbarer Geschwindigkeit genau auf die jeweilige Führungsgröße<br />

(Sollwert) ein. Werden keine hohen Forderungen an die statische Genauigkeit der Regelung gestellt,<br />

das heißt, ist eine bleibende (kleine) Regelabweichung zulässig, dann genügt bereits ein P-Regler. Der<br />

PD-Regler kommt zum Einsatz, wenn die Ausregelung möglichst schnell erfolgen soll <strong>und</strong> ein kleiner<br />

statischer Regelfehler toleriert wird. Der volle PID-Algorithmus kommt dagegen zur Anwendung,<br />

wenn sowohl eine hohe statische Genauigkeit der Regelung als auch möglichst kurze Ausregelzeiten<br />

gefordert werden. Seit Mitte der fünfziger Jahre werden zur industriellen Regelung sog.<br />

„Universalregler“ – früher auf Analogrechentechnikbasis heute digital <strong>und</strong> mikroprozessorgesteuert –<br />

eingesetzt, Bild.<br />

Universalregler können vom Anwender als P-, PI- oder PID-Regler konfiguriert <strong>und</strong> dann<br />

entsprechend parametriert werden. Die Einstellwerte <strong>für</strong> die Reglerparameter sind oft Erfahrungswerte<br />

oder werden anhand von Faustregeln (z.B. nach Ziegler-Nichols, s. Kap. 3.3.6) bestimmt. Typische<br />

Einstellbereiche sind: Kp = 5 ... 500 %; Tn = 1 s ... 60 min <strong>und</strong> Tv = 0 ... 3 min.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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3.3.5 Auswahl geeigneter Regler<br />

Für elementare Strecken- bzw. Reglerglieder lassen sich zeigen, dass bestimmte Kombinationen<br />

unabhängig von den Reglerparametern (d.h. a-priori) stabil sind, z.B.:<br />

Strecke P P-T1 P-T2 I P P-T1 I P P-T1 P P P-T1<br />

Regler P P P P P-T1 P-T1 P-T1 I I I-T1 PI PI<br />

Manche Kombinationen wie z.B. Strecke-I/Regler-I sind dagegen a-priori instabil.<br />

Das Zusammenspiel Regler/Strecke verändert in der Regel die Dynamik der ursprünglichen<br />

(ungeregelten) Strecke. Dies soll anhand des Beispiels P-T1-Strecke gezeigt werden:<br />

A) PT1-Strecke mit P-Regler<br />

Das Führungsverhalten ist wieder vom PT1-Typ mit folgenden neuen Eigenschaften:<br />

• Die resultierende Zeitkonstante ist kleiner -> System wird schneller;<br />

• Für eine endliche Kp bleibt immer eine stationäre Regeldifferenz übrig;<br />

• Genauso wird das Störverhalten durch Kp bestimmt.<br />

B) PT1-Strecke mit I-Regler<br />

Das Führungsverhalten ist nun vom PT2-Typ mit folgenden neuen Eigenschaften:<br />

• Die stationäre Regeldifferenz verschwindet;<br />

• Die Eigenfrequenz <strong>und</strong> die Dämpfung kann durch Wahl des Reglerparameters KI beeinflusst<br />

werden;<br />

• Kompromiss zwischen einem guten dynamischen Führungsverhalten <strong>und</strong> dynamischen<br />

Störverhalten nötig.<br />

Obwohl die mathematische Herleitung erst in weiterführenden <strong>Vorlesung</strong>en gebracht werden soll,<br />

kann der „fleißige“ Student es schon jetzt versuchen, indem er einen einfachen Regelkreis mit<br />

Einheitsrückführung betrachtet <strong>und</strong> die Fr(s) <strong>und</strong> Fs(s) durch entsprechende Typen ersetzt, um<br />

anschließend die Gesamtübertragungsfunktion zwischen W(s) <strong>und</strong> V(s) auszurechnen:<br />

W(s) e<br />

V(s)<br />

-<br />

-<br />

Z 1<br />

(s)<br />

F (s) F (s)<br />

r s<br />

3.3.6 Reglereinstellung nach ZIEGLER <strong>und</strong> NICHOLS<br />

Ziegler <strong>und</strong> Nichols ermittelten empirisch Einstellregeln <strong>für</strong> P, PI <strong>und</strong> PID-Regler. Die mit dieser<br />

Methode erzielbaren Richtwerte sind grob (<strong>und</strong> manchmal unbrauchbar), jedoch in der Praxis<br />

manchmal schnell <strong>und</strong> zuverlässig zu ermitteln. Das zugr<strong>und</strong>eliegende Vorgehen nennt man den<br />

Schwingversuch.<br />

Beim Schwingversuch stellt man die Vorhaltezeit Tv auf Null, die Nachstellzeit Tn => ∞ ein. Da<br />

praktisch Tn = ∞ nicht gesetzt werden kann, stellt man Tn deshalb auf den maximalen Wert. Man<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

erhält damit (mehr oder weniger) einen reinen P-Regler. Seinen Proportionalbeiwert Kp drehe man auf<br />

den Minimalwert zurück.<br />

Als Führungsgröße schalte man wiederholt Sprungfunktionen auf <strong>und</strong> erhöhe mit jedem Mal langsam<br />

die Reglerverstärkung Kp. Dabei beobachte man die Reaktion der Regelgröße v(t). Nach mehreren<br />

Versuchen wird die Stabilitätsgrenze des Systems erreicht. D.h. derjenige Einstellwert, bei dem v(t)<br />

<strong>und</strong> alle anderen Systemgrößen ungedämpft schwingen. Praktisch ist es nicht immer ratsam, die<br />

Verstärkung bis zum Erreichen der Stabilitätsgrenze aufzudrehen. Es genügt bei praktischen<br />

Anwendungen vollauf, wenn die gemessene Ausgangsgröße 6 - 8 feststellbare Schwingungsperioden<br />

durchläuft. Im Falle einer Simulation kann man den Schwingungsversuch natürlich bis zur<br />

Stabilitätsgrenze durchführen. An der Stabilitätsgrenze stellt man den Wert der kritischen<br />

Reglerverstärkung <strong>und</strong> die kritische Periodendauer der sich einstellenden Schwingung fest. Nun geben<br />

ZIEGLER <strong>und</strong> NICHOLS folgende Einstellregeln an:<br />

3.3.7 Reglereinstellung nach CHIEN-HRONES <strong>und</strong> RESWICK<br />

Auch bei diesem Einstellverfahren wird mit einem beschränkten experimentellen Aufwand versucht,<br />

eine gewisse Information über die Regelstrecke zu ermitteln. Man schaltet einen Stellgrößensprung auf<br />

die Regelstrecke allein <strong>und</strong> mißt deren typische ´Sprungantwort´ (ihr ‘Übergangsverhalten’). Diese<br />

kann prinzipiell verschiedenste Formen annehmen. Für zweiwichtige Typen der Sprungantwort<br />

entwickelten nun CHIEN-HRONES <strong>und</strong> RESWICK Formeln, mit denen man geeignete<br />

Reglerparameter einstellen kann.<br />

3.3.7.1 Nichtschwingfähiges Übergangsverhalten der Regelstrecke mit Ausgleich<br />

Gegeben sei der prinzipielle Verlauf der Sprungantwort einer nichtschwingfähigen Regelstrecke vom<br />

Typ Verzögerungsglied n-ter Ordnung (s. Kap. 3.2.5). Die Einstellung nach CHIEN-HRONES <strong>und</strong><br />

RESWICK erfolgt nun folgendermaßen:<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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3.3.7.2 Übergangsverhalten der Regelstrecke ohne Ausgleich<br />

Angenommen, die bisherige Stellgröße einer Regelstrecke besitzt den Wert Y0=0. Wenn nun<br />

´zusätzlich´ ein Sprung an ihrem Eingang aufgeschaltet wird, so soll die Regelgröße eine<br />

Sprungantwort mit folgendem Verlauf haben:<br />

Mit Hilfe der gemessenen Verzugszeit Tu <strong>und</strong> der berechneten Integrationszeitkonstante<br />

∆Y<br />

* ∆T<br />

Ti = erfolgt die Einstellung nach CHIEN-HRONES <strong>und</strong> RESWICK nun folgendermaßen:<br />

∆ν<br />

3.4 Zwei- <strong>und</strong> Dreipunktregler als Beispiele <strong>für</strong> einfache nichtlineare Regler<br />

Bei verschiedenen Anwendungen werden keine hohen Anforderungen an die Regelgüte gestellt; d.h.<br />

Schwankungen der Regelgröße innerhalb gewisser Schranken werden durchaus toleriert. In solchen<br />

Fällen wird aus wirtschaftlichen Gründen das aufwendige (lineare) Stellglied durch einen einfachen<br />

Leistungsschalter ersetzt, der durch einen Zweipunktregler (Relais) angesteuert wird. Beispielsweise<br />

wird bei der Raumtemperatur-Regelung mit Sollwertvorgabe durch einen Thermostaten die Heizung<br />

(das Stellglied) ein- bzw. ausgeschaltet. Die Steuergröße kann entsprechend den beiden<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Schalterstellungen „Ein“ <strong>und</strong> „Aus“ nur zwei Werte annehmen. Beim Auftreten einer positiven<br />

Regeldifferenz, was einer zu geringen Raumtemperatur entspricht, wird die Heizung auf „Ein“, bei<br />

negativer Regeldifferenz auf „Aus“ geschaltet. Um im Arbeitspunkt (Sollwert) eine zu hohe<br />

Schalthäufigkeit zu vermeiden, sind in der Praxis die Schaltkurven mit einer Schaltdifferenz<br />

ausgestattet (auch Hysterese genannt). Die Schaltdifferenz entsteht beim Thermostaten dadurch, dass<br />

er erst bei einer höheren als der Soll-Temperatur ausschaltet bzw. erst nach dem Unterschreiten des<br />

unteren Schwellwertes wieder auf die entgegengesetzte Schalterstellung zurückschaltet. Die Differenz<br />

zwischen dem oberen <strong>und</strong> unteren Schwellwert nennt man Schaltdifferenz. Aufgr<strong>und</strong> dieser Hysterese<br />

pendelt die Regelgröße (Raumtemperatur) mit der Schaltdifferenz um den Sollwert. Nebenbei sei<br />

erwähnt, dass bei Regelstrecken mit Totzeit („Transportzeit“) bzw. bei Strecken höherer Ordnung<br />

auch Relais ohne Hysterese eingesetzt werden können. Neben Zweipunktreglern werden auch<br />

Mehrpunktregler (sehr häufig Dreipunktregler) eingesetzt. Wir beschränken uns aus Gründen des<br />

Stoffumfangs zunächst nur auf den Zweipunktregler. Bild 3.4 zeigt schematisch den Zweipunktregler<br />

ohne (a) <strong>und</strong> mit Hysterese (b) bzw. den Dreipunktregler (c).<br />

Bild 3.4 (a): Zweipunktregler ohne Hysterese<br />

Bild 3.4 (b): Zweipunktregler mit Hysterese<br />

Bild 3.4 (c): Dreipunktregler<br />

3.4.1 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-T1-Regelstrecke<br />

Bild 3.4.1 zeigt das Führungsverhalten eines Regelkreises mit einer P-T1-Strecke <strong>und</strong> einem<br />

Zweipunktregler mit Hysterese xL. Bei einem Sprung der Führungsgröße w > xL schaltet der Regler<br />

zunächst seine Ausgangsgröße y = m ein. Die Regelgröße x steigt nach einer Exponentialfunktion mit<br />

der Zeitkonstante Ts an. Hat die Regelgröße den Wert w + xL erreicht, so schaltet der Regler ab. Die<br />

Regelgröße sinkt sofort ab, bis nach der Minderung um 2* xL der Regler wieder einschaltet. Die<br />

Regelgröße steigt <strong>und</strong> fällt zwischen w + xL <strong>und</strong> w - xL. Folgende Kenngrößen sind <strong>für</strong> die<br />

Arbeitsbewegungen im Beharrungszustand charakteristisch:<br />

Schwankungsbreite: xB = 2 * xL ; Je kleiner xB ist, desto höher ist die Regelgüte (desto kleiner muss<br />

die Hysteresebreite sein).<br />

Die Einschaltzeit:<br />

t<br />

E<br />

2⋅<br />

xL<br />

⋅Ts<br />

=<br />

x − w<br />

max<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Die Ausschaltzeit:<br />

t<br />

A<br />

⋅<br />

= 2<br />

τ = t<br />

xL<br />

⋅T<br />

w<br />

+ t<br />

Die Periodendauer: s E A<br />

max<br />

( )<br />

Der Stellgrad:<br />

_<br />

y =<br />

t<br />

E<br />

s<br />

2 ⋅ x<br />

=<br />

w ⋅ x<br />

tE<br />

w<br />

⋅m<br />

= ⋅m<br />

+ t x<br />

Die mittlere bleibende Regeldifferenz:<br />

A<br />

max<br />

L<br />

max<br />

_<br />

x d st<br />

⋅Ts<br />

− w<br />

⋅ x<br />

_<br />

= w − x<br />

Bild 3.4.1: Führungsverhalten eines Regelkreises mit einer P-T1-Strecke <strong>und</strong> einem Zweipunktregler<br />

mit Hysterese<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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3.4.2 Zweipunktregler ohne Hysterese an einer I-Tt-Regelstrecke<br />

Bild 3.4.2: Führungsverhalten eines Regelkreises mit einer I-Tt-Strecke (z.B. eine<br />

Füllstandsregelstrecke) (z.B. eine Füllstandsregelstrecke) <strong>und</strong> einem Zweipunktregler ohne Hysterese<br />

Physikalische Bedeutung:<br />

z = einer konstanten Störung (Behälterabfluss);<br />

y = Behälterzufluss;<br />

x = Behälterfüllstand (Regelgröße).<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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3.4.3 Zweipunktregler ohne Hysterese an einer P-T1-Tt-Regelstrecke<br />

Bild 3.4.3: Führungsverhalten eines Regelkreises mit einer P-T1-Tt-Strecke <strong>und</strong> einem<br />

Zweipunktregler ohne Hysterese<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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4 Prozessvisualisierung <strong>und</strong> Mensch-Maschine-Kommunikation<br />

Bild 4.1 zeigt eine typische Struktur eines Prozessleitsystems (in diesem Falle basierend auf dem<br />

SIMATIC PCS7 von Fa. Siemens).<br />

Kommunikation mit anderen<br />

Systemen (BLE) wie SAP R/3<br />

etc.<br />

Standard Ethernet<br />

Industrial Ethernet (oder PROFIBUS)<br />

SIMATIC NET<br />

DP/PA - Link<br />

PROFIBUS-PA<br />

S7-400 mit zentraler Peripherie<br />

PROFIBUS-DP<br />

Operator Station (OS)<br />

zentrales<br />

BuB<br />

Automatisierungsysteme (AS)<br />

S7-300<br />

Dezentrale Peripherie<br />

PROFIBUS-DP<br />

S5-95F<br />

Bild 4.1: Struktur eines Prozessleitsystems (SIMATIC PCS7)<br />

lokales<br />

BuB<br />

S7-400<br />

DP-Feldgeräte:<br />

SIWAREX, SIMOCODE,<br />

SIMOVERT, SIPART etc.<br />

Engineering<br />

Station (ES)<br />

ET 200M mit<br />

HART Baugruppe<br />

PCS 7 Compact<br />

OS<br />

ES<br />

AS<br />

Erweiterung<br />

mit S7-400<br />

ET 200M<br />

HART-Meßumformer<br />

Neben den automatisierten Funktionen wie Regelung, <strong>Steuerung</strong>, Überwachung <strong>und</strong> Meldung auf den<br />

unteren Ebenen spielen die Bedien- <strong>und</strong> Beobachtungsfunktionen (B&B) in der Warte/Leitstelle auch<br />

eine große Rolle, da „menschlose“ Kraftwerke bzw. Fabriken auf absehbare Zeit eine Illusion bleiben<br />

werden. Zur Realisierung unterschiedlicher B&B-Funktionen bietet die Produktfamilie SIMATIC von<br />

Siemens z.B. eine Fülle von Hardware- <strong>und</strong> Softwarewerkzeuge an, Bild 4.2.<br />

Push<br />

Button<br />

Panels<br />

Text Displays,<br />

Operator Panels,<br />

Touch Panels<br />

Bild 4.2: SIMATIC HMI -vom Push Button zu WinCC<br />

Panel PC oder OS<br />

WinCC<br />

MPI<br />

Multi Panels<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Die Mittel der Prozessvisualisierung <strong>und</strong> der sog. Mensch-Maschine-Kommunikation ist eine<br />

Wissenschaft (Ergonomie) <strong>für</strong> sich <strong>und</strong> entwickeln sich nicht weniger rasant wie die<br />

Automatisierungssysteme. Dabei sind die Maschinen möglichst an die Fähigkeiten des menschlichen<br />

Bedieners anzupassen <strong>und</strong> geeignete Maßnahmen zu treffen bzgl. des Automatisierungsgrades, der<br />

Informationsdarstellung (Bedienfenster, Schriftgrößen, Farben, Kurven <strong>und</strong> Diagramme,<br />

Hierarchieanordnung etc.), um Fehlbedienungen (besonders in Stresssituationen) zu vermeiden. Die<br />

Tendenz geht z.B. immer mehr von hartverdrahtete Warte weg zur Bildschirmwarte. Bild 4.3 zeigt<br />

eine Kraftwerkswarte von den 60zigen Jahren <strong>und</strong> eine andere von heute.<br />

Bild 4.3a: Wärmewarte Kraftwerk Emden, Siemens, 1960<br />

Bild 4.3b: Doppelblockwarte im Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe (2x800 MW), Siemens, 2000<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Moderne Prozessführungssysteme realisieren durch eine (graphische) Mensch-Maschine-Schnittstelle<br />

(MMI bzw. HMI = Human Machine Interface) vor allem Funktionen der Prozessführung (Bedienung),<br />

Prozessinformation (Beobachtung) <strong>und</strong> Prozessmanagement. Oft werden auf der Basis eines<br />

Standardbetriebssystems (z.B. UNIX oder Windows-NT) Zusatzpakete wie ein Datenbanksystem, ein<br />

Graphiksystem <strong>und</strong> ein Kommunikationssystem verwendet, um die erforderlichen<br />

Anwenderfunktionen wirtschaftlich zu realisieren, Bild 4.4.<br />

Prozeßführung<br />

Datenbank-<br />

Managementsystem<br />

Bild 4.4: Aufbau eines Prozessführungssystems<br />

Man-Machine-Interface<br />

Prozeßinformation<br />

Grafiksystem<br />

UNIX System V<br />

Prozeßmanagement<br />

Kommunikationssystem<br />

Das folgende Bild zeigt z.B. die Umsetzung eines traditionellen Tischfeldes in ein Bedienfenster im<br />

Leitsystem TELEPERM XP (Siemens AG).<br />

Sperre / Freigabe<br />

der Bedienung<br />

frei projektierbare<br />

Tasten<br />

z.B. Anwahl<br />

Kurvenbild<br />

Prozeßbedienelement:<br />

Ausbefehl<br />

Screen-operation<br />

Operation-window "Motor"<br />

KKS-Kennzeichen<br />

Funktionsname, Klartext<br />

M<br />

0 1<br />

Textausgabe<br />

Ausführen Schließen<br />

Bedienhinweise z.B.<br />

"Eingabefehler"<br />

"Handfreigabe fehlt"<br />

Anwahl Window-<br />

Erweiterung 1<br />

Anwahl des<br />

Funktionsplanes<br />

Piktogramm<br />

Öffnen das Detail-<br />

Windows<br />

Öffnen Notizbuch-Windows<br />

Prozeßbedienelement:<br />

Einbefehl<br />

1 Lampe AUS (ZU)<br />

2 Lampe Störung<br />

3 Lamp EIN (AUF)<br />

Kein Licht<br />

Ruhig-Licht<br />

Bild 4.5: Tischfeldbasierte (rechts) <strong>und</strong> Fensterbasierte (links) Bedienung im Kraftwerk<br />

Operation<br />

mit Tischfeld<br />

1 2 3<br />

6<br />

4 5<br />

4 Taster AUS (ZU)<br />

5 Taster EIN (AUF)<br />

6 Beschriftungsfeld<br />

Mögliche Signalzustände<br />

der Lampen:<br />

Blinklicht mit 2 Hz<br />

Flimmerlicht mit 8 Hz<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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A<br />

W arnung<br />

T<br />

A W T F<br />

Prozeßmeldungen Leittechnikmeldungen<br />

larm<br />

oleranz<br />

F<br />

B<br />

B<br />

unktionsfehler<br />

edienerführung<br />

Bild 4.6: Beispiele <strong>für</strong> typische Prozessmeldungen <strong>und</strong> Leittechnikmeldungen<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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5 Kommunikation <strong>und</strong> Bussysteme in der Automatisierungstechnik<br />

5.1 Informationsfluss <strong>und</strong> Kommunikation<br />

Betrachtet man die verschiedenen Funktionen im Zusammenhang mit der Automatisierung von<br />

Produktionsprozessen, so stellt man fest, dass diese mit tätigkeitsspezifischen Zeiträumen verb<strong>und</strong>en<br />

sind; z .B. Planungshorizont von einem Jahr, Quittieren von Alarmen innerhalb von Minuten,<br />

Reaktionszeiten <strong>und</strong> Abtastzeiten im ms-Bereich. Unter diesem Gesichtspunkt sieht der<br />

Kommunikationsbedarf im Automatisierungsverb<strong>und</strong> der Hierarchie-Pyramide vom Bild 1.2.1 wie<br />

folgend aus:<br />

Ebene Automatisierungsgrad Zeitliche Anforderung Räumlicher Abstand<br />

Disponieren<br />

Leiten<br />

Steuern/Reg.<br />

Gering<br />

Mittel<br />

Hoch<br />

Offline<br />

Online<br />

Echtzeit (Real time)<br />

Prozessfern<br />

Prozessfern<br />

Prozessnah<br />

Das folgende Bild gibt die Größenordnungen des Informationsaustausches zwischen den Ebenen an:<br />

Innerhalb <strong>und</strong> zwischen den Hierarchieebenen findet ein Informationsaustausch (vertikale <strong>und</strong><br />

horizontale Kommunikation in beiden Richtungen) mit unterschiedlichen Übertragungsanforderungen<br />

statt. Informationen aus dem Prozess (z.B. Messwerte) sind zur örtlichen <strong>Steuerung</strong>sebene zu<br />

übertragen. Dies kann entweder über klassische „Einheitssignale“ oder bereits über Bussysteme<br />

geschehen (s. z.B. Kap. 5.2.1 <strong>und</strong> Kap. 5.4). Es handelt sich um kleine Datenmengen von kurzer<br />

Aktualität aber mit hohen Anforderungen an die Geschwindigkeit der Übermittlung (Meldung von<br />

Gefahrenzuständen zwecks Schnellabschaltung). Je höher die Hierarchie, desto mehr<br />

Datenverarbeitungscharakter haben die übertragenen Daten (große Datenpakete mit längerer<br />

Gültigkeitsdauer). Um diese fast gegensätzlichen Anforderungen (kostengünstig) zu erfüllen, sind zur<br />

Zeit zwei verschiedene Bussysteme notwendig:<br />

• Feldbus (Beispiele: Profibus, CAN, Interbus-S, LON, ...)<br />

− echtzeitfähig (deterministische Reaktionszeiten, meist zentrale Bussteuerung))<br />

− zyklischer Datenverkehr (z.B. Abtastregelung)<br />

− asynchrone, kurze Meldungen (z.B. Alarme)<br />

• Prozess- <strong>und</strong> Bürobus (Beispiele: Ethernet, Token-Ring, ...)<br />

− Filetransfer, Jobtransfer, Mail, …<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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− Protokolle <strong>für</strong> die Produktion/Fertigung: Mini-MAP, MAP (Level 7: MMS)<br />

Die beiden Bussysteme werden üblicherweise auf der <strong>Steuerung</strong>sebene vernetzt. Die SPS erfüllt also<br />

die wichtige Funktion eines „Gateway“. Hier sei noch erwähnt, dass bereits heute der sog. „Switched<br />

Ethernet“ mit TCP/IP als Feldbus (Profinet) eingesetzt wird.<br />

5.2 Varianten der Feldinstallation<br />

Verbindungen zwischen den Geräten vor Ort (Sensoren/Aktoren im Feld) <strong>und</strong> der<br />

zentralen/dezentralen Leittechnik werden Feldinstallation genannt. Im wesentlichen können vier<br />

Varianten unterschieden werden (vgl. Bild 5.1).<br />

Bild 5.1: Entwicklung der Feldinstallation<br />

5.2.1 Informationsübertragung über klassische Einheitssignale<br />

Unter Feldverkabelung versteht man alle Verbindungen von den Feldgeräten (von Sensoren <strong>und</strong><br />

Stellgeräten) bis hin zur Informationsverarbeitungseinrichtung im Schaltraum. Um den<br />

Informationsfluss zwischen Feldebene <strong>und</strong> <strong>Steuerung</strong>s- bzw. Prozessleitebene sicherzustellen, werden<br />

heutige neue Anlagen bzw. Anlagenteile weitgehend noch mit herkömmlicher (<strong>und</strong> bewährter)<br />

Technik ausgerüstet:<br />

• Übertragung analoger Signale (0 .. 10 V bzw. 0/4 .. 20mA);<br />

• (parallele) Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (Zweidrahtleitungen, ev. 3- Draht);<br />

• in explosionsgefährdeten Bereichen (sog. Ex-Bereich) Beschränkung der Signal+<br />

Versorgungsleistung auf ca. 40mW.<br />

Das „4-20mA Stromsignal“ (current loop)<br />

Ein erste Standardisierung der Signale bzw. Signalübertragung im Feldbereich erreichte man mit der<br />

Einführung der Norm des 4-20mA Stromsignals, wobei 4mA einem Wert von 0% <strong>und</strong> 20mA einem<br />

von 100% der Prozessgröße entsprechen (DIN 19230). Die Vorteile des 4-20mA Stromsignals sind –<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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neben der Unabhängigkeit des Stromsignals vom ohmschen Leitungswiderstand bzw. von der<br />

Leitungslänge – eine einfache Kalibrierung (insbesondere des Nullpunkts) sowie ein auf dem<br />

Stromsignal beruhendes leicht zu realisierendes „fail-safe“ Verhalten des Systems. Demgegenüber<br />

steht die etwas geringe Auflösung aufgr<strong>und</strong> des Skalenbereichs von nur 16mA. Die folgenden<br />

Abbildungen illustrieren die Übertragung einer Prozessgröße vom Sensor via Tramsmitter in den<br />

Schaltraum.<br />

Bild 6.1: Signalübertragung vom Sensor in den Schaltraum (rechts mit mehreren Anzeigegeräten)<br />

Bild 6.2: Prinzipskizze eines Transmitters<br />

Bild 6.3: Beispiel eines Durchflussmessgeräts<br />

In DIN 19230 sind noch weitere Einheitssignale definiert: Spannung (0–10V); Druckluft (0,2–1,0bar).<br />

5.2.2 HART SENSOR<br />

Die zunehmenden Anforderungen an Sensoren (Genauigkeit, Fernkalibrierung etc.) einerseits <strong>und</strong> die<br />

technologischen Fortschritte (Mikroprozessoren, Mikrosystemtechnik) anderseits führen dazu, dass<br />

bereits im Sensor eine Informationsverarbeitung stattfindet <strong>und</strong> dass mehr Information –<strong>und</strong> dies in<br />

beide Richtungen– übertragen werden muss (sog. “Smart Sensors“). Diese zusätzliche Information<br />

wird beim amerikanischen HART-Protokoll (Highway Addressable Remote Transducer) durch<br />

Überlagerung eines entsprechenden FSK-Signals (Frequency Shift Keying) übertragen, wobei das<br />

analoge 0/4 .. 20mA Messsignal als Modulationsträger dient.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Konventionell HART-Kommunikation<br />

Meßwert<br />

20 mA<br />

4 mA<br />

Ausgangsstrom<br />

Zeit<br />

Meßwert<br />

20 mA<br />

4 mA<br />

Bild 6.4: Prinzip des HART-Sensors<br />

2200 Hz<br />

"0"<br />

1200 Hz<br />

"1"<br />

Zeit<br />

HART-<br />

Modem<br />

Speisegerät<br />

Das sinusförmige 2200 Hz-Signal entspricht logisch 0 <strong>und</strong> das 1200 Hz-Signal logisch 1. Die<br />

Übertragungsrate beträgt 1200 bit/s. Über die HART-Multiplexer lassen sich bis zu mehrere Tausend<br />

HART-fähige Geräte fern steuern, wobei die Zykluszeit bis zu 30 Minuten dauern kann, da der<br />

HART-Bus ein relativ langsamer Bus ist.<br />

5.2.3 Dezentrale Systeme<br />

Aufgr<strong>und</strong> der eindeutigen Vorteile der Busvariante werden in der Automatisierungstechnik heute<br />

verstärkt Feldbusse eingesetzt, dabei werden nicht nur Kabelmengen gespart, sondern es findet zum<br />

Teil eine Intelligenzverlagerung an den Prozess vor Ort statt, Bild 5.2.<br />

Zentrale Leittechnik<br />

Prozessnahe Komponente<br />

Überwachung<br />

Trend<br />

Meßgröße<br />

Feldgerät<br />

4...20mA<br />

Grenzwert<br />

Bild 5.2: Von der zentralen zur dezentralen Leittechnik<br />

Meßgröße<br />

Dezentrale Leittechnik<br />

Prozessnahe Komponente<br />

Überwachung<br />

Feldgerät<br />

Feldbus<br />

Trend Grenzwert<br />

Als weitere Vorteile der Feldbusse sind noch zu nennen: Diagnosefunktion im Fehlerfall, bessere<br />

Flexibilität/Erweiterbarkeit sowie reduzierter Engineering-Aufwand.<br />

Das wohl wichtigste Merkmal der Feldbusse ist die Echtzeitfähigkeit, die besonders von den<br />

Feldgeräten gefordert wird. Bei der Ebene drüber (Datenkommunikation) steht dagegen der Durchsatz<br />

(zu übertragende Datenmenge) im Vordergr<strong>und</strong>. Verschiedene Bussysteme sind <strong>für</strong> verschiedene<br />

Anwendungen geeignet. So werden z.B. der AS-i-Bus <strong>und</strong> der EIB-Bus ausschließlich <strong>für</strong> die<br />

Feldkommunikation eingesetzt, während der Profibus sowohl <strong>für</strong> die Daten- als auch <strong>für</strong> die<br />

Feldkommunikation geeignet ist. Dagegen wird der industrielle Ethernet primär <strong>für</strong> die<br />

Datenkommunikation eingesetzt, Bild 5.3.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

SPS<br />

Datenkommunikation<br />

Daten- <strong>und</strong> Feldkommunikation<br />

PROCESS FIELD BUS<br />

Bild 5.3: Moderne Kommunikationsbusse in der Automatisierungstechnik<br />

5.3 Gr<strong>und</strong>lagen der Buskommunikation<br />

Feldkommunikation<br />

Bevor die verschiedenen Busvarianten der Automatisierungstechnik erörtert werden, sollen hier kurz<br />

die Gr<strong>und</strong>lagen der Buskommunikation vorgestellt werden /7/.<br />

5.3.1 Netzwerktopologien<br />

Oft sollen Informationen von einer Automatisierungseinrichtung (Rechner) zu einer oder mehreren<br />

Einrichtungen (Rechnern) übertragen werden. Dabei entsteht ein Netzwerk mit in der Regel mehr als<br />

zwei Teilnehmern. Die Netzwerktopologie legt die geometrische bzw. logische Anordnung der<br />

Teilnehmer (Station) fest. Folgende Topologien werden häufig angetroffen.<br />

5.3.1.1 Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (peer to peer)<br />

Bei dieser Topologie ist jeder Teilnehmer mit jedem über Kommunikationsleitungen verb<strong>und</strong>en.<br />

Dabei entsteht ein engmaschiges Netz, Bild 5.4a.<br />

Bild 5.4a: Punkt-zu-Punkt-Verbindungen Bild 5.4b: Sterntopologie<br />

⎛n<br />

⎞<br />

Bei n Teilnehmern werden (n-1) Schnittstellen pro Teilnehmer <strong>und</strong> ⎜ ⎟ Verbindungsleitungen<br />

⎝2<br />

⎠<br />

benötigt. Die Kosten <strong>für</strong> Verkabelungen sind daher sehr hoch. Vorteile sind die leichte Diagnose <strong>und</strong><br />

die beschränkte Auswirkung beim Ausfall eines Teilnehmers oder eines Kommunikationskanals.<br />

5.3.1.2 Sterntopologie<br />

Bei dieser Struktur sind alle Stationen mit einer zentralen Vermittlungsstelle (Hub bzw. Sternkoppler)<br />

verb<strong>und</strong>en, Bild 5.4b.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Der Hauptvorteil dieser Topologie besteht darin, dass der Ausfall einer Station keine Folgen <strong>für</strong> die<br />

Netzfunktion besitzt. Lediglich der Ausfall des Hubs führt zu einem Netzausfall. Der<br />

Verkabelungsaufwand ist niedriger als die Punkt-zu-Punkt-Struktur, aber immer noch höher als die<br />

Bus- bzw. Ringtopologie.<br />

5.3.1.3 Bustopologie<br />

Auch Linientopologie genannt. Dies ist ein Netzwerkaufbau, bei dem die Rechner an eine Leitung<br />

(den Bus) angeschlossen werden, das zwei Endpunkte besitzt (häufig mit dem Wellenwiderstand<br />

abgeschlossen), Bild 5.5a.<br />

Bild 5.5a: Bus- bzw. Linientopologie Bild 5.5b: Baumtopologie<br />

Die Anbindung der Teilnehmer an das Buskabel geschieht über kurze Stichleitungen (Dropkabel).<br />

Jeder Teilnehmer kann über den Bus mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren. Ethernet-<br />

Netzwerke sind ein Beispiel <strong>für</strong> diese Topologie. Der Vorteil der Linienstruktur ist in der leichten<br />

Erweiterbarkeit <strong>und</strong> dem geringen Verkabelungsaufwand zu sehen. Ein Nachteil besteht darin, dass<br />

ein Ausfall des zentralen Mediums gleichbedeutend mit einem Netzausfall ist. Weiterhin muss man<br />

häufig einen Kompromiss zwischen der Übertragungsrate <strong>und</strong> der max. Leitungslänge schließen.<br />

5.3.1.4 Baumstruktur<br />

Die Baumstruktur stellt eine Weiterentwicklung der Linienstruktur dar (Bild 5.5b), kann aber größere<br />

Flächen abdecken als die Bustopologie. Zur Signalverstärkung werden an der Baumzweigen oft<br />

Verstärkerelemente (Repeater) eingesetzt.<br />

5.3.1.5 Ringtopologie<br />

Ein lokales Netz, dessen Aufbau einem Ring entspricht. Das bedeutet, dass jede Station zwei<br />

Nachbarn besitzt <strong>und</strong> mit diesen durch ein Übertragungsmedium verb<strong>und</strong>en ist. Da ein Ring gerichtet<br />

ist, besteht <strong>für</strong> Nachrichten eine vorgegebene Umlaufrichtung. Der Vorteil dieser Struktur besteht im<br />

geringen Verkabelungsaufwand, der relativ großen Reichweite <strong>und</strong> der leichten Erweiterbarkeit; ein<br />

Nachteil ist aber der Ausfall der Ringleitung, der gleichbedeutend mit einem Netzausfall ist. Um<br />

diesem Manko zu begegnen werden Ringe manchmal doppelt ausgelegt, wobei der Sicherheitsring die<br />

entgegengesetzte Rotationsrichtung aufweist.<br />

Von großer Bedeutung <strong>für</strong> die Praxis ist der sog. „Virtuelle Ring“, der auch als ein Sonderfall der<br />

Linienstruktur angesehen werden kann. Bild 5.6 zeigt eine beispielhafte (virtuelle) Ringstruktur eines<br />

Industrial Ethernets aus dem Leitsystem TELEPERM XP der Fa. Siemens, die tolerant gegenüber<br />

Busunterbrechung (Einzelfehler) ist.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Ü<br />

Über -<br />

wachungslogik<br />

Virtueller Ring<br />

Sternkoppler Sternkoppler Sternkoppler<br />

OM-PU<br />

AS<br />

Sternkoppler Sternkoppler<br />

1............64<br />

.... ....<br />

Ü<br />

1............64 1............64<br />

Überwachungslogik<br />

Teilnehmer<br />

....<br />

Sternkoppler<br />

Information<br />

CP<br />

CP<br />

AS<br />

CP<br />

LWL<br />

Optische<br />

Transceiver<br />

Drop cable<br />

Ein Fehler am Bus führt<br />

zum Durchschalten der<br />

Busverbindung an der<br />

Überwachungslogik Ü<br />

Nach Reparatur wird<br />

die Busverbindung<br />

durch die<br />

Überwachungslogik<br />

automatisch geöffnet<br />

Bild 5.6: Einsatz des „Virtuellen Ring“ im Leitsystem TELEPERM XP (Siemens)<br />

5.3.2 Kommunikationsmodelle<br />

Physikalische Verbindungen zwischen den Rechnern ist nicht alles. Kommunikation von Rechnern<br />

untereinander zum Zweck des Datenaustausches erfordert viel mehr Vereinbarungen darüber, in<br />

welcher Art <strong>und</strong> Weise sie stattfinden soll. Die Festlegung vom Format <strong>und</strong> Regeln zum<br />

Datenaustausch zwischen Stationen eines Netzes wird auch (Kommunikations-)Protokoll genannt.<br />

Ein Protokoll regelt ferner:<br />

• die Art der Fehlerkontrolle<br />

• das Datenkompressionsverfahren<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

• die Art wie die sendende Station das Ende der Nachricht mitteilt<br />

• die Anzeige des Empfängers, erfolgreich eine Nachricht erhalten zu haben.<br />

Die Normungsbasis vieler heutigen Bussysteme ist das ISO/OSI-Referenzmodell<br />

(Siebenschichtenmodell, ISO 7458), das von der ISO (International Standard Organisation) <strong>für</strong> die<br />

Entwicklung offener Kommunikationsprotokolle (OSI = Open System Interconnection) in den<br />

achtziger Jahren entwickelt wurde, Tabelle 5.1.<br />

Tabelle 5.1: Das ISO/OSI-Referenzmodell in der Buskommunikation<br />

Nr. Bezeichnung Aufgaben<br />

7 Anwendungsschicht<br />

(Application Layer)<br />

6 Darstellungsschicht<br />

(Presentation Layer)<br />

5 Sitzungsschicht<br />

(Session Layer)<br />

4 Transportschicht<br />

(Transport Layer)<br />

3 Netzwerkschicht<br />

(Network Layer)<br />

2 Datenverbindungsschicht<br />

(Data Link Layer)<br />

1 Physikalische Schicht<br />

(Physical Layer)<br />

Funktionen <strong>für</strong> den Anwender (z.B. Email, Datenbankabfrage,<br />

oder andere Datenübertragungsdienste)<br />

Syntax der Datentypen vereinbaren („Sprache“), Formatierung/<br />

Komprimierung/Verschlüsselung, Zeichensatz<br />

Schnittstelle zur Benutzung der logischen Kanäle, Dienste zum<br />

Aufbau <strong>und</strong> Abbau von Sitzungen<br />

Verbindungen auf-/abbauen (Bereitstellung logischer Kanäle),<br />

Daten in Paketen zerlegen/transportieren, Quittieren<br />

Vermittlung, Wegfindung (Routing, Festlegung des Datenweges<br />

von der Quelle bis zum Ziel)<br />

Datenformate/Datensicherung („des Datenrahmens“, data frames),<br />

Zugriffsverfahren<br />

Pegeldefinition/Signalcodierung, elektr./mech. Eigenschaften des<br />

Übertragungsmediums<br />

Die Schichten 1-4 sind <strong>für</strong> die Datenübertragung zwischen den Endgeräten zuständig, während die<br />

Schichten 5-7 das Zusammenwirken zwischen dem Anwenderprogramm <strong>und</strong> dem Betriebssystem des<br />

Rechners beschreibt. Die Schichteneinteilung dient der Abstraktion des Kommunikationsprozesses<br />

(aufgabenorientiert) <strong>und</strong> enthält keine Angaben über die Implementierung, d.h. das physikalische<br />

Medium <strong>und</strong> die Anwendung selbst sind in diesem Modell nicht berücksichtigt. Jede Schicht N<br />

(service provider) stellt bestimmte Dienste bereit, die die drüberliegende Schicht N+1 (service user)<br />

nutzen kann. Jede Schicht im System ist austauschbar, ohne dass die anderen Schichten davon<br />

betroffen sind. So kann die Schicht 1 z.B. in Glasfasern wie in Kupferleitungen realisiert worden sein,<br />

ohne dass seine Definition sich ändert.<br />

Auf jeder Schicht verlaufen die Handlungen auf der Sender- <strong>und</strong> Empfängerseite meist in umgekehrter<br />

Reihenfolge. So kodiert die Schicht 1 auf der Sendeseite die zu sendende Information (in Bitfolge) auf<br />

dem Trägersignal, während die Empfängerseite genau das Gegenteil tut. Nicht alle Schichten müssen<br />

immer <strong>und</strong> überall vorhanden sein, einige Schichten können bewusst weggelassen werden (z.B.<br />

bleiben Schichten 3 bis 6 bei der Profibus-Definition leer).<br />

5.3.3 Signalcodierung, Datensicherung, Zugriffsverfahren<br />

Die Arbeitsweise der Schicht 1 soll nun anhand des Beispiels der Signalcodierung etwas näher<br />

betrachtet werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann digitale Information (logisches 0 oder 1) in der Amplitude, in<br />

der Flanke, in der Phase oder in der Frequenz eines elektrischen/optischen Signals übertragen werden.<br />

Zwei am häufigst verwendete Codierverfahren sind das NRZ-Verfahren (Non Return to Zero,<br />

„0“=Masse, „1“=positiv, Taktinformation geht verloren, nicht frei vom Gleichanteil) <strong>und</strong> das<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Manchester-II-Codierung („0“=negative Flanke in der Taktmitte, „1“=positive Flanke,<br />

Taktinformation bleibt erhalten; Oft wird sie zusammen mit der sog. Alternierenden Puls Modulation<br />

= AMP verwendet: zwei aufeinander folgende Impulse besitzen dabei eine unterschiedliche Polarität,<br />

so dass es auf den Leitungen ein bitserieller gleichstromfreier Datenstrom fließt), Bild 5.7.<br />

Takt<br />

Binärfolge<br />

NRZ<br />

(PROFIBUS-DP)<br />

Manchaster<br />

Biphase L<br />

(PROFIBUS-PA,<br />

AS-i)<br />

0<br />

Bild 5.7: NRZ- <strong>und</strong> Manchester-II-Codierung<br />

0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 0 1 0<br />

„1“<br />

+<br />

0<br />

„0“ 0<br />

Bleibt die Taktinformation enthalten, dann kann eine zusätzliche Taktleitung bei einer synchronen<br />

Datenübertragung entfallen. Ist die Kodierung frei von Gleichanteilen (z.B. bei Manchester Biphase<br />

L), ist eine Datenübertragung über <strong>Energie</strong>versorgungsleitung möglich, sofern diese mit Gleichgrößen<br />

vorgenommen wird. Als Nachteil der Manchester-II-Codierung ist zu nennen, dass die maximal<br />

auftretende Frequenz doppelt so hoch sein kann wie die maximal auftretende Frequenz beim NRZ-<br />

Verfahren ist. Dadurch ist die Störabstrahlung relativ hoch.<br />

Werden die Informationen zeichenweise übertragen <strong>und</strong> durch Start- <strong>und</strong> Stoppbits immer wieder<br />

synchronisiert, dann spricht dann auch von UART(Universal Asynchronous Reciever and Transiver)-<br />

Zeichen-Übertragung. Nach DIN 66022/66023 sind pro Zeichen 11 Bits nötig:<br />

Startbit Bit 0 Bit 1 Bit 2 Bit 3 Bit 4 Bit 5 Bit 6 Bit 7 Parität Stoppbit<br />

0 LSB x x x x x x MSB gerade 1<br />

Der Startbit ist immer logisch Null, gefolgt vom niedrigstwertigen Datenbit Bit 0 (LSB), ... bis zum<br />

höchstwertigen Datenbit Bit 7, gefolgt vom Paritätsbit (gerade) <strong>und</strong> Stoppbit (immer logisch 1).<br />

Als wesentliche Inhalte der Schicht 2 sind die Datensicherung <strong>und</strong> Zugriffsverfahren zu nennen.<br />

Bekannte Verfahren der Datensicherung sind:<br />

• Codierung durch Hamming-Distanz: d = e + 1 mit e=Anzahl der sicher erkennbaren Fehler.<br />

bei d = 2 ist z.B. ein einziger Fehler sicher erkennbar (durch Verwendung des Paritätsbits). In<br />

Feldbus-Systemen ist d = 4 üblich (durch die Blocksicherung, sehr hohe<br />

Sicherheitsbedürfnisse erfüllt d = 6);<br />

• Blocksicherung: auch FCS (Frame Check Sequence) genannt. Es werden z.B. 7 ASCII-<br />

Zeichen nebst Paritätsbit gesendet. Dann folgt 8. Oktett P, das die Spaltenparität enthält.<br />

Dadurch lassen bis zu 3 Bitfehler erkennen, also d = 4;<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

- 88 -<br />

„1“<br />

„0“<br />

+<br />

0<br />

-<br />

+<br />

0<br />

-


Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

• CRC-Summe (Cyclic Red<strong>und</strong>ancy Check): die zu übertragende Information wird unabhängig<br />

von ihrer Länge als Zahl aufgefasst <strong>und</strong> durch eine feste Zahl, das sog. Generatorpolynom G<br />

im Sender dividiert. Der Quotient Q wird verworfen, der resultierende Rest R wird zusammen<br />

mit der Information I übertragen. Der Empfänger dividiert die empfangenen Daten durch<br />

dasselbe Polynom G <strong>und</strong> erhält bei fehlerfreier Übertragung den Rest R=0 (Details in DIN 19<br />

244). Die Länge des Polynoms ist maßgeblich <strong>für</strong> die erreichbare Hamming-Distanz (z.B. d =<br />

6 nach DIN 19244);<br />

Zugriffsverfahren regeln vor allem das Senderecht auf der Busleitung. Folgende Varianten sind in der<br />

Praxis von Bedeutung:<br />

• Master/Slave-Verfahren: Bei diesem Verfahren stellt die Bussteuereinheit, der sog. Master,<br />

die Verbindung zum passiven Teilnehmer, dem Slave, her. Dieser antwortet auf eine<br />

Datenanforderung des Masters unmittelbar. Die in der Regel zyklische Abfrage des Slaves<br />

durch den Master wird auch Polling genannt. Der Vorteil der Einfachheit dieses Verfahrens<br />

geht spätestens dann verloren, wenn die Slaves untereinander verstärkt Daten austauschen<br />

wollen;<br />

• Token-Passing: Hier sind alle Teilnehmer in der Lage, die Kommunikationssteuerung zu<br />

übernehmen. Dabei wird das Senderecht durch eine spezielle Nachricht, dem sog. Token,<br />

koordiniert. Nur der Teilnehmer im Besitz des Tokens darf senden. Danach wird der Token<br />

weitergereicht. Mit Hilfe eines Tokens lässt sich aus einem Linienbus ein logischer Ring<br />

aufbauen (s. z.B. IEEE-Norm 802.4). Sind zum aktiven Teilnehmer zusätzlich noch passive<br />

Teilnehmer vorhanden, so spricht man auch vom hybriden Zugriffsverfahren, da die passiven<br />

Teilnehmer zweckmäßigerweise durch Master/Slave-Verfahren angesprochen werden;<br />

• CSMA/CD (Carrier Sense Multiple Access with Collision Detection): Ein senderwilliger<br />

Teilnehmer hört die gemeinsame Busleitung ab (Carrier Sense) <strong>und</strong> sendet, falls diese nicht<br />

belegt ist. Sollte die Busleitung gerade von einem anderen Teilnehmer besetzt sein, zieht er<br />

sich zurück <strong>und</strong> versucht, zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. nach einem Zufallszeitintervall)<br />

die Sendung zu wiederholen (Multiple Access). Ist die Busleitung frei <strong>und</strong> zwei (oder mehr)<br />

Teilnehmer senden gleichzeitig, dann kommt es zu einer Kollision auf der Busleitung, in der<br />

Regel mit der Folge der Zerstörung des Telegramminhaltes. Dies muss erkannt (Collision<br />

Detection) <strong>und</strong> der Sendevorgang muss (z.B. wieder zufallsbedingt) wiederholt werden. Da<br />

bei diesem Verfahren keine maximale Reaktionszeit garantiert werden kann, ist das Verfahren<br />

nicht echtzeitfähig <strong>und</strong> wird daher mehr im Bürokommunikation eingesetzt (z.B. Ethernet);<br />

• CSMA/CA (Carrier Sense Multiple Access with Collision Avoidance): Zur Steigerung der<br />

Effizienz des CSMA muss die Datenkollision vermieden werden (Collision Avoidance). Dies<br />

kann am einfachsten dadurch geschehen, dass den Teilnehmern Priorität vergeben werden.<br />

Dabei wird die Sendung ständig überwacht <strong>und</strong> im Konfliktfall zieht sich der Teilnehmer mit<br />

der niedrigeren Priorität zurück.<br />

Die Verwendung einzelner Zugriffsverfahren wird zusammen mit Vorstellungen der verschiedenen<br />

Feldbusse vorgestellt.<br />

5.4 Beispiele <strong>für</strong> Feldbusse<br />

Feldbus verbindet bekanntlich die Feldgeräte mit der <strong>Steuerung</strong>seinheit (SPS). Die Tendenz geht auf<br />

dem Gebiet immer mehr von firmenspezifischen Lösungen in offene Standards über. Tabelle 5.2 fasst<br />

den Marktanteil verschiedener Feldbusse in Europa im Jahr 2001 nach einer Studie des<br />

Marktforschungsunternehmens Frost & Sullivan zusammen.<br />

Tabelle 5.2: Marktanteile der Feldbusse in Europa (2001)<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Feldbus Marktanteil<br />

Profibus 54%<br />

Fieldbus Fo<strong>und</strong>ation 10%<br />

Interbus 8%<br />

Modbus 8%<br />

AS-i 6%<br />

Einige Busvariante dominieren in den jeweiligen Anwendungsbereichen. So spielt der EIB (European<br />

Installation Bus, Initiator Siemens AG) in der Gebäudeautomatisierung eine große Rolle, während der<br />

CAN-Bus (Controller Area Network, Initiator Bosch AG) den Automobilbereich beherrscht. Auch der<br />

mit 2,5% noch auf Rang 8 dieser Studie liegende Ethernet dürfte dagegen neuerdings stark an<br />

Bedeutung zugenommen haben.<br />

5.4.1 Profibus<br />

Unter den Feldbuslösungen ist der Profibus (= Process Field Bus) der eindeutige Marktführer in<br />

Europa. Die deutsche Nationalnorm wurde in der Neunziger Jahren unter dem Verb<strong>und</strong>projekt<br />

„Feldbus“ durch 14 Hersteller <strong>und</strong> Institute ausgearbeitet <strong>und</strong> vom damaligen B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong><br />

Forschung <strong>und</strong> Technologie (BMFT) gefördert <strong>und</strong> später in die selbsttragende Profibus-<br />

Nutzerorganisation (PNO) mit Hauptsitz in Karlsruhe fortgesetzt. Profibus wurde zunächst in DIN 19<br />

245 Teil 1 <strong>und</strong> Teil 2 als Deutsche Norm verabschiedet <strong>und</strong> seit 1996 durch die EN DIN 50170 <strong>und</strong><br />

später durch IEC 61158 weltweit akzeptiert. Unter dem Oberbegriff Profibus existieren 3 Varianten:<br />

• Profibus-FMS (=Fieldbus Message Specification);<br />

• Profibus-DP (=Dezentrale Peripherie) <strong>und</strong><br />

• Profibus-PA (=Prozess-Automatisierung).<br />

Profibus-FMS ermöglichst Master-Master-Kommunikation, ist aber zu langsam <strong>für</strong> die Feldebene. Sie<br />

wird heute als Low-cost-Zellenbus empfohlen. Hier steht die azyklische Übertragung von<br />

strukturierten Datensätzen, z.B. Fertigungsaufträge <strong>und</strong> Rezepten unter Beachtung der verschiedenen<br />

Datentypen im Vordergr<strong>und</strong>. Gegenüber Industrie-Ethernet verliert er immer mehr an Bedeutung.<br />

PROFIBUS-DP ist <strong>für</strong> die Anbindung von DP-Normslaves an ein Mono-Master-System in der<br />

unteren Feldebene geschaffen. Sie kann als eine Art vereinfachter Version des Profibus-FMS<br />

angesehen werden. Sie ist relativ schnell <strong>und</strong> damit echtzeitfähig, d.h. mindestens einmal während<br />

einer Zykluszeit des <strong>Steuerung</strong>sprogramms werden die Daten aktualisiert.<br />

Profibus-PA ist eine kommunikationstechnisch kompatible Erweiterung von Profibus-DP <strong>für</strong> den Ex-<br />

Bereich. Der sog. eigensichere Stromkreis (Symbol EEx i mit EEx = Explosionsschutz, i = Strom)<br />

garantiert, dass die Explosionsgefahr durch Begrenzung der Stromstärke ausgeschlossen ist. Im<br />

Gegensatz zu DP wird bei der PA die Feldgeräte über die Datenleitung gleichzeitig mit einer <strong>für</strong> ihren<br />

Betrieb nötigen Hilfsenergie gespeist (Busspeisung). Auch das verwendete gleichstromfreie<br />

Codierungsverfahren – Manchester-II-Codierung – ist verschieden im Vergleich zur NRZ-Codierung<br />

vom DP. Details zur Übertragungstechnik der Profibis-PA sind in IEC-61158-2 spezifiziert. Für den<br />

Übergang von Profibus-DP auf –PA stehen sog. Segmentkoppler zur Verfügung (Die<br />

Übertragungsgeschwindigkeit beträgt 45,45KBd auf DP-Seite <strong>und</strong> 31,25KBd auf PA-Seite), die<br />

außerhalb des Ex-Bereichs bleiben müssen.<br />

Die Datenübertragung des Profibus geschieht per Telegramme (Kette aus den UART-Zeichen,<br />

asynchron, halbduplex). Man unterscheidet zwischen Informationstelegramme ohne Daten mit einer<br />

festen Länge von 6 Bytes <strong>und</strong> Datentelegramme mit fester oder variablen Länge (max. 255 Bytes). Da<br />

es innerhalb eines Telegramms Datenmenge von max. 246 Bytes verschickt werden können, ist er sich<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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auch <strong>für</strong> die Datenkommunikation eignet. Die Datenübertragung bei der Profibus-DP <strong>und</strong> -PA basiert<br />

auf der Schicht 1 <strong>und</strong> 2 des ISO/OSI-Referenzmodells <strong>und</strong> ist durch eine Hamming-Distanz = 4<br />

gesichert, d.h. der spezielle ASIC-Chip erkennt bis zu 3 gleichzeitig auftretende Bitfehler bei der<br />

Übertragung. Profibus-FMS nutzt zudem die Schicht 7 aus. Zusammenfassend sind nun die<br />

wichtigsten Merkmale des Profibusses zusammengefasst:<br />

• Genormt nach EN 50 170 Vol. 2;<br />

• Max. 125 Teilnehmer;<br />

• Buszugriffsverfahren Token-Passing mit unterlagertem Master-Slave;<br />

• Übertragungsraten bis 12 MBit/s;<br />

• Datenübertragung über Zweidrahtleitung <strong>und</strong> Lichtwellenleiter;<br />

• Großes Angebot von Komponenten <strong>für</strong> den Anschluss an den Feldbus;<br />

• Flächendeckend einsetzbar;<br />

• Programmierung der Master- <strong>und</strong> Slave-Geräte über den Feldbus möglich;<br />

• Modular ausbaubar (der Feldbus kann mit den Anforderungen mitwachsen);<br />

• Automatische Erkennung der Übertragungsrate bei den Slaves;<br />

• Offenes System; auch Feldgeräte anderer Hersteller anschließbar;<br />

• Übersichtliche Architektur; rein prozessbezogene Projektierung.<br />

Als wesentliche Vorteile sind zu nennen:<br />

• Slave-Station austauschbar ohne Busunterbrechung;<br />

• Hohe Verfügbarkeit;<br />

• Hohe Datensicherheit;<br />

• Standard-Telegrammstruktur;<br />

• Rückwirkungsfreies Zu- <strong>und</strong> Abschalten von Busteilnehmern während des Betriebs;<br />

• Weniger Verkabelungsaufwand;<br />

• Leichtere Änderbarkeit / Erweiterbarkeit.<br />

Im folgenden wird die Profibus-DP etwas näher betrachtetet, da diese Variante in der Praxis am<br />

häufigsten zu treffen ist. Profibus-DP wird häufig als ein serielles Bussystem in Linientopologie<br />

eingesetzt, wobei die Linientopologie durch Repeatereinsatz variiert werden kann.<br />

Busabschlusswiderstände in Höhe des Wellenwiderstands der Leitung an beiden Enden sind nötig.<br />

Diese Busstruktur hat den Vorteil der möglichen Zu-/Abschaltung von Teilnehmern während des<br />

laufenden Betriebs, da dies unterbrechungslos geschehen kann. Ein weiterer Vorteil ist die einfache<br />

Anschlusstechnik der Teilnehmer (quasiparallele Ankopplung eines Sende- <strong>und</strong> Empfangsverstärkers).<br />

Problematisch kann jedoch die Fehlersuche bei Auftreten eines Kurzschlusses im System werden, da<br />

keinerlei Kommunikation mehr möglich ist.<br />

Durch das Buszugriffsprotokoll wird ein sog. logischer Tokenring <strong>für</strong> die Profibus-Master gebildet,<br />

selbst wenn der physikalischer Bus kein Ring ist. Das Token ist ein spezielles Telegramm, das über<br />

den Bus übertragen wird. Spätestens nach Ablauf der Token-Haltezeit (wird bei der<br />

Systemkonfiguration festgelegt), wird das Token von einem Master zum nächsten Master<br />

weitergegeben (obwohl es beim Profibus-DP in der Praxis oft nur einen Master gibt). Slaves sind vom<br />

Token-Passing ausgeschlossen. Der Hauptvorteil des Token-Passing, Master-Slave-Verfahrens ist die<br />

Echtzeitfähigkeit des Systems, die durch die Token-Umlaufzeit parametrierbar ist.<br />

Der Ausfall des Masters führt dazu, dass er sich nicht mehr im logischen Ring befindet. Mit der<br />

Diagnosesoftware können die Busteilnehmer <strong>und</strong> ein solcher Ausfall erkannt werden. Die Reihenfolge<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

der Master im Ring ist durch die Busadresse festgelegt. Der DP-Master kann in der CPU der SPS<br />

integriert sein oder als eine eigene Baugruppe (Kommunikationsprozessor CP) zur Verfügung stehen.<br />

Ein DP-Master steuert 31 DP-Slaves in einem Segment oder bis zu 126 im gesamten Netz. Die<br />

Hauptaufgabe des DP-Masters ist die Durchführung des Datenaustausches mit seinen Slaves <strong>und</strong><br />

entlastet damit die CPU, damit diese sich voll der Durchführung des <strong>Steuerung</strong>sprogramms widmet.<br />

Das elektrische Übertragungsverfahren beruht auf dem US-Standard EIA RS 485. Bevorzugt wird eine<br />

verdrillte Zweidrahtkupferleitung mit Schirm (shielded TP, twisted pair) <strong>und</strong> symmetrischer<br />

Verbindung. Generell gilt die Damenregel: TP-Kabel bis einige Mbit/s; bei höheren Datenraten<br />

empfiehlt sich der Koaxkabel bzw. Lichtwellenleiter (LWL). Die Baudrate bei PROFIBUS-DP kann<br />

man abhängig von der zulässigen Länge in einem Segment (Subnetz) von 9,6 kBit/s bis 12 MBit/s<br />

einstellen (Standard 1,5 MBit/s). Eine hohe Datenrate weist auf hohe Frequenz hin. Höherfrequente<br />

Signale erfahren auf einer Übertragungsleitung eine stärkere Dämpfung als niederfrequente Signale.<br />

Richtwerte:<br />

• Bei 500 kBit/s bis zu 400 m,<br />

• bei 1,5 Mbit/s bis zu 200 m,<br />

• bei 12 Mbit/s zu 100 m.<br />

Die Segmente können durch Repeater RS485 bis zu einer Entfernung von 1000 m verlängert werden.<br />

Repeater sind Verstärkerstationen, die ankommenden Datenbits 1:1 auf den Ausgang kopiert, ohne<br />

deren Inhalt zu interpretieren. Somit arbeiten Repeater auf der Schicht 1 des ISO/OSI-Protokolls <strong>und</strong><br />

eignen sich zur Kopplung gleichartiger Netze (zusammenhängende Begriffe: Bridges arbeiten auf der<br />

Schicht 2; Router arbeiten auf der Schicht 3 <strong>und</strong> Gateways arbeiten auf der Schicht 4). Die max.<br />

Ausdehnung des Netzes beträgt bei geschirmter Zweidrahtleitung 9,6 km bzw. bei einem LWL bis zu<br />

23,8 km. Der Einsatz eines LWL basiert auf unidirektionalen (bzw. bidirektional über ein<br />

Sender/Empfänger-Paar) Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Über die sog. OLMs (optical link modul)<br />

lassen sich die Linie-, Ring- <strong>und</strong> Stern-Topologie realisieren.<br />

Profibusfähige Geräte werden über die Device Description Language (DDL) beschrieben. Dadurch<br />

wird eine herstellerunabhängige Darstellung der Gerätefunktionen erlaubt.<br />

5.4.2 AS-i-Bus<br />

Untersuchungen haben gezeigt, dass die überwiegende Anzahl (ca. 80%) aller Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

binäre Aktoren <strong>und</strong> Sensoren sind (zwei Zustände: z.B. Ventile „ein/aus“ oder Grenzwertgeber<br />

„überschritten/nicht überschritten“). Das Actor-Sensor-interface ist ein Vernetzungssystem <strong>für</strong> genau<br />

diese einfachen Geräte im untersten Feldbereich, um die Kommunikationsfähigkeit bei vertretbarem<br />

Kostenaufwand zu realisieren. Initiiert durch die Firma Siemens AG (Altname: SINEC S1), umfasst<br />

das AS-interface-Konsortium (heute: der Asi-Verein) mehr als 250 Mitgliedsfirmen. Der AS-i-Bus ist<br />

in EN 50295/IEC 62026-2 genormt mit einem aktiven Busmaster <strong>und</strong> reaktiven Busslaves.<br />

AS-i-Netzwerktopologie: Stern-, Linie- bzw. Linie mit Stichleitungen <strong>und</strong> Baumstruktur (außer<br />

Ringtopologie) sind frei wählbar. Dabei können „intelligente“ Sensoren/Aktoren mit integriertem ASi-Chip<br />

direkt <strong>und</strong> konventionelle Sensoren/Aktoren über einen AS-i-Modul angesprochen werden,<br />

Bild 5.8.<br />

Das hauptsächlich verwendete Übertragungsmedium des AS-i-Systems ist eine elektrische Zweidraht-<br />

Flachbandleitung, ungeschirmt <strong>und</strong> nicht verdrillt. Daneben sind auch noch ein Standard-R<strong>und</strong>kabel<br />

zulässig. Um Daten <strong>und</strong> <strong>Energie</strong> <strong>für</strong> alle Sensoren <strong>und</strong> Aktoren auf einem Kabel übertragen zu<br />

können, wird die Manchester-II-Codierung verwendet. Mit diesem Codierverfahren <strong>und</strong> den<br />

geforderten Leitungseigenschaften sind Bitzeiten von 6 µs realisierbar, was einer Bitrate von 167<br />

kBit/s entspricht. Es sind keine Leitungsabschlusswiderstände erforderlich. Leitungslänge beträgt max.<br />

100 m (durch Repeater erweiterbar auf max. 300 m) mit max. 31 Slaves pro Strang (begrenzt durch 5<br />

bit Adressen; Neuerdings ist eine Erweiterung der Teilnehmerzahl von 31 auf 62 Slaves je AS-i-Strang<br />

möglich bei Verwendung einer zweiten Art von Slaves <strong>und</strong> Benutzung des Informationsbits I3 im<br />

Master-Telegramm als Hilfs-Adressbit). Master fragt Slaves zyklisch ab (Polling, bei 31 Teilnehmer<br />

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max. alle 5 ms einmal = Zykluszeitgarantie, d.h. ein AS-i-Slave wird mindestens 200 mal in der<br />

Sek<strong>und</strong>e angepollt).<br />

Bild 5.8: Typische AS-i-Konfiguration<br />

Eine Asi-Nachricht besteht aus einem Masteraufruf, einer Masterpause, einer Slaveantwort sowie einer<br />

Slavepause. Das Telegramm des Masteraufrufes beträgt 14 bit (davon 5 Adressbits des Slaves<br />

A0...A4, 1 Parameterbit I4 zur Übertragung von Parameterdaten, 4 Informationsbits I0...I3), die<br />

Slaveantwort 7 bit (davon 4 Informationsbits I0...I3). Ein Satz von Regeln bzgl. des Telegramms<br />

gestattet die Erkennung von Störungsbits, so dass gestörte Telegramme mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

erkannt <strong>und</strong> erneut übertragen werden.<br />

Es ist möglich, den AS-i-Bus über einen Kommunikationsprozessor (z.B. CP 342-2 an eine S7-300)<br />

<strong>und</strong> über DP/AS-Interface Link (Gateway in Form von Profibus-Slave <strong>und</strong> AS-i-Bus-Master) an<br />

PROFIBUS-DP anzukoppeln. Der CP 342-2 kann in zwei Betriebsarten eingesetzt werden:<br />

• Standardbetrieb: Es sind nur Datenbits der Slaves im Analog-Adressraum der S7-300<br />

ansprechbar.<br />

• Erweiterter Betrieb: AS-i-Masteraufrufe möglich, um z.B. Parameterwerte zu übertragen.<br />

5.4.3 EIB-Bus<br />

EIB = European Installation Bus (auch instabus genannt). 1990 durch EIB Association (EIBA) in<br />

Europa genormt. Das Hauptanwendungsgebiet des EIB liegt in der Gebäudeautomation <strong>und</strong> der<br />

Gebäudeleittechnik. Infolgedessen lehnt sich die Topologie des EIB an diesen Bereich an <strong>und</strong> weist<br />

einem Gebäude ähnliche Struktur auf. Bild 5.9 zeigt die Topologie eines typischen EIB-Busses. Die<br />

kleinste funktionsfähige Einheit ist die Linie (Sub line) mit 64 (TP64) oder 256 (TP256) Teilnehmern.<br />

Die Geräte einer Linie werden gemeinsam von einer Kleinspannungsversorgung (BPSU = Bus Power<br />

Supply Unit, 30 V DC) über die Busleitung ferngespeist. Da die Fernspeisung <strong>und</strong> die<br />

Datenübertragung über ein Adernpaar erfolgt, wird eine Drossel eingesetzt zur Entkopplung zwischen<br />

der Gleichspannung (wirkt niederohmig) <strong>und</strong> der Wechselspannung „Daten“ (wirkt hochohmig). Die<br />

Linien können mit Hilfe der Koppler über Hauptlinien (Main line) miteinander verb<strong>und</strong>en werden.<br />

Erfolgt die Kopplung zwischen gleichen Medien, heißt der Koppler Linienkoppler (LC=Line<br />

Coupler), sonst Medienkoppler. Maximal 15 (im Moment nur 12 freigegeben, 3 <strong>für</strong> zukünftige<br />

Anwendungen reserviert) Linien bilden dann einen Bereich (Zone). Sollen noch größere Anlagen<br />

realisiert werden, lassen sich nochmals bis zu 15 Bereiche über Bereichskoppler (BC=Backbone<br />

Coupler) zusammenfassen. Daraus resultiert eine max. mögliche Teilnehmerzahl von 256*15*15 =<br />

57600 Stück.<br />

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Die einzelnen Geräte werden mittels Zweidrahtleitung, Powerline (eigenleitungslos), Funk oder<br />

Infrarot verb<strong>und</strong>en. Durch Einsatz von Repeatern ist es möglich, mehr als 64 Teilnehmer pro Linie<br />

miteinander zu verbinden <strong>und</strong> eine Ausdehnung von mehr als 1000 m zu erreichen, da diese die<br />

elektrischen Signale des Netzwerks regeneriert <strong>und</strong> die Busarbitrierung separiert. Die Bereichs- <strong>und</strong><br />

Linienkoppler haben zusätzlich die Aufgabe, als Router zu agieren, d.h. sie filtern die empfangenen<br />

Datenrahmen <strong>und</strong> lassen nur jene durch, die im gekoppelten Bereich bzw. in der Linie benötig werden.<br />

Diese Maßnahme spart Ressourcen <strong>und</strong> Bandbreite.<br />

Bild 5.9: Topologie eines EIB-Busses<br />

Die EIB-Standardleitung (z.B. YCYM 2x2x0,8) ist eine geschirmte <strong>und</strong> verdrillte Mantelleitung mit<br />

einem oder zwei Adernpaaren (Polarität: + = rot bzw. dunkelblau; - = schwarz bzw. blau). Die<br />

folgende Tabelle fasst die bei der Verwendung einer EIB-Standardleitung YCYM 2x2x0,8 geltenden<br />

globalen Regeln <strong>für</strong> eine Linie zusammen (Tabelle 5.3):<br />

Tabelle 5.3: Globalen Regeln <strong>für</strong> eine Linie<br />

Parameter Wert<br />

Übertragungsreichweite (Abstand zwischen 2 Teilnehmern) Max. 700 m<br />

Leitungslänge Max. 1000 m<br />

Abstand von Spannungsversorgungen inkl. Drosselmodul zu Teilnehmern Max. 350 m<br />

Abstand zweier Spannungsversorgungen inkl. Drosselmodul Min. 200 m<br />

Teilnehmerzahl Max. 64 bzw. 256<br />

Insgesamt ist das Feldbussystem EIB ein reines Peer-to-Peer-Netzwerk, wobei als<br />

Buszugriffsverfahren das CSMA/CA verwendet wird. Dieses Verfahren erlaubt eine verlustlose<br />

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Busarbitrierung, da jeder Teilnehmer bereits zu Beginn der Übertragung Prioritätsbits sendet <strong>und</strong><br />

sogleich nach jedem übertragenen Bit den Buspegel überprüft. Stell er einen Unterschied zum<br />

aufgeschalteten Bitpegel (0 oder 1) fest, wird der Sendevorgang gestoppt <strong>und</strong> im Anschluss an der<br />

laufenden Sendung wiederholt. Zur Verhinderung der Busblockierung durch fehlerhafte Teilnehmer<br />

wird die Zeitdauer eines Buszugriffs begrenzt. Außerdem muss nach der Übertragung jeder<br />

Teilnehmer eine „Zwangspause“ einlegen. Die Übertragungsgeschwindigkeit beträgt 9600 bit/s bei<br />

einer Leitungslänge von 1000 m. Der Datenaustausch zwischen den Teilnehmern erfolgt mittels<br />

Datenrahmen (bis zu 16 Bytes lang). Jeder dieser Rahmen enthält neben den eigentlichen Daten noch<br />

Adress-, Kontroll- <strong>und</strong> Sicherungsinformationen.<br />

Ein EIB-Gerät besteht üblicherweise aus einer Bus Coupling Unit (BCU) <strong>und</strong> einem<br />

Applikationsmodul. Die BCU stellt somit das Bindeglied zwischen den beiden „Welten“ Applikation<br />

<strong>und</strong> Kommunikation dar. Jedes EIB-Gerät hat eine eindeutige physikalische Adresse, die aus<br />

Bereich-, Linien- <strong>und</strong> Gerätnummer besteht <strong>und</strong> zwei Byte lang ist (z.B. 1.2.010 =<br />

Bereich.Linie.Gerät). Neben dieser „physikalischer Adressierung“, die hauptsächlich zur<br />

Initialisierung, Programmierung <strong>und</strong> Diagnose einzelner Geräte dient, findet auch die<br />

„Gruppenadressierung“ Anwendung, um mehrere Geräte gemeinsam ansprechen zu können. Ein<br />

Sensor darf nur an eine Gruppe senden, während ein Aktor aus mehreren Gruppen empfangen kann.<br />

Der Informationsaustausch wird durch Datenrahmen realisiert. Ein Datenrahmen enthält neben dem<br />

Kontroll- (1 Byte) <strong>und</strong> Adressfeld (33 Bits), Routing/Länge-Feld (7 Bits), 1-16 Bytes an Nutzdaten,<br />

sowie ein 1 Byte großes Datensicherungsbyte.<br />

Durch den EIS (EIB Interworking Standard) ist es möglich, EIB-Komponenten von verschiedenen<br />

Herstellern miteinander kommunizieren zu lassen. Ein wichtiges Werkzeug ist dabei der EIB Tool<br />

Software (ETS) der nicht gewinnorientierten EIBA-Zentrale in Brüssel. ETS unterstützt die<br />

Projektierung, Inbetriebnahme sowie die Verwaltung der zertifizierte Produkte aller Hersteller. Eine<br />

Demoversion des ETS ist im Internet kostenlos verfügbar (www.EIBA.com).<br />

5.5 Ethernet-TCP/IP<br />

Die auf dem Ethernet-TCP/IP besierende Datenkommunikation/Vernetzung ist aus unserem Alltag<br />

(Bürokkomunikation) kaum wegzudenken. Im Bereich der Automatisierungstechnik nimmt die<br />

Bedeutung des Ethernets genauso ständig zu. Momentan scheint diese Technik die optimalste<br />

Verbindung zwischen den auf Feldbussen basierenden Echtzeit-SPSen <strong>und</strong> den Büro-PCs darzustellen.<br />

Dadurch werden nicht nur die Prozessdaten-Visualisierung <strong>und</strong> –Verarbeitung erleichtert. Die Web-<br />

Server-Funktionalität ist auch <strong>für</strong> die Fernwartung <strong>und</strong> Ferndiagnose von enormer Bedeutung. Die<br />

Anlagen können dabei nicht nur auf Fernzugriff reagieren, sondern auch aktiv per Email/SMS<br />

Servicepersonal anfordern. Auch wenn das auf dem CSMA/CD basierenden Protokoll nicht<br />

deterministisch ist, kann das Ethernet der Echtzeitanforderung bei vielen Industrieanwendungen<br />

erfüllen unter der Voraussetzung, dass die Buslast klein bleibt.<br />

Zur Zeit ist 10 BASE-T nach IEEE802.3 das Standard-Verfahren des Ethernets:<br />

• Datenrate 10 MBit/s bzw. 100 MBit/s,<br />

• Verteilertypen: Hub <strong>und</strong> Switch,<br />

• Leitungslänge max. 100 m vom Endgerät bis zum Verteiler,<br />

• Tristed Pair Kabel mit Wellenwiderstand 100 Ω nach ISO/IEC 11801 (Kategorie 5 bedeutet<br />

bis zu 100 MHz),<br />

• Zugriffsverfahren CSMA/CD (Carrier Sense Multiple Access with Collision Detection), d.h.<br />

der Sendende erfährt durch das gleichzeitige Abhören des Busses, ob seine gesendeten Daten<br />

durch einen anderen Sender zerstört werden. In diesem Fall wird nach einer zufälligen<br />

Wartezeit der Sendevorgang wiederholt. Da die Gefahr einer nochmaligen Kollision nicht<br />

auszuschließen ist, ist insbesondere bei hoher Busbelastung die Echtzeit nicht gewährleistet.<br />

• RJ 45-Stecker.<br />

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Industrial Ethernet: Verwendung des TCP/IP-Protokolls, aber mit industriellen Ausführungen der<br />

Netzkomponenten z.B. der Industrial Twisted Pair-Leitung (ITP) gegen stärkere mechanische <strong>und</strong><br />

EMV-belastete Beanspruchungen. Mehr zum Thema s. <strong>Vorlesung</strong> „Kommunikation <strong>und</strong> Netze“.<br />

5.6 Busankopplungen von SPSen <strong>und</strong> PCs<br />

Im folgenden werden anhand von einigen Beispielen typische Lösungen <strong>für</strong> die Busankopplung der<br />

SIMATIC-NET-Komponenten <strong>für</strong> AS-i, PROFIBUS <strong>und</strong> Indusrial Ethernet and SPSen <strong>und</strong> PCs<br />

vorgestellt, Bild 5.10.<br />

DP/AS-i<br />

link<br />

Actuator/Sensor interface<br />

Bild 5.10: Busankopplung SPSen <strong>und</strong> PCs<br />

DP-Slave<br />

Anbindung über den Kommunikationsprozessor (CP)<br />

PLC or PC with PROFIBUS<br />

PROFIBUS-DP, up to 12 Mbit/s<br />

24 V<br />

PROFIBUS-PA<br />

DP/PA coupler,<br />

DP/PA link<br />

PA - 31.25 kBd<br />

Beispiel: die Baugruppe CP 342-5 kann mit 124 DP-Slaves einschließlich anderer CP 342-5, die als<br />

DP-Slaves parametriert sind, kommunizieren. Als DP-Master konfiguriert wickelt der CP den<br />

Datentransfer mit seinen Slaves selbständig ab. Die Verbindung zur S7-CPU muss über<br />

Funktionsaufrufe aus dem Anwenderprogramm aus hergestellt werden (DP-SEND: FC1; DP-<br />

RECEIVE: FC2).<br />

Beispiel: CP 343-1 IT: Anschluß an Ethernet, Autosensing <strong>für</strong> 10 Mbit/s- oder 100 Mbit/s-<br />

Datenpakete. E-Mail <strong>und</strong> Web-Server-fähig.<br />

Anbindung über die CPU 315-2 DP : Anschließbar sind 64 DP-Slaves. Sie werden wie zentrale<br />

Peripherie behandelt.<br />

SIMATIC NET CP 2413 als AS-I-Master : Kurze AT-Karte (ISA) <strong>für</strong> 31 AS-i-Slaves. Bis zu 4 CP<br />

2413 je PC einsetzbar. OPC-fähig.<br />

SIMATIC NET CP 5412 (A2) als Profibus-DP-Master <strong>für</strong> Soft-PLC : Kurze ISA-Karte <strong>für</strong> 64<br />

DP-Slaves bis 12 Mbit/s.<br />

Slot-PLC CPU 416-2DP ISA mit bis zu 96 Profibus-DP-Stationen.<br />

Der Kommunikationsprozessor entlastet die SPS-CPU von Kommunikationsaufgaben. Über eine CP<br />

342-2 können bis zu 31 AS-i-Slaves angeschlossen werden.<br />

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6 Sensorik, Messtechnik<br />

Zum Themenkomplex der Automatisierungstechnik bzw. MSR-Technik (Messen, Regeln <strong>und</strong><br />

Steuern) gehört auch das Fachgebiet „Elektrische- <strong>und</strong> Prozessmesstechnik“, deren ausführliche<br />

Behandlung in anderen <strong>Vorlesung</strong>en „Elektrische Messtechnik“, „Prozessmesstechnik“ bzw.<br />

„Sensorik“ erfolgen. Interessierte Leser finden auch viele gute Lehrbücher (z.B. /5/).<br />

7 Aktorik<br />

Definition Aktor: Komponente, die den ausgangsseitigen Informationsfluss eines Automatisierungs-<br />

bzw. Prozessleitsystems in einen Materialfluss umformt. Der Aktor beeinflusst somit den Prozess<br />

durch Eingriffe in mechanische Systeme <strong>und</strong>/oder in Massen- <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>ströme.<br />

Aktoren stellen somit eine Schnittstelle zwischen dem Automatisierungssystem <strong>und</strong> dem zu<br />

automatisierenden Prozess dar. Sie sind in der Regel auch energetische Entkopplungsstellen. Aus der<br />

Sicht der Projektanten sind sie zudem die Schnittstelle zwischen dem Automatisierungsingenieur <strong>und</strong><br />

dem Verfahrenstechniker.<br />

Klassisch hat man immer vom Stellantrieb <strong>und</strong> Stellglied gesprochen. Bild 7.1 zeigt die Einordnung<br />

der Stelleinrichtungen im Regelkreis nach DIN 1926.<br />

Bild 7.1: Stellketten in der Automatisierungstechnik<br />

Der „modernere“ Begriff Aktor umfasst häufig komplexe Stelleinrichtungen mit z.B. folgenden<br />

Funktionseinheiten:<br />

• Aktor- oder Stelleingriff (Stellglied): bewältigt die unmittelbare Beeinflussung des Massen-<br />

<strong>und</strong> <strong>Energie</strong>stromes <strong>und</strong> ist häufig mit der Anlage konstruktiv verb<strong>und</strong>en;<br />

• Aktor- oder Stellantrieb: betätigt den Stelleingriff motorisch oder auch von Hand;<br />

• Aktorsteuerung: nimmt Anpassungen-, Überwachungs- <strong>und</strong> Meldeaufgaben ggf.<br />

Kommunikation zum Automatisierungssystem wahr;<br />

• Ggf. noch Einrichtungen zur Hilfsenergieversorgung.<br />

Darüber hinaus umfasst der Begriff Aktor im Zusammenhang mit dem neuen Fachdisziplin<br />

Mechatronik auch mikromechanische oder sogar biologische Antriebselemente.<br />

Der Themenkomplex „Aktorik“ wird den Studenten der Fachrichtung „Industriesteuerung“ als<br />

Spezialvorlesung angeboten, die auch vom <strong>Energie</strong>- bzw. Kommunikationstechniker als technisches<br />

Wahlfach belegt werden kann.<br />

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8 Sicherheitsteuerungen<br />

8.1 Definition Risiko<br />

Viele Mess-, Steuer- <strong>und</strong> Regel(MSR)-Einrichtungen besitzen Sicherheitsbedeutung. Man denke an<br />

die Chemieindustrie, Bahntechnik, Luftfahrtindustrie oder Kernkraftwerke.<br />

Was ist aber Sicherheit aus Sicht eines Ingenieurs ? Nach DIN VDE 31 000 Teil 2 ist die Sicherheit<br />

eine Sachlage, bei der das Risiko nicht größer als das Grenzrisiko ist, Bild 8.1. In umgekehrter<br />

Situation spricht man von der Gefahr.<br />

Sicherheit Gefahr<br />

klein<br />

Grenzrisiko<br />

Risiko<br />

Bild 8.1: Gr<strong>und</strong>begriffe (Risiko, Sicherheit, Gefahr)<br />

groß<br />

R = H x S<br />

H=Schadenshäufigkeit<br />

S=Schadensausmaß<br />

Das Risiko, das von einer technischen Einrichtung ausgeht, wird durch eine zusammenfassende<br />

Wahrscheinlichkeitsaussage beschrieben aus der Kombination (=Multiplikation) von<br />

• die zu erwartende Häufigkeit des Eintritts eines zum Schaden führenden Ereignisses H<br />

• das beim Ereigniseintritt zu erwartende Schadensausmaß S<br />

R = H x S<br />

Das Schadensausmaß muss danach beurteilt werden, ob das geschädigte Rechtsgut repariert oder<br />

ersetzt werden <strong>und</strong> damit durch eine Geldmenge wieder hergestellt werden kann, oder ob irreversible<br />

Schäden auftreten <strong>und</strong> die Bewertung mit anderen Maßstäben erfolgen muss. Die Bewertung aller<br />

Schäden an Rechtsgütern, bei denen nicht wieder der Zustand vor Schadenseintritt hergestellt werden<br />

kann, ist abhängig vom Kulturkreis <strong>und</strong> Zeitalter <strong>und</strong> deren Bewertungsmaßstäbe. Für diese Schäden<br />

gibt es keinen einheitlichen, allumfassenden Maßstab. Genauso wenig ist die Bereitschaft der<br />

Gesellschaftsgruppen, das Grenzrisiko bzw. Restrisiko zu akzeptieren. Dies kann durch folgendes<br />

Beispiel verdeutlicht werden: Die Anzahl Todesopfer, die der Strassenverkehr jährlich in Europa<br />

fordert, entspricht der Bevölkerung einer mittleren Stadt. Würde durch ein Kernkraftwerks-Versagen<br />

alle 10 Jahre eine Stadt ausgelöscht, so wäre das ein 10 mal kleineres Risiko. Doch braucht man gar<br />

nicht darüber zu diskutieren, ein solches Risiko würde als absolut unakzeptabel eingestuft. Daraus<br />

wird klar ersichtlich, dass das Ausmass eines Schadens in der Bevölkerung sehr viel stärker gewichtet<br />

wird als die Wahrscheinlichkeit des Eintritts (vor allem dann, wenn ein Schaden im Prinzip jeden<br />

treffen kann).<br />

Oft kommt es in der Praxis nicht so sehr auf den absoluten Wert eines Risikos an, sondern es wird der<br />

relative Maß verschiedener Schadensarten miteinander verglichen: Hi*Si gegenüber Hj*Sj. Manchmal<br />

wird auch das Gesamtrisiko einer technischen Einrichtung mit n verschiedenen Schadensarten<br />

betrachtet:<br />

n<br />

∑<br />

R = R = H * S<br />

i=<br />

1<br />

i<br />

Die Forderung der Genehmigungsbehörde bzw. des Betreibers lautet dann z.B., dass das von der<br />

Anlage ausgehende Risiko unter einem bestimmten Grenzwert bleiben soll.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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n<br />

∑<br />

i=<br />

1<br />

i<br />

i


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8.2 Einfluss der MSR-Einrichtungen auf die Sicherheit<br />

Als Ursachen des Schadenseintritts kommt technisches oder menschliches Versagen in Betracht. Die<br />

Aufgabe eines Sicherheits-/<strong>Steuerung</strong>singenieurs besteht darin, potentielle Schadensursachen zu<br />

bekämpfen <strong>und</strong> die Schutzfunktionen (=Sicherheitssteuerungen) so zu konzipieren, dass der zu<br />

steuernde Prozess (über das Grenzrisiko hinaus) weder<br />

• Mensch<br />

• Umwelt<br />

• Anlage noch<br />

• Produkt<br />

Schaden zufügen werden. Man beachte die Reihenfolge, die im allg. den Prioritäten des Schutzziels<br />

entsprechen. Es sei denn, dass ein fehlerhaftes Produkt wie Medizin oder Nahrungsmittel auch zum<br />

Verlust vom Menschenleben führen kann.<br />

Konkret lässt sich der Einfluss der Mess-, Steuer- <strong>und</strong> Regeleinrichtungen (MSR-Einrichtungen) auf<br />

die Sicherheit mit folgenden Punkten zusammenfassen:<br />

- MSR-Einrichtungen reduziert ein von der Anlage ausgehendes Risiko (Bild 8.2) <strong>und</strong><br />

ermöglicht damit überhaupt erst die Errichtung <strong>und</strong> den Betrieb einer solchen Anlage; Die<br />

durch MSR-Einrichtungen eingeleiteten Maßnahmen werden häufig „aktive“ Maßnahmen<br />

genannt. Dabei wird der Einsatz der Nicht-MSR-Einrichtungen zur Risikoreduktion (sog.<br />

„passive“ Maßnahmen) nicht ausgeschlossen.<br />

- MSR-Einrichtungen überwacht den Normalbetrieb <strong>und</strong> verhindert bzw.<br />

vermindert Schäden an Menschen/Umwelt/Anlagen/Produkt;<br />

- Versagen der MSR-Einrichtungen kann allerdings selber auch Schäden verursachen (z.B. das<br />

fehlerhafte Öffnen eines Ventils einer chemischen Amlage durch MSR-Einrichtungen kann<br />

zur Freisetzung schädlicher Gase führen).<br />

Tatsächlich<br />

verbleibendes<br />

Risiko<br />

Teilrisiko,<br />

Abgedeckt von<br />

MSR-Schutz-<br />

einrichtungen<br />

Grenzrisiko<br />

vertretbares<br />

Risiko<br />

Risiko ohne<br />

MSR-Schutz-<br />

Maßnahme<br />

Notwendige<br />

Mindest-Risikoreduzierung<br />

Tatsächliche Risikoreduzierung<br />

Bild 8.2: Risiko-Reduktion durch MSR-Schutzeinrichtungen<br />

Teilrisiko,<br />

Abgedeckt von<br />

Nicht-MSR-Schutz-<br />

einrichtungen<br />

Risiko ohne<br />

Schut z-<br />

maßnahme<br />

Risiko<br />

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Das folgende Beispiel zeigt die Kombination der passiven <strong>und</strong> aktiven Maßnahmen zur Sicherung<br />

eines Druckbehälters, Bild 8.3.<br />

2. Passive Maßnahme<br />

(federbelastete Entlastungsventil)<br />

�<br />

SPS<br />

p<br />

100 bar<br />

p<br />

SPS<br />

1. Aktive Maßnahme (Regelung)<br />

2. Aktive Maßnahme (<strong>Steuerung</strong>)<br />

1. Passive Maßnahme<br />

(dickere Behälterwand)<br />

Bild 8.3: Kombination der passiven <strong>und</strong> aktiven Maßnahmen zur Sicherung eines Druckbehälters<br />

Passive <strong>und</strong> aktive Maßnahmen haben jeweils eigene Vor- <strong>und</strong> Nachteile:<br />

Vorteile Nachteile<br />

Passive Maßnahmen „Eigensicher“ Schlecht testbar<br />

Aktive Maßnahmen Leicht testbar Kann versagen („Nichtanregung“)<br />

Gefahr der „Fehlanregung“<br />

In komplexeren Anlagen werden Sicherheitsmaßnahmen hierarchisch angewandt, Bild 8.4.<br />

Organisatorische<br />

Maßnahmen<br />

MSR - Maßnahmen<br />

Anfor-<br />

derungen<br />

Störfallbegrenzende<br />

Maßnahmen<br />

Schutz<br />

Schutzeinrichtungen<br />

Überwachung<br />

Überwachungseinrichtungen<br />

Automatisierung<br />

Betriebseinrichtung<br />

Bild 8.4: Hierarchisches Sicherheitskonzept<br />

Minimierung von<br />

Störfallfolgen<br />

Verhinderung von Personenschäden<br />

<strong>und</strong> großen Umweltschäden<br />

Vermeidung von unerwünschten<br />

Betriebszuständen <strong>und</strong><br />

Umweltbelastungen<br />

Minimierung betrieblicher Umweltbelastung<br />

<strong>und</strong> Ressourcenverbrauch<br />

Die Ebene „Automatisierung“ entspricht etwa der „Regelung“ im Bild 8.3. Beim Überschreiten dieses<br />

Bereichs wird der Operateur zum Handeln aufgefordert („Überwachung“), sollte seine Aktionen ohne<br />

Erfolg bleiben, wird die Anlage durch die Ebene „Schutz“ automatisch abgefahren. Sollte auch diese<br />

Ebene versagen („Restrisiko“), dann bleiben nur noch organisatorische Maßnahmen, um die<br />

Störfallfolgen zu minimieren.<br />

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8.3 Sicherheitsnormen <strong>und</strong> -gesetze<br />

Es gibt verschiedene allgemeine <strong>und</strong> branchenspezifische Sicherheitsgesetze <strong>und</strong> Industrienormen zur<br />

Auslegung <strong>und</strong> Genehmigung der sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtungen. Diese leiten sich in der<br />

Regel aus den Normen/Gesetzen zum Personen-, Anlagen- bzw. Umweltschutz ab. Die Welt der<br />

Normen ist eine Wissenschaft in sich. Man muss heutzutage schon ein Experte sein, um <strong>für</strong> sich <strong>und</strong><br />

seine Firma die relevanten Normen richtig zu interpretieren. In diesem Kapitel kann daher nur eine<br />

Orientierung zur Sicherheitsnormung gegeben werden.<br />

Generell lässt sich feststellen, dass die Nationalnormen (z.B. DIN) gegenüber europäischen Normen<br />

immer mehr an Bedeutung verlieren. Die Europäische Komitee <strong>für</strong> Normung (CEN) kennt 3 Typen<br />

von Normen zur Maschinensicherheit, Bild 8.5. Diese sind Gr<strong>und</strong>normen (A-Normen, Bild 8.6),<br />

Gruppennormen (B-Normen, Bild 8.7) bzw. Produktnormen (C-Normen, Bild 8.8).<br />

Bild 8.5: Struktur der CEN-Sicherheitsnormen<br />

Bild 8.6: Gr<strong>und</strong>normen (A-Normen)<br />

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Bild 8.7: Gruppennormen (B-Normen)<br />

Bild 8.8: Produktnormen (C-Normen)<br />

Existiert <strong>für</strong> einen Maschinentyp eine C-Norm, sollte diese auch unbedingt eingehalten werden, da es<br />

bei deren Einhaltung „vermutet“ wird, damit auch die „höheren“ Normen einzuhalten. Wegen den<br />

unterschiedlichen technischen Anforderungen werden oft zwischen der Sicherheitstechnik in der<br />

Prozeßindustrie (zuständig in Deutschland: TÜV) bzw. in der Fertigungsindustrie (zuständig in<br />

Deutschland: BIA = Berufsgenossenschaftliches Institut <strong>für</strong> Arbeitsschutz bzw. SUVA in der<br />

Schweiz) unterschieden, Bild 8.9.<br />

Laut einer Marktstudie betrug der Weltmarkt <strong>für</strong> die Sicherheitsprodukte 2001/2002 ca. 1.5 Mrd. €<br />

(davon 50% Prozessindustrie, 42% Fertigungsindustrie, 8% Personentransport + sonstige<br />

Anwendungen) mit einer jährlichen Wachstumsrate von 8%. Der Gr<strong>und</strong> des hohen Wachstums ist<br />

sicher in wachsender Arbeits- <strong>und</strong> Umweltschutzauflagen zu sehen.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Bild 8.9: Sicherheitstechnik in der Prozeß- <strong>und</strong> Fertigungsindustrie<br />

8.4 Risikoanalyse <strong>und</strong> Sicherheitsanforderungen<br />

Die abgestuften Anforderungen an die Sicherheitstechnik basieren auf der Risikoanalyse. In<br />

Deutschland war lange Zeit der Risikograph nach DIN V 19250 „Gr<strong>und</strong>legende Betrachtungen <strong>für</strong><br />

MSR-Schutzeinrichtungen“ die breit akzeptierte Methode, vgl. das Beispiel der Bahnsignaltechnik im<br />

Bild 8.10.<br />

S1<br />

S2<br />

S3<br />

S4<br />

A1<br />

A2<br />

A1<br />

A2<br />

G1<br />

G2<br />

G1<br />

G2<br />

Bild 8.10: Bahnsignalanlagen<br />

W3 W2 W1<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

niedrig<br />

A<br />

n<br />

f<br />

o<br />

r<br />

d<br />

e<br />

r<br />

u<br />

n<br />

g<br />

e<br />

n<br />

hoch<br />

Risikoparameter:<br />

- Schadenausmaß (Personenschaden)<br />

S1: leichte Verletzung<br />

S2: Schwere irreversible Verletzung einer oder<br />

mehrerer Personen oder Tod einer Person<br />

S3: Tod mehrerer Personen<br />

S4: katastrophale Auswirkungen,<br />

sehr viele Tote<br />

- Aufenthaltsdauer (im Gefahrbereich)<br />

A1: selten bis öfter<br />

A2: häufig bis dauernd<br />

- Gefahrenabwendung<br />

G1: möglich unter bestimmten Bedingungen<br />

G2: kaum möglich<br />

- Eintrittswahrscheinlichkeit des<br />

unerwünschten Ereignisses<br />

W1: sehr gering<br />

W2: gering<br />

W3: relativ hoch<br />

Im Rahmen der Harmonisierung von EU-Richtlinien findet dieser Gedankengut – leicht modifiziert –<br />

in der Norm DIN EN 1050 „Sicherheit von Maschinen – Leitsätze zur Risikobeurteilung“ wieder, Bild<br />

8.11.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Bild 8.11: Risikoanalyse nach DIN EN 1050<br />

Das 1. Kriterium ist klar der Schadensausmaß. Das 2. <strong>und</strong> 3. Kriterium ergeben zusammen die<br />

Schadenshäufigkeit ohne Schutzeinrichtungen. Die notwendigen Schutzeinrichtungen müssen nun so<br />

ausgelegt sein, dass das Restrisiko <strong>für</strong> die Genehmigung akzeptabel wird.<br />

Die abgestuften Anforderungen an die Schutzeinrichtungen werden mehr oder weniger konkret in den<br />

Normen festgelegt. Wichtig <strong>für</strong> die Fertigungsindustrie sind vor allem der Vornorm prEN ISO 13849-<br />

1 „Sicherheitsbezogene Teil von <strong>Steuerung</strong>en“ (<strong>für</strong> elektrische, hydraulische, pneumatische <strong>und</strong><br />

mechanische SRP/CS) bzw. die EN-954-1. Für die Prozessindustrie ist die EN DIN IEC 61508<br />

„Funktionale Sicherheit von elektrischen, elektronischen <strong>und</strong> programmierbaren <strong>Steuerung</strong>en“<br />

bindend. Aufbauend auf IEC 61508 werden wiederum branchenspezifische Normen wie IEC 62061<br />

bzw. IEC 61511 etc. abgeleitet. Die prEN ISO 13849-1 teilt den sog. „Performance-Level“ der<br />

Sicherheitssteuerungen in fünf Klassen (PL a bis e, entsprechend in EN 954-1 den<br />

Sicherheitskategorien B, 1, 2, 3, 4) ein, während die IEC 61508 vier „safety integrity levels“ (SIL 1 bis<br />

4), Bild 8.12.<br />

Bild 8.12: Performance Levels vs. SIL-Levels<br />

Der nicht dargestellte SIL 4 hat keine Entsprechung in PL. Er deckt die Fälle der “katastrophalen”<br />

Ereignisse (viele Tote) ab <strong>und</strong> fordert eine Wahrscheinlichkeit der gefährlichen Fehler je<br />

Betriebsst<strong>und</strong>en zwischen 10 -8 <strong>und</strong> 10 -9 . Wird die <strong>Steuerung</strong> als Schutzsystem ausgelegt, dann wird<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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nicht die Wahrscheinlichkeit der gefährlichen Fehler pro Betriebsst<strong>und</strong>e, sondern die<br />

Versagenswahrscheinlichkeit pro Anforderung (des Schutzsystems) quantitativ betrachtet. Die<br />

zahlenmäßigen Grenzwerte im entsprechenden SIL-Level sind dann 10 4 mal größer als in der obigen<br />

Tabelle angegeben (d.h. eine Anforderung / Jahr, bzw. pro 10 4 Betriebsst<strong>und</strong>en).<br />

Eine Kurzfassung der Anforderungen nach EN 954-1 entsprechend der ermittelten<br />

Sicherheitskategorie ist in der folgenden Tabelle dargestellt:<br />

Kategorie Kurzbeschreibung Systemverhalten Prinzip zum Erhalten<br />

der Sicherheit<br />

B <strong>Steuerung</strong> gemäß dem Stand<br />

der Technik<br />

1 Verwendung<br />

sicherheitstechnisch<br />

bewährter Prinzipien<br />

2 Prüfung der<br />

Sicherheitsfunktion durch<br />

die Maschinensteuerung<br />

3 Red<strong>und</strong>anz mit partieller<br />

Fehlererkennung, soweit<br />

nach dem Stand der Technik<br />

praktikabel<br />

4 Selbstüberwachung,<br />

frühzeitige Fehlererkennung<br />

8.5 NOT-AUS-Einrichtung<br />

Ein Fehler kann zum Verlust<br />

der Sicherheitsfunktion<br />

führen<br />

Wie B aber<br />

sicherheitsbezogene<br />

Zuverlässigkeit größer<br />

Verlust der<br />

Sicherheitsfunktion zwischen<br />

den Prüfabständen<br />

Einzelfehler führt nicht zum<br />

Verlust der Sicherheit<br />

Eine Fehlerhäufung führt in<br />

der Regel nicht zum Verlust<br />

der Sicherheit<br />

Durch Auswahl von<br />

Bauteilen <strong>und</strong><br />

Sicherheitsprinzipien<br />

Durch den Aufbau<br />

Designmerkmale der Sicherheitssteuerung hängen im Detail von der verwendeten Technik ab<br />

(elektrisch oder nicht elektrisch, speicherprogrammierbar oder festverdrahtet). Generell gilt das<br />

Maxim: einfacher Lösung = bessere Lösung (bei gleicher Funktionalität), da ein einfacher Aufbau<br />

oft zur leichteren Genehmigung <strong>und</strong> weniger Fehlermöglichkeiten führt. Ab SIL 2 wird das<br />

Einzelfehlerkriterium verlangt, d.h. ein einzelner Fehler in der Schaltung darf nicht zum Verlust der<br />

Sicherheitsfunktion führen.<br />

Eine der wichtigsten Sicherheitssteuerung ist in der Praxis die sog. „NOT-AUS-Schaltung“. Sie wird<br />

häufig als festverdrahtete Lösung angeboten. Im Bild 8.13 sind die wichtigsten Eigenschaften der<br />

„NOT-AUS-Einrichtung“ in DIN EN 418 zusammengefasst.<br />

An einem Beispiel im Bild 8.14 wird gezeigt, wie das Ausschalten der <strong>Steuerung</strong> durch Betätigen des<br />

NOT-AUS-Tasters mit größter Sicherheit funktioniert. Durch die Schützsicherheitskombination K1<br />

<strong>und</strong> K2 funktioniert das Abschalten der Anlage auch dann noch, wenn einer der beiden Schütze<br />

versagt. Zusätzlich wird K3 nicht nur durch SPS, sondern auch durch K1 <strong>und</strong> K2 direkt abgeschaltet,<br />

um den Motor sicher auszuschalten.<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Bild 8.13: Eigenschaften der NOT-AUS-Einrichtung<br />

Bild 8.14: Stromversorgung mit NOT-AUS<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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8.6 Programmierbare Sicherheitssteuerungen<br />

Die Tendenz in der Automatisierungstechnik geht immer mehr von der festverdrahteten<br />

Sicherheitssteuerung (nicht zuletzt aus Angst vor Softwareproblemen lange bevorzugt eingesetzt) in<br />

die speicherprogrammierbare Sicherheitssteuerung, nicht nur wegen der Flexibilität der SW, sondern<br />

auch wegen der Durchgängigkeit der <strong>Steuerung</strong>. So wirbt eine deutsche Elektro-Weltfirma schon<br />

lange mit dem Schlagwort „safety integrated“.<br />

Dabei werden <strong>für</strong> die in den Regelwerken geforderte Fehlertoleranz verschiedene Lösungsansätze<br />

angewandt. Typischer Beispiele hier<strong>für</strong> ist der von der Power Generation Division der Fa. Siemens<br />

entwickelte APF (Automatisierungsprozessor fehlersicher) <strong>für</strong> den Kesselschutz im Leitsystem<br />

TELEPERM XP bzw. der von der Automation and Drives Division derselben Fa. Entwickelte<br />

SIMATIC S7-400F.<br />

Bild 8.15 zeigt die Struktur des APF, die nicht nur fehlersicher, sondern zugleich auch noch<br />

hochverfügbar ist. Zwei red<strong>und</strong>ante CPUs auf der jeweiligen Hälfte verarbeiten die gleichen<br />

Prozesssignale <strong>und</strong> überwachen sich gegenseitig taktsynchron. Man spricht in diesem Fall auch von<br />

einer (2 aus 2)-Konstruktion. Im Fall des Fehlers wird auf die andere Hälfte umgeschaltet (1 auf 2).<br />

Die Software-Komponenten werden in der Regel durch unabhängige Prüfer z.B. TÜV zertifiziert.<br />

2 v 2<br />

Vergleich<br />

Gruppenleitebene AP<br />

AP-F1 AP-F2<br />

CPU 1<br />

Taktsynchron<br />

CPU 2<br />

Interface<br />

Zyklussynchron<br />

Interface<br />

Einzelleitebene (FUM-F)<br />

Bild 8.15: Struktur des fehlersicheren Automatisierungsprozessors<br />

CPU 1<br />

Tak tsynchron<br />

CPU 2<br />

2 v 2<br />

Vergleich<br />

Eine preiswertere Lösung verfolgt der S7-400F. Dabei wird verstärkt auf die On-line<br />

Selbstüberwachungsroutine der CPU gesetzt, plus eine Art (quasi) Software-Diversität, um eine hohe<br />

Fehlererkennung zu erreichen, s. Bild 8.16. Es dürfen nur vom TÜV zertifizierte Software-Bausteine<br />

<strong>für</strong> die Sicherheitssteuerung verwendet werden.<br />

Bild 8.16: Verarbeitung der Sicherheitsfunktion in S7-400F<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Hardwaremäßig kann man dann zwei S7-400F zu einem S7-400FH (fehlersicher <strong>und</strong> hochverfügbar)<br />

in (1 aus 2) konfigurieren, Bild 8.17.<br />

F-fähige S7-400 H-<br />

System<br />

RUN-<br />

RU<br />

STO<br />

CMRE<br />

RUN-<br />

RU<br />

STO<br />

CMRE<br />

Standard-SM´s<br />

F-SM´s<br />

Standard PROFIBUS-DP-Peripherieanbindung mit zusätzlicher<br />

fehlersicherer DP-Kommunikation (ProfiSafe)<br />

Bild 8.17: Sicherheitslösung des SIMATIC-S7-Systems<br />

Sicherheitsbusse <strong>und</strong> –Feldgeräte<br />

Zum Anschluss der fehlersicheren <strong>Steuerung</strong> an den Prozess werden Sicherheitsbusse wie Profisafe<br />

(Sicherheitsvariante des Profibusses, Kap. 5.4.1) oder AS-Interface Safety at Work (Kap. 5.4.2)<br />

entwickelt.<br />

PROFIsafe ist ein geschützter Markenname <strong>für</strong> die sichere Kommunikation mit dem PROFIBUS. Es<br />

ist über der Schicht 7 des ISO/OSI-Modells implementiert <strong>und</strong> verfügt über einen<br />

Datensicherungsmechanismus mit Hilfe der CRC-Prüfsumme. Jeder Teilnehmer verfügt über eine<br />

einstellbare Zeitüberwachung, welche nach dem Eintreffen des Telegramms zurückgesetzt wird. Zur<br />

Gewährleitung der Teilnehmerberechtigung („security“) überprüfen beide Teilnehmer (Master/Slave)<br />

außerdem die Authentizität des Telegramms im Netzwerk anhand einer eindeutigen Kennung.<br />

Außerdem stehen fehlersichere Variante der Signalmodule (z.B. SM326F oder SM336F) zur<br />

Prozessanbindung (Analog oder Digital I/O) zur Verfügung.<br />

8.7 Zuverlässigkeit<br />

Anders als der Begriff der „Sicherheit“ haben die Begriffe „Verfügbarkeit“ <strong>und</strong> „Zuverlässigkeit“ mit<br />

möglichen Folgen von auftretenden Fehlern nichts zu tun.<br />

In DIN 40041 die Zuverlässigkeit ist definiert als die Fähigkeit einer Betrachtungseinheit, innerhalb<br />

einer gegebener Zeitdauer die an sie gestellte Anforderungen zu erfüllen. Sie wird mathematisch bei<br />

nichtreparierbaren Systemen durch die Überlebenswahrscheinlichkeit, <strong>und</strong> bei reparierbaren<br />

Systemen durch die Verfügbarkeit charakterisiert. Die Verfügbarkeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

eine Betrachtungseinheit zu einem gegebenen Zeitpunkt (evt. nach einer Reparatur) funktionsfähig ist.<br />

Die Zuverlässigkeit bestimmenden Größen eines Systems sind die Ausfallrate der Komponenten, die<br />

Fehlertoleranz des System(aufbau)s <strong>und</strong> die Reparierbarkeit des Systems.<br />

8.7.1 Ausfallrate der HW-Komponenten<br />

Hardwarekomponenten können bekanntlich ausfallen. Ihr Ausfallverhalten hängen in der Regel von<br />

den Belastungsfaktoren ab (z.B. Umgebungstemperatur, chemische, radiologische oder mechanische<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Belastung) ab <strong>und</strong> wird durch die s.g. Ausfallrate λ charakterisiert. Trägt man sie über die Zeit auf,<br />

ergibt die im folgenden erläuterte sogenannte "Badewannenkurve" (Bild 8.18).<br />

λ<br />

1 2 3 t<br />

1 = Frühausfallphase 2 = Normalbetriebsphase 3 = Lebensdauerende<br />

Bild 8.18: Zeitlicher Verlauf der Ausfallrate von Hardware ( Badewannenkurve )<br />

Sie unterscheidet 3 Phasen:<br />

1. Frühausfallphase: Bei der Hardware werden relativ viele Fertigungsfehler aufgedeckt.<br />

2. Normalbetriebsphase: Es treten überwiegend Zufallsfehler auf. Die Ausfallrate ist<br />

praktisch konstant (Zufallsausfälle).<br />

3. Ende der Lebensdauer: Es treten überwiegend Verschleißfehler auf. Die Ausfallrate steigt<br />

rapid an (Spätausfälle, Verschleißausfälle).<br />

In sicherheitsrelevanten Anwendungen bemüht man sich, die Phase 1 durch „Burn In“ <strong>und</strong><br />

Testbetrieb, Phase 3 durch Austausch zu vermeiden, so dass bei vielen Berechnungen die Ausfallrate<br />

immer als konstant angenommen wird. Damit existiert unter Annahme der Expotentialverteilung der<br />

Lebensdauer einer Komponente folgende wichtige Beziehung zwischen der Zuverlässigkeit<br />

R(=reliability) <strong>und</strong> der Ausfallrate λ:<br />

R(t) = exp(-λ*t)<br />

Mit der Ausfallrate λ hängt eine wichtige Größe - die mittlere Dauer zwischen zwei Ausfällen MTBF<br />

(= mean time between failure): MTBF = 1/λ - zusammen.<br />

Beispiel: eine elektronische Baugruppen hat eine vom Hersteller angegebene Ausfallrate von 10000 fit<br />

(failure in time = 10 -9 /h). Dann ist (statistisch gesehen) zu erwarten, dass es zwischen zwei Ausfällen<br />

etwa 10 5 h (also gut 10 Jahre) vergeht.<br />

Nehmen wir nun an, dass bei Ausfall dieser (<strong>und</strong> nur diese) Baugruppe das Automatisierungsgerät<br />

nicht mehr funktionsfähig ist <strong>und</strong> von der Ausfallerkennung bis zum Austausch der Baugruppe <strong>und</strong><br />

Wiederinbetriebnahme des Systems 10 h vergeht, dann ergeben sich folgende Zahlenwerte:<br />

Die s.g. Reparaturrate µ beträgt 1/10h = 10 -1 /h. Der Kehrwert von µ wird auch MTTR (= mean time<br />

to repare) genannt. Manchmal trifft man noch einen anderen Begriff MDT (= mean down time).<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Und damit die Verfügbarkeit A(=availability) des Automatisierungsgerätes:<br />

A = µ / (λ + µ) = MTBF / (MTBF+MTTR) = 0,9999 = 99,99%.<br />

Entsprechend beträgt die Nichtverfügbarkeit U (=unavailability) = 1 – A = 0,01%.<br />

8.7.2 Fehlerarme Sicherheitssoftware<br />

Die Funktionsfähigkeit programmgesteuerter Systeme mit Sicherheitsaufgaben wird nicht nur durch<br />

die Hardware, sondern auch durch die Software bestimmt. Software hat generell ein anderes<br />

Fehlerverhalten als Hardware. Sie unterliegt zwar keinen Abnutzungserscheinungen, ist jedoch<br />

inhärent fehleranfällig <strong>und</strong> enthält nur systematische oder Entwurfsfehler, die ständig gegenwärtig<br />

sind, so dass man in der Praxis kaum von der Fehlerfreiheit, sondern nur von der Fehlerarmut<br />

sprechen kann. Programme sind weiterhin nicht stetig in dem Sinne, dass Auswirkungen kleiner<br />

Fehler nicht unbedingt gering sind.<br />

Um zuverlässige SW zu entwickeln, wird in der Praxis dem gesamten SW-Entwicklungsprozess (nicht<br />

das fertige Produkt alleine !) einer Qualitätssicherung unterworfen. Oft der SW-Entwicklungsprozess<br />

nach dem sog. Lebenszyklus-Modell in Phasen unterteilt, um die Zwischenprodukte jeder Phase mit<br />

Hilfe der Spezifikationen zu verifizieren <strong>und</strong> schließlich das Endprodukt gegen die funktionalen<br />

Anforderungen zu validieren (V&V), Bild 8.19.<br />

Anforderungsspezifikation<br />

Verifizierung<br />

System-spezifikation<br />

Verifizierung<br />

Entwurf<br />

Verifizierung<br />

Implementierung<br />

Implementierungsunterlagen<br />

Entwurfsunterlagen<br />

Verifizierung<br />

Verifizierung<br />

Pflichtenheft<br />

Lastenheft<br />

Verifizierung<br />

Verifizierung<br />

Verifizierung<br />

Validierung<br />

Installation<br />

Installationsunterlagen<br />

Validierung<br />

Bild 8.19: Software V&V nach dem Phasenmodell<br />

Die Entwicklung von Verfahren zur Sicherheitsüberprüfung von Rechnerprogrammen steht noch ganz<br />

am Anfang <strong>und</strong> der erreichte Stand ist völlig unzureichend. So lassen sich formale<br />

Korrektheitsbeweise bisher nur <strong>für</strong> relativ kleine Programmeinheiten erfolgreich durchführen –<br />

worunter erfreulicherweise bereits viele sicherheitskritische Automatisierungsfunktionen fallen. Bei<br />

komplexeren Anwendungen wird der Einsatz von formalen, graphischorientierten Methoden<br />

(Funktionsplan, Petri-Netz etc.) bevorzugt, um einerseits den mathematischen Korrektheitsnachweis<br />

zu ermöglichen <strong>und</strong> andererseits das Potential des Missverständnisses zwischen Verfahrenstechnikern<br />

<strong>und</strong> Leittechnikern zu minimieren.<br />

Je höher die Sicherheitsanforderungen an Steueranwendungen sind, desto höher muss die<br />

Vertrauenswürdigkeit sein, mit der die Korrektheit von <strong>Steuerung</strong>sprogrammen nachgewiesen werden<br />

kann. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Vertrauenswürdigkeit umso höher ist, je einfacher,<br />

verständlicher <strong>und</strong> beherrschbarer die eingesetzten Programmiermethode,<br />

Korrektheitsnachweisverfahren <strong>und</strong> natürlich auch die Programme selbst sind. Auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

dieser Überlegungen wurden die verfügbaren Programmierparadigmen, Programmiersprachen <strong>und</strong><br />

Verifikationsverfahren auf ihre Eignung im Sicherheitsbereich hin untersucht. In der folgenden<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

Tabelle 8.1 werden – quasi als Empfehlung – jeder der vier in der Norm IEC 61508-1 definierten SIL-<br />

Levels eine möglichst kleine Menge von Sprachkonstrukten, eine entsprechende typische<br />

Programmiersprache bzw. -methode sowie geeignete Verifikationsverfahren zugeordnet. Die<br />

Methoden werden so ausgewählt, dass die Vertrauenswürdigkeit ihres Einsatzes mit dem<br />

Sicherheitsniveau zunimmt. Dies wird mit abnehmender Ausdrucksfähigkeit <strong>und</strong> Flexibilität erkauft.<br />

Sicherheitsklasse<br />

(Safety<br />

integrity<br />

level)<br />

Versagenswahrschein<br />

-lichkeit<br />

pro Anforderung<br />

SIL 4 10 -5


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Würde jeder einzelne, statistisch unanhängige Ausfall dieser Komponenten direkt zum Systemausfall<br />

führen, müsste man alle Ausfallraten summieren (da man die einzelnen Ausfallwahrscheinlichkeit<br />

multiplizieren muss, Serienschaltung), um die Gesamtausfallrate des Systems zu bekommen. Der so<br />

ermittelte Wert würde um Faktor bis Größenordnungen schlechter sein als die Realität <strong>und</strong> deshalb oft<br />

unbrauchbar.<br />

Der Gr<strong>und</strong> liegt im fehlertoleranten Design des Systems, so dass nur bestimmte Kombinationen von<br />

(gleichzeitigen) Komponentenausfällen zum Systemausfall führt. Eine Methode zum systematischen<br />

Auffinden dieser kritischen Kombinationen <strong>und</strong> damit zur Ermittlung der richtigen Systemwerte ist die<br />

Fehlerbaumanalyse (vgl. DIN 25424).<br />

Als wirkungsvolle Maßnahmen gegen gefährliche Hardwareversagen sind zu nennen: Konservative<br />

Auslegung, hochqualitative Herstellung, Einsatz von Online-Selbstüberwachungsmethoden <strong>und</strong> richtig<br />

geplanten wiederkehrenden Prüfungen, Einsatz red<strong>und</strong>anter Einrichtungen unter gleichzeitiger<br />

Berücksichtigung von Fehlern gemeinsamer Ursachen (auch CCF = common cause failure genannt),<br />

Einsatz funktionaler oder gerätetechnischer Diversität etc. Man setzt z.B. zwei unabhängige<br />

Parallelsysteme (Parallelschaltung) ein, obwohl jedes <strong>für</strong> sich die Aufgabe erfüllen würde (Beispiel<br />

SIMATIC S7-400F mit aktiver Red<strong>und</strong>anz, auch Hot-Standby genannt).<br />

Bei der Software spielt die Diversität eine größere Rolle. Man realisiert z.B. eine Schutzfunktion mit<br />

physikalisch unterschiedlichen Schutzkriterien (funktionale Diversität), oder man programmiert die<br />

gleiche Funktion unterschiedlich (SW-Diversität, z.B. in SIMATIC S7-400F) oder man setzt Geräte<br />

mit der gleichen Funktion aber von unterschiedlichen Herstellern (mit der Hoffnung von<br />

unterschiedlichen Technologien) ein (Gerätediversität).<br />

Zum Schluss sei noch erwähnt, dass nicht alle Hard- <strong>und</strong> Softwarefehler im Sinne der Sicherheit<br />

gefährlich sind. Die genaue Untersuchung der Fehlermechanismen <strong>und</strong> –auswirkungen wird auch<br />

FMEA (Fehlermode <strong>und</strong> –effektanalyse) genannt (DIN 25448).<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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Einführung in die Automatisierungstechnik (EG-AT) Prof. Dr.-Ing. Y. Ding<br />

9 Anhang 1: Formelsammlung der Laplace-Transformation<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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10 Anhang 2: Arbeiten mit Matlab <strong>und</strong> Simulink bzw. Simatic-<br />

Manager<br />

Die Software Matlab <strong>und</strong> Simulink (http://www.mathworks.de) ist ein wichtiges Hilfsmittel <strong>für</strong> die<br />

<strong>Regelungstechnik</strong>. Sie ist auch <strong>für</strong> die <strong>Vorlesung</strong>en „Signale <strong>und</strong> Systeme“ sowie „Modellbildung <strong>und</strong><br />

Simulation“ einsetzbar <strong>und</strong> im ZKI bzw. im PC-Pool vorhanden. Die Studentenversion zum<br />

Eigengebrauch kostet ca. 100 US$. Ihre Handhabung wird als Wahlfach im Fachbereich angeboten.<br />

Als Alternative kann man auch andere Programme wie „Winfact“ (http://www.winfact.de/) einsetzen,<br />

das beim Laboringenieur Herr Schmied vorhanden ist.<br />

Für den Teil <strong>Steuerung</strong>stechnik wäre der Simatic-Manager der Fa. Siemens<br />

(http://www.ad.siemens.de/) hilfreich. Studentenversion kostet ca. 100 €, 90 Tage gültig (danach<br />

kommen lästige Fehlermeldungen). Als Alternative kommt die SW „Trysim“ in Frage<br />

(http://www.trysim.de/). Studentenversion ist kostenlos, auch wenn es scheinbar unerklärliche Fehler<br />

vorhanden sind.<br />

11 Literatur<br />

1. Jürgen Bergmann: Automatisierungs- <strong>und</strong> Prozessleittechnik; Fachbuch Verlag Leipzig 1999<br />

(Anmerkung: Einführung <strong>für</strong> Ingenieure <strong>und</strong> Wirtschaftsingenieure)<br />

2. Herbert Bernstein: Automatisierungstechnik <strong>und</strong> Visualisierung, VDE Verlag 2002 (Anmerkung:<br />

weniger Theorie, <strong>für</strong> IHK-Weiterbildung zum Industriemeister)<br />

3. Günter Wellenreuther <strong>und</strong> Dieter Zastrow: <strong>Steuerung</strong>stechnik mit SPS; Viewegs Fachbücher der<br />

Technik; 1998<br />

4. L. Merz, H. Jaschek: Gr<strong>und</strong>kurs der <strong>Regelungstechnik</strong>; Oldenbourg Verlag München Wien 1996<br />

5. Elmar Schrüfer: Elektrische Messtechnik; Carl Hanser Verlag München Wien 1995<br />

6. Eckehard Schnieder: Methoden der Automatisierung; Vieweg Verlag 1999<br />

7. Gerhard Schnell (Hrsg.): Bussysteme in der Automatisierungstechnik, Vieweg Verlag 1996<br />

EG-AT.doc 03.11.2005<br />

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