Rems-Murr-Kreis

Wilde Mountainbike-Strecken sind Gefahr fürs Wild und für Spaziergänger

Mountainbike im Wald
Und runter: Wer oben an der Absprungstelle dieses wilden Stücks Mountainbike-Strecke steht, sieht kaum, dass unten Kreisjägermeister Volker Schmidt, René Greiner vom Landesjagdverband und Michael Eick vom Nabu stehen (von links nach rechts). Die drei Hunde sind gar nicht mehr wahrzunehmen. Wie will der Sportler dann ein Rehkitz sehen? Foto: Büttner © Büttner

„Wollen Sie, dass irgendwer Ihnen einfach durchs Wohnzimmer rast?“ Nein, das will natürlich niemand. Das passiert ja auch niemandem. Außer man ist ein Reh. Oder ein Zilpzalp, ein Rotkehlchen, ein Zaunkönig, ein Feuersalamander, eine Kröte, ein Wildschwein. Dann ist die Chance, dass immer wieder, aber unvorhersehbar, mit affenartiger Geschwindigkeit und gern auch in größeren Gruppen, Mountainbiker durch den Schlafplatz, das Nest, den Rückzugsort brettern. Wuuusch – durch sind sie – das Reh kriegt Herzrasen und rennt davon, die Wildsau genauso. Der Feuersalamander und die Kröte haben keine Chance und den Überfall womöglich nicht überlebt, die Vögel haben ihre Nester fluchtartig verlassen. Und ob die Eier noch heil sind, weiß keiner.

Jäger und Nabu sind sich bei der Mountainbike-Frage ganz nah

Im Wald beim Hanweiler Sattel stehen Hartmut Unger, Jäger und Waldbesitzer, Volker Schmidt, Kreisjägermeister, René Greiner, Jäger und tätig beim Landesjagdverband, Michael Eick, Jäger und vom Nabu-Kreisverband. Ja, richtig gelesen: Bei diesem Thema sind sich Jäger und die Leute vom Nabu vollkommen einig. Die vier Männer – zwei von ihnen fahren übrigens selbst Mountainbike – stehen vor einer unglaublichen Absprung-Schanze. Die ist illegal. Irgendwer hat hier mal den ersten Sprung gewagt, viele andere sind gefolgt, längst sieht sie aus, als ob sie jeder kennt. Dennoch: Hier hat niemand mit dem zuständigen Förster, Jäger, mit jemandem vom Umweltschutz, von der Gemeinde gesprochen, gefragt, geklärt, ob diese Schanze da an dieser Stelle in Ordnung ist.

Übrigens, es geht nicht nur um diese Schanze. Der Wald im ganzen Rems-Murr-Kreis ist eine einzige illegale Mountainbike-Downhill-Strecke. Und mehr: Im Sulzbacher Wald sind einem Jäger über die Osterfeiertage zwei Motocrosser auf ihren Maschinen in die Wildtier-Fotofalle gegangen. Die suchen sich halt auch Alternativen, seit die Motocross-Strecken coronabedingt gesperrt sind. Aber auch das geht gar nicht!

Die vier Jäger wollen das Mountain-Biken im Wald nicht verbieten. Aber sie bitten dringlichst: Sportler, nehmt Rücksicht! Und haltet euch an die offiziellen Trails. Der Wald ist eben nicht nur Sport- und Freizeit-, sondern auch Lebensraum.

Wildtiere, sagt René Greiner, seien sehr anpassungsfähig. Ist eine Downhill-Strecke genehmigt und wird dann regelmäßig befahren, wissen Rehe und Wildschweine beispielsweise recht schnell Bescheid. Salamander und seltene Vögel kommen nicht in Gefahr, weil solche Strecken nur dort genehmigt werden, wo diese Tiere nicht sind. Das Gleiche gilt auch, wenn seltene Pflanzen zu finden sind, wie zum Beispiel am Kappelberg bei Fellbach. Schwierig wird’s erst dann, wenn die ganze Radlerei völlig unkoordiniert abläuft. Wenn sich die sprichwörtliche Sau nicht drauf verlassen kann, wann was wo abgeht.

Ganz klar, sagen die vier Jäger: Die wenigsten der Mountainbiker wollten Böses. Es sei eher Unachtsamkeit oder Sorglosigkeit. Doch Mountainbiker sind schwer zu erreichen, um ihnen ein paar Infos durchzusagen. Denn sie fahren in den seltensten Fällen organisiert. Daher finden die Jäger die Vereinsgründung, die jüngst in Stuttgart stattfand, grundsätzlich gut. Denn: Gibt’s einen Verein, dann gibt’s einen Ansprechpartner. Finden die diversen Ansprechpartner zusammen, können Wünsche geäußert, Pläne geschmiedet, Schutzgebiete vereinbart werden. So, wie’s jetzt ist, bleibt allerdings meistens nur der Zorn – auf beiden Seiten. Denn sowohl die Jäger beziehungsweise Naturschützer als auch die Biker nehmen das jeweilige Eingreifen der anderen Partei übel.

Ach, übrigens: Es sollen auch schon Spaziergänger, also Menschen, entsetzt mehrere Schritt rückwärts gestolpert sein, weil völlig unerwartet ein Downhiller durch den Wald schoss und ihren Weg kreuzte. Diese Menschen hätten einen Zusammenstoß womöglich auch nur mit schweren Blessuren hinter sich gebracht.

„Wollen Sie, dass irgendwer Ihnen einfach durchs Wohnzimmer rast?“ Nein, das will natürlich niemand. Das passiert ja auch niemandem. Außer man ist ein Reh. Oder ein Zilpzalp, ein Rotkehlchen, ein Zaunkönig, ein Feuersalamander, eine Kröte, ein Wildschwein. Dann ist die Chance, dass immer wieder, aber unvorhersehbar, mit affenartiger Geschwindigkeit und gern auch in größeren Gruppen, Mountainbiker durch den Schlafplatz, das Nest, den Rückzugsort brettern. Wuuusch – durch sind sie – das Reh